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#Ernst­haftNichtVerliebt

586 Tweets, 22 Followers und zwei (verliebte) beste Freunde
von

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#DerVogelIstGelandet

Man of Will (@godzillaiwa):
 

What's happening?
 

Iwaizumi tippte einen Satz in das weiße Kästchen. Überlegte kurz und löschte ihn wieder. Schon bereit sein Handy wieder wegzustecken, hielt er inne, als ihn die nie verlassende Stimme seines besten Freundes aus den tiefen seines Unterbewusstseins quengelnd davon abhält.
 

„Aber Iwa-chan, wir haben 2k15! Jeder Mensch sollte Twitter haben. Zudem wird es dabei helfen, dass sich deine unterentwickelten Sozialkompetenzen endlich weiterentwickeln, versprochen!“
 

Schon allein die Erinnerung an Oikawa und seine nervige Singsangstimme brachte die rechte Stelle über seinem linkem Augenlid zum Pochen, welche über die Jahre schon mit einer Dauerreservierung durch besagte Person gebucht war. Dennoch hatte er nachgegeben. Denn ein Teil von ihm würde immer nachgeben, egal wie stur er auch sein wollte.
 

(Und möglicherweise war es auch das kleinlaute beigefügte „Wie soll ich sonst wissen, wie dein Tag verläuft, wenn wir uns nicht mehr regelmäßig sehen“, was ihm hatte nachgeben lassen.)
 

Hier war er also. Auf dem Sofa im Wohnbereich seines Apartments liegend, im Fernsehen nebenher einen der abendlichen Spielfilme laufen lassend, vor ihm ein leerer Teller mit den Überresten einer Pizza (er aß nie die Ränder auf, zu hart für seinen Geschmack und Oikawa liebte sie sowieso, weshalb er sie ihm normalerweise überließ) und dem leeren Kästchen seines Twitter-Accounts.
 

Noch nie war Iwaizumi wirklich der Fan von irgendwelchen technischen Schnickschnack gewesen. Daher waren ihm solche Sachen wie Apps, Messangers und anderen Social Networks wie Facebook befremdlich, wodurch er sie nur fürs Nötigste benutzte, wenn überhaupt. Meistens war es Oikawa gewesen, der sich damit auskannte und es nutzte, um seine ohnehin schon Bedürfnis nach Aufmerksamkeit auszuleben. Iwaizumi selbst hatte nie den Drang verspürt Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen oder besonders beliebt zu sein, weswegen Oikawa und er, wie in vielen Dingen ihres Lebens, sich dort wieder ausglichen.
 

Oikawa war ein Mensch der gesehen werden wollte und musste. Iwaizumi war einer, der ihn dabei unterstützte gesehen zu werden und sich dabei selbst im Hintergrund hielt.
 

Trotz dessen gab es Zeiten, in denen sich Iwaizumi fragte, wie weit er tatsächlich gehen sollte oder besser, inwieweit er Oikawa bei Allem folgen sollte. Damals war ihre Freundschaft aus dem simplen Grund entstanden, dass sie in der selben Nachbarschaft gelebt hatten. Später hatte ihn die Leidenschaft seines Freundes für Volleyball angesteckt und so glücklicherweise dazu geführt, dass ihre Freundschaft sich über die Jahre ausgebaut hatte und sie zu einer unerklärlichen Einheit verwachsen waren. So war es nur ganz natürlich gewesen, dass sie das selbe College besuchten, wenn auch nicht die gleichen Schwerpunkte belegt haben, weiterhin im selben Volleyballteam spielen und nicht allzu weit voneinander entfernt wohnen (sich selbst nicht hassend, den Vorschlag vom Zusammenwohnen gehemmt abgelehnt habend).

Aber Twitter war eine dieser Sachen, in denen sich Iwaizumi wunderte, wie manipulativ und besitzergreifend Oikawa über sein Leben war.
 

Iwaizumi verstand, dass der Andere eine grundlegende Angst hatte, dass ihm sein Leben, Personen und Gelegenheiten entgleiten konnten, wenn er nicht wie ein Fuchs auf sie aufpasste, aber es sollte Grenzen geben. Sogar in ihrer Freundschaft. Er versuchte Grenzen zu ziehen, auch wenn sie nie zustande kamen oder umgangen wurden.

Aber Twitter war doch wirklich eine Grenze, die er setzen sollte.

Wirklich.
 

