Zum Inhalt der Seite

Racheengel

Du entkommst ihr nicht!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey ho,

wie ich es mir gedacht habe, schaffe ich es wirklich nicht alle 2 Wochen ein Kapitel hochzuladen, zumindest nicht momentan. Darum würde ich es dabei belassen erst mal nur alle 4 Wochen etwas hochzuladen, bis ich es schaffe mal mehr Kapitel in meinem Vorrat zu haben. Nun aber viel Spaß mit dem neuen Kapitel. Es ist nicht ganz so dramatisch wieder Prolog, aber aus meiner Sicht trotzdem wichtig.

LG Cherry Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben,

ich hoffe, ihr hattet ein paar schöne und entspannte Feiertage und seid gut ins neue Jahr gerutscht. Viel Spaß mit dem neuen Kapitel.

LG Cherry Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben,

es tut mir echt leid, dass ich es im letzten Monat nicht geschafft habe mein Kapitel hochzuladen, allerdings hat der Schreibprozess dieses Mal sehr lange gedauert und ich hatte auch mehr als erwartet zu tun. Eigentlich bin ich auch jetzt noch nicht vollkommen mit dem Kapitel zufrieden. Es ist mir einfach nicht gelungen, die Emotionen vom letzten Kapitel weiter zu tragen. Aber egal, wie ich es versucht habe, es ist nicht besser geworden. Trotzdem wünsche ich viel Spaß mit diesem Zwischenkapitel, auf dass es nächstes mal wieder spannender wird. *fies grinst* Ich versuche auch, mich zu bessern, was das hochladen betrifft.

LG Cherry Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey ho,

ich weiß, es ist eine halbe Ewigkeit vergangen, seit ich das letzte Mal was hochgeladen habe. Aber das wird so schnell nicht wieder passieren. Ich habe die nächsten drei Kapitel bereits fertig, sodass die nächsten vier Wochen gesichert sind :D
Nun aber erst mal viel Spaß mit dem neuen Kapitel.

Liebe Grüße und schönes Wochenende Cherry Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog


 

Prolog

 

Aus kalten türkisblauen Augen heraus blickte sie ihr Gegenüber an. Keine Emotionen lagen in ihrem Blick. Die hatte sie alle auf dem Weg hierher verloren, hatte sie verlieren müssen, um hier stehen zu können, um ihm gegenübertreten zu können. Er aber sah sie nur weiter spöttisch an, zeigte ihr, wie wenig er ihr glaubte, was er von ihr hielt. Noch immer machte er sich über sie lustig. Dabei war sie es, die die Pistole auf ihn gerichtet hatte.

 

Natürlich war sie sich darüber im Klaren, dass auch er irgendwo noch eine Waffe versteckt hatte. Jemand wie er ging niemals ohne aus dem Haus. Trotzdem machte er ihr damit keine Angst. Sie würde zuerst schießen, koste es, was es wolle. Dass er sie wahrscheinlich mit sich in den Tod reißen würde, war ihr egal. Viel mehr wünschte sie es sich sogar. Dann hatte das alles endlich ein Ende.

 

„Jetzt leg endlich die Waffe weg, Kindchen“, erhob er spöttisch seine Stimme. „Wir wollen doch nicht, dass du jemanden damit verletzten wirst.“ Er lachte. Temaris Blick aber blieb starr und kalt. Ihr war schon lange nicht mehr zum Lachen zu Mute und daran war allein er Schuld. Aber das spielte keine Rolle mehr, sie würde ihn dafür büßen lassen.

  „Machen Sie ruhig so weiter, dann werde ich sie nur noch schneller umbringen“, sagte sie. Ihre Stimme klang schwach, erschöpft. Genauso erschöpft wie sie sich in ihrem Innersten fühlte.

 

„Mach dich nicht lächerlich, Kind. Wir wissen beide, dass du mich nicht erschießen wirst, sonst hättest du es schon längst getan. Und weißt du, warum du es nicht tust?! Du hast Angst davor, was danach kommt, denn, wenn du mich auch tötest, hast du deine Aufgabe erfüllt und nichts mehr, was dich am Leben hält“, erwiderte er ruhig, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. Diese Wachsamkeit zeigte Temari, dass er selbst nicht hundertprozentig an seine eigenen Worte glaubte.

 

„Sie haben absolut keine Ahnung von mir“, belächelte sie seine Worte und entsicherte mit einer gewissen Genugtuung die Waffe. Eigentlich müsste es sie erschrecken, wie sicher das kalte Metall der Waffe in ihrer Hand lag, wie gut sie sich anfühlte. Früher hatte sie Waffen und Gewalt gehasst, ganz zu schweigen von Mord. Nun war es das, was sie am Leben erhielt. Es gab ihr das Gefühl von Sicherheit. Dabei ließ sie sich auch nicht von dem Gedanken beirren, dass sie dabei war ein Menschenleben auszulöschen, erneut. Auch der Gedanke, dass sie dafür in der Hölle schmoren könnte, schreckte sie nicht ab, schließlich gehörte sie, nach allem, was sie getan hatte, auch dahin. Doch sie würde garantiert nicht alleine gehen. Sie nahm ihn, den Anfang allen Übels, mit sich.

 

Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen zog sie den Abzug und drückte somit ab. Es war endlich vorbei! All ihre Arbeit zahlte sich in diesem Moment aus. All die Wochen des Schmerzes waren wie weggeflogen bei dem Anblick der Patrone, die wie in Zeitlupe auf ihr Ziel zuflog und dem ganzen endlich ein Ende setzten würde …

All you need is Love


 

1. All you need is Love

 

„Du siehst wunderschön aus, Temari“, schwärmte Matsuri von ihrem Bett aus und blickte mit verträumter Mine zu ihrer besten Freundin. Temari wand sich lächelnd vom Spiegel ab und ihr zu.

  „Danke, ich hoffe, es gefällt auch Shikamaru, wenn wir uns nachher treffen“, erwiderte sie mit Blick auf Matsuri.

  „Er wird hin und weg sein“, mischte sie Kankuro ein, der sich, während sie sich schminkte, in ihr Zimmer geschlichen hatte. Nun betrachtete er seine große Schwester vom Türrahmen aus, Gaara direkt neben ihm.

 

„Wohin führt er dich denn aus, dass du dich so hübsch gemacht hast?“, hakte Gaara nach, wobei er seinen Blick über ihr Kleid wandern ließ. Es war relativ schlicht in einem hellen Grau gehalten. Es war geschmückt mit einem dünnen Stoffüberzug, auf den Rosen gedruckt waren und kleine Steinchen, die diese verzierten. Getragen wurde es ausschließlich von dem rechten Träger. Am Dekolleté war der Stoff gerafft, am Bein war es eingeschnitten. Dazu trug sie silberglitzernde Schuhe.

 

„Wir gehen ins Estrella“, verkündete Temari ein wenig Stolz, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen, als sie die überraschten Gesichter der anderen sah. Allerdings hatte sie nicht minder überrascht ausgesehen, als sie erfahren hatte, dass Shikamaru sie in das schickste und teuerste Restaurant ausführen wollte. Dies bedeutete jedoch nicht, dass sie sich nicht darüber freute, auch wenn sie der Meinung war, dass es nicht nötig wäre.

 

„Vielleicht macht er es ja dann heute endlich“, quiekte Matsuri vergnügt. Dafür erntete sie sogleich einen bösen Blick seitens Temari. Doch es war bereits zu spät. Ihre Brüder waren hellhörig geworden und betrachteten ihre Schwester forschend.

  „Was wird er endlich machen?“, fragte Kankuro forsch. Temari verdrehte die Augen. War ja klar gewesen, dass sie nicht mit ihm über ihr Liebesleben sprach, schon gar nicht, wenn nichts gesichert war. Er würde es schon erfahren, wenn es passiert war.

 

„Ich hoffe für dich, dass du nicht enttäuscht wirst, Temari“, sagte Gaara ruhig. Natürlich wusste er wieder, was los war. Allerdings war das auch nicht besonders schwer, schließlich waren sie und Shikamaru mittlerweile seit fünf Jahren zusammen. Da gab es eigentlich nur zwei Dinge, die er wollen könnte.

 

Doch war es ihr ganz recht, dass Kankuro nicht wusste, worum es ging. So konnte er ihr wenigstens nicht reinreden. Denn das würde er sicher tun, wenn er wusste, worum es gehen sollte. Temari wusste jedoch auch, dass Gaara es ihm sagen würde, wenn sie weg war. Das hieß aber auch, dass, würde Shikamaru es heute nicht tun, hätte sie keine Ruhe mehr vor ihm …

 

Durch die Türklingel wurde sie aus ihren Gedanken gerissen.

  „Ich glaube, er ist da!“, kicherte Matsuri. Natürlich war er das. Wer würde sonst so spät noch kommen und etwas von ihnen wollen? Es musste also Shikamaru sein.

 

Schnell nahm sie sich ihre Tasche und ihre Jacke. Ihre Wertsachen hatte sie schon vorher in ihre Tasche gepackt. Mit ihren Sachen bewaffnet verließ sie ihr Zimmer und ging in den Flur, um die Tür öffnen zu können. Als sie diese geöffnet hatte, blickte sie augenblicklich in Shikamarus braune Augen. Ein Lächeln stahl sich bei seinem Anblick auf ihre Lippen.

 

Im Gegensatz zu seiner üblichen Manier hatte auch er sich etwas Hübsches angezogen. Er trug eine schwarze Hose und schwarze Schnürschuhe. Dazu hatte er sich ein schlichtes weißes T-Shirt angezogen, über das er ein schwarzes Jackett trug. Seine Haare hatte er ordentlich zu seinem üblichen Zopf gebunden. Alles in allem sah er ziemlich gut aus.

 

„Du siehst gut aus“, durchbrach er die Stille und ging einen Schritt auf sie zu, um ihr einen Begrüßungskuss auf die Lippen zu geben.

  „Ich weiß, aber trotzdem danke“, sagte sie keck und schlang ihre Arme um seinen Hals. Er schmunzelte und legte seine Hände auf ihre Taille.

  „Sollte man nicht eigentlich ein Kompliment erwidern, wenn man eines bekommen hat“, feixte er. Temari grinste.

  „Wenn du eine Freundin gewollt hättest, die dir sagt, dass du gut aussiehst, weil du es zu ihr gesagt hast, hättest du dir nicht mich ausgesucht“, konterte sie und zwinkerte ihm zu.

 

Als Antwort legte Shikamaru seine Lippen auf ihre. Er musste ihr nicht sagen, dass ihre Regel zwar für diesen Fall stimmte, aber lange nicht für alle, schließlich entsprach sie in vielen Fällen nicht unbedingt dem Bild, der Frau, die er sich immer als seine Frau vorgestellt hatte. Aber das wusste sie auch so. Dafür wusste er aber, auch ohne dass sie es sagte, dass er gut aussah. Das hatte er an ihren Augen gesehen, als sie die Tür geöffnet hatte.

 

„Nehmt euch ein Zimmer!“, kam es genervt von der Tür. Damit war die friedliche Stille gestört. Temari löste sich von Shikamaru und drehte sich zur Tür um.

  „Wenn es dich stört, dann hör auf, zu spannen!“, meckerte sie Kankuro an.

  „Ich muss aber doch wissen, was dieser Kerl mit meiner Schwester vor hat!“, erwiderte er sogleich. Temari schnaubte. Warum hatte Matsuri nicht einfach die Klappe halten können …

 

Bevor Kankuro oder Temari noch etwas sagen konnten, was sicherlich in einem Streit münden würde, mischte sich Shikamaru ein.

  „Temari, lass und am besten gehen. Du weißt, wie schwer es ist, einen Tisch im Estrella zu bekommen“, sagte er ruhig und schob seine Hände in seine Hosentaschen. Temari drehte sich wieder zu ihm um und nickte. Er hatte Recht. Man musste in der Regel Monate warten, bis man einen Tisch reservieren konnte. Ein weiterer Grund, warum sie so überrascht gewesen war, dass Shikamaru sie dorthin einlud.

 

Lächelnd hakte sich Temari bei Shikamaru unter und ließ sich von ihm zum Auto geleiten. Dort stieg sie auf der Beifahrerseite ein und wartete darauf, dass Shikamaru sie zu ihrem Ziel fuhr. Es war eine Fahrt von dreißig Minuten, in denen sie beide schwiegen. Shikamaru konzentrierte sich schlicht aufs Fahren, während Temari in ihren Gedanken wieder bei ihren Hoffnungen war. Fünf Jahre war eine lange Zeit. Eigentlich hatte sie nie wirklich über dieses Thema gesprochen, weshalb es nicht unbedingt abwegig war, dass sie enttäuscht wurde. Das ein oder andere Mal hatte sie schon überlegt, ob sie nicht selbst das Thema ansprechen sollte. Allerdings wusste sie nicht wie.

 

„Wir sind da“, durchbrach Shikamaru schließlich die Stille. Er hatte am Straßenrand nicht weit vom Restaurant geparkt, hielt ihre Tür offen und hatte ihr die Hand hingesteckt, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Temari aber stieg ohne seine Hilfe aus. Trotzdem hakte sie sich bei ihm unter und betrat mit ihm zusammen das Restaurant. Es war genauso wie sie es sich vorgestellt hatte. Im Eingangsbereich waren eine Garderobe und ein Empfangspult, an dem eine Kellnerin im Bluse und Weste stand.

 

Shikamaru nahm ihr ihre Jacke ab und sagte der Damen seinen Namen, auf dem die Reservierung lief. Lächelnd nickte sie und führte sie an ihren Tisch. Überall im Restaurant waren viele Tische in kleinen Nischen, so dass jeder Gast ungestört von den anderen war. Sie aber saßen in keiner dieser Nischen. Sie hatten einen der besonderen Tische an der Glaswand, durch die man einen einzigartigen Blick auf den Strand und aufs Meer hatte, welches an dem Restaurant grenzte. Es war einfach unglaublich.

 

„Wie bist du an so einen Tisch gekommen?“, fragte Temari, nachdem sie sich gesetzt hatte. Shikamaru zuckte mit den Schultern, während er die Karte studierte.

  „Unser lieber Hauptkommissar hat da irgendwas gedreht“, erwiderte er schließlich.

  „Nett von Kakashi, dass er das gemacht hat“, sagte Temari und warf auch einen Blick in die Karte. Dabei wunderte sie sich doch schon ein bisschen, dass sich der Chef Shikamarus solche Mühen gemacht hatte, um für sie so einen guten Tisch zu organisieren. Das allerdings bestätigte ihre Hoffnung, dass er es doch vielleicht tun wollte …

 

„Möchtest du eine Vorspeise?“, riss Shikamaru sie aus ihren Gedanken. Temari überlegte einen Moment lang.

  „Nein, ich glaube, ich nehme lieber nachher noch ein Dessert“, erwiderte sie nach einem Blick in die Karte. Shikamaru lächelte.

  „Warum frage ich auch bei der Dessertkarte“, lachte er leise. Temari stimmte in sein Lachen mit ein.

  „Und wie sieht es mit dir aus? Nimmst du eine Vorspeise?“, hakte sie nach. Shikamaru schüttelte den Kopf.

  „Nein, ich gehe lieber zur Hauptspeise über“, sagte er ruhig. Temari wusste, dass er nur keine Vorspeise nahm, damit sie nicht warten musste. Normalerweise würde sie ihm nun ihre Meinung geigen, doch das ließ sie heute mal. Auch weil in diesem Moment die Kellnerin kam, um ihre Bestellung aufzunehmen.

 

„Wie läuft es momentan im Revier?“, fragte Temari neugierig und nahm einen Schluck von ihrem Wein. Shikamaru tat es ihr mit seinem Wasser gleich.

  „Eigentlich ganz gut, wir kommen der Gang immer näher. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis wir sie geschnappt haben“, berichtete er schlicht, obwohl es ein unglaublicher Erfolg wäre. Das wusste Temari. Sie wusste aber auch wie gefährlich es sein würde solch eine Gang gefangen zu nehmen. Doch schon lange sagte sie nichts mehr dazu. Es würde eh nichts bringen, denn Shikamaru liebte diesen Job genauso wie sie ihren liebten. Da war einfach nichts zu machen.

  „Das freut mich für euch“, sagte sie deshalb schlicht.

 

Shikamaru konnte ihr trotzdem ihre Sorgen in ihren Augen ablesen. Er rechnete es ihr jedoch hoch an, dass sie nichts weiter dazu sagte, obwohl es ihr so offensichtlich Sorgen bereitete. Oft genug hatten sie sich schon darüber gestritten, sodass sie sich im Stillen darauf geeinigt haben, nicht mehr darüber zu reden. Sie wussten schließlich auch so, was der andere dachte. Das hatte sich in der ganzen Zeit so eingespielt. Nur manchmal stritten sie sich doch wieder darum. Doch das musste sein. Es einfach nur herunter zu schlucken wäre für ihre Beziehung nicht unbedingt förderlich. Ganz davon abgesehen, dass es diese kleinen Neckereien und Streitigkeiten waren, die ihr Zusammensein zu etwas Besonderes machten.

