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Geschäftsbeziehung

von

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Wer lügt, hat die Wahrheit immerhin gedacht.

Sasuke Uchiha war ein Mensch, der tat, was getan werden musste. Ohne mit der Wimper zu zucken. So war es schon immer gewesen. Angefangen in der Schulzeit, als er Narutos Klausuren gleich mit ausgefüllt hatte, bis hin zum heutigen Tag, an dem er seiner Mutter ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, eiskalt ins Gesicht gelogen hatte. Die Lüge war absurd. Nichts, was ein Mensch, der ihn auch nur halbwegs kannte, glauben könnte, doch sie hatte es geglaubt. Und wenn er ehrlich war, gab es auch nicht besonders viele Menschen, die ihn wirklich kannten.

 

Eigentlich sollte er wohl einfach nur erleichtert sein, dass seine Eltern es geschluckt hatten. Nur musste er seinen Worten nun Taten folgen lassen. Für ihn selbst war das zwar kein Problem, aber Naruto würde wohl protestieren und das bedeutete, dass er mit dem Idioten eine Diskussion führen musste, worauf er nun wirklich keine Lust hatte. Seufzend steckte er den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn herum. Aus dem Wohnzimmer konnte er überdrehte Stimmen hören, die darauf hindeuteten, dass Naruto sich mal wieder irgendeinen Schwachsinn im Fernsehen ansah.

 

Vielleicht sollte er sich den Stress einfach sparen und direkt von vornherein seine Trumpfkarte ausspielen. Immerhin wohnte sein bester Freund bei ihm und würde ohne sein Wohlwollen längst auf der Straße sitzen. Die meisten hätten Sasuke so ein soziales Verhalten gar nicht zugetraut, am allerwenigsten er selbst, aber als Naruto schließlich mit gepackten Koffern vor seiner Tür gestanden hatte, hatte er nur geseufzt und ihn hereingelassen. Es war Winter. Es war kalt. Und er hatte einen schwachen Moment gehabt. Vielleicht war dieser Moment ja jetzt im Nachhinein doch noch zu etwas gut. Manch einer würde es Erpressung nennen, er nannte es vorausschauendes Management von Gefälligkeiten.

 

In einer fließenden Bewegung schlüpfte er aus seinen Schuhen und hängte dann die Jacke an den Garderobenständer. Naruto musste ihn bereits gehört haben, denn er steckte neugierig den Kopf aus dem Wohnzimmer und bekam kurz darauf leuchtende Augen, als er sah, dass Sasuke etwas vom Asiaten mitgebracht hatte. Ja, diesmal hatte er sich vorbereitet, denn wenn man Naruto mit irgendetwas besänftigten konnte, dann war es Essen. Es knisterte leise, als er die dünnen Papiertüten auf dem Tisch abstellte und der Duft breitete sich sofort im ganzen Raum aus. Es roch nach gebratenen Nudeln und gebackenem Hähnchen. Vor allen Dingen aber roch es nach Fett.

 

„Ah, Sasuke, du bist der Beste“, jubelte Naruto begeistert und stürzte sich sofort auf die Tüten.

 

Er strahlte über das ganze Gesicht und hatte offensichtlich gute Laune. Noch. Sasuke entschied, dass er ihm bis nach dem Essen eine Schonfrist gewähren würde, aber danach mussten sie über das Thema reden. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr und es hatte keinen Sinn das Ganze unnötig aufzuschieben, also wollte er es so schnell wie möglich hinter sich bringen.

 

Natürlich reagierte Naruto genauso, wie  er es erwartet hatte.

 

„Du hast was?!“

 

Sasuke seufzte entnervt und schloss die Augen. Es war nicht so, dass Naruto ihn nicht verstanden hatte, denn das hatte er definitiv. Die Akustik in ihrer Wohnung war ausgezeichnet und Sasuke hatte extra den Ton des Fernsehers leiser gestellt, damit er in Ruhe mit seinem besten Freund reden konnte. Er wollte ihn wohl einfach nicht verstehen. Oder er hoffte, er hätte sich verhört. Hatte er aber nicht. Dass es kein besonders erfreuliches Gespräch werden würde, war vorauszusehen gewesen, aber er machte es ihm nun wirklich nicht gerade leicht.

 

„Ich habe meinen Eltern gesagt, dass wir beide ein Paar sind“, wiederholte er leicht gereizt.

 

Er mochte es nicht, wenn er sich wiederholen musste. Das tat er nur äußerst ungern. Auch in der Firma achtete er darauf klare Anweisungen zu geben, damit er sich später nicht mit tausenden von dummen Fragen herumschlagen musste. Unglücklicherweise war Naruto der König der dummen Fragen und das stellte er gerade mal wieder eindrucksvoll unter Beweis.

 

„Aber warum?“

 

Die Antwort war einfach. Sasuke war ohne es zu ahnen in eine Falle getappt. Ein Krisengespräch, das ihn einige Nerven gekostet hatte und noch immer konnte er Itachi nicht verzeihen, dass er ihn vorher nicht gewarnt hatte. Er war vollkommen unvorbereitet gewesen und hatte dementsprechend recht wenige Argumente vorbringen können. Die Problematik war in seinen Augen absurd, aber noch viel absurder war die Lösung, die sein Gehirn spontan ausgearbeitet hatte. Eine Kurzschlusshandlung, in Anbetracht der Tatsache, dass er seinen Posten verlieren könnte.

 

„Ich habe dir schon mal gesagt, dass es um meine Beförderung ging.“

 

Sasuke massierte sich den Nasenrücken. Das hier war ganz eindeutig nicht sein Tag. Vielleicht sollte er das Gespräch mit Naruto an der Stelle abbrechen, eine entspannende Dusche nehmen und dann früh ins Bett gehen. Es hatte einfach keinen Sinn mit dem Idioten zu diskutieren, er würde es sowieso nicht verstehen. Momentan begriff Sasuke ja noch nicht mal selbst so richtig, was da genau geschehen war und wie es soweit kommen konnte. An sich war er ein sehr rationaler und besonnener Mensch, aber unter dem schneidenden Blick seines Vaters, hatte er schließlich doch die Fassung verloren. Ein wenig. Und auch nur innerlich. Aber es war passiert und deswegen befand er sich jetzt in dieser äußerst unkomfortablen Situation.

 

„Warum wollen deine Eltern denn überhaupt unbedingt, dass du in einer Beziehung bist?“, fragte Naruto verzweifelt.

 

Verzweifelt war genau das richtige Wort. Sasuke hatte ihm praktisch keine Wahl gelassen, hatte ihn nie gefragt, ob er damit einverstanden war, seinen Fake-Freund zu spielen. Naruto schuldete ihm etwas und Sasuke war sich nicht zu schade, es einzufordern. Aber auch seine Familie hatte ihm keine Wahl gelassen. Wenn er den Posten als Geschäftsführer wollte, musste er sich wohl oder übel in feste Hände begeben.

 

„Es geht um das Bild, das die Geschäftspartner von mir haben werden“, Sasuke schob die Decke ein wenig  zur Seite und setzte sich dann neben Naruto auf die Couch. Das hier konnte noch ein wenig länger dauern. „Mein Vater ist der Meinung, dass es den Eindruck erwecken könnte, als wäre ich kein stabiler und verlässlicher beruflicher Partner, wenn ich ledig bin und noch nicht einmal sowas wie eine längerfristige Beziehung habe.“

 

Narutos Blick drückte genau das aus, was er auch selbst dachte. Eine Beziehung auf geschäftlicher Ebene war ja wohl kaum mit einer romantischen Beziehung zu vergleichen und solange Sasuke Ergebnisse lieferte, hatten die Geschäftspartner keinerlei Gründe seine Kompetenz in irgendeiner Hinsicht anzuzweifeln. Und er lieferte ausgezeichnete Ergebnisse. Seit er vor einem Jahr begonnen hatte, die verschiedenen Abteilungen des Unternehmens zu durchlaufen, waren die Gewinne systematisch angestiegen, was vor allem an den strukturellen Verbesserungen lag, die er vorgenommen hatte. Die Arbeit war sein Leben und es hatte einen Grund, dass er so gut war. Er steckte alles da hinein und so etwas wie eine Beziehung würde ihn nur ablenken.

 

„Aber warum musstest du dann mich da mitreinziehen?“, jammerte Naruto.

 

Sein Gesicht war zu einer unglücklichen Grimmasse verzogen, doch wenn er auf Mitleid spekulierte, stand er auf verlorenem Posten. Denn Sasuke hatte kein Mitleid mit ihm.

 

„Es war die plausibelste Lösung“, antwortete er schlicht.

 

Obwohl es äußerst seltsam war sich das einzugestehen, entsprach es tatsächlich der Wahrheit. In Sasukes Umfeld gab es nicht besonders viele Menschen, mit denen er es länger als zwei Stunden am Stück aushielt. Die meisten gingen ihm schon nach kürzester Zeit so massiv auf die Nerven, dass er jeglichen Folgekontakt möglichst vermied. Noch weniger Menschen hatten es geschafft, sich tatsächlich seinen Respekt zu erarbeiten. Naruto war zwar ein Idiot, aber sein Durchhaltevermögen hatte ihn schon immer irgendwie beeindruckt. Obwohl es meistens keine zwanzig Sekunden dauerte, bis er ihm auf die Nerven ging, konnte er ihn seltsamerweise ohne Probleme in seiner Nähe ertragen. Sein bester Freund war das größte Paradoxon in Sasukes Leben.

