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Abseits der Wege

ein weiteres Abenteuer für Oscar
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, viel Spaß beim Lesen. Meine Kapitel sind grob geschätzt etwa 1,5 DIN A4 Seiten lang. Also gut für zwischendurch. :)
Ich würde mich über Kritik freuen, da ich noch nicht wirklich viel Erfahrung über das Schreiben von Geschichten verfüge. lg hunny Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich widme dieses Kapitel "broedl", unser gemeinsames Brainstormen hat mich dazu verleitet einen Großteil ihrer Gedanken mit in das Kapitel einzubauen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Soooooo, es ist vollbracht. Schlussstrich gezogen, letzte Buchstaben gesetzt. Es war ein aufregendes und spannendes Projekt, eine Geschichte zu kreieren, ohne vorher genau nen Plan zu haben, wie sich die Thematik entwickelt. Ich bedanke mich recht herzlich bei meiner Betaleserin Broedl, die mich zum Weiterschreiben animiert hat und nicht locker ließ, wenn ich mal keinen Bock mehr hatte :) Komplett anzeigen

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1. Orientierungslos

„Wo bin ich?“
 

Jene heiseren, leisen Worte durchbrachen die Stille des Raumes. Die junge Frau erschrak ein wenig, als sie die flüsternde Stimme hörte. Sie legte die frisch gefaltete Wäsche auf die Kommode und drehte sich zu dem Bett um, aus dem sie nun leises Seufzen und unruhige Bewegungen vernahm. Ein bleiches verschwitztes Gesicht blickte sie aus verwirrten Augen an.
 

„Ihr seid in Sicherheit“, antwortete sie und berührte beruhigend die Bettdecke, unter der sich die verletzte Person nervös regte.
 

„Ihr müsst Euch noch ausruhen, es war...“, doch noch ehe sie ihren Satz beenden konnte, waren die Augen bereits wieder verschlossen und kurze Zeit später sah sie ein sanftes, regelmäßiges Heben und Senken des Brustkorbes unter der Decke.

Nadine ging zu dem kleinen Nachtschrank, nahm ein frisches Tuch und tauchte es in eine Schüssel mit kühlem Wasser, bevor sie damit die heiße Stirn ihres unbekannten Besuchers abtupfte.
 

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„Wo bin ich? Was ist nur geschehen? “
 

Es war kühl und das Zittern ihres Körpers wollte nicht aufhören. Die Muskeln machten, was sie wollten und es fiel ihr schwer sich aufzurichten. Der Versuch scheiterte kläglich, denn ein kräftiges Hämmern ihres Kopfes gesellte sich nun zum unregelmäßigen Zitterspiel ihres Körpers hinzu. Oscar stützte sich ab, um nicht nach hinten zu kippen. Dabei durchfuhr plötzlich ein beißend stechender Schmerz durch ihre linke Schulter. Sie verlor den Halt und fiel auf das Bett zurück. Ein dumpfes Stöhnen entwich ihr und sie fasste sich instinktiv an den verletzten Arm. Er war verbunden und ein roter Schimmer zeichnete sich auf dem weißen Verband ab. Verwirrt tastete sie ihren Körper auf weitere Verletzungen ab, fand aber bis auf etliche Schürfwunden nichts Auffälliges. Ihr Verstand begann zu erwachen, konnte sich aber nicht an die Geschehnisse der letzten Tage erinnern. Als ob es etwas bringen würde, ließ sie ihre Augen durch das dunkle Zimmer wandern. Ihr Blick verharrte dabei auf dem leuchtenden Sichelmond, der durch das Fenster schien. Gebannt, wie in Trance flüsterte sie nur ein einziges Wort in die dunkle Nacht hinaus: „André!“

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2. Gast

Der nächste Morgen brach an und zeigte sich von seiner schönsten Seite. Die warmen Sonnenstrahlen durchfluteten das Fenster und erhellten den kleinen Raum. Nadine kam mit einer Schüssel frischem Wasser in das Zimmer und hoffte, dass sich der Zustand ihres Besuchers über Nacht stabilisiert hatte. Sie hatte Glück. Nur wenige Minuten später öffnete der junge Mann angestrengt die Augen. Ein sanftes Lächeln umspielte Nadines Lippen, noch ehe der Mann etwas von sich geben konnte.
 

„Ihr seht heute schon viel besser aus. Lasst mich Euch eine Suppe kochen, damit Ihr wieder zu Kräften kommt.“ Fröhlich verließ Nadine das Zimmer und kam wenig später mit der heißen Suppe zurück.
 

„Es ist nicht viel, doch sie wird Euch gut tun.“ Sie half ihm beim Aufrichten des Oberkörpers und reichte ihm die Schale.
 

„Danke...für alles.“ Die Worte klangen angestrengt, aber aufrichtig.
 

„Aber das ist doch das Mindeste, was ich für Euch tun kann. Ich habe Euch zu danken, schließlich habt Ihr uns vor den Banditen gerettet.“
 

Der junge Mann verharrte beim Essen und überlegte kurz. „Ist das so?“ Schließlich seufzte er und fasste sich an den Hinterkopf.
 

„Vorsicht die Wunde ist noch frisch!Ihr müsst einen ganz schön harten Schlag abbekommen haben. Könnt Ihr mir Euren Namen verraten?“, fragte Nadine neugierig.
 

Er kniff die Augen zusammen und schien angestrengt zu überlegen. Oder war es doch der starke Kopfschmerz, der in sein Bewusstsein drang? Resignierend gab er auf und schaute Nadine an. „Es tut mir Leid. Ich... ich.... ich kann mich nicht erinnern...alles ...ist weg. Einfach weg!“ Leichte Panik breitete sich in seinem Körper aus.
 

„Beruhigt Euch, es dauert sicher nur eine Weile. Und bis dahin seid Ihr in meinem bescheidenem Heim ein willkommender Gast !“ Sie machte eine ausladene Geste und stellte sich dem Unbekannten vor. „Ich heiße übrigens Nadine Farelle.“
 

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Zeitgleich irgendwo in einem Zimmer...

....ein neuer Tag war angebrochen und schien mit aller Kraft durch das kleine Fenster. Die hellen Sonnenstrahlen erreichten Oscars Gesicht. Sie öffnete langsam ihre Augen und begann sich vorsichtig aufzurichten, wohlwissend, dass ihre Schulter innerlich höllisch pochte. Der Kopfschmerz hatte zum Glück etwas nachgelassen und sie begann vorsichtig aufzustehen. Wackelig stand sie nun mitten im Raum, der nur spärlich eingerichtet war.Wo war sie hier?

Ihr Gang wurde mit jedem Schritt sicherer und sie visierte entschlossen die Tür an. Doch als sie die Klinke nach unten drücken und die Tür aufziehen wollte....tat sich... nichts... Ein weiteres Mal rüttelte sie daran, doch die Antwort blieb die gleiche.
 

„Verdammt!“ Sie ließ von der Tür ab und ging zum Fenster. Dort angekommen, blickte sie nach draußen. Es war ein herrlicher Tag, sie konnte sogar einige Vögel zwitschern hören. Sie befand sich in einem großen, aus Mauern bestehenden, mehrstöckigem Gebäude. Eine sanfte Brise wehte ihr ins Gesicht und ließ die blonden Strähnen ihres Haares tanzen. Oscar sah nachdenklich in die Ferne. Wer sperrte sie hier ein? Sicher, es würde kein Problem darstellen, sich durch das Fenster zu zwängen, um zu fliehen. Jedoch ging es mehrere Meter abwärts und einen harten Aufprall wollte sie sich in ihrem Zustand nicht zumuten. Oscar drehte sich um, als sie plötzlich ein klickendes Geräusch an der Tür hörte und sich diese danach öffnete.
 

„Capitaine Oscar Francois de Jarjayes! Herzlich Willkommen auf meinem bescheidenen Anwesen! Ich freue mich außerordentlich, dass Ihr mich besuchen kommt!“

3. Comte Jacques de Baux

Ein kräftiger Mann um die 40 trat in das Zimmer und ein hämisches Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Oscars Augen formten sich zu Schlitzen.
 

„Comte Jacques de Baux ?!“ Es klang mehr wie eine Frage, als eine Feststellung. Doch Oscar sammelte sich sogleich wieder und bewahrte ihre undurchdringliche Miene.

„Was wollt Ihr von mir?“, fragte sie kühl und direkt.
 

Jacques de Baux ließ sich von ihrer forschen Art nicht beeindrucken. Stattdessen ging er auf sie zu und inspizierte die junge Frau. Oscar lief ein eisiger Schauer über den Rücken, als sie dessen abschätzenden Blick auf sich spürte. Sie musste sich konzentrieren, nicht den Halt unter dem Boden zu verlieren. Er blieb kurz vor ihr stehen und blickte in ihre kristallblauen Augen. Der Mann war einen halben Kopf größer als sie und kam ihr eindeutig zu nahe.
 

„Ein Dankeschön? Schließlich habe ich Euch bei mir aufgenommen und Eure Wunden versorgen lassen. Und was bekomme ich dafür?“ Er machte eine ausladende Armbewegung und wandte sich wieder von ihr ab.
 

Erleichterung durchfloss Oscars Körper und motivierte sie zu kontern. „Macht Euch nicht lächerlich, Comte de Baux. Ihr haltet mich hier gefangen! Die Frage ist nur zu welchem Zweck? Ihr könnt mich nicht ausstehen und das beruht auf Gegenseitigkeit. Unsere Begegnungen verliefen stets in Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten...“
 

„Ach diese alten Geschichten...Seid nicht so nachtragend!“, unterbrach er sie. Sicherlich, mein Führungsstil lief nicht immer mit dem Euren konform. Doch ich habe meine Niederlage nach unserem Duell ehrwürdig ertragen, mich Euch stets untergeordnet und Euch die Führung des 1. Söldnerregimentes mit Hochachtung überlassen.“ Allein der Tonfall seiner Aussage ließ genau auf Gegenteiliges schließen.
 

Oscar konnte sich noch gut an das erste Treffen mit ihm erinnern: Als sie nach ihrer Versetzung aus dem königlichen Garderegiment, in das Pariser Söldnerregiment wechselte, wurde sie sofort misstrauisch beäugt...Nicht nur von der Truppe, sondern auch von deren Hauptmann. De Baux hatte sich vor den Augen der Mannschaft über sie lustig gemacht und ein Fechtduell provoziert. Obwohl er ihr in Kraft und Stärke klar überlegen war, hatte er seinen Gegner stark unterschätzt. Dies führte dazu, dass Oscars Kampfeswille enorm gesteigert wurde und sie nur Eines wollte: Den Sieg!

Brutale Kraft gegen leichtfüßige Gewandtheit: Hätte sie auch nur einen, seiner Hiebe abbekommen, wäre die Niederlage gewiss gewesen. Doch dazu kam es nicht. Denn blitzartig war sie ihm ausgewichen und ein schneller Konterangriff führte, zum Erstaunen aller, zu ihrem Sieg.

Auf dem Trainingsgelände war es auf einmal still geworden. Die Augen des Verlierers waren vor Schreck weit geöffnet, als er ihre Klinge an seiner Kehle zu spüren glaubte. Man hätte eine Stecknadel auf den Boden fallen hören können. Als Oscar ihren Degen schließlich senkte, klatschte ihre zukünftige Truppe, erst zaghaft doch dann energischer, als erstes Zeichen der Anerkennung. De Baux war mürrisch davongezogen, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen.

Von Anfang an also hegte er einen tiefen Groll gegen sie.
 

„Ihr habt mir immer noch nicht geantwortet. Also: Was wollt ihr von mir?“ Misstrauisch blickte sie ihn an.
 

De Baux drehte sich nun wieder zu ihr um und lächelte. „Ich wüsste da schon etwas!“

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4. vergessene Identität

„Oscar!“ Der Unbekannte öffnete erschrocken die Augen.
 

„Oh, Ihr seid wach und scheint sogar Euren Namen wiedererlangt zu haben. Wie schön!“ Nadine kam um die Ecke, als sie seinen Ausruf hörte.
 

„Nein.“ Schweißgebadet fasste er sich kopfschüttelnd an die Stirn. Sein pulsierender Kopfschmerz hatte sich in den letzten Stunden verstärkt. Es schien, als ob sein Gedächtnis mit Tausend neuer Informationen gefüllt worden wäre, die nicht genügend Platz darin fänden. Er war verwirrt, konnte die Dinge kaum ordnen.

Nadine versuchte ihn zu beruhigen und streckte ihren Arm nach ihm aus. Doch der junge Mann schlug die helfende Hand von sich. Sie wurde ängstlich; wusste in dieser Situation, weder sich, noch ihm zu helfen. Hätte sie doch nur einen Arzt herbei holen können. Doch das konnte sie sich leider finanziell nicht leisten...
 

Nadine lebte mit ihren zwei Brüdern in dem Haus ihrer verstorbenen Eltern in der kleinen Ortschaft Épieds. Sie lebten größtenteils vom Ackerbau. Leider gab es schon mehrere Jahre in Folge große Missernten und es wurde zunehmend schwieriger, gut über die Runden zu kommen. Vor etwa einem Jahr gab es die schrecklichste dieser Art: Der Himmel war wochenlang von einem dunklem Schleier bedeckt. Die Sonne versuchte die wärmenden Strahlen auf die Erde hinab zu senden. Doch ihre Kraft reichte nicht aus, um die düstere Wolkenwand zu durchbrechen. Der warme Nordwestwind brachte stickige Luft mit sich. Als es dann endlich den erlösenden Regen gab und die Luft aufklarte, schöpften die Bauern wieder Mut.

Doch es sollte anders kommen. Saurer Regen ergoss sich über die Felder und ließ den größten Teil der Ernte vergiften. In diesem Jahr verstarben auch ihre Eltern, infolge der großen Hungersnot. Zu allem Übel nagten zusätzlich riesige Steuerabgaben an ihrem letzten Hab und Gut. Das erschwerte das Leben der einfachen Leute mit jedem Tag mehr. Nadine vergoss eine stumme Träne und wurde wieder in die Realität zurückgeworfen.
 

... „Ich bitte um Entschuldigung, Mademoiselle… ähm…“, er überlegte.

„Nadine“ ,sagte sie freundlich.

„Nadine…verzeiht… Ich...ich bin nicht ich selbst.“ Er setzte sich an die Bettkante und sah verzweifelt aus.
 

Nadine sah die kraftlose, fast zerbrechlich wirkende Gestalt an. Die Angst war vergessen und entschlossen setzte sie sich zu ihm. Einige Minuten verweilten sie beide stumm nebeneinander. Schließlich klopfte sie sich auf ihre Oberschenkel und stand wieder auf. „Ich habe eine Idee!“, frohlockte sie und verließ für einen Moment das Zimmer. Der junge Mann zeigte keine Reaktion und verharrte immer noch still schweigend in seiner Position.