 

„Und wir läuft es bei euch im Atelier?“, stellte er die Gegenfrage. Temari grinste frech.

  „Du willst doch nicht wirklich, dass ich jetzt über Mode rede, oder?“, feixte sie lachend. Shikamaru stimmte in ihrem Lachen ein und schüttelte den Kopf.

  „Nein eigentlich nicht unbedingt“, gab er ehrlich zu.

  „Also belassen wir es einfach dabei, dass es sehr gut läuft und dass wir schon bald eine große Modenschau haben, um die neuen Designs zu präsentieren. Vielleicht kannst du dir an dem Tag freinehmen, um uns zuzugucken“, sagte sie ruhig. Shikamaru nickte.

  „Ich würde wirklich gerne kommen“, erwiderte er, bevor die Kellnerin mit ihrem Essen kam.

 

Schweigend aßen sie beide ihr Essen. Dabei genossen sie es so richtig, schließlich musste man das auch für ein Essen, das so viel kostete. Aber nicht darum genossen sie es, sondern auch, weil es ihnen unglaublich gut schmeckte.

 

„Kann ich etwas von deinen Trüffeln probieren?“, fragte Temari, während sie sich eine ihrer Nudeln in den Mund schob. Shikamaru nickte.

  „Gerne, wenn ich auch etwas von deinem Teufelsfisch bekomme“, erwiderte er schlicht. Auch Temari nickte und führte ihre Gabel hinüber zu seinem Teller, um sich etwas von ihm zu nehmen und in ihren Mund zu schieben. Shikamaru tat es ihr gleich.

  „Wirklich lecker“, sagte sie genüsslich. Shikamaru konnte ihr da nur zustimmen. Das Essen war wirklich das Geld definitiv wert.

 

„Trotzdem hätte ich das wirklich nicht gebraucht“, wand Temari schließlich ein. „Womit habe ich das verdient?“ Shikamaru schmunzelte.

  „Einfach nur so“, sagte er schlicht. Natürlich wusste er, worauf Temari hinaus wollte, doch noch wollte er dem nicht nachgeben. Ein wenig musste sie sich noch gedulden …

 

 

„Das war wirklich sehr lecker“, sagte Temari und legte ihr Besteck auf den Teller.

  „Ja, das war es“, stimmte Shikamaru ihr zu. „Möchtest du jetzt noch einen Nachtisch?“ Temari grinste.

  „Was denkst du denn?“

  „Klar, warum frage ich auch so blöd?!“, erwiderte Shikamaru schmunzelnd.

 

Noch lange saßen Shikamaru und Temari im Restaurant. Sie genossen das Essen, lachten, tranken, sprachen und hatten ihren Spaß. Für sie beide war es ein wundervoller Abend. Ein Abend, der seinen Höhepunkt noch nicht erreicht hatte. Ein Abend, der ein schreckliches Ende nehmen würde. Ein Abend, der für immer in ihrem Gedächtnis bleiben würde. Ein Abend, der der Wegweiser für ihr restliches Leben sein würde …


 


 

The Beginning

2. The Beginning

 

Zusammen verließen Shikamaru und Temari das Restaurant. Shikamaru half Temari in ihre Jacke. Anschließend hakte sie sich bei ihm unter und legte ihren Kopf an seinen Oberarm. Sie hatte den Abend mit ihm wirklich sehr genossen und tat es auch jetzt noch. Eigentlich genoss sie immer die Zeit mit ihm, auch dann wenn sie sich mal wieder stritten.

 

Beim Essen hatten sie beschlossen in den Park zu gehen. Temari hatte die Hoffnung, dass er es dort endlich machen würde, nachdem er es schon nicht im Restaurant getan hatte. Es wurde schließlich Zeit, dass er ihr einen Antrag machte. Natürlich hatten sie noch nicht wirklich darüber gesprochen, auch wenn ihre Freunde sie ständig fragten, wann sie denn endlich heirateten. Sie hatten immer nur ihre stummen Gespräche geführt: „Ja … aber noch nicht …“

 

Allerdings hatte sie schon seit Wochen bemerkt, dass sich etwas verändert hatte. Es war zwischen ihnen eine veränderte Schwingung zu spüren. Es fühlte sich plötzlich richtig an, es zu tun. Temari hatte dabei nur die Hoffnung, dass es nicht nur ihr so ging, sondern dass auch Shikamaru diese Veränderung bemerkt hatte, sonst machte sie sich noch vollkommen lächerlich.

 

„Temari? Alles ok?“, riss Shikamaru sie aus ihren Gedanken. Er war stehen geblieben und sah ihr tief in die Augen. Temari errötete leicht und sah sich um. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie bereits im Park waren. Sie war viel zu vertieft in ihre Gedanken.

  „Ja, alles ok“, erwiderte sie und schenkte ihm ein Lächeln. „Ich war nur ein wenig in Gedanken versunken.“

  „Welcher Gedanke hat dich denn so sehr gefesselt, dass ich deine Aufmerksamkeit vollkommen verloren habe“, neckte er sie, wobei er sich schon denken konnte, was sie so beschäftigte, schließlich hatte auch er die veränderte Stimmung zwischen ihnen bemerkt. Das Problem war einfach nur, dass er nicht genau wusste, wie er ihr den Antrag machen sollte. Es hatte sich einfach noch keine Gelegenheit ergeben …

 

„Oh weißt du, bei mir in der Agentur ist so ein super heißes neues Modell. Das will mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen“, konterte Temari grinsend. Shikamaru konnte darüber nur die Augen verdrehen. Das war mal wieder so typisch für seine Freundin. Sie musste immer das letzte Wort haben. Aber dieses Mal nicht. Dieses Mal würde er den Spieß einfach mal umdrehen.

 

„Wenn er so toll ist, dann kann ich den hier ja wieder einstecken und mitnehmen“, sagte er schlicht und präsentierte ihr den Ring, den er ihr eigentlich als Zeichen ihrer Verlobung schenken wollte. Doch im Gegensatz zu seiner Vermutung zuckte Temari schlicht mit den Schultern.

  „Wenn das dein Antrag gewesen sein soll, ja, dann kannst du ihn sehr gerne wieder einstecken“, erwiderte sie keck und meinte es auch vollkommen ernst. Sie wartete zwar auf einen Antrag seinerseits, aber wenn er ihn machte, dann sollte es schon ein richtiger sein und nicht einfach so dahin gesagt. Er sollte sich endlich einmal richtig anstrengen und sich Gedanken machen und nicht einfach die nächst beste Gelegenheit ergreifen.

 

Shikamaru dagegen seufzte und fuhr sich durch die Haare. Für ihn hatte es wie der richtige Moment ausgesehen. Es hatte einfach gepasst. Da konnte sie sagen, was sie wollte. Aber er kannte Temari auch und wusste aus langer Erfahrung, dass bei ihr nur selten etwas so einfach war. Eigentlich hatte er deshalb auch nicht wirklich erwartet, dass sie ihm um den Hals fiel und seinen Antrag annahm. Die wenigsten Frauen hätten das wohl getan. Trotzdem bereute er nicht, dies gesagt zu haben. Nun musste er handeln. Natürlich könnte er den Ring auch einfach wieder einstecken, aber dann brauchte er es auch die nächsten Wochen nicht mehr versuchen. Er musste ihr jetzt den Antrag machen, wenn er wollte, dass sie ihn annahm.

 

„Also gut“, sagte er und trat einen Schritt auf sie zu, sodass sie nur noch wenige Zentimeter trennten. Intensiv sah er ihr in die Augen, bevor er noch einmal tief durchatmete. Temari erwiderte seinen Blick genauso intensiv. Mit seiner rechten Hand umschloss er ihre linke ganz fest. Temari erwiderte den Druck, ein sanftes Lächeln auf den Lippen.

 

„Temari Sabakuno, du bist die Liebe meines Lebens. Ich weiß, dass es bei keinem von uns Liebe auf dem ersten Blick war, aber daran glaubst du ja so oder so nicht. Oft bist du mir einfach nur auf die Nerven gegangen, aber gerade das hat wohl deinen Charme ausgemacht. Heute könnte ich unsere kleinen Streitereien wohl nicht mehr leben, wobei ich auf die größeren verzichten könnte, aber die gehören wohl auch dazu. Ich liebe es, dass du nicht so bist wie alle die anderen Frauen und dass du mir kontra geben kannst“, redete er sich um Kopf und Kragen. Dabei hätte er noch so viel mehr aufzählen können. Dennoch brach er an dieser Stelle ab und ging vor ihr auf die Knie.

  „Temari, ich liebe all das und noch viel mehr an dir, sodass ich mir sicher bin, dass ich nicht mehr ohne dich leben will, ohne dich leben kann. Darum möchte ich dich hier und heute in Anwesenheit der unendlichen Sterne bitten, meine Freu zu werden“, schloss Shikamaru schließlich und zeigte ihr erneut den Ring, den er für Temari ausgesucht hatte.

 

Das Lächeln auf Temaris Lippen wurde noch ein bisschen größer, als sie sah, was für ein Ring es überhaupt war. Beim ersten Mal hatte sie das gar nicht wirklich realisiert gehabt. So beugte sie sich zu ihm hinunter und legte ihre Hand ganz sanft an seine Wange. Noch einmal verkürzte sie den Abstand zwischen ihnen beiden und Küsste ihn. Shikamaru erwiderte den Kuss und vertiefte ihn noch ein wenig mehr, dabei standen sie beide auf und schlossen sich in die Arme.

 

„Ich würde sehr gerne deine Frau werden“, sagte Temari, nachdem sie den Kuss wieder gelöst hatten.

  „Das freut mich aber“, erwiderte Shikamaru und gab ihr noch einen kurzen Kuss, bevor er ihr den Ring auf den Finger schob. Plötzlich aber wurde seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt, auf etwas, was sich weit hinter Temari befand, aber mit jeder Sekunde Stück für Stück näher kam.

 

Es war ein dunkel gekleideter Mann, der dort auf sie zugelaufen kam. Seine schwarze Kapuze hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, sodass man sein Gesicht nicht erkennen konnte. In seiner rechten Hand hatte er eine Pistole, die er auf sie beide gerichtet hielt.

  „Wie süß“, lachte er, als er in Hörweite war. „Da ist es schon fast bedauerlich, dass ich das junge Glück zerstören muss.“ Laut schallte sein Lachen durch den leeren Park. Sein fettes Grinsen wurde durch eine der wenigen Laternen beleuchtet, was das Ganze noch gruseliger wirken ließ.

 

Sofort löste Shikamaru die Umarmung und schob Temari hinter sich, um sie zu schützen. Er wollte um jeden Preis verhindern, dass sich eine der Kugeln in ihren Körper verirrte. Entschlossen ging er einen Schritt auf dem fremden Mann zu.

  „Ich sollte Sie warnen“, erhob Shikamaru seine Stimme. „Ich arbeite für die Polizei. Es ist also nicht besonders schlau, wenn Sie eine Waffe auf mich und meine Verlobte richten. Es könnte sich eine Kugel verirren, was für Sie schwerwiegende Folgen nach sich ziehen würde …“ Dabei sah er sein Gegenüber hart an.

 

Der Mann aber lachte nur und hielt die Waffe weiterhin auf ihn gerichtet.

  „Oh, das macht mir keine Angst. Ich weiß genau, wer du bist und was du angerichtet hast. Darum bin ich ja hier. Ich bin hier, um endlich aufzuräumen und danach gucke ich mal, was ich so mit deiner süßen Freundin machen werde. Echt erstaunlich, dass einer wie du so eine bekommen konnte“, lachte er, ließ sie beide dabei jedoch keine Sekunde aus den Augen.

 

Für Shikamaru war gleich klar, dass das hier nicht das erste Mal war, dass er eine Waffe auf jemanden hielt. Damit war auch klar, dass sie nicht so leicht aus dieser Situation herauskommen würden. Dennoch erhob er erneut seine Stimme.

  „Wenn Sie einen Polizisten erschießen, werden Sie nirgendswo mehr sicher sein. Man wird Sie verfolgen und finden“, sagte er ruhig. Dabei griff er in seine Tasche und griff nach seinem Handy, um unauffällig den Notruf zu wählen. Ohne seine Kollegen kam er hier sicher nicht weiter, zumal er auch seine Pistole nicht mit dabei hatte und er es nicht riskieren wollte, dass Temari etwas passierte.

 

„Temari, bitte geh doch vor zur Straße und warte dort. Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert“, sagte Shikamaru und wand sich leicht zu Temari, aber nicht soweit dass er seinen Gegenüber aus den Augen ließ. Temari nickte und drehte sich um, um zu gehen. Weit aber kam sie nicht. Bevor sie auch nur ein paar Schritte machen konnte, schoss der fremde Mann ihr direkt vor die Füße. Erschrocken zuckte sie zurück.

  „Sie geht nirgendswohin!“, sagte der Mann eiskalt und trat einen Schritt vor, womit er mehr von dem Licht der Laterne erleuchtet wurde. „Oder sie ist die erste, die stirbt!“

 

Augenblicklich zog Shikamaru Temari hinter sich und hielt ihre Hand ganz fest. Er hatte wirklich gehofft, dass er sie in Sicherheit bringen konnte, doch mit dem Typen war nicht zu spaßen. Shikamaru hoffte nur, dass seine Kollegen rechtzeitig kamen, um das Ganze zu beenden, ohne dass jemand von ihnen beiden zu Schaden kam. Er musste ihn einfach nur beschäftigen.

 

„Ich weiß, warum Sie hier sind und ich kann Ihnen sagen, dass es nichts bringen würde, mich zu erschießen. Ein anderer macht an meiner Stelle weiter und wird diesen Ring aus Drogendealern zerschlagen“, sagte er eisern. Nun, da der fremde im Licht stand, erkannte er ihn wieder. Er gehörte zu einem Drogendealerring, den sie schon lange versuchten zu zerschlagen. Dieser Mann war nur ein kleiner Fisch, aber nur so kamen sie Stück für Stück zu dem Big Boss.

 

Der fremde aber zuckte nur mit den Schultern.

  „Ist mir egal, dann bringen wir den eben auch noch um. Ich befolge hier nur Befehle. Mir ist egal, wen ich umbringe, solange ich mein Geld bekomme“, sagte er und zielte mit der Waffe wieder auf Shikamaru. „Dein dämliches Geschwätz bringt dich auch nicht weiter. Ich werde meinen Auftrag so oder so erledigen. Wir haben dich oft genug gewarnt. Das Spiel ist vorbei“, lachte er und entsicherte seine Waffe.

 

Shikamaru aber blieb noch immer ruhig. Er hatte immerhin noch seine Trumpfkarte.

  „Ja, das ist es tatsächlich. In wenigen Minuten wird der gesamte Park umzingelt sein. Ich habe meine Kollegen informiert. Sie sind alle unterwegs. Noch haben Sie also die Chance zu kooperieren. Mich oder meine Verlobte zu erschießen, bringt Sie also kein Stück weiter“, sagte er und drückte Temaris Hand noch ein wenig fester. Er konnte nur hoffen, dass dieser Typ nicht so dumm war, wie er aussah und es dabei beließ.

 

Doch Shikamaru irrte sich. Der Typ war einfach nur dämlich.

  „Du bluffst doch sicherlich“, lachte er. „Wie willst du deine Kollegen angerufen haben?! Ich habe dich die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen.“

  „Ich versichere, dass ich nicht bluffe!“, sagte Shikamaru noch immer ganz ruhig, anders würde er so oder so nicht weiterkommen. Doch der Fremde interessierte sich nicht für, das, was Shikamaru sagte. Er lachte nur kalt, drückte den Abzug und schoss.

Blood


 

3. Blood

 

Der Schuss halte in ihrem Kopf nach und ließ es in ihren Ohren klingeln. Temari aber achtete gar nicht darauf. Sie kniete auf dem kalten Asphalt des Parkwegs. Ihre Hände presste sie auf Shikamarus Unterleib. Die Kugel hatte ihn in den Bauch getroffen und zu Boden gehen lassen. Aus der Wunde floss unaufhörlich Blut, sickerte durch ihre Hände und benetzte Shikamarus Hemd und ihr Kleid mit seinem Blut, sodass beides binnen weniger Minuten rot gefärbt war.

 

Der fremde Mann, der geschossen hatte, stand noch immer an Ort und Stelle und lachte über Temaris verzweifelten Versuch, die Blutung zu stoppen. Es wurde immer deutlicher, was für ein Unmensch, was für ein Sadist er eigentlich war. Noch mehr wurde aber klar, dass es egal war, was Shikamaru gesagt hätte, er hätte so oder so geschossen.