 

„Plausibel?“, Naruto zog ungläubig eine Augenbraue nach oben. Aus seinem Mund hörte sich das Wort irgendwie falsch an. „Wir sind beide kein bisschen schwul und kennen uns schon seit der Grundschule. Was ist daran bitte plausibel?“

 

Die Antwort war einfach. Nichts. Trotzdem hatten seine Eltern ihm die Geschichte abgekauft und das war das Wichtigste. Mehr noch, seine Mutter hatte fast schon erleichtert gewirkt. Es war einfach nicht in ihren Kopf gegangen, dass Sasuke mit seinem Leben auch ohne Partnerschaft zufrieden war. Die Arbeit machte ihn glücklich. Allein zu sein machte ihn glücklich. Er brauchte keine verdammte Beziehung. Aber all das wollte sie einfach nicht verstehen. Stattdessen hatte sie die Vermutung aufgestellt, dass er schwul sein könnte und hatte ihm versichert, dass es für sie kein Problem wäre.

 

Es war richtig, dass er kein Interesse an Frauen hegte, aber genau dasselbe traf auch auf Männer zu. Er hatte einfach nicht das Bedürfnis, seine Zeit mit sinnlosen zwischenmenschlichen Interaktionen zu vergeuden und sich von einer anderen Person abhängig zu machen. Nicht das Geschlecht war das Problem, sondern das Konzept Beziehung an sich. Dennoch war er auf den Zug aufgesprungen und hatte es sich einfach gemacht, indem er ihre Theorie einfach bestätigt hatte: Naruto war sein fester Freund. Aus diesem Grund waren sie auch zusammengezogen und er hatte sich bisher einfach nicht getraut, mit seinen Eltern darüber zu sprechen. Problem gelöst.

 

„Es geht nicht darum, dass es für uns plausibel ist, Naruto“, erklärte er ungeduldig. „Die Leute aus dem Vorstand müssen uns die Sache einfach nur abkaufen und sobald ich zum Geschäftsführer ernannt wurde, können wir das Theater auch wieder beenden.“

 

Naruto sah ihn skeptisch an. Er wusste, dass er im Prinzip keine Wahl hatte und doch schien er sich nicht wirklich damit abfinden zu wollen.

 

„Und wann ernennen sie dich zum Geschäftsführer?“

 

Schmunzelnd rutschte er ein Stück näher an Naruto heran und legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel.

 

„Das hängt ganz davon ab, wie überzeugend wir sein können, mein Liebster.“

 

Sasuke Uchiha war ein Mensch, der tat, was getan werden musste. Das fing damit an, dass er extra nach der Arbeit beim Asiaten vorbeifuhr und etwas zu Essen für sie besorgte und endete damit, dass er ohne mit der Wimper zu zucken seinen besten Freund dazu zwang, eine Beziehung mit ihm vorzutäuschen, selbst wenn dieser gerade ein Gesicht machte, als würde er seine gebratenen Nudeln jeden Moment rückwärts wieder nach oben befördern. So war es schon immer gewesen und so würde es auch immer sein. Die Lüge war absurd, aber er würde dafür sorgen, dass man sie ihnen glaubte.

 

Es gibt keine reine Wahrheit, aber ebenso wenig einen reinen Irrtum.

Itachi Uchiha war ein Mensch, der Lügen bereits auf eine Distanz von drei Metern gegen den Wind riechen konnte. So war es schon immer gewesen. Angefangen in Sasukes Kindheit, als er ihm nur einmal ins Gesicht sehen musste, um festzustellen, dass er mal wieder etwas ausgefressen hatte, bis hin zum heutigen Tag, an dem er beschloss seinem kleinen Bruder einen Überraschungsbesuch abzustatten, um herauszufinden, was an der angeblichen Beziehung mit seinem besten Freund und neuerdings auch Mitbewohner tatsächlich dran war. Er hielt es für eine Lüge.
 

Sasuke hatte den Schwachpunkt in seinem Konstrukt sehr schnell erkannt. Itachis Misstrauen war für Eingeweihte so offensichtlich wie die semilegale Steuerhinterziehung im Uchiha-Konzern und bedauerlicherweise fiel es ihm sehr schwer, seinem großen Bruder etwas vorzumachen. Als der schwarze Wagen schließlich um die Ecke bog, war er dementsprechend alarmiert und sprang sofort von seinem Schreibtisch auf. Bis Itachi vor der Wohnungstür stehen würde, hatten sie maximal noch vier Minuten. Er hatte seinen eigenen Schlüssel, würde also vermutlich noch nicht mal klingeln.
 

Hastig verließ Sasuke sein Schlafzimmer und betrat stattdessen sein ehemaliges Büro, in dem Naruto seelig auf der Couch schnarchte. Er war ein Langschläfer. Und in seinem Fall bedeutete lang wirklich lang. Dreizehn Stunden pro Nacht waren für ihn nichts Ungewöhnliches und Sasuke fragte sich manchmal, warum sein bester Freund zwischendrin überhaupt noch aufstand. Nun allerdings zerrte er ihn ungeduldig vom Sofa, griff nach seiner Bettwäsche und beförderte beide in sein eigenes Bett. Es gab offiziell schließlich keinen Grund, warum sie getrennt schlafen sollten. Naruto murrte kurz, war aber viel zu müde, um ernsthaft zu protestieren. Zum Glück. Zwei Sekunden später war er auch schon wieder halb eingeschlafen.
 

Mit ein paar fahrigen Bewegungen knöpfte Sasuke sich sein Hemd auf und ließ es dann zu Boden gleiten. Es würde Falten bekommen, so viel war schon mal sicher. Normalerweise lagen bei ihm nie Klamotten auf dem Teppich herum, aber wenn er wollte, dass es authentisch aussah, musste er wohl in den sauren Apfel beißen. Sein T-Shirt landete nur wenige Zentimeter neben dem Hemd und er drapierte es mit dem Fuß extra so, dass man glauben musste, er hätte es möglichst schnell loswerden wollen. Dann fuhr er sich ein paar Mal durch die Haare, bis sie seiner Meinung nach zerzaust genug aussahen. Nach einem letzten kritischen Blick auf sein Werk, krabbelte er schließlich zu Naruto ins Bett. Wenigstens trug der zum Schlafen sowieso nur Boxershorts, sodass er ihn nicht auch noch ausziehen musste.
 

Aus dem Treppenhaus konnte man bereits Geräusche hören. Itachi hatte also die Haustür mit seinem eigenen Schlüssel aufgesperrt und wollte den beiden auf diese Weise vermutlich keine Chance lassen, sich auf seinen Besuch vorzubereiten. Sasuke konnte von Glück sagen, dass er von seinem Schreibtisch aus einen perfekten Blick auf die Straße hatte und dadurch rechtzeitig gewarnt worden war. Das alles hätte sich andernfalls durchaus zu einer nachteiligen Lage entwickeln können, insbesondere wenn man Narutos träges Reaktionsvermögen miteinkalkulierte.
 

Ohne noch weitere Zeit zu verlieren, glitt er über den nackten Oberkörper seines besten Freundes und griff dann nach seinem Kinn um ihm seine Lippen aufzudrücken. Naruto zu küssen, war mittlerweile nicht mehr ganz so seltsam, wie noch zu Beginn ihres kleinen Arrangements. Sie hatten es viele, viele Male getan. Hatten sogar vorher geübt, damit es halbwegs authentisch aussah und man konnte fast sagen, dass er sich daran gewöhnt hatte. Naruto zu küssen, nachdem der gerade erst aufgestanden war, war jedoch nochmal eine ganz andere Sache.
 

Es war schlicht und ergreifend unangenehm. Der Geruch. Der Geschmack. Die raue Textur seiner Lippen, weil er mit halb offenem Mund geschlafen und das Kissen vollgesabbert hatte. Daran gab es nichts schön zu reden. Außerdem konnte man das was Naruto da tat, nicht unbedingt als eine Erwiderung seines Kusses bezeichnen. Er würde nicht einmal ausschließen, dass er eigentlich noch halb schlief und gar nicht wirklich mitbekam, was hier gerade passierte.
 

Sasuke entschied sich kurzfristig noch einmal umzudisponieren und arbeitete sich stattdessen an Narutos Hals entlang. Die Haut unter seinen Lippen fühlte sich weich und warm an. Definitiv eine signifikante Verbesserung. Von draußen konnte er hören, wie das Schloss klickte. Itachi war da. Showtime. Jetzt hing alles davon ab, dass sie die Lüge glaubwürdig verkauften und es war eine einmalige Gelegenheit, weil sein Bruder davon ausging, dass sie nicht mit ihm rechneten.
 

„Fang an zu stöhnen“, befahl er zischend.
 