Dennoch seufzte Iwaizumi, massierte die pochende Stelle und gab erneut etwas in das weiße Kästchen ein. Einige Sekunden noch mit sich selbst kämpfend, beruhigend, dass es sowieso nur Oikawa lesen würde, schickte er die Nachricht schließlich ab.
 

Es dauerte keine ganze Filmexplosion, bevor er ein Reply bekam.
 

The Grand King (@aliensetterace):
 

@godzillaiwa Iwa-chan, wenn dein Abend so langweilig ist, dass du nur ein schlechten Film schaust, komme ich vorbei! (^o^*~<3)
 

Iwaizumi hasste Twitter jetzt schon.

#NoMention

Nach dem ersten Twitter-Fiasko, wie Iwaizumi es nach sieben Stunden Aliendokumentationen getauft hatte, hatte er vorerst den blauen Wunderkasten ignoriert. Zwar lächelte ihn das blaue Logo höhnisch an, wann immer er auf sein Smartphone schaute, aber das war auch schon alles. Kein Verlust dem er hinterher trauerte. So wiegte er sich nach einer Woche trauter Ruhe in Sicherheit, besonders da Oikawa nicht weiter nachhakte.
 

Was Iwaizumi jedoch stets entfiel, war die Tatsache, dass er, obwohl er ein anständiger, junger Mann war, nicht unbedingt in Kreisen verkehrte, die ihm ein angenehmes Leben versprachen. Manchmal fragte er sich, womit er das eigentlich verdient hatte. Sogar für eine Prüfung seines Willens und seiner Geduld, war die Herausforderung viel zu hoch. Als ein LV 23 gegen eine Horde LV90 anzutreten, war einfach unfair, da konnte man diskutieren wie man wollte.
 

„Deine eigene Schuld, wenn du es nicht gelesen hast“, sagte Matsukawa ruhig, fast so, als würde er Iwaizumi erklären, dass das Grass grün war. Was es in den meisten Fällen war. Aber es war trotzdem nicht seine Schuld.

„Woher sollte ich wissen, dass du es auf Twitter schreibst“, presste Iwaizumi zähneknirschend hervor. Innerlich fing er an zu zählen. Er musste ruhig bleiben, sich sammeln. Danach konnte er ausflippen. Mit Präzision. Ganz wie es ihm Hauptmann Mumm gelehrt hatte.

„Weil Hanamaki es in einem Tweet vorgeschlagen hat?“

Protestierend öffnete Iwaizumi den Mund, Matsukawa zog skeptisch eine Augenbraue hoch und unterbrach ihn trocken.

„Jetzt ist es sowieso zu spät. Schau ab jetzt einfach öfters nach.“

Bevor Iwaizumi einen Einwand einlegen konnte, drückte der Größere sich an ihm vorbei, wobei der Bierkasten in seinen Händen laut klapperte und betrat das Apartment. Kurz starrte er Matsukawa hinter her, wie dieser fast schon heimisch aus seinen Schuhen schlüpfte, als ihm das Getrampel von mehreren Füßen ablenkte. Genervt schloss Iwaizumi die Augen, atmete einmal tief ein und aus und als er sich umdrehte, erblickte er einen grinsende Hanamaki und einen vor Freude hüpfenden Oikawa.

„Party~“, flöteten sie in Union und Iwaizumi ergab sich seinem Schicksal.
 

-
 

Das Ergebnis dieser wilden Nacht war ein zerbrochenes Glas, ein Brandloch in einem seiner Kopfkissen, vier betrunkene Männer auf viel zu engem Raum und dem widerwilligen Versprechen zu sich selbst, ab jetzt Twitter mindesten drei Mal am Tag zu überprüfen, um solche Überraschungen zu vermeiden.
 

Der Geruch von verschiedenen Kaffeesorten und frischen Backwaren begrüßte Iwaizumi, als er das Starbucks in den Arcaden betrat. Die Einkaufsmeile lag nicht weit von seiner Wohnung und der Uni entfernt, weswegen es ihn mehrmals in der Woche hierher verschlug. Zwar waren die Preise teuer, aber für einen guten Kaffee opferte er auch gerne die ein oder andere richtige Mahlzeit.
 

Mehr aus Gewohnheit als wirklich aus Entscheidungsgründen schaute er auf zu den Angeboten, während Matsukawa neben ihm nach seinem Portmonee griff, um das nötige Kleingeld schon einmal griffbereit rauszusuchen. Sie beide hatten gerade einige Freizeit, bevor ihre nächsten Kurse begannen. Da der Andere sowieso noch einen Abstecher ins Saturn machen wollte, war es nicht schwer gewesen ihn von einem Kaffee zu überzeugen.
 