 

Temari aber achtete gar nicht auf ihn. Sie presste ihre Hände weiter auf Shikamarus Bauch und weinte unerbittliche Tränen, die ihr dabei halten all das Blut nicht sehen zu müssen, das mittlerweile an ihren Händen klebte und sich auf ihrem silbergrauen Kleid verteilte. Dabei versuchte sie das Beben ihres Körpers zu unterdrücken.

 

„Temari … du musst … fliehen …“, hauchte Shikamaru mit schwacher Stimme. Temari aber schüttelte den Kopf.

  „Ich bleibe bei dir, Shikamaru! Ich lasse dich hier nicht sterben!“, schluchzte sie wütend und schaffte es so doch tatsächlich Shikamaru zum Schmunzeln zu bringen.

  „Keine Sorge … ich sterbe schon nicht …“, erwiderte er und versuchte dabei möglichst gelassen zu klingen. Temari konnte aber aus seiner Stimme und in seinen Gesichtszügen lesen, welche Schmerzen er hatte. Trotzdem spielte sie sein Spiel mit.

  „Stimmt, das wäre dir sicher viel zu anstrengen und zu nervig“, versuchte sie zu spaßen, was ihr aber nicht so recht gelingen wollte.

 

Shikamaru versuchte trotzdem zu lachen, um sie zu beruhigen. Dabei wusste er selbst, dass es nicht besonders gut um ihn stand. Er hatte bereits viel Blut verloren, was seine Sicht verschwommen werden ließ. Trotzdem konnte er genau sehen, wie die Tränen unaufhörlich über Temaris Wangen flossen. Gerne hätte er über ihre Wange gestrichen, doch ein weiterer Effekt des Blutverlustes war, dass sich sein Körper unglaublich schwer anfühlte und es ihm nicht gelang, seine Arme und Beine zu bewegen. Aber nicht nur sein Körper fühlte sich schwer an, sondern auch sein Geist …

 

„Shikamaru, du darfst nicht einschlafen!“, riss ihn Temaris panische Stimme aus seiner Trance. Er musste also genauso schlimm aussehen, wie er sich fühlte. Er hatte noch nie gehört, dass sie mal panisch war.

  „Hörst du, der Krankenwagen kommt schon!“, versuchte sie ihn und sich selbst zu beruhigen. Allerdings konnte Shikamaru weit entfernt tatsächlich die Sirene eines Krankenwagens hören. Dabei musste er schon viel näher an ihnen dran sein musste, denn der Dealer, der eben noch seine Verlobte ausgelacht hatte, war schon vor wenigen Minuten fluchtartig verschwunden. Schade. Er hätte gerne gesehen, wie das Arschloch von seinen Kollegen abgeführt wurde …

 

Diese erschienen wenig später zusammen mit den Sanitätern bei ihm und Temari. Sofort schoben die Sanitäter Temari beiseite, um sich besser um ihn kümmern zu können. Seine Kollegen hatten sich bereits aufgeteilt, um nach den Schützen zu suchen, aber davon bekam Shikamaru nichts mehr mit. Sein Geist verabschiedete sich immer mehr von ihm, bis er schließlich sein Bewusstsein verlor. Dabei dachte er bis zu letzte daran, wie sehr er Temari liebte und wie leid es ihm tat, ihr das hier anzutun, dass sie es miterleben musste, obwohl das hier einer der schönsten Tage ihres Lebens werden sollte.

 

Temari blieb nichts anderes übrig als hilflos daneben zu stehen. Sie musste dabei zusehen, wie die Sanitäter versuchten, die Blutung am Bauch ihres Verlobten zu stillen und ihm das Leben zu retten, während einer der Polizisten ihr irgendwelche Fragen stellte, die sie weder richtig verstand noch darauf antwortete. Den Polizist selbst kannte sie nicht. Es war irgendein Jungspund, der neu sein musste und noch kein Gefühl dafür hatte, wann der richtige Moment war, um eine trauernde oder angsterfüllte Frau zu befragen, wobei sie sich selbst niemals als angsterfüllt beschreiben würde. Dabei war es genau das, was sie gerade spürte. Angst.

 

Zu seinem Glück erkannte Asuma, ein langjähriger Kollege Shikamarus und mittlerweile sein Boss, das Problem und trat zu ihnen heran. Nach ein paar Wortwechsel schickte er den Jungspund weg, um sich selbst um sie zu kümmern. Führsorglich legte er ihr seine Jacke um ihre Schultern und zog sie vom Geschehen weg, damit sie nicht mehr mit ansehen musste, wie Shikamaru da auf dem kalten Boden lag, sein weißes Hemd blutgetränkt. Eigentlich war es auch sinnlos, denn das Bild hatte sich bereits in ihren Kopf gebrannt, trotzdem schätzte Temari es, wie Asuma mit ihr umging, wie er einfach bei ihr blieb und sie stützte, ohne etwas zu sagen. Jedes Wort, das ihr nicht sagte, dass es Shikamaru gut ging, wäre ein Wort zu viel. Das wusste auch Asuma nur zu gut. Er glaubte so oder so nicht mehr daran, dass der Mistkerl noch da war …

 

Irgendwann, Temari hatte jegliches Zeitgefühl verloren, kam einer der Sanitäter zu ihnen, um zu sehen, wie es ihr ging. Temari ließ die Behandlung nur widerwillig über sich ergehen. Das Blut, das an ihren Händen und ihrer Kleidung klebte, war eh nicht ihr eigenes. Es gehörte Shikamaru. Darum sollte sich der Typ lieber um ihn kümmern. Sagen tat sie das jedoch nicht, sie starrte einfach nur abwechselnd auf ihre Hände und die Stelle, an der Shikamaru lag, auch wenn sie ihn vor lauter Leuten nicht sehen konnte.

 

„Es scheint nicht so, als wäre sie verletzt. Sie steht nur unter Schock“, sagte der Sanitäter zu Asuma, als wäre sie gar nicht da, aber genau genommen war sie es auch gar nicht, zumindest nicht wirklich …

  „Wir wären außerdem bereit das Opfer ins Krankenhaus zu überführen“, erklärte er weiter und holte Temari so augenblicklich aus ihrer Starre.

  „Ich komme mit!“, sagte sie völlig unverwandt. Der Sanitäter aber betrachtete sie mitleidig und schüttelte den Kopf.

  „Tut mir leid, aber das geht nicht. Ich möchte nicht lügen, um Ihren Freund steht es nicht besonders gut. Wir werden im Krankenwagen jeden Platz brauchen“, erwiderte er. Temari gefiel das gar nicht.

 

„Das verstehen wir natürlich“, erwiderte Asuma, bevor sie etwas sagen konnte. „Aber könnte sie ihren Freund vielleicht vorher noch einmal sehen? Ich fürchte, sonst ist sie gleich nicht mehr zu bändigen.“ Es klang ein wenig scherzhaft, wobei ihnen allen klar war, wie ernst die Situation eigentlich war. Der Sanitäter betrachtete sie einen Moment lang, in dem Temari dachte, er würde nein sagen, nickte dann aber doch. Vermutlich sah sie wirklich so aus, als würde sie gleich jemanden köpfen, wenn sie nicht gleich ihren Willen bekam … Zusammen gingen sie zum Krankenwagen, in den Shikamaru gerade geschoben wurde.

 

Neue Tränen sammelten sich in Temaris Augen und ließen ihre Sicht verschwimmen, dabei hatte sie gedacht, dass sie schon alle Tränen verweint hatte … Aber Shikamarus Anblick schmerzte so sehr in ihrem Herzen und ließ sie sich so gleich hilflos fühlen, dass sie gar nicht anders konnte. Ihre Gefühle brauchten ein Ventil und das waren in diesem Fall die Tränen, für die sie sich selbst hasste …

 

Die Hand, die ihr gereicht wurde, um leichter in den Krankenwagen zu steigen, nahm sie kaum war, auch wenn sie ihr dankbar war, weil sie sonst sicher ungalant in den Wagen gestolpert wäre … Ihr Blick lag dabei nur auf Shikamaru, der in rotweiße Mullbinden gehüllt und an irgendwelche Geräte angeschlossen war, die ihn am Leben erhalten sollten. Seine Augen waren geschlossen und seine Haut leichenblass. Beides ließ sie fürchten, dass er bereits tot war, wenn die Geräusche der Maschinen nicht etwas anderes sagen würden …

 

Andächtig trat Temari zu ihm heran. Sie nahm seine Hand in ihre und legte sie an ihre Wange, wo sie von ihren Tränen benetzt wurde. Ihre andere Hand legte sie an Shikamarus Wange und strich mit liebevollem Blick über die weiche Haut.

  „Shikamaru, ich weiß, ich habe es dir nicht oft gesagt, aber ich liebe dich. Du bist für mich eine der wichtigsten Personen der Welt“, flüsterte sie ihm zu. Warum genau sie es tat wusste sie gar nicht. Vielleicht hoffte sie, dass es ihm half oder aber auch einfach nur, um sich selbst zu helfen.

  „Dass du mir heute den Antrag gemacht hast, war das Beste, was mir passen konnte, aber weißt du, darum musste du auch wieder zu mir zurück kommen, denn ich schwöre dir Shikamaru, ansonsten mache ich dir das Leben zur Hölle!“

 

„Temari, die Zeit ist um“, richtete Asuma das Wort an sie. Temari drehte sich kurz zu ihm um nickte, auch wenn sie gerne noch viel länger bei ihm geblieben wäre und ihm noch mehr erzählt hätte. Aber sie verstand, dass es besser war, wenn sie die Sanitäter ihre Arbeit machen ließ. So wand sie sich ein letztes Mal an Shikamaru. Sanft küsste sie seine Wange, weil sein Mund von einem Beatmungsgerät versperrt war.

  „Ich liebe dich!“

Hurt


 

4.Hurt

 

Von der Fahrt ins Krankenhaus bekam Temari nicht wirklich viel mit. Sie saß auf der Rückbank von Asumas Wagen und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Die Landschaft aber nahm sie nicht wahr. Ihre Gedanken waren die ganze Zeit nur bei Shikamaru und der Hoffnung, dass es ihm gut ging, auch wenn sie wusste, dass es nicht besonders gut um ihren Freund stand. Ihr blutgetränktes Kleid und ihre roten Hände waren Beweis genug …

 

Als der Wagen vor dem Krankenhaus hielt, lief sie sofort hinein und verlangte Informationen über Shikamaru. Die Empfangsdame sah sie unbehaglich an. Natürlich tat sie das, schließlich sah sie wahrscheinlich selbst so aus, als würde sie in großer Lebensgefahr schweben. Aber das interessierte Temari reichlich wenig. Sie wollte nur die erlösenden Worte hören. Doch erst, als Asuma hinter ihr stand und der Frau zunickte, gab sie Temari die Informationen, die sie haben wollte. Viel war es jedoch nicht. Sie verwies sie lediglich auf den Wartebereich, denn Shikamaru kämpfte im OP noch immer um sein Leben.

 

Niedergeschlagen schlug Temari zusammen mit Asuma den Weg in das Wartezimmer ein und setzte sich, ohne etwas ausrichten zu können. Lange aber konnte sie dort nicht einfach sitzen bleiben. Nervös lief sie die Gänge auf und ab. Es war für sie unerträglich nichts tun zu können, nicht zu wissen, wie es ihm ging und ob er das überlebte. Natürlich hatte sie sich bereits am Anfang ihrer Beziehung darauf vorbereitet, dass es passieren konnte, dass Shikamaru im Krankenhaus landete. Als Polizist trat er jeden Tag der Gefahr gegenüber. Dass es nun aber außerhalb seines Dienstes passierte und sie auch noch dabei war, warf sie vollkommen aus der Bahn. Immer und immer wieder sah sie vor ihren Augen, wie der fremde auf Shikamaru schoss. Sah nichts weiter als dunkelrotes Blut.

 

Während sie dort warteten, kamen immer mehr Kollegen Shikamarus, um zu erfahren, wie es ihm ging. Jeder neue Polizist betrachtete sie und ihre Kleidung mitleidig und bei jedem sah sie, wie nach ihrem Anblick die Hoffnung in den Augen der anderen erlosch. Als wäre das Blut an ihr Zeichen genug, um zu sagen, dass er das niemals überleben konnte. Und mit jeder erlöschenden Hoffnung starb auch ein Teil der Hoffnung in ihr und die Angst und die Verzweiflung erlangten die Oberhand. Yoshinos Reaktion aber war es, die ihr den Rest ihrer Zuversicht nahm.

 

Die ältere Frau, die eigentlich ihre Schwiegermutter werden sollte und sie wie ihr eigenes Kind in ihre Familie aufgenommen hatte, wurde von einem Officer und ihrem Mann begleitet. Ihre Augen waren rot und verquollen, trotzdem traten immer neue Tränen aus ihren Augen, die sie versuchte mit dem bereits durchnässten Taschentuch fortzuwischen. Es war offensichtlich, dass sie versuchte, die Starke zu spielen und sich keine Blöße zu geben. So wie es auch Temari versucht hatte.

 

Als Yoshino aber sie sah, sie in ihrem blutgetränkten Kleid mit ihren blutroten Händen, ließ sie jede Zurückhaltung fallen. Mit einem verzweifelten Schrei, der mehr in ein Schluchzen überging, warf sie sich ihrem Mann in die Arme.

  „Ich werde mein Baby verlieren“, schluchzte sie und zerstörte damit Temaris letzte Hoffnung, dass sie ihren geliebten Shikamaru noch einmal lebend wiedersehen konnte, dass er das hier überleben konnte. So war auch sie kurz davor die Nerven zu verlieren, vor allem weil Yoshinos Anblick es ihr nicht gerade einfacher machte, an sich zu halten.

 

Es waren TenTen und Matsuri, die sie schließlich retteten. Temari wusste nicht, wie oder wieso sie hergekommen waren, sie vermutete, dass Asuma während der Fahrt ein wenig herum telefoniert hatte, aber sie war ihnen dankbar. Zusammen führten sie Temari vorbei an den ganzen Polizisten und den anderen Wartenden den Flur entlang zur Besuchertoilette. Zuerst halfen sie Temari aus dem blutigen Kleid heraus und packten es in eine Plastiktüte, so wie es ihnen Asuma gesagt hatte. Mit einem Schwamm entfernten sie sorgfältig das Blut von Temaris Körper und ihren Händen. Danach holten sie aus einer Tasche eine Hose, ein T-Shirt und einen Kapuzenpullover und halfen Temari dabei, sich wieder anzuziehen.

 

Temari selbst ließ all das einfach über sich ergehen, als wäre sie eine Puppe. Sie hob oder beugte nur dann und wann ein Arm oder ein Bein, wenn eine der beiden sie dazu aufforderten. Ansonsten starrte sie in den Spiegel und betrachtete ihr Spiegelbild. Zumindest sollte es das sein. Doch die Frau, die ihr dort wie in Trance entgegen sah, war nicht sie. Diese Frau war leichenblass, ihre Augen waren rot und verquollen. Sie sah aus als wäre sie in dieser einen Nacht zwanzig Jahre älter geworden. Am meisten aber störte es sie, dass ihre Augen tot waren. Es war kein Leben mehr in ihnen zu sehen, genauso wie sie sich gerade fühlte.

 

Nachdem sich Matsuri und TenTen vergewissert hatten, dass kein Blut mehr an Temari klebte, führten sie sie wieder aus der Toilette heraus zurück in den Warteraum. Während der gesamten Zeit hatte keine der Frauen etwas gesagt. Von kurzen Aufforderungen abgesehen. Weder Matsuri noch TenTen hatten gewusst, was sie hätten sagen sollen. Auch für sie war die Situation einfach nur grauenvoll. Sie konnten sich gut vorstellen, dass es für Temari noch viel schwieriger war, schließlich war sie dabei gewesen.

 

Das Schweigen um Temari herum wurde erst gebrochen, als sie wieder im Wartezimmer angekommen waren. Dort wurde sie gleich von Kankuro in den Arm genommen, der sie ganz fest hielt und flüsterte: „Es tut mir so unendlich leid für dich, Temari.“ Gleich darauf verstärkte er die Umarmung noch einmal. Gaara stand dahinter und betrachtete sie mit demselben mitleidigen Blick wie schon Kankuro.

 

Etwas an ihren Blicken und an der Art, wie Kankuro diese Worte gesprochen hatte, sagten ihr, dass es vorbei war, dass all das Hoffen nichts mehr brachte. Aber nicht nur dies sprach dafür, sondern auch, dass Yoshino auf einem der unbequemen Stühle saß, an Shikaku gelehnt, während eine Schwester ihr eine Spritze verabreichte. Eine Beruhigungsspritze. Etwas, was sie auch gerne hätte. Etwas, das ihr half, all das nicht sehen zu müssen. Nicht sehen zu müssen, wie die traurigen, wütenden und mitleidigen Blicke der Polizisten auf ihr und Shikamarus Eltern lagen. Alle die Blicke, die ihr sagten, dass Shikamaru seinen Kampf verloren hatte, dass er niemals sein Versprechen halten konnte.