Gleichzeitig begann er mit seinen Händen über Narutos Oberkörper zu streichen. Mit den Lippen war er bereits an seinem Schlüsselbein angekommen und versuchte aus dem Augenwinkel die Schlafzimmertür im Auge zu behalten. Er hatte sie mit Absicht offen stehen lassen, um Itachi ein Schauspiel bieten zu können, dass der nicht so schnell wieder vergessen würde. Und was wäre effektiver, als die beiden inflagranti zu erwischen?
 

„Sasuke, lass mich in Ruhe, ich will schlafen“, murrte Naruto unwillig.
 

Er versuchte sich gegen das fremde Gewicht auf seinem Körper zu stemmen, scheiterte jedoch und ließ sich resigniert zurück ins Kissen fallen. Sasuke hatte allerdings keine Zeit für Spielchen. Er konnte bereits hören, wie Itachi sich die Schuhe von den Füßen streifte. Zumindest hatte er den Anstand nicht auch noch seine Wohnung dreckig zu machen, nachdem er sich bereits ohne zu Klingeln Zutritt verschafft hatte.
 

„Du wolltest es nicht anders“, knurrte Sasuke.
 

Schwierige Situationen erforderten eben manchmal schwerwiegende Maßnahmen. In diesem Fall einen gezielten Griff in den Schritt seines besten Freundes.
 

„Ahh“, Naruto keuchte und drückte seinen Rücken durch.
 

Ob vor Schmerz oder doch aus einem anderen Grund war nicht wirklich herauszuhören. Trotzdem war es das schönste Geräusch, das Sasuke bisher an diesem Morgen gehört hatte und er lauschte gespannt nach draußen in den Flur. Itachi hatte in seiner Bewegung innegehalten. Sein Plan funktionierte.
 

„Hast du sie noch alle?“, fauchte Naruto.
 

Offenbar hatte seine Handlung noch einen weiteren positiven Nebeneffekt gehabt. Er war jetzt wach. Auch wenn er alles andere als begeistert zu sein schien.
 

„Du hättest einfach machen sollen, was ich sage“, erwiderte Sasuke schulterzuckend.
 

Naruto funkelte ihn wütend an.
 

„Das hättest du wohl gerne.“
 

In der Tat würde es einiges erleichtern. Aber das sprach Sasuke nicht laut aus. Stattdessen konzentrierte er sich wieder darauf, ihr kleines Schauspiel aufrechtzuerhalten und knabberte mit seinen Zähnen an Narutos Brustwarze, während er mit einer Hand seinen Oberschenkel hinunterstrich. Itachi konnte jeden Moment das Zimmer betreten.
 

„Was zum Teufel machst du da?“
 

Statt Naruto eine Antwort zu geben, drückte er ihm einfach seine Lippen auf. Diskussionen waren zu diesem Zeitpunkt einfach unangebracht. Normalerweise verschwendete er auch nie mehr als zwei Gedanken, bevor er sich in irgendeine Handlung stürzte, warum also konnte er jetzt nicht einfach still sein? So dicht es ging, presste er sich an Narutos Körper und ließ ihren Kuss immer leidenschaftlicher werden.
 

„Du bist hart“, stellte er dann schmunzelnd fest.
 

Narutos Atmung ging schneller. Seine Wangen waren leicht gerötet. Wenn er ehrlich war, überraschte es ihn nicht. Er wusste, dass er heiß war und es störte ihn nicht, dass sein bester Freund seinetwegen einen Ständer hatte.
 

„Ich hatte auch schon lange niemanden mehr, weil du mich ja die ganze Zeit für deine dumme Fake-Beziehung beanspruchst und ich mich mit keiner anderen Person sehen lassen darf.“
 

Sasuke lachte leise.
 

„Lass das bloß niemanden merken.“
 

Naruto sah ihn misstrauisch an.
 

„Was?“
 

Neckend strich Sasuke mit seiner Zunge an seiner Ohrmuschel entlang und entlockte ihm tatsächlich ein leichtes Keuchen. So langsam machte ihm das hier sogar Spaß.
 

„Na, dass du so notgeil bist“, raunte er. „Wären wir tatsächlich in einer Beziehung, hättest du nämlich ein sehr erfülltes Sexualleben.“
 

In Narutos Augen blitzte kurz Unsicherheit auf. Anscheinend wusste er nicht recht, wie er Sasukes Aussage interpretieren sollte und gleichzeitig fühlte er sich in seinem Stolz verletzt. Es war nicht zu übersehen, dass ihm seine heftige Reaktion peinlich war und gleichzeitig wollte er sich nicht so in die Ecke drängen lassen.
 

„Im Moment bist du der Einzige, der mich von einem erfüllten Sexualleben abhält“, schimpfte er nicht sehr überzeugend.
 

Draußen waren Schritte zu hören. Und nun endlich schien auch er zu schalten. Seine Augen weiteten sich leicht, als die Erkenntnis langsam bei ihm einsickerte und ein schelmisches Grinsen trat auf seine Lippen. Wenn Naruto grinste, bedeutete das für gewöhnlich nichts Gutes. Er glaubte dann meistens eine gute Idee zu haben. In Wirklichkeit aber endete es meistens damit, dass Sasuke die Scheiße wieder auslöffeln durfte, die er fabriziert hatte. Und er hatte schon viel Scheiße fabriziert. Aber das hier schlug dem Fass den Boden aus.
 

„Oh ja, Sasuke, du kleine Schwanzhure“, stöhnte Naruto, während er sein Becken nach oben stieß. „Ich werde es dir so richtig schön besorgen.“
 

Zur Krönung des Ganzen fasste er ihm auch noch in den Schritt, sodass Sasuke ebenfalls keuchte und zwinkerte ihm frech zu. Damit war dann wohl auch die Frage geklärt, wer von ihnen beiden oben liegen würde. Gereizt verengte Sasuke die Augen zu Schlitzen. Es war nicht so, dass es für ihn irgendeine Rolle spielte, wer in ihrer imaginären Beziehung den dominanten Part spielte, aber da draußen auf dem Gang stand sein Bruder und ja, er wollte einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Aber nein, er hatte nicht vorgehabt ihn direkt zu traumatisieren.
 

„Halt die Klappe.“
 

Damit Naruto nicht noch mehr dumme Sachen von sich geben konnte, presste er ihm wieder seine Lippen auf. Den Geschmack und den Geruch zu ertragen war immer noch besser, als den Mist, der sonst aus seinem Mund kam. Sie beide stöhnten in den Kuss, als sich ihre Mitten berührten. Natürlich nur, um das ganze glaubwürdiger zu machen. Allerdings waren sie so vertieft in ihre Handlungen, dass sie erst aufhörten, als ein leises Räuspern ertönte. Itachi stand im Türrahmen.
 

„Ähm… ich hab Frühstück mitgebracht.“
 

Sein Blick klebte auf dem Hemd, das Sasuke kurz zuvor am Boden platziert hatte und seine Finger krallten sich in die gutgefüllte Bäckertüte, als stünde er irgendwo mitten im Watt und würde jeden Moment damit rechnen, dass die Flut zurückkehrte. Naruto leckte sich provokativ über die Lippen.
 

„Danke, ich hatte heute schon Frühstück“, verkündete er dann mit Blick auf Sasuke.
 

Itachi Uchiha war ein Mensch, der Lügen bereits auf eine Distanz von drei Metern gegen den Wind riechen konnte. So war es schon immer gewesen und so würde es auch immer sein. Angefangen damit, dass er im Alter von zwölf Jahren die schmierige Geschäftspolitik des Uchiha-Konzerns durchschaut hatte, bis hin zum heutigen Tag, an dem er seinen Bruder und dessen Mitbewohner scheinbar inflagranti beim Sex erwischte. Er hielt es immer noch für eine Lüge. Aber das würde er Sasuke nicht sagen, weil es ihn amüsierte, wie viel Mühe der sich machte, nur um ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

Wahrhaftigkeit ist die größte List.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Wahrhaftigkeit ist die größte List. (Light)

Naruto Uzumaki war ein Mensch, der sich sehr schnell langweilte. So war es schon immer gewesen. Angefangen in der Schulzeit, als er lieber Penisse und Actionhelden auf sein Papier gekritzelt hatte, statt dem Lehrer vorne an der Tafel zuzuhören, bis hin zum heutigen Tag, an dem er es gerade einmal dreiundfünfzig Minuten lang an Sasukes Seite aushielt. Und nun stand Sasuke hier – allein – und durfte sich von den Geschäftspartnern ein Ohr abkauen lassen, was die finanzielle Zukunft des Uchiha-Konzerns betraf, während Naruto zusammen mit den Sekretärinnen einen Sekt nach dem anderen kippte.
 

Ausgerechnet mit den Sekretärinnen. 
 

Sie waren bekannt dafür, jeden verdammten Tratsch aufzusaugen, wie ein Schwarm ausgehungerter Stechmücken. Es gab nichts, worüber sie sich nicht ihre Mäuler zerrissen und bedauerlicherweise war Diskretion nicht gerade Narutos Stärke. Wahrscheinlich würden sie ihn gnadenlos ausquetschen und wenn er Pech hatte, auch noch auf irgendetwas stoßen. Ein schmutziges Detail aus ihrem angeblichen  Beziehungsleben, eine peinliche Anekdote oder eine private Angewohnheit, die niemanden etwas anging. Nach dem spontanen Besuch von Itachi vor ein paar Tagen, wollte er sich gar nicht vorstellen, was er ihnen alles erzählte und er konnte nicht anders, als immer wieder nervös zu der kleinen Gruppe hinüber zu sehen.
 

