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Mogelpackung

Sasuke/Sakura
von

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Gestutzte Flügel

Kapitel 2

Gestutzte Flügel

[Samstag, 11 Juli, 17:23 Uhr]
 

Samstagabend. Eine schön proportionierte Figur stand vor einem fast bodenlangen Spiegel, welcher in die Schranktüren integriert war, und ein paar emeraldgrüne Augen beäugten selbige Figur anerkennend. Der junge Teenager war an nichts anderes als das Gutaussehen gewöhnt, angespornt nicht nur von ihrem ausgeprägten Stolz, sondern auch von Familienstandards. Ihre Eltern sahen immer und überall einwandfrei präsentabel aus und sie verlangten von ihrer Tochter nicht weniger, doch stets gerne mehr.
 

Ein sanftes Klopfen an der Zimmertür führte dazu, dass sie, gekleidet in ein elegantes, dezent geblümtes, knielanges Sommerkleid, das nicht wirklich vornehm jedoch unglaublich gut an ihr aussah, sich zu selbiger Tür umdrehte. Ihre Mutter kam herein, eine Frau Mitte Vierzig, obschon sie aussah, als ob sie gerade ihre Dreißiger begann. Ein ohne Frage bestrickendes weibliches Wesen, das ihre Schönheitsgene sicherlich auch an ihre Tochter weitergegeben hatte, und Sakuras Stiefvater gab nicht selten mit seiner atemberaubenden Ehefrau an - sehr zum Missfallen seiner Stieftochter. Ihre Mutter war kein Schmuck zum Tragen und Prahlen.... genauso wie sie selbst keins war. Zu ihrem Leidwesen jedoch liebte die Gesellschaft es, Schönheit und Anmut in den Schaukasten zu stellen.
 

"Wie lange wirst du weg sein, Sakura-chan?", fragte ihre Mutter und Sakura wandte sich wieder dem Spiegel zu, ihre flinken Finger zupften dabei an ihren ordentlich gestylten, pinken Strähnen, gaben der feinen Aufmachung den letzten Schliff.
 

"Ich weiß nicht. Warum?" Sie konnte sich das Warum jedoch ganz gut denken.
 

"Dein Vater bat darum, dass du vor Mitternacht Zuhause bist."
 

Genauso wie sie sich denken konnte, dass bitten sicherlich nicht das war, was der Mann getan hatte. Nein, angeordnet traf es aller Wahrscheinlichkeit nach besser. Sakura schnaubte. Bevormundend wie sonst was, dieser Kerl. "Er ist nicht mein Vater," korrigierte sie beiläufig, schlüpfte in ihre weißen Sandaletten und warf einen Blick auf ihre teure, elegante Armbanduhr. Viertel vor Sechs.
 

Ihre Mutter seufzte. "Liebling, bitte, hör auf damit. Und lass ihn sowas ja nicht von dir hören." Sie trat zum makellos aufgeräumten Schreibtisch und nahm das hochmoderne kleine Handy von der Tischplatte, um es ihrer Tochter zu reichen.
 

"Würde nicht im Traum daran denken," bemerkte Sakura trocken und verstaute das luxuriöse Gerät in ihrer kleinen Handtasche. "Ich ruf an und geb Bescheid, wenn du mich abholen kommen kannst."
 

Nicht, dass sie sich nicht hätte von dem Privatchauffeur der Familie hinbringen und abholen lassen. De facto nutze ihr Stiefvater den Service immerzu und manchmal wunderte Sakura sich, ob der Mann überhaupt noch wusste, wie man einen Wagen bediente. Ihre Mutter hatte jedoch die Angewohnheit, ihre Tochter selbst überall hinzufahren und Sakura beschwerte sich nicht drüber. Vielleicht war es irgendwo einfach eine liebgewonnene Erinnerung an simplere, schlichtere Zeiten, die für sie beide schon lange der Vergangenheit angehörten.
 

Die wohlgeformte Brust der jung gebliebenen Frau Nagasawa - ehemals Haruno - wölbte sich leicht mit einem tieferen Atemzug, als sie dabei zusah, wie ihre Tochter, gestylt und gekleidet wie eine richtige Lady, gleich einem edlen Schmetterling grazil aus dem Zimmer flatterte. "Geh und sag ihm wenigstens Hallo!", rief sie dem Teenager hinterher.
 

Sakura rollte mit den Augen, während sie den langen Flur im ersten Stock des prachtvollen Anwesens entlang schritt. Bevor die Treppen runter zu steigen, hielt sie vor der Tür des Büros ihres Stiefvaters an, klopfte einmal, stupste das Stück Holz offen und steckte ihren Kopf in den entstandenen Spalt.
 

"Hallo," warf sie das Wort in den Raum.
 

Der Mann hinter dem Schreibtisch hob daraufhin seinen Blick von dem Papierkram, an dem er immerzu arbeitete, zu ihr hoch. Nagasawa Ryuutarou war ein stattlicher Mann der auf das Ende seiner Vierzieger zusteuerte, von einer kräftigen Körperstatur und mit einer meist undurchdringlichen Miene. Ein langjähriger, echter Businessman und ein sehr erfolgreicher dazu, doch die Jahre des harten Geschäftslebens und des Top Dog Daseins hatten aus ihn einen Mann mit Eisenfaust und Steinherzen gemacht. Und Sakura wusste, wovon sie sprach. Vielleicht verdiente er irgendwo Respekt, schließlich hatte er nach fast drei Jahrzehnten aus einem kleinen Familienunternehmen mittlerweile Nagasawa Enterprises aufgebaut: einen wuchtigen, einflussreichen Konzern, der sich auf Computermikrochipentwicklung spezialisierte oder sowas in der Art. Sakura verstand nicht wirklich was davon und hegte auch nicht den Wunsch danach, noch weniger hegte sie irgendwelche positiven Gefühle für ihn. Genaugenommen war eher das exakte Gegenteil der Fall.
 