 

Ja, eine Beruhigungsspritze klang gut. Sicher hätte sie nur danach fragen müssen oder die Nerven vollkommen verlieren, dann hätte sie auch eine bekommen. Aber sie tat es nicht. Temari wusste nicht woher sie die Kraft nahm, doch sie strafte ihre Schulter und löste sich aus der Umarmung ihres Bruders. All die Blicke ignorierend, die auch ihr sicher den letzten Rest gegeben hätten, schritt sie auf Yoshino zu. Vor der zerbrechlichen Frau, die sie sonst immer wegen ihrer Stärke so bewundert hatte, blieb sie stehen. Gerne hätte sie etwas Tröstendes gesagt. Irgendwas. Aber sie wusste, dass es nichts in dieser Welt gab, das ihr den Schmerz nahm, den sie gerade spürte, schließlich hatte derselbe Schmerz ihr Herz fest in den Griff genommen …

 

Yoshino blickte auf und betrachtete sie. Ihre Augen waren genauso leer, wie die der Frau, die sie aus dem Spiegel heraus betrachtet hatten. Leer und tot. Sie schien genauso gerne etwas sagen zu wollen, aber zu wissen, dass es absolut nichts brachte. Trotzdem war es so als würden sie sich durch ihre Blicke gegenseitig ihr Beileid aussprechen. Dabei wanderten Yoshinos müde Augen zu dem Ring an Temaris Finger und ihr Blick wurde noch ein wenig trauriger, mitleidiger. Shikaku folgte dem Blick seiner Frau und auch sein Blick trübte sich.

  „Es tut mir sehr leid für dich, Temari“, sagte er und streckte ihr seine Hand entgegen. Temari aber schüttelte den Kopf und murmelte: „Mir tut es leid …“, doch durch den Klos in ihrem Hals war ihre Stimme kaum zu hören. Shikaku aber hatte sie trotzdem gehört.

 

Gaara trat hinter seine Schwester und legte seine Hand auf ihre Schulter. Stumm forderte er sie so zum Gehen auf. Es gab hier nichts mehr für sie zu tun. Nichts, das sie noch ausrichten konnte. Nichts, das einen von ihnen half. Diese Atmosphäre sorgte nur dafür, dass sie sich mehr und mehr verlor. Verlor in ihrer Trauer und ihrer Verzweiflung. Darum sah Gaara es als seine Pflicht an, Temari von diesem Ort fort zu schaffen. Doch bevor sie das Wartezimmer verlassen konnten, stellte sich Asuma ihnen in den Weg.

 

„Temari, dein Verlust tut mir leid und ich verstehe, dass du Zeit brauchst, aber wir benötigen dringend deine Aussage, um den Mann zu finden, der Shikamaru das angetan hat. Ich würde dich also bitten, in den nächsten Tagen im Revier vorbei zu schauen“, sagte er bedacht.

  „Wir werden dafür sorgen, dass sie kommt, wenn es ihr besser geht“, antwortete Kankuro für Temari, als wäre sie gar nicht anwesend. Aber so wirklich war sie das auch nicht. Sie stand zwar da, aber ihre Augen waren leer. Sie zeigten, dass sie nichts mehr um sich herum wahrnahm, dass sie eine gefangene ihrer eigenen Trauer war.

Police

5. Police

 

Seufzend trat Gaara an die verschlossene Zimmertür seiner Schwester. Seit zwei Tagen war Shikamaru nun tot. Seit zwei Tagen schloss sie sich in ihr Zimmer ein. Heraus kam sie nur, um mal auf Toilette zu gehen. Er und Kankuro kamen regelmäßig zu ihrer Tür, brachten ihr etwas zu essen oder versuchten mit ihr darüber zu reden, um ihr mit ihrem Schmerz und ihrer Trauer zu helfen …

 

Temari aber reagierte nicht. Sie aß und trank kaum. Sie sprach mit niemanden, egal ob es sich dabei um ihre Brüder oder ihre Freunde handelte. Sie fraß den Schmerz immer weiter in sich hinein, sodass sie alle Angst hatten, sie würde an ihm zugrunde gehen.

 

Bevor Gaara das Zimmer seiner Schwester betrat, klopfte er sanft an die Tür, auch wenn er wusste, dass sie ihm eh nicht antworten würde. Das tat sie in letzter Zeit nie. Trotzdem gab er nicht auf. Auch jetzt hatte er die Hoffnung, eine kleine Regung bei ihr zu sehen, schließlich war er nicht alleine gekommen. Aber auch der Grund, warum sie gekommen waren, war nicht der angenehmste.

 

Als sie das dunkle Zimmer betraten, hatte sich Temari wie sonst gerührt. Wie die ganze Zeit lag sie auf ihrem Bett und starrte ausdruckslos an die Decke. In ihren Armen hielt sie einen kleinen Stoffhund, den Shikamaru ihr einmal geschenkt hatte. Doch kein einziges Mal seit sie wieder bei sich zu Hause waren, hatte er sie weinen sehen. Sie lag die ganze Zeit einfach nur so da.

 

Gaaras Blick wanderte zu Shikaku neben sich, der Temari traurig betrachtete. Äußerlich wirkte er unglaublich stark, in seinen Augen aber konnte Gaara sehen, wie schwer auch für ihn die gesamte Situation war. Natürlich war es das, er hatte schließlich erst vor kurzem seinen Sohn verloren und musste als Ehemann doch Stärke zeigen.

 

„Wenn es für dich ok ist, würde ich gerne mit Temari alleine sprechen“, riss Shikaku ihn aus seinen Gedanken. Gaara warf zunächst einen Blick auf seine große Schwester, die sie noch immer keines Blickes würdigte, dann wieder auf Shikaku, bevor er schließlich nickte und ging. Dabei hoffte er, dass Shikaku ihr endlich eine Regung entlockte, egal welche.

 

Shikaku wartete, bis Gaara den Raum verlassen hatte, bevor er näher an Temari heran trat. Wenn er sie da so liegen sah, erkannte er eine unglaubliche Ähnlichkeit zu seiner Frau. Auch sie war die meiste Zeit apathisch und betrachtete Bilder von ihrem Sohn, wenn sie nicht doch weinend in seinen Armen lag oder durch Hausarbeit versuchte ihre Traurigkeit und ihren Schmerz zu verdrängen. Nun sah er mal wieder, wie ähnlich diese beiden Frauen sich doch waren.

 

„Temari, es tut mir leid …“, begann er, jedoch fiel ihm Temari gleich ins Wort.

  „Du musst dich bei mir nicht dafür entschuldigen, dass Shikamaru gestorben ist. Euer Verlust ist bestimmt noch größer“, sagte sie. Dabei lief es Shikaku jedoch ein Schauer den Rücken hinab. Er hatte nicht damit gerechnet, je so eine kalte Stimme aus ihrem Mund zu hören.

 

„Ich glaube nicht, dass unserer Verlust größer ist als deiner“, sagte Shikaku ruhig, auch wenn es ihm schwer fiel so über seinen Sohn zu reden. „Außerdem wollte ich mich nicht dafür entschuldigen. Keiner von uns kann etwas dafür, was passiert ist. Ich wollte mich nur für den Grund entschuldigen, warum ich hiergekommen bin und dich belästige.“ Mit seinen ruhigen und einfühlsamen Worten schien Shikaku sie neugierig gemacht zu haben. Zum ersten Mal, seit er das Zimmer betreten hatte, richtete sie sich in ihrem Bett auf und sah ihn direkt aus ihren leeren blaugrünen Augen an. Den Stoffhund hielt sie dabei noch immer in ihren Armen.

 

Shikaku konnte sich noch gut an ihn erinnern. Shikamaru hatte ihn vor einigen Jahren bei einem Schießstand auf dem Jahrmarkt für sie gewonnen. Als Temari und er später bei ihnen zu Abend gegessen hatten, hatte sie Shikamaru aber die ganze Zeit damit aufgezogen, dass er trotz Polizeiausbildung und Schießtraining kein größeres Stofftier gewinnen konnte. In ihren blaugrünen Augen jedoch hatten er und seine Frau sehen können, wie sehr sie sich gefreut hatte. Ihre blaugrünen Augen, die immer geleuchtet haben, wenn sie ihn ansah und somit ihre wahren Gefühle verriet. Ihre blaugrünen Augen, aus denen sie ihn fast leblos ansah.

 

„Und warum bist du gekommen?“, riss sie ihn aus seinen Gedanken. Shikaku überwand den letzten Abstand zwischen ihnen und setzte sich zu ihr aufs Bett.

  „Es tut mir leid, Temari, dich damit belästigen zu müssen, aber Asuma hat bei uns angerufen“, erklärte er, ließ sie dabei aber nicht aus den Augen. „Sie würden den Täter gerne finden, aber dafür brauchen sie deine Aussage. Uns allen ist klar, wie schwer das für dich sein muss, aber …“

 

„Ich mache es“, unterbrach Temari ihn. Auch jetzt noch war ihre Stimme frei von jeglichen Emotionen. Trotzdem fiel Shikaku ein Stein vom Herzen.

  „Ich danke dir, Temari, wir danken dir. Wenn du nichts dagegen hast, fahre ich dich zum Revier“, bot Shikaku ihr an. Temari nickte. Sie legte den Hund bedacht auf ihr Bett und verschwand in ihrem Kleiderschrank. Als sie wieder vor Shikaku stand, trug sie anstelle ihrer schwarzen Jogginghose eine enganliegende Jeans. Außerdem hatte sie sich ein stylisches T-Shirt angezogen. Alles in allem sah sie so aus wie sonst, nur ihre Augen spiegelten noch die Traurigkeit in ihrem Inneren wieder.

 

Shikaku jedoch war froh, dass er es schon einmal geschafft hatte, sie zu überzeugen, ihre Aussage zu machen. Das war weder ihren Brüdern noch ihren Freunden gelungen. Bei keinen von ihnen hatte sie wirklich auf das gesagte reagiert. Warum sie gerade mit ihm gesprochen hatte, konnte er nur vermuten …

 

 

Während der Fahrt hatte Temari ihren Blick aus dem Fenster geworfen, auch wenn es kaum etwas zu sehen gab. Der Himmel war übersät mit grauen und schwarzen Wolken und Regen prasselte auf die Erde hinab. Kaum jemand kam an diesem Tag aus dem Haus. Doch das war für sie nur gut. Blauer Himmel und strahlende Leute hätte sie zu diesem Zeitpunkt auch nicht wirklich ertragen. Sie hatte so schon schlechte Laune, weil alle sie behandelten, als würde sie jedem Moment zerbrechen. Nicht dass sie bestreiten würde, dass es so war, trotzdem ging es ihr auf die Nerven.

 

Bei Shikaku war das anders. Er beruhigte sie. Aber viel wichtiger, er sah sie nicht so offensichtlich an. Natürlich trug sein Blick dasselbe Mitleid wie bei allen anderen auch, aber gleichzeitig war er selbst gezeichnet von dem Verlust seines Sohnes. Und so absurd es auch klang, es spendete ihr Trost, zumindest ein kleines bisschen. Soweit es eben helfen konnte, zu wissen, dass man mit seiner Trauer nicht vollkommen alleine war …

 

Shikaku führte Temari durch das Polizeirevier, das sie schon so viele male betreten hatte, um Shikamaru zu besuchen. Heute tat sie es nur, um dabei zu helfen, seinen Mörder zu fassen und hinter Gitter zu bringen. Jedoch blieb sie plötzlich vor einer kleinen Vitrine stehen. Früher war sie immer an ihr vorbei gegangen, ohne einen wirklichen Blick auf sie zu werfen. Heute konnte sie ihren Blick nicht abwendend.

 

In der Vitrine befanden sich Bilder von uniformierten Polizisten. Allerdings waren es nicht nur irgendwelche Polizisten. Sie alle waren in Erfüllung ihrer Arbeit oder wegen ihr gestorben … So blickte aus einem der Bilder Shikamarus braune Augen ihr entgegen. Es versetzte ihr einen Stich ins Herz. Hätte sie sich nicht geschworen nie wieder wegen Shikamarus Tod zu weinen, wären ihr bei diesem Anblick sicher neue Tränen gekommen …

 

„Wir werden ihn finden“, versicherte ihr Asuma und riss sie so aus ihren Gedanken. Temari selbst nickte einfach nur, schließlich würde das Shikamaru auch nicht zurückbringen … Er war weg. Für immer. Keiner konnte daran etwas ändern. Trotzdem folgte sie Asuma, ließ sich einen Kaffee geben und erzählte, was an dem Abend passiert war, dabei spielte sie mit ihrem Verlobungsring. Asuma konnte sie dabei jedoch nicht in die Augen sehen und auch nicht dem Polizeizeichner, der ein Abbild von ihrem Angreifer machte. Sie beide trugen denselben Blick wie alle anderen auch. Es war unerträglich!

 

Nachdem Asuma aber das Bild des Zeichners sah, verließ er das Zimmer und ließ sie mit dem anderen Polizeibeamten alleine. Dabei hatte das Bild nicht gerade viel ergeben. Er hatte einen schwarzen Kapuzenpullover getragen und es war dunkel gewesen. Sie konnte nur noch seine spöttischen Augen beschreiben. Sie hatten sich in ihr Gedächtnis gebrannt, genauso wie Shikamarus blutüberströmter Körper. Jedes Mal, wenn sie ihre Augen schloss oder zu viel nachdachte, sah sie beides vor ihren Augen. Da sie aber eigentlich die ganze Zeit alleine in ihrem Zimmer saß und nachdachte, hatte sie die Bilder seit zwei Tagen fast laufend vor Augen. Es war grausam.

 

Als Asuma nach kurzer Zeit wiederkam, hatte er einen dicken Ordner in der Hand, den er vor ihr aufklappte, während er sich hinter ihren Stuhl stellte. Schnell hatte er die richtige Seite gefunden. Noch bevor er fragen konnte, tippte Temari auf eines Bilder und sagte: „Das ist er.“ Asuma sah sie nachdenklich an, bevor er fragte: „Bist du dir sicher, Temari?“ Sie nickte.

  „Wer ist das?“, hakte sie nach, hatte sie doch das Gefühl, dass es hierbei um mehr ging. Asuma aber schwieg eine ganze Weile, während er sie einfach nur nachdenklich betrachtete, wobei er allerdings weiterhin hinter ihrem Stuhl stehen blieb. Temari vermutete, dass er gerade abwog, wie viel er ihr erzählen konnte …

 

„Hat dir Shikamaru erzählt, woran er gerade gearbeitet hat?“, fragte er schließlich. Temari schüttelte den Kopf. Das hatte er nie. Er hatte gewusst, dass sie nicht wissen wollte, mit welchen gefährlichen Dingen er sein Geld verdiente. Sie hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie seinen Job nicht mochte. Immer hatte sie sich Sorgen gemacht, dass sie einen Anruf bekam, dass Shikamaru etwas passiert war. Dass sie selbst es war, die diesen Anruf hatte tätigen müssen …

 

„Shikamaru ist einem großen Drogenhändler auf die Spur gekommen. Dieser Mann ist einer seiner Dealer. Er erledigte aber auch die Drecksarbeit für den Big Boss. Ich schätze Shikamaru ist ihm unbewusst zu nahe gekommen, weshalb er eliminiert werden musste“, erklärte Asuma bitter und schluckte. Auch für ihn war es nicht gerade leicht, dass er sein Schützling verloren hatte, ohne etwas dagegen tun zu können …

 

Temari aber nickte nur. Sie hatte genug gehört. Genug, um zu wissen, dass Shikamaru wirklich wegen seiner Arbeit gestorben war, so wie sie es immer befürchtet hatte. Genug, um zu wissen, dass der Mord an der Liebe ihres Lebens einfach nur Drecksarbeit war. Genug, um zu wissen, dass die Polizei niemals den wahren Täter finden konnte, nicht mit den Mitteln, die sie hatten. Shikamaru würde damit niemals die Gerechtigkeit wiederfahren, für die er immer so hart gekämpft hatte …

The First

6. The First

 

„Alles ok bei dir, Temari?“, fragte Shikaku sie, als sie aus Asumas Büro kam. Temari nickte einfach nur. Was sollte sie auch schon sagen? Ihre große Liebe war gestorben und sie hatte gerade erfahren. Dass er nie Gerechtigkeit erfahren würde. Trotzdem konnte sie nichts daran ändern. Sie konnte nur versuchen mit den Bildern, die sich in ihren Kopf gebrannt hatten, fertig zu werden. Erst dann würde es ihr vielleicht wieder gut gehen.