Das hier war ihr großes Finale. Der Moment, auf den sie so lange hingearbeitet hatten. Wenn bei der Firmenfeier alles glatt lief, würde ihn der Vorstand noch in diesem Monat zum neuen Geschäftsführer ernennen und er konnte sich endlich wieder auf die wichtigen Dinge in seinem Leben konzentrieren. Die Arbeit. Doch momentan wirkte es nicht so, als hätte Naruto das alles noch auf dem Schirm. Obwohl er wusste, wie wichtig dieser Abend für sie beide war, hatte er Sasuke einfach stehen lassen. Und ganz offensichtlich dachte er nicht mal daran, in naher Zukunft zu ihm zurückzukommen. 
 

Frustriert nahm Sasuke einen großen Schluck aus seinem Glas. Das Zeug war gut. Teuer. Es brannte in der Kehle, aber auf eine gute Art und hinterließ nicht so einen bitteren Nachgeschmack, wie der billige Fusel, den Naruto immer kaufte. Seit er zu den Firmenmeetings ging, hatte Sasuke sich angewöhnt, Whiskey zu trinken und es beruhigte ihn jetzt auf eine gewisse Art und Weise. Außerdem konnte man nicht leugnen, dass es einen unbestreitbar großen Teil dazu beisteuerte, dass er das Gelaber der Geschäftspartner auf die Dauer überhaupt ertrug. Denn letztendlich waren sie alle nur hier um sich wichtig zu machen. Und letztendlich war keiner von ihnen wirklich wichtig.
 

Die leise Jazzmusik, die im Hintergrund lief, wurde plötzlich übertönt von einem lauten, schrillen Lachen. Es bohrte sich tief in seinen Gehörgang und traf dort irgendwo auf einen Nerv, der definitiv nicht gerade zu seiner guten Laune beitrug. Am liebsten hätte er sich umgedreht und die Leute angefahren, aber es handelte sich um die Gruppe rund um Naruto und das bedeutete, dass sein Tadel in der Konsequenz auf ihn zurückfallen würde. Also musste er es einfach ertragen und Haltung bewahren.
 

Sasuke nahm einen weiteren Schluck.
 

„Entschuldigung, was sagten Sie, welcher Abteilung Sie eine intensivere Förderung zukommen lassen würden?“, erkundigte er sich in gespielt höflichem Tonfall.
 

Es spielte keine Rolle. Er würde sowieso nicht zuhören. In den letzten Monaten hatte er die Unternehmensstruktur höchstpersönlich optimiert und es gab keine weiteren Verbesserungspotentiale, die er übersehen hatte. Also war dieses Gespräch hier reine Zeitverschwendung. Genau wie alle andere, die er an diesem Abend noch führen würde. Aber wenn er den Vorstand von seinen Fähigkeiten überzeugen wollte, musste er weiterhin gute Miene zum bösen Spiel machen und wenigstens so tun, als würde er diesen Amateuren zuhören. Also nickte er alle paar Sekunden an den entscheidenden Stellen und hielt so gut es ging Augenkontakt zu der Person, die gerade sprach.
 

Was zugegebenermaßen gar nicht mal so einfach war. Insbesondere, wenn aus einer Ecke des Raumes immer wieder Gelächter drang. Sasuke wollte es ignorieren, aber es war wie der sprichwörtliche Autounfall, bei dem man einfach nicht wegsehen konnte. Egal was er tat, am Ende ertappte er sich immer wieder dabei, wie er mit halbem Ohr den Gesprächen der Sekretärinnen lauschte. Und die drehten sich hauptsächlich um Naruto.
 

Wie er bereits vermutet hatte, versuchten sie ihn auszuhorchen. Doch zu seinem Erstaunen schaffte er es immer wieder, den Fragen sehr charmant auszuweichen, sobald sie auch nur ansatzweise in eine problematische Richtung gingen. Mehr noch, er wickelte seine Zuhörerinnen regelrecht um den kleinen Finger und schaffte es, das Gespräch genau in die Richtung zu lenken, in die er wollte. Sie klebten an seinen Lippen, lachten über jeden seiner Witze und vergötterten ihn förmlich. Sakura ging sogar so weit, dass sie ihn offen anflirtete und Sasuke fragte sich wirklich, ob sie einfach verdammt dämlich oder nur viel zu betrunken war, um zu registrieren, dass sie gerade den festen Freund ihres Chefs anbaggerte.
 

Aber das schlimmste daran war, Naruto flirtete zurück. 
 

Im Normalfall würde ihm das wahrscheinlich scheiß egal sein, aber gerade waren die Augen sämtlicher Geschäftspartner auf sie als Paar gerichtet und es ließ ihn nicht gerade gut dastehen, wenn sein angeblicher Freund sich lieber mit den Sekretärinnen vergnügte. Wütend verstärkte Sasuke den Griff um sein Whiskey-Glas und kippte dann den Rest in einem Zug hinunter. Sofort kam eine der Kellnerinnen angelaufen und nahm ihm das leere Glas ab. Er tauschte es wortlos gegen ein neues von ihrem Tablett aus.
 

„Die Ausdehnung der Geschäfte nach Sunagakure im letzten Geschäftsquartal war ein brillanter Schachzug, Herr Uchiha. Wirklich beeindruckend. Ich hätte nicht gedacht, dass die Märkte so erstaunlich gut reagieren würden, immerhin…“
 

Wieder ein Lachen. Aus dem Augenwinkel konnte Sasuke sehen, wie Sakura Naruto spielerisch mit ihrer Schulter anstupste und sich dann leicht an ihn lehnte. Nachdem er Naruto nun schon eine ganze Weile lang kannte, konnte er sagen, dass sie genau sein Typ war. Zierlich, hübsches Gesicht, offenes Lachen. Aber sie war auch gewöhnlich. Hätte definitiv mehr aus sich machen können, als hier an einem der Schreibtische zu versauern.
 

Diesmal brannte der Whiskey schon etwas mehr in seinem Hals und Sasuke spürte, wie es in seinem Magen zunehmend wärmer wurde. Allerdings konnte er nicht genau sagen, ob es vom Alkohol kam oder von der Wut, die sich immer mehr in ihm anstaute, je länger er sich diese schlechte Version von einem Highschool-Drama ansehen musste. Merkte Naruto nicht, wie sehr sich diese oberflächliche Tussi an ihn heranmachte? Sasuke wusste durchaus, dass er unfair wurde. Sakura war eine fähige Mitarbeiterin und hatte bisher auch noch nie Anlass zur Beschwerde gegeben. Sie erledigte ihre Aufgaben immer sorgfältig und termingerecht. Aber es war ihm egal.
 

„Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment“, unterbrach er seinen Gesprächspartner unwirsch und wartete noch nicht mal eine Antwort ab, bevor er die Runde verließ.
 

Zielstrebig steuerte er auf Naruto zu. In seiner Brust schlug sein Herz deutlich schneller als sonst und er konnte die Wut förmlich in seinem Magen kochen spüren. Wahrscheinlich war es der Alkohol, der die Schwelle für albernes Verhalten in seiner Gegenwart so weit heruntergesetzt hatte, dass er reagieren musste und wahrscheinlich war es auch der Alkohol, der gerade dafür sorgte, dass ihm so verdammt heiß war. Morgen würde er das hier bestimmt bereuen, aber wenn er noch einmal Inos kindisches Gekichere hören musste, konnte er für nichts mehr garantieren.
 

„Könnte ich dich mal kurz sprechen?“
 

Unsanft packte er Naruto am Arm und ließ ihm gar keine andere Wahl. Er zog ihn einfach aus der Gruppe von Angestellten, die sich um ihn geschart hatten, als wäre er ein kostenloses All-You-Can-Eat-Buffet und zerrte ihn in Richtung der Büroräume. Dort würden sie ihre Ruhe haben. Kein schrilles Lachen und keine prüfenden Blicke von irgendwelchen Dilettanten, die ihn in jeder Sekunde, in der er atmete, einer Inspektion unterzogen, um zu einer abschließenden Bewertung zu kommen. 
 

„Hast du sie noch alle?!“, schimpfte Naruto.
 

Wenigstens hatte er damit gewartet, bis sie außer Hörweite waren. Energisch befreite er sich aus Sasukes Griff, wobei ein paar Tropfen des teuren Whiskeys aus dem Glas schwappten und auf den Teppichboden tropften. Kein Problem. Sasuke hatte ihn sowieso noch nie gemocht. Er war eher der Typ für Holz oder Fließen und das ließ sich auch deutlich leichter reinigen. Mit vorwurfsvollem Blick musterte Naruto ihn, aber er schüttelte nur kurz den Kopf.
 

