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This Day Will Die Tonight

Eulen-Eskapaden & Katzen-Katastrophen
von

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Harbingers Of War

Irgendjemand schnarchte.

Nach beinahe drei gemeinsamen Jahren wusste Tetsurou, dass es Kai war. Es war zu leise für Inuoka, außerdem tuschelte der noch in seiner Ecke mit Shibayama und, dem viel zu lauten Flüstern nach zu urteilen, Yamamoto. Yaku war wieder aufgestanden, nachdem Karasunos Vize-Captain ihn zu einem kleinen Beisammensitzen eingeladen hatte, und unter Kenmas Bettdeckenrand verriet ein schmaler Rand aus Licht, dass er sich lieber mit unschlagbaren Endbossen herumschlug, als zu schlafen.

Tetsurou war hellwach.

Es war das letzte Trainingscamp des Jahres.

 

Es war das letzte Trainingscamp.

 

Von draußen fiel silbriges Mondlicht in den Raum.

Letztes Jahr hatten die Drittklässler spontan eine irrsinnige Mutprobe aus dem Boden gestampft. Waren nachts verkleidet mit lächerlichen Masken und Bettlaken durch die Schlafräume gehetzt und hatten die jüngeren Teilnehmer nach einem langen Abend voller Gruselgeschichten über den halben Schulhof gejagt. Tetsurou hatte es unglaublich lustig gefunden, zumal er wenig empfindlich auf Horror war, Yaku dafür umso mehr, und Kenma sich nach wenigen Minuten im hinterletzten Schrank versteckt hatte. Am Ende hatte er die Drittklässler damit fast zu Tode erschreckt, als er völlig unerwartet sein Versteck verließ, den Kopf gesenkt, das Haar noch schwarz, und nicht nur Yamamoto hatte ihn einen Moment lang mit dem Geistermädchen Sadako verwechselt.

Es hatte sie alle ungemein befriedigt, dass das Kreischen der Drittklässler danach Ubugawa und Shinzen, die sich üblicherweise an dem Blödsinn nicht beteiligten, aus dem Schlaf gerissen hatte.

Vorletztes Jahr hatten sie simple Wettkämpfe veranstaltet – Eierlaufen, auf Händen gehen, Pantomime und andere Blödeleien, wobei das Verliererteam immer ein paar Yen hatte abdrücken müssen. Letztlich hatten sie von der gesamten Summe am nächsten Morgen, bevor sich ihre Wege zum letzten Mal getrennt hatten, Süßigkeiten für alle Teilnehmer gekauft, also hatte es nicht einmal einen wirklichen Verlierer gegeben.

Es war ein Ritual, über das Tetsurou sich keine Gedanken gemacht hatte, zu beschäftigt mit der Frühlingsmeisterschaft, zu beschäftigt mit dem Training, mit dem Besserwerden und mit seinem Team. Aber jetzt, wo er hier im Dunkeln lag und nichts anderes zu tun hatte, erinnerte er sich unweigerlich an diese dummen Höhepunkte der letzten Trainingscamp-Jahre, daran, dass sie die alten Anekdoten gern noch ab und zu auspackten, um darüber zu lachen, und er fragte sich, wieso sie nicht früher darüber nachgedacht hatten, was sie ihren Kouhais hinterlassen würden an Geschichten, wenn sie erst weg waren.

Es war nicht wirklich Sentimentalität, die die Frage aufbrachte. Es war schlicht der Gedanke, dass Tetsurou natürlich über sein Hiersein hinaus Gesprächsthema bleiben wollte. Eine Legende. Die letzten und vorletzten Drittklässler hatten auch von den alten Aktionen erzählt, die ihre eigenen Senpais einmal organisiert hatten, aber irgendwann waren sie wieder versumpft, die Geschichten. Weil sie nicht interessant genug gewesen waren. Tetsurou erinnerte sich auch nicht mehr daran. Wenn er etwas aufziehen würde, er würde dafür sorgen, dass es ewig legendär bleiben würde in der Geschichte der Fukuroudani-Trainingsgemeinschaft.

Es musste etwas sein, das man nicht mehr vergessen konnte, weil es mitreißend war, und atemberaubend, und weil es genug Gesprächsstoff lieferte, dass das zukünftige Team Nekoma noch in zehn und zwanzig Jahren darüber reden würde, was für eine großartige Aktion das Team vor Jahren einmal zum Ende ihrer Trainingscamp-Saison gerissen hatte.

Es musste–

 

Tetsurou setzte sich ruckartig auf seinem Futon auf, seine goldenen Augen glühten unheilverkündend in der Dunkelheit, weit aufgerissen in einer jähen Erkenntnis.

 

Krieg.“

 

 

 

Innerhalb der nächsten fünf Minuten hatte er sein halbes Team aufgescheucht. Kai weigerte sich schlaftrunken, mit dem Kommentar, er wolle Yakus Zorn nicht auf sich ziehen – „Das war doch schon immer mehr dein Job, Kuroo. Ich kann ihn dir nicht wegnehmen.“ –, und Kenma würdigte Tetsurous Einladung zum besten Trainingscamp-Abschluss seines Lebens nicht einmal mit einem halben Blick, als er ein monotones „Nein“ in sich hineinmurmelte, gefolgt von einem „Ihr werdet Ärger kriegen“. (Würden sie nicht.) Fukunaga schwieg ihn ganz einfach aus. 

Mit seiner neuen Armee im Schlepptau verließ er das Schlafzimmer, vor allem deshalb, weil Kai weiterschlafen und Kenma seine Ruhe haben wollte. Sie machten sich in der Mensa breit, die um diese Uhrzeit natürlich völlig verlassen war. Zwei Tische zusammengeschoben, um etwas mehr Platz zu haben, saßen sie schließlich zusammen, ihre erste Bewaffnung begutachtend. Inuoka und Shibayama hatten Wasserbomben in Hülle und Fülle mitgebracht, weil sie gehofft hatten, damit in ihrer freien Zeit der Hitze kontern zu können. Die Überreste, die nach mehreren Tagen Trainingscamp nun übrig waren, verteilten sich über den ganzen Tisch und wurden von den beiden Erstklässlern enthusiastisch in zwei Hälften aufgeteilt – im Krieg und in der Liebe mochte alles erlaubt sein, aber Tetsurou fände es unglaublich langweilig, mit einem zu großen Vorteil anzufangen. Es machte keinen Spaß, Bokuto zu besiegen, wenn der von vornherein keine Chance hatte.

Er würde auch so untergehen.

 

„Wir sind fertig, Kuroo-San!“, verkündeten Inuoka und Shibayama nach kurzer Zeit in einem leicht versetzten Chor, beide bis über beide Ohren strahlend. Zwei bunte Haufen aus Ballons befanden sich auf dem Tisch.

Ihr Timing war perfekt, denn im beinahe gleichen Moment kamen Lev und Yamamoto aus der Küche, beide ebenfalls breit grinsend.

„Wir haben etwas gefunden, Kuroo-San!“, verkündete Lev stolz und lautstark. Er hielt eine angebrochene Packung Strohhalme in der Hand. „Spuckröhrchen!“ Zusätzlich hatte er noch kleinere Beutelchen und Tüten bei sich, wenn Tetsurou es richtig erkannte.

Auch Yamamoto grinste. Er trug einige Pakete Mehl in den Armen, die er mit einem zufriedenen Ächzen auf den Tisch fallen ließ.

„Mehr gibt die Küche nicht her“, berichtete er. Tetsurou fand, das war mehr als genug.

„Gut, damit ist hier Schluss. Lev, Yamamoto, packt jeweils die Hälfte von dem Zeug in eine Tasche. Eine nehmt ihr mit, die andere lasst hier. Sammelt euch draußen vor Sporthalle Zwei, ich komme gleich zu euch. Wie bereits erwähnt: Die Küche, Essbereich und Toiletten sind tabu.“

Tetsurou mochte es, Unruhe zu stiften, aber er sah, dass es Grenzen gab. Und die waren eindeutig da, wo ihr Blödsinn das tägliche Leben einschränken würde. Er wollte keinen Ärger mit den Mädchen, weil sie nicht mehr in Frieden Frühstück machen konnten, und er wollte keinen Ärger mit Ubugawa oder Shinzen, die nachts nicht  mehr aufs Klo konnten, weil der Fußboden und die Waschbecken bemehlt waren. Oder von schlimmerem Dreck befallen. Dass eigentlich die Flure selbst damit auch keine kluge Idee waren, war Tetsurou allerdings egal; sie mussten sich eben bewegen können! Und über ein bisschen Dreck im Flur konnte man bequem drübersteigen, aber völlig versaute Sanitäranlagen oder Kochutensilien und Speisesäle waren eben weit weniger erträglich. (Und mühseliger zu putzen.)

 

Mit einem breiten Grinsen schulterte er die zweite Tasche schließlich.

„Wir sehen uns in zehn Minuten, Jungs.“

 

Es wurde Zeit, eine Kriegserklärung auszusprechen.

 

 

 

In Fukuroudanis Schlafraum herrschte Stille. Abgesehen von diversem Geschnarche, natürlich. Akaashis Futon war leer, ganz wie Tetsurou es erwartet hatte. Karasunos Vize-Captain hatte durchklingen lassen, dass Akaashi ebenfalls zu ihrem nächtlichen Kaffeekränzchen kommen würde. (Zugegeben, wäre das nicht so gewesen, Tetsurou hätte sich zweimal überlegt, hier aufzuschlagen. Akaashi war gefährlich.)

Mit einem Grinsen trat er zu Bokuto hinüber. Sanft wecken war nicht sein Ding, also bekam der Kerl einfach grob einen Fuß in die Seite gedrückt. Bokuto verkraftete das schon.

„ORYAAAAAAAAA?!“

Mit einem Schlag war er wach und aufgerichtet, sein Blick hetzte verwirrt hin und her, bis er schließlich irgendwann bemerkte, dass jemand vor ihm stand und langsam den Kopf hob. Grinsend  hob Tetsurou die Hand zum Gruß, in der sein Handy als Taschenlampenersatz lag.

„Yo, Bokuto~ Ich bin hier, um dir den Krieg zu erklären“, verkündete er grinsend, ließ die Tasche mit dem ersten Kriegsstartkapital auf Bokutos Schoß fallen, wo sie mit einem dumpfen Aufprall und einem „Umpf!“ von Bokuto landete. Verwirrt sah er zu Tetsurou auf, die großen Augen eulenhaft weit aufgerissen, wobei das ungestylte, herunterhängende Haar dem üblichen Federviehlook stark entgegenwirkte. Er schien überhaupt nicht zu begreifen, was hier abging.

„Oya?“

Tetsurou lachte – gackerte – und ging in die Hocke, um halbwegs auf einer Augenhöhe zu sein.

„Oya oya. Erinnerst du dich noch an letztes Jahr? Die Mutprobe?“

Verwirrung wich ziemlich bald Erkenntnis und auf Bokutos Gesicht machte sich eine vorsichtige Vorahnung breit. Er blinzelte, blickte zwischen der Tasche auf seinem Schoß und Tetsurou hin und her, dann wurden seine Augen noch größer und sein Mund verzog sich zu einem breiten, zähnebleckenden Grinsen.

„Krieg.“

Tetsurou nickte.

„Krieg. Totaler Krieg, Bokuto. Keine Regeln – Im Krieg und in der Liebe ist schließlich alles erlaubt!“

 

„HEY HEY HEY! Wir machen euch fertig, Kätzchen!!!“ – „Fufufu… versuch das mal, Federvieh.“

Tetsurou flüchtete, ehe Fukuroudanis Team auf ihn losgehen konnte, weil er ihren Captain auf dumme Gedanken gebracht hatte – und dazu, sie wachzubrüllen. Außerdem hatte er eine Schlacht vorzubereiten, und das passierte bekanntlich nicht über Nacht! Gut. In diesem Falle schon. Trotzdem galt es einiges zu erledigen.

Kurz hinter der Tür blieb er aber noch einmal stehen, wandte sich zu Bokuto um, der inzwischen schon dabei war, seinem Team lautstark zu erklären, dass sie in den Krieg ziehen würden. Den unbegeisterten Lauten nach zu urteilen, die von einem Großteil der Gruppe kamen, schien kaum jemand wirklich angetan von der Idee zu sein.

„Oi! Bokuto! Die Schlacht beginnt um Mitternacht!“

 

Erst, als er wieder zu seinem eigenen Team aufschloss, wurde Tetsurou bewusst, dass sie weder ein Schlachtfeld ausgemacht hatten, noch Siegeskonditionen.
 

Na, das würde es spannender machen.

 

„Ah! Kuroo-San! Während du weg warst, haben wir überlegt – wäre es nicht besser, wenn wir mehr Leute hätten?“

Tetsurou blinzelte, zuckte dann die Schultern. Er sah Inuoka und sein erwartungsvolles Grinsen eher weniger überzeugt an. Bisher war diese Tradition immer etwas zwischen Fukuroudani und Nekoma gewesen. Klar, ab und zu war versucht worden, Ubugawa und Shinzen einzubeziehen, aber die hatten meist reichlich wenig Interesse gezeigt. Er zweifelte daran, dass das groß anders werden würde dieses Mal.