Iwaizumi wandte seine Augen von dem Menü ab und konzentrierte sich jetzt auf seinen Freund, der zunehmend verstimmter aussah. Einige Sekunden beobachtete er dessen Kampf mit der Mathematik und den Centstücken , bis er sich erbarmte ihn zu erlösen.

„Wenn du für mich mitbezahlst, gebe ich dir das Kleingeld wieder.“

Matsukawa runzelte die Stirn, wühlte unschlüssig noch einmal sein Kleingeld um, bevor er seufzend aufgab.

„Von mir aus. Wie immer?“

„Yeah.“
 

Danach verfielen sie in ein angenehmes Schweigen, wobei Iwaizumi abermals seine Augen wandern ließ. Zuerst über die Auslage mit den Backwaren, wobei er dabei einen Moment lang überlegte, ob er Oikawa einen Vanillemuffin kaufen sollte. Verwarf die Idee aber wieder, da dieser ansonsten ihn Wochen lang damit aufziehen würde, wie verliebt er doch wäre, dass er ihm sogar Süßigkeiten kaufte.

„Was für ein Idiot...“, brummte er leise, worauf in Matsukawa einen fragenden Blick zuwarf.

Bevor er sich erklären konnte, vernahm er von einem naheliegenden Tisch das Gespräch von zwei Mädchen. Diese schienen sich allem Anschein über irgendeinen Tweet von irgendeinem Kerl zu unterhalten, worauf die eine wild gestikulierte und die Andere ein seltsamen hohen Laut der Freude von sich gab.
 

„Ich verstehe es einfach nicht...“, sagte Iwaizumi mehr zu sich, als zu seiner Begleitung. Trotzdem schien Matsukawa sich angesprochen zu fühlen, da er antwortete.

„Was verstehst du nicht?“

„Twitter.“

„Was gibt es da nicht zu verstehen?“

Iwaizumi schnaubte nur abfällig und versenkte seine Hände in den Taschen seines Kapuzenpullovers.

„Ich verstehe einfach den Sinn dahinter nicht. Ich meine, wenn ich euch was zu sagen haben, dann tue ich das über WhatsApp oder Facebook. Also warum Twitter?“

Nachdenklich legte Matsukawa den Kopf schief und fing an mit Daumen und Zeigefinger über sein Kinn zu streicheln. Eine Geste, von der Iwaizumi wusste, dass der Größere über mehr als die eigentliche Frage nachdachte. Was in diesem Moment irritierend war, da er nicht wusste, was es mehr zu der simplen Frage geben konnte.
 

„Wahrscheinlich, weil es noch einmal ein Tick persönlicher ist. Fast wie ein Tagebuch“, antwortete ihm der Andere langsam, so als wäre er sich selbst nicht wirklich im Klaren darüber. Frustriert schnalzte er mit der Zunge.

„Wieso besteht Oikawa dann auf so einen Schwachsinn? Es ist ja nicht so, als würde er mich nicht ohnehin schon täglich zubomben. Was bringt es ihm? Und jetzt sag bitte nicht, damit ich meine, ich zitiere, 'unterentwickelte Sozialkompetenzen' ausmerze.“

Zuerst schien Matsukawa etwas sarkastisches erwidern zu wollen, nach dem schmalen Grinsen auf seine Lippen, hielt aber inne. Abermals fuhren seine Finger über sein Kinn und er blinzelte einige Male.

„Was? Woran denkst du?“

„Ah, vielleicht...“, stoppte im Satz und schüttelte nur den Kopf.

„Tu ihm einfach den Gefallen. Damit haben wir alle unsere Ruhe.“

Genervt knurrte Iwaizumi und verdrehte die Augen.

„Besser gesagt, ihr habt eure Ruhe. Ich dagegen bin wie immer der Leidtragende.“
 

Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben und empfangen hatten, befanden sie sich auf den Weg ins Untergeschoss der Arcaden, wo das Saturn sich befand. Während sie auf den Rolltreppen standen, wandte sich Matsukawa zu ihm um. Ein sonderbarer Ausdruck lag auf dem Gesicht des Anderen, den Iwaizumi nicht zuordnen konnte.