„Nicht hier.“
 

Man konnte sie immer noch sehen. Zumindest falls irgendjemand die Toiletten aufsuchen würde oder nach draußen ging, um frische Luft zu schnappen. Also entschied Sasuke, dass sie das Gespräch am besten in sein Büro verlegten. Dort konnte sie niemand stören und abgesehen davon brauchte er sowieso schon lange mal eine Pause von diesem ganzen aufgesetzten Small-Talk. Gesellschaft war einfach nicht sein Ding. Gesellschaft, in der er sich höflich und interessiert geben musste, noch viel weniger.
 

In einer fahrigen Bewegung kramte er seinen Chip aus der linken Hosentasche und musste feststellen, dass das gar nicht mal so einfach war. Vielleicht war es ganz gut, dass er einen Teil des Whiskeys verschüttet hatte, denn so langsam setzte die Wirkung des Alkohols ein und ein außenstehender Beobachter würde an dieser Stelle vermutlich anmerken, dass er definitiv genug gehabt hatte. Insbesondere, wenn man in Betracht zog, dass er kaum etwas im Magen hatte. Er hatte die Zeit bis zur Feier dazu genutzt, noch ein paar Dokumente durchzugehen und dabei vollkommen vergessen, etwas zu essen. Jetzt bekam er wohl die Quittung dafür.
 

Vor Naruto versuchte er sich allerdings nichts davon anmerken zu lassen und stellte sich so vor das Lesegerät, dass er nicht sehen konnte, wie Sasuke mehrere Anläufe brauchte, um die Tür schließlich zu öffnen. Es piepte einmal kurz, zum Zeichen, dass die Sperre aufgehoben war und ein grünes Lichtchen leuchtete über den Türgriff. Er betrat als erster das Büro und betätigte den Lichtschalter. Aus Gewohnheit ging er direkt auf den großen Schreibtisch zu. Die Unterlagen vom Nachmittag lagen immer noch genauso da, wie er sie zurückgelassen hatte. Eine halb aufgeklappt, weil Naruto plötzlich in der Tür stand und ihm so sehr auf die Nerven gegangen war, dass er sie einfach liegen gelassen hatte, die anderen fein säuberlich gestapelt auf einem Haufen.
 

Mit zügigen Schritten holte Naruto ihn ein und postierte sich dann genau vor ihm, den Rücken an die Kante des Schreibtischs gelehnt und die Arme angriffslustig vor der Brust verschränkt.
 

„Was ist dein Problem?“, fragte er. „Bist du neidisch, weil du den lustigen Teil der Party verpasst und die ganze Zeit mit diesen Anzugspießern abhängen musst?“
 

Eigentlich hätte Sasuke von Anfang an klar sein müssen, dass er wieder versuchen würde, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen. Mit Naruto konnte man kein vernünftiges Gespräch führen. Er versuchte es jetzt schon seit knapp zwanzig Jahren und bisher war er immer gescheitert. Warum also sollte es ausgerechnet jetzt klappen?
 

„Ich bin selber ein Anzugspießer, falls es dir entgangen sein sollte, Naruto“, gab er in einem kühlen Tonfall zurück.
 

Faktisch war das zwar richtig, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er deswegen diese Art von Partys gut finden musste. Dieses sich gegenseitig Honig ums Maul schmieren, während man sich auf Kosten der Firma die Bäuche mit teuren Canapés vollschlug, war in etwa so zukunftsträchtig wie die Rap-Karriere von Narutos Freund Bee. Sasuke hasste es. Aber das musste er ihm ja nicht auf die Nase binden. Schon gar nicht, wenn Naruto ihn so herausfordernd ansah, wie jetzt gerade. 
 

„Was ist es dann? Du ziehst ein Gesicht, als hätte dir jemand deinen Lieblingsbürostuhl unterm Arsch weggestohlen. Solltest du dich nicht eigentlich freuen, dass du bald endlich befördert wirst?“
 

Wahrscheinlich sollte er das. Aber aus irgendeinem Grund konnte ihn gerade nicht einmal der Gedanke an seine bevorstehende Beförderung aufheitern. Ganz im Gegenteil. Wenn er darüber nachdachte, spürte er ein unangenehmes Ziehen in seinem Magen. Etwas, das vorher definitiv noch nicht dagewesen war und etwas, was er sich auch nicht erklären konnte. Die Beförderung war das, was er die ganze Zeit gewollt hatte. Warum fühlte es sich dann jetzt an, als würde er ein Unternehmen übernehmen, dessen Aktien auf dem besten Weg in den Keller waren? 
 

Denn das waren sie nicht. Der Uchiha-Konzern war eine aufstrebende Firma und er hatte eine glänzende Zukunft vor sich. Und trotzdem hatte er das Gefühl, schon bald etwas Essenzielles zu verlieren. 
 

Angespannt nahm Sasuke einen weiteren Schluck von seinem Drink. Er wusste, dass er das nicht tun sollte, aber gerade brauchte er das einfach. Dieses warme Gefühl, dass die Ränder seines Bewusstseins etwas weicher werden ließ und die Anspannung aus seinem Körper nahm. Nur leider fühlte er sich immer noch alles andere als entspannt. Er war gereizt. Die Art, wie Naruto mit ihm sprach, störte ihn und noch mehr störte es ihn, dass er ihm auch noch Vorwürfe machte.
 

Also tat er das, was er immer tat, wenn er sich von Naruto in die Ecke gedrängt fühlte. Er machte ihn runter.
 

„Ich habe keinen Lieblingsbürostuhl. Das ist kindisch.“ 
 

Sasuke merkte durchaus, dass er sich gerade selbst ausgesprochen kindisch verhielt. Für ihn war es nichts Ungewöhnliches, dass er mit jemandem von oben herab redete, aber im Moment klang sein Tonfall eher patzig. Was auch immer es war, was ihn an Naruto so sehr zur Weißglut trieb, seine dämlichen Nachfragen machten es nicht gerade besser. 
 

„Also liegt es einfach daran, dass du dich grundsätzlich nicht freuen kannst und du bist sauer, dass ich meinen Spaß habe. Mann, Sasuke diese Party ist so scheiß spießig, ich sterbe vor Langeweile.“
 

Sasuke schnaubte. 
 

„Und deswegen baggerst du meine Sekretärinnen an?“
 

Aus irgendeinem Grund störte ihn das am meisten. Die Blicke, die er ihnen zugeworfen hatte, die Art wie Naruto mit ihnen geredet hatte. Bisher hatte Sasuke ihn immer hauptsächlich als einen tollpatschigen Idioten wahrgenommen, aber seine weiblichen Angestellten schienen das etwas anders zu sehen und es war unverkennbar, wie sehr er ihre Aufmerksamkeit genossen hatte. Erbärmlich, dass er überhaupt auf so etwas angewiesen war. 
 

Naruto machte große Augen.
 

„Ich… was? Ich hab nicht gebaggert“, protestierte er empört.
 

„Natürlich“, erwiderte Sasuke sarkastisch. „Dann hab ich mir wohl nur eingebildet, dass du mit Sakura Nummern ausgetauscht hast. Hast du auch nur den Hauch einer Ahnung, was das für einen Eindruck auf meine Geschäftspartner macht, du dämlicher Vollidiot?“
 

Seine Stimme war zum Ende hin ein wenig lauter geworden. Etwas, dass er ursprünglich nicht beabsichtigt hatte, aber es war etwas schwerer, seine Emotionen zu kontrollieren, wenn man gerade das dritte Glas Whiskey innerhalb von weniger als sechzig Minuten hinuntergekippt hatte. 
 

Außerdem war da noch etwas anderes, was ihn an seiner eigenen Aussage störte. Tatsächlich war es weniger der Eindruck der Geschäftspartner um den er sich Sorgen machte, als vielmehr die Frage, wieso Naruto auf die Flirtereien eingegangen war. Natürlich wusste er, dass sie nur zum Schein zusammen waren, aber trotzdem kratzte es erheblich an seinem Ego. Es war nicht nur sein öffentlicher Ruf, der darunter litt, sondern er gab ihm dadurch das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Es fühlte sich an wie eine Zurückweisung, auch wenn es absolut lächerlich war. Aber Sasuke konnte nichts dagegen tun.
 

Immerhin hatte er den Flirt nicht selbst initiiert. Bisher hatte er seine Rolle als angeblicher Freund immer sehr gut gespielt und hatte sich vollkommen zurückgehalten, was den Kontakt zu möglichen anderen Partnern anging. Sakura war diejenige, die sich an ihn herangeschmissen hatte, aber er hatte auch keinerlei Anstalten gemacht, sie abzuweisen. 
 

Bedeutete das, dass er Interesse an ihr hatte? Oder wollte er Sasuke damit einfach nur eins auswischen, weil er es leid war, ständig seinen Freund spielen zu müssen? Egal, was der Grund dafür war, Sasuke war froh, dass sie vorerst ganz weit weg von der Feier und damit auch von Sakura waren. Die beiden die ganze Zeit aus dem Augenwinkel beobachten zu müssen, hatte es ihm beinahe unmöglich gemacht, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Fast so wie die unerträgliche Baustelle, die vor einigen Wochen direkt unter seinem Bürofenster gewesen war, und wegen der er irgendwann angefangen hatte, nachts zu arbeiten. 
 