„Wo hernehmen, wenn nicht stehlen?“ – „Karasuno“, war Yamamotos Antwort. Er schlug sich mit der flachen Hand auf die Brust, in seinem Blick loderte ein leidenschaftliches Feuer, „Noya-San und Ryuu werden uns helfen!“

Karasuno.

Tetsurous Gesicht verzog sich zu einem bösartigen Grinsen. Natürlich! Es gab keine Regel gegen team-fremde Unterstützung, nicht wahr? Und Tsukki würde sich sicher riesig freuen, wenn Tetsurou nun zu ihm lief und ihn vom Schlafen abhielt. Nicht. Aber das war Tetsurou ziemlich egal; der biestige Brillenträger brauchte ab und zu einfach ein bisschen kameradschaftlichen Spaß, sonst wurde er ja noch verbissener! Es würde ihm gut tun. Und es würde das Team stärken.

 

„Ich geh deine Freunde holen, Yamamoto.“

 

Und dann würde er Tsukki mitbringen, ob der nun freiwillig kam oder nicht.

 

 

 

***

 

 

 

Konoha Akinori seufzte zentnerschwer, während Bokutos „Hey hey hey!“ und übermütiges Gelächter ihm endgültig jede Hoffnung nahmen, dass er in dieser Nacht noch einmal ins Bett kommen würde. Komi war längst eingestimmt in die laute Euphorie, und selbst Onaga hatte sich anstecken lassen. Dummer, naiver kleiner Erstklässler.

Er seufzte noch einmal, versuchte irgendwie, all das Geschrei und alles „Woah“ und „Bämm“  und „Hey hey hey“ zu ignorieren und rieb sich genervt über die Nasenwurzel. Neben ihm saß Saru völlig unbekümmert da, spielte mit einem Strohhalm und grinste – oder grinste auch nicht, bei dessen Gesicht war sich Akinori einfach nie sicher, ob er sich gerade wirklich amüsierte. Ein Blick in verschlafene, dunkelgraue Augen zeigte allerdings ein Funkeln, das Akinori das unglückliche Gefühl gab, gemeinsam mit Washio der einzige noch klardenkende Mensch im Raum – ihrer glorreichen Basis – zu sein.

 

Nicht klardenkend genug, um Akaashi zurückzuholen. Er hatte auch seinen Stolz.

Moving In Slow Motion

„Euer Plan ist idiotisch.“

 

Es waren die ersten Worte, die Tsukki überhaupt sagte, seit Tetsurou ihn aus Karasunos Schlafsaal entführt hatte. Sehr zu seiner Freude war Tsukki nur halb so widerspenstig gewesen, wie er befürchtet hatte. Die Aussicht darauf, Bokuto eins reinzuwürgen war aber auch einfach zu attraktiv, nicht wahr?

 

Seit sie sich mit ihrer Ausrüstung in den Umkleiden von Sporthalle Zwei verschanzt hatten, war ungefähr eine halbe Stunde vergangen, in der Tetsurou nur grinsend verfolgt hatte, wie sein Team versuchte, einen Schlachtplan zu entwerfen, und Tsukki von Minute zu Minute genervter geworden war – was Tetsurou nur noch mehr hatte grinsen lassen, denn es war einfach offensichtlich, dass Tsukki, genau wie Tetsurou selbst, gar nicht angetan war von der fehlenden Realisierbarkeit und Tauglichkeit der ganzen Diskussion.

„Eh?“, kam es verdutzt von den Erstklässlern, ungefähr im gleichen Moment, in dem Karasunos Libero völlig empört regelrecht auf die Bank sprang, die sie als Tischersatz benutzten.

„Tsukishimaaaaaaaaa! Was soll das denn heißen?!“

Während Inuoka und Shibayama vorsichtig auf Abstand gingen, zuckte Tsukki nicht einmal mit der Wimper. Er rückte seine Brille zurecht, ohne sich daran zu stören, dass Noyas Gesicht fast schon auf seinem klebte, und hatte dabei noch die Unverschämtheit, absolut demonstrativ auf den Jungen hinabzusehen. Tetsurou musste sich ein Lachen verkneifen.

„Idiotisch. Unsinnig. Nicht realisierbar. Nur ein Haufen Schwachköpfe und Kleinkinder könnten auf so etwas kommen.“

Er hob vielsagend die Augenbrauen, ein pseudo-unschuldiges Grinsen auf den Lippen – und du bist beides davon, las Tetsurou in seinem Blick. Noya knurrte, Tanaka und Yamamoto gesellten sich zu dem Winzling, beide ihre albernen Imitationen eines bedrohlichen Gesichtsausdrucks zur Schau stellend.

„Hey hey hey, was hast du da gesagt?!“ – „Nimm das wieder zurück, hey!“

Aaaah. Wie schön es doch wäre, wäre Yakkun– nein. Wäre es nicht. Tetsurou seufzte, packte den Irokesen und den Mönchsschädel bei den Krägen und zog sie wieder zurück. Noya überließ er sich selbst, einerseits, weil seine Erfahrung mit kleinwüchsigen Liberos ihm dazu riet, und andererseits, weil der Junge so winzig war, dass er ohnehin nicht viel Schaden anrichten konnte.

„Beruhigt euch mal wieder~ Lasst Tsukki doch erstmal erklären, was er eigentlich will.“

 

Er warf einen mahnenden Blick in die Runde, damit wirklich Ruhe einkehrte. Yamamoto sah aus, als wolle er widersprechen, ließ es bei einem zweiten Blick wohlweislich aber doch lieber sein, Tanaka orientierte sich scheinbar an ihm und Noya schnaubte noch einmal empört, warf sich aber auch zurück auf seinen Platz am Umkleideboden. (Keine wirklich komfortable Kommandozentrale, aber der Raum war tauglich genug und weit genug weg von den Schlafzimmern, dass Tetsurou darauf spekulierte, dass das Federvieh sich hier erst einmal nicht blicken lassen würde. Er kannte Bokuto. Entweder, er würde einfach gleich im Schlafraum von Fukuroudani bleiben, weil er sein ganzes Team zum Mitziehen zwang, oder er würde sich an einem der strategisch dümmsten Orte überhaupt verschanzen.)

„Also, Tsukki?“

Der Blick, der Tetsurou zuflog war alles andere als herzlich, aber das hinderte ihn nicht daran, weiter bei dem Spitznamen zu bleiben. Würde es Tsukki wirklich stören, würde er vielleicht darüber nachdenken, aber so?

„Angefangen damit – wie wollt ihr alle“, er brach ab, warf einen Blick auf den Gefrierbeutel voller Wasserbomben, die noch ungefüllt und harmlos auf der Bank lagen.

„Einhundertdreiundachtzig“, ergänzte Shibayama mit einem fast vorsichtigen Lächeln. Tsukki nickte nur abwesend in seine Richtung, ehe er fortfuhr (Shibayama strahlte erleichtert und tauschte einen begeisterten Blick mit Inuoka): „Wasserbomben gefüllt durch die Gegend schleppen?“ – „Das ist einfach.“

Lev grinste, sein typisches, breites Grinsen. Tetsurou ahnte schon, dass da nun eine Dummheit kommen würde, und in Gedenken an all die blauen Flecken, die Lev sich gerade sparte, war er wirklich wieder froh, dass Yaku ganz weit von ihnen entfernt war.

„Wir sind alle sehr groß und kräftig, abgesehen von Shibayama und Nishinoya-San, also sollten wir s–“

Er kam nicht weiter, bevor Noya mit einem empörten Ausruf auf seinem Rücken hing. Der Zorn der kleinen Leute. Immer wieder gruselig mit anzusehen. Tetsurou machte sich eine mentale Notiz, Yaku irgendwann einmal darauf anzusprechen, ob Größenkomplexe in der Jobbeschreibung eines Libero standen, wenn er ihn mal wirklich, wirklich ärgern wollte. Und einen guten Fluchtweg hatte. (Shibayama bestätigte aber schon die Ausnahme der Regel. Der Junge war viel zu lieb und harmlos.)

 

„Tsukishima-Kun hat Recht“, kommentierte Shibayama nachdenklich. Er ignorierte den Tumult völlig, der von Lev und Noya ausging. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Yamamoto und Tanaka da ebenfalls mitmischten, aber nachdem keiner von ihnen wirklich eine Bereicherung im Organisationsbereich war, war es Tetsurou auch ziemlich egal. Lieber grinste er Shibayama zu, als sich dem Knäuel an Gliedmaßen zu widmen, das in seinem Augenwinkel über den Boden rollte.

„Wir brauchen also–“ – „–einen Platz, wo wir die fertigen Bomben lagern können, der aber gut zugänglich ist, richtig?“

Inuoka und Shibayama klatschten grinsend ab. Tsukki nickte knapp und Tetsurou lehnte sich zurück, während Inuoka und Shibayama im Grunde nun alleine weiterdiskutierten, wie sie das Wasserbombendilemma lösen konnten. Tsukki beteiligte sich nicht, was ihn kein bisschen wunderte, und Tetsurou nutzte die Tatsache, dass die beiden Erstklässler schon gut alleine klarkommen würden, dafür aus, wieder ein Auge auf die Unruhestifter zu werfen. Inzwischen hatten sie Lev zu Boden gerungen und Noya gackerte triumphal vor sich hin, während Tanaka irgendetwas davon dozierte, dass wahre Größe doch von innen kam und „Noya-San sowieso der männlichste und coolste von allen ist!“ – „Ryuu!“, war die ergriffene Antwort und Tetsurou sah doch lieber wieder weg, bevor die beiden sich noch heulend in die Arme fielen.

„Ein Wunder, dass du das täglich aushältst, Tsukki.“

Er bekam nur einen unbeeindruckten Blick, so als wollte Tsukki sagen das ist noch nicht einmal das Schlimmste.

 

Zehn Minuten später war das Problem mit den Wasserbomben unter Kontrolle und so gelöst, dass sie mehrere kleine Munitionslager an strategisch günstigen Orten aufstellen würden. Die erste Wahl war die Sporthalle, in der Kuroo, Tsukki und die Eulen ihr abendliches Privattraining abgehalten hatten. Ein zweites Lager würde im Eingangsbereich der Schule seinen Platz finden, versteckt in den Schuhfächern. Ein drittes Lager mitten auf dem Gelände, auf halbem Weg zwischen Sporthallen und Schuleingang, und das letzte Lager in einem leeren Klassenraum, den sie noch finden mussten, und der idealerweise möglichst weit entfernt lag von Yakus Kaffeekränzchen und den Schlafräumen. Tetsurou wollte schließlich vermeiden, dass irgendwelche Spaßbremsen ihnen ihre Freude zu früh nahmen. Zusätzlich natürlich die Einschränkung weg von Toiletten und Essbereich, so gut es ging, und damit war ihr Schlachtfeld schon auf ein recht gut überschaubares Gebiet reduziert.

Tetsurou spekulierte darauf, dass die Eulen selbst keine größere taktische Überlegung zum Schlachtfeld anstellten, und damit idealerweise einfach in all die Ecken gelockt werden konnten, in denen Tetsurou sie gerne hätte. Er wusste niemanden im Fukuroudani-Team, der allzu viel taktische Genialität zeigte – außer Akaashi, und der war netterweise ja nicht dabei.

 

„Außerdem können wir nicht einfach aufmarschieren und einen Überraschungsangriff starten, wenn wir keine Ahnung haben, wo das feindliche Team sich befindet“, fuhr Tsukki schließlich fort. Seine Worte wurden mit Unverständnis begrüßt – „Aber natürlich. Es ist auch immer noch ein Überraschungsangriff, wenn wir alle davon überrascht sind, uns zu treffen!“, argumentierte Noya, und die Tatsache, dass er das vollkommen ernst meinte, sorgte dafür, dass Tetsurou beinah umfiel vor ersticktem Lachen.

„Und es ist langweilig, nur zu warten, bis sie uns finden“, fügte Lev noch hinzu, belehrend den Finger erhoben, „Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung.“

Und im Volleyball ist Verteidigung der beste Angriff, Dummkopf.

„Informationsbeschaffung!“, warf Inuoka in den Raum, und sofort nickte Shibayama wild, „Genau! Spione! Wir brauchen eben jemanden, der für uns herausfindet, wo der Feind ist. Dann können wir einen Überraschungsangriff starten – oder zumindest unsere Truppen so stationieren, dass wir einen Vorteil haben.“ – „Also müssen wir zuerst einmal Truppen aufteilen, Yuuki!“ – „Ah! Aber… – genau! Wir brauchen einen Spähtrupp! Und es wäre vielleicht hilfreich, eine Artillerie zu haben. Also ein paar Leute, die sich gleich auf die schweren Geschütze spezialisieren. Die verstecken sich mit ein paar Wasserbomben aus dem nächsten Vorratslager an strategisch günstigen Punkten und machen die Eulen ordentlich nass! Die Fußsoldaten sorgen eben dafür, dass Fukuroudani uns auch wirklich ins Netz geht, und–“ – „Fallen“, hauchte Inuoka ehrfürchtig, seine Augen leuchteten. Die beiden Erstklässler tauschten einen überwältigten Blick, ehe sie im Chor ausriefen: „So cool!“

 

„Den Spähtrupp könnt ihr mir überlassen!“, verkündete Lev selbstüberzeugt, „Als Nekomas Ass bin ich am besten dafür geeignet!“ – „WAS SAGST DU DA?! Ich zeig dir, wie ein richtiges Ass das macht, du Bohnenstange!“

„Tora, gib’s ihm! Woah – du musst total in den Spähtrupp, um Kiyoko-San zu beschützen!!!“

„Noya-San…“

„Und wir müssen Handynummern austauschen, damit wir auch in Kontakt bleiben können!“

„Wir brauchen coole Code-Namen, wie in diesen krassen Action-Filmen, Noya-San!“ – „Ryuu! Du bist so genial!“

 

Tetsurou warf einen amüsierten Blick in Tsukkis Richtung. Tsukki sah weit weniger amüsiert aus; sein Blick changierte zwischen gelangweilt und angepisst.