„Schaut, ich habe die Kleidung mitgebracht, in der ich Euch gefunden habe. Vielleicht hilft sie Eurem Gedächtnis auf die Sprünge“, erwartungsvoll präsentierte sie ihm das Gewand. Seine Hände zitterten, als seine Finger den Stoff entlangfuhren und er den Kragen des Mantels ansah. Jede Falte kam ihm merkwürdig vertraut vor. Wie in Trance umfasste er den dicken Stoff, als ob er diesem eine Antwort auf seine Fragen entringen könnte. Und tatsächlich! Der Mantel gab ihm seine Identität wieder.

„Ich...ich bin...“

5. Der Banditenüberfall

„Hans... Hans Axel... von Fersen... Das ist mein Name“, begann er zu murmeln und schien in Gedanken vertieft zu sein. „Verschwommene Bilder kreisen in meinem Kopf. Es fühlt sich an, als würde er in jedem Moment zerplatzen.“
 

„Ich freue mich für Euch, Monsieur von Fersen. Die Erinnerungen werden sicher Stück für Stück wieder kommen. Ich hätte nicht vermutet, dass Eure Genesung so gut voran gehen würde.“ Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und lächelte ihn erleichtert an.
 

Er blickte zu ihr auf und fragte leicht verunsichert. „Nadine, könnt Ihr mir sagen, was geschehen ist?“
 

Sie zupfte nervös an ihrer Schürze und begann dann aber zu erzählen:

„Nun, ich habe Euch das erste Mal vor ein paar Tagen hier im Dorf gesehen. Ich habe mich an diesem späten Nachmittag gewundert, warum es draußen so ein lautes Stimmenwirrwarr gab.

Ich bin also auf die Straße gegangen und da geschah es: Es gab einen Aufruhr und ich hörte einige Männer aggressiv diskutieren. Unsicher näherte ich mich dem Geschehen und lehnte mich in ausreichender Entfernung an eine Hauswand. Ich konnte es nicht glauben, aber meine Augen bewiesen es! Berittene Banditen waren in unser Dorf eingedrungen. Sie hatten sich mit Fackeln auf dem Marktplatz versammelt und wollten, dass wir ihnen sämtliche Nahrungsvorräte und Geldreserven übergeben. Ansonsten würden sie unsere Felder niederbrennen und unser Dorf bis zur Unkenntlichkeit verwüsten. Die Dorfbewohner, mich eingeschlossen, bekamen es mit der Angst zu tun und selbst die mutigsten unserer Männer konnten nichts dagegen unternehmen. Sie waren einfach zahlenmäßig überlegen und bewaffnet.

Doch auf einmal konnte man ein dumpfes Grollen in der Entfernung hören. Die Geräusche wurden allmählich lauter und entwickelten sich zu einem rasanten Pferdegalopp. Der Boden bebte ein wenig und dann kamt Ihr und Eure beiden Begleiter mit einem Soldatentrupp angeritten.“
 

„Tatsächlich?“
 

„Ja, es war Rettung in letzter Sekunde! Euch schickte der Himmel! Ich war etwas verängstigt, denn die Lage war angespannt. Doch in Eurem Blick konnte ich keine Aggression, sondern eher Verwunderung erkennen.“
 

„Hmmm...“, von Fersen bemühte sich, sich die Szene vor Augen zu führen. Doch die Bilder der Ereignisse wollten sich weiterhin nicht zusammenfügen. So ließ er Nadine mit der Schilderung fortfahren.
 

„Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde. Ihr habt etwas mit Euren Kameraden besprochen. Ich konnte es aber leider nicht verstehen. Eure Aufmerksamkeit galt danach dem Aufruhr auf dem Marktplatz.“
 

„.... zwei Begleiter, sagtet Ihr...?“
 

„Lasst mich überlegen... Ein blondgelockter junger Mann von schlanker Statur auf einem weißen Pferd. Er schien mir der Anführer der Truppe zu sein. Dagegen war der andere eher unscheinbar, jedoch mit wachsamem Blick für die Umgebung. Ein braunhaariger junger Mann, etwas breitschultriger. Eure kurze Unterredung mit den beiden schien sehr vertraut.“ Sie machte eine kurze Pause, um den roten Faden wieder zu finden. Doch diese Pause blieb ihr vergönnt, denn von Fersen hatte endlich ein scharfes Bild gewonnen.
 

„Oscar... und .... Andrè!“
 

„Ah, Ihr habt diesen Namen vorhin schon einmal erwähnt.“
 

Von Fersen hatte auf einmal ein Leuchten in den Augen, ein waches Bewusstsein und er drängte Nadine hastig, weiter zu erzählen.
 

„Leider gibt es da nicht mehr viel zu erzählen... Als die Banditen Euch und das Regiment ankommen sahen, sind sie sofort aus dem Dorf geflüchtet. Nach der kurzen Unterredung gab der blonde Kommandant den Befehl, den Banditen nachzujagen. Im schnellen Galopp ritten sie an den verdutzten Dorfbewohnern vorbei, die den Pferden gerade noch ausweichen konnten.“
 

Von Fersens Leuchten in den Augen war erloschen. Wieder eine Sackgasse... Gerade hatte er begonnen wieder Mut zu schöpfen, um sich die Ereignisse der letzten Tage ins Gedächtnis zurückzuholen...
 

„Ihr habt unser Dorf gerettet. Dafür werden wir Euch ewig dankbar sein“, tröstete Nadine den verzweifelten Mann.
 

Grübelnd murmelte er zu sich selbst... „Wenn wir ihnen also hinterher geritten sind... wieso bin ich dann hier?“

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6. Bedrängnis

Mit jedem Schritt, den De Baux auf Oscar zu kam, hallte der Klang seiner Stiefel laut in ihrem Kopf wider. Sie blickte ihn skeptisch an und sah diesen abschätzenden Blick aus leicht zusammen gekniffenen Augen, der nur auf sie gerichtet war. Dazu sein umspieltes Lächeln, welches so gar nicht zu der Situation passte. Dieser Mann ließ das Blut in Oscars Adern gefrieren...
 

Plötzlich packte De Baux Oscars Oberkörper und drückte sie kraftvoll nach hinten. Sie sah es kommen und hob reflexartig ihre Arme zur Abwehr. Als ihr schmerzhaft bewusst wurde, dass der linke Arm ihr den Dienst verweigerte, taumelte sie zurück. Ein reißender Schmerz durchzuckte ihre Schulter, als sie die kalte Wand hinter sich spürte. Der Graf hatte ihren abwehrenden rechten Arm leicht kontern können und hielt ihn nun fest. Seine andere Hand drückte die verletzte Schulter weiterhin gegen das Mauerwerk. Oscar atmete schwer und sofort breiteten sich winzig kleine Schweißperlen auf ihrem Gesicht aus.
 

Dicht an dicht standen sie sich nun gegenüber. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Körper voneinander. Sie spürte seinen warmen Atem näher kommen, der ihr eine Gänsehaut bescherte. Oder war es doch die Angst?
 

Sein Lächeln wurde größer. Nun hatte er gewonnen! Es gab kein Entrinnen! Der blanke Hass loderte in Oscars Augen auf und sie versuchte ihre Kraft in ihrem rechten Arm zu bündeln, um ihn auf Abstand zu halten. De Baux genoss diesen Anblick und ihren verzweifelten kleinen Versuch, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.
 

„Wahrlich, was für eine außergewöhnliche Frau Ihr doch seid.“ Er lachte laut auf.
 

„Was... fällt Euch ein?“ Oscar wollte entschlossener klingen, als es sich anhörte.
 

Der Druck auf ihrer Wunde löste sich, als er ihr eine Locke aus dem nun schweißgebadeten Gesicht strich und es hinter ihr Ohr fädelte.
 

Oscar stockte der Atem! Sie versuchte vergebens sich von ihm zu entreißen. Die innere Wut staute sich immer weiter in ihr auf! „Lasst mich... sofort los, sonst...!“
 

„Shhhht, spart Eure Kräfte meine Liebe.“ Er tippte mit seinem Finger auf Oscars Lippen. Sie drehte den Kopf zur Seite, um sich ihm zu entziehen. Er beobachtete, wie sich ihre Halsschlagader pochend auf der blassen Haut ihres schlanken Halses abzeichnete. Der schnelle Rhythmus ihres Pulses versetzte ihn in einen Rauschzustand. Seine Hand griff kräftig nach ihrem Kinn und zog es wieder zu sich. Danach setzte er zu einem Kuss an.
 

Das blanke Entsetzen starrte ihn aus azurblauen Augen an. Der Fluchtreflex steigerte ihren Adrenalinspiegel nun ins Unermessliche und ließ Oscars an nichts anderes mehr denken. Ihr Bein bewegte sich automatisch. Kraftvoll traf es den Unterleib des Grafen. Seine Hände wanderten reflektorisch schützend in die sensible Gegend, um dort keinen weiteren Angriff zuzulassen. Oscar nutzte die Gelegenheit, ihm mit einem Kinnhaken von sich zu stoßen. Der Treffer saß! De Baux machte zwei Schritte zurück und wischte sich etwas Blut vom Mund.
 

Seine Augen sahen sie warnend an, dann seufzte er lächelnd. Schließlich verließ er überraschend und wortlos den Raum. Danach schloss er hinter sich ab. Die hallenden Schritte entfernten sich und zurück blieb nur... Stille.
 

Oscar hörte nur ihren eigenen Atem und das laute Klopfen ihres Herzschlages. Erst schnell und dann ruhiger werdend. Ihr Körper begann sich zu entspannen und sank danach kraftlos zu Boden.

7. Bewusstlosigkeit

„Ihr seid natürlich mit ihnen fort geritten“, sprach Nadine weiter. „Wir konnten uns nicht einmal mehr für die Rettung erkenntlich zeigen. Der Galopp der berittenen Banditen und Eurer Kavallerie hatte sich binnen weniger Sekunden in Luft aufgelöst. Zurück blieb nur der staubig aufgewühlte Boden und die verwirrten, jedoch dankbaren Dorfbewohner.“ Von Fersen lauschte ihrer Stimme und hielt den Blick gesenkt. Er würde nun gleich wissen, was vorgefallen war.

„Am nächsten Morgen bin ich in den nahegelegenen Wald gegangen um frische Kräuter und Pilze zu sammeln. Ich wollte eine kräftige Suppe zum Abendbrot zubereiten. Der Herbst ist einfach die schönste Jahreszeit. Die kühle Luft, der glitzernde Tau auf dem Moos und den Farnen, der herrliche Waldduft und das Knacken des Unterholzes ist einzigartig. Es lässt die alltäglichen Sorgen im Nu vergessen.“ Nadine seufzte und bemerkte dabei, wie ihr Gast langsam ungeduldig wurde. „Und dann sah ich Euch!“
 

Von Fersen blickte nun zu ihr auf. Zwei grau-blaue Augen starrten sie nun erwartungsvoll an.
 

„Monsieur, es war schrecklich! Ihr habt regungslos auf dem Waldboden gelegen. Verdreckt, verwundet, kreidebleich...ich dachte ihr wäret tot. Überall war Blut! Ich habe meinen Korb fallen gelassen und bin schreiend zurückgelaufen, um meine Brüder zu holen.“
 

Von Fersen war sprachlos.
 

„Ich zeigte Noel und Nicolas den Weg. Sie stellten glücklicherweise fest, dass ihr nur bewusstlos wart und trugen Euch hierher. Ihr habt eine Menge Blut verloren. Die große Wunde am Hinterkopf sah nicht gut aus.“
 

„Habt nochmals vielen Dank! Ihr habt mir das Leben gerettet!“ Axel von Fersen war gerührt. Seine Augen wurden feucht. Doch dann sah er die Veränderung in Nadines Blick. Ihre Augen wurden dunkel. Er unterdrückte seine Freudentränen und fragte: „Was ist los, Nadine?“
 

„Da war noch etwas!“... ein Kloß schien ihr im Hals stecken zu bleiben. Ihre Stimme wurde auf einmal brüchig. „Ein Kampf... Waffen lagen verstreut auf dem sonst so friedlichen Waldboden.... Blut... und auch leblose Körper.... Wir erstarrten, als wir das Ausmaß an Gewalt sahen. Wir erkannten einige Banditen und auch einige Soldaten, die mit ihren starren Fratzen auf uns blickten...als ob sie sagen würden: ‚Verschwindet von hier!’ “
 

„Oh mein Gott!“ Erschrocken sog er die etwas stickige Raumluft ein.
 

„Und das taten wir auch...mit Euch zusammen...“ murmelte sie nun deutlich leiser und verängstigt. Sie ließ ihren Kopf hängen. Eine unangenehme Stille erfüllte das kleine Zimmer...als sie plötzlich knarzende Dielen hörten.
 

„Ja in Ordnung. Geht doch bitte nach oben.“ Hörte sie ihren Bruder Noel unten reden.
 

Die Treppenstufen wurden schnell überwunden. Die Schritte wurden lauter und kamen danach vor der Tür zum Stillstand. Es klopfte. „Ja, bitte?“
 

Die Klinke glitt fast geräuschlos nach unten und jemand betrat den Raum.

8. Der Soldat

Quitschend schloss sich die Tür hinter ihm wieder. Ein großer kräftiger Mann in französischer Uniform stand nun mitten im Raum und überblickte die Lage. Seine Augen blieben an dem sitzenden Mann haften.
 

„Von Fersen, endlich habe ich Euch gefunden!“ Ernst, jedoch sichtlich erleichtert ging der Soldat zu ihm und klopfte, etwas zu fest, auf dessen Schulter.
 

„Ähm...“, zu mehr kam dieser nicht. Denn der breitschultrige Besucher mit dem markanten roten Halstuch unterbrach ihn.
 

„Hey, Ihr seht ja ziemlich mitgenommen aus. Was...was schaut Ihr mich so seltsam an? Erkennt Ihr mich denn nicht? Ich bin es, Alain.“ Prasselte es aus ihm heraus. „Wir müssen...“
 

„Halt, beruhigt Euch, Monsieur Alain.“ Nadine ergriff das Wort. Sie stoppte seinen aufdringlichen Redefluss, als sie bemerkte, dass von Fersens Gedächtnis nicht mit der Fülle an Informationen klar kam.
 

Erst jetzt nahm der scheinbar rüpelhafte Soldat das liebreizende Mädchen wahr. „Monsieur....so hat mich ja schon lange niemand mehr genannt, nicht so förmlich bitte.“ Er lachte herzhaft aus voller Kehle, doch beruhigte sich jedoch schnell wieder, als er die angespannte Stimmung im Raum spürte. „Verzeiht, meine Unhöflichkeit...“
 

„Nadine“, antwortete sie und ihre Augen trafen sich für einen kurzen Moment.
 

Etwas verlegen brach Alain den Blickkontakt ab und widmete sich wieder dem anderen Mann im Raum. „Wir haben keine Zeit, der Kommandant und André sind verschwunden. Wir müssen etwas unternehmen!“
 

„Aber Alain das geht nicht! Seht Ihr denn nicht, in welcher Verfassung er sich befindet?“ Nadine stellte sich abwehrend zwischen die beiden.
 

„Ist schon gut. Es scheint mir eine sehr dringliche Angelegenheit zu sein. Gebt mir ein paar Minuten“, sagte von Fersen ruhig.
 