„Twitter darüber, was wir machen.“

„Huh?“

„Mach ein ein Foto von unseren Kaffee und schreib irgendwas wie 'Abhängen im Einkaufszentrum'.“

Perplex starrte er Matsukawa an und wäre beinahe hingefallen, als er das Ende der Rolltreppe nicht mitbekam. Erst nachdem er wieder festen Stand gefunden und zu seinem Freund aufgeholt hatte, der ohne ihn weitergegangen war, hakte er nach.

„Warum sollte ich so was twittern?“

Matsukawa zuckte nur mit den Schultern, nahm einen tiefen Schluck aus seinem Kaffee und begutachtete die runtergesetzten DVDs am Ladeneingang.

„Tu es einfach.“

Damit schien die Diskussion für den Anderen beendet zu sein.
 

Verwirrt folgte er Matsukawa stillschweigend und dachte über dessen Vorschlag nach. Sein pragmatischer Teil hielt es für völligen Schwachsinn. Warum sollte er so eine Nichtigkeit, so eine alltägliche Sache twittern? Der andere Teil seines selbst jedoch versuchte ihm zu überzeugen, dass Matsukawa es ihn nicht ohne triftigen Grund vorschlagen würde. Zudem würde er damit Oikawa zufrieden stellen – und ein zufriedener Oikawa war Balsam für seine überstrapazierten Nerven.
 

Sich gegen ein Foto entscheidend (das wäre eindeutig zu peinlich), entschied er sich für einen einfachen Text.
 

Man of Will (@godzillaiwa):
 

Guter Kaffee und billige DVDs, Entspannungstechnik vor dem dreistündigen Kurs.
 

Ohne weitere Fanfare twitterte er den Eintrag und steckte sein Handy weg, um sich umzuschauen.

Erst als sie eine halbe Stunde später den Saturn verließen, Matsukawa reicher mit zwei CDs und er selbst mit einer neuen DVD, schaute er erneut auf sein Handy.
 

The Grand King (@aliensetterace):
 

@godzillaiwa Kauf mir einen Vanillemuffin, wenn ihr schon bei Starbucks seid~ #bittebitte
 

Iwaizumi konnte nicht anders als lachen und Matsukawa neben ihm grinste wissend.
 

-
 

„Nie gehst du mit mir auf ein Date, so fies!“
 

Genervt schloss Iwaizumi seine Augen, rieb sich mit seiner freien Hand über seinen Nasenrücken und versuchte bis Zehn zu zählen. Ausrasten war keine Option. Zumindest noch nicht. Noch konnte alles mit Worten geregelt werden.

Kaum hatte er diesen Vorsatz mit seinem inneren Aggressionspegel geschlossen, da verlagerte sich ein schweres Gewicht auf seine Hüften und eine Sekunde später wurde ihm sein Buch aus der anderen Hand gerissen.

Zähne knirschend, öffnete Iwaizumi seine Augen wieder, nur um in das Gesicht seines besten Freundes seit Kindertagen zu schauen. Dieser zog eine alberne Schnute, was bei vielen Mädchen als süß empfunden wurde, bei ihm jedoch nur den Drang nach physikalischer Gewaltanwendung hervorrief.
 

„Erstens bin ich mir sicher, dass ein Popcornfilm mit billigen Special Effects und Pappaliens („Sie sind aus Wachs, also wirklich!“) niemals auch nur ansatzweise als Date gilt“, antwortete er Oikawa.

Dieser wollte sofort zum Protest anheben, aber Iwaizumi unterbrach ihn einfach wirsch. Würde er ihn gewähren lassen, würde dieses Gespräch unangenehme Längen annehmen und zum Schluss in einem Versprechen enden, was zu etwa 80% noch mehr Aliens involvierte.

„Außerdem würde ich mir eher das Bein brechen, bevor ich mit dir auf ein Date gehen würde.“

„Aber Iwa-“

„Warum fragst du nicht eine deiner tausend Verehrerinnen?“

„Weil man mit den zärtlichen Wesen dieser Welt nicht solche Filme schaut.“

„Ahja, aber mit mir schon?“

„Ohne dir nahe treten zu wollen, aber du bist schon ein bisschen ruppig.“

„Okay, Gespräch beendet. Runter von mir oder ich zeige dir, wie ruppig ich werden kann.“
 

Vergeblich versuchte Iwaizumi sich aufzurichten und nach seinem Buch zu greifen, jedoch beugte Oikawa sich weg von ihm und hielt es aus seiner Greifweite. Daher dauerte es nicht lange, bis er dazu überging zu versuchen, den Brünetten von sich hinunterzustoßen.