„Ach komm schon, diese Spießer werden schon nicht gleich denken, dass es bei uns kriselt.“ 
 

Naruto versuchte wohl, seine Stimme beruhigend klingen zu lassen, aber stattdessen tropfte einfach nur pure Gutgläubigkeit und Naivität aus jedem Wort. Sasuke wollte ihn am liebsten einmal heftig schütteln oder ihm die Videoaufnahmen von seinem eigenen Verhalten zeigen, damit er endlich realisierte, auf was für einen offensichtlich billigen Flirt er sich da eingelassen hatte. Die EDV-Abteilung war nur ein Stockwerk weiter unten. Es wäre also kein Problem an die Bänder zu kommen. Schon gar nicht für ihn als zukünftigen Firmenchef. Aber wenn er auch nur noch einmal das künstliche Lachen von Sakura hören musste – und sei es nur aufgezeichnet – würde er sich quer über seinen frisch geputzten Edelstahl-Schreibtisch übergeben. 
 

„Vielleicht tauschen wir ja auch einfach nur Beauty-Tipps aus“, schlug Naruto schulterzuckend vor. „Wenn es dir dann besser geht, darfst du auch gerne behaupten, dass ich unten liege. Aber ganz ehrlich Sasuke, du reagierst total über. Außer dir stört das wirklich niemanden.“ 
 

Sasuke presste fest die Kieferknochen aufeinander. Nichts störte ihn so sehr, wenn man ihn nicht ernstnahm. Und das hier war ihm gerade verdammt ernst. Er wollte nicht, dass Naruto mit Sakura flirtete. Nicht hier auf der Firmenfeier und auch nicht irgendwo anders. 
 

„Richtig, Naruto. Außer mir. Und mich stört es. Also lass es gefälligst und halte dich von den Sekretärinnen fern, solange du offiziell mit mir zusammen bist.“ 
 

Nun wurde auch Naruto wütend. Man erkannte es daran, dass er wie immer empört die Backen aufblies und drohend einen Schritt auf Sasuke zumachte. Es war noch nie seine Stärke gewesen, besonders lange ruhig zu bleiben und auch jetzt war dieser eine Punkt überschritten.
 

„Ach ja, richtig. Ich hab ganz vergessen, dass ja immer alles nach deiner Pfeife tanzen muss. Du bist der große perfekte Sasuke Uchiha“, fauchte er. „Und was ich dann mache, wenn du endlich deine beschissene Beförderung hast und wir nicht mehr Paar spielen müssen, ist dir natürlich scheiß egal.“
 

Wenn er ehrlich war, hatte Sasuke darüber bis jetzt noch gar nicht nachgedacht. Für ihn hatte die ganze Zeit über die Beförderung Priorität gehabt. Das war sein Ziel, auf das er hinarbeitete und solange tat er eben alles, was dafür nötig war. In dem Fall eben eine Fake-Beziehung mit Naruto führen. Über das, was danach kam, hatte er sich noch gar keine Gedanken gemacht und irgendwie war es für ihn beinahe schon normal geworden, Naruto ständig um sich zu haben. Seine nervigen Anrufe entgegenzunehmen. Ihn zu küsssen.
 

Doch Naruto hatte Recht. Es gab auch ein Danach. Und beim Gedanken daran, dass er möglicherweise durch jemanden wie Sakura ersetzt werden würde, wurde seine Wut nur noch größer. Das konnte er nicht zulassen. Unter keinen Umständen. Auch wenn Naruto ein dämlicher Vollidiot war, hatte er etwas Besseres verdient. Nicht jemanden wie Sakura oder Ino. Eher jemanden wie… Sasuke musste zugeben, dass ihm niemand einfiel, aber das war gerade ja auch zweitrangig. 
 

„Es ist mir nicht scheißegal.“
 

Naruto blitzte ihn wütend an und kam noch einen Schritt auf ihn zu. 
 

„Achja?“, fragte er. „Dann gib dir einmal in deinem Leben einen verdammten Ruck und hör auf so verbohrt zu sein, weil ich nämlich echt viel für dich geopfert habe und keine Lust mehr habe, auch weiterhin darauf zu verzichten, meine eigenen…“
 

Sasuke reichte es. Er war zu wütend und zu betrunken, um dieses Gespräch noch weiterzuführen und er griff kurzerhand nach Narutos Krawatte, um ihn die letzten Zentimeter an sich heranzuziehen. Bestimmend legte er seine Lippen auf seine und machte somit jedes weitere Wort unmöglich. Warum hatte er das nicht schon viel früher getan? Narutos Lippen waren weich und sie schmeckten nach irgendeinem süßen Zeug, das er wahrscheinlich vorhin getrunken hatte. Normalerweise hasste Sasuke diesen süßen Geschmack, aber gerade störte es ihn seltsamerweise nicht. Denn dafür fühlte es sich viel zu gut an.
 

Im ersten Moment war Naruto viel zu überrumpelt, um zu protestieren, aber dann begann er sich aus Sasukes Griff zu winden und drückte ihn an den Schultern von sich weg. Mit deutlich mehr Kraft, als er ihm zugetraut hätte, drehte er sie beide um, sodass sich die Schreibtischplatte nun in seinen Rücken drückte und kesselte ihn mit beiden Händen ein. In seinem Blick lag eine Mischung aus Wut und Entschlossenheit und seltsamerweise sorgte das dafür, dass es in Sasukes Bauch ein wenig zu kribbeln begann. 
 

„So nicht, mein Freund“, mahnte Naruto entschieden. „Ich hab dein Rumgezicke satt, echt jetzt. Entweder du gibst mir einen plausiblen Grund, warum es dich stört, oder du findest dich damit ab, dass ich mich so verhalte, wie ich mich eben verhalte.“ 
 

Sasuke blieb stumm und sah ihn einfach nur finster an. In all den Jahren, die sie sich nun schon kannten, war es noch nie so weit gekommen, dass er mal nichts an Narutos Verhalten auszusetzen gehabt hatte. Egal, worum es ging, ob um die Art wie er das Bad putzte oder um seine Ausdrucksweise, Sasuke fand immer etwas. Aber das mit Sakura störte ihn besonders. Und er konnte es unmöglich einfach so hinnehmen.
 

„Hn“, machte er unbestimmt.
 

Naruto beugte sich zu ihm nach vorne und hielt dann dicht vor seinem Gesicht inne, sodass sein Mund direkt vor Sasukes schwebte. Er konnte seinen Atem bereits auf seinen eigenen Lippen spüren und roch wieder das süße Zeug, dass er vorhin getrunken hatte. Am liebsten würde er sich vorbeugen und ihn einfach wieder küssen. Natürlich nur, damit er endlich die Klappe hielt. Aber irgendetwas in Narutos Blick hielt ihn davon ab. Es war als würde er ihn damit an den Schreibtisch fesseln, dazu verdammt sich keinen einzigen Millimeter zu rühren, bevor er es ihm nicht erlaubte.
 

Sasuke kam sich lächerlich vor. Aber gleichzeitig merkte er, wie sein Herz ein Stückchen schneller pumpte und er absolut nichts dagegen tun konnte, als sich Naruto dicht nach vorne zu seinem Ohr beugte. 
 

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich fast behaupten, du bist eifersüchtig“, schnurrte er. 
 

Dort, wo sein Atem auf Sasukes Haut traf, stellten sich automatisch die kleinen Härchen auf und er musste all seine Willenskraft zusammennehmen, um ein Schauern zu unterdrücken. 
 

„Tz, das hättest du wohl gerne“, schnaubte er so abfällig, wie er nur konnte.
 

Er und eifersüchtig? Das war absolut lächerlich. Früher als er noch kleiner gewesen war, da war er manchmal eifersüchtig auf Itachi gewesen. Immer dann, wenn er etwas besser konnte, als Sasuke oder wenn sein Vater ihn vor seinen Augen gelobt hatte. Ein absolut kindisches Verhalten. Aber wie gesagt, damals war er noch kleiner gewesen und mittlerweile hatte so etwas wie Eifersucht keinen Platz mehr in seinem Leben. Sich einfach nur über etwas zu ärgern, ohne etwas dagegen zu unternehmen, war ineffizient. Wenn er etwas haben wollte, dann kämpfte er eben so lange darum, bis er es bekam. 
 

„Und wenn es so wäre?“
 

Sasuke zuckte ein wenig zusammen, als er Narutos Lippen an seinem Hals spürte. Hier war niemand, der sie beobachtete. Niemand, für den sie eine Show abziehen mussten und trotzdem fuhr er ihn nicht an, dass er gefälligst damit aufhören sollte, sondern blieb wie festgefroren an Ort und Stelle stehen und machte keinen Mucks. Unter seiner Haut konnte er spüren, wie seine Halsschlagader in einem aggressiven Rhythmus gegen Narutos Lippen pochte und als der einmal sanft mit der Zunge darüberstrich, hielt Sasuke unwillkürlich den Atem an.
 