"Würdest du nicht vielleicht erst mal reinkommen wollen?" Die Stimme streng, bohrten sich jene stahlgrauen Augen mit Schärfe und Nachdruck in das Mädchen vor ihnen.
 

"Nein. Muss los." Bitte keine Fragen. Bitte keine Fragen.
 

"Ich habe gehört, Seiichiro kommt dich abholen?"
 

Verdammt. "Ja." Sakura war immer noch nicht eingetreten, sondern nahm eher einen Schritt zurück, sodass nicht mal mehr ihr Kopf im Türrahmen sichtbar war.
 

"Wo genau wollt ihr hin? Und hat deine Mutter dir gesagt, um welche Uhrzeit du wieder Heim zu sein hast?"
 

Doch der Teenager war bereits auf ihrem Weg die Treppe runter. Sie bezweifelte, dass ihr Stiefvater allzu begeistert wäre, wüsste er, wo genau Sakura heute Abend sein würde, Seiichiro hin oder her. Was die zweite Frage anging... wann hatte sie je wirklich auf ihn und seine Befehle gehört? Richtig, nie. Das war auch genau der Grund, warum er und sie oft und hitzig aneinander gerieten. Nicht, dass es Sakura allzu viel ausmachte, denn das Handeln aus reinem Trotz ihrem Stiefvater gegenüber war für sie mittlerweile so natürlich wie das Atmen.
 

"Sakura!"
 

Den sauren Ausruf ihres Stiefelternteils ignorierend, ging sie stur ihren Weg weiter und kam schließlich bei der Eingangstür an. Seine Stentorstimme war kräftig und klang ihr sogar hier unten noch ziemlich klar nach:
 

"Wag es nicht, zu spät zu sein! Hast du mich verstanden?! Und-"
 

Trink keinen Alkohol, nimm keine Drogen und hab keinen ungeschützten Sex. Ja, ja, man würde sich wünschen, der Kerl sorgte sich darum. Aber alles, worum er sich wirklich sorgte, war, nicht in der Lage zu sein seine Autorität und Einfluss in und auf Sakuras Leben zur Schau zu stellen. Das junge Mädchen warf die Eingangstür mit Wucht und einem frustrierten Knurren zu. Ryuutarou hatte die unglaubliche Fähigkeit sie auf die Palme zu bringen, ohne großartig viel zu tun oder zu sagen. Das könnte auch daher kommen, dass sie den Mann einfach nur abgrundtief hasste - dafür, wie er Sakuras Mutter und Sakura selbst behandelte. Arschloch. Manchmal wollte sie nichts sehnlicher, als ihm das Wort direkt ins Gesicht zu spucken.
 

Eigentlich sollte sie es besser wissen, als ihn zu provozieren. Eigentlich sollte sie wirklich auf ihre Mutter hören, aber wenn Sakura eins war, dann rebellisch, stolz und stur. Sie erinnerte sich noch sehr gut an den Sturm der Entrüstung, nachdem sie verkündete, dass sie nicht gleich ihrer Mutter den Nachnahmen Nagasawa annehmen würde. Sie hatte fest darauf bestanden, eine Haruno zu bleiben und wenigstens dieser eine Sieg wurde ihr damals gegönnt.
 

Kaum aus der Tür, sah sie auch schon Seiichiros protzigen Wagen in die Einfahrt rollen, laute Musik plärrte aus den Boxen durch die runtergelassenen Fenster. Der Brünette lehnte sich locker raus und winkte sie zu sich. Für einen Augenblick wollte Sakura sich einfach nur an den Kopf fassen und laut schreien.
 

Das Leben, das sie lebte, trieb sie manchmal in den Wahnsinn.
 

Nichtsdestotrotz, alles, was sich auf ihrem hübschen Antlitz zeigte war ein bezauberndes Lächeln und ihr zierlicher Körper bewegte sich mit katzenartiger Geschmeidigkeit dem teuren Gefährt entgegen. Sobald ihr wohlgeformter Hintern auf dem silbergefärbten, echten Leder des Beifahrersitz Platz genommen hatte, legte sich prompt eine Hand auf ihren Oberschenkel.
 

"Bereit für eine Menge Spaß, Süße?"
 

Sie schätze es nicht wirklich, wie jene Augen, versteckt hinter dem dunklen Glas der modernen Sonnenbrille, sie musterten - sie konnte diesen ekelhaft klebrigen Blick spüren. Ihre Mundwinkel zuckten minimal nach oben, ein unverständlicher Laut, nah an einem "Hm," verließ ihre Lippen.
 

"Kein Grund, nervös zu sein," lachte Seiichiro ausgelassen auf und tätschelte ihren Schenkel, bevor seine Hand endlich weg von selbigem und zum Ganghebel fand. "Solange du mit mir unterwegs bist, brauchst du dir um nichts Sorgen zu machen."
 

Auch nicht über dein überschäumendes Ego und deine gottverdammte Arroganz? Sich Dinge denken, nicht aussprechen, daran war Sakura schon gewöhnt und dieser Satz verließ ihre Stimmbänder natürlich nicht. Stattdessen beschäftigte sie sich nun damit, aus dem Fenster zu starren und bald darauf erkannte sie die Gegend hinter selbigen immer weniger.
 