Nach mehreren Minuten Gerangel, Ellbogenstöße, Haareziehen seitens Oikawa, lautem Gefluche seitens Iwaizumi, endeten sie mit einem lautem Rums auf den Boden vor der Couch, wobei sie sich beide den Kopf am nahestehenden Tisch stießen. Vor Schmerz stöhnend und aus der Puste rollten sie auseinander.
 

Oikawa war wie immer der Erste, der die aufkommende Stille unterbrach.

„Wir waren schon lange nicht mehr zusammen im Kino.“

Iwaizumi ist kurz davor, seinem Freund einen Tritt zu verpassen, weil dieser so beharrlich ist. Stattdessen starrt er nur die Unterseite des Kaffeetisches an und runzelte die Stirn. Manchmal war es besser nachzugeben, sonst rannte man unnötig gegen die sture Mauer namens Oikawa.

„Mag schon sein...“, erwidert Iwaizumi nüchtern, was seinem besten Freund einen frustrierten Laut entlockt, so als wäre er das geistige Kleinkind im Duo. Wütend reißt Oikawa die Hände in die Luft und fuchtelt wild mit ihnen herum, bevor er anklagend mit dem Finger auf Iwaizumi zeigt.
 

„Du kümmerst dich kein Stückchen um mich! Was für eine Rabenmutter bist du nur?“

Automatisch verpasst Iwaizumi dem Anderen einen Tritt in die Seite und wird mit einem Jauchzen belohnt.

„Hör endlich mit diesen Mutterwitz auf. Der war schon damals unlustig gewesen.“

„Aber auch nur, weil das Körnchen Humor in deinem Wesen verkümmert ist. Mir fällt ein, wir haben deinen Humor nie eine anständige Beerdigung gegeben. Vielleicht sollten wir-“

Ein weiterer Tritt folgt, der mehr als Genugtuung ist.
 

Plötzlich richtete sich Oikawa auf, verschränkt die Arme vor der Brust und schaut mit ernster Miene zu ihm hinunter. Sofort realisiert Iwaizumi, dass das Thema keine peinliche Farce mehr ist, um ihn auf die Palme zu bringen.

„Du unternimmst mit jeden etwas, nur nicht mit mir. Und jetzt versuch nicht zu lügen. Dein Twitter verrät dich.“
 

Innerlich stöhnt Iwaizumi. Seit dem Nachmittag im Saturn hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, mindestens zwei Mal am Tag einen Tweet abzuschicken, um Oikawa zu belustigen. Dementsprechend kümmerte er sich also in einer verqueren Art um ihn. Wobei er leise zugab, dass er dem Anderen tatsächlich etwas aus dem Weg ging. Er war sich selbst nur nicht ganz im Klaren darüber. Immerhin gab es keinen Grund dafür. Wahrscheinlich war es nur ein Hirngespinst Oikawas, welches er erneut auf ihn übertrug.
 

Müde davon seinem besten Freund ins Gesicht zu starren, rollte Iwaizumi sich jetzt auf den Bauch und vergrub sein Gesicht in seinen Armen

„Ignorier mich nicht, wenn ich mit dir über unsere besondere Beziehung spreche“, protestierte der Andere auf seine Bewegung. Als Antwort seufzte er nur und kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, wenn er es fest genug tun würde, dann würde der Störenfried verschwinden und ihm seinen ruhigen Mittwochnachmittag wiedergeben.

„Wer zur Hölle möchte schon mit dir eine besondere Beziehung haben?“, brummte Iwaizumi.

Ein „Tz, tz“ folgte auf dieser Aussage und im nächsten Moment spürte er, wie Oikawa sich auf ihn drauflegte.

„Du sollst dich doch nicht selbst belügen.“

Bevor er reagieren konnte auf diesen Eingriff in seine Privatsphäre, spürte er den warmen Atem Oikawas an seinem Ohr und dessen Haarspitzen, die seinen Nacken kitzelten.

„Gib doch einfach zu, dass du mich magst“, neckte ihn Oikawa.
 

Und da war es wieder. Dieses seltsame Krampfen um sein Herz. Das brodelnde Gefühl in seinem Magen. Röte, welche ihm in die Ohren schoss.