„Lass sie spähen. Das wird genauso katastrophal wie alles andere, was sie anpacken.“

Tetsurou gab Tsukki im Stillen Recht, amüsiert grinsend. Den Spähtrupp brauchten sie sowieso nur zu Beginn der Schlacht, danach konnte die Infanterie wohl genauso gut übernehmen. Und zumindest Inuoka und Shibayama traute er auch zu, zu funktionieren, so wie die beiden sich da gerade reinsteigerten. Aber was das anging…

„Yamamoto und Lev machen die Späher, okay. Die Infanterie übernehmen Noya-Kun, Tanaka, Shibayama und Inuoka. Die Artillerie machen Tsukki und ich. Einwände?“

„Nicht wirklich, aber was ist eine Infant– Infanterei?“ – „Ryuu! Das hatten wir letztens in Geschichte! Das ist – ehm – ha! Ich hab die Erklärung verschlafen!“

„Infanterie“, korrigierte Tsukki herablassend gelangweilt, „Fußsoldaten. Artillerie, schwere Geschütze, in unserem Fallen das Wasserbombenkommando. Unsere Infanterie wird mit jeweils zehn gefüllten Wasserbomben, Spuckrohren samt vorgeknüllter Munition und Mehlbomben ausgestattet. Alle weitere Bewaffnung müsst ihr euch selbst zusammensuchen – Tafelschwämme, Kreide, Besen.“

Er zuckte die Schultern, immer noch typisch desinteressiert, doch in seinen Augen funkelte ein heimliches, unheilvolles Licht. Er rückte die Brille zurecht, die Spiegelung seiner Brillengläser ließ ihn gleich noch ein bisschen gefährlicher aussehen.

„Nachdem die Artillerie zuerst ohnehin nicht viel zu tun haben wird, werden wir das Fallenstellen übernehmen.“

 

Tetsurou kam aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus. Er wusste schon, wieso er Tsukki mochte.

 

 

 

Bis alle Papierkügelchen gerollt und in handlichen kleinen Gefrierbeuteln verpackt waren, die Mehlpackungen in sinnvolle Portionen aufgeteilt, dass man sie dem Feind nur noch ins Gesicht werfen musste, und die Wasserbomben gefüllt und versteckt waren bis auf die, die tatsächlich als Standardbewaffnung bei Spähtrupp und Infanterie unterkamen, war es schon kurz vor Zwölf. Es wurden Handynummern getauscht, Codenamen vergeben, und schließlich trennte sich Team Nekoma (und Krähenanhang).

Die Schule war dunkel. Mit ihren Handys in den Händen, statt große Lampen einzuschalten, machten sie sich auf den Weg. Tetsurou sah seinen Jungs hinterher, bis die Dunkelheit ihre mickrigen Lichtquellen verschluckte, dann wandte er sich mit einem raubtierhaften Grinsen an Tsukki.

Sie hatten Großes vor.

 

Sehr Großes.

 

 

 

***

 

 

 

„–und dann werden wir Kuroo zeigen, was mit aufmüpfigen Straßenkatzen passiert!“, beendete Bokuto die Ausführung seines großen Plans. Er erntete bewundernde Rufe und ein heimliches Schnauben von Saru, das dank seinem Grinsemund immer noch viel zu amüsiert aussah. Akinori sah zweifelnd auf die Wasserbomben, die sie bereits gefüllt hatten und die zwei der drei Waschbecken blockierten. Bokuto war der festen Überzeugung, dass hier ihre beste Basis war, denn:

„Kuroo wird niemals darauf kommen, dass wir uns im Klo verschanzen, hey hey hey!“ – „Bokuto ist wirklich ein Genie~!“, hatte Komi lachend verkündet. Akinori fürchtete, dass er es genauso ernst meinte, wie Bokuto es nahm.

Er hatte ein ganz mieses Gefühl bei der ganzen Sache. Ein ganz mieses, nasses Gefühl. Ihre Gegner hatten schließlich auch Wasserbomben.

 

„Wir brauchen Schilde“, beschloss er.

 

Sein einziger Trost war, dass er nicht mit Bokuto in einer Gruppe sein würde. Komi war schon schlimm, aber bei Komi hatten sie zumindest eine Chance, unauffällig in Feindesgebiet vorzudringen. Bei Bokuto?

Eher nicht.

Turn The Page

Ihre letzten Diskussionen zogen sich bis unmittelbar vor Mitternacht. Ein spontaner, ziemlich lapidar klingender Einwurf von „Akaashi wird uns köpfen, wenn er uns erwischt“ hatte dafür gesorgt, dass ein paar neue Regeln aufgestellt wurden:

Küche, Mädchenschlafräume und alles, was mit Mädchen und Coaches zu tun hatte, waren tunlichst zu meiden.

Man durfte Akaashi nicht stören. Der, wie Washio zu berichten wusste, sich scheinbar mit Karasunos Zuspieler in einem kleinen Hauswirtschaftsraum verschanzt hatte.

Mit den neuen Einschränkungen schließlich zogen sie pünktlich um Mitternacht los, in zwei vorher eingeteilten Gruppen, teilweise bewaffnet mit Spuckröhrchen, teilweise mit Wasserbomben. Ihre Mehlvorräte waren mehr schlecht als recht verteilt worden und der einzige Plan, zu dem sie gekommen waren mit dem Zeug, war gewesen, ihre nassen Gegner einzustäuben in der Hoffnung, dass sie künftig einfach überall Spuren hinterließen.

 

Akinori, immer noch, war nicht ganz überzeugt von der ganzen Sache. Auf der anderen Seite waren Bokuto und Komi viel zu ansteckend in ihrem Enthusiasmus, und obwohl er weiter darauf achtete, sorgsam unzufrieden auszusehen – als sie begannen, durch die dunklen Gänge zu schleichen, nur ihre Handys als Lichtquelle benutzend, konnte Akinori ein bösartiges Grinsen kaum noch zurückhalten.

Sie trennten sich, das erste Mal, dass der Gang sich teilte. Es dauerte trotzdem noch gefühlte fünf Minuten, bis Bokutos laute Stimme mit einem letzten „Hey hey hey!“ in der Ferne verklang.

„Und uns noch sagen, wir sollen unauffällig sein“, kommentierte er trocken. Saru schnaubte nur wieder, zuckte mit den Schultern. Das Funkeln seiner Augen verriet dieses Mal ganz eindeutig, dass er wirklich grinste und nicht nur so aussah.

„So ist er eben, unser Bokuto. Immerhin dürfte er die Katzen damit gut von unserer Fährte abgelenkt haben.“ – „Ein Hoch auf unser Ass~!“, singsangte Komi hintendran und lachte. Seine Stimme hallte von den kahlen Flurwänden wider. Es hätte unheimlich sein können, aber das nervenaufreibendste, das Akinori gerade einfiel, waren weder laufende Anatomiemodelle, noch Geister im Schulflur, sondern lediglich die Vorstellung, das hinter der nächsten Ecke eine grinsende Katze hervorsprang und ihnen Wasserbomben ins Gesicht warf.

 

Was für ein Glück, dass sie Regenschirme hatten.

 

Was für ein Unglück, dass sie die nicht ohnehin schon sicherheitshalber vor sich hielten.

Die erste Wasserbombe traf Akinori an der Schulter, wo sie explodierte und den Stoff seines Schlafanzugoberteils mit eiskaltem Wasser tränkte. Die zweite Bombe schlug bei Komi ein, der fluchend Wasser und Gummifetzen aus seinem Gesicht wischte.

Die dritte wurde von Sarus Schirm abgewehrt, der bei allem Nasswerden noch die Geistesgegenwart hatte, ihre Geheimwaffe zu benutzen.

„Wohooo! Saru, du rockst!“ – „Komiyan, Blick nach vorne!“

Der Libero duckte sich gerade rechtzeitig wieder hinter den Schirm, dass die Wasserbombe über seinen Kopf hinwegsegelte, statt ihn genau zu treffen.

Der Angreifer war Nekomas Riesen-Erstklässler Haiba, dessen Augen im diesigen Licht eines beleuchteten Handydisplays unheilvoll glühten.

„Hab ich euch~“

Während Akinori blind versuchte, die Munition aus seiner Tasche zu angeln, hob Haiba das Handy ans Gesicht.

„Russian Roulette hier. Habe vier Vögelchen gefangen~ Begebe mich jetzt auf Nestsuche!“

 

„Codenamen?“, stöhnte Komi und fasste sich an die Stirn, „Das ist so typisch!“ – „Sei froh, dass wir keine haben“, erwiderte Onaga schmunzelnd. Er warf eine Wasserbombe in Haibas Richtung, doch der flinke Riese wich mit einem selbstzufriedenen Lachen aus. Akinori stöhnte ebenfalls geschlagen. Er wollte keine Codenamen, die Bokuto sich ausdachte. Ganz eindeutig nicht. Es käme nichts Gutes dabei rum. Eigentlich war er wirklich froh, dass sie gegen und nicht mit den Katzen kämpften, Bokuto, Kuroo und Codenamen waren keine gesunde Kombination.

„Kopf runter!“, rief Komi plötzlich aus und riss sie alle aus ihren Gedanken. Akinori folgte reflexartig, duckte sich zusammen mit den anderen hinter die inzwischen voll aufgespannte Regenschirmfront. Ein vorsichtiger Blick an der Seite vorbei zeigte, wie Haiba auf sie zustürmte, und – „Oh shit!“ – über sie hinwegsprang. Akinori starrte entgeistert dem Riesen hinterher, der laut lachend den Gang entlang lief.

„Das habt ihr davon, euch mit Nekomas Ass anzulegen!“ – „Onaga! Hinterher, los!“, befahl Akinori, während er aufsprang und seinen Schirm wieder einzog. Onaga war hier einfach die beste Wahl – mit Abstand der größte in ihrer kleinen Gruppe kam er beinahe an Haibas unmenschlich lange Gliedmaße heran, also sollte er die besten Chancen dabei haben, ihn einzufangen.

„Setz ihn fest, wenn du ihn erwischst! Wir nehmen Kriegsgefangene!“, brüllte Komi noch hinterher, seine Worte begleitet von einer rüden Geste, die sich eindeutig an Haiba richtete. Er schnaubte, klatschte dann in die Hände und grinste unheilverkündend.

 

„Los jetzt. Machen wir diese Kratzbürsten fertig!“

 

 

 

***

 

 

 

Yuukis Finger umklammerten den Riemen seiner Tasche fester. Er hockte hinter einigen Schuhfächern, versteckt, so leise wir möglich, Sou war direkt an seiner Seite und hatte offenkundige Mühe dabei, ruhig zu bleiben. Er hatte eine Hand vor den Mund gepresst, die andere krallte in seiner Tasche. Eigentlich waren sie nur hergekommen, um sich neue Wasserbomben zu holen. Nach einem hitzigen Gefecht mit Fukuroudanis Ass – Bokuto war alleine gewesen, warum auch immer – hatten sie den taktischen Rückzug antreten müssen. Sie waren klatschnass, was nur teilweise an Bokutos Zielkünsten lag. Nachdem der Kerl eine ganze Packung Mehl auf ihnen ausgeleert hatte, hatten sie die restlichen Wasserbomben in ihrem Besitz dazu genutzt, sich selbst halbwegs zu säubern. Sie wollten ja keine Spuren hinterlassen!

Nass war es sowieso bald überall.

Eigentlich hätten sie längst wieder verschwinden wollen, doch dann hatten sie die handybeleuchteten Silhouetten einiger Eulen gesehen und ihren Plan sofort verworfen – es war zu riskant. Wenn sie entdeckt wurden, könnte man ihr Lager entdecken. Yuuki ließ den Kopf in den Nacken fallen, langsam genug, dass der Aufprall auf dem Regal hinter ihm keinen Laut von sich gab.

 

Ein Handy klingelte.

 

Yuukis erstickter Schrei ging zum Glück unter in dem lauten Gedudel, genau wie Sous hektische Bewegung, die unangenehm so klang, als hätte er sich irgendeine schmerzhafte Stelle angestoßen.

„Du hast ihn?“

Yuuki konnte die Stimme nicht zuordnen, verzerrt dadurch, wie sie von den Wänden widerhallte. Es war nicht Fukuroudanis Libero, das wusste er relativ sicher; er hatte vergleichsweise viel mit ihm geredet.

„Gut gemacht, Onaga. ... Ja, genau, du bleibst jetzt drüben und bewachst ihn. … Nein. … Ja. Wenn Bokuto kommt– Ach, der wird eh tun, was er will. … Gut. Ablöse kommt in einer Stunde.“

Kurz herrschte Stille, dann hörte Yuuki einen triumphalen Ausruf.