Generell war Sakura nicht so oft draußen, wie man es annehmen würde, denn ihre exzellenten Schulnoten schrieben sich gewiss nicht von selbst. Entgegen der Meinung der meisten Leute und Schulkameraden war sie ein sehr intelligentes und fleißiges Mädchen, das den größten Teil ihrer Zeit damit verbrachte, zu lesen und zu lernen. Ihr Stiefvater kaufte ihr keine Noten oder Empfehlungen, obschon er es gewiss konnte, doch Sakura würde sich eher den eigenen Kopf abreißen, als irgendetwas von dem Mann anzunehmen, was sie nicht absolut brauchte. Es reichte schon, dass der Bastard sie mit dem Notwendigsten versorgte, wie Essen, Kleidung, Bildung und ein Dach über dem Kopf. Im Allgemeinen konnte Sakura es kaum abwarten, sich von dieser Art Familienleben los zu reißen.
 

Davon, und von einem glänzenden Schulabschluss, trennte sie nunmehr etwas mehr als ein Jahr. Solange musste sie noch ausharren.
 

Sie hatte ihrem Stiefvater noch nichts von den Plänen erzählt - den Plänen, in denen sie nicht auf die von ihm ausgesuchte Universität ging und den Plänen, in denen sie nicht irgendeinen reichen Protz heiratete. Vorzugsweise den Sohn eines einflussreichen Geschäftsmanns natürlich, der später die Firma seines eigenen Vaters erben würde, was vorzugsweise nach einer Fusion mit Nagasawa Enterprises geschehen würde und zwei große Konzerne in einen noch größeren fusionierte. Seiichiro war in der Hinsicht natürlich die creme de la creme. Dabei sollte man in der Modernen doch eigentlich aus den Zeiten der Zweckehen und Zweckbeziehungen raus sein... Doch solange sie in diesem Leben feststeckte, musste sie mitspielen.
 

Bevor sie ihre Pläne preislegen würde, musste sie erst sicher sein, dass sie breit war für die Konsequenzen. Sie musste bereit sein, auf eigenen Füßen zu stehen und für sich und ihre Mutter zu sorgen, damit sie beide nicht mehr von ihm abhängig waren. Dafür war ein glänzender Abschluss Pflicht, nur damit hatte sie eine Chance auf eine schnelle Einstellung und eine gute Karriere. Das Studium könnte sie dann ja immer noch nachhängen, eins, das sie sich selbst aussuchen würde. Alles, was sie wollte, war aus diesem Schlamassel, in das ihre Mutter sich selbst und ihre Tochter eingeheiratete hatte, wieder auszutreten. Nur noch ein bisschen, nur noch ein Jahr und ein paar Monate. Noch ein bisschen, und dieser ganze Albtraum würde hinter ihr sein.
 

In Gedanken versunken bemerkte sie nicht, dass das Auto nicht weit vor einem der angesehensten Stadtclubs zum Halt gekommen war. Das Neonschild darüber verkündete stolz den berüchtigten Namen Rote Rose, die Sonne war bereits untergegangen und dadurch stach die blau-rot leuchtende, kurvige Schrift umso mehr hervor. Sakura richtete sich im Sitz aus ihrer zurückgelehnten Position wieder auf und hob zum ersten Mal, seit sie losgefahren waren, ihre helle Stimme.
 

"Ich glaube nicht, dass man mich dort rein lässt." Mit Siebzehn war sie doch ein wenig zu jung für dieses Ambiente. Seiichiro neben ihr grinste nur breit und zog die Schlüssel aus dem Zündschloss.
 

"Mach dir darum mal keinen Kopf, Schätzchen. Mit mir an deiner Seite steht dir der Weg zu jedem Ort öffnen." Himmel, wie dieses wichtigtuerische Feixen sie an ihren Stiefvater erinnerte. "Du wirst doch jetzt nicht kneifen, oder?"
 

Manchmal hasste Sakura den eigenen ausgeprägten Standesstolz. Sie schnaubte leicht und öffnete die Beifahrertür, ein selbstbewusstes Wort auf den sinnlich roten Lippen: "Niemals."
 

Niemals. Sakura kneifte nie und sie hatte auch keine Angst, oder so flüsterte ihr zumindest ihre jugendliche, standhafte Überzeugung zu. Als sie sich dem Clubeingang näherten, fand sich Seiichiros Arm den Weg um die schmalen Schultern seiner reizenden Begleitung, den zierlicheren Körper eng an den eigenen ziehend.
 

"Ich müsste mal den Ausweis sehen," verkündete der stämmige Bursche vor der Tür und selbstverständlich war es nicht Seiichiros Ausweis, den er verlangte. Seiichiro war es jedoch, der durch ein autoritäres Lächeln hindurch antwortete:
 

"Glaub mir, das musst du nicht," versicherte er dem Türsteher und winkte irgendjemandem hinter dem Rücken des Besagten zu. "Heute Abend bin ich ihr Ausweis."
 

Nebenbei stellte Sakura plötzlich erschrocken fest, dass ihr echter Ausweis einsam und verlassen zu Hause lag, zusammen mit ihrem Portemonnaie. Sie war so darauf bedacht gewesen, schnell aus dem Haus zu kommen, sie hatte es doch glatt vergessen. Verflucht. Das hieß, dass Seiichiro heute ebenfalls für alles zahlen müsste. Na ja, sie war sich sicher, der Junge hätte das gemäß des High Society Formenzwangs so oder so getan, insofern sollte sie wohl einfach so tun, als ob sie das von ihm erwartete, damit ihre kleine Misere hier nicht auffiel.
 