„Ich finde, das ist keine... Hey!“ Noch ehe Nadine weiterhin ihre Skepsis und Abneigung zu dem Thema kundtun konnte, wurde sie von Alain am Arm gegriffen und vor die Tür gezogen.
 

„Wir warten draußen!“, hörte er Alain noch sagen, ehe sich die Tür von außen schloss. Von Fersen stand auf und ihm wurde für einen Moment schwarz vor Augen. Sein Kopf fühlte sich schwer an und der Boden begann unter seinen Füßen zu wanken. Er atmete tief durch und wartete bis sein Kreislauf sich stabilisierte und er wieder ein klares Bild vor Augen hatte. Danach zog er die Kleider über, die Nadine ihm vorhin gebracht hatte. Das erwies sich als ein ziemlich anstrengender Akt. Einmal hätte er beinahe das Gleichgewicht verloren. Sein Körper arbeitete auf Hochtouren und um die Spuren der Anstregnung zu verwischen, tupfte er sich mit einem frischen Tuch über das schweißgebadete Gesicht.
 

Einige Minuten später versammelten sie sich im Flur des gemütlichen Hauses.

„Wir müssen uns heute Abend am Eingang des Chateau Thierry einfinden. Doch mir wird man kein Einlass gewähren. Es bedarf jemand Adligen... der ein Anliegen hätte.“ Alains durchdringender Blick ließ Bände sprechen, wer diese Aufgabe zu übernehmen hatte.
 

„Draußen wartet bereits ein Pferd auf Euch, sodass Ihr es noch rechtzeitig schafft“, verkündete Nadines Bruder.
 

„Und seid vorsichtig! Unser Lehnsherr ist ein skrupelloser Mann!“ schluchzte Nadine
 

„Ich weiß...“ sprach Alain mehr zu sich selbst, als in den Raum hinein.
 

Nachdem sich von Fersen bei der Familie Farelle für all ihre Hilfe bedankt hatte, verließen Alain und er im eiligen Galopp das Dörfchen Épieds.

9. Hinterhalt

 

 

Wieviel Zeit mochte vergangen sein, als sie aufwachte und zusammengesunken an der Wand lehnte.

Oscar richtete sich auf und bemerkte die untergehende Sonne. Gedankenversunken blickte sie zum Horizont in den glühenden Abendhimmel, der bereits lange Schattensilhouetten auf die Erde warf. Dabei bemerkte sie nicht, dass sich ihre sonst so filigranen Hände zu wütenden Fäusten ballten. Ihr Blick blieb dabei scheinbar ruhig...immer noch in die Ferne schauend...

 

 

Jener Banditenüberfall... nur ein Zufall oder ein abgekartetes Spiel? Nein, das waren keine gewöhnlichen Banditen. Sie hatten sie gezielt in den nahe gelegenden Wald gelockt, ein unbekanntes Terrain für ihre Einheit. Oscar hatte ihr Regiment aufgeteilt, um die Banditen zu flankieren. Doch plötzlich ertönten donnerartige Schüsse aus dem Dickicht. Sie schienen aus allen Richtungen zu kommen. Der Wald gab ein grauenhaftes Echo wieder. Schreie und das schrille Wiehern der Pferde sorgten für eine grässliche Geräuschkulisse. Dieser Hinterhalt war perfekt geplant worden.

 

Oscar beruhigte ihr Pferd und verschaffte sich einen Überblick. Von Fersen und Alain griffen von beiden Seiten an und konnten die blitzartig dazugekommenen Gegner in Schach halten. André war dicht hinter ihr. Sie spürte seine Nähe. Ohne es zu wissen,  gab er ihr mit seiner bloßen Anwesenheit ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle über die Situation. Sie kämpften sich tapfer durch die feindlichen Reihen. Die übriggebliebenen Gegner flüchteten in verschiedene Richtungen.

 

„Oscar, lass sie laufen!“, ertönte die wohl vertraute, nun vor Erschöpfung schwer atmende, Stimme von André hinter ihr.

 

Doch Oscar war voller Wut über diesen Hinterhalt und setzte, ohne eine Antwort zu geben, zur Verfolgung an. Sie jagte ihren Schimmel über kniehohe Büsche und rutschiges Geäst und näherte sich rasch einem gegnerischen Reiter.

 

 

Was Oscar nicht mehr mitbekam war, dass:

 

André ihr nachhetzte. Doch er war langsamer als sie und verlor schon wenige Minuten später jegliche Spur von ihr. „Verdammte Bäume...!“

Eigentlich mochte André den Wald mit seinem beruhigenden Klang, wenn der Wind sanft durch das Blattwerk fuhr. Die Vögel, die im Einklang dazu eine Melodie sangen, in der man einfach nur zur Ruhe kommen konnte. Ein wunderbarer Rückzugsort, bei dem man das Hier und Jetzt einfach vergessen konnte...

 

... André hasste den Wald in diesem Moment. Die Bäume türmten sich vor ihm auf und ließen ihn nicht weiter gewähren. Wie eine Mauer blockierten sie seine Sicht und seinen Weg. Ein Schauer fuhr ihm durch Mark und Bein...er hatte ein ungutes Gefühl und er würde zu spät kommen. 

 

...Ein Schuss...

 
 

Das Ziel: Eine Uniform. Weiche blasse Haut, zartes straffes Muskelgewebe, durchtränkt von einer dunkelroten, warmen Flüssigkeit. Durch die Wucht des Projektils löste sich der Griff um die Zügel ihres Schimmels. Oscars Körper wich zur Seite und prallte auf den herrlich duftenden, moosigen Waldboden.

 

Die Geräusche um Oscar herum wurden dumpfer... leiser... und verstummten.

 

Angenehme Stille.

 

Es fiel ihr schwer, die Augen offen zu halten. Ein schwarzer Schleier breitete sich unersättlich aus und verschlang das gedämpfte Licht, welches durch die Baumwipfel des Waldes schimmerte.  André war verschwunden und mit ihm... die Kontrolle über ihren Körper.

 

 

Das Nächste, an das sie sich schemenhaft erinnern konnte, waren zwei Männerstimmen, die sich freundschaftlich miteinander unterhielten:

„ ... gute Arbeit!“  Ein Säckchen mit klangvollem Inhalt wechselte den Besitzer.

 

„Habt Dank, Herr!“

 

„Verkauf die Gewehre, sie haben gute Dienste gegen das Regiment geleistet, aber sie müssen verschwinden! Und lass dich hier nie wieder blicken!“

 

„Jawohl, Herr!“

10. Chateau Thierry

Stillschweigend ritten die beiden Männer im Galopp zielstrebig ihres Weges.

„Was ist das Letzte, an dass Ihr Euch erinnern könnt?“ , fragte Alain nachdenklich.
 

„Nadine erzählte mir von unserem Aufmarsch in ihrem Dorf. Alles andere ist nur schemenhaft...“, antwortete von Fersen betrübt.
 

„Witzig, dabei wart Ihr es, der uns in das Dorf geführt hat... Ihr seid in die Kaserne gestürmt, als gäbe es kein Morgen mehr. Aufgebracht und wild gestikulierend habt Ihr Euch mit dem Kommandanten unterhalten. Ich habe nur brüchstückhaft heraus gehört, dass Informationen zufolge ein Attentat auf die Königin verübt werden sollte, während diese auf Durchreise zu irgendeiner Veranstaltung sei.“
 

„Die Königin?“ Von Fersen war entsetzt und besorgt. Doch je länger er an ihren Namen dachte, desto mehr machte sich ein anderes Gefühl in seinem Inneren breit. Eine wohlige Wärme durchströmte seinen Körper, obwohl die Sonne schon fast hinter dem Horizont verschwunden war. Seine Wangen glühten und mussten sich feuerrot auf seinem noch blassen Gesicht abzeichnen. Er kam sich lächerlich und ertappt vor. Prüfend blickte er zu Alain, ob dieser etwas von seinem heimlichen Gefühlsausbruch mitbekommen hatte. Doch dieser schaute nur nachdenklich auf die Mähne seines Pferdes und versuchte offensichtlich, von Fersens fehlende Erinnerungsstücke zu einem komplexen Bild zusammen zu setzen.
 

„Der Kommandant fragte Euch, warum die königliche Garde nicht ausgerückt sei, um die Königin zu beschützen?

Ich habe es nicht genau mitbekommen, doch Eure Antwort schien ihr nicht zu gefallen. Ich hörte nur ihren Befehl, dass wir uns sofort bereit machen sollten!“

Alain war sonst nicht so gesprächig, doch irgendwie hatte er Mitleid mit seinem amnestischen Gefährten.
 

Nach kurzem Zögern fuhr er fort: „Es war eine Falle.

Das merkten wir, als wir in Épieds ankamen. Wir ritten ihnen hinterher und wurden in einen Hinterhalt verwickelt. Ich verlor im Wald die Orientierung und konnte nur noch erkennen, wie André eilig davonritt. Als wir die Angriffswelle stoppen konnten, sagte ich den Männern, sie sollten sich um die Verwundeten kümmern und sich ins Dorf zurückziehen. Ich hörte einen Schuss in der Ferne und ritt sofort tiefer in den Wald.“ Alain schloss für einen Moment die Augen und seufzte.
 

„Doch ich fand ihn nicht, sondern sah nur die Waldeslichtung vor mir, wo ich auf das Anwesen einer mir sehr bekannten Person blickte.“ Alains Mimik verfinsterte sich. Der eben noch lockere Griff um die Zügel wurde merklich fester. Er spürte, wie sich das weiche Leder straff in seine Hand schmiegte und das Pferd darauf hin das Tempo erhöhte.

„Ich ritt zurück ins Dorf. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass ein weiterer Schwerverletzter geborgen wurde und so stieß ich auf Euch...“
 

Von Fersen sog jedes Wort in sich auf und lauschte Alains Worten aufmerksam.

Doch auf einmal blieb er stehen und fasste sich an die Stirn. Es begann mit einem leisen Rauschen, gefolgt von einem dröhnenden Druck auf die Schläfen und endete mit einem spechtartigem Hämmern gegen seine Schädeldecke. Schnelle Bilder flogen in einem großen Durcheinander in seinem Kopf herum und begannen sich zu sortieren. Alain musterte ihn abwartend.
 

„Es geht schon wieder.“
 

„Gut, denn wir sind bald da.“ Der starke Mann mit dem markanten roten Halstuch blickte entschlossen auf das in der Ferne liegende Anwesen Chateau Thierry, wo sich der letzte Sonnenstrahl in seinen dunklen Augen spiegelte. „Wir müssen herausfinden, was dort vor sich geht!“

11. Flucht

Der Augenblick nahte...

 

Die Sonne hatte sich nun schon seit einiger Zeit hinter dem Horizont versteckt. Auch die ersten Sterne funkelten bereits am nächtlichen Himmelszelt.  Oscar blickte entschlossen hinab auf den dunklen Hof. Nachdem sie ihre spärlichen Optionen für eine erfolgreiche Flucht abgewogen hatte, ging sie noch einmal alle Einzelheiten durch:

 

 Die Tür war von innen verriegelt. Es blieb also etwas Zeit, bevor eine unerwünschte Person das Zimmer betreten konnte. Sie hatte den einzigen Stuhl im Raum mit der Klinke verhakt, sodass man sie nicht mehr hinunterdrücken konnte. Kurz zuvor brach sie mit ihrem Fuß noch eines der Stuhlbeine von der Sitzfläche und fühlte sich dabei wie ein Elefant im Porzellanladen. Das Geräusch musste so laut gewesen sein, dass sofort jemand herbeieilen würde, um nach dem Rechten zu sehen. Sie hielt die Luft an und lauschte angespannt in die Stille hinein.

 

Doch nichts dergleichen geschah. Erleichtert zerriss sie also das Laken und den Bettbezug und verknotete die Enden miteinander. Ihre Schulter pochte, als sie den Stoff straff zog. Nun war sie bereit und befestigte das eine Ende mit dem gewonnenen Holzstück und verkeilte es im Rahmen des Fensters. Leider reichte ihre Konstruktion nicht komplett bis zum Erdboden, doch dieses Risiko musste sie eingehen.

 

Die entschlossene junge Frau betrat den Fenstersims und testete die Stabilität des Stoffes. Unter ihrem Gewicht zog sich das Leinen noch fester zusammen und ein leichtes Quitschen der Knoten verhalf ihr zu dem guten Gefühl, dass diese auch halten würden.

 

Oscar hörte ein dumpfes Geräusch, in einem steten Rhythmus, immer lauter werdend... Schritte?

 

Nein! Es war nur ihr Herzschlag... laut und unerbittlich. Es kam ihr vor wie eine Warnung: ihr Vorhaben zu unterlassen. Doch ohne dem weiter Beachtung zu schenken, stieß sie sich von der Gebäudemauer ab und begab sich auf den Weg in die schier bodenlose Tiefe.

 

Das reißende Gefühl in Oscars Schulter spürte sie während des Abseilens nicht. Dafür schoss das Adrenalin viel zu hochdosiert durch ihre Adern und mit dem, auch das warme Blut ihren Arm heruner.

 

Die letzten drei Meter konnte sie nur durch einen Sprung überwinden. Dieses Mal blieb ihr das Glück hold und sie kam ohne größere Schäden davon. Gestrüpp hatte ihren Sprung gebremst und bis auf ein paar kleinere Abschürfen war der Fliehenden nichts geschehen.

 

Soweit, so gut“, dachte sie sich. Im Schutze der Dunkelheit kämpfte sich ihre flinke, dynamische Silhouette  Meter für Meter in Richtung Ausgang. Hinter ihrem Rücken hörte sie, wie ein wuchtiges Hämmern im oberen Stockwerk ertönte. Sie sah bildlich vor ihrem geistigen Auge, wie jemand wütend versuchte, die Tür zu ihrem Gefängnis zu öffnen „Verdammt, mir bleibt nicht viel Zeit“,  sie konzentrierte sich wieder auf das Geschehen in ihrer näheren Umgebung.

 

Vor ihr erblickte die junge Frau zwei bewaffnete Gardisten, die vor dem verschlossenen Hauptor Wache hielten. Sie schienen unaufmerksam und müde. Oscar überlegte, wie sie die beiden möglichst schnell und lautlos ausschalten könnte... Plötzlich wurde sie jedoch in ihrem Gedankengang gestört... von immer lauter werdendem Hundegebell!

 

Die Wachen waren auf einmal nicht mehr gelangweilt, sondern in höchster Alarmbereitschaft und machten sich auf den Weg, den Innenhof zu erkunden. Oscar schlich sich lautlos rückwärts zwischen der kühlen Gebäudewand und den Bepflanzungen entlang. Den Gardisten konnte sie so ausweichen, doch leider nicht den Hunden, die ihre Fährte aufgenommen hatten.  Sie verließ ihre Deckung und rannte zu den Stallungen. Doch bevor sie auch nur ansatzweise in die Nähe davon kam, wurde sie von zwei hässlich dunklen, vierbeinigen Kreaturen zähnfletschend angeknurrt. Kurz darauf kam eine weitere hässliche, große Kreatur in ihr Blickfeld und zeigte ebenfalls die Zähne... durch ein diabolisches Lächeln.