Es war nicht neu, dass Oikawa ihn neckte. Nicht neu, dass er jeden Zentimeter zwischen ihnen neutralisierte. Nicht neu, dass er Phrasen wie mögen und Beziehung und Date in einen Mixer mit Freundschaft und beste Freunde fürs Leben schmiss.

Und dennoch wurde Iwaizumi in letzter Zeit sonderbar heiß und schlecht, als würde er einer plötzlichen Grippe unterliegen.
 

Grob stieß er den Größeren von sich hinunter und erhob sich.

„Ich hab einfach keine Zeit mit dir deine albernen Alienfilme anzuschauen, Oikawa.“

Sogar für seine Verhältnisse klang seine Stimme in diesen Moment viel zu hart und abweisend, doch er traute sich nicht, sich zu dem Anderen umzudrehen.

Stattdessen beschäftigte er sich mit den Stapel an Universitätstexten auf seinem Kaffeetisch, der darauf wartete von ihm gelesen zu werden. Hinter ihm schien sich auch endlich Oikawa zu erheben.

Eine drückende Stille entstand, in der nur das Rascheln des Papiers zu vernehmen war.
 

„Fein. Ist ja nicht so, als wärst du mein einziger Freund“, erwiderte der Brünette schließlich mit einer Schärfe, die Iwaizumi zusammen zucken ließ.

Bevor er noch etwas zu seiner Verteidigung sagen konnte, war Oikawa schon aus seiner Wohnung gestürmt.
 

Seufzend sank Iwaizumi zurück auf den Boden, lehnte sich mit den Rücken gegen sein Sofa und starrte die Zimmerdecke an.
 

Er hasste es mit Oikawa zu streiten.
 

-
 

Es war zwei Tage her, seitdem Oikawa sich das letzte Mal bei ihm gemeldet hatte und Iwaizumi sah nicht ein, warum er einlenken sollte. Er gab gerne zu, dass er womöglich ein wenig zu abweisend reagiert hatte, aber der sture Kindskopf war auch kein Deut besser gewesen. Außerdem hatte er keine schnulzigen und provokativen Tweets geschrieben.
 

The Grand King (@aliensetterace):
 

Ein Kinodate mit Marie <3
 

Genervt hatte Iwaizumi die Augen verdreht. Den merkwürdigen Klumpen in seinem Hals ignoriert.
 

The Grand King (@aliensetterace):
 

Sie ist so süß, wenn sie sich vor Schreck an mich kuschelt. Ganz anders als ein gewisser Rüpel.#nomention
 

Knurrend hatte Iwaizumi fast schon einen Reply geschrieben, als er sich eines Besseren besann. Den Erfolg würde er ihm nicht gönnen. Niemals. Nicht so.
 

The Grand King (@aliensetterace):
 

Es war ein schöner Abend gewesen. Zumindest jemand der es schätzt, wenn ich meine Zeit mit ihm verbringe und es genießt.
 

Daraufhin hatte Iwaizumi lauthals geflucht und zig Verwünschungen ausgestoßen. Schön, hatte er sich gedacht, dieses Spiel konnte man auch zu Zweit spielen. Also hatte er in den letzten zwei Tage mehrere Tweets abgeschickt, wie entspannend und ruhig sein Tag war. Wie lustig es war, sich mit anderen Leuten zu treffen und er die mit Abstand beste Zeit seines Lebens hatte.
 

Eventuell übertrieb er, besonders beim Letzteren, aber es war ihm alle Mal wert, wenn es dazu diente, Oikawa seine eigene Medizin spüren zu lassen. Wobei er zugeben musste, dass er den Anderen vermisste und er etwas verletzt darüber war, dass er tatsächlich mit einer seiner zig Verehrerinnen ins Kino gegangen war.

Es war keine feste Regel oder ähnliches, aber sich schlechte Alienfilme im Kino anschauen, war immer irgendwie ihr gemeinsames 'Ding' gewesen. Schon seitdem sie klein waren, waren sie in solche Filme gegangen. Dazu immer eine Portion Nachos mit extra viel Käsedip und eine riesige Cola. Allein die Vorstellung eine Fremde hatte an Iwaizumis Platz gesessen, Oikawa nicht die letzten Reste des Dips zum Auslecken übrig gelassen und mit ihm während des Films die Füße überkreuzt, stieß ihm sauer auf.