„Wir haben Haiba? YES! Dieser verdammte Riese hat es auch nicht besser verdient!“

Yuuki spürte, wie er bleich wurde. Er warf einen Blick zu Sou hinüber, dessen weit aufgerissene Augen sein Entsetzen nur spiegelten. Fukuroudanis lautes Gespräch verlor sich in der Ferne, Gelächter, Triumph und verbales Schulterklopfen verblassten nach und nach zu einem nichtssagenden Hall. Langsam ließ Yuuki die angespannten Schultern sinken und schluckte hart.

„Wir müssen–“

Sou nickte. Er hob sein Handy ans Ohr und Yuuki rückte näher, um mithören zu können; weil sie ohnehin zusammen waren, hatten sie ihre Teilnahme am Konferenz-Anruf auf ein Handy beschränkt, nachdem das Echo daraus, einander direkt und durchs Telefon zu hören, zu irritierend geworden war. Ihre nassen Schultern drückten gegeneinander und Yuuki erschauderte unwohl.

„Team Shiba Inu hier. Wir–“

„Chat Noir. Habt ihr von Russian Roulette gehört? Die Verbindung wurde vor wenigen Minuten getrennt.“

Yuuki schluckte. Seine Lippen bebten.

„Cap-!“, Sou brach mitten im Wort ab und schüttelte wild den Kopf, „Die Eulen haben ihn! Wisst ihr, wo seine letzten Koordinaten waren? Shiba und ich werden ihn zurückholen!“

Am anderen Ende der Leitung herrschte für einen kurzen Moment Stille. Also, so still ein Konferenz-Anruf eben sein konnte, wenn man dabei durch eine Schule stromerte und Krieg führte. Zwischen allem Lärm und allen Rufen glaubte Yuuki, leises Getuschel von seinem Captain zu hören.

„Okay. Russian Roulettes letzte Rückmeldung war, dass er in der Nähe der Sanitäranlagen im ersten Stock war. Wir werden City Boy–“ – Kuroo wurde durch ein Prusten unterbrochen – „–auffordern, die Gegend auszukundschaften. Bewaffnet euch ordentlich, bevor ihr euch ins Eulennest wagt.“

„Verstanden.“

Ordentlich bewaffnen. Yuuki schluckte, als er sich wieder von Sou löste, stand entschlossen auf. Er sah seinen Freund ernst an.

„Besen?“ – „Besen.“

 

 

 

***

 

 

 

Der Mond war schon vor Minuten hinter einer dichten Wolkendecke verschwunden. Wind raschelte in den Bäumen, das leise Säuseln flüsterte von bevorstehendem Unheil und unausweichlichen Katastrophen. In der Dunkelheit glühten die goldenen Eulenaugen gefährlich, Bokutos Grinsen von der Nacht überschattet, und Taketora fühlte sich daran zurückerinnert, wie er Fukuroudanis damals noch zukünftigem Ass das erste Mal begegnet war.

Es war ein belangloses Trainingsmatch gewesen, bei dem ersten Trainingscamp, an dem Taketora teilgenommen hatte. Fukuroudani hatte gewonnen. Bokuto war der entscheidende Faktor in diesem Sieg gewesen, selbstbewusst, kompetent und cool – und er war mit Sicherheit der Einzige, der solche banalen Ausrufe wie „hey hey hey“ tatsächlich beeindruckend klingen lassen konnte.

Damals, wenn auch teils unbewusst, hatte Taketora sich diesen Mann zum Vorbild genommen.

 

Heute war der Tag, an dem er sich davon lösen musste.

 

Hier, irgendwo zwischen Schulgebäude und Sporthallen, unweit des Wasserbombenlagers, das sich tatsächlich als viel zu nützlich herausgestellt hatte, war der Moment gekommen, dass Taketora ablassen musste von kindlicher Bewunderung.

Im Krieg gab es keine Bewunderung für den Feind.

 

„Es tut mir Leid, Bokuto-San“, verkündete er leise, seine schwere Stimme getragen von dem Wind, der unheilvoll über ihre Wangen kitzelten. Er griff in die Tasche, die an seiner Seite hing, zog eine der gefüllten Wasserbomben heraus. Er hatte seinen Vorrat gerade erst aufgefüllt. Bokuto sah nicht aus, als ob er noch genauso gut ausgestattet war.

„Ich werde dich jetzt fertig machen. Und dann wirst du mir verraten, wo euer Stützpunkt liegt!“

Den Taketora immer noch finden musste. Er hatte seine Aufgabe nicht vergessen. Bokuto lachte nur.

„Hey hey hey! Versuch es, Tiger! An einem der Top-Fünf-Asse des Landes wirst du nicht vorbeikommen!“

Taketora war selbst bewusst, dass er trotz üppiger Bewaffnung kaum einen Vorteil gegen Bokuto hatte; er war schließlich nicht umsonst unter den besten Volleyballspielern Japans. Aber selbst, wenn er ein zorniger Gott wäre, Taketora würde ihn schlagen. Er musste. Lev mochte eine Nervensäge sein, und laut, und ein viel zu großes Ego und viel zu wenig sinnvolle Fähigkeiten haben, aber er war ein Teil von Team Nekoma, er war ein Teil der Zukunft des Teams – und überhaupt hatte niemand es verdient, in den Klauen dieser verrückten Eulen gefangen zu sein.

Ein letztes Mal atmete Taketora tief durch, dann stürzte er sich mit einem lauten Kampfschrei auf seinen Feind.

 

 

 

Es hätte so einfach sein sollen. Taketora war nicht einmal so weit entfernt gewesen von den Treppen in den ersten Stock, doch plötzlich waren die Eulen da gewesen. Natürlich war es zur Schlacht gekommen. Sie waren zu zweit gewesen. Taketora alleine. Seine Munition war entsprechend schnell erschöpft gewesen. Er hätte zu den Schuhschränken laufen können, doch das war zu riskant. Er hätte zum Klassenzimmer laufen können – auch zu riskant. Außerdem waren die Eulen genau im Weg.

Also war er hinausgelaufen, in der Hoffnung, sie abzuschütteln, und tatsächlich hatte er seine Vorräte auffüllen können, ehe er sich Bokuto gegenüberstehen sah.

 

Und jetzt war er hier. Kämpfte, mit Wasserbomben und Spuckkügelchen, doch Bokuto wollte nicht zurückweichen, war eine unüberwindbare Mauer zwischen ihm und dem Schulgebäude, in das er dringend zurückkehren musste.

 

Es hätte so einfach sein sollen. Und trotzdem geriet er außer Atem, während er mit Bokuto über das Gelände hetzte, den feindlichen Geschossen und Kugeln ausweichend, selbst angreifend, so oft es ging. Er wusste, er hätte um Hilfe rufen sollen, doch er war zu stolz. Er war nicht Nekomas Ass für nichts! Er würde Bokuto alleine in die Flucht schlagen.

Er würde–

Bokuto hielt plötzlich inne. Seine Augen leuchteten gefährlich, als er eine Wasserbombe aus seiner Tasche zog. So schlaff, wie die nun herunterhing, schien es so ziemlich seine letzte Munition zu sein. Der Ballon flog in die Luft – nicht in Taketoras Richtung, sondern hinauf. Entsetzen machte sich auf seinem Gesicht breit mit der Erkenntnis dessen, was ihm bevorstand, genau in dem Moment, in dem Bokuto in die Luft sprang, seine Form perfekt wie immer. Er holte aus, sein Arm schnellte nach vorne und Taketora hielt unwillkürlich die Luft an. In seiner Vorstellung sah er schon den Volleyball übers Netz schmettern und am Boden aufprallen, noch ehe selbst Yaku einen Muskel hätte rühren können.

Der Ball flog nicht.

 

Stattdessen zerplatzte unter lautem Platschen die Wasserbombe, als Bokutos Hand mit ihr kollidierte, und ein Schauer aus kaltem Wasser ergoss sich über den Drittklässler, verfing sich in seinem sorgfältig gestylten Haar und zog die Strähnen gnadenlos mit sich hinab.

 

Die Stille, die darauf folgte, war so allumfassend laut, dass Taketora hören konnte, wie sein Herzschlag aussetzte. Bokuto kam am Boden an, härter als es für ihn üblich war, er strauchelte kaum merklich. Sein Gesicht war völlig blank.

 

„Uoooooaaaaaaaaaah!!!“

Taketora zuckte zusammen beim Klang der fremden Stimme. Er wirbelte herum, wandte den Blick von Bokuto ab. Aus Richtung der Schule kam Washio angelaufen, er trug eine prallgefüllte Tasche voller Wasserbomben. Erst im zweiten Moment bemerkte Taketora den kleinen, orangeroten Wuschelkopf, der schon viel schneller in ihre Richtung stürmte, das ganze Gesicht strahlend vor Begeisterung.

Karasunos Nummer Zehn.

„Was…?“

„Bokuto-San!!! Woah! Das war so bämm und wie die Wasserbombe einfach pflatsch und – woah! Wenn das ein Volleyball gewesen wäre, wäre der fwush übers Netz und bämm! Das ist so cool!!!“

Während der kleine Kerl redete, sprang und hüpfte er aufgeregt vor Bokuto herum, wild gestikulierend. Bokuto schien ihn zuerst gar nicht wahrzunehmen, doch schließlich klärte sich sein Blick wieder und er stemmte die Arme in die Hüften.

„Ich bin eben der Coolste, hey hey hey!!!“

Taketora fand das gar nicht cool. Er schnaubte, reckte das Kinn vor und stapfte näher, das Gesicht drohend verzogen.

„Hey! Nummer Zehn! Was machst du hier?!“ – „Eh? H-hiiiiiii!“

Mit einem Satz war der kleine Blocker hinter Bokuto verschwunden und linste nur noch sichtbar verängstigt hinter ihm vor. Taketora verkniff sich ein Grinsen, um seinen bedrohlichen Ausdruck nicht zu schmälern. Ha! Das hatte der Zwerg nun davon, sich mit den Eulen einzulassen. Taketora würde ihm ordentlich einheizen! Entschlossen griff er nach einer Wasserbombe, den Winzling im Visier.

Die Bombe, die von der Seite her auf ihn zuflog, verfehlte nur knapp. Sie landete spritzend ein Stück von ihm entfernt auf dem Boden. Washio war angekommen. Taketora biss die Zähne zusammen und wich ein Stück zurück. Gegen Bokuto hätte er alleine ausgehalten. Aber Bokuto mit so viel Verstärkung, die obendrein neue Munition mitgebracht hatte? Nein. Das war unmöglich. Er schluckte, griff nach seinem Handy. Bokuto war gerade ohnehin damit beschäftigt, sich über Washios Vorräte herzumachen. Wenn er sich nun beeilte…

„Hier ist City Boy. Ich brauche Verstärkung. Ich habe hier zwei Eulen und eine Krähe auf dem Schulgelände. Bin in der Nähe von Lager Zwei.“

Es dauerte keine fünf Sekunden, bis Noyas und Ryuus Stimmen aus dem Lautsprecher seines Handys tönten und Unterstützung versprachen.

 

Jetzt musste er nur noch aushalten, bis sie kamen.

Caught Up In The Arms Race

„Chat Noir an Team Shiba Inu. Statusbericht.” – „Team Shiba Inu hier! Wir sind aktuell zentral im ersten Stock im Fachraum für Geschichte versteckt. Die Eulen haben uns beinahe schon wieder erwischt. Wir haben Waffen. Werden hier aussitzen, bis City Boy sich meldet.“

Tetsurou grinste, Tsukki neben ihm schnaubte unverhohlen amüsiert. Es war auch lustig, das musste Tetsurou zugeben. Codenamen waren eine wunderbare Idee gewesen.

„Wisst ihr, wohin die Eulen unterwegs sind?“

Shibayama am anderen Ende der Leitung seufzte.

„Vermutlich noch in der Nähe. Manchmal können wir was hören.“

Nachdenklich lehnte Tetsurou sich zurück. Er und Tsukki hatten sich in einem Klassenraum im Erdgeschoss stationiert, nachdem sie sonst nichts zu tun gehabt hatten und die ersten Fallen gestellt waren. Es war unglaublich unterhaltend, dem ganzen Drama da draußen nur über die Kopfhörer der Freisprechanlage zuzuhören, die an Tetsurous Telefon befestigt war, aber so langsam wurde es doch langweilig. Und von dem vagen Gebrüll her zu urteilen, das er im Hintergrund der Verbindung hörte, war Yamamoto wohl noch ganz schön beschäftigt.

 

„Okay, hört zu. Lotst sie runter ins Erdgeschoss, und dann hinten zu den Musikräumen.“

Er grinste boshaft.

„Wir haben schon alles vorbereitet.“ – „Roger!“

Im Chor, mal wieder. Tetsurou schnaubte erheitert und stand auf. Tsukki tat es ihm gleich, auch wenn seinem Blick absolut jede Begeisterung für ihre Aktionen fehlte. Trotzdem folgte er, als Tetsurou ihr bequemes Versteck verließ. Leise schlichen sie zu den Musikräumen. Einige Türen waren verdächtig nur angelehnt – was man im Dunkeln nicht sah, waren die nassen Tafelschwämme, die oben in den Spalt zwischen Schiebetür und Rahmen geklemmt waren. Vor einer der leicht geöffneten Türen blieb er stehen und streckte grinsend die Hand nach Tsukkis Handy aus.