 

„Und wieder ein so unhöfliches Verhalten von Euch, meine Liebe... Sich nicht einmal von seinem großzügigen Gastgeber zu verabschieden, wenn man einen alleinigen Abendspaziergang machen möchte“ , De Baux klang irgendwie amüsiert.

„Dabei hätte ich Euch so gern begleitet!“

 

„Ihr lasst mich sofort gehen!“ Oscar ging nicht auf seinen Zynismus ein. Ihr gesamter Körper war angespannt. Sie ließ die kleinen Scheusale und das große vor sich nicht aus den Augen.

 

Er ging schlendernd auf sie zu und griff blitzschnell ihr zartes Kinn, drehte ihren Kopf zur Seite und begutachtete die zahlreichen kleinen Abschürfungen in ihrem Gesicht. Das geschah zu plötzlich für sie.  „Ihr werdet Mein sein, Oscar! Es wird mir eine große Freude sein, Euer Temperament zu zügeln!“ , flüsterte er  in ihr Ohr und fuhr mit seinen Fingern den Verlauf ihrer angespannten Halsmuskulatur ab.

 

Oscars Körper glich einer Statue, unfähig auf das eben Gesagte in irgeneiner Weise zu reagieren. Nur ihr eiskalter Blick blieb standhaft und spiegelte ihm höchste Verachtung entgegen. De Baux verstand ihre Antwort sofort und genoss ihren widerspenstigen Willen.

 

„Vielleicht werdet Ihr Eure Meinung noch ändern. Kommt, wir führen Euren nächtlichen Ausflug zu zweit fort!“ Mit festem Griff zog er Oscar an seinen Körper heran. Diese konnte dem nicht viel entgegensetzen und war gezwungen mit ihm mitzugehen.

 

 

 

12. Unter Gewahrsam

Sie überquerten den Hof und näherten sich einem deutlich kleineren Gebäudekomplex. Jacques De Baux hielt Oscar immernoch mit seinem wuchtigen Körper fest umschlungen. Mit der freien Hand nahm er am Eingang die bereits angezündete Fackel mit nach unten. Nur das rhythmische Klackern ihrer Stiefelabsätze war auf den feuchten Treppenstufen zu hören. Oscar hatte vergeblich ein paar Mal versucht, sich zu befreien und De Baux aus dem Gleichgewicht zu bringen. Doch ihre schwindende Kraft hatte nicht den Hauch einer Chance, diese stählerne Mauer auch nur für eine Sekunde aus dem Gleichtakt seiner Schritte zu bringen. So hatte sie ihren Kampfeswillen vermeintlich aufgegeben. Stattdessen schonte sie ihre noch verbliebene Energie und nahm ihre Umgebung genauer unter die Lupe, um nach Dingen Ausschau zu halten, die ihr vielleicht nützlich werden könnten. Doch ehe sie sich versah, waren sie bereits an ihrem Ziel angekommen. An einer kleinen vergitterten Eisentür machten sie Halt. Unbehagen machte sich in ihrem Körper breit: Er würde sie hier einsperren...

 

Doch sie sollte sich irren und etwas noch viel Schlimmeres erleben: Das  spärliche, rot-gelbe Fackellicht erleuchtete das Innere der dahinterliegenden Zelle und wurde nun auf eine Person gerichtet. Sie erkannte sie sofort!

 

„André!?“ 

 

In Gedanken schrie sie seinen Namen. Doch ihr Mund öffnete sich nicht. Stattdessen starrte sie ihn nur fassungslos an und die Zeit schien still zu stehen.

 

Eine riesige Kluft schien die beiden zu trennen, obwohl es nur wenige Meter waren. Oscar wollte die Tür aus ihren Angeln reißen... zu ihm eilen... und einfach nur weg von diesem Ort. Und weg von jenem großgewachsenen, skrupellosen Mann, der nur wenige Zentimeter neben ihr stand und sie mit seinem übertriebenen parfümierten Geruch einfach nur anwiderte.

 

„Es scheint als würde mein Anwesen in letzter Zeit häufiger Interesse erregen. Normalerweise verfahre ich mit Streunern dieser Art anders und lasse sie für ihr unerlaubtes Eindringen aus dem Weg räumen.“ Die Worte des Haushherren kamen im freundlichen Plauderton aus seinem Mund. Es wirkte einfach perfide.

 

„Aber da er die Uniform Eures Regimentes trägt, dachte ich, könnte er mir eventuell noch nützlich sein. Nun also... hmmm?“ Sein Redeschwall wurde von einer brüchigen Stimme unterbrochen. 

 

„Oscar?“

 

André war von seiner Pritsche aufgestanden und näherte sich nun vorsichtigen Schrittes der Stimme, die vor der Zellentür schwätzte. Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt und man hatte ihm zusätzlich die Augen verbunden.

 

Oscar konnte ihm nicht antworten. Sie durfte sich vor De Baux nicht anmerken lassen, wie groß ihre Sorge um den Gefangenen war und das er ihm womöglich etwas antun könnte. Es zerbrach ihr das Herz, Andé orientierungslos in dem winzigen Raum wanken zu sehen. 

 

Der Graf beobachtete diese kleine Szenerie und war entzückt. Auch wenn nicht ein einziges Wort über die Lippen der jungen Frau nach außen drang, so hatte er erkannt, dass dies nicht irgendein Soldat aus ihrem Regiment war. Mit dem einen Wort, das der junge Mann gesagt hatte, hatte er eine wichtige Information preis gegeben: Denn niemand würde seinen Vorgesetzten beim Vornamen nennen. Es gab also eine engere Verbindung zwischen ihnen und das würde er sich zum Vorteil machen.

 

Oscar hatte den kleinen Funken gesehen, der in De Bauxs wieselhaften Augen aufblitzte, als er womöglich eins und eins zusammenzählte und die Vertrautheit der beiden schlussfolgerte.

 

„Was fordert Ihr für die Freilassung meines Kameraden?“, fragte sie mit starker neutraler Stimme. Sie war selbst erstaunt, dass sie ihre Fassung noch bewahren konnte.

 

„Meine Teuerste, ich denke, wir werden uns sehr schnell einig werden, was Euren Freund betrifft. Ein guter Kommandant ist schließlich sehr bedacht darauf, was mit seinen Untergebenen geschieht. Waren das nicht einst Eure Worte, als Ihr das Regiment übernahmt?“ Eine Kunstpause folgte.

 

Betont langsam strich er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und flüsterte: „Wir wollen doch nicht, dass ihm etwas zustößt, während er hier ganz allein in der Dunkelheit den Tag genießt?“

 

13. An der Leine

Ohne einen weiteren Ton von sich zu geben, zerrte der Lehnsherr Oscar aus dem Verlies. Sie sah André ein letztes Mal hinterher und erblickte seine starre Haltung und die hervorstehenden Venen unter den angespannten Armmuskeln - ein Mensch voller Sorge und Wut. Immernoch kreisten de Bauxs letzte Worte unvermindert in ihrem Kopf. Sie allein hielt Andrés Schicksal in der Hand.

 

Die junge Frau wurde geblendet, als sie aus der Dunkelheit in die strahlend erleuchteten Korridore des Chateau gedrängt wurde. Prunkvolle Deckenkronleuchter dekorierten die großzügig mit Stuck verzierten Wände noch zusätzlich. Riesige Portraits einstiger Familienoberhäupter starrten sie an, während sie die Wendeltreppe hinauf geführt wurde. Oscars Finger begannen zu kribbeln, ihre Hand war blass und nichts ließ darauf schließen, dass die manschettenartige Umklammerung ihres übermächtigen Gegners nachgeben würde.

 

Auf dem Weg in die obere Etage beorderte de Baux einen Bediensteten mit der Aufgabe, sofort einen Arzt zu holen. Danach wandte er sich mit vollster Aufmerksamkeit wieder Oscar zu.

 

„Da Ihr ja das Gästezimmer, vollständig demoliert habt, müssen wir wohl auf mein Schlafgemach ausweichen“ , säuselte er im liebreizenden Ton und schaute sie mit arroganter Überlegenheit an. Trotz der Versuchung sich seinem widerlichen Blick zu entziehen, bot  Oscar  ihm keine Gelegenheit der Schwäche und ließ sich nicht von ihm provozieren... obwohl dies alles andere als einfach war.

 

„Ich denke, wir werden uns schnell einig werden. Ich hoffe dabei innigst auf Eure Kooperation. Es war ein anstrengender und kräftezehrender Tag für Euch, meine Liebe.“ Oscar hörte seinem Geschwätz nur abwesend zu und blickte stattdessen auf das riesige Doppelbett.

 

„Mademoiselle, ich bitte darum, dass Ihr Euch etwas frisch macht und Euch erholt. Ich werde in Kürze wieder bei Euch sein, entschuldigt mich.“ Mit diesem Satz erlöste er Oscar aus seinem kräftigen Griff und ließ sie allein in dem Raum zurück. Ein Klicken im Schloss deutete daraufhin, dass sie nun wieder eingesperrt war. Nach wenigen Sekunden bemerkte sie, wie sich das Kribbeln in ihrer Hand auflöste und warmes Blut durch ihre Adern floss. Oscars Arm bekam nun wieder die vertraute rosige Farbe und belebte ihre Muskulatur. Ein flüchtiger Blick in den Kommodenspiegel verriet ihr, dass die abgebildete Erscheinung einen völlig erschöpften Eindruck machte.

 

Sie ging an das breite Fenster und schloss sofort ein zweites waghalsiges Fluchtmanöver aus: Kein hervorstehender Fenstersims und ungünstige Höhenbedinungen. Zudem entdeckte Oscar einen sich dezent bewegenden Schatten, der den Lichtstrahl unter der Tür unterbrach: vermutlich ein Wachposten. Das hieß, sie konnte sich keine verdächtigen lauten Aktionen erlauben. Oscar seufzte... sah die Waschschüssel, ging darauf zu und... machte sich frisch.

 

Kurze Zeit später klopfte es an der Tür. Was für ein makaberes Spiel, dachte sich sich, als ob sie in der Lage gewesen wäre, sie zu öffnen. Der Schlüssel drehte sich und der Hausherr betrat sein Schlafgemach.

 

„Vielen Dank, Doktor, dass Sie so schnell kommen konnten.“ De Baux winkte einen älteren Herrn mit einem Koffer in der Hand herein.

 

Fassungslos starrte Oscar die beiden Männer an. De Baux schien aufrichtig besorgt zu sein! Auch seine Körpersprache passte plötzlich zu den Worten, die er sprach. Welch eine Schauspielkunst in diesem Monster doch steckte!

 

„Ich mache mir große Sorgen um meine Liebste, Doktor. Ihre Wunde ist wieder aufgeplatzt, als sie sich zu hektisch bewegt hat.“

 

„Na, da hat sich wohl jemand nicht an die Bettruhe gehalten, die ich verordnet habe?! Bitte, legt Euch doch hin, dann schaue ich mir die Verletzung noch einmal an.“ Der Arzt deutete mit seiner Hand auf das Doppelbett.

 

Perplex blieb Oscar für einen Moment regungslos stehen und suchte in den Augen der beiden Männer nach einer Antwort, was sie nun tun sollte.

 

„Doktor, dürfte ich wohl im Zimmer bleiben und ihr Beistand leisten? Die ganze Situation hat sie doch viel mehr mitgenommen, als ich erwartet hatte.“ Sein eindringlich heuchlerischer Blick traf sie wie ein Schlag.

 

„Mademoiselle?“ Der Arzt riss sie aus der Starre und hielt ihr einige Samen des Schlafmohns hin. Es war ein gängiges Schmerz- und Beruhigungsmittel.

 

Oscars und de Bauxs Blicke trafen sich. Ihr wurde übel und sie dachte an die Worte, die sich in ihr Gedächtnis fest verankert hatten: „Wir wollen doch nicht, dass ihm etwas zustößt...?

 

Wie in Trance nahm sie das Beruhigungsmittel zu sich, begab sich auf das Bett und antwortete: „Ja, natürlich darf er bleiben...“ 

 

Der Arzt trat an das Bet heran und de Baux blieb in kleiner Entfernung hinter ihm stehen. Seine funkelnden Augen schmiegten sich an den zierlichen Körper der blonden Frau und ließen sie nicht mehr los. Ihren schlanken, langen Beinen folgte eine leicht geschwungene Linie, die Oscarss Körper wie eine Sanduhr bis zum Brustkorb formte. Er konnte ihre Beckenknochen unter der Hose erahnen und kurz darüber den kleinen Bauchnabel, umgeben von straffer Muskulatur. In Gedanken zog er sie förmlich aus.

 

Natürlich entging Oscar diese Musterung nicht. Er ließ es sie absichtlich spüren. Schamesröte machte sich in ihrem Gesicht breit.

 

Auch der Doktor bemerkte die zusätzliche Anspannung und die rosigen Wangen seiner Patientin. Deshalb ließ er seine Gedanken nicht unausgesprochen: „Ach, wie schön und schüchtern dieses frisch verliebt sein doch ist.“ 

 

Nur de Baux antwortete: „Ja, Doktor, da habt Ihr vollkommen recht!“ Lächelnd blickte er sie an.

 

Oscar schämte sich dafür, ihren Körper nicht besser kontrollieren zu können und hoffte, dass dieser Alptraum schnell vorbei gehen würde.

 

De Baux hingegen hoffte, dass dieser Moment sich so lange wie möglich halten würde und schmiegte sich wieder gedanklich an Oscars Taille. Der Augenblick kam, als der Doktor ihre Bluse öffnete und die linke Seite ihres Brustkorbes entblößte. Er konnte andeutungsweise den Rippenbogen erkennen, wie er eine sanfte Kurve um ihren Rumpf beschrieb. Und darüber blitzte das kleine wohlgeformte Körbchen hervor.

 

Der Arzt hatte den blutgetränkten Verband abgenommen und begann nun die aufgeplatzte Wunde zu desinfizieren. Oscar verzog keine Mine, als das brennende Gefühl ihre Haut durchzog. Doch auch hier reagierte ihr Körper, ohne dass sie es steuern konnte: Sie begann zu frösteln.

 

Die sich bildende Gänsehaut rund um ihre Brust und auf den Schultern ließen de Bauxs Puls in die Höhe schießen und sein Innerstes in Wallung bringen. Er musste sich zügeln und doch die wertvollen Sekunden voll ausschöpfen. Später würde sich noch oft genug die Gelegenheit bieten, ihren Körper tatsächlich mit seinen Händen zu erspüren und ihn von innen zu erleben. Allein der Gedanke versetzte ihn in Ekstase! Auch sein Gesicht errötete und auf seiner Stirn bildeten sich kleine Schweißtröpfchen.

 

Es klopfte ein weiteres Mal...

 

Der Herr des Hauses wurde unliebsam von einem Diener aus seinen erotisch- perversen Gedanken gerissen.

 

„Herr, ein gewisser Graf von Fersen möchte Euch unbedingt sprechen. Er sagte, es gehe um die Besprechung einer wichtigen militärischen Angelegenheit, in der Eure Anwesenheit dringend von Nöten ist.“

 

„Schick’ ihn weg, ich bin beschäftigt...“ , versuchte er den Störenfried abzuwimmeln, bevor er sich doch eines Besseren besann.