Dieser Gedanke schmerzte ihm in der Brust, nah seines Herzens und das wiederum machte ihm Angst, weswegen er es in unnötigen Frust und Wut umwandelte, weil er damit schon immer besser klar gekommen war. Daher die Tweets, daher die Funkstille zwischen ihnen.

Gelangweilt lag er auf seinem Sofa, sein Handy locker in der Hand und starrte auf das weiße Kästchen, was ihn fast zwei Wochen in der Zeit zurück katapultierte.
 

Man of Will (@godzillaiwa):
 

What's happening?
 

„Nichts“, sagte er laut in die Stille und seine Finger tippten es.

Er sollte sich bei Oikawa entschuldigen.

„Warum eigentlich immer ich?“, fragte er sich selbst und seine Finger tippten es.

Wieso war alles mit Oikawa nur so kompliziert? Weshalb konnte es nie simpel sein?

„Weil es nun einmal so ist“, seufzte er ergebend und seine Finger tippten es.

Und warum war es über die Jahre nur noch schwieriger und seltsamer geworden?

„Verdammte Scheiße“, fluchte er und seine Finger tippten es.
 

Erschöpft schloss er die Augen. Er war schon lange nicht mehr so ausgelaugt gewesen. Aber er hatte sich auch schon ewig nicht mehr mit Oikawa gestritten, geschweigeden tatsächlich zwei Tage ohne ihn verbracht. Ob er ohne seines Wissens eine Art Koexistenz mit dem Anderen eingegangen war? Konnten Menschen das? Wollte er das?

Ein Ping unterbrach Iwaizumi in seinen Gedankengängen. Perplex öffnete er die Augen und starrte sein Handy an. Erst jetzt bemerkte er, dass er die zusammenhangslosen Bruchstücke tatsächlich getweetet hatte – und jemand hatte ihn darauf geantwortet.
 

Ein neuer Follower.

Ein Nick, der ihm nicht bekannt vorkam.

Und ein Reply
 

Yuanfen (@halfofanorange):
 

@godzillaiwa Ärger im Paradies? =)
 

Iwaizumi reagierte zuerst nicht, viel zu verwundert über die unbekannte Person.
 

Yuanfen (@halfofanorange):
 

@godzillaiwa Verzeihung, wenn es aufdringlich erscheint. Aber du scheinst jemanden zum Reden gebrauchen zu können, dachte ich =)
 

Weiterhin rührte sich Iwaizumi nicht, bis nach und nach die Rädchen ineinander griffen und ihm zum Handeln animierten. Eigentlich sollte er diese unbekannte Person ignorieren, womöglich sogar blocken. Wer bitteschön drängte sich denn so auf? So jemand konnte nicht ganz koscher sein.

Trotzdem tat er es nicht. Da Neugierde und der Drang tatsächlich mit jemand völlig Unbeteilligten zu reden, der weder ihn, noch Oikawa persönlich kannte, war mehr als verlockend.
 

Man of Will (@godzillaiwa):
 

@halfofanorange Nein, schon okay. Und womöglich etwas. Also Ärger. Aber nicht im Paradies...denke ich.
 

Nervös wartete Iwaizumi auf eine Reaktion. Albern, du bist so albern Hajime, dachte er sich.
 

Yuanfen (@halfofanorange):
 

@godzillaiwa Hmm~ Streit mit jemanden?
 

Zögernd antwortete Iwaizumi. Es war wirklich keine gute Idee mit jemand völlig Fremden über sein Privatleben zu sprechen. Andererseits war genau darin der Vorteil, nicht wahr? Weder er kannte die Person am anderen Ende, noch kannte sie ihm. Was konnte es also wirklich schaden?
 

Man of Will (@godzillaiwa):
 

@halfofanorange Yeah, mit meinem besten Freund. Aber ich will nicht wieder derjenige sein, der nachgibt.
 

Eine ganze Weile folgte keine Antwort und zuerst dachte Iwaizumi, der Unbekannte hatte die Interesse verloren. Gerade als er sein Handy an die Seite legen wollte, erschien das Zeichen für eine neue Nachricht.
 

Yuanfen (@halfofanorange):
 

@godzillaiwa Warte einfach noch eins, zwei Tage. Ich bin mir sicher, dein bester Freund wird dann einlenken, ich wett's mit dir ;)
 

Abfällig schnaubte Iwaizumi. Als würde der Sturkopf jemals nachgeben.
 

Man of Will (@godzillaiwa):
 

@halfofanorange Vorher lernen Schweine das Fliegen.
 