„Her damit~“

Tsukki verdrehte die Augen, reichte Tetsurou aber sein Handy mit einem giftigen Blick, nachdem er sorgfältig seine Kopfhörer abgestöpselt hatte.

„Keine Sorge, ich halte dich auf dem Laufenden.“ – „Außer hirnloses Gebrüll verpasse ich sowieso nichts.“ – „Aber es stört dich trotzdem, dass du jetzt nichts mehr mitkriegst.“

Tsukki antwortete nicht mehr, doch für Tetsurou war das vernichtende Funkeln in seinen Augen Antwort genug. Lachend schaltete er die Aufnahme auf Tsukkis Handy an, die sie vorhin gemacht hatten – nichts sinnvolles, nur einen Haufen Lärm, der gerade noch so tat, als versuche da jemand, leise zu sein. Genug, um ein paar dumme Eulen in die Falle zu locken, war es wohl allemal. Schwungvoll schob er das Handy durch den Türspalt in den Raum dahinter, dann winkte er Tsukki.

Ihre Arbeit hier war getan.

 

Hinter einer der bis gerade noch geschlossenen Türen verschanzten sie sich. Die Tür einen Spalt weit geöffnet, einen nassen Schwamm hineingeklemmt, und hinter einer Barrikade aus Stühlen ihre Munition aufgeschichtet. Zu den Wasserbomben hatten sich längst noch ein paar Tafelschwämme gesellt, die sie aus diversen Klassenräumen geklaut hatten, die sich auf ihrem Weg befanden. In einer kleinen Schachtel lagen genug Kreidestücke, um unangenehm schmerzhafte Wurfgeschosse für den Rest des Gefechts zu haben.

Tetsurou lehnte sich entspannt zurück.

„Mal sehen, wann die Eulen uns ins Netz gehen“, kommentierte er munter – genau in dem Moment, in dem Lärm auf dem Schulflur laut wurde. Rufe und laute Schritte, und plötzlich ein lauter Fluch. Da war wohl der erste Schwamm gefallen. Tetsurou erstickte sein Lachen hinter der vorgehaltenen Hand. Aus seinen Kopfhörern ertönte ein leises, ehrfürchtiges „Wahnsinn!“, das eindeutig von Inuoka kam.

„Diese verdammten Katzen!“, fluchte jemand – Konoha, glaubte Tetsurou zu erkennen. Noch mehr Türen gingen, noch mehr Flüche über fallende Schwämme.

 

Als die Tür zu ihrem Versteck aufging, fiel der nasse Schwamm mit einem traurigen Platschen zu Boden, statt irgendjemanden zu treffen, und ein triumphierend grinsender Konoha stand im Türrahmen.

„Ha! Immer der gleiche Trick wird alt!“, lachte Komi, während er sich neben Konoha schob. Tetsurou warf einen Blick zu Tsukki hinüber, nickte kaum merklich. In einer wie eingeübt synchronen Bewegung fuhren sie hinter ihrem Schutzwall auf, und im nächsten Moment hatten Konoha und Komi triefend nasse, kreideschmutzige Tafelschwämme im Gesicht.

Tetsurou lachte. Tsukki grinste unverhohlen schadenfroh. Konoha stand entgeistert da, Kreidewasser und Entsetzen im Gesicht. Komi war da schneller wieder beisammen – noch bevor der Schwamm, der ihn getroffen hatte, zu Boden hätte fallen können, hatte er ihn in der Hand. Mit dem freien Arm wischte er sich das Dreckwasser aus dem Gesicht. Hinter den Beiden erblickte Tetsurou gerade rechtzeitig Sarus Bewegung, dass er sich hinter seine Barrikade ducken konnte. Die Wasserbombe, die geflogen kam, zerplatzte nutzlos an den Stühlen.

Als Tetsurou wieder hochkam, waren alle drei Eulen bis an die Zähne bewaffnet.

„Saru! Konoha! Zahlen wir’s diesen Straßenkatzen heim!“

Tsukkis Gesicht verfinsterte sich, während ein weiterer Schwamm auf Komi flog. Obwohl er die Attacke kommen sah, konnte er sie dank voller Hände nicht abwehren und wurde wieder frontal getroffen.

„Entschuldigung~ Ich bin keine Katze.“

Komi schnaubte, spuckte Wasser aus. In seinen Augen lag ein wahnsinniges Funkeln, das wunderbar belegte, dass drei Jahre mit Bokuto eindeutig zu viel gemeinsam verbrachte Zeit waren.

„Ihr habt’s gehört! Kein Erbarmen den Krähen!“

 

Es dauerte keine fünf Minuten, bis der gesamte Raum in Ballonfetzen und Kreidewasser schwamm.

 

 

 

***

 

 

 

Drei gegen einen war unfair. Taketora wischte sich erschöpft über das nasse Gesicht. Seine Wasserbomben waren längst zur Neige gegangen, inzwischen ging es nur noch darum, nicht zur Zielscheibe zu werden – ein Plan, der scheiterte, weil er einfach nicht drei Richtungen gleichzeitig ausweichen konnte.

Aber er würde nicht aufgeben!

Er wusste, Noya und Ryuu waren auf dem Weg. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Verstärkung eintraf, und dann würden sie Fukuroudani zurückschlagen und aus ihnen herausprügeln, wo sie Lev festhielten.

Wieder flog eine Wasserbombe. Taketora sprang zur Seite, rollte sich ab und kam wieder auf die Füße. Karasunos Nummer Zehn, der geworfen hatte, verzog unwillig das Gesicht.

„Noch einmal!“, rief er aus, entschlossen, griff nach einer weiteren Wasserbombe. Seine Zielfähigkeiten waren die schlechtesten. Er war viel ungefährlicher als Washio und Bokuto. Dass die beiden gerade auch nach neuer Munition griffen, war entsprechend beunruhigender und Taketora schluckte, machte sich schon auf den unvermeidlichen Treffer gefasst, der da kommen würde. Er konnte ihnen nicht beiden ausweichen.

Die erste Bombe flog. Taketora wich aus. Er wusste, die Zweite würde ihn treffen, riss vorsorglich schon die Arme vors Gesicht–

 

„Rolling Thunder!!!“

 

Die Bombe traf nicht. Stattdessen zerbarst sie an Noyas Unterarmen, der den wassergefüllten Ballon angenommen hatte wie einen Volleyball.

„Noya-San, das war so cool!”

Mit wenigen Schritten schloss Ryuu zu ihnen auf. Er grinste, drückte Taketora einen Müllbeutel voll Wasserbomben in die Hände.

„Sorry, dass wir so spät sind, Tora!“

Taketora schüttelte den Kopf. Er grinste selbstbewusst, griff nach einer der neuen Wasserbomben.

„Ihr kommt gerade recht… Wir müssen die Eulen fertig machen. Zwingen wir sie dazu, zu verraten, wo ihr verdammter Stützpunkt liegt!“

 

„WOAH! Shouyou?! Was machst du denn hier?!“ – „Nishinoya-San!“

Taketora ließ verdutzt die Wasserbombe wieder sinken. Noya schien vergessen zu haben, dass sie im Krieg waren, stattdessen lief er um Nummer Zehn herum, als könne er nicht ganz glauben, ihn hier zu sehen. Nummer Zehn unterdessen sah aus, als hätte er ein paar Gespenster gesehen und eine überdeutliche Panik machte sich in seinem Gesicht breit.

„I-ich kann das erklären! Ich wusste doch nicht– Bokuto-San hat–“ – „Hey hey hey! Finger weg von unserem Chibi, Libero-Kun! Der ist einfach so in unser Hauptquartier reingeplatzt, es gab keine andere Möglichkeit, als ihn ins Team zu holen!“

Während Noya und Nummer Zehn noch diskutierten – Bokuto wurde ignoriert, was dem gar nicht gefiel –, schien die Schlacht für einen Moment einfach zu stoppen. Washio stand nur da, eine Wasserbombe in der Hand, und Bokuto sprang empört und „hey hey hey!“ rufend um die beiden kleinwüchsigen Krähen herum. Ryuu verfolgte das Spektakel in einer Mischung aus Verdutzen und Amüsement.

Taketora beschloss, die Gelegenheit zu nutzen, um Kuroo zu kontaktieren. Nach einer kurzen Begrüßung leitete er weiter, was er gerade von Bokuto gehört hatte – sie hatten Karasunos Chibi eingesammelt, sie hatten ihn nur deshalb bei sich, weil er in ihr Hauptquartier gestolpert war. Es klang, als würde Kuroos Handy runterfallen, dann hörte er ein Klatschen, das verdächtig nach Hand auf Stirn klang.

 

„Sie sind im Herrenklo“, verkündete Kuroo schließlich mit so viel ungläubiger Empörung, dass Taketora sich automatisch auch empört fühlte, obwohl er nicht ganz begriff, was das Problem war.

„Okay. Ich sag Team Shiba Inu Bescheid. Ihr werdet die Stellung halten und dafür sorgen, dass die Eulen nicht zur Verstärkung anrücken können. Titan und ich haben vorhin einen Zusammenstoß mit dem restlichen Flattervieh gehabt, die dürften erstmal für ein Weilchen außer Gefecht gesetzt sein.“ – „Verstanden!“

Das Handy wieder sicher verstaut kehrte Taketoras Aufmerksamkeit zum Schlachtfeld zurück, wo immer noch munter diskutiert wurde.

„Noya-San! Ryuu! Wir haben neue Befehle! Chat Noir sagt, wir sollen hier die Stellung halten, während Team Shiba Inu sich um Russian Roulette kümmert!“

Kurz herrschte Stille. Dann nickte Noya, wandte sich mit todernstem Gesicht an Nummer Zehn.

„Es tut mir Leid, Shouyou. Aber heute stehen wir auf verschiedenen Seiten des Netzes.“

Nummer Zehn nickte, genauso todernst. Es war ein tragischer, herzzerreißender Anblick, der nicht nur Ryuu die Tränen in die Augen trieb. Taketora schaffte es darüber sogar fast, Bokutos empörtes Geschrei auszublenden.
 

„Wie, die haben Codenamen?!?! Wieso haben wir keine Codenamen?! Ich will auch Codenamen, hey hey hey!!! Washio, Chibi! Ab jetzt haben wir Codenamen!“

 

 

 

***

 

 

 

Wataru stöhnte entnervt, ließ seinen Kopf gegen die kalten Fliesen hinter ihm sacken. Er hatte das letzte Mal vor einer gefühlten Ewigkeit auf die Uhr geguckt, und da war er schon seit über einer halben Stunde mit Nekomas Riesen geschlagen gewesen.

Zuerst war es cool gewesen, dass er es geschafft hatte, den Kerl einzufangen und angebunden in ihr Hauptquartier zu bringen.
 

Dann hatte er den Mund aufgemacht.

 

„–und dann hat Yaku-San mir völlig ohne Grund gegens Schienbein getreten. Dabei hab ich ihm nur helfen wollen, die Tafel zu putzen, wo er doch so klein ist. Er kommt ja gar nicht richtig an den oberen Rand dran.“

Watarus Kopf kollidierte noch einmal mit der Wand. Seit er diesen Kerl festgesetzt hatte, musste er sich eine dumme Anekdote nach der anderen anhören, wobei die meisten in „Und dann hat Yaku-San mich getreten“ endeten. Wenn das hier vorbei war, würde Wataru Nekomas Libero freundlich darum bitten, noch ein paar Mal öfter zuzutreten. Der Riese hatte es eindeutig verdient!

„Du solltest nicht so ein langes Gesicht machen, weißt du? Oh! Oder ist dein Gesicht etwa immer so?“

Resigniert vergrub Wataru das Gesicht in den Händen. So langsam wünschte er sich nur noch, dass wahlweise endlich die versprochene Ablöse kam, die unter Garantie längst zu spät war, oder Nekoma in einer albernen Rettungsaktion die Tür aufschlug und ihn von diesem riesigen Idioten befreite. Außerdem machte er nicht bei dieser Schlacht mit, um ewig im Hauptquartier zu versauern! Er wollte genauso kämpfen wie die anderen.

 

Die Tür flog auf. Wataru sprang reflexartig auf die Füße.

„Team Shiba Inu zur Rettung!“

Zwei von Nekomas Erstklässlern standen in der Tür, beide bewaffnet mit Besen, die sie drohend vor sich hielten. Einer der beiden hatte außerdem einen Mülleimerdeckel als Schild bei sich. Wataru starrte entgeistert auf die beiden Jungs, dann lachte er hilflos auf. Eigentlich hätte er kämpfen sollen. Das war doch seine Chance! Hatte er nicht eben noch gedanklich lamentiert, dass er unbedingt auch in die Schlacht ziehen wollte?

Andererseits war der Gedanke, darum zu kämpfen, den Riesen zu behalten, einfach überhaupt nicht reizvoll.

„Shibayama! Inuoka! Ihr habt euch ganz schön Zeit gelassen, findet ihr nicht?“ – „He, Lev, sei dankbar, dass wir dich überhaupt retten kommen!“ – „Aber natürlich kommt ihr mich retten; ihr braucht euer Ass doch, ohne mich seit ihr doch aufgeschmissen.“

Das besentragende Rettungskommando tauschte einen Blick aus, der ein bisschen so aussah, als überlegten sie selbst, den Riesen einfach zurückzulassen. Wataru spürte, wie sein Magen krampfte. Bloß nicht! Er wollte den Kerl wirklich nicht mehr behalten! In einer eindeutigen Geste hob er die Hände.