„Moment warte... Das ist doch dieser schwedische Verehrer der Königin?! Ein direkter Befehl unserer Majestät also...“,  er zögerte kurz. „Gut, ich werde gleich da sein.“  

 

 

14. Eine unruhige Nacht

Am gleichen Abend vor den Mauern des Anwesens, etwa zwanzig Minuten vorher...

 

Die Sterne funkelten nun schon seit einiger Zeit und bildeten einen herrlichen Kontrast zum beinahe schwarzen Himmel. Diesen Anblick nicht genießend, kamen zwei Reiter im gemächlichen Trab zum Stehen und blickten stattdessen auf das Chateau Thierry.

 

„Alain, hört Ihr das auch?“

 

„Natürlich, das ist wohl kaum zu überhören! Klingt wie ein ganzes Rudel ausgehungerter Köter. Da ist eindeutig etwas faul.“

 

Alain kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Doch alles, was er vernehmen konnte, waren bizarr geformte Schatten, die im Lichtschein der  Fackeln zu tanzen schienen und ein großes, verschlossenes, unbewachtes Tor. Alain und von Fersen schlichen sich nahe und unbemerkt an das Tor heran.

 

Das Kläffen der Hunde wurde zu einem angsteinflößenden Knurren, welches nichts Gutes für die Beute bedeuten konnte. Auch menschliche Laute konnten sie nun hören. Unter anderem eine tiefe Männerstimme, die auffallend entspannt klang. Zudem eine aufgebrachte Frauenstimme, die Alain zu erkennen glaubte und augenblicklich seine Muskulatur in Anspannung brachte. „Wir müssen da irgendwie rein, gebt Euch Mühe!“ Er klopfte von Fersen dabei auf die Schulter.

 

 

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Comte Jacques de Baux blieb wie angewurzelt stehen und streichelte zum wiederholten Male in Gedanken den makellosen Frauenkörper, der sich peinlich berührt und Schutz suchend, in seinem Bett präsentierte. Sein Besuch würde sicher noch eine Weile warten können...

 

Der Doktor vernähte nun vorsichtig die Wunde mit Nadel und Faden. Oscar biss die Zähne zusammen und versuchte still zu halten, bis es endlich vorbei war. Die erlösenden Worte des Arztes lockerten ihre Kiefermuskulatur: „Geht nur schon vor, Comte, die Mitteilung hörte sich sehr dringlich an. Ich bin gleich fertig. Der schmerzhafteste Teil ist nun geschafft. Seid unbesorgt, mit strikter Ruhe kann die Wunde gut verheilen.“ 

 

„Nein, Doktor! Ich widerspreche Euch nur ungern, aber Nichts ist gerade wichtiger, als das Wohl meiner Liebsten.“

 

Trotz deutlich sichtbarer Erschöpfung hatte Oscar bereits innerlich die Hoffnung gehegt, dem Arzt endlich die Wahrheit zu erzählen, wenn de Baux sich seinem Besuch widmen würde. Doch auch diese Gelegenheit, hier endlich zu verschwinden, blieb ihr vergönnt. Stattdessen war sie schutzlos seinem lüsternen Blick ausgeliefert und beobachtete einmal mehr, wie er sich mit seiner Zunge übertrieben langsam über die rauen Lippen fuhr.

 

Es dauerte noch schier endlose Minuten, bis der Doktor endlich den Verband aus sauberen Leinentüchern um seine Patientin gewickelt hatte. Schließlich nahm er seinen Koffer und ließ das Fläschchen mit dem Schmerzmittel auf dem kleinen Nachtschränkchen stehen.

 

Der alte Mann überhäufte Oscar mit strengen medizinischen Anweisungen, bevor er sich verabschiedete und an der Türschwelle auf den Comte wartete.

De Baux trat näher an das Bett heran, beugte sich zu Oscar herab und ließ ein paar Strähnen ihrer blonden Haarpracht durch seine Finger gleiten. Lächelnd flüsterte er ihr zu: „Wartet hier kurz auf mich. Ich werde gleich wieder bei Euch sein!“  Danach verließen die beiden Männer das Schlafgemach.

                       

Sie hörte beide noch kurz miteinander reden, bis ihre Laute nur noch gedämpft durch die Tür drangen und schließlich gänzlich verstummten.

 

Oscar beobachtete ein weiteres Mal den Türschlitz. Der Schatten war immer noch da und verschloss einen Augenblick später die Tür zum Schlafgemach.

Eigentlich hätte sie wütend und aufgebracht sein müssen, doch dazu fehlte ihr schlichtweg die Kraft... Stattdessen ließ eine eigenartige Schwere ihre Augenlider sinken.

 

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Oscar musste eingedöst sein, denn sie wurde ruckartig aufgeweckt. Sie hörte, wie sich schnelle Schritte näherten und der Geräuschpegel mit einem Mal deutlich lauter wurde, als zuvor.

 

Er war wieder da...

 

Geistesgegenwärtig sprang sie aus dem Bett und lehnte sich an die Wand, um de Baux sofort auf der Schwelle seines Gemaches außer Gefecht zu setzen. Ihr blieb nur dieser eine Überraschungsmoment! Während sie den Atem anhielt und dem schnellen Schlag ihres Herzens lauschte,  wurde die Tür stürmisch aufgerissen.

 

Oscar, dachte schon, sie würde erschlagen werden, doch die Türangel stoppte rechtzeitig im Scharnier.

 

 

15. überraschte Gesichter

Ein Soldat, in der Uniform ihres Regimentes, blieb mitten im Raum abrupt stehen - das Gewehr im Anschlag haltend, spähte er in das leere Zimmer.

 

„Alain!?“  Oscars Stimme klang sichtlich erstaunt.

 

Alain drehte sich überrascht um und hielt den Lauf seiner Bajonettes in Richtung der Stimme.

 

 „Kommandant?“  Seine dunklen Augen sahen perplex seine Vorgesetzte an und verharrten für den Bruchteil einer Sekunde an der falschen Stelle.

Er blickte automatisch auf die noch immer halbgeöffnete Bluse, die an ihrer nackten Schulter keinen Halt fand und etwas zu tief saß. Alains Wangen wurden wärmer. Um sich nichts anmerken zu lassen, zog er verlegen seine Mütze tiefer ins Gesicht.

 

Oscar registrierte sofort die äußerst peinliche Situation und ging auf ihn zu.

 

Der Soldat verbot sich den äußerst reizvollen Anblick und sah ihr nun mit Erleichterung in die meeresblauen Augen und das blasse Gesicht.  Er räusperte sich. „Kommandant, Ihr seid wohl auf, Gott sei Dank!“

 

Zu mehr kam er nicht. Ihre Hand traf seine Wange äußerst hart. Nun hatte sein Gesicht tatsächlich eine rötliche Färbung angenommen. Er spürte wie sich die Wärme und der Schmerz in seiner linken Gesichtshälfte festsetzten.

 

„Lass uns verschwinden, Alain!“ Sie knüpfte die letzten Löcher ihrer Bluse zu und ging, ohne ihn weiter anzuschauen, hinaus in den Flur.

 

Alain hielt sich kurz die leicht pochende Wange, lächelte und war letzendlich froh, sie endlich gefunden zu haben. Danach setzte er sich in Bewegung und folgte ihr die Treppe hinunter, vorbei an der bewusstlosen Wache, die er zuvor niedergestreckt hatte. 

 

Die Treppe wirkte unendlich lang. Oscars Sichtfeld schwankte leicht und ließ die Familienportraits an den Wänden zu bizarren, beobachtenden Fratzen werden. Jeder Schritt drohte ins Leere zu gehen, da sich der Boden vermeintlich unter ihren Füßen bewegte. Die Wände schienen sie zu verfolgen und bedrängten sie von allen Seiten. Alain war nun dicht bei ihr und Oscar sorgte angestrengt dafür, dass er ihren kleinen Anfall von körperlicher Schwäche nicht wahrnahm.

 

Ohne auf weitere Hindernisse zu treffen, öffnete sie schließlich die Tür und trat nach draußen in den Hof. Die Dunkelheit der Nacht gab ihr endlich das Gefühl nicht länger beobachtet zu werden! Kühle, klare Luft bahnte sich den Weg in Oscars Brustkorb und wurde mit einem erleichterten Seufzer wieder ausgestoßen. Wie pures Lebenelixier, rauschte nun das sauerstoffreiche Blut durch ihre Adern und schärfte augenblicklich ihre Sinne. 

 

„Hmmmm, ich glaube, wir bekommen Gesellschaft...“ Alain entdeckte zwei patrouillierende Wachen.

 

„Gib mir Deckung, ich bin gleich wieder zurück!“ Oscars Hand griff entschlossen Alains Bajonett. Dieser blickte sie fragend an und sah das eisige Funkeln in ihren Augen, obwohl das Schwarz der Nacht sie vollendst umhüllte. Er nickte und überließ ihr seine Waffe. Dann schlich er entlang der Mauer und fand im Gebüsch die nötige Tarnung.  Er beobachtete die Patrouille und machte sich bereit, dem Befehl seines Kommandanten, Folge zu leisten.

 

Oscar fokussierte das kleine nebenstehende Gebäude, das sie vorhin schon einmal mit de Baux betreten hatte. Sie lief einen kleinen Umweg entgegen der Richtung, die Alain eingeschlagen hatte. Angespannt und doch leichtfüßig pirschte sie sich an einen Karren, Sträucher und kleine Bäume gedrängt, näher an ihr Ziel heran. Sie war eins mit der Nacht. Eine Fackel erleuchtete ihren Bestimmungsort und würde auch sie in eine leichte Zielscheibe verwandeln, sobald sie in deren Lichtschein eintreten würde.

 

Sie verließ ihre Deckung und vertraute auf Alains Fähigkeiten. Niemand war zu sehen. Oscar hebelte die schwere Tür auf und verschwand im Inneren des feucht -kalten Gemäuers

 

De Baux schien sich keine Mühe zu machen, den Gefangenen zu bewachen. Vorsichtig, um nicht doch noch unangenehm überrascht zu werden, tastete sie sich Stufe für Stufe hinab und blieb an der vergitterten Eisentür stehen. In der Zelle war niemand hinter dem spärlichen Fackellicht zu erkennen.

 

„André?“ Erst als Oscar seinen Namen flüsterte kam er aus der Dunkelheit hinter der kalten Mauerwand hervor. Er musste in Deckung gelauert haben, um seine Peiniger vielleicht überraschen zu können, wenn sie nach ihm sahen. Er hätte mit Sicherheit alles versucht, um aus diesem Verlies zu entkommen,        ... um sie zu suchen...

 

Nun war sie es, die ihn befreite.

 

„Oscar!“

 

Ihr fiel ein Stein von Herzen, als sie seine Silhouette erkennen konnte. Er war überrascht und rang um Fassung. Seine gefesselten Arme mussten sich nach stundenlangem Ausharren in der gleichen Position hinter seinem Rücken bereits taub anfühlen.

 

Warme, klare, salzige Flüssigkeit bildete sich in seinen Augen. Unerkennbar für Oscar, die nur auf den dreckigen Leinenstoff blicken konnte, welcher Andrés Gesicht fast komplett einhüllte und ihm die Sicht nahm.

 

„André...“ Sie hielt mitten in der Bewegung inne und verlor für einen Moment den Gedanken, warum sie eigentlich hier unten war. Doch ihr Kopf schaltete blitzschnell wieder um und ließ für weitere Empfindungen keinen Platz. „Geh bitte zurück. Ich versuche das Schloss aufzusprengen.“

 

André machte sich klein, duckte sich in die hinterste Ecke, den Kopf weit nach unten geneigt, um keine Splitter ins Gesicht zu bekommen. Sein Rücken zeigte in den Raum hinein und bot ein starkes Abwehrschild.

 

Der Schuss aus Alains Gewehr war laut und schlängelte sich noch Sekunden danach durch seinen Gehörgang. Doch das Schloss sprang auf und fiel in hohem Bogen auf den Steinboden. Oscar öffnete sofort die Tür und eilte in die Zelle. Sie schnitt mit dem messerartigen Vorbau des Bajonetts Andrés Handfesseln auf und nahm ihm die Augenbinde ab.

 

Ihre beiden leuchtenden Augen sahen sich an. Ungezügelt und ohne Vorwarnung umschlang André seine befreiten Arme um Oscars schlanken Körper. Seine starke Brust berührte den zierlichen Rumpf der jungen Frau.

 

Erschrocken erstarrte sie. Ihre Arme verkrampften sich unter dem Druck seiner Geste an ihrer Taille. Ihre Fäuste waren geballt und die bläulich schimmernden Venen traten sichtbar hervor. Ihre Atmung ging flach und zügig, doch...  sie ließ ihn gewähren.

 

Es war still.

 

Keiner der beiden sagte ein Wort. Oscars angespannte Schulter-  und Halsmuskulatur entkrampfte sich, während ihre Atmung ruhiger und tiefer wurde. Schließlich schloss sie die Augen und lehnte den immer schwerer werdenden Kopf auf Andrés Brust ab. Ihre Hände wanderten wie von selbst schutz- und haltsuchend an seinen muskulösen Rücken. Sie zog ihn näher heran und ließ ihn nicht mehr los. Zwei winzige, lautlose Tränen entrannen ihren geschlossenen Augen. Er würde sie sicher nicht bemerken. Sie hörte sein Herz klopfen, wild und kräftig. Wie eine Festung stand er da, ohne sich zu bewegen. Eine angenehme Wärme durchfuhr sie und ließ ihren gesamten Körper entspannen. In dieser dunklen feuchten Zelle wurde sie von einem Gefühl von uneingeschränkter Sicherheit umgeben. Die unzähligen Gedanken waren verflogen, übrig blieb nur einer:

 

„Für einen kleinen Moment loslassen... nur diesen einen Moment.“

 

Oscar glitt sanft zu Boden, als ihren Beinen plötzlich die Kraft entwich. Andrés Griff um ihren beinahe spannungslosen Körper wurde stärker und war doch so sanft und weich. Ihr Gesichtsfeld begann sich zu verdunkeln. Dunkler, als die sternenklare Nacht, die aus einer kleinen Öffnung am oberen Ende der Zelle, hindurch schimmerte.

 

16. Zusammentreffen

Der Schuss war nicht zu überhören, da hätten die Wachen und Alain schon taub sein müssen. Natürlich rannten die Wachleute schnellen Schrittes auf das kleine Nebengebäude zu, in dem Oscar kurz zuvor verschwand und aus dem nun das signifikante Geräusch ertönt war. Alain sprang aus dem Gebüsch hervor und brachte einen von ihnen gezielt zu Fall. Erschrocken blickte sich der andere um und zielte mit seiner Waffe auf ihn. Doch Alain war schneller und trat nach dem Gewehr, welches sogleich ein paar Meter weiter auf den Boden prallte.
 

Doch da hatte er schon die Faust des anderen Wachmannes in der Magengrube. Der hatte sich nämlich erstaunlich schnell von dem überraschenden Überfall erholt. Alain spürte wie der Schmerz sein Adrenalin hochjagte und lächelte heißblütig. Er fand innerlich Gefallen an der Rauferei, erinnerte ihn dies doch ein wenig an seine Kindheit.
 