Sobald sie drin waren, führte Seiichiro sie zu einer kleinen, etwas abgegrenzten Lounge, sicherlich ein reservierter Platz, wo seine Kumpels und ihre aufgebretzelten Damen verschiedenen Alters und Modeltyps bereits warteten. Ein in schwarzes Leder gehülltes Couchset stand um ein Trio schmaler, runder Glastische herum und während Sakura sich hinsetzte, fiel ihr die Person hinter der Theke ins Auge. Sie kam ihr irgendwie bekannt vor, doch es war unmöglich, das Gesicht in der Halbdunkelheit zu erkennen, noch dazu mit all den sich ständig bewegenden Silhouetten vor der Bar. Die im Vergleich zu draußen stickige Luft durchzogen von Zigarettenrauch, zu viel gemischter Parfümdüfte und Alkoholgeruchs, die laute Musik zusammen mit dem Stimmengewirr überall um sie herum, das Lichtspiel und das Reflektieren dieses von den Diskokugeln an der Decke; das alles verursachte bei Sakura bereits leichte Kopfschmerzen. Sie war keine Partymaus. Genaugenommen war dies ihr erster Clubbesuch und genaugenommen hasste sie Menschenmengen.
 

Der Kellner ließ nicht lange auf sich warten, die Getränkewahl der Oberschüler ziemlich vorhersehbar. Stark und hochprozentig, sie waren schließlich zum Feiern hier und der Feiererfolg setzte sich nicht selten gleich Alkoholpegel im Blut. Bald war auch Sakura an der Reihe, ihre Bestellung aufzugeben. Ohne mit der Wimper zu zucken: "Einen Saft für mich, bitte."
 

Sekunden erschlagener Stille, in die dann eine Lachsalve reindonnerte, fast schon lauter, als das Gegröle der Musik.
 

"Baby, an solchen Orten trinkt man keinen Saft," presste Seiichiro lachend hervor, bemüht, seine Belustigung unter Kontrolle zu kriegen. "Ich bin mir nicht mal sicher, ob sie überhaupt welchen servieren, es sei denn, er steckt in einem Cocktail."
 

Sakura blieb gänzlich unbeeindruckt. "Einen Saft für mich, bitte," wiederholte sie stur und absolut ernst. Der Kellner grinste unsicher und schielte zu Seiichiro, der nur mit den Schultern zuckte.
 

"Bring ihr ihren Saft," winkte er letztendlich feixend ab. Entweder war die kleine Schönheit neben ihm sehr juvenil, oder sehr vorsichtig.
 

Wenn man Sakura fragte, wollte sie sich einfach nur nicht zum Idioten machen, weil das Bitterste, was sie je getrunken hatte, wahrscheinlich irgendein Arzneimittel sein würde. Der Kellner verbeugte sich und machte sich mit einem "Wie Sie wünschen," davon, während der braunhaarige Teenager näher zu Sakura rutschte. Der Arm schon wieder, sehr beharrlich darin, die Position um ihre Schultern zurückzuerobern.
 

Dieser Abend gefiel Sakura bereits jetzt schon nicht und er gefiel ihr immer und immer weniger, je mehr Zeit verstrich, besonders da Seiichiro und seine Clique einen harten Drink nach dem anderen ihre Kehlen runterspülten. Das Gelächter wurde lauter, die Gespräche ausgelassener und die Witze obszöner, doch was sie am meisten störte, waren Seiichiros verklärte Starrblicke, die immer öfter an ihrem Körper haften blieben. Der eine Arm um sie herum drückte sie nunmehr viel fester an den Älteren und irgendwann griff auch plötzlich der zweite Arm von vorne um ihre Taille. Die Hand von selbigem Arm strich über ihren Oberschenkel hoch zu ihrer Hüfte, fuhr die schön geformte Kurve ihrer Taille nach und schlüpfte dann auf ihren flachen Bauch, der sich unter der aufdringlichen Berührung sofort anspannte.
 

In diesem Moment wurde Sakura langsam bewusst, dass sie sich wirklich, wirklich, wirklich nicht hätte auf all das hier einlassen sollen. Was hatte sie erwartet? Dass Seiichiro sich vielleicht nicht als all das herausstellten würde, was man gut vermuten konnte? Nur weil Sakura sich hinter einer Fassade und ihr wahres Wesen hinter so vielen Verblendungen versteckte, hieß es nicht, dass andere nicht genau den Ruf hatten, den sie verdienten. Oder dass sich hinter ihrer noblen Aufmachung statt etwas viel Besserem etwas viel Schlimmeres versteckte. Sie hatte gedacht, sie würde das hier durchziehen können... mit ihm ausgehen, seine Freundin sein, vielleicht sogar-
 

Doch jetzt, wo es alles so real und nah und am Passieren war, wurde ihr schlagartig klar... sie konnte es nicht. So tief wollte sie nicht sinken. Sie wollte nicht wirklich zu dem werden, wofür das halbe Umfeld sie ohnehin schon hielt. Sie wollte nicht. Sie konnte nicht.
 

"Warum so angespannt, Saku-chan? Amüsier dich ein wenig... Willst du vielleicht doch einen richtigen Drink?" Die Stimme an ihrem Ohr war durchtränkt von Lust und der Atem, der ihr Gesicht streifte, roch streng nach Alkohol. Sie versuchte, ein wenig weg zu rutschen, doch Seiichiro hielt sie ziemlich eisern fest in seinem schraubstockartigen Griff.
 

"Nein. Ich will lieber etwas an die frische Luft." Ihr war mit einen Schlag wirklich ein wenig schlecht, umso mehr als Seiichiros Hand anzüglich und unaufhaltsam höher zu ihrem Dekolleté glitt.
 

"Ach, komm schon, Süße. Mach dich locker." Betrunkenes Lachen an ihrem Ohr und warme Lippen auf ihrer Wange, die Rot aufflammte, weniger vor Verlegenheit und mehr vor Unbehagen. "Oder vielleicht sollte ich dir dabei ein bisschen helfen, hmm?" Hier und da an der zierlichen Haut nippend wanderten jene Lippen weiter nach unten, hinterließen eine feuchte Spur ihre Kieferpartie entlang und trafen bald auf die Seite ihres schlanken Halses auf.
 