Yuanfen (@halfofanorange):
 

@godzillaiwa So wenig Vertrauen in deinen besten Freund?
 

Man of Will (@godzillaiwa):
 

@halfofanorange Eher zu viel, wenn ich ehrlich bin…
 

Und das war die traurige Wahrheit. Iwaizumi vertraute Oikawa mehr als er sich selbst vertraute, weswegen er diesen besser als jeden anderen kannte.
 

Yuanfen (@halfofanorange):
 

@godzillaiwa Warte einfach. Vielleicht überrascht er dich ja =D
 

Man of Will (@godzillaiwa):
 

@halfofanorange …..Von mir aus….
 

Damit endete das wohl seltsamste Gespräch, was Iwaizumi jemals mit einem komplett Fremden geführt hatte. Dabei war er nicht besonders hilfreich gewesen und hatte seine Laune sogar nur verschlimmert, da er sich sicher war, dass er derjenigen sein würde, der zuerst einlenken würde.
 

Und dann überraschte ihn Oikawa zwei Tage später.
 

Mit heißem Caramel Macchiato und einem warmen Schafskäsefladen vom Bäcker um die Ecke stand er am Morgen vor seiner Tür. Schabte unschlüssig mit seinem Fuß auf den Boden und schaute beschämt zur Seite.

„Friedensangebot?“

Iwaizumi konnte ein breites Lächeln nicht vermeiden. Ebenso das warme Gefühl in seinem Magen, welches sich in jede einzelne Spitze seines Körpers ausbreitete.

„Angenommen.“
 

Vielleicht konnte Iwaizumi sich mit Twitter arrangieren.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Hatschepueh
2015-04-04T09:34:24+00:00 04.04.2015 11:34
Ich liebe diese FF. Wahrscheinlich mag ich sie deshalb so sehr weil ich mich gut in Iwaizumi reinfühlen kann wenn er überlegt wozu Twitter überhaupt gut ist und warum man jede Kleinigkeit gleich veröffentlichen soll, selbst wenn es nur ein Kaffee ist. Und auch sonst kann ich mich herrlich in ihn reinversetzen.
Mich würde aber schon interessieren wer der Fremde ist/war. Und ob ewr noch öfter auftauchen wird.
Kurz vorm Ende hat sich ein Fehler eingeschlichen der mich etwas aus dem Lesefluss gerissen hat. Anstatt Bäcker steht dort Becker. Ansonsten super Kapitel das mich hoffen lässt das das nächste schon in Arbeit ist.
Antwort von:  Rix
04.04.2015 14:05
Ich muss ja zugeben, wenn es um Twitter geht, bin ich ein kleiner Hy­po­krit. Einerseits finde ich es unglaublich unnötig, andererseits nutze ich es dauerhaft. Daher fällt es mir einfach mich da in Iwaizumi hineinzuversetzen, aber auch in Oikawa, der es ja liebt *lach* Ansonsten kann ich nur sagen, abwarten, abwarten, abwarten.
Und danke für den Hinweis, solche Fehler schleichen sich so schnell ein, wenn man kein Korrekturleser hat *seufz* Ansonsten danke fürs fleißige Lesen und freut mich, wenn es gefällt. Werde mein Bestes geben, dass das nächste Kapitel nicht zu lange auf sich warten lässt.
Von:  karlach
2015-04-01T17:01:42+00:00 01.04.2015 19:01
Ich weine etwas vor Lachen, wie irre süss ist denn das?
Ah, aber Iwaizumi zu verstehen finde ich sehr leicht! Gerade, wenn man Twitter eigentlich nur wegen Freunden angelegt hat und sich dann fragt, was man damit soll wenn 95% seiner Zeit nix Spannendes das aufs Internet gehen könnte passiert :,D
Aber gut so, Oikawa, kümmere dich gut um dein Ass!
Von:  Hatschepueh
2015-03-28T13:58:06+00:00 28.03.2015 14:58
Ich kann Iwaizumi gut verstehen. ^^
Von:  Ryuzume
2015-03-24T06:30:52+00:00 24.03.2015 07:30
Ich liebe dieses Pair.
Iwa und Tooru haben sich bei mir ganz schnell vor KageHina gedrängt. ♡

Bitte schreib schnell weiter!
Iwa ist liebe und alles was du um ihn drum herum schreibst liest sich super und es ist lustig.
Der Arme wird sicher den ganzen Abend nur zugespamt. /D


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