Trotzdem sollte sich der Kommandant mit seinem Vorhaben beeilen. Der Schuss war das Zeichen zum Handeln gewesen. Die Wachen waren zwar keine würdigen Gegner, jedoch musste er sie so schnell wie möglich ausschalten, um das Haupttor zu entriegeln und ihre Flucht zu gewährleisten. Mit dem nächsten Schlag beförderte er den ersten Gegner ins Land der Träume...
 

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Oscar lehnte an Andrés Brust, ihre Arme hingen schlaff an ihrem Körper herab. Ihr Atem ging ruhig. Schweißperlen schlichen sich von der Stirn über ihre Schläfen und verschmolzen mit den blonden Locken, die sich wellenartig auf ihr Gesicht legten.
 

André war mit der Situation sichtlich überfordert und fädelte gedankenlos eine Strähne hinter ihr Ohr zurück. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, in der er einfach so da saß und nicht wusste, was er als Nächstes tun sollte. Seine Arme immernoch um Oscars Körper umschlungen, starrte er auf die geöffnete Zellentür.
 

Auf einmal fuhr es ihm eiskalt den Rücken hinunter. Sie mussten hier raus! Wie konnte er sich in so einer misslichen Lage nur gehen lassen? Er stand behutsam auf und trug die noch immer bewusstlose Frau aus der Zelle. Er hatte ein bizarres Bild vor Augen: Wie er lächelnd seine Oscar irgendwann einmal genau so über die Schwelle tragen würde. Aber das Bild erlosch so blitzschnell, wie es gekommen war, als Oscar aufhustete und dabei die Augen zusammenkniff.
 

„André, was ist passiert?“ Sie sah ihn aus ihren azurblauen Augen fragend an. Er konnte diesem Blick nicht standhalten und setzte sie verlegen ab.
 

„Du bist ohnmächtig geworden, Oscar. Geht es dir wieder besser?“ ,versuchte er so neutral wie möglich zu fragen, um sein aufgeregtes, mitfühlendes Herz nicht zu verraten.
 

„Ja, danke. Es geht wieder.“ Als wenn nichts geschehen wäre, ging Oscar zu dem Bajonett und hob es auf. „Wir müssen hier weg!“
 

André lächelte. Gott sei Dank hinterfragte sie das eben Geschehene nicht weiter. „Ja, auf geht’s!“
 

Wieder oben angekommen, spähten sie aus der angelehnten Tür zum Hof hinaus. Alles war still...
 

Sie wagten sich hinaus und erblickten zwei bewusstlose Gardisten. Alain hatte gute Arbeit geleistet, doch wo war er? Ihre engen Pupillen versuchten die nähere Umgebung zu fokussieren und fanden dann die gesuchte Silhouette im Halbdunkel. Alain stand in einiger Entfernung seitlich zu ihnen, starrte geradeaus und schien sie nicht zu bemerken. Er wirkte angespannt.
 

Als sie zu ihm aufgeschlossen waren, wussten sie warum. Sie waren beinahe am Haupttor angekommen. Doch vor ihnen versperrte der Herr des Hauses ihnen den Weg.
 

„Ausgezeichnet. Ja, sehr bewundernswert Eure Leistung meine Liebe!“ De Baux applaudierte langsam in seine behandschuhten Hände und genoss den Anblick seiner flliehenden Beute, die ihm beinahe entwischt wäre. Er musste sich eingestehen: Dass er nicht damit gerechnet hätte, dass sie noch so viel Energie haben würde, um auch noch den eingesperrten, ranglosen Soldaten zu befreien, anstatt sich lieber selbst in Sicherheit zu bringen. Doch hier war ihr Weg nun zu Ende, hier am Haupttor seines Chateau´s. Denn er hatte den Trumpf in der Hand.
 

„Genug der Spielchen! Wenn Euch das Leben eines schwedischen Grafen am Herzen liegt, möget Ihr doch bitte so freundlich sein, Euch zu ergeben.“
 

Zwei weitere Gardisten hielten von Fersen fest und eine glänzende Klinge an seine Kehle. „Ich muss zugeben, die Geschichte mit dem Auftrag von unserer Königin persönlich klang nett, ja sogar glaubwürdig. Aber ich mag nun mal keine unangekündigten Gäste...zu mal es deutlich zu viele waren, in den letzten zwei Tagen.“ De Baux ließ seinen Blick schweifen, sah in die zornigen Gesichter seiner Gegenüber und ergötzte sich daran. Er winkte schließlich ab und zum Vorschein kamen weitere Soldaten, die Oscar, André und Alain von hinten umzingelten.

17. Das letzte Gefecht

 

Zurück ging es nicht, stellte sie mit einem Blick über ihre Schulter fest. Hatte de Baux etwa eine Privatarmee? Ein frontaler Angriff war ebenfalls auszuschließen - von Fersen wäre sofort tot! „Verdammt!“, hörte sie sich leise sagen.

 

Zwei messerscharfe Töne zerrissen kurz nacheinander erneut die turbulente Nacht... Sie sahen zwei schlaffe Körper, wie sie ungebremst zu Boden fielen, plump und mit jeweils einem markanten, blutgetränkten Fleck links unterhalb der Schulter. Ein kurzes Röcheln, doch dann war es für die beiden Wächter, die von Fersen festhielten, auch schon vorbei.

 

De Baux blickte sich um und fauchte: „Was zum...?! Männer sucht die Schützen!“ Er kommandierte einen Teil seiner Mannschaft sofort als Suchtrupp ab - im Schlepptau die bissigen Köter, die wahrschienlich immer noch nichts zum Fressen bekommen hatten, denn ihre Halter konnten sie kaum bändigen. Sie rannten in die Richtung, aus der die Schüsse kamen, hielten kurz vor dem vergitterten Haupttor und öffneten es. Die Hunde hatten sofort die Fährte aufgenommen und stürmten los. 

 

Oscar, André, Alain und der befreite von Fersen nutzten den Tumult und setzten zum Angriff an. Von Fersen nahm sich die beiden Degen seiner ehemaligen Aufpasser und warf einen davon zu Alain. Sie waren noch immer zahlenmäßig unterlegen, doch ihre Chancen hatten sich stark zu ihren Gunsten gewendet.

 

„Das war höchste Zeit, Jungs!“, murmelte Alain zu sich selbst und fing den Degen auf.  „Kommandant, Euer Regiment steht kampfbereit vor den Mauern des Chateaus!“, rief er erfreut zu Oscar, denn abseits des Haupteingangs waren bereits kräftige Klingenschläge, jaulende Hunde und lautes Kampfgeschrei zu hören.

 

Oscar nickte ihm dankend zu. Sie riss die Arme hoch und wehrte einen Hieb ihres Gegners mit dem Bajonett quer vor ihrer Brust ab. Wieder durchfuhr sie der reißende Schmerz in ihrer linken Schulter. Aber es galt durchzuhalten - gerade jetzt, wo ihre gesamte Truppe zu Hilfe gekommen war. Oscar wechselte den Griff und traf das Kinn ihres Gegners mit der stumpfen Seite ihrer Waffe. Dieser fiel, ohne seinen Körper abfangen zu können, wie ein nasser Sack zu Boden. „Lasst uns...“,  sIe wollte gerade den Befehl geben, sich zum Rückzug bereit zu machen und sich mit dem Regiment vor dem Tor zu versammeln, als André vor ihr auftauchte. Er schnappte sich den Degen des bewusstlosen Wachmannes und rannte dem flüchtenden Comte hinterher, der sich aus dem Staub machen wollte.

 

Es geschah alles rasend schnell. 

 

„André!?“ Oscar wollte ihm nachrennen, wurde jedoch von einem weiteren Gegner gestoppt und aufgehalten. Stattdessen musste sie sich erneut gegen einen Angriff verteidigen und machtlos zusehen, wie sich André immer weiter von ihr entfernte.

 

 

 

 

Andrés Atem ging schnell. Fern ab vom Geschehen war de Baux plötzlich stehen geblieben, drehte sich um und sah den jungen Verfolger abschätzend und mit eiserner Miene an.

 

„Tzzz... Ein rangloser Soldat wagt es, einen Kommandanten herauszufordern? Nun gut, so sei es!“ Mit einem überraschend schnellen Angriff testete er Andrés Reaktion. Dieser wehrte den Hieb ab, strauchelte jedoch etwas zurück. Der sandige Boden wirbelte unter seinen Füßen auf. Voller Wut hielt André den Degen umklammert. Seine Adern zeichneten sich filigran auf seiner Stirn ab und verbündeten sich mit der tiefen Zornesfalte über seinen Augenbrauen.

 

Andrés Füße schlitterten über den trockenen Boden, in seiner Hand, der straff geführte Degen. Sein Blick fixierte nur ein Ziel: de Baux`s Oberkörper!

 

Seine Angriffe hatten jedoch nicht die Kraft, um die Vereidigung seines mächtigen Gegners zu durchbrechen. Immer wieder versuchte er durch seine Schnelligkeit einen Schwachpunkt zu treffen. Doch de Baux hatte Erfahrung, eine gute Ausdauer und vermutlich auch gut zu Abend gegessen. Es kam so weit, dass er André in die Enge getrieben hatte.

 

Die Klingen der Kontrahenten kreuzten sich – ebenso scharf wie ihre Blicke. Einer der beiden lächelte und trat mit seinem rechten Bein in die Lebergegend des anderen. Es knackte. Der Treffer war nicht voher zu sehen. Der Getroffene prallte an die Mauerwand und glitt zu Boden. Sich schmerzlindernd die Bauchgegend haltend, schnappte er nach Luft.

 

 

Der staubige Sandboden knarzte, als die Schritte des Gegners näher kamen und schließlich siegessicher über dem Mann thronten, der kampfunfähig auf dem Boden lag. Zu einem letzten, finalen Stich hob sich die messerscharfe Klinge wie ein endgültiger Schatten.

 

Andrés rechte Seite schmerzte entsetzlich. Mit jedem Atemzug verkrampfte sich seine Lunge mehr und schnürte ihm den Brustkorb ab. Er starrte de Baux an und doch ging sein Blick ins Leere.

 

Er hatte versagt.

 

Sein letzter Gedanke galt Oscar... Das Bild, wie er sie vorhin noch über die Schwelle trug, blitzte noch einmal vor seinem geistigen Auge auf...

 

Er machte sich bereit, für das, was als Nächstes kommen würde...

18. Tiefe Wunden

Der Stich kam schnell und durchtrennte mühelos Haut, Blutgefäße und Muskelgewebe. Er saß tief und bahnte sich den Weg zwischen zwei Rippen hindurch. Der Schock ließ keine Reaktion zu. Nicht einmal einen Laut konnte de Baux von sich geben, als er Sekunden später zu Boden ging -und mit ihm der Degen, der André eben noch töten sollte.
 

André öffnete die Augen. Er blickte verwirrt um sich und sah, wie sein Gegner in sich zusammen sackte. Erst jetzt realisierte er, was geschehen war. Glänzendes Metall durchbohrte de Baux´s Rücken. Die Wucht des Einstiches war so groß gewesen, dass die Spitze der Klinge vorn in seinem Bauchraum wieder heraus kam.
 

„Alain! André ist verwundet!“, hörte er noch echohaft und verzerrt die vertraute weibliche Stimme rufen, bevor er sich für ein paar Minuten seinem Schmerz ergab und von der Umgebung nichts mehr wahrnahm.
 

Oscar war bei ihm angekommen und sah, wie sein Atem zwar regelmäßig, aber nur flach ging. Doch noch musste ihre Aufmerksamkeit jemand anderem gelten. Sie musste erst dafür sorgen, dass die Gefahr tatsächlich vorüber war. Vorsichtig näherte sie sich de Baux, in seinem Körper noch immer die fest steckende Klinge. Sie hatte ihren Degen mit größter Verzweiflung nach ihm geworfen, als sie gesehen hatte, dass dieser kurz davor war, Andrés Leben auszulöschen. Nun kniete Comte Jacques de Baux kauernd auf dem Boden, den Kopf nach unten gesenkt, schwer atmend. Nur wenig Blut war bisher aus der Wunde entwichen.
 

Auf einmal bäumte sich de Baux ein letztes Mal vor ihr auf, schnappte sich seine Waffe mit der linken Hand und griff mit schmerzverzerrtem Gesicht Oscar tollwütig an. Sie konnte sich jedoch rechtzeitig von ihm wegdrehen, sodass de Baux ´s Angriff ins Leere ging.
 

Er versuchte seinen schmerzenden Körper abzubremsen, doch die Geschwindigkeit seines hektischen Angriffes war zu groß gewesen. Unsanft schlug er mit dem Gesicht auf dem Boden auf. Oscar sah wie sich die Waffe in seiner Nierengegend wieder durch das Fleisch bohrte und de Baux mit einem tiefen Seufzer die Augen schloss.
 

Alain kam mit ein paar Männern heran gestürmt. Gemeinsam versorgten sie André und kümmerten sich ebenfalls um den Herrn des Hauses, der sofort in seinem eigenen Verlies untergebracht und bewacht wurde.
 

„Geht es dir gut, André?“ Oscars Stimme klang besorgt.
 

„Danke... es geht.“ Andrés Stimme war belegt, er hustete und hielt sich weiterhin die brennende Flanke. Er bemerkte ihre warme Hand, die sich flüchtig auf seine Schulter legte, als ob sie ihm sagen würde: Es ist noch einmal alles gut ausgegangen.
 

André richtete sich auf. Ein Stechen jagte ihm mit jedem Atemzug durch Mark und Bein. Er schaute sich nicht mehr um, sondern wollte einfach nur weg. Er konnte die besorgten Blicke der anderen nicht ertragen... vor allem nicht den, von Oscar. Er hatte versagt...
 

Andrés Magen knurrte laut. Erschöpft hielt er immer noch eine Hand an seine Seite. Er hörte Alain beherzt auflachen und schon im nächsten Moment, zerzauste ihm sein Freund das Haar und klopfte ihm behände auf die Schulter. Er wusste, dass Alain nur seine Stimmung auflockern wollte: So, als wäre gerade noch einmal alles gut gegangen,... Doch nichts war gut ausgegangen! André rang sich ein gezwungenes Lächeln ab und fühlte sich hundeelend. Er wollte nur weg von hier, weg von all dem...
 

Von Fersen schloss zu den beiden auf. Er hatte ein paar Kratzer, war blass, jedoch noch in einem ganz ansehnlichen Zustand. „Der Plan hat glücklicherweise funktioniert, Alain!“
 

André blickte die beiden fragend an und hustete noch immer.
 

„Wir haben uns mit den Männern abgesprochen, dass sie nachkommen sollen, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwindet. Die große Anzahl an Reitern wäre sonst auf der Lichtung aufgefallen und wäre niemals unentdeckt geblieben“, erklärte von Fersen sachlich.
 

André nickte anerkennend. Er setzte sich wieder, hielt sich den Brustkorb fest umschlossen und kämpfte gegen den ständigen Stich seiner Rippen bei jedem Atemzug.
 