"N-nein, nicht nötig. Senpai, warte... Nicht." Nein. Stopp. Hört einfach auf. Hör auf, hör auf. Hör auf, mich anzufassen. Die Liebkosungen der plumpen Lippen und feuchter Zunge fühlten sich eklig an, Sakura erschauerte es, nicht vor Genuss aber vor Abscheu. "Ich glaube wirklich, ich muss..." Muss hier raus. Muss hier weg. Weg, weg, weg.
 

Sobald Zähne sachte in die weiche Stelle zwischen Hals und Schulter bissen und seine Hand unverfroren an ihre Brust griff, schoss sie letztendlich hoch auf die Füße und rammte dabei die scharfe Kante ihrer schmalen Schulter fast in sein Gesicht. "Ich brauche wirklich etwas frische Luft," murmelte sie fieberhaft und hastete rasch dem Hinterausgang entgegen, einfach nur weil dieser mit einem grünen Licht gekennzeichnet und leicht zu erkennen war. Zudem fühlte Sakura sich dem weißen, weglaufenden Strichmännchen auf der Lampe gerade sehr verbunden.
 

Etwas benommen bahnte sie sich den Weg durch die euphorische, betrunkene, tanzende Menge. Die Musik war nichts mehr als ein entsetzlicher Lärm in ihrem Kopf, das Atmen fiel ihr schwer wegen der dunstigen, rauch- und schweißdurchtränkten Luft. Für einen Moment fühlte sie sich wie ein kleines, verängstigtes Tierchen, das verzweifelt nach einem Fluchtweg suchte. Zu laut... zu viele Menschen... Ihr dröhnte der Kopf und vor gerade durchlebtem Ekel rebellierte ihr Magen auf heftigste, sodass sie sich fast schon übergeben wollte.
 

Endlich erreichte sie die Tür und stieß diese auf, stolperte hinaus in die kühle Atmosphäre der nächtlichen Stadt. Ihr zerbrechlicher Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig sowohl auch schnell, sie atmete so tief, dass ihr kurz schwindlig wurde. Eine Hand erhoben begann sie sich verzweifelt über den Hals zu wischen, Gesichtsausdruck bestürzt und aufgeschreckt, der schlanke Körper zitternd entweder wegen des abrupten Temperaturunterschieds im Vergleich zu der Hitze im Inneren des Clubs oder dem Wirrwarr aus Emotionen, die mit jedem rapiden Schlag ihres Herzens durch sie jagten.
 

"Ihhh..." Wimmerte sie klagend, versucht, den Speichel und den unsichtbaren Schmutz jener Küsse von ihrer Haut zu putzen. Sie fühlte sich elendig. Mehr als alles andere wollte sie jetzt einfach nur nach Hause. Sie sollte ihre Mutter anrufen und sie fragen, bitten, anflehen, dass sie Sakura von hier abzuholen möge. Just als sie ihr Handy hervorgeholt hatte, ging die Tür hinter ihr wieder auf, diesmal aufgestoßen mit viel mehr Elan, sodass sie hart gegen die Wand knallte.
 

"Oi, oi. Du willst doch nicht etwa schon gehen, und das auch noch ohne dich verabschiedet zu haben? Das ist ziemlich unhöflich." Seiichiros Stimme, belustigt aber nicht allzu erfolgreich darin, seine offensichtliche Verstimmung zu überspielen.
 

Sieht so aus, als ob unsere Eisprinzessin dabei ist, dich abzuservieren, Sei, hallten die betrunkenen Sticheleien und Gelächter seiner Kumpane in seinen Ohren. Der Brünette schnaubte zornig. Niemand servierte ihn so einfach ab, oh nein, nicht mit ihm. Solch eklatante Respektlosigkeit würde er sich nicht bieten lassen, zudem war er viel zu sehr daran gewöhnt, immer das zu kriegen, was er wollte. Er hatte die Bedeutung des Wortes Nein nie wirklich gelernt und er würde es sich sicherlich nicht von einem großkotzigen Unterklässler beibringen lassen.
 

Sakura erfror und wagte es nicht, sich umzudrehen, betend, dass all dies nur ein schlechter Traum war. Ihre Hand bebte und ihre Finger zitterten, was ihr das Wählen der Nummer ihrer Mutter ungemein erschwerte, denn plötzlich waren die tastenlosen Ziffern auf dem Display ihres Telefons irgendwie viel zu klein. Sie war so aufgebracht, sie hatte glatt die Kurzwahltaste dafür komplett vergessen.
 

"Hey! Ich rede mit dir!", ein beleidigter Ausruf, Schritte, die rasch näher kamen, bald gefolgt von einer schweren Hand, die auf ihre Schulter niedersegelte und diese fest packte, um sie herum zu wirbeln. Mit dem Schock der abrupten, ungewollten Bewegung ließ Sakura das Handy fallen und wie alles teure Gedöns kam es mit dem Aufprall nicht wirklich klar und kriegte einen Sprung auf dem Display, der prompt schwarz wurde. Eine Chance das Gerät aufzuheben hatte sie nicht.
 

Sakura starrte Seiichiro aus stark geweiteten Augen an, die Worte blieben ihr im Hals stecken, wenn sie überhaupt klar genug denken konnte, um zu wissen, was sie sagen sollte. Nicht, dass sie dazu überhaupt die Gelegenheit bekam, statt Silben verließ ein scharfes Lufteinziehen ihre Brust wegen des unsanften Stoßes, der sie hart mit dem Rücken gegen die Wand prallen ließ. Sie hatte keine Zeit ihre Hände zu heben, denn diese fanden sich in lebendigen Handschellen, geformt durch Seiichiros Finger, wieder, bald ganz immobilisiert, als sie seitlich von ihrem sich drehenden Kopf gegen roten Ziegel gedrückt wurden.
 