 

„Soll ich dich dann wieder nach Hause fahren?“, fragte Shikaku führsorglich weiter. Dieses Mal schüttelte Temari den Kopf.

  „Ich würde mir gerne noch ein wenig die Beine vertreten“, erklärte sie. Ein Lächeln huschte über Shikakus Lippen. Vermutlich freute er sich, dass sie sich nicht mehr in ihrem Zimmer einschloss und ihrer Trauer hingab. Würde er aber wissen, dass sie auch jetzt nur die Bilder von seinem toten Sohn vor Augen hatte, würde er sich sicher nicht so freuen.

 

So nickte er einfach nur und sagte: „Wenn etwas ist, kannst du dich gerne an mich wenden. Ruf einfach an.“ Wieder nickte Temari nur, bevor sie sich von ihm und Asuma verabschiedete. Erhobenen Hauptes verließ sie das Revier, ohne noch einen Blick auf die Vitrine zu werfen. Zumindest versuchte sie das. Am Ende gelang es ihr schließlich nicht. Aber wenigstens bekam sie so nichts von den mitleidigen Blicken mit, die ihr die Polizisten zuwarfen …

 

Als sie raus auf die Straße trat, ließ sie sich von ihren Füßen treiben. Ihre Gedanken waren schon lange wieder bei Shikamaru. In den letzten Tagen hatte sie Stunde um Stunde damit verbracht, den schlimmsten Moment ihres Lebens Review passieren zu lassen. Sie hatte überlegt, was sie hätte anders machen können, um ihn zu retten. Doch jedes Mal wieder starrte sie völlig bewegungslos in den Lauf der Waffe. Sie konnte sich einfach nicht rühren, konnte einfach nur zuhören und zusehen wie ihre Liebe, ihr Leben, sie langsam verließ, ohne etwas tun zu können.

 

Ja. Die Hilflosigkeit. Es war die Hilflosigkeit, die sie langsam aber sicher immer mehr von innen zerriss … Zerbrach an der Hilflosigkeit und Einsamkeit. Ja, sie war nicht alleine. Sie hatte ihre Brüder, ihre Freunde und sogar Shikamarus Eltern. Trotzdem fühlte sie sich so einsam wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Einsam und Leer. Nein, es war nicht die Einsamkeit, die sie zerfraß. Es war diese unendliche Leere, die sie in ihrem Herzen spürte …

 

Eine einzelne Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkelt, rollte ihre Wange herunter und riss sie aus den Tiefen ihrer Gedankenwelt. Schnell fuhr sich Temari über ihre Wange, um die verräterische Spur zu verbannen, wollte sie doch nicht noch einmal weinen. Shikamaru hätte sicherlich nicht gerne gesehen, wenn sie wegen ihm weinte. Ja, er hätte auch nicht gewollt, dass sie all ihren Schmerz in sich hinein fraß, aber so war sie nun mal …

 

Um die Gedanken abzuschütteln, blickte sie sich um. Dabei versuchte sie zu ergründen, wo sie überhaupt war. Lange musste sie aber nicht nachdenken. Jeder kannte diesen Ort. Jeder kannte ihn, weil fast alle ihn mieden. Ihre Füße hatten sie direkt zu dem Eingang des gefährlichsten Viertel der Stadt geführt. Ein Viertel, in dem nur das Schlechteste zusammen kam. Mord. Armut. Gewalt. Prostitution. Drogenhandel. In diesem Viertel versammelten sich die gefährlichsten Menschen der Stadt.

 

Normalerweise würde sie gleich wieder umdrehen und diese Gegend verlassen. Doch etwas sagte ihr, dass ihre Beine sie nicht umsonst hierher getragen haben, weshalb sie endschied einfach weiter zu gehen. Angst hatte sie dabei nicht. Was hatte sie auch schon zu verlieren? Ihr Leben hatte ihr schon jemand genommen. Sie war eigentlich nur noch eine leere Hülle.

 

Als sie aber ein paar Schritte gegangen war, wusste sie, warum ihre Beine sie direkt hier her getragen haben. In einer Gasse konnte sie ihn sehen. In den letzten Tagen hatte sie sein Gesicht immer wieder sehen müssen. Ja, sie war sich sicher, dass er es war. Sein Gesicht würde sie niemals vergessen. Er war es schließlich, der ihr ihr Leben geraubt hatte …

 

Lange stand Temari einfach nur da. Stand da und beobachtete ihn. Beobachtete ihn, wie er seine Drogen verkaufte, Leute bedrohte und mit den Prostituierten sprach. Während sie ihm dabei zusah, füllte sich ihre innere Leere Stück für Stück mit Hass. Hass und Wut. Eine Wut, die sie zugleich füllte und auffraß, ohne dass sie es bemerkte und hätte aufhalten können.

 

Von der Wut und dem Hass getrieben, setzte sich Temari wieder in Bewegung. Doch statt zu gehen und diesen grauenhaften Ort zu verlassen, ging sie auf ihr persönliches Monster zu. Dass es mittlerweile dunkel geworden war und kaum Laternen brannten, war für sie dabei vorteilhaft. Trotzdem führte ihr Weg sie um das Nachbarhaus herum, sodass sie plötzlich hinter ihm stand. Eine dicke Eisenstange, die sie auf dem Weg hierher gefunden hatte, ließ sie ohne mit der Wimper zu zucken auf seinen Kopf niederrasen. Dabei nutzte sie all die Wut und den Hass, den sie in sich trug. Ihr Monster ging augenblicklich zu Boden …

 

Temari fackelte nicht lange und zog das Objekt ihrer Wut tiefer in die Gasse hinein. Mit ihrem Gürtel fesselte sie ihn an ein Abflussrohr, bevor sie ihn durchsuchte und eine Pistole herausholte, damit er sie nicht gleich angriff, wenn er wieder zu sich kam …

 

Erst danach kam ihr wahres Bewusstsein wieder hervor. Erst dann realisierte sie, was sie getan hatte und was sie im Begriff war zu tun. Erst dann klang ihre Wut und ihr Hass langsam wieder ab …

 

Kalt lag dabei das Metall der Waffe in ihren Händen. Kalt und unsicher. Es war das zweite Mal, dass sie eine Waffe in ihren Händen hielt. Shikamaru hatte sie einmal mit zum Schießtraining genommen, damit sie sich selbst verteidigen konnte. Dabei war sie zwar ziemlich gut, aber schon damals hatte sie sich nicht wohl gefühlt. Sie hatte es gehasst. Hatte gehasst, wie sich das Ding in ihrer Hand anfühlte, hatte gehasst, welche Geräusche es von sich gab. Sie hatte gehasst, was sie damit alles anrichten könnte …

 

Nun aber war es schlimmer. Es war schlimmer, weil ihr bewusst war, dass dies wahrscheinlich die Waffe war, mit der er Shikamaru getötet hatte, mit der er ihr ihr Leben genommen hatte. Die Waffe in ihren Händen zu halten riss das Loch in ihrer Brust nur noch weiter auf. Genauso wie im Detail zu erzählen, was passiert war, ließ die Waffe in ihren Händen das Geschehene Realität werden. Doch mit der Realität kamen auch die Traurigkeit und der Hass wieder. Hass gegen den Mann, der ihr alles genommen hatte. Hasse gegen sich selbst, weil sie es nicht schaffte, sich zurück zu halten …

 

„Na wen haben wir denn da“, hörte sie plötzlich die Stimme, die sich zusammen mit den Bildern in ihren Kopf gebrannt hatte. Wieder stand sie in jener Nacht neben Shikamaru, sah in den Lauf und hörte den Schuss, ohne sich rühren zu können … Temari schluckte. Schluckte die Gedanken herunter, um die Kontrolle über sich und ihren Körper zurück zu bekommen. Es funktioniert nur dürftig. Die Bilder waren weg, doch der Hass, die Traurigkeit und die Frustration blieben.

 

„Ist das nicht unser kleines Prinzesschen mit dem Polizistenfreund“, lachte er laut. Lachte ähnlich wie in jener Nacht. Temari aber blieb unbeeindruckt. Zumindest äußerlich, innerlich riss ihr Herz immer mehr und an den freien Stellen nahm Hass den Platz der vergangenen Liebe ein.

  „Hast du dich so sehr nach mir verzehrt, dass du extra hierher zu mir kommen musstest, Süße“, feixte er lachend, wobei es ihn gar nicht kümmerte, dass er an ein Abflussrohr gefesselt war.

 

Temari aber blieb ruhig, zumindest ein wenig. Mit zittrigen Händen richtete sie die Waffe auf ihn.

  „Wer hat Shikamarus Mord in Auftrag gegeben?“, fragte sie. Ihr Herz flatterte, während sie diese Frage stellte. Dabei war sie sich nicht mal sicher, was sie hier überhaupt tat. Sie ließ sich vollkommen von ihren Gefühlen treiben. Ließ sich von der Wut und der Verzweiflung treiben.

 

Der Fremde aber lachte.

  „Komm schon Kleines, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir irgendwas sagen würde, selbst wenn ich irgendwas wüsste“, spöttisch sah er ihr in die Augen.

  „Du hast die Wahl. Entweder, du sagst es mir oder du hast bald eine Kugel in deinen Eiern“, erwiderte Temari völlig kühl. Jegliche Liebe war aus ihrem Blick und aus ihrer Stimme verschwunden. Um sich selbst zu schützen, hatte sie sie in den Überresten ihres Herzens verschlossen. Mit der Liebe aber waren auch die Unsicherheit und das Zittern verschlossen. Für sie zählten in diesem Moment nur die Information und der Wunsch, Shikamaru Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.

 

Das Monster vor ihren Augen verkannte die Situation, glaubte er nicht an ihre Worte.

  „Als ob du das wirklich tun würdest. Dafür hast du viel zu große Angst“, erwiderte er hart, schien auch ihm langsam der Spaß an der Sache zu vergehen, weshalb er auch begann an den Fesseln zu zerren. Temari aber zuckte nur mit den Schultern und sagte völlig emotionslos: „Wie du willst“, bevor sie die Waffe ein wenig senkte und, ohne mit der Wimper zu zucken, den Abzug losließ. Der Knall des Schusses versetzte sie für einige Sekunden zurück zu jenem Abend, doch die Schreie ihres Monsters holten sie gleich wieder zurück und ließen das Gute in ihr nicht wieder an die Oberfläche …

 

„Wer hat Shikamarus Mord in Auftrag gegeben“, fragte sie erneut, völlig unterkühlt. Die Tränen, die ihr dabei über die Wange liefen, die sie aber gar nicht spürte, verstärkten das Bild von der verzweifelten Frau nur noch mehr. Das erkannte auch der Fremde so langsam.

  „Verdammte Scheiße!!!“, fluchte er, während ihm die Schweißperlen über die Stirn rannen und sich mit den Schmerzenstränen vermischten. „Ich weiß es nicht. Ich weiß absolut nichts. Also hör auf mit dem Scheiß, du verdammte Schlampe!“ Die Beleidigungen ließen Temari völlig kalt.

  „Ich werde nicht noch einmal fragen“, erwiderte sie, richtete die Waffe auf die andere Seite. „Du hast fünf Sekunden Zeit.“ Der Fremde schluckte.

  „Fünf … Vier …“

  „Verdammt, ich habe dir doch schon gesagt, dass ich es nicht weiß“, jammerte er.

  „Drei … Zwei …“, zählte Temari völlig unbeeindruckt weiter.

  „Man bau kein Scheiß, Mädchen!“

  „Eins …“

  „Ok, ok, ich sag dir, was ich weiß, aber bitte schieß nicht“, flehte er wie ein kleiner Junge.

 

Temari aber hielt die Waffe weiter auf sein Sack gerichtet.

  „Dann sprich“, sagte sie, bereit zu schießen, wie ihr seine Antwort nicht gefiel oder sie das Gefühl hatte, dass er log.

  „Ich weiß nicht, wer der Big Boss ist. Ich habe ihn noch nie getroffen. Dafür bin ich in der Nahrungskette zu weit unten. Ich kann dir nur sagen, wer mir den Auftrag gegeben hat. Vielleicht kennt sie ja den Big Boss oder kann dir zumindest sagen, wer ihn kennt“, erklärte das Monster völlig kleinlaut und wirkte so gar nicht mehr wie ein Monster auf sie.

  „Wer ist es?“, fragte sie.

  „Sie heißt Tayuya. Sie ist oft Dragon. Sie hat rosa Haare und eine ziemliche Autorität. Wenn du sie siehst, weißt du, dass sie es ist“, erzählte er.

 

„Ist das alles, was du weißt?“, fragte Temari. Der Fremde nickte und fragte seinerseits: „Lässt du mich jetzt bitte gehen?“ Temari legte den Kopf schief. Aus ihren emotionslosen Augen traten noch immer die Tränen, die sie nicht kontrollieren konnte.

  „Nein“, sagte sie schlicht. Der Fremde sah sie schockiert an.

  „Aber ich habe dir doch alles gesagt!“, fluchte er aufgebracht.

  „Dafür bin ich dir auch dankbar“, erwiderte Temari und hob die Waffe an, um auf seinen Kopf zu zielen. „Aber das ändert nichts daran, dass du Shikamaru getötet hast.“ Eine letzte Tränen rann ihr dabei über die Wange, bevor sie den Abzug losließ und alles damit beendete …

News

 

Einen Moment lang betrachtete sie den Mörder ihres Freundes, sah wie das Leben langsam aus seinem Körper trat. Dass sie erwischt werden würde, machte ihre keine Sorgen. In diesem Viertel kümmerte es keinen, wenn Schüsse fielen, schon gar nicht in der Nacht. Hier zog man sich lieber zurück, um nicht der nächste zu sein, wichtig war nur das eigene Leben und die eigenen Geschäfte.

 

Während Temari ihr Opfer so betrachtete, bemerkte sie gar nicht, wie sie langsam auf ihn zukam und ihren Finger in seine Wunde tauchte. Wie von selbst zeichnete ihr Finger das doppelte Unendlichkeitszeichen auf seine Stirn. Wenn sie später darüber nachdachte, empfand sie es als ausgesprochen dumme Tat. Natürlich wusste sie, dass sie es nur getan hatte, um Shikamaru Tribut zu zollen, schließlich hatte sie es nur für ihn getan. Nein, vielleicht hatte sie es auch ein wenig für sich getan, aber hauptsächlich war es für ihn.

 

Ohne noch einmal ihr Monster zu betrachten, machte sie sich auf den Weg nach Hause. Auf der Couch fand sie ihre Brüder. Beide schliefen tief und fest. Der Fernseher lief noch. Temari vermutete, dass sie auf sie hatten warten wollen, weil sie sich um sie sorgten. Temari deckte die beiden zu, schaltete den Fernseher aus und ging anschließend in die obere Etage, um sich zu duschen und so den Schmutz des Tages von sich zu waschen. Anschließend legte sie sich ins Bett und schlief sofort ein, was ihr seit Shikamarus Tod nicht mehr gelungen war.

 

 

In dieser Nacht schlief sie besser als in all den Nächten nach Shikamarus Tod. Erst, als sie in den Morgenstunden erwachte, trat die Erkenntnis in den Vordergrund. Die Erkenntnis, dass sie ein Menschenleben ausgelöscht hatte… Ja, natürlich hatte er Shikamaru getötet, den Mann, den sie liebte. Aber gab dies ihr die Macht, die Erlaubnis, ein Leben zu beenden?

 

Früher hätte sie dieses Denken sicher abgelehnt und verurteilt. Heute aber… Heute war sie sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Natürlich war sie noch immer der Meinung, dass jedes Menschenleben wichtig war und geschützt werden sollte und dennoch… Und dennoch fühlte sie sich ein wenig besser, ein wenig freier. Ja, es befreite sie, zu wissen, dass der Mann, der Shikamaru umgebracht hatte, nun auch tot war.

 

Abrupt wurde Temari aus ihren Gedanken gerissen, als es an ihrer Tür klopfte. Ohne auf die Erlaubnis zum Einlass zu warten, trat ihr Gast ein.

 „Temari?“, sagte Kankuro überrascht, als er sie sah. „Ein Glück, du bist hier. Wir haben gar nicht mitbekommen, dass du nach Hause gekommen bist.“

  „Ihr habt geschlafen. Ich wollte euch nicht wecken“, erklärte sie. Kankuro nickte.

 

„Unten stehen Asuma und Shikaku. Sie würden gerne mit dir reden. Wenn du aber nicht willst, kann ich sie wieder wegschicken“, erklärte Kankuro. Temari schüttelte den Kopf.

  „Ich mache mich fertig und komme runter“, erwiderte Temari. Kankuro nickte erneut und verließ das Zimmer seiner Schwester wieder.