Währenddessen wurde Oscar von ihren Männern mit dem aktuellen Informationen versorgt. Sie befahl ihnen, das Chateau zu besetzen und auszukundschaften. Danach schweiften ihre blauen Augen suchend wieder zu André. Dieser hatte sich gerade hingesetzt und lauschte nun vermeintlich den Worten, die Alain ihm gerade widmete.
 

Wenig später entdeckten zwei Corporals ihres Regimentes bei der Suche nach weiteren Militärs den Arzt, der sich während des Tumultes in der Burg mit dem Dienstpersonal verschanzt hatte.
 

Oscar klärte die Sachlage auf und bat ihn, sich um André und die Verwundeten zu kümmern. Der Doktor willigte unter einer Bedingung ein: „Ich werde mich um alle Verwundeten kümmern, egal welcher Seite sie angehören... So verlangt es der Hypokratische Eid.“
 

Oscar gab ihm ein kurzes Nicken und wollte sich gerade aus seinem Sichtfeld entfernen.
 

„Wartet, Kommandant!“, sagte er sanft, als Oscar sich gerade von ihm abwenden wollte.
 

Er musterte die junge Frau: Ihr Gesicht wirkte gefasst, doch ihre Mimik war angespannt, ihre Haut vor Schweiß glänzend und beinahe kreidebleich. Die linke Schulter hielt sie leicht nach vorn hängend. Das Gewicht ihres Armes musste heftig an der Wunde ziehen. Sie stützte instinktiv die Hand in die Taille, um die Verletzung zu entlasten, während ihr gesamter Körper leicht zitterte. „Ich werde mit Euch beginnen.“ Er sah Oscars widerstrebenden Blick.
 

„Aber, ich muss...!“ Oscar wurde barsch von ihm unterbrochen. Nur wenige Personen konnten sich das erlauben. Der alte Mediziner war einer davon.
 

„...behandelt werden! Keine Widerrede!“, sagte er streng zu seiner bereits vertrauten Patientin.

19. Résumé

Oscar hatte sich geweigert, dass ihr nach wiederholter Behandlung der Schussverletzung, ein kompletter Schulter-Arm-Verband angelegt werden sollte. Wie sollte sie denn damit die Zügel ihres Pferdes führen? Seufzend schüttelte der alte Mediziner den Kopf. Dann überklebte er die Wunde mit einem Leinenstoff und warmem Bienenwachs. Er wandte sich an die junge Frau und sagte beinahe verzweifelt: „Das Pflaster wird nicht lange halten, wenn Ihr Euren Arm so oft bewegt. Seid wenigstens vernünftig und lasst Euch versorgen, sobald Ihr in Paris angekommen seid! Mit einer auftretenden Entzündung ist nicht zu spaßen!“
 

Oscar nickte stumm.
 

„Ruht Euch aus!“ Der alte Mann verließ den Raum.
 

Oscar wollte diesen Ort eigentlich so schnell wie möglich verlassen, doch die Moral der Männer und die Anzahl der Verletzten, stimmte sie um. Nur diese eine Nacht würde sie hier bleiben. Sie blickte sich in dem kleinen Zimmer um. Es befand sich in einem Anbau des Anwesens. Nie wieder würde sie freiwillig den Hauptflügel dieses Gebäudes betreten. Zu tief saß das fratzenartige Gesicht von De Baux in ihrem Kopf. Seufzend ließ sie sich auf dem Bett nieder. Danach fielen ihr die schweren Augen zu. Erschöpft und mit einem dumpfen Pochen unter dem Pflaster, schlief sie ein.
 


 

Am nächsten Tag wurde alles für die Rückkehr nach Versailles vorbereitet.

Das oberste Gericht in Paris würde sich dem Verbrechen des Lehnsherrn annehmen und einen Prozess veranlassen. Es galt dort, das Ausmaß seiner Bestrafung zu bestimmen, falls dieser seiner Verwundung auf dem Weg dorthin nicht erliegen würde.
 

Oscar inspizierte noch die Vorräte und gab danach den Befehl zum Aufbruch. Der Konvoi ritt los. An der Spitze Alain, von Fersen und André. Sie selbst trabte währenddessen neben einer Kutsche.
 

Oscar sah hinein, erblickte De Baux, der auf der Seite lag, und den Doktor, der sich um ihn kümmerte. Sie beobachtete für eine Weile das Geschehen im Inneren des Gefährtes.
 

Der Arzt überwachte De Baux`s kritischen Zustand. Permanentes Schwitzen an Gesicht und Rumpf, verdeutlichten, wie hart sein Körper gegen diese Verletzung arbeitete. Er fühlte den Puls an der kühlen blassen Hand. Flach und rasend, jedoch regelmäßig. Ein Resultat des hohen Blutverlustes, nachdem er die Klinge aus dem Gewebe gezogen hatte. Die Wunde war nun versorgt, genäht und verbunden. Nun hieß es abwarten und den Schmerz in Schach halten.
 

Oscar kniff die Augen zusammen und spannte ihre Kiefermuskeln an. Ja, sie hatte sich auf den Deal mit dem alten Mann eingelassen und deshalb musste sie ihn in seinem Tun gewähren lassen. Sie straffte die Zügel, gab ihrem Pferd etwas unsanft die Sporen und bekam sofort die Strafe dafür. Blitzartig durchzuckte ein reißendes Gefühl ihre linke Schulter. Ihr wurde für einen Moment schwarz vor Augen. Doch schon beim nächsten Wimpernschlag klarte ihre Sicht wieder auf und sie galloppierte nach vorn zu André und den anderen.
 

Sie richtete das Wort an die drei Männer: „Ich danke Euch allen!“ Und als sie ihr zur Antwort zunickten, fügte sie zögerlich hinzu: „Ich weiß nicht, was geschehen wäre, wenn...“
 

Alain winkte als erster ab: „Kommandant, ich wüsste da einige kleine Annehmlichkeiten für Eurer Regiment, als Wiedergutmachung!“ Gespielt lässig zog er seine Uniform zurecht. „Ich glaube wir haben uns einen kleinen Urlaub verdient.“
 

Oscar atmete innerlich auf. Alain`s unverfrorene Art ließ sie für kurze Zeit vergessen, aus welch misslicher Lage sie gerade entkommen waren. Sie stimmte ihm mit einem angedeuteten Lächeln zu.
 

Als Nächstes ergriff von Fersen das Wort: „Ich trage die Hauptschuld dieser ganzen Aktion, Lady Oscar. Es tut mir Leid, dass ich Euer gesamtes Regiment wegen einer Finte in höchste Gefahr gebracht habe.“ Es senkte beschämt seinen Blick.
 

„Sobald wir in Versailles sind, stelle ich Nachforschungen an, über diese ominöse Verwicklung Ihrer Hoheit Marie Antoinette. Es muss einen Spitzel im Palast geben, der das Gerücht über ein Attentat auf unsere Königin verbreiten konnte. Ich hoffe, dass man es noch aus Comte De Baux herausquetschen kann.“ Von Fersen blickte zurück zur Kutsche.
 

„Wie steht es um Euren Gedächtnisverlust?“ fragte Oscar besorgt. Sie hatte gestern zufällig ein Gespräch zwischen Alain und von Fersen verfolgt.
 

„Oh, es fügt sich alles wieder. Ein bisschen Kopfschmerz, ein paar wenige Lücken, doch das Meiste ist wieder an seinem Platz.“ Er zeigte auf seinen Kopf und lächelte.
 

Oscar erwiderte das Lächeln und zog ihre Stute etwas zur Seite. André ritt etwas abseits und schien in Gedanken. „André, wie geht es dir?“
 

„Danke, heute schon deutlich besser. Der Arzt war gestern noch bei mir und gab eine gute Prognose ab. Das Durchschlafen hat gut getan. Und wie geht es dir?“
 

„Wir scheinen einen sehr kompetenten Doktor in unserer Nähe zu haben. Mir geht es ebenfalls besser. Ich freue mich auf zu Hause.“
 

„Ja, ich mich auch.“ André grinste schief.
 

Irgendetwas behagte ihr nicht. Sie kaufte ihm sein Grinsen nicht ab. Es wirkte aufgesetzt und verkrampft. Dabei war doch jetzt der ganze Spuk vorbei. Sie würde ihn später unter vier Augen noch einmal fragen.

20. Epilog

Es klopfte. Zögerlich wurde die knarzende Tür einen Spalt breit geöffnet. Eine junge Frau spähte skeptisch nach draußen. Doch ihre Mimik entspannte sich sogleich.
 

„Oh, Ihr seid es Alain. Was für eine schöne Überraschung!“ Ihr zauberhaftes Lächeln ließ ihn erröten. Sie kicherte herzerwärmend, als sie sah, wie er sich verlegen am Hinterkopf kratzte.
 

„Hallo....Na... Nadine, ich war zufällig in der Gegend und äh... da dachte ich..., ob vielleicht...“
 

Nadine trat heraus und blickte in die schüchternen, schokobraunen Augen des sonst so selbstbewussten Soldaten. Er wirkte heute anders als die letzten Male, als er sie besuchen kam. Belustigt von seiner Unsicherheit, schnappte sie sich den unbeholfenen jungen Mann und hakte sich bei ihm ein. Gemeinsam verließen sie das Dorf, hinaus zu den Feldern. Im herbstlichen Sonnenuntergang wiegte der sanfte Wind das goldene Getreide und spielte leichthin mit Nadines langem Haar. Da ergriff er mutig die Initiative: Alain umschloss mit seinen großen, zittrigen Händen behutsam ihr Gesicht. Ihre Lippen verschmolzen miteinander, die Augen genüsslich verschlossen... Und während das Zittern seiner Hände erlosch, begann auch er losgelöst zu lächeln.
 

„Alain!?“
 

André beobachtete seinen Freund in der Taverne: Er grinste, geistesabwesend den Kopf auf seinen Arm gestützt. Er wirkte entspannt, seelig und... betrunken... Ja, nach vier Krügen Bier konnte man ihm so manches Geheimnis entlocken. Alain schwärmte förmlich von Nadine und das dieser Höllentrip doch etwas Gutes mit sich gebracht hatte. Er war verliebt- über beide Ohren! So hatte André ihn noch nie erlebt. Dabei war er sich eigentlich immer sicher gewesen, dass Alain ein freizügiger Frauenheld war.
 

Sein Freund antwortete nicht. Seufzend nippte André an seinem Bier und erinnerte sich an jenen Tag zurück, als wäre es gestern gewesen:
 

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„Es tut mir Leid... Ich konnte dir nicht helfen Oscar... Was für ein Beschützer bin ich denn, der seine Aufgabe nicht einmal ansatzweise erfüllen kann?“ André lehnte an dem Gatter des Stalls und streichelte seinem Pferd traurig über die Nüstern. Die kastaniengroßen Augen blickten ihn erwartungsvoll an. Eine magische Wirkung ging von seinem braunen Hengst aus. Er war ein Freund, der einfach nur zuhörte, was André bereits seit dem Aufbruch nach Paris auf der Seele brannte.
 

Oscar stand mit dem Rücken am Stalltor und beobachtete ihn. Unauffällig lauschte sie seinen Worten, denn er hatte ihre Anwesenheit noch nicht bemerkt. Sie hatte sehr wohl erkannt, dass er ihr seit dem Vorfall aus dem Weg ging.
 

„Ja, mein Guter, in den entscheidendsten Momenten ist auf mich kein Verlass. Ich stehe ihr nur im Weg und bin zu schwach.“ Wütend schlug er die Faust auf den Holzbalken. „Der General hätte mich tot prügeln sollen... Dafür, dass ich zu ließ, dass seine Tochter so stark verwundet wurde. Es wäre eine gerechte Strafe gewesen...“, Andrés gerötete Hand wanderte nun sanft an den muskulösen Hals seines Braunen und verharrte dort. Er lehnte seinen Kopf an dessen prachtvolle Mähne. „Doch selbst da ging Oscar dazwischen, setzte sich wieder einmal für mich ein, weil ich in ihren Augen keine Schuld dafür trage...“, er hustete leicht. Das Pferd blieb ruhig, spitzte jedoch die Ohren und stupste ihn danach an die Wange.
 

André blickte daraufhin zum Stalltor: „Oh, Oscar? Äh...was machst du denn hier? Solltest du deinen Arm nicht schonen?“
 

Oscar kam langsam auf ihn zu.
 

Sie lächelte sanft. „So eingepackt wie der ist, kann doch gar nichts passieren.“ Sie zeigte auf den frischen Schlauchverband, der um ihren Nacken geschlungen war und keinerlei Bewegung zu ließ.
 

„Was hat der Doktor noch zu dir gesagt, André?“ Oscar deutete auf die ebenfalls verbundene Wunde unter seinem Hemd.
 

„Er meinte, die gebrochene Rippe sei nicht das Problem. Aber die beiden Nachbarrippen wurden stark geprellt. Und das täte mehr weh, als wenn sie durchgebrochen wären. Das Atmen geht schon wieder ganz gut. Ich solle versuchen, langsam wieder tiefer zu atmen, damit sich keine Lungenentzündung bilden kann...“
 

André sah nun zu ihr. Wie sie da stand, leichtfüßig und entspannt, das helle Tageslicht von draußen ließ sie engelsgleich erscheinen. Ihr Haar wehte in der sanften Brise des kühler werdenden Herbsttages. So stark, energiegeladen und um ihn besorgt. Sollte er es nicht sein, der diese Eigenschaften besitzen musste?
 

André wurde aus seinen Gedanken gerissen: „Bereite doch bitte die Pferde für einen kleinen Ausritt vor. Ich würde den sonnigen Tag heute gerne noch etwas auskosten. Die frische Luft wird dir ebenfalls gut tun.“ Oscar verließ den Stall und zog sich um.
 

„Oscar, aber dein Arm!?“ , rief André ihr hinterher, doch sie war bereits aus seinem Sichtfeld verschwunden. Eigentlich liebte er dieses kleine vertraute Ritual zwischen ihnen. Doch heute würde er den Ausritt nicht entspannt genießen können und das hatte überhaupt nichts mit seiner Rippenverletzung zu tun.
 

Schweigend ritten die beiden im ruhigen Trab nebeneinander. Sie wirkten innerlich angespannt. Schließlich brach Oscar die Stille. Sie musste schlucken, doch ihr Gaumen war auf einmal ganz trocken. Die Hand vor den Mund haltend, räusperte sie sich und atmete noch einmal tief durch. Oscar blickte in die Ferne und bemerkte wie ihre Lippen die ersten Worte formten.
 

„André...höre bitte auf... dich selbst zu bemitleiden!“ Das Gesagte klang hart und so verwunderte es nicht, dass er ihr keine Antwort gab und erneut eine unangenehme Stille zwischen sie trat.
 

Schließlich wurde ihre Stimme weicher und leiser. „Du irrst dich gewaltig...“ , sie zögerte weiter zu sprechen. Die Vögel taten genau das Gegenteil. Sie piepsten und zwitscherten munter in allen Oktaven in den nahegelegenen Baumwipfeln.
 