„Ich ergebe mich!“

Nehmt ihn mit. Nehmt ihn einfach mit!

 

„Was?“

Die beiden tauschten verwirrte Blicke, dann sahen sie wieder zu Wataru hinüber, der sich beeilte, zu nicken.

„Nehmt ihn mit! Ich bin eindeutig in der Unterzahl, und ihr seid viel besser bewaffnet als ich!“

Es war eigentlich nur Bokuto zu verdanken, dass er wirklich überzeugend dabei klang. Eigentlich traute Wataru sich locker zu, die beiden Knirpse zu erledigen. Schon alleine, weil er viele, viele Wasserbomben hier hatte – die er mit Klauen und Zähnen verteidigen würde, wenn es nötig wäre. Bisher aber war die Aufmerksamkeit der Katzen noch gar nicht auf das Vorratslager gefallen, so ein Glück.

„Also ich würde Inuoka und Shibayama locker in die Flucht schlagen können“, kommentierte der Riese. Es brauchte einen bösen Blick von dem größeren der beiden Besenträger, bevor er gönnerhaft hinzufügte: „Aber ich bin ja auch ein Ass. Das Langgesicht hier ist natürlich ein ganz anderes Kaliber als ich.“

„Okay.“

Das war jetzt der kleinere vom Rettungskommando. Nekomas zweiter Libero, wenn Wataru sich recht erinnerte.

„Gut. Sou, mach Haiba-Kun los. Ich behalte die Eule im Auge, man kann nie wissen.“

Sein Blick war misstrauisch, und er ließ tatsächlich keine Sekunde von Wataru ab, obwohl der wirklich nicht im Geringsten plante, Nekoma gerade in die Quere zu kommen. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie der Riese losgemacht wurde und schließlich wieder aufstand, genüsslich die langen Glieder reckend. Die zwei anderen Jungs tauschten einen stummen Blick aus, der scheinbar als Kommunikation zwischen ihnen reichte, denn als hätten sie irgendetwas beschlossen, nickten sie einander danach zu.

„Raus mit uns. Wir haben noch zu tun!“ – „Okay~ Bye, Federvieh! Wir sehen uns bestimmt nochmal wieder!“

 

Bitte nicht.

 

Wataru starrte den Katzen hinterher, als sie laut schwatzend den Raum verließen. Er konnte hören, wie sein ehemaliger Gefangener sich darüber ausließ, dass seine Retter ja schon ziemlich cool gewesen waren, aber eigentlich völlig unnötig, immerhin hätte er sich selbst befreien können. Aber „so habt ihr auch mal ein bisschen vom Rampenlicht gehabt“. Wataru war unglaublich dankbar, dass er den Riesen jetzt los war, und dass nun Nekoma sich wieder mit seinem Ego herumschlagen durften.

 

Er hatte sowas von genug.

 

Das nächste Mal konnte Bokuto die Gefangenen babysitten.

I Will Remember You With Me On That Field

Zuerst der Riese. Dann die anderen Erstklässler. Dann hatten sie Kuroo und seine bebrillte Krähe am Hals gehabt. Und jetzt waren es Yamamoto und Karasunos Libero und Glatzkopf. Akinori konnte langsam keine Katzen mehr sehen! Und keine Krähen. Wieso hatten die Katzen sich überhaupt so viele von den schwarzen Flatterviechern angelacht?!

Immerhin war es ein trockenes Gefecht. Weder ihre Gegner hatten Wasserbomben übrig, noch sie selbst. Stattdessen flogen schon seit Minuten die gleichen Tafelschwämme immer wieder hin und her, Komi hatte irgendwann noch die dünne Jacke, die er über seinem Schlafshirt getragen hatte, zusammengeknotet und als weitere Munition zur Verfügung gestellt. Saru beschränkte sich lieber auf sein Spuckröhrchen. Nishinoyas unruhiger, nur noch halb gestylter Haarschopf war schon genauso voll mit klebrigen Papierkügelchen wie Yamamotos alberner Irokesenschnitt. Akinori bewunderte die Zielfähigkeiten, die Saru mit den kleinen Papierkügelchen an den Tag legte.

 

Mit der Zeit wurde die Schlacht schleppender.

Akinori konnte es niemandem verübeln; er war selbst langsam müde! Und erschöpft. Nach einem langen Tag noch die halbe Nacht durchzumachen war eben nicht die allerklügste Idee. Er hatte es von vornherein gewusst. Aber nein. Statt zu schlafen mussten sie ja lieber Krieg spielen, und waren jetzt nass und müde und erschöpft und voller Papierkügelchen und Kreidestaub.

„Ich brauch ne Pause“, verkündete Komi, als hätte er Akinoris Gedanken gelesen, „Jetzt.“

Saru nickte zustimmend, sein typischer Schlafzimmerblick noch verschlafener als sonst. Er wehrte einen fliegenden Tafelschwamm mit seinem Regenschirm ab – inzwischen schon längst eine routinierte Bewegung, die Akinori grinsen und Komi anerkennend pfeifen ließ. „Nice, Saru!“

Komi und Saru tauschten kurze Blicke, dann grinste Komi noch breiter als vorher, Unheil klar in seinem Blick geschrieben.

„Was sagt ihr? Mehl und weg?“

 

Akinori wäre der letzte, der protestieren würde.

 

 

 

Mehl und weg funktionierte erstaunlich gut: Nachdem Katze und Krähen damit beschäftigt waren, all das klebrige Mehl aus ihren Haaren (oder Glatzen) und Gesichtern zu bekommen, erreichten sie einen wunderbar großen Vorsprung. Sie konnten ihre Verfolger abhängen, da war sich Akinori sicher.

Nur noch ein paar Schritte. Hier um die Ecke. Da den Gang entlang.

Ein dumpfer Aufprall, gefolgt von einem erschrockenen Ruf und triumphalen Gebrüll, ließen ihn innehalten und herumwirbeln. Komi war wie erstarrt, eine Hand auf die Brust gepresst, die Augen weit aufgerissen. Im Hintergrund sah Akinori nur noch aus dem Augenwinkel, wie die mehlgrauen Gespenster um eine Ecke verschwanden, offensichtlich selbst inzwischen mehr an einem Rückzug interessiert – „Jetzt haben wir’s ihnen heimgezahlt! Zeit für neue Munition!“

Trotzdem hallte ihr Triumphgeschrei noch lange von den Wänden wider.

„Komi…?“

Just in dem Moment, in dem Akinori ihn ansprach, sank er mit einem gequälten Stöhnen zu Boden. Komis Brust hob und senkte sich schwer. Unter seiner Hand entdeckte Akinori im Licht seiner Handytaschenlampe einen großen, kreidigen nassen Fleck.

„Ich bin getroffen“, keuchte Komi, sog scharf die Luft ein und kniff die Augen zusammen. Sein ganzer Körper bebte, als hätte er starke Schmerzen. Obwohl Akinori wusste, dass es nur billiges Schmierentheater war, fühlte er Beunruhigung in sich aufsteigen – es war verdammt gutes billiges Schmierentheater, verdammt! Langsam ging er neben Komi in die Hocke. Als er zur Seite sah, bemerkte er, dass auch Saru kniete, Komis freie Hand in seinen Händen haltend und ihn mit einem gutmütigen Grinsen tätschelnd. (Wobei Akinori wieder einmal nicht wusste, ob er wirklich grinste.)

„Macht ohne mich weiter“, fuhr Komi leise fort. Er biss die Zähne zusammen und gab ein schmerzvolles Ächzen von sich. Sein Kopf rollte erschöpft von einer Seite zur anderen, er schien Mühe zu haben, die Augen offen zu halten, „Ich schaff es nicht mehr!“ Er schluckte, löste die verkrampfte Hand aus seiner Brust und hob sie wie in Zeitlupe zitternd in Akinoris Richtung. Mehr aus Reflex als bewusst griff er danach.

„Ihr müsst… Rache nehmen.“ – „Komiyan…“ – „Ihr müsst, Saru. Ich kann nicht mehr.“

Komis Kopf, den er gehoben hatte, um Saru beim Sprechen anzusehen, fiel zurück auf den kalten Boden. Seine Augen öffneten sich flatternd, suchten Akinoris Blick. Ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, als er die Hand quälend langsam aus Akinoris Griff löste und an seine Wange legte. Komis Finger waren so kalt, dass es Akinori übel davon wurde.

„Konohan, ich–“

 

Komis Hand fiel hinab, seine Augen zu. Er lag reglos auf dem Boden. Akinori blinzelte, von einer seltsamen Schwere erfasst. Fast mechanisch ließ er Komis Hand los und legte sie auf seinem Oberkörper ab. Saru tat es ihm gleich. In seinen Augen glühte etwas, das Akinori nicht ganz zuordnen konnte. Er legte eine schwere Hand auf seine Schulter.

„Komm, Konoha.“

Mit einem dumpfen Nicken gehorchte Akinori. Er erhob sich, sah noch einmal hinunter auf Komis reglose Gestalt. Saru neben ihm drückte seine Schulter sanft, zwang ihn, sich abzuwenden. Seine Stimme klang ungewöhnlich schwer, als er leise verkündete: „Ruhe in Frieden, mein Freund.“

 

 

 

Zehn Minuten später hörte man Komis Schnarchen den ganzen Gang entlang. 

 

 

 

***

 

 

 

„Titan hier. Chat Noir ist gerade beschäftigt. Statusreport, jetzt.“

„Team Shiba Inu. Wir sind aktuell draußen auf dem Gelände. Wir haben Bokuto-San und Washio-San bekämpft. Sie haben kürzlich den Rückzug angetreten. Wir werden jetzt aufstocken und dann die Verfolgung aufnehmen!“

„Russian Roulette hier! Ich bin in einem Gefecht  mit Washio-San. Ich melde mich spä– Verdammter Mist!!!“

„City Boy. Country Boy, Rolling Thunder und ich haben vorhin ein Gefecht mit einer ganzen Eulenbrut gehabt. Komi ist endgültig außer Gefecht gesetzt.“

 

Tetsurou hörte nur mit halbem Ohr zu, während er seine Wasserbombenvorräte aufstockte. Es war ein bisschen eng, und sein Rücken drückte gegen Tsukkis Seite, weil sie doch irgendwie noch nah genug bleiben mussten, um sich ein Paar Kopfhörer zu teilen, aber es funktionierte. Und Tetsurou fand es lustig. Tetsurou fand es noch lustiger, dass Tsukki nach dem ersten Meckern und Naserümpfen längst deutlich entspannter geworden war und schwer auf ihm lehnte.

„Sag ihnen, sie sollen weitermachen wie bisher. Sieht aus, als wäre der Sieg nicht mehr weit entfernt.“

Bokuto hätte die Herausforderung gar nicht erst annehmen sollen. Gegen Tetsurou kam er nicht an! (Zumindest nicht außerhalb eines Volleyballspielfeldes.)

 

 

 

***

 

 

 

Nachts auf Toilette zu gehen war für sich schon unheimlich genug. Asahi mochte es nicht, und er vermied es, so gut es ging. Manchmal ging es nicht, also war er in dieser Nacht trotz seiner Abneigung unterwegs.

Er bereute es, als er in die erste Pfütze trat. Der Flur sah aus, als hätten dort ein paar sehr wütende, nasse, mehlige Geister gewütet. In einer Ecke lag ein Tafelschwamm, der da sicher nicht hingehörte.

Er hatte ein ganz mieses Gefühl.

Irgendwo hörte er Geschrei und Gelächter. Da war Tanakas Stimme. Es war beruhigend, zu wissen, dass es nur seine Teamkameraden waren, und es war beunruhigend, denn er wusste, zu welchem Unfug die fähig sein konnten. Und wo Tanaka war, war Nishinoya nicht weit, also war viel Unfug vorprogrammiert. Er schluckte, während er sich langsam durch den dunklen Gang zur nächsten Herrentoilette vorarbeitete. Seine Socken waren durchnässt, und die Kälte, die dadurch von seinen Füßen aus seinen ganzen Körper hinaufzog, machte die ganze Situation nicht gerade heimeliger.

 

Irgendwie erreichte er die Toilette, ohne auf einen der Unruhestifter zu stoßen, die das ganze Chaos hier verursacht hatten. Leise, als hoffte er, dadurch nicht die Aufmerksamkeit des ganzen Tumults zu erregen, der hier irgendwo um ihn herum stattfand, öffnete er die Tür zur Toilette.

Und erstarrte.

„Hey hey hey! Was machst du in unserem super geheimen Hauptquartier?!“

Fukuroudanis Captain. Asahi schluckte, trat einen vorsichtigen Schritt zurück. Sein Körper erinnerte ihn unangenehmerweise wieder daran, wieso er eigentlich hier war. Er schluckte noch einmal, hob abwehrend die Hände.

„Ich müsste mal die Toilette benutzen“, erklärte er mit einem nervösen Lachen. Sein Gegenüber blinzelte, legte dann den Kopf schief und sah so eulenhaft aus dabei, dass er dem Namen seiner Schule wirklich alle Ehre machte.