Langsam wanderte Naruto weiter nach vorne und hauchte dabei immer wieder Küsse gegen seine Schulter und seinen Kiefer. Eine erwartungsvolle Anspannung machte sich in Sasuke breit und noch im selben Moment hasste er sich selbst dafür. Genauso, wie er sich dafür hasste, dass sein Atem auf einen Schlag entwich, als er spürte, wie Naruto seine Hand bestimmend auf seiner Hüfte ablegte. An der Stelle, an der sein Hemd aus der Hose gerutscht war, konnte er fühlen, wie ein Daumen immer wieder sanft über die freigelegte Haut strich. Oder war es gar nicht rausgerutscht, sondern er hatte es bewusst rausgezogen?
 

Sasuke keuchte. 
 

Das war zu viel. Der Alkohol benebelte ihm immer noch die Sinne und er hatte das Gefühl, dass er dadurch alles noch deutlich intensiver spürte. Überall dort, wo Naruto ihn berührte, breitete sich ein heißes Prickeln auf seiner Haut aus und ihm wurde so unbeschreiblich warm, dass er den Drang verspürte, sein Hemd auszuziehen. Als hätte er seine Gedanken gehört, waren Narutos Hände auch sofort an seiner Krawatte und begannen etwas ungeschickt den Knoten zu lösen, während Sasuke sich hilflos auf der Schreibtischplatte hinter sich abstützte.
 

Er verwickelte ihn in einen Kuss. Übte immer wieder sanften Druck aus und stupste schließlich auffordernd mit der Zunge gegen Sasukes Unterlippe. Sie hatten sich mittlerweile schon so oft geküsst. Mal ging es von ihm aus, mal von Naruto. Mal in der Öffentlichkeit, mal im Privaten. Aber noch nie zuvor hatte Sasuke so ein brennendes Verlangen gefühlt, wie jetzt gerade bei diesem Kuss, und er bezweifelte, dass er das allein auf den Whiskey schieben konnte. Seine Finger wanderten unwillkürlich zu Narutos Krawatte und er zog ihn noch dichter an sich heran, legte eine seiner Hände in seinen Nacken, um ihn daran zu hindern, zurückzuweichen.
 

An seinen Lippen konnte er spüren, wie Naruto leicht grinste.
 

„Oh, das hier scheint dich jetzt aber nicht zu stören.“
 

Sasuke verzog ein wenig das Gesicht.
 

„Halt einfach die Klappe, Naruto“, zischte er ungehalten.
 

Statt ihn weiter zu nerven, zog Naruto ihm tatsächlich die Krawatte über den Kopf und machte sich dann schmunzelnd an den obersten Knöpfen seines Hemds zu schaffen. Sie mussten bis ganz oben hin geschlossen werden. Das war der Dresscode des Hauses. Sasuke wusste, dass Naruto es hasste, aber die Begleitung eines Uchihas konnte ja schlecht rumlaufen, wie irgendein Versicherungsvertreter von der Straße. Also musste er da durch. Und Sasuke auch. Zumindest bis jetzt. 
 

Ungeduldig öffnete Naruto einen Knopf nach dem anderen und erkundete sofort jeden freigelegten Zentimeter Haut mit seinen Händen. Gleichzeitig drängte er ihn immer weiter gegen den Schreibtisch und schließlich, als es nicht weiter zurückging, zwischen Sasukes Beine. Was für ein Klischee. Es war fast schon albern. Wenn ihm irgendjemand gesagt hätte, dass er während der Firmenfeier mit seinem besten Freund in seinem Büro rummachen würde, hätte er denjenigen wahrscheinlich ausgelacht. Und falls es ein Angestellter war, anschließend gefeuert.
 

Aber hier war er, ließ sich widerstandslos gegen die Tischkannte drücken und hing gleichzeitig an Narutos Lippen wie ein lächerliches Schulmädchen, das zum ersten Mal Sex hatte. Zwar war es bei ihm genau genommen auch schon ein wenig länger her, aber er war alles andere als unerfahren. Zumindest was Frauen betraf und so anders konnte es mit Männern doch gar nicht sein.
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

 
 

Völlig außer Atem ließ Naruto sich gegen seine Brust sinken und stützte sich mit einer Hand neben ihm auf der Schreibtischoberfläche ab. Seine Beine zitterten ein wenig, aber sein Mund war zu einem zufriedenen Grinsen verzogen. Vorsichtig löste er den Knoten der Krawatte hinter Sasukes Kopf und ließ sie dann achtlos zu Boden fallen. Aber wenn Sasuke ehrlich war, hätte er ihm sowieso nicht empfohlen, das Teil nochmal anzuziehen. Es war widerlich durchnässt von seinem Speichel und noch dazu vollkommen verknittert. Er würde ihm eine neue kaufen. Nicht so ein Billigteil. Eine ordentliche, mit der er ihn auch in der Firma besuchen konnte.
 

Naruto beugte sich zu ihm nach vorne und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, der so sanft war, dass sich Sasuke schon nach wenigen Sekunden nicht mehr sicher war, ob er überhaupt jemals existiert hatte. Einzig und allein der süße Geschmack, der zurückgeblieben war, bewies das Gegenteil. 
 

„Mein Angebot steht noch“, sagte Naruto und lächelte ihn warm an. „Wenn du möchtest, kannst du das immer haben.“
 

Es war ironisch. Es war verdammt ironisch, dass ausgerechnet Naruto derjenige war, der sein Herz auf eine so kitschige Art und Weise zum Schlagen brachte, dass ihm beinahe schlecht davon wurde. Selbst Itachi hatte nicht wirklich daran geglaubt. Aber wie Sasuke schon so oft festgestellt hatte, war Naruto wohl doch das größte Paradoxon in seinem Leben und vielleicht sollte er sich allmählich daran gewöhnen, von ihm überrascht zu werden.
 

Wobei… so eine große Überraschung war es gar nicht, wenn man mal bedachte, dass er der einzige Mensch war, den Sasuke länger in seiner Gegenwart ertragen konnte. Noch war er allerdings nicht bereit, das zuzugeben. Sasuke schmunzelte. 
 

„Hn.“
 

Naruto Uzumaki war ein Mensch, der sich sehr schnell langweilte. So war es schon immer gewesen. Angefangen damit, dass er jedes Mal sofort den Fernseher anstellen musste, sobald er nachhause kam, bis hin zum heutigen Tag, an dem er auf dem Weg zur Firmenfeier wahllos irgendwelche Leute an der Bushaltestelle angesprochen hatte, weil Sasuke sich geweigert hatte, ihn abzuholen. Und doch gab es da eine Person in seinem Leben, mit der es wohl nie langweilig werden würde. Auch wenn er sich noch nicht ganz sicher war, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. 
 

Doch Naruto Uzumaki war auch ein Mensch, der sich sehr gerne auf Risiken einließ. Und das war auch der Grund, wieso sein Herz ein wenig höher schlug, als Sasuke schließlich zustimmte, ihre Beziehung auch noch auf die Zeit nach der Beförderung auszuweiten. Natürlich aus rein geschäftlichen Gründen. Denn was sollten schließlich die Vorstandsmitglieder denken, wenn er sich so plötzlich von seinem entzückenden Freund trennen würde? Naruto wusste, dass er log, aber das würde er Sasuke nicht sagen. Denn dafür war es viel zu schön, weiterhin auf unbefristete Zeit sein Freund zu sein. 
 

Und wer weiß, vielleicht konnte er ja irgendwann doch mal über seinen Schatten springen und zugeben, dass er Naruto nicht nur zum Schein an seiner Seite haben wollte? Bis dahin würde Naruto warten. Auch wenn er kein sehr geduldiger Mensch war. Aber man konnte eben nicht alles haben.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Einen wunderschönen guten Abend ihr Lieben,
und herzlich willkommen bei „Geschäftsbeziehung“. Das hier ist ein (voraussichtlicher) Twoshot, der auf einen persönlichen Wunsch hin entstanden ist, und jetzt schon eine ganze Weile lang auf der Agenda steht. Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ihr mir eure Meinung dalasst und wünsche euch allen noch ein wunderbares Wochenende. <3
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling- Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Einen wunderschönen guten Abend ihr Lieben :)
So schnell kann es gehen: Aus dem Twoshot wird ein Threeshot. Vielen, vielen Dank für euer liebes Feedback zum ersten Kapitel. Wie ihr seht, hab ich mich so sehr darüber gefreut, dass ich direkt noch einen zusätzlichen Teil dazwischen geschoben habe. Ich hoffe, er gefällt euch und ich würde mich sehr freuen, wieder von euch zu hören. <3
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling- Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (18)
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Von:  Wisteria
2017-01-11T23:09:29+00:00 12.01.2017 00:09
Ach ja....das ist so schön.
Hat ein bissel was von einem Modernen Märchen.
Ist aber echt gut geschrieben und man merkte wie Sasuke so Richtung Eifersucht ging.
LG
Von:  Goetterspeise
2016-09-19T08:44:59+00:00 19.09.2016 10:44
Zuerst: ich hatte mir eigentlich vorgenommen das Adult-Kapitel zu lesen, nachdem ich neulich aber bei einer anderen Geschichte ein Trauma davon getragen habe, hab ich mich das nicht getraut. (Ich will es aber auf jeden Fall noch nachholen.)