Oscar fiel es sichtlich schwer ihre nächsten Gedanken preis zu geben. „Denn du hast mich im wichtigsten aller Momente gerettet... Aufgefangen, als mein Körper mich nicht mehr tragen konnte und mein Geist zu schwach war, ihn zu kontrollieren... Du warst da und dafür werde ich dir ewig dankbar sein!“
 

Oscar ließ André nicht zu Wort kommen, der in diesem Augenblick eh nicht hätte antworten können. Wie versteinert musste seine Mimik gewirkt haben, sprachlos, auf das eben Gesagte angemessen zu reagieren.
 

„Und nun Schluss mit dem Thema! Lass uns ein Wettrennen zum See machen!“ Unfähig ihn dabei anzuschauen riss sie die Zügel mit dem gesunden Arm an sich und galoppierte davon. Sie war deutlich langsamer als sonst, denn sie wollte es nicht riskieren, das Gleichgewicht zu verlieren. Ihr Herz dagegen pochte rasanter als je zuvor gegen ihren Brustkorb. Die frische Luft, die ihre Lungen mit Freude aufsogen, reichte dennoch nicht aus, um tief durchzuatmen. Doch sie wusste, André würde sie trotzdem nicht einholen können.
 

André war sich einen Moment unsicher, ob er diese Worte tatsächlich gehört hatte. Er erhöhte ebenfalls das Tempo. Die Hufschläge seines Pferdes wurden härter und trafen als leichte Erschütterungen seinen Körper. Seine Rippen vibrierten. Doch er spürte weder Druck noch Schmerz, sondern ein seltsam befreiendes Gefühl in seiner Brust. Sein Kopf war voll mit unendlich vielen Fragen und doch so leer wie nie. Sie trieben ihn an, dieses Wettrennen doch noch zu gewinnen.
 

Oscar fühlte sich erleichtert, nachdem diese schwergewichtigen Worte nun endlich ausgesprochen waren. Ihr rasendendes Herz begann sich zu beruhigen. Wissend, dass er hinter ihr war und ihr folgte. Die vertraute Nähe zu André war nun endlich wieder hergestellt. Erst jetzt realisierte sie, wie wichtig ihr das war. Sie spürte, wie André dichter zu ihr aufschloss. War ihre Freundschaft durch den Vorfall auf dem Chateau Thierry möglicherweise noch tiefgründiger geworden? Die junge Frau war verwirrt, gab ihrer Stute einen weiteren sanften Tritt in die Flanken und gewann wieder an Vorsprung.
 

Oscar sollte Recht behalten, auch diesen Ausritt hatte sie gewonnen, so wie ihr kleines Ritual stets endete. Diese winzige Zeitspanne, die nur ihnen gehörte, war für diese beiden Menschen von undenkbarer Wichtigkeit!
 

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Und auch heute, hier in der Taverne bei seinem vierten Bier, war er sich noch immer nicht sicher, ob Oscar wirklich diese Worte zu ihm gesagt hatte. Er trank das inzwischen schale Getränk in einem großen Schluck aus und blickte nachdenklich in das flackernde Licht der Tischkerze. Die Flamme tanzte unermüdlich hin und her und warf einen großen Schatten hinter sich.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich bin erstmal für 3 Wochen in Urlaub. Vielleicht fällt mir bis dahin, ja das Ende ein :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (68)
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Von:  abcdefg123
2015-11-20T09:06:12+00:00 20.11.2015 10:06
Oh, jetzt ist es wirklich zu Ende!!! Schade! Ich könnte deine Geschichte ewig weiter lesen - danke dafür - sie hat mir sehr gut gefallen und war super zu lesen! Oscar einmal in so einer Situation zu erleben war sehr spannend zu lesen, und ich finde dieses letzte Kapitel hat eine sehr schöne und zarte romantische Stimmung und lässt auf mehr hoffen! ;-)
Ich würde mich sehr freuen, wieder etwas von dir über Oscar und Andre zu lesen - vielleicht eine Fortsetzung? Wäre super! Aber schauen wir mal ;-)!
Antwort von:  hunny123
22.11.2015 16:54
Vielen lieben Dank für das positive Feedback und deine Treue zu meiner Geschichte. Es hat sehr viel Spaß gemacht, sich in die Charaktere reinzuversetzen. Leider ist momentan noch nichts in Planung, aber das Ende ist ja so offen gehalten, dass man noch eine Fortsetzung darauf aufbauen kann :)
Von:  abcdefg123
2015-11-20T08:49:25+00:00 20.11.2015 09:49
Dieses Kapitel hat mir gut gefallen. Und schön wenn bei allem anderen Oscar jedoch gleich auffällt, wenn mit Andre etwas nicht stimmt! Es herrscht doch eine große Stimmigkeit zwischen den beiden - Seelenverwandtschaft nenne ich dies!
Ich fürchte nun neigt sich deine Geschichte dem Ende zu - leider - bekomme ich noch meine Romantik???? Mal schauen - muss weiter lesen!
Von: abgemeldet
2015-10-27T21:22:32+00:00 27.10.2015 22:22
Ich bin überwältigt! Nach 20 Kapiteln krönt tatsächlich ein sehr umfangreiches deine Geschichte. *lach* Aber mal im Ernst: Man merkt, wie sehr sich dein Schreibstil weiter entwickelt hat. Er ist viel flüssiger uns selbstverständlicher geworden - leichter, wenn man so sagen kann. Du hast in eine gute Ausdrucksweise gefunden und dein Wortschatz ist definitiv besser, als du dir selbst zugestehen möchtest.

Ich freue mich sehr, dass ich diesen Part spielen durfte: Dich voran zu treiben. Es hat unglaublichen Spaß gemacht und war eine schöne Zeit und Erfahrung. Und ich freue mich noch mehr, dass du dich durch meine kritischen Bemerkungen nicht hast entmutigen lassen. Ich glaube, manchmal habe ich dich wirklich gequält. XD

Das Ende deiner FF finde ich fantastisch! Romantik hatte in deiner FF nur in wenigen, äußerst effizient platzierten Szenen Platz und auch deine Charaktere standen sich eher freundschaftlich distanziert gegenüber. Das finde ich gar nicht schlimm! Wie gesagt: Es war wohl platziert und portioniert. Und dieses letzte Kapitel, diese zaghafte und unsichere Romantik passt einfach perfekt zu deiner FF und zu den beiden. Es ist ein krönender Abschluss und lässt tatsächlich genügend Freiraum für eigene Fantasie. Und natürlich auch für Hoffnung: Auf eine Fortsetzung! ;)
Antwort von:  hunny123
28.10.2015 14:31
Ich danke auch dir für deine lieben Worte und diesen umfangreichen Kommentar.
Und natürlich für deine stets ehrliche Meinung über den Text. Es spornt dann einfach nochmal an, wenn man eine andere Meinung hört, aus der eigenen :) Und vor allem macht es mich auf Sachen aufmerksam, die mir als Autor gar nicht auffallen würden, weil man den Text schon zig mal durchgegangen ist :)
Das mit der Romantik hab ich größten Teils auch dir zu verdanken. Die Formulierung auszuarbeiten, war sehr sehr anstrengend. *lach*
Von: abgemeldet
2015-10-27T21:14:23+00:00 27.10.2015 22:14
Großartig aufgelöst! Du hast tatsächlich all meine offenen Fragen geklärt und die vielen roten Fäden der unterschiedlichen Sichtweisen zusammengeführt. Das ruhige Kapitel tut gut, nach all der Aufregung. Denn bisher hast du wirklich keinen deiner Charaktere auch nur einmal zur Ruhe kommen lassen. Es ist interessant zu sehen, wo sich meine Annahmen tatsächlich bewahrheitet haben. Du hast so viel Fallstricke gezogen, mich oft auch hinters Licht geführt, doch schlussendlich ist alles stimmig. Eine tolle Leistung!
Von: abgemeldet
2015-10-27T21:09:38+00:00 27.10.2015 22:09
Ach, wie ich diese Stelle mit dem Arzt liebe! Wie er Oscar in die Schranken weißt und sprichwörtlich nicht vom Haken lässt. Einfach grandios und authentisch umgesetzt!

Andre tut mir tatsächlich leid. Ich würde nicht denken, dass er den Helden spielen und Oscar zuvorkommen wollte um ihr zu imponieren. Ich denke er hat sich von seinen Gefühlen leiten lassen: Er hat vor Augen gehabt, wie Oscar damals in dem Kerker vorgeführt und unter Druck gesetzt wurde. Das kann er nur schwerlich überwinden. Er hat die Nerven verloren - doch nun ist er im Endeffekt die schwache Figur in deiner FF. Die Stärke, die er Oscar beweisen wollte, hat er nicht abrufen können. Aber ich bin froh, dass nicht schlimmeres passiert ist - auch, wenn der Schock für alle tief sitzt.
Von:  Saph_ira
2015-10-27T20:37:56+00:00 27.10.2015 21:37
Und die Mühe hat sich bei dir mehr als gelohnt. ;-) Im allgemeinen war das eine spannende und mitreißende FF, mit einer kleinen Brise Romantik zusätzlich. ;-) Und auch ein schönes offenes Ende ist dir auch gut gelungen. ;-) Dass Alain verliebt ist, ist bissl ungewöhnlich, aber irgendwie hatte ich am Anfang so eine Gedanke gehabt, dass zwischen ihm und Nadine etwas werden könnte - so ein Frauenheld wie er lässt sich doch nichts entgehen. Dass er sich dabei verguckt ist auch schöne Gedanke, so kann er mal sesshaft und ein Bauer werden - so wie seine Mutter und seine Schwester es sich gewünscht hatten. Ohje, meine Phantasie geht schon wieder durch...^^
André und Oscar... Schön, dass du die beiden am Leben gelassen hast und Oscar, zwar knapp, aber klar mit ihm gesprochen hat. Ich hoffe nur, dass er, wenn er wieder nüchtern ist, ihren Satz nicht als Einbilung dann betrachtet - denn der kleine Ausritt zwischen den beiden verspricht eine Zusammenkunft zwischen ihnen, aber das überlasse ich lieber meiner Fantasie. XD Und sage bloß nicht, dass dir Romantik nicht liegt. In diesem Kapitel hast du wieder das Gegenteil bewiesen - schon alleine zu Beginn mit Alain und Nadine. Und dann der Ausritt zwischen Oscar und André - und auch die Szene im Stall nicht zu vergessen! Auch wenn du es wahrscheinlich nicht zugibst, aber es liegt so viel vom versteckten Gefühl, Herzklopfen und Emotionen darin, dass man einem tief berührt und man es gerne immer wieder liest - eine Romantik ohne Dramatik gibt es auch und bei dir ist es der Fall. ;-) So, jetzt höre ich auf einen Roman zu schreiben und bedanke mich herzlich bei dir, dass ich deine FF lesen und mit Figuren mitfiebern durfte. Du hast eine tolle leistung vollbracht und ich hoffe, du wirst uns noch mit weiteren Geschichten überraschen. ;-)
PS.: Würde es eine Fortsetzung geben? Ich hätte gerne gewusst, ob de Baux gestorben ist und wenn nicht, dann was aus ihm geworden ist. Und auch, ob der Fall mit dem Spitzel auch geklärt wurde.^^ Aber wenn kein zweiten Teil geben sollte, ist auch nicht tragisch - dann überlasse ich es halt meiner Fantasie. XD
Liebe und herzliche Grüße. :-)
Saph_ira
Antwort von:  hunny123
27.10.2015 21:42
Oh wow, ich danke dir für die vielen netten Worte und diesen riesigen Kommentar.
Ich habe das Ende bewusst offen gelassen, um tatsächlich evtl. eine Fortsetzung schreiben zu können und weil ich kein pures happy end haben wollte ^^. Ich habe momentan allerdings noch keine Ahnung ob ich Muse für eine weitere Geschichte haben werde. Aber ja De Baux lebt noch . Ich mag ihn zu sehr als Bad Guy *muahmuahmuah* ^^
Antwort von:  Saph_ira
27.10.2015 21:54
Eine Fortsetzung - das klingt nach Hoffnung, freue ich mich schon. :D Und du schaffst das, ich drücke dir ganz doll die Daumen dazu und wegen der Muse mache dir keine Sorgen, sie wird schon kommen, da bin ich mir sicher. ;-) Und obwohl ich de Baux im Gegensatz zu dir nicht ganz mag, trozdem würde ich gerne noch etwas von ihm hören. XD
Von:  hunny123
2015-10-25T20:07:25+00:00 25.10.2015 21:07
und ja, das ist das kapitel was die groben fragen auflösen soll, die noch offen waren. deswegen passiert da nix spannendes ^^

Von:  hunny123
2015-10-25T20:05:07+00:00 25.10.2015 21:05
hmmmm ja. naja, die ärzte kannten das wort, ist ja latein....aber du hast recht. von fersen, alain und oscar würden das nciht so nennen. ich ändere das. danke dir.
Von:  Saph_ira
2015-10-25T19:55:48+00:00 25.10.2015 20:55
Ach, ein ruhiges Kapitel von allen zum zurücklehnen und aufatmen... Wobei vielleicht doch nicht, denn die letzte Absätze machen mich doch nachdenklich und wie André sich verhält, gefällt mir auch ganz und gar nicht... Aber ich denke, du löst das bestimmt auf und lässt den armen Kerl wieder gesund werden. XD
Ach ja, schön dass von Fersen sich langsam erinnert, aber ich habe da eine Frage... Das Wort "Amnesie", ist das nicht etwas modern? Ich kenne nur, dass man "Gedächtnisverlust" zu damaligen Zeit dazu gesagt hat. ^^
Aber ein gut gelungenes Kapitel ist es auf jeden Fall. ;-)
Von:  Saph_ira
2015-10-13T17:37:04+00:00 13.10.2015 19:37
Ach, endlich geht es weiter - und gleich mit Spannung, wie es halt bei dir so ist. ^^ Ich kann mich nur abcdefg123 anschließen, was André und alles andere betrifft - du hast es wieder einmal toll gemacht. ;-)
Nur eine Frage habe ich: Wenn de Baux tot ist, warum wird er dann trotzdem ins Keller gebracht und eingesperrt? Und der Doktor, steht er jetzt auch auf Oscar? Oder habe ich diesem Satz: Nur wenige Personen konnten sich das erlauben. Der alte Mediziner war einer davon. irgendwie falsch verstanden? Jetzt wirft auch noch er mir viel Rätsel auf - aber ich denke im nächsten Kapitel wird sich das alles klären. ^^
Antwort von:  hunny123
13.10.2015 19:54
Ähm nein der Doc steht nicht auf Oscar. Er ist neutral und sein Job ist es zu helfen. Ein Mediziner ist ein mächtiger Mann mit "heilendem" Wissen in dieser Zeit. Es ist nur logisch, dass Oscar ihm da keine Widerrede bieten kann. Das nächste Kapitel wird hoffentlich alle Fragen lösen, ich habe es nur noch überhaupt nicht ausgearbeitet *lol*
Antwort von:  Saph_ira
13.10.2015 19:59
Aha, alles klar, dann warte ich geduldig bis dein nächstes Kapitel ausgearbeitet ist. ^^


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