„Aber das ist unser super geheimes Hauptquartier!“ – „…Das hier ist eine Toilette“, gab Asahi bemüht diplomatisch zurück. Er lächelte, doch sein Gesicht verzog sich dabei eher zu einer Grimasse der Verzweiflung, „Ich muss wirklich dringend, also–“

„Nein.“

Asahi blinzelte entsetzt. Sein Gegenüber stemmte empört die Hände in die Hüften.

„Es wird nicht ins Hauptquartier gepinkelt!!!“ – „Aber…“

Er schluckte die Frage herunter, warum sie ihr Hauptquartier überhaupt auf der Toilette aufgeschlagen hatten und fuhr sich mit einer Hand durch das wirre Haar, von dem er sich nicht die Mühe gemacht hatte, es hochzubinden, nur um auf die Toilette zu gehen.

„Bitte? Ich muss wirklich, wirklich dringend auf Toilette. Ich bin danach auch sofort wieder weg, und ich verrate euer Hauptquartier auch nicht, und–“ – „Hey hey hey!!! Okay! Du darfst aufs Klo gehen! Aber nur, wenn du uns danach hilfst! Der Chibi macht auch mit!“

 

Asahi seufzte, ließ resigniert die Schultern hängen. Er hatte doch gar keine andere Wahl als zuzustimmen…

 

 

 

***

 

 

 

Akinori fuhr zusammen, als sein Handy laut einen Anruf verkündete. Dank unterschiedlicher Klingeltöne musste er nicht einmal hinsehen, um zu wissen, dass es Bokuto war. Er bedeutete Saru, die Tür zu schließen, ehe er sich erschöpft in dem Biologieraum, in dem sie gelandet waren, niederließ und den Anruf auf Lautsprecher annahm.

„Hey hey hey!“, dröhnte ihm entgegen, noch bevor er etwas hätte sagen können. „Hier spricht Top Five!“

Akinori erstarrte. Saru lachte, seine Mimik eindeutig einmal passend zu seinem Gemütszustand und Akinori konnte nur entnervt stöhnen.

„Nein.“

Codenamen. Das war nicht Bokutos Ernst, oder?

Bitte, lass das nicht sein Ernst sein.

 

„Was gibt’s?“, griff er das Gespräch lieber wieder auf, bevor er sich vor Genervtheit noch wehtat. Er drückte Daumen und Zeigefinger einer Hand gegen seine Nasenwurzel und schloss die Augen. Er konnte förmlich spüren, wie Saru neben ihm immer noch grinste.

„Ah! Genau! Ich bin jetzt im Stützpunkt, zusammen mit Duttmännchen! Fluffy braucht übrigens Verstärkung, könnt ihr Kaktusblume rüberschicken?“ – „Was.“

Akinori starrte sein Handy entgeistert an, in der Hoffnung, es würde in gellendes Gelächter ausbrechen und verkünden, dass dieser Schwachsinn nur ein schlechter Scherz war. Saru neben ihm lachte schon wieder. Als Akinori zu ihm aufsah, formten seine Lippen fast tonlos die Worte „Wer ist Kaktusblume?“, ehe er einen neuen Lachanfall hinter seinen Händen erstickte.

Akinori fand das überhaupt nicht lustig.

 

„Hey hey hey! Hörst du mir überhaupt zu, Voyeur?!“

 

Akinori fand das wirklich nicht lustig.

Er schnaubte, presste seine Finger fester gegen seinen Nasenrücken.

„Bokuto, ich habe keine Ahnung, wovon du redest.“

Stille. Stille, die sich verdächtig in die Länge zog. Er hob die Augenbrauen, sah zu Saru hinüber, der mit einem breiten Grinsen nur ratlos die Schultern zuckte. (Und ja, er grinste wirklich. Langsam lernte Akinori, es zu erkennen. Zumindest in dieser Situation.)

„Bokuto?“

War die Verbindung weg? Ein Blick aufs Display zeigte, nein, der Verbindung ging es prächtig, und Akinori war sich sicher, Hintergrundgeräusche hören zu können. Von Bokuto kein Wort. Akinori stöhnte entnervt, als ihm dämmerte, woher das Schweigen kam. Er konnte förmlich vor sich sehen, wie Bokuto vor seinem Handy saß, mit diesem typischen idiotisch-starren Blick, den er immer drauf hatte, wenn er irgendetwas wollte. Akinori hasste es, dass er ahnte, was Bokuto wollte. Akinori hasste es noch mehr, dass er keine andere Chance hatte, als es ihm auch zu geben. Er seufzte noch einmal gequält. Gequält genug, dass Saru scheinbar Mitleid mit ihm hatte und ihm das Handy aus der Hand nahm.

„Top Five?“ – „Hey hey hey!!!”

Saru grinste. Akinori schlug seine Hand gegen die Stirn, bis es schmerzte.

„Was sollen wir tun?“

Bokuto wiederholte, den gleichen Schwachsinn, den er eben schon geplappert hatte – und legte einfach auf. Er ließ Akinori, Saru und das Tuten des Telefons völlig ratlos zurück. Sie tauschten resignierte Blicke.

„Wer zum Teufel ist Kaktusblume?“, fauchte Akinori dann genervt, und Saru lachte wieder los, klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, und seine Augen glühten vor übermütiger Freude, „Keine Ahnung, aber ich weiß, wer Voyeur ist.“

 

Das wusste Akinori auch.

Er hätte auf das Wissen allerdings verzichten können.

 

 

 

***

 

 

 

Seit Kuro auch nur signalisiert hatte, dass er eine Idee hatte, hatte Kenma gewusst, dass es eine verdammt dumme Idee werden würde, und dass früher oder später alle Beteiligten und Nichtbeteiligten sie bereuen würden.

Er hatte es gewusst.

Trotzdem hatte er sich aus dem Zimmer gewagt, bewaffnet mit seiner Zahnbürste, weil ein nächtliches Aufwachen ihn mit einem unangenehm pelzigen Geschmack im Mund zurückgelassen hatte, den auch die Wasserflasche, die er neben seinem Futon hatte, nicht wegspülen konnte. Er kannte Kuro; er war ein Idiot, aber er war nicht ganz lebensmüde, also sollte der Weg zu den Toiletten vergleichsweise sicher sein, vorausgesetzt, er stolperte nicht zufällig in eine Schlacht mitten auf dem Flur.

Aber die Schule war groß. Das Gelände noch größer.

Wie groß war die Wahrscheinlichkeit schon, dass ihm etwas passieren würde? Kenma wusste aus Erfahrung, dass man auf großer Fläche eigentlich immer sehr gute Chancen hatte, ohne Feindkontakt von A nach B zu kommen. Er hatte es schon oft genug ausgenutzt, wenn er keine Lust auf ewig langweilige Monsterkämpfe hatte. Außerdem, so, wie er Kuro einschätzte, würde der ohnehin darauf achten, alle Schlachten von den Toiletten weg zu lotsen. Und den Hauswirtschaftsräumen. Und der Küche.

Es sollte also eigentlich nichts schief gehen.
 

Eigentlich hatte Kenma aber auch vergessen, die Variable Fukuroudani und Bokutos Unberechenbarkeit in seinen Plan mit einzubeziehen.

 

Und irgendwie wunderte es ihn dann doch nicht, als er erst einmal darüber nachdachte, dass er plötzlich mitten im Gefecht stand, und eine grellblaue Wasserbombe direkt auf ihn zugeflogen kam.

Ah. Natürlich.

Er wusste, er war nicht schnell genug, um auszuweichen, und er wusste, die Wasserbombe würde mit seinem Gesicht kollidieren und ihn völlig durchnässen, und er wusste ganz genau, danach würde er verärgert abziehen, den Hauswirtschaftsraum suchen, und Yaku dazu bringen, diesen Schwachsinn zu beenden.

 

Die Bombe zerbarst gut dreißig Zentimeter von seinem Gesicht entfernt in einer ausgestreckten Hand. Wasser spritzte in Kenmas Gesicht, doch seine weit aufgerissenen Augen waren ohne jede Regung auf den zerzausten, nassen, orangeroten Haarschopf gerichtet, der zu dem Besitzer der Hand gehörte, die eindeutig versucht hatte, Kenma vor seinem Schicksal zu bewahren.

„Shouyou…“

 

Irgendwo hörte er Levs Rufe – „Kenma-San! Es tut mir Leid!“ –, aber er ignorierte sie. Fixierte lieber den kleinen Erstklässler, der gerade auf dem Boden aufgekommen schon zu ihm herumwirbelte, die Augen groß und besorgt.

„Kenma! Ist alles okay?!“

Shouyous Gesicht war nah. Zu nah, und Kenma zog sein eigenes unwillkürlich ein Stück zurück, ehe er langsam, wortlos nickte. Einen langen Moment noch blieb Shouyous Blick besorgt, dann stieß er in einem erleichterten Seufzen die Luft aus.

„Gut! Ich will nicht, dass Kenma etwas passiert!“

Er strahlte, so sehr, dass Kenma die Augen zusammenkneifen musste, und im nächsten Moment hatte er sich herumgewandt, eine Wasserbombe in der Hand, und schwor Lev grausame Rache – wofür auch immer. Kenma schüttelte den nassen Kopf und schlurfte in ungewöhnlich schnellem Tempo außer Reichweite des Tumults.

 

Die Wasserbombe war nicht mit seinem Gesicht kollidiert. Aber er würde trotzdem den nächtlichen Kaffeekranz stören.

 

 

 

***

 

 

 

Das Besenduell war eindeutig der Höhepunkt für Tetsurou.

Er hatte längst den Überblick darüber verloren, wie viel Zeit vergangen war. Ihre Wasserbombenreserven waren mindestens zur Hälfte erschöpft, ihre Mehlbomben fast alle verbraucht, und so viele Spuckkügelchen, wie an allen Beteiligten klebten, dürfte auch davon nicht mehr viel übrig sein.

Und es war großartig gewesen.

Großartig, und noch großartiger wurde es, als er sich Bokuto gegenübersah, beide von ihnen zufällig – nein. Es war Schicksal! – mit einem Besen bewaffnet. Ein Blick in die glühenden Augen des anderen Captains hatte gereicht. Wortlose Verständigung. Ein böses Grinsen, ein spöttisches Schnauben, und dann waren sie mit den Besenstielen aufeinander losgegangen, mitten in der Sporthalle, in die es sie inzwischen verschlagen hatte. Das Aufeinanderschlagen der Holzstöcke hallte laut von den Wänden wider, zusammen mit den Anfeuerungsrufen der anderen Anwesenden.

Es waren nicht ihre vollständigen Teams, aber es war genug, dass die Halle lebendig wirkte und dreckig wurde, immerhin stand hier niemand still. Es wurde mit Wasserbomben, Tafelschwämmen und Mehlwolken geworfen, Papierkugeln gespuckt, und irgendjemand ganz kreatives hatte Softbälle aus dem Geräteraum geholt, die nun munter hin und her flogen – und nicht selten aus Reflex heraus geschmettert statt geworfen wurden.

 

Es war genau, wie Tetsurou es sich vorgestellt hatte.

Unvergesslich.

 

Als die Turnhallentür aufging, eine der wenigen Türen, die nicht nach dem Schiebeprinzip funktionierte, und auf die man dadurch wunderbar oben einen gefüllten Wassereimer hatte balancieren können, klatschte besagter Eimer wie geplant herunter, ergoss seinen Inhalt mit einem lauten Platschen über das arme Opfer. Die gesamte Belegschaft in der Halle wandte sich um, um wahlweise zu lachen oder Mitleid zu bekunden.

Tetsurou blieb das Lachen im Halse stecken.

Und nicht nur ihm.

Die Stille, die in der Halle herrschte, war so allumfassend, dass man die Flöhe hätte husten hören können. In Tetsurous Ohren dröhnte sein Herzschlag, als der endlich wieder einsetzte, und er schluckte hörbar.

 

In der Tür standen Suga, Akaashi und Yaku, einer nasser als der andere.

Und einer wütender als der andere.

 

„Ich denke“, das war Sugas Stimme, und sie klang viel zu gefasst und viel zu bemüht freundlich. Yaku neben ihm sah weit weniger freundlich aus, als er in einem lautlosen Fauchen die Zähne bleckte, ehe er fortfuhr: „dass ihr genug Spaß hattet.“

Akaashi sagte gar nichts, und das war sogar noch gruseliger.

 

 

 

„Aber Akaashiiiiiiii! Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, hat Kuroo gesagt!“

Special: Code Nekoma

Minutenlang hatten die beiden geschwiegen, nachdenklich vor sich hingestarrt. Dann, ganz plötzlich, hatten sie ruckartig die Köpfe gehoben und breit strahlend einander zugewandt.

„Ich weiß es!“, verkündeten sie synchron. Inuoka und Shibayama erstarrten, blinzelten einander an. Tetsurou grinste in sich hinein beim Anblick seiner beiden Erstklässler. Sie schienen nur mit Blicken kommunizierend etwas auszumachen, dann nickten sie, wieder viel zu synchron, und wandten sich strahlend in die Runde ihres Teams. Ihr folgender Ausruf kam in einem perfekten Chor:

„Team Shiba Inu, stets zu Diensten!“

 

 

 

***

 

 

 

„Tora ist City Boy!“, verkündete Tanaka völlig selbstverständlich. Er brachte Tsukki damit zu einem abfälligen Prusten und Noya zum Lachen – „Ryuu! Das ist perfekt! Woah! Aber du brauchst was, das dazu passt!“

Die Erkenntnis ließ sie innehalten, und Tanaka sah reichlich bedröppelt aus. Tetsurou vermutete, es lag an seinen mangelnden Englischkenntnissen. Er ließ geknickt den Kopf hängen, Yamamoto imitierte die Geste beinahe augenblicklich.