Die eigene breitschulterige Statur gegen Sakuras kleinere, viel zierlichere Gestalt drängend, war Seiichiros Stimme ein erbostes, infames Zischen am gepiercten Ohr des jüngeren Teenagers: "Du kleine Schlampe hast schon den ganzen Abend lang dein kleines Eisprinzessinnenspiel mit mir getrieben. Ich glaube, es ist an der Zeit, dich etwas zu entfrosten." Schroff schob er sein Knie zwischen ihre schlanke Beine, doch Sakura gab nicht mal irgendeinen Laut von sich, weil grässliche Angst und blanker Schock ihr alle Luft abschnitten.
 

Am allermeisten wünschte sie sich gerade verzweifelt, aufzuwachen, obschon eine kleine innere Stimme aus irgendeiner unbarmherzigen Ecke ihres Bewusstseins ihr unmissverständlich verdeutlichte, dass dies hier kein Traum war. Ihr ganzer Körper bebte vor Abscheu, Erniedrigung und Hilflosigkeit angesichts der demütigenden Position, in der sie feststeckte: von Seiichiro an die Wand gepflastert, mit dem aufdringlichen Schenkel des Jungen im Schritt und jenem Mund, der zurück zu ihrem Hals gefunden hatte, um diesen mit brüsken Küssen zu bedecken. Der stechende Schmerz, als Zähne sich achtlos an der hellen Haut vergriffen, schüttelte Sakura ein wenig aus ihrer Schockstarre heraus.
 

"Nicht..." Verzweiflung gab ihr ihre Stimme wieder, auch wenn diese zuerst nicht mehr als ein Aufwimmern war. Dann jedoch- "Lass mich los!" Endlich spannten sich auch ihre Muskel in Gegenwehr an, doch sie versuchte vergeblich, sich aus Seiichiros eisernem Griff raus zu winden, der gut einen Kopf größere und fast doppelt so breitere Junge war ihr einfach nur überlegen, sie hatte seiner dominanten, physischen Stärke wenig entgegenzusetzen.
 

Die Augen zugekniffen drehte sie ruckartig den Kopf zur Seite, um den Kuss, den er ihr auf die Lippen aufdrücken wollte, zu verhindern. Der Gestank von Alkohol und die ungewollte Hitze eines fremden Körpers ließ Übelkeit aufkommen und irgendwo wünschte sie sich beinahe, sie möge sich direkt in Seiichiros scheußliches Gesicht übergeben. Der Schülerratvorsitzende versuchte erneut, sie zu küssen, was Sakura den Kopf in die andere Richtung zucken ließ. Das im Gegenzug führte dazu, dass Seiichiro frustriert aufknurrte.
 

"Ja, zier dich nur ruhig weiter. Jeder weiß doch, was für ein dreckiges Luder du wirklich bist." Lüsterne Sätze, die in ihr Ohr gehaucht wurden, und Sakura fuhr zusammen, während ihre Gesichtszüge sich zu einer leidvollen Grimasse verzogen. Seiichiro wusste nichts. Er wusste rein gar nichts. Überhaupt nichts... Nur dreckige Gerüchte, abscheuliches Gerede, ungerechtfertigte Anschuldigungen.
 

"Hör auf..." presste sie hervor, doch sie weigerte sich, zu betteln. Nicht so... Gott im Himmel, bitte nicht so...
 

"Hey." Die ruhige, von Missfallen durchzogene Stimme, die jäh in der Luft erklang, stoppte Seiichiro kurz in seinem Tun. Sakura indes, öffnete abrupt ihre Augen wieder.
 

"Nehmt euch ein Zimmer." Das sanfte Klicken eines Zippos folgte, sich leicht runter beugend hielt Sasuke seine Hand um die kleine Flamme und schützte sie damit vor dem Wind, bis sie die Spitze seiner Zigarette zum Glühen gebracht hatte. Seine Augen wanderten dann zu den zwei intim miteinander verschlungenen Gestalten und erst jetzt erkannte er, wer sie eigentlich waren. Glimmstängel eingeklemmt zwischen den vollen Lippen, blies er einen feinen Streifen weißen, mentholaromatisierten Rauchs um den Filter herum aus.
 

"Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß," brummte Seiichiro und wandte seine widerwärtige Aufmerksamkeit wieder Sakura zu.
 

Und wahrscheinlich hätte sich Sasuke in der Tat dazu entschieden, das Paar einfach zu ignorieren und links liegen zu lassen, wenn sein unvoreingenommener Blick sich nicht kurz mit dem jener verängstigten, tiefgrünen Iriden gekreuzt hätte. Seine eigenen Augen verengten sich, die glatte Stirn legte sich leicht in Falten - es sah nicht so aus, als ob die Kleine die Stellung, in der Seiichiro sie eingefangen hatte, allzu sehr genoss. Nein, genaugenommen sah sie total verstört und verängstigt aus.
 

Nun, wo waren sie stehen geblieben? Verkommen grinsend lehnte sich der Schülerratvorsitzende wieder vor, und da diese verdammt anziehenden Lippen ihm einmal mehr entwischten, begnügte er sich damit, an dem zarten Ohrläppchen des Mädchens zu knabbern.
 

Das Feuerzeug zurück in die Tasche gesteckt, blickte Sasuke einmal mehr zu der unschönen Szene nahe der kahlen Wand und fing den gequälten Blick jener Augen einmal mehr mit dem eigenen auf. Sie will's nicht? Na ja, es war ziemlich offensichtlich, dass sie es nicht tat. Sah eher so aus, als ließe der ehrenwehrte Vorsitzende des Schülerrates schon wieder das Arschloch raushängen.
 

"Sei. Lass sie los," die blank gesprochenen Worte erinnerten an die eines resignierenden Elternteils, das zu ihrem unverbesserlichen Kind sprach.
 