 

Temari wartete noch einen Moment, dann schälte sie sich aus ihrem Bett. Während sie sich anzog, fragte sie sich, was die beiden von ihr wollten. Hatte die Polizei wohlmöglich schon erkannt, dass sie den Mann getötet hatte? Waren sie darum hier? Oder hatte sie noch Fragen zu dem Mord an Shikamaru? Oder wollten sie einfach nur sehen, wie es ihr ging. Temari kam zu dem Schluss, dass darüber nachzudenken nichts brachte. Die Antwort kannten nur Asuma und Shikaku.

 

So verließ Temari ihr Zimmer und ging nach unten. Im Wohnzimmer, wo sie am vorigen Abend ihre Brüder gefunden hatte, warteten nun Asuma und Shikaku auf sie. Als sie Temari entdeckten, erhoben sich die beiden Männer vom Sofa und gingen auf sie zu.

 

„Temari, es tut mir leid, dass wir dich nach gestern schon wieder belästigen müssen…“, erhob Asuma als Erster das Wort. Dabei betrachtete er Temari mitleidig. Diese nickte einfach nur, um ihm zu zeigen, dass er fortfahren konnte.

  „Heute früh wurden wir durch einen anonymen Anrufer in das Drogenviertel gerufen, weil dort ein Mord geschehen war“, erklärte er. „Wie du dir sicher denken kannst, kommt das dort nicht gerade selten vor. Der Grund, warum wir zu dir kommen, ist, weil wir denken, dass er Shikamarus Mörder ist. Ich würde dir gerne sein Foto zeigen, um ganz sicher zu gehen.“

 

Wieder nickte Temari nur, wusste sie ja schon, was sie erwartete, schließlich hatte sie es schon am Abend zuvor gesehen. Als Asuma ihr jedoch das Bild zeigte, stockte ihr der Atem. Erneut durfte sie Shikamarus Ermordung erleben, jedoch nicht nur die. Auch der vergangene Abend lief erneut vor ihren Augen ab. Am meisten jedoch schockierte sie, dass auf der Stirn des Mannes noch immer ihr Symbol prangte.

  „Ja, … das ist er…“, sagte sie mit erstickter Stimme. Die anderen interpretierten dies als Schock über das Bild des Mannes, der ihre Liebe getötet hatte…

 

Sofort steckte Asuma das Foto wieder ein.

  „Wir haben mittlerweile herausgefunden, dass er wie vermutet der Bande Black Snack angehört. Vermutlich wurde er von den eigenen Mitgliedern umgebracht, um die Spuren zu verschleiern. Shikamaru ist schon seit Monaten hinter der Bande her. Vermutlich ist er ihnen zu nah gekommen und wurde deshalb umgebracht“, erklärte Asuma, ohne auf die warnenden Blicke von Shikaku und ihren Brüdern zu achten, die versuchten, ihn zum Schweigen zu bringen.

 

„Ich denke, das sind genug Informationen“, unterbrach ihn Shikaku schließlich doch, als Asuma zu einem neuen Redeschwall ansetzte. Dieser blickte zu Temari und entschuldigte sich sogleich für seine Taktlosigkeit. Sie musste wirklich schrecklich aussehen. Doch wusste sie nicht mal wieso, schließlich hatte sie diesen Mann umgebracht. Sie hatte gewusst, was sie erwartete. Trotzdem konnte sie auch irgendwie spüren, wie sie das ganze noch immer ziemlich mitnahm. Schließlich war es am vergangenen Abend eher so gewesen, dass sie neben sich gestanden hatte, sonst hätte sie sicher nicht so etwas Dummes getan, wie das Zeichen auf seine Stirn zu zeichnen. Zu diesem war sie einfach nur froh, dass niemand erkannt hatte, dass sie es gewesen war, die diesen Mord begannen hatte und dass es für die Polizei ziemlich offensichtlich war, dass er von seinen eigenen Leuten getötet wurde.

 

„Ich werde mich jetzt zurückziehen“, sagte Temari mit schwacher Stimme, um sich nicht vielleicht doch noch zu verraten. Die anderen nickten. Nur Asuma erhob noch einmal seine Stimme.

  „Da der Mann, der Shikamaru getötet hat, jetzt tot ist, wird es zwar schwieriger sein, an den Big Boss zu kommen, aber ich versichere euch, Temari und Shikaku, wir tun alles, um ihn zu bekommen und ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen.“

 

Temari nickte schlichte, bevor sie sich umdrehte und zu ihrem Zimmer ging. Sie glaubte nicht wirklich daran, dass die Polizei es wirklich schaffen konnte, an den Big Boss der Organisation zu kommen und ihn seiner gerechten Strafe zuzufügen…

Time to say goodbye

Schwarz. Wenn sie sonst immer in den Spiegel sah, fielen ihr zuerst ihre blonden Haare oder ihre blaugrünen Augen auf. Wenn sie nun jedoch in den Spiegel sah, dann war das erste, was sie sah schwarz. Ihr Körper war in ein schlichtes langes schwarzes Kleid gehüllt. Ihr Füße umhüllten ebenso schlichte schwarze Ballerina. Auf ihrem Kopf trug sie eine Spange mit einer großen schwarzen Rose. Auch hatte sie keine Schminke aufgetragen. Es hätte einfach nicht gepasst. Es war ihr an diesem Tag eh egal wie sie aussah, sollte doch jeder sehen, wie schlecht es ihr ging, wie sehr sie der Tod Shikamarus mitnahm. Es war ihr egal. Sie wollte Shikamaru einfach nur die letzte Ehre erweisen…

 

„Temari?“, fragte Gaara vorsichtig und späte in ihr Zimmer herein. Temari löste ihr Blick vom Spiegel und drehte sich zu ihrem Bruder.

  „Ich bin so weit“, sagte sie ruhig und gefasst. Ihre Stimme klang in ihrem Kopf absolut kalt und ohne jegliche Emotionen. Doch Temari hatte nichts anderes Erwartet. Aus ihrer Sicht hatte sie nur zwei Möglichkeiten. Die erste war, dass sie alles, was sie quälte rausließ und sich ihren Tränen und ihrer Trauer einfach ergab, bei der zweiten schob sie all diese Gefühle in eine tiefe Ecke ihres zerbrochenen Herzens und achtete nicht weiter darauf. Temari hatte sich für die zweite Variante entschieden und hatte einfach alles weggesperrt, hatte sie Shikamaru doch versprochen, nicht mehr um ihn zu weinen. Nur befand sich in ihrem einsamen Herzen nichts anderes als der Trauer, der Wut und dem Schmerz …

 

Ohne auf den Blick ihres Bruders zu achten, nahm sich Temari ihr schwarzes Jäckchen und ihre schwarze Handtasche, bevor sie schließlich auf die Tür zuschritt. Zusammen mit Gaara verließ sie ihr Zimmer und schritt den Flur entlang zu der Wohnungstür, wo bereits Kankuro auf sie wartete. Dieser öffnete ihr sofort die Tür und begleitete sie zu dem Wagen, wo Temari auf der Rückbank platznahm. Sie hatte keine Lust mit einen ihrer Brüder zu reden und hoffte, dass sie sie hier in Ruhe lassen würden.

 

Gaara und Kankuro setzten sich nach vorne und starteten den Wagen. Schweigend fuhren sie alle drei zum Friedhof. Auch den beiden Brüdern war nicht wirklich zu Reden zu mute, denn sie fuhren zu dem Friedhof, auf dem Shikamaru an diesem Tag beigesetzt werden sollte. Alle würden da sein. Seine Familie. Seine Freunde. Seine Kollegen. Sie alle würden dabei sein, wenn sein Körper schließlich der Erde übergeben wurde.

 

Teilnahmelos sah Temari während der Fahrt aus dem Fenster. Sie sah zu, wie die Landschaft an ihr vorbei rauschte, bis sie schließlich bei dem Friedhof ankamen, doch auch dort nahm sie ihre Umgebung kaum wahr. Sie ließ sich von ihren Brüdern zu dem offenen Grab führen, an dem ein paar Stühle aufgestellt waren und wo sie von Shikamarus Eltern empfangen wurden. Yoshino nahm sie sofort in ihre Arme und drückte sie fest, während Shikaku es vorzog einfach nur ihre Schulter zu drücken.

 

Ohne Umschweife wurde sie von den beiden zu der Stuhlreihe geschleift, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollte. Temari nahm auf einem der Stühle platz und richtete ihren Blick nach vorne. Dort erblickte sie den dunkelbraunen Sarg. Es war ein wirklich schönes Holz, das mit vereinzelten Blumen verziert war. Gerne hätte sie die Schönheit noch länger betrachtet und mehr gewürdigt, doch zog sich bei dem Gedanken, wem dieser Sarg ein Zuhause bieten sollte, ihr Herz zusammen und sie wurde wieder in ihre kleine eigene Welt, in ihre Blase, gezogen.

 

So bekam sie nichts davon mit, wie die anderen Gäste langsam kamen und sich um den Sarg verteilten. Sie spürte nur, wie einer ihrer Brüder ihr seine Hand auf die Schulter legte, als der Pastor seine Rede begann. Temari aber bekam auch davon nicht viel mit. Die Worte rauschten einfach nur an ihr vorbei. In ihrer kleinen Welt erlebte sie ganz für sich alleine noch einmal die schönsten Momente, die sie mit Shikamaru hatte teilen dürfen. Nein, es waren nicht nur die schönsten. Es waren auch ihre Streitereien, doch auch die gehörten zu ihrer Beziehung dazu, auch sie waren es wert noch einmal betrachtet, gewürdigt zu werden. Schließlich würde sie sich nie wieder mit ihm streiten können. Kein böses Wort mehr, kein süßes Geflüster. Mit diesem Tag würde es ein für alle Mal vorbei sein.

 

Ja, nach diesem Abend wäre nichts mehr so, wie es einmal war. Das hatte sie sich in dieser Nacht nach langem Überlegen fest vorgenommen. Sie wollte diesen Schmerz und diese Trauer nicht mehr spüren. Sie wollte nicht mehr leiden. Sie wollte nicht mehr, dass sein Tod ungesühnt blieb. Nach diesem Tag wollte Temari all ihre Gefühle für den Rest ihres Lebens verbannen. Nein, nicht alle, nur diejenigen, die sie an ihrer Aufgabe hinderten. Rache und Wut würde sie behalten. Sie würden ihr Antrieb sein. Sie würden sie am Leben halten, bis es endlich vorbei war, bis Shikamaru Gerechtigkeit wiederfahren war…

 

Viel zu schnell waren auch die vielen Reden vorbei, sodass viel zu schnell der Moment kam, vor dem sie sich all die Zeit gefürchtet hatte. Man würde Shikamaru der Erde übergeben und sie würde ihn nie wiedersehen, sie müsste sich nun für immer von ihm verabschieden. So stand sie wie mechanisch auf, nahm sich die weiße Rose, die man ihr gereicht hatte, und folgte Yoshino und Shikaku, wie sie an dem offenen Grab vorbeiliefen und die Rose hineinwarfen. Die anderen zahlreichen Trauergäste, Freunde und Kollegen, folgten ihnen.

 

Erst unter einer großen Linde stoppten Shikaku und Yoshino. Letztere schloss Temari erneut wortlos in ihre Arme. Die Blondine wusste, dass es sowohl sie als auch die Ältere trösten sollte, doch hinterließ es bei ihr nichts als Leere, dennoch ließ sie es über sich ergehen. Lange aber konnten die beiden Frauen nicht in dieser Umarmung verharren, denn auch die anderen Trauernden waren mittlerweile bei ihnen angekommen und wollten ihn ihr Beileid kundtun.

 

Temari ließ all die Worte, die Umarmungen und Händedrücke wortlos über sich ergehen, wusste sie doch nicht genau, was sie dazu sagen sollte. Eigentlich wollte sie in diesem Moment doch einfach nur alleine sein und ihren Gedanken nachgehen, schließlich würde es das letzte Mal sein, dass sie an all die schönen und all die schlechten Zeiten mit Shikamaru denken konnte, denken wollte.

 

Es dauerte eine halbe Stunde, bis auch der letzte Trauergast bei ihr und Shikamarus Eltern gewesen war. Dann standen um sie herum nur noch ihre Familie, ihre engsten Freunde und schließlich Yoshino und Shikaku. Unschlüssig standen sie da alle in einem Kreis und sahen sich an, ohne ein Wort zu sagen, wusste doch keiner was in diesem Moment die richtigen Worte waren.

 

„Was haltet ihr davon, wenn ihr alle mit zu uns kommt. Ich habe ein Kuchen im Gefrierfach und könnte Kaffee und Tee machen.“ Es war Yoshino, die das Wort mit zarter und ruhiger Stimme erhob. Dabei konnte Temari einen bittenden Blick in ihren Gesichtszügen erkennen. Sah sie doch, dass die Ältere in diesem Moment einfach nur nicht alleine sein wollte. Dennoch schüttelte sie den Kopf.

  „Ich würde gerne noch ein bisschen alleine seine“, erklärte sie mit sehnsüchtigem Blick zum Grab, wo die Friedhofswerte gerade das letzte bisschen Erde auf den Sarg schaufelten.

 

Die anderen folgten Temaris Blick. Temari konnte schon sehen, wie Gaara und Kankuro etwas erwidern wollten, doch da kam Yoshino ihnen zuvor, hatte sie doch erkannt, was Temari nun am meisten wollte.

  „Wenn etwas ist, dann kannst du gerne anrufen. Wir sind jederzeit für dich da“, sagte sie verständnisvoll lächelnd, bevor sie ihre Arme um Temaris Brüder legte und sie so in Richtung Auto schob. Die anderen aus dem Kreis folgten ihr schweigend, sodass Temari letztendlich doch noch alleine für sich war.

 

Langsam und mit bedächtigen Schritten ging sie auf das Grab zu, den Grabstein immer im Blick. Neben diesem ließ sie sich schließlich im Gras nieder. Ihren Blick hatte sie mittlerweile auf die frisch aufgehäufte Erde gerichtet, doch viel sah sie davon nicht. Ohne dass sie es bemerkt hatte, hatten sich doch die ersten Tränen aus ihren Augen gestohlen und flossen nun unaufhaltsam über ihre zarten Wangen.

 

Lautlos saß sie so da und weinte stumm vor ihre Seele aus dem Leib. Temari weinte alle die Tränen, die sie in den vergangenen Tagen nicht geweint hatte und die sie vielleicht in Zukunft noch weinen sollte. Dabei dachte sie an die schöne Zeit, die sie mit Shikamaru gehabt hatte und dachte daran, was sie vielleicht noch hätten haben können. Was sie hätten haben können, wenn dieser Mann ihrer Liebe nicht das Leben genommen hätte. Nein, nicht dieser Mann, sondern sein Boss.

 

Ja, sie hatte diesen Kleinganoven umgebracht, doch eigentlich war es nicht er, den sie hatte treffen wollen. Eigentlich wollte sie den Big Boss. Eigentlich wollte sie ihren Schmerz und ihren Frust an der Person auslassen, die ganz oben stand. Die Person, die den Befehl gegeben hatte, Shikamaru töten zu lassen und damit für alles verantwortlich war.

 

Schnell wischte sich Temari die Tränen aus den Augen und drehte sich zu dem zugeschütteten Grab um.

  „Ich weiß, du willst es gar nicht hören und es gefällt dir auch nicht, aber ich werde dich rächen, Shikamaru“, sagte sie mit fester Stimme. Keiner würde merken, dass sie sekundenzuvor noch geweint hatte.

  „Ich werde diesen Mann töten. Ich werde ihn und jeden, der mir im Wege steht vernichten, bis ich mein Ziel erreicht habe oder ich wegen meiner Sünden in der Hölle lande. Ich hoffe, du kannst es mir trotzdem verzeihen. Du warst und bist meine große Liebe“, versprach Temari, wissend, dass keiner diese Worte je hören würde…

The Second

9. The Second

 

Auch noch Tage später hielt Temari eisern an dem fest, was sie Shikamaru an seinem Grab versprochen hatte. Es war eben doch nicht nur eine Laune ihrerseits gewesen. Die Rachegelüste hatten sich schon tief in ihrem Herzen verankert und bestimmten nun ihr Leben, schließlich war sie alles, was Temari noch hatte …

 

So hatte sie in der geheimen Besenkammer hinter dem Bücherregal ihre Kommandozentrale, wie sie sie scherzhaft nannte eingerichtet. Darin befanden sich ein Stuhl, ein Schreibtisch und eine Pinnwand. Früher hatte sich Shikamaru immer hierher verzogen, wenn er mal wieder an einem besonders grausamen Fall arbeitete und nicht wollte, dass sie sah, womit er zu tun hatte und woher nachts seine Albträume kamen. Gerne hätte Temari früher hier reingeschaut, doch hatte sie diese Grenze immer berücksichtigt. Nun war es ihr Ort. Ihr stiller Ort, an dem sie den Mörder ihres Mannes suchte.