Zum Kapitel selbst:
Die Idee an sich war ja nicht so ungewöhnlich, A braucht einen Partner, den er in B findet, um allen anderen etwas vorzuspielen. Du hast es in den ersten beiden Kapiteln aber durch deine Art diese Thematik zu verarbeiten so einzigartig hinbekommen, dass es absolut antiklischeehaft war, was hier eben wiederrum nicht ganz der Fall ist.
Das soll jetzt nicht negativ gemeint sein oder so, ich hatte nur einfach was komplett anderes erwartet.
Dein Schreibstil wirkte dieses Mal auch ein wenig ernster als bei den ersten Kapitel - wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe. Allgemein war der Abschluss einfach anders, aber das ist jetzt auch kein negativer Punkt, es fiel mir nur einfach so auf.
Viel Handlung, die ich Revue passieren lassen könnte, gab es jetzt nicht, aber Sasukes Eifersucht, die er nicht versteht, fand ich schon sehr nice. Du hast diese Symptome dafür gut rüber gebracht und es mit seinem Unverständnis sie einzuordnen schön verwebt (ha! Das ist doch mal ne Umschreibung XD).
Was ich bei der Light-Version ein wenig schade finde, ist, dass du den Adult-Teil einfach rausgelassen hast. Ich hatte das Gefühl, gerade bei Narutos Frage, einfach ein paar Dialoge verpasst zu haben, die eventuell nicht ganz irrelevant für mich als Leser gewesen wären. Weshalb es eventuell besser gewesen wäre, nicht einfach nur einen Teil rauszulassen, sondern hier ein paar Zeilen zu schreiben, die im anderen Kapitel nicht vorkommen, aber einem fürs Verständnis helfen. :)

Ansonsten kann ich mich für diese lustige, und doch ironische Geschichte nur bedanken und habe mich sehr gefreut sie lesen zu dürfen, auch, wenn Naruto x Sasuke jetzt nicht unbedingt ein Paar ist, das mir in FFs so oft zusagt. Hier hat es mir aber wiklich gut gefallen. :)

Liebe Grüße und einen schönen Start in die Woche!
Von: abgemeldet
2016-08-26T20:04:16+00:00 26.08.2016 22:04
eine wirklich sehr schöne fanfiction mit vielen klischeeeeees :D
aber ich fand es genial ^^

da die story -mehr oder weniger- ein offenes ende hat, kann man evtl. mit der zeit noch mit einer separaten one shot oder vielleicht sogar einer fortsetzung rechnen? :D

schließlich denkt itachi zurzeit noch, dass sasuke weiterhin nur schauspielert ;)
ein offenes ende, das die fantasie verrückt spielt haha

fazit: 1A story, sehr gut und fließend geschrieben, ich bin begeistert! :)
*daumen hoch*
Von:  Scorbion1984
2016-08-26T12:19:59+00:00 26.08.2016 14:19
Jetzt habe ich erstmal alles gelesen !
Gute Geschichte ,wie heißt es ,wer mit dem Feuer spielt kommt darin um oder verbrennt sich zumindest die Finger !
Das ist wohl nun Sasuke passiert !
Antwort von:  -Zerschmetterling-
26.08.2016 15:55
Sieht ganz danach aus ;)
Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat
und vielen lieben Dank für die Rückmeldung.
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Ivonne00
2016-07-26T07:47:02+00:00 26.07.2016 09:47
Wird die Story noch weiter geschrieben 📝

Wäre ja schade sie so stehn zulassen.
Antwort von:  -Zerschmetterling-
26.07.2016 12:43
Ja, es wird noch ein weiteres Kapitel geben.
Das fehlt bisher nur noch aus Zeitgründen.
Vielen Dank für dein Interesse und
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Black_Magic_Rose
2016-04-05T11:39:03+00:00 05.04.2016 13:39
Wann kommt das nächste Kapitel?
Antwort von:  -Zerschmetterling-
06.04.2016 15:05
Das kann ich leider noch nicht genau sagen,
aber ich hab die FF auf jeden Fall nicht vergessen. :)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Antwort von:  Black_Magic_Rose
06.04.2016 15:06
Oh okay. Kein Problem. ^^

LG

Black Magic Rose
Von:  Xemira
2015-12-13T21:12:39+00:00 13.12.2015 22:12
Ich bin begeistert. Als ich den Titel und die Überschriften gelesen habe, war ich noch misstrauisch, aber deine FanFiction ist hammergeil. Die Handlung is gut, auch wenn ich hoffe, dass in den kommenden Kapiteln mehr passiert. Außerdem könnten deine Kapitel dezent länger sein. Aber ansonste ist deine Geschichte großartig. Bitte weiter so. Ich freue mich schon auf die kommenden Kapitel.
Antwort von:  -Zerschmetterling-
15.12.2015 20:57
Vielen Dank für dein Feedback :)
Es freut mich, dass dir die Geschichte gefällt
und wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstelle,
wird das nächste Kapitel auch ein Stückchen länger sein. ;)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Quiana
2015-12-12T18:06:32+00:00 12.12.2015 19:06
Heeeee - habedahabedahabeda - nooooin - blä.
Du kannst da doch nicht verdammt noch mal aufhören?! :(
Ich muss doch wissen, ob Naruto und Sasuke nicht doch wie durch Zauberhand zusammenkommen. Und zwar bitte jetzte. Sofort. Auf der Stelle. Echt fies von dir!


Mir gefällt die Parallele des Beginns zum Beginn (und eben das Ende) des ersten Kapitels sehr. Da frage ich mich natürlich gleich, wie es ausgehen wird. Wenn Itachi weiß, wenn sein ach so liebes Brüderchen lügt, was wird er dann denken - und ich nehme jetzt einfach mal, dass es ein für mich schönes Ende zwischen Naruto und Sasuke gibt - wenn es sich vielleicht doch ganz eventuell vielleicht vielleicht (wahrscheinlich) geirrt hat? Höhö.

Sasukes Bemühungen sehen auch sehr interessant aus - zumal er ja irgendwie vor wenig oder nichs zurück schreckt.
Übrigens finde ich es schön, dass sie ihren "ersten Kuss" ja scheinbar schon hinter sich haben. Da wüsste ich gar nicht, wie ich das hätte vernünftig schreiben können. Vor allem, wie sie sich danach verhalten.


Darf man noch in den nächsten Tagen auf ein neues Kapitel hoffen? :)



PS: Naruto for president!
Antwort von:  -Zerschmetterling-
15.12.2015 20:55
Irgendwo muss ich ja aufhören. ;)
Und ganz offiziell sind sie ja schon längst zusammen. :D

Der Kapiteltitel verrät ja schon mal,
dass Itachi sich möglicherweise geirrt haben könnte.
Oder vielleicht bezieht sich das auch auf jemand anderen? ;)
Ich würde die Hoffnung jedenfalls noch nicht aufgeben.

Ich hätte auch nicht gewusst, wie ich den ersten Kuss beschreiben sollte.
Beziehungsweise vielleicht schon, aber das hätte dann nicht wirklich einen Mehrwert gehabt :D
Dann lieber die besonderen Küsse unter den vielen, die sie teilen "müssen".

Also in den nächsten Tagen sieht eher schlecht aus,
weil ich momentan gut mit der Uni beschäftigt bin
und diesmal auch nichts vorgeschrieben habe.
Aber ich versuch mir nicht zu viel Zeit zu lassen
und das Kapitel wird dafür auch etwas länger.

Vielen lieben Dank für dein Feedback
und ich wünsche dir noch einen schönen und entspannten Abend. :)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Seelendieb
2015-12-12T13:28:13+00:00 12.12.2015 14:28
OMG!!!!

Meine erste Naruto-FF überhaupt, die ich lese und gleich so genial! Einfach nur göttlich! Bin ja mal gespannt, ob es wirklich nur ein three-shot wird oder gar mehr! DAs kannst du so geil ausbauen!

Ich lag nur lachend man boden... Der WAhnsinn!!! Einfach nur genial geschrieben! <3
Antwort von:  -Zerschmetterling-
15.12.2015 20:49
Na dann erst mal herzlich Willkommen im Naruto-Fandom :D
Freut mich, dass ich dir den Einstieg so angenehm gestalten konnte
und ich hoffe, du findest noch viele Fanfics, die dich begeistern. ;)
Vielen Dank für dein liebes Feedback
und noch einen schönen Abend. :)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Himawari_
2015-12-12T10:35:34+00:00 12.12.2015 11:35
Ich finde die Story ist bisher richtig gut, auch wenn ich nichts dagegen hätte das etwas mehr als ein threeshot draus wird. Ich finde, dass du Sasuke sehr gut getroffen hast, anders hätte ich es auch nicht erwartet. Das Kapitel war sehr lustig und ich freue mich schon auf das nächste.
Liebe Grüße Hinawari_
Antwort von:  -Zerschmetterling-
15.12.2015 20:48
Vielen Dank :)
Freut mich, dass dir meine Darstellung von Sasuke gefällt.
Auch wenn es ein Threeshot wird, wird das letzte Kapitel vermutlich etwas länger als die ersten beiden. ;)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-


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