"Warum sollte ich?", warf Seiichiro desinteressiert zurück, während er betrunken-amüsiert das so verboten schöne Antlitz seiner Beute vor sich betrachtete. Irgendwo war es nur noch umso atemberaubender mit Spuren von Angst und Verzweiflung auf den feinen Gesichtszügen.
 

"Weil ich's dir sage."
 

Der Brünette blickte über die eigene Schulter, direkt in ein Paar fokussierter, nachtschwarzer Augen. Ihm entging die ausdrückliche Tonlage des Anderen nicht, und sie schien ihn äußerst zu verärgern. "Aha. Und natürlich tun wir alle immer artig das, was Sasuke-sama uns befiehlt." Lachte er spöttisch, der Rufname und der respektvolle Suffix getränkt in Hohn. Die Belustigung war schnell vorbei, er knurrte verächtlich. "Fick dich, Uchiha, verstanden? Das hier geht dich einen feuchten Dreck an."
 

Sasuke schnaubte und neigte kurz den Kopf, um die Halsmuskulatur ein wenig zu strecken. Hand gehoben, pflückte er seine kaum angefangene Zigarette von den eigenen Lippen und ließ die schmale Tabakrolle achtlos auf den Boden fallen. "Was hast du gesagt?", fragte er fast schon irgendwie neugierig, doch seine Augen waren beinahe raubtierhaft auf Seiichiro fixiert, denn dieser war gefährlich nah dran, seinen verhaltenen aber dennoch jähzornigen Klassenkameraden wirklich sehr zu verstimmen.
 

Dünnes Eis und eine Gefahr, die Seiichiros von übermäßigem Alkoholkonsum vernebelter Verstand weder besseren Wissens nicht wirklich ernst nahm, stattdessen produzierte es einen herablassende und hochmütige Antwort: "Ich sagte: verpiss dich, du Mutterficker."
 

Dieses Mal war der Konter körperlicher Natur. Manche Sachen ließ Sasuke sich einfach nicht bieten, und diese hier war eine davon, der berüchtigte letzte Tropfen in den ohnehin schon randvollen Fass. Blitzschnell vorwärts schreitend packte er den Anderen am Kragen und zog ihn mit einem heftigen Ruck zu sich und somit auch weg von Sakura, während sein anderer Arm ausholte, um mit höchster Präzision und einer guten Menge Kraft die zu einer soliden Faust geballte Hand in diese eine hämische Fresse zu rammen. Blut spritzte aus der geplatzten Lippe und der gebrochenen Nase, mit einem benommenen Aufschrei ging Seiichiro augenblicklich in die Knie, sich mit beiden Händen das demolierte Atmungsorgan haltend, aus welchem bereitwillig rote Flüssigkeit in seine Handflächen quoll.
 

Sasuke schüttelte einmal brüsk seine Hand, als ob die paar Bluttropfen und irgendwelchen unsichtbarem Dreck von ihr abschütteln zu wollen, und spuckte dann zu Seite auf den Boden. "Pass auf, was du sagst, Arschloch." Er leugnete nicht, dass das gerade eben eine große Befriedigung gewesen war.
 

Er beugte sich runter, hob seine vorher fallen gelassene Zigarette wieder auf und steckte sie zurück in die Packung. Diese eine Kippe würde er später noch zu genießen wissen. Vorerst entschloss er sich, wieder ins Innere des Clubs zurückzukehren, also drehte er sich um und hatte die Tür im Visier. Er kam nicht weit, der Grund dafür eine helle, zittrige Stimme, die hinter ihm erklang:
 

"Warte!" Nach einem ängstlichen Schielen zur Seiichiros schmerzgekrümmter Gestalt war Sakura schnell daran sich von der Wand, an der sie bis dato wie angeklebt gestanden hatte, zu lösen. Ein paar hastige Schritte brachten sie weg von dem leise vor sich hin jammernden Schülerratsvorsitzenden und naher an ihren unerwarteten Retter, der allerdings nicht wirklich so aussah, als hege er irgendein Interesse an der Person, welcher er gerade geholfen hatte.
 

Sasuke bedachte den jüngeren Teenager nur mit einem kurzen Blick von Kopf bis Fuß und setzte seinen Weg fort. Beinahe.
 

"Du kannst mich doch nicht einfach so hier lassen!" Nun... eigentlich sah der Junge so aus, als ob er genau das im Sinn hatte, doch Sakura fand die Vorstellung mehr als beängstigend.
 

Sie war absolut und total aufgeschmissen. Kein Geld, kein Telefon, und Seiichiro würde sicherlich nicht so freundlich sein, sie nach Hause zu bringen. Schlimmer noch, was würde passieren, wenn er sich wieder aufgerappelt hat? Sasuke was so ziemlich ihre einzige Möglichkeit, heil von hier weg zu kommen, doch der Schwarzhaarige griff nach der Türklinke und drückte sie runter, offensichtlich ziemlich ungerührt von der Notlage seiner Schulkameradin.
 

"Ich weiß doch überhaupt nicht, was ich jetzt machen soll..." Zitternd und den eigenen Körper fest mit den Armen umschlungen, fühlte Sakura sich von Kummer und Mutlosigkeit erdrückt, was sich auch deutlich in ihrem hübschen Gesicht und dem ersuchenden Ton ihrer verzagten Feststellung abzeichnete.
 

Würde sie wirklich hier zurückgelassen werden? Was um alles in der Welt sollte sie dann tun? Ihre einzige Option wäre ein Bus, ein Taxi oder das Laufen zu Fuß, jedoch hatte sie ihre Geldbörse nicht bei sich und sie war noch nie in ihrem Leben Bus gefahren, ganz davon zu schweigen, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, wo sich hier eine Haltestelle befinden möge. Oder in welcher Richtung ihr Haus lag, und die nächtlichen Straßen alleine in dieser Aufmachung rauf und runter zu wandern war eine grauenhafte Vorstellung.
 