 

Den ersten Namen hatte sie von ihrem ersten Opfer erhalten und mit dazu gleich den Ort, wo sie zu finden war. Temari kannte das Dragon ziemlich gut. Es war eine miese Spelunke in einem eher abgeschiedenen Teil der Stadt, den eine junge Dame lieber nicht alleine aufsuchen sollte. Temari aber war das egal. Ihr würde so oder so nichts Schlimmeres mehr passieren können. Ganz davon abgesehen, dass sie in den letzten Tagen auch schon mehrfach dort gewesen war und nichts Schlimmes passiert war.

 

Zu ihrem Bedauern jedoch verliefen ihre Besuche vollkommen ohne Erfolg. Obwohl sie sich gut auf ein Treffen mit dieser Tayuya vorbereitet hatte, war diese nie anwesend gewesen, sodass Temari weiter vergeblich darauf warten musste, den Namen des nächsten in der Nahrungskette zu erfahren. Sie hatte sich mittlerweile damit abgefunden, dass sie sich Stück für Stück weiter voran arbeiten musste, wenn sie zu ihrem Ziel kommen wollte. So war das nun mal bei solchen Organisationen.

 

Natürlich war es Temari klar, dass sie nicht aus jedem, den sie begegnete so leicht die Informationen bekommen würde. Aus diesem Grund hatte sie sich im Dark Web darüber informiert, wie man am besten einen Menschen foltern konnte und wie man aus welchem Typ Menschen die verschiedensten Informationen rauskitzeln konnte. Dabei hatte all das so gar nichts mit Kitzeln zu tun…

 

 

Auch an diesem Abend wollte Temari wieder ihr Glück versuchen. Aus ihrem Schrank hatte sie ihr kurzes schwarzes Kleid mit weitem Ausschnitt und ihre schwarzen Lederstiefel herausgeholt. In ihr blondes kurzes Haar hatte sie ein paar Locken gedreht, so dass sie geschwungen und elegant ihr Gesicht umrahmten. Ihre Lippen hatte Temari mit einem kräftigen dunkelroten Lippenstift nachgezogen und ihre Augen durch ein pfiffiges Make-up perfekt zur Geltung gebracht. Normalerweise hätte Temari niemals so etwas Provokantes und Aufreizendes getragen, doch das brauchte sie nun, um die Aufmerksamkeit dieser Menschen zu bekommen. So gestylt und noch mit einem Rucksack bewaffnet, in dem sie alles aufbewahrte, was sie brauchte, um die Wahrheit zu erfahren, verließ Temari das Haus und machte sich direkt auf den Weg ins Dragon.

 

Dort angekommen setzte sie sich sogleich auf ihren Stammplatz. Von dort hatte sie sowohl die gesamte Bar als auch den Eingang im Blick. Der perfekte Platz also für eine Observation und ihre Intrigen. Es war der perfekte Platz, um ihren Plan fortzusetzen.

 

Temari bestellte sich einen Cuba Libre und sah sich im Dragon um. Auch an diesem Tag schien das Glück nicht mit ihr zu sein. An diesem Freitagabend war es zwar ziemlich voll, doch von dem Mädchen, das Shikamarus Mörder ihr beschrieben hatte, war weit und breit keine Spur. So langsam fragte sie sich, ob sie nicht vielleicht doch belogen wurde und es diese Tayuya möglicherweise gar nicht gab…

 

Vielleicht hatte aber auch jemand, den sie nicht bemerkt hatte, ihr Gespräch belauscht und nun Tayuya und alle, die über ihr standen, gewarnt. Das würde erklären, warum Tayuya hier nicht mehr auftauchte. Wer lief denn auch schon freiwillig in sein verderben? Andererseits hätte man sie wahrscheinlich schon längst umgebracht, wenn jemand erfahren hätte, dass sie Jagd auf die Mörder Shikamarus machte.

 

„Deine Schuhe sind scharf. Wo hast du die her?“, wurde sie plötzlich aus ihren Gedanken gerissen. Überrascht drehte sich Temari zu der Person, die sich neben sie gesetzt hatte und erschrak beinahe. Tagelang hatte sie hier ihre Zeit verbracht und hoffnungslos auf sie gewartet und nun setzte sie sich einfach hier neben sie. Temari brauchte einen Moment, doch schließlich setzte sie ihr charmanteste Lächeln auf und erwiderte: „Die habe ich auf einem Flohmarkt gefunden.“

 

„Schade, ich hätte mir gerne dieselben gekauft“, erwiderte sie. „Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?“ Von ihrer Offenheit überrascht, brauchte Temari einen Moment ehe sie mit dem Kopf schüttelte.

  „Nein, danke, ich habe noch“, sagte sie deshalb ein wenig stockend und hob dabei ihr noch volles Glas.

 

„Bist du neu hier?“, fragte Tayuya Temari sogleich und sah sie neugierig an. „Ich habe dich hier noch nie gesehen.“ Dankbar für diese billige Ausrede nickte sie sogleich.

  „Ja, ich bin erst vor ein paar Tagen hier angekommen und gleich mal heute aus dem Hotel geflogen, weil mein bescheuerter Ex mein Konto leergeräumt hat“, erzählte sie und nahm einen großen Schluck.

  „Deshalb also auch der Rucksack?!“, stellte Tayuya nüchtern fest. „Das heißt, du hast für heute keine Bleibe?“

 

Da es gut zu ihrer Lüge passte, schüttelte Temari einfach nur den Kopf, was Tayuya ein Grinsen entlockte.

  „Wenn du willst, kannst du die Nacht bei mir pennen“, schlug sie Schultern zuckend vor. Wenn Temari schon vorher überrascht war, so war sie es nun umso mehr. Es überraschte sie, wie offen und vertrauensvoll diese Frau war, hatte sie sich das ganze doch ein wenig schwerer vorgestellt.

  „Hast du keine Angst, dass ich dich in der Nacht ausraube“, scherzte Temari und zwinkerte ihr zu.

 

„Nein, überhaupt nicht. Hier helfen wir uns einander. Du brauchst eine Bleibe und ich habe noch ein Plätzchen zu vergeben, also kein Ding“, erwidert Tayuya leichthin und trank einen Schluck aus ihrem Glas.

  „Dann würde ich gerne dein Angebot annehmen“, sagte Temari mit einem Lächeln auf den Lippen. Innerlich freute sie sich, wie einfach es war, einen Weg gefunden zu haben, sich ihr Vertrauen zu erschleichen.

 

„Hallo Ladies!“, wurden die beiden Frauen plötzlich unterbrochen, womit der Neuankömmling, der sich neben Temari gesetzt hatte, die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

  „Was willst du, Hidan?“, sagte Tayuya genervt, während Temari den Mann neben sich skeptisch musterte, denn auch wenn er nicht so aussah, hatte sie ein ziemlich schlechtes Gefühl bei ihm. Ein Gefühl, das ihr sagte, sie sollt sich besser vor ihm in Acht nehmen. Dieses Gefühl täuschte sie nur sehr selten.

 

„Ach sei doch nicht so Tayuya“, erwiderte er gespielt gekränkt, wobei er nicht verhindern konnte, dass ein breites Grinsen über seine Lippen huschte. Tayuyas Mimik zeigte weiterhin nur wie genervt sie von ihm war und dass sie lieber wieder ihre Ruhe vor ihm haben wollte.

  „Vielleich wollte ich ja auch nur einfach eine meiner besten Freunde sehen“, erklärte er sich schließlich. „Man hat dich in letzter Zeit so selten gesehen. Du hast dir doch nicht etwa einen neuen Auftraggeber gesucht?!“ Während er dies sagte, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig, fast schon drohend. Doch stand dem Tayuyas Mimik in nichts nach.

  „Was glaubst du wohl?! Ich hatte natürlich einen neuen Auftrag!“, erwiderte sie und warf Hidan einen Blick zu, der deutlich sagte, dass damit die Diskussion beendet war, denn im Gegensatz zu ihren Kumpanen hatte sie nicht vergessen, dass eine Fremde neben ihnen saß.

 

Diese war bei den Worten ihrer neuen „Freundin“ gleich hellhörig geworden. Für sie hätte sie auch nichts mehr sagen müssen, denn für sie war damit klar, dass auch Hidan derselben Bande angehörte wie Tayuya. Die Frage, die sich Temari jedoch stellte, war, ob er über oder unter Tayuya stand, schließlich wäre er im zweiten Fall absolut nutzlos für sie. Dann könnte er ihr auch nicht mehr verraten als Tayuya. Im ersten Fall könnte sie natürlich aber auch einfach Tayuya überspringen und gleichen einen Rang höher weiter machen. So würde sie viel schneller an ihr Ziel kommen. Anderseits könnte er natürlich auch auf derselben Position stehen. Auch dann wäre er für Temari uninteressant, schließlich hatte sie sich Tayuya bereits angenähert.

 

Lange aber konnte Temari nicht mehr darüber ungestört nachdenken, denn Hidan lenkte bereits die Aufmerksamkeit wieder auf sie.

  „Und wer ist die Süße da neben dir?“, hakte der Weißhaarige nach.

  „Mein Name ist Ai“, sagte sie schnell, da ihr aufgefallen war, dass sie sich Tayuya noch nicht mal vorgestellt hatte. Sie hatte zwar zunächst überlegt ihren richtigen Namen zu benutzen, jedoch wirkten die beiden nicht besonders Dumm auf sie, weshalb sie lieber auf Nummer sicher ging und einen anderen Namen verwendete.

  „Freut mich Ai. Ich bin Tayuya und das ist Hidan. Wir kennen uns schon seit einer Ewigkeit“, stellte sich auch Tayuya vor.

  „Freut mich ebenfalls“, erwiderte auch Temari und fühlte sich in ihrer Vermutung nur noch mehr bestätigt.

 

 

So saßen sie mehrere Stunden beisammen und unterhielten sich, lachten und tranken, wobei Temari jedoch die ganze Zeit nicht ihr Ziel aus den Augen verlor. So wurde je länger sie so da beieinander saßen und unbeschwert sprachen, ihr Hass immer größer auf Hidan, Tayuya und die ganze Bande, weil ihr mit jedem Moment bewusster wurde, dass sie das nie mehr mit Shikamaru haben konnte. Nie mehr…

 

 

„Es ist schon ziemlich spät, wollen wir langsam gehen?“, sagte Tayuya schließlich als die Uhr gerade drei schlug. Temari, die schon ein wenig müde geworden war, hatte sie doch die vergangenen Wochen nur wenig und schlecht geschlafen, wurde mit einem Mal wieder hellwach. So lange hatte sie darauf gewartet, endlich weiter zu kommen, da wollte sie keinen Tag länger mehr warten, ihren Plan durchzuführen.

  „Klar, warum nicht“, erwiderte sie deshalb und leerte ihr Glas mit nur einem Schluck.

 

Tayuya tat es ihr gleich und wand sich an Hidan.

  „Also bis dann, man sieht sich, Hidan“, verabschiedete sie sich mit einem kurzen Winken.

  „Und ihr braucht nicht vielleicht noch einen starken Mann, der euch auf dem Weg nach Hause begleitet? Wir wollen doch nicht, dass euch etwas passiert“, erwiderte er grinsend. Doch Tayuya verdrehte nur die Augen.

  „Keine Sorge, wir kommen schon alleine klar“, lachte sie, wobei ein breites Grinsen auf ihren Lippen lag.

 

Als Temari sie so sah, lief es ihr kalt den Rücken runter. Tayuyas Ausstrahlung sagte ihr, dass sie sie nicht unterschätzen sollte. Andernfalls würde sie eher aufgehalten werden als ihr lieb war, wenn sie nicht sogar umgebracht werden würde. Auch wenn das in ihren Ohren verlockend klang, war sie dann endlich nicht mehr so alleine, würde sie doch zuerst ihr Versprechen halten und Rache für Shikamarus Tod nehmen. Während sie noch so darüber nachdachte, hatte sich Tayuya bereits ihren Arm geschnappt und schleifte sie aus der Bar heraus.

 

Zusammen liefen sie schweigend die dunklen Straßen entlang, wollten sie es doch lieber vermeiden unnötig die Aufmerksamkeit der anderen Menschen, die diese Umgebung ihr Eigen nannten, auf sich zu lenken. Man wusste schließlich nie, wie sie reagierten, wenn sie zwei hübsche Mädchen sahen, die alleine unterwegs waren.

 

Eine halbe Stunde liefen sie so. Sie bogen mal rechts ab und dann wieder links. Temari fühlte sich ein wenig als wäre sie im Kreis gelaufen, zumindest wusste sie am Ende nicht mehr, wo sie war, sodass sie sich freut, als Tayuya schließlich die erlösenden Worte sagte: „Wir sind da.“ Dabei zeigte sie auf ein kleines heruntergekommenes Haus, das sich perfekt in die Hausreihe eingliederte. Hier schienen wirklich nur die Ärmsten der Armen zu leben…

 

Eben noch müde von dem langen Weg, wurde Temari nun wieder hell wach. Ihre Sinne waren bis aufs äußerste Geschärft. Sie war bereit zu was auch immer es nötig war. Eines war ihr jedoch klar. Es gab kaum etwas, das sie davon abhalten würde, die Informationen zu bekommen, die sie brauchte. Erst dann würde sie diese schummrige Gegend wieder verlassen und fürs erste in ihre gewohnte Umgebung zurückkehren.

 

Nachdem Tayuya Temari zu ihrer kleinen Wohnung geführt hatte und ihr gezeigt hatte, wo sie was fand und wo sie dann schlafen konnte, wo Temari gleich mal ihre Sachen verstaute, schließlich sollte es ja wirklich so wirken als wollte sie hier übernachten, setzten sie sich zusammen in das kleine Wohnzimmer. Während Tayuya es sich auf der Couch bequem machte, setzte sich Temari lieber auf den Sessel ihr gegenüber, dabei ließ sie die Andere für keine Sekunde aus den Augen.

  „Hier“, sagte Tayuya und drückte ihr ein Glas in die Hand. „Ich habe uns was zu trinken organisiert, während du deine Sachen weggepackt hast.“ Anschließend stieß sie mit Temari an und leerte ihr Glas. Temari füllte es gleich wieder nach.

 

Innerlich musste sie grinsen. Sie hatte lange darüber nachgedacht, wie sie Tayuya betäuben sollte, wie sie ihr das Betäubungsmittel verabreich sollte. Doch nun hatte Tayuya ihr die perfekte Gelegenheit geboten. Stück für Stück machte sie die Andere betrunken, während sie selbst nur wenig von ihrem Drink trank und damit weiter bei Bewusstsein blieb. So konnte sie sicherstellen, dass ihr Gegenüber nicht bemerkte, wie sie in das nächste Glas ein sehr wirksames Schlafmittel gab. Mit einem Lächeln auf den Lippen beobachtete sie, wie das Mittel langsam seine Arbeit tat. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Tayuya schließlich nach rechts auf die Couch kippte. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Glieder schlaff von ihr gestreckt. Sie war bewusstlos und damit absolut hilflos. Das war Temaris Gelegenheit.

 

Die Blondhaarige warf sich Tayuya über die Schultern und brachte sie in das Schlafzimmer, wo sie sie auf das Bett legte und an die Bettpfosten fesselte. Anschließend holte sie ihre Tasche und entleerte den Inhalt auf dem Boden, schließlich war das Betäubungsmittel nicht das einzige, was sie mitgebracht hatte. Zum Vorschein kamen dabei verschiedene Messer, Seile und vieles mehr. Natürlich hatte sie auch eine Pistole mitgebracht.

 

So vorbereitet setzte sich Temari auf einen Stuhl und wartete geduldig darauf, dass Tayuya wieder aufwachte. Dabei ließ sie sie keine Sekunde aus den Augen und bewegte sich auch nicht von dem Stuhl weg. Alles um sie herum war ihr egal. Es zählte einzig und alleine ihre Rache für Shikamaru.

 

 

„Ah, du bist endlich wach“, sagte Temari ruhig, als Tayuya schließlich die Augen öffnete. Diese sah sich zunächst verwirrt um, bevor sie Temari mit ihren funkelnden Augen fixierte.

  „Was soll der Scheiß, du blöde Kuh?! Was glaubst du eigentlich, wer du bist?!“, fuhr sie Temari wutentbrannt an und versuchte sich von den Fesseln zu befreien. Temari aber blieb ganz ruhig. Sie erhob sich von ihrem Platz und nahm sich eines der Messer, ein Skalpell. Anschließend ging sie auf Tayuya zu.