„Ich weiß auch nicht, wie man Landjunge übersetzen kann.“

Eigentlich konnte er ja Erbarmen haben, oder?

„Country Boy“, übersetzte Tetsurou also grinsend. Zu schade, dass der Name Tsukki nicht auch zum Grinsen brachte. Yamamoto und Tanaka strahlten, bis ihr Glück wieder in sich zusammenfiel und sie sich an Noya wandten.

„Noya-San! Was ist mir dir?“

Der schien die Frage längst erwartet zu haben und grinste breit und ausgesprochen stolz auf sich selbst.

„Rolling Thunder“, verkündete er mit einer Ernsthaftigkeit, die Tanaka und Yamamoto in Jubelstürme ausbrechen ließ, während Tetsurou sich an seinem Lachen verschluckte.

 

 

 

***

 

 

 

„Mich könnten wir Ass nennen!“ – „KÖNNEN WIR NICHT, DU BOHNENSTANGE! ICH BIN DAS ASS, VERGISS DAS MAL JA NICHT!!!“ – „Aber Taketora-San, spätestens in einem Monat–“ – „WAS SAGST DU DAAAA?!“

Tetsurou ließ Yamamoto und Lev ihr Drama in Frieden klären, lehnte sich nur entspannt zurück und sah zu. Yamamoto musste seinen Platz schließlich selbst verteidigen, wenn er ihm so wichtig war. Außerdem sah es lustig aus, wie Taketora, der einfach sichtbar kleiner war, den Riesen Lev zusammenstauchte und damit sogar halbwegs erfolgreich zu sein schien. (Nichts war lustiger als Yaku dabei zuzusehen, wie er Lev maßregelte allerdings.)

„Zugegeben“, unterbrach Shibayama irgendwann, „fällt mir aber auch nichts ein.“

„Russian Roulette“, schlug Tsukki gelangweilt vor. Tetsurou sah ihn einen Moment verdutzt an, dann lachte er, während Tsukki in aller Langeweile viel zu zufrieden aussah.

„Was auch immer das ist, es gefällt mir!“, verkündete Lev, brachte Tetsurou damit nur noch mehr zum Lachen – fast so sehr wie Tsukkis anschließender Kommentar „Und es passt zu dir“.

 

 

 

***

 

 

 

„Black Cat“, war Inuokas Vorschlag, als es an Tetsurous Codenamen ging. Shibayama nickte begeistert, „Das ist gut! Es passt perfekt!“

Es passte, das gab Tetsurou gerne zu. Aber…

„Es ist langweilig. Viel zu einfach. Das erkennt selbst Bokuto.“

Und das war sollte etwas heißen! Auch wenn schwarze Katzen natürlich unglaublich cool waren. Er könnte gleich bei seinem Namen bleiben, es war nicht, als würde er Bokuto damit irgendetwas verheimlichen können.

„Chat Noir.“ – „Sha nowaa?“, echoten die beiden Erstklässler im Chor und brachten Tsukki damit dazu, angewidert das Gesicht zu verziehen. Vermutlich aufgrund der schlechten Aussprache. Tetsurou hatte keine Ahnung, denn ehrlich, er verstand es auch nicht wirklich, Sprachen waren nicht so ganz sein Ding.

„Chat Noir“, widerholte Tsukki also noch einmal, „Schwarze Katze. Französisch.“ – „Woah! Woher weißt du das?! Das ist ja total cool, Tsukishima!“

Tsukki blieb ihnen eine Antwort schuldig. Den Namen behielt Tetsurou trotzdem.

 

 

 

***

 

 

 

Einen Namen für Tsukki zu finden hätte einfach sein sollen – Es gab genug Wörter, die sich mit Mond assoziieren ließen, nicht wahr? Allerdings stieß nichts davon auf Begeisterung, am Allerwenigsten Noyas Vorschlag, ihn einfach Croissant zu nennen.

„Das sieht auch aus wie ein Mond, aber es ist nicht mehr so offensichtlich!“

Tetsurou fand, es musste verdammt offensichtlich sein, wenn so ein simples Gemüt wie Noya darauf kam. (Und damit dürfte auch Bokuto es erkennen.)

„Titan“, schlug er nach einigem Überlegen vor, nachdem sonst niemand mehr mit intelligenten Ideen aufwarten wollte. Tanaka sah nachdenklich zu Tsukki hinüber.

„Weil er so groß ist, huh? Ja, das passt.“

Nicht nur deshalb.

Tetsurou grinste, denn er war sich sicher, an Tsukki war die Mehrfachdeutigkeit des Namens nicht vorübergegangen – und sie schien ihm obendrein zu gefallen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (23)
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Von:  Starplayer24
2018-01-28T09:12:10+00:00 28.01.2018 10:12
super geniales Ende auch die Codnamen sind so cool Russisch Rulett ist so genal gewält aber wer war mit Kaktusblumme gemeint etwar Hinata zum Frisur würds ja passen ps was ist eigentlich mit Tobio can ist er nicht gestört worden durch den Lärm das Caos ist ja perfeckt äh wer war noch mal voliäur gewsen lg Starplayer24
Von:  Starplayer24
2018-01-28T09:01:00+00:00 28.01.2018 10:01
echt genial drei Begossne Pudel arme Mama Karasuno hi aber die Endschlacht ist super genial lg Starplayer24
Von:  Starplayer24
2018-01-22T09:07:55+00:00 22.01.2018 10:07
toll umschrieben auch die da im Kampf gefallenen oje jetzt mischen fast alle mit von Karasuno armes Ass er kann ja nichts da für wenn er mal aufs Klo muß ehey Eule geniale Codnammen super ichlach mich schlapp genial lg Starplayer24
Von:  Starplayer24
2018-01-22T08:50:16+00:00 22.01.2018 09:50
eine geniale idee allein gegegeen Bokotu da gehört mut dazu das Kapitel ist so genial und bereitete mir ganz viel spass beim Durchlesesn und das der Shrimp vom Team Karasuno auch noch mitmischt super genial lg Starplayer24
Von:  Starplayer24
2018-01-21T11:54:22+00:00 21.01.2018 12:54
oja eine tolle idee von Kuro ich hab erst ein Kapitel gelesesen und lachte mich schlapp na vieleicht war das Genie richtig gut in seiner Planung aber was machen die mit dem Mehl ? lg starplayer24
Von:  Kim_Seokjin
2016-08-01T07:57:42+00:00 01.08.2016 09:57
Ganz viel Liebe für das Special! Ich mag die Zusammenstellung der Truppe und wie sie funktioniert oder sie sich fast wieder an die Gurgel gehen, während Tsukki und Kuroo die Boebachter sind. Auch wie Tsukki die Namen so ganz nebenbei einwirft. Oder Kuroo's Vorschlag für Tsukki. So nice! <3

Was mir noch einfällt, was ich in den anderen Kapiteln gar nicht erwähnt habe, ist wie viel Liebe du ins Detail beim Schreiben mit reinnimmst. Es ist wirklich großartig!!! Dadurch hat man ein großartiges Kopfkino!
Antwort von:  Puppenspieler
01.08.2016 12:57
Hehe, danke! :D Ich dachte mir, es ist dringend nötig, die Codenamenbesprechung auszuschreiben! Es freut mich, dass es Anklang findet~♥

Woah, danke!!!*^* Das ist ein riesiges Lob für mich und freut mich super doll!
Vielen vielen dank, dass du die ganze FF gelesen und kommentiert hast, das ist echt super!!
Von:  Kim_Seokjin
2016-08-01T07:51:35+00:00 01.08.2016 09:51
Komi's Sterbeszene ist genial! <3
Und Bokuto's Codenamen - ich lag am Boden vor Lachen und bin froh, dass keiner der Chefs im Büro ist. Herrlich!

Die Klo Szene war auch absolut genial. Armer Asahi. *prust*

Ich hätte zu gerne gewusst, wie der Kampf zwischen Bokuto und Kuroo ausgegangen wäre, aber natürlich mussten die Mama's auftauchen. Aye, aye... ich möchte nicht in deren Häuten stecken.
Antwort von:  Puppenspieler
01.08.2016 12:56
Das war eine der ersten Szenen, die ich ausgeschrieben in meinen Notizen hatte... //D Und ich mag sie auch sehr, hach!*-*
Oh je. xD Das wäre sciher super gewesen, denen zu erklären zu versuchen, wieso du dich schieflachst. :D

Die hat übrigens Aphrodi gesponsort! :D Du solltest sie mit zuckerfreiem Gebäck überhäufen!

Vermutlich hätten sie einfach bis zum Morgengrauen weitergemacht... |D Tjah. Jetzt ist vorbei mit dem Spaß - oder eher... jetzt geht's erst richtig los? :D
Von:  Kim_Seokjin
2016-08-01T07:23:20+00:00 01.08.2016 09:23
*hihi*
Ich hatte eine Menge Spaß in diesem Kapitel, anfangs wegen Tsukki und Kuroo. Einfach herrlich, wie die Beiden die Eulen ausgetrickst haben und natürlich auch wie Tsukki klarstellt, dass er keine Eule ist.
Wataru tut mir ja ein wenig Leid, ich glaube, ich wäre da längst schon ausgerastet. HAHA! So eine Nervensäge, aber sehr liebenswürdige. xD
Antwort von:  Puppenspieler
01.08.2016 12:54
Ach, es macht auch wahnsinnigen Spaß, diese Unheilstifter zu schreiben!//D Ein wunderbares Gespann, die beiden.
Und alter... Lev hätte ich den Mund zugeklebt hat Onagas stelle! XD Nächstes Mal denken sie da hoffentlich dran! XD
Von:  Kim_Seokjin
2016-08-01T06:13:23+00:00 01.08.2016 08:13
Der Einwurf, das Akaashi sie köpfen wird, ist nicht unberechtigt. X’D
Über Akinori, der versucht vorzutäuschen, unzufrieden zu sein, finde ich amüsant.
Eigentlich kann ich gar nicht verstehen, dass sie noch nicht erwischt wurden, wenn Bokuto so laut ist. Ich glaube, da würde ich zuerst hinlaufen. X’D
Und ich kann verstehen, dass man keine Angst vor einem Anatomiemodell hat. Die Vorstellung, dass Kuroo oder Lev hinter einer Ecke stechen und hervorspringen, ist wirklich scary. Ich würde das ganze Gebäude zusammen schreien. X’DDDDDD

Bokuto’s Codenamen würden sicherlich rocken!

Haiba’s Auftritt ist klasse und hatte ich nicht erwähnt, dass ich vor ihm aufkreischen würde. Meine Vorstellung wurde nicht enttäuscht, dass er dann allerdings gefangen wurde, ist ein bisschen enttäuschend. Aber na ja. Yuuki und Sou, die sich verstecken und es mitbekommen, dafür umso amüsanter. Und noch besser ihr, dass sie
Und ihn zurückholen wollen Go Shiba Inu!!! <3

Woah und Yamato und Bokuto.. die Szene ist einfach genial!! :‘D
Und Hinata, der reinplatzt. Mit ihm habe ich ehrlich gar nicht gerechnet. xD

Antwort von:  Puppenspieler
01.08.2016 12:53
Waaaaaah!*-* Wie cool! Danke für die vielen Kommentare, jetzt bin ich erstmal ganz erschlagen! XD

Hach ja, sie haben einfach echt viel Glück, trotz Bokutos Lärm. :D
Aber ehrlich... Anatomiemodelle sind gruselig! D: Du würdest auch Angst haben, sobald es dir erst hinterherläuft!ò.ó
Ich glaube aber auch, dass die irren Katzen unheimlicher sind. Und lauter. Gefährlicher

Spoiler: Nein. XD

Der Russe braucht einfach auch mal nen Dämpfer! u____ú ist ganz gut, dass er gefangen wurde. Pah. xD

Wie schön, dass Hinata noch eine Überraschung war! XD Der Cast hat sich wirklich ungeplant vergrößert über die ganze FF (und ihren Nachfolger) hinweg. xD

Hach. Danke für den lieben Kommentar, und es freut mich, dass du Spaß hattest!
Von:  Kim_Seokjin
2016-07-21T19:08:25+00:00 21.07.2016 21:08
Kleine Leute können wirklich sehr böse werden. Oh ja! *spricht da aus eigener Erfahrung*
Aber die Szenen waren klasse, vorallem aus Kuroo's Sicht. Und Tsukki, der die ganzen tollen und idiotischen Pläne zerschmettert. Aye, aye! :'D

Es kann wirklich nur in einem Desaster enden!
Antwort von:  Puppenspieler
21.07.2016 21:09
Oh, das weiß ich auch! Ich kenn da so ein paar, die zwiebeln gerne, sobald man sie dran erinnert, dass sie klein sind... :'D ♥
Tsukki ist ein böser Mensch. û___u aber immerhin hat's geholfen! :D

Ein wunderschönes Desaster! Du wirst noch viel Spaß haben! :D

Danke für den Kommi! X3


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