"Was hab ich davon?"
 

Kopf rückartig gehoben, starrte sie Sasuke einmal mehr an, diesmal in Unverständnis und Verwirrung. "Wie bitte...?"
 

"Was hab ich davon, wenn ich heute Nacht den Babysitter für dich spiele?", wiederholte der Ältere nonchalant, ein Funken Neugierte passierte dabei die unergründlichen Tiefen seiner Augen. Nichtsdestotrotz hielt er es erstmals für vernünftiger, sich aus Seiichiros Hörweite zu entfernen, ungeachtet dessen, dass der Schwarzhaarige völlig mit dem Schmerz und dem eigenen Wehklagen ausgelastet zu sein schien. Er öffnete die Tür und trat über die Schwelle. Sakura hastete ihm eilig hinterher.
 

"Was... willst du denn haben?", ihre zaghafte Frage war gerade noch hörbar, bevor ihrer beider Figuren von der Halbdunkelheit und dem Lärm des Clubinneren verschlungen wurden.
 

Sasuke warf die Tür hinter sich wieder zu und wartete, bis sie neben ihm stand, um sich leicht zu ihr herunter zu beugen. Ein normales Gespräch bei dieser Lautstärke um sie herum zu halten war zwecklos, nicht, dass es ihm in irgendeiner Weise zuwider war, an jenes liebliche Ohr zu sprechen. "Ich würde mich mit einem Kuss zufrieden geben."
 

Mehr Witz als Ernst seinerseits, doch Sakura kriegte das nicht wirklich mit. Sie war immer noch unerfahren in Sachen zwangloser Flirts und flüchtiger Anspielungen, was sich zusammen mit ihrer Antwort verriet, als sie Sasuke für einen langen Moment in niedlicher Verworrenheit anstarrte und letztendlich ein unsicheres jedoch komplett ehrliches "Okay..." wisperte.
 

Sie wusste nicht mal, warum sie dem so einfach zustimmte. Sie war daran gewöhnt, Leuten eine Abfuhr zu erteilen, insofern war das Umgehen mit dem Verspüren eines ehrliches Interesses an jemanden für sie komplett neu. Vielleicht hatte Sasuke gerade erfolgreich einen nachhaltigen Eindruck bei ihr hinterlassen oder vielleicht war sie einfach nur bereit, fast jeden Deal anzunehmen, solange es ihr seinen Schutz versprach. Vielleicht war es naiv und dumm, aber in Anbetracht dessen, was gerade draußen passiert war, fühlte sie sich in Sasukes Anwesenheit am sichersten und mehr als alles andere wollte sie dieses Gefühl gerade jetzt nicht verlieren.
 

Eben Erwähnter hob eine dunkle Augenbraue, sich wieder zurücklehnend, um die nervöse, junge Schönheit vor sich zu beäugen. Diese Wende der Ereignisse hatte er nicht wirklich erwartet. Hatte sie gerade wirklich zugestimmt? Gemäß ihrem Image hatte er eher mit einer giftigen Abfuhr und ein paar scharfen Worten ihrerseits gerechnet, doch jetzt bemerkte er, dass ihre Hilflosigkeit weder aufgesetzt noch die Nachwirkungen des Shocks waren. Sie war verängstigt und das war nicht gespielt. War sie in Sachen jugendlicher Partys wirklich noch ein Grünschnabel? Was für ein kurioses, kleines Ding.
 

Nun, sie alleine lassen würde er jetzt in der Tat nicht mehr können. Sakura war zweifellos eine Augenweide, das konnte man nicht abstreiten, genauso wie man nicht abstreiten konnte, dass jener perfekte Körper und jene roten Lippen anziehender aussahen, als es gut für sie war. Man konnte Gift drauf nehmen, dass es zu überhaupt nichts Gutem führen würde, sollte sie hier wie ein verlorenes Kätzchen umherstreuen. Nein, sie einfach nur sich selbst zu überlassen in mitten einer schwer angeheiterten Meute in und um dieses Gebäude herum, war genauso, als ob befestige man ein 'rape-me' Schild an ihr. Das konnte er nicht verantworten und Distanziertheit hin oder her, herzlos war er nicht. Er war auch bei Weitem nicht so gleichgültig, wie er sich gerne nach Außen hin präsentiere.
 

"Folg mir." Mit dieser Anweisung schritt Sasuke tiefer in den Club herein und Sakura trottete ihm gehorsam und erleichtert hinterher. Dieser Abend war eine einzige Katastrophe, doch jetzt hatte sie den Fünkchen Hoffnung, dass sie dem Schlamassel mehr oder minder unversehrt überleben würde, und diese eine Hoffnung lag nunmehr komplett auf den strammen Schultern der Person, von der sie es am wenigsten erwartet hätte. Uchiha... Sasuke, huh...?
 

Nun... jetzt wusste sie wohl auch seinen Vornamen, und sicherlich würde sie ihn nicht so schnell wieder vergessen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Immer noch mitten im Auftakt und es ist etwas länger geworden, als gedacht, doch ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen gehabt! Lasst mich eure Meinung zu diesem Kapitel wissen, und hoffentlich sehen wir uns schon bald beim nächsten wieder ^_^

Liebe Grüße,
Lynn Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (12)
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Von:  jillianZ
2015-05-13T21:02:36+00:00 13.05.2015 23:02
Ein super kapitel. Der hammer :-) Unser badboy Sasuke.Schreib schnell weiter. Lg jillian
Antwort von:  Aislynn
14.05.2015 18:23
Freut mich, dass es dir gefallen hat. Sasuke ist für die Badboyrolle wie geboren *lach*

Danke für den Kommentar!

Liebe Grüße,
Lynn


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