  „Mein Name ist Temari Sabakuno. Eure Organisation hat die Liebe meines Lebens, Shikamaru Nara, umgebracht. Ich bin nun hier, um in Erfahrung zu bringen, wer seinen Mord in Auftrag gegeben hat“, erklärte sie ruhig, während sie das Skalpell über Tayuyas Haut strich.

 

Tayuya lachte.

  „Und du glaubst ernsthaft, ich würde dir verraten, wer mein Boss ist und wo du ihn findest?! Das ich nicht lache. Von mir erfährst du absolut gar nichts. Und glaub nicht, dass deine Einschüchterungstaktik mir Angst macht! Du setzt die Messer doch eh nicht ein!“, keifte sie knurrend. Temari nickte.

  „Ja, du hast Recht. Ich setzte diese Messer wirklich nur ungern ein und früher hätte ich sicher nie daran gedacht, aber ihr habt mich zu einem neuen Menschen gemacht und dieser freut sich schon darauf, dich leiden zu sehen. Du hast also die Wahl, Tayuya, entweder du sagst mir jetzt, was ich wissen will oder du sagst es mir nachdem ich deinen hübschen Körper verunstaltet habe“, sagte Temari ruhig und gelassen. Jegliche Emotion war aus ihrer Stimme und ihrem Körper gewichen. Es regierte nur noch die Rache, wie es schon bei ihrem ersten Opfer gewesen war.

 

„Ich verrate dir absolut nichts. Tu, was du nicht lassen kannst“, erwiderte Tayuya genauso kalt. Temari nickte und sagte: „Wie du willst“, bevor sie den ersten Schnitt machte. Tayuya blieb stumm, sodass diesem ersten kleinen Schnitt viele weitere folgten, die mit jedem neuen Messer größer wurden. Doch nicht nur die Schnitte wurden größer, auch die Laute, die aus Tayuyas Kehle drangen wurden lauter und hörbar.

 

Temari wusste nicht, wie lange sie da so waren. Sie wussten auch nicht, wie viele Schnitte sie Tayuya schon bereitet hatte, doch war sie weiterhin fest entschlossen, die Informationen zu bekommen, die sie brauchte. Dabei war ihr alles andere einfach nur egal, auch dass sie mit jedem Schnitt einen Teil ihrer Seele verlor…

 

 

„Ich … weiß … es … nicht …“, brach es schließlich aus Tayuya heraus. Temari stoppte sogleich und legte das Messer beiseite.

  „Wie war das?“, fragte sie.

  „Ich weiß nicht, wer der Big Boss ist und wo er zu finden ist. Dafür bin ich ein zu kleines Mitglied“, sagte sie mit schwacher Stimme. Temari nickte. Auch wenn es sie nervte, dass Tayuya immer noch nicht hoch genug war, um ihre Frage zu beantworten, war sie doch froh, dass Tayuya endlich sprach und sie so mit der Folterung aufhören konnte.

 

„Dann sag mir, wer dein Boss ist. Es muss schließlich jemand geben, der dir die Befehle gibt“, erwiderte Temari ruhig und sah Tayuya eindringlich an.

  „Ich habe zwei. Den einen kennst du bereits. Es ist Hidan. Wo du ihn findest, weißt du jetzt ja. Der andere heißt Kabuto. Schleimiger Typ mit Brille und weißem Haar. Ich habe aber keine Ahnung, wo er ist. Wenn er was will, findet er mich“, verriet Tayuya ihr schließlich alles.

  „Und jetzt lass mich in Ruhe!“

 

Temari lachte.

  „Ich habe nie gesagt, dass ich dich gehen lasse. Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich es riskiere, dass du deine Leute warnst“, erwiderte sie ruhig und griff nach dem Messer, das sie beiseitegelegt hatte, als Tayuya zu sprechen begann.

  „Das kannst du nicht tun! Ich habe dir alles gesagt!“, fuhr sie Tayuya an.

  „Ich kann und ich werde dich dahin schicken, wohin du gehörst“, sagte Temari und schlitzte Tayuya die Kehle auf. Das Blut spritzte heraus und Temari beobachtete, wie das Leben langsam aus Tayuyas Augen wich.

 

Bevor Temari ihre Sachen zusammenpackte und ihre Spuren verwischte, zeichnet sie noch mit Tayuyas Blut das Zeichen der doppelten Unendlichkeit auf Tayuyas Stirn. Ihr Zeichen. Damit war diese Teilaufgabe für Temari beendet und ihr zweiter Mord begangen. Doch freuen konnte sie sich darüber nicht, denn der nächste würde sicher bald folgen …

 

The Family

10. Family

 

Gedankenverloren starrte sie an die Decke ihres Zimmers. Den kleinen Stoffhund, den Shikamaru ihr geschenkt hatte, hielt sie dabei fest in ihren Armen. Wann immer sie das Gefühl der Traurigkeit überkam und die Wut- und Rachegefühle überdeckte, nahm sie ihn in die Hand. Er spendete ihr Trost und erinnerte sie daran, warum sie all das auf sich nahm…. Trost. Das war es, was sie aber gerade am meisten brauchte.

 

Den Trost brauchte sie aber nicht etwa, weil sie mittlerweile zwei Menschenleben auf dem Gewissen hatte, sondern wegen dem Anruf, den sie am vergangenen Abend erhalten hatte. Nachdem sie Tayuya ermordet hatte, war sie erst noch ein wenig durch die Straßen gelaufen, wollte sie doch nicht riskieren, dass ihre Brüder sie so sahen. In den vergangenen Tagen hatten sie schon genug Fragen gestellt, die sie nicht beantworten konnte.

 

Gerade als sie in dem Park angekommen war, hatte ihr Handy geklingelt. Erst hatte Temari gar nicht rangehen wollen, da sie dachte, dass es sich dabei um Gaara oder Kankuro handelte, die sie mal wieder fragten wo sie war, am Ende aber nahm sie es zumindest in die Hand, um zu sehen, wer sie in ihrer Gedankenwelt störte. Der Name, der dort auf dem Display jedoch stand, überraschte sie zutiefst. Yoshino. Eigentlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass einer der beiden sich noch einmal bei ihr nach der Beerdigung Shikamarus melden würde, schließlich hatten sie nichts mehr, was sie miteinander verband, außer dem Tod. So entschied sich Temari doch dafür an ihr Handy zu gehen.

 

Das Gespräch dauerte zehn Minuten. In diesen wollte Yoshino zunächst nur wissen, wie es ihr ging und wie sie zurecht kam oder ob sie vielleicht etwas brauchte. Temari erwiderte diese Fragen. Zuletzt bemühte sich die Ältere Temari davon zu überzeugen, dass sie sie besuchen kam. Eigentlich hatte Temari dazu keine Lust, war sie sich doch nicht sicher, ob sie ihre Rachegefühle und ihre Wut in sich behalten konnte, wenn sie die Trauer von Shikamarus Mutter sehen musste. Doch etwas in Yoshinos Stimme brachte sie dazu zuzustimmen.

 

Und nun war eingetreten, was sie befürchtet hatte. Alleine der Gedanke daran, dass sie Shikamarus Eltern gegenübertreten musste und sie so ihrer Trauer, ihren traurigen Augen, ausgesetzt war, ließ auch die Traurigkeit in ihr wieder stärker werden. Dabei versuchte Temari sie mit all ihrer Kraft wieder in die hinterste Ecke ihres Herzens zu verbannen. Doch so recht, wollte ihr das nicht gelingen…

 

Seufzend legte Temari ihren den Stoffhund an die Seite und richtete sich auf. Mit trägen Schritten ging sie zu ihrem Kleiderschrank und suchte sich ein paar passende Sachen zusammen. Nachdem sie damit fertig war, nahm sie sich ihre Handtasche mit ihrem Portmonee und Schlüssel und verließ ihr Zimmer, um zu der Familie Nara zu gehen.

 

Im Flur jedoch wurde sie von Kankuro aufgehalten.

  „Wo willst du denn jetzt schon wieder hin?“, fragte er argwöhnisch. Es war ihm deutlich anzusehen, dass es ihm missfiel, dass Temari jeden Abend weg ging und ihnen nicht sagen wollte, wo sie hinwollte. Genauso war ihm aber die Sorge anzusehen. Die Sorge darüber, was mit seiner großen Schwester passiert war und ob sie jemals wieder sie selbst wurde. Ähnlich war es auch bei ihrem Bruder Gaara, der den Kopf in den Flur gesteckt hatte.

  „Yoshino wollte, dass ich bei ihr vorbeikomme“, erklärte Temari und versuchte an ihrem Bruder vorbei zu gehen.

  „Und das sollen wir dir glauben?! Die letzten Male hast du uns doch auch immer angelogen. Wir haben mit TenTen, Matsuri und den anderen geredet, du bist bei keinen von ihnen gewesen!“, meckerte er aufgebracht. „Also sag uns endlich, was mit dir los ist!“ Wütend sah er seine Schwester an, dabei hatte er doch eigentlich gar nicht so ausfallend reagieren wollen.

 

„Ach du möchtest wissen, was passiert ist?!“, erwiderte Temari nicht weniger aufgebracht, froh darüber, dass die Wut wieder die Oberhand über ihre Gefühle nehmen konnte.

  „Shikamaru ist tot. Er wurde grausam vor meinen Augen umgebracht. Das ist passiert!“, schrie sie Kankuro an und rauschte an ihrem überraschten Bruder vorbei. Sie wusste, dass es nicht sonderlich fair war, dass Kankruo nichts dafür konnte und doch tat es gut, ihn anzuschreien. Temari konnte noch hören, wie ihre beiden Brüder ihr nachriefen, doch ignorierte sie dies und lief weiter ihres Weges…

 

 

Als Temari bei dem Haus der Familie Nara ankam, erwartete Yoshino sie bereits. Mit einem sanften Lächeln schloss sie Temari in ihre Arme, wobei das Lächeln ihre Augen nicht ganz erreichen konnten. Wie Temari erwartet hatte, waren Yoshinos Augen gezeichnet von dem Schmerz des Verlustes. Und trotzdem zeugte die Umarmung Yoshinos von Herzlichkeit und Freude. Es überraschte Temari, doch sie konnte deutlich spüren, wie viel Zuneigung die Ältere für die übrig hatte und das obwohl sie sie doch an ihren Sohn erinnern musste. So schaffte es die Zuneigung die Wut und die Rachegefühle in ihrem Herzen Stück für Stück zu verdrängen.

 

„Komm doch erstmal rein“, bat Yoshino Temari und trat zur Seite.

  „Es freut mich, dass du gekommen bist, meine Liebe“, sagte Yoshino mit ruhiger Stimme und brachte Temari ins Wohnzimmer. Dort sah es noch fast genauso aus, wie bei Temaris letzten Besuch. Nur eine Sache hatte sich verändert. Auf der Kommode standen lauter Fotos von Shikamaru in verschiedenen Altersstufen, auch eines mit ihnen beiden war dabei. Davor waren ein paar Kerzen aufgestellt. Ein Zeichen ihrer Trauer.

 

Temaris Blick blieb an einem Kinderbild von Shikamaru hängen. Sie vermutete, dass er da gerade vier Jahre alt war.

  „Das Bild kenne ich ja gar nicht“, sprach sie ihre Gedanken aus. Yoshino folgte ihrem Blick und ein kleines Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

  „Ja, ich kann mich noch gut an diesen Tag erinnern. Damals sind wir im Zoo gewesen und Shikamaru hat ganz verwundert die Hirsche angesehen. Er war von ihnen ganz verzaubert und da habe ich das Foto gemacht“, schwelgte sie in Erinnerungen. „Wenn du möchtest, kannst du es haben. Ich habe sicher noch irgendwo ein Abzug.“

 

Überrascht sah Temari Yoshino an, schüttelte dann aber den Kopf. In Yoshinos Blick konnte sie sehen, dass es sich bei dem Bild um eine kostbare Erinnerung für sie handelte. Die wollte Temari ihr auf keinen Fall nehmen. Ganz davon abgesehen, dass sie selbst genug Bilder von Shikamaru hatte, wenn sie sich an ihn erinnern wollte. Da brauchte sie keines, zu dem sie eh keine Verbindung hatte.

 

 

So verbrachten die beiden Frauen zusammen den Nachmittag. Die meiste Zeit sprachen sie nur über belangloses. Es schien so als versuchte die beiden Frauen jegliche Themen zu umgehen, die ihnen Trauer oder Schmerz bereiten könnten, wobei sich Temari jedoch fragte, warum Yoshino sie eigentlich zu sich eingeladen hatte.

 

 

„Komm, lass uns Essen machen“, sagte Yoshino schließlich und erhob sich aus ihrem Sessel. Temari nickte und tat es ihr gleich. Ihr war gar nicht aufgefallen, wie lange sie schon hier gesessen hatten. So langsam bekam sie sogar Hunger. Ein Gefühl das sie schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr verspürt hatte… Meist hatte sie immer nur dann gegessen, wenn jemand ihr etwas vorgesetzt hatte und auch dann nur sehr widerwillig. Meist schnürte sich ihr schon nach den ersten Bissen die Kehle zu.

 

„Du fragst dich sicher, warum ich dich hierher gebeten habe, Temari“, sagte Yoshino bei den Essensvorbereitungen. Überrascht blickte Temari auf, nickte aber.

  „Nun zum einen wollte ich dir das hier geben“, erwiderte sie, holte aus ihrer Tasche einen kleinen Schlüssel heraus und hielt diesen Temari entgegen. Verwirrt blickte diese Yoshino an, nahm den Schlüssel jedoch an.

  „Als wir Shikamarus Angelegenheiten geklärt haben, haben wir entdeckt, dass er vor kurzen eine kleine Wohnung gekauft hat. Wir waren bisher noch nicht da, aber wir sind uns sicher, dass er sie gekauft hat, um mit dir nach eurer Verlobung dort zu leben. Shikaku und ich sind uns einig, dass du sie haben solltest“, erklärte sich Yoshino.

 

Temari wollte zunächst widersprechen, doch sie konnte in Yoshinos Augen sehen, wie wichtig ihr es war, dass sie diese Wohnung nahm und so beließ sie es für erste. Ob sie jedoch wirklich jemals die Wohnung betreten oder gar in ihr Leben würde, wusste sie noch nicht. Doch davon mussten Shikamarus Eltern ja nichts erfahren.

 

„Das ist aber nicht das einzige, was ich von dir wollte“, sagte Yoshino nach einer Weile.

  „Was wolltest du denn noch?“, fragte Temari neugierig und sah zu der Älteren, diese aber blickte verlegen zu Boden, was sie zunehmend verunsicherte.

  „Nun, Temari, ich möchte dich wirklich nicht damit belästigen“, begann sie. „Aber es gibt niemanden, den ich sonst fragen könnte. Wenn du nicht willst, musst du natürlich nichts sagen, aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn es mir sagen könntest.“

  „Was möchtest du denn wissen?“, fragte Temari unsicher, wusste sie doch nicht so ganz, ob sie wirklich wissen wollte, was Yoshino von ihr wollte.

  „Ich möchte von dir wissen, was an dem Abend passiert ist, als Shikamaru sterben musste“, verkündete Yoshino schließlich und blickte Temari tief in die Augen.

 

Temari aber wich ihrem Blick aus.

  „Ich weiß nicht, Yoshino, ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn du das erfährst“, erwiderte sie und das meinte sie auch so. Zu wissen, dass ein geliebter Mensch ermordet wurde war eine Sache, zu wissen, wie genau er gestorben war, war etwas ganz anderes.

  „Ich habe lange überlegt, aber ich möchte es wirklich gerne wissen. Es lässt mir keine Ruhe mehr, Temari, darum bitte ich dich“, bat Yoshino eindringlich.

 

Temari seufzte tief. Sie hielt das ganze nach wie vor für eine dumme Idee, doch schließlich konnte sie Yoshino nichts abschlagen. Also gab sie nach und begann zu erzählen, was an jenem Abend passiert war. Sie begann bei dem Moment, als er sie abgeholt hatte, damit die Geschichte zumindest etwas Gutes hatte. Während Temari erzählte, wandelte sich Yoshinos Blick minütlich. Zuerst lag ein Lächeln auf ihren Lippen, doch dann trübte sich ihr Blick, dabei kullerten zunächst nur einige vereinzelte Tränen aus ihren Augen, bevor sie zu einem regelrechten Fluss wurden.

 

Temari dagegen zeigte keinerlei Emotionen und erzählte die Geschichte so neutral wie möglich, als wäre es nicht sie gewesen, die das ganze erlebt hatte. Dafür hatte sie all ihre Gefühle in die hinterste Ecke ihres Herzens verschlossen. Als sie jedoch Yoshino so sah, gelang es auch ihr nicht mehr und ihre Gefühle traten wieder an die Oberfläche. Zuerst schaffte es die Trauer, doch der folgten schnell die Wut darüber, dass diese wundervolle Frau nun auch so leiden musste. Und mit der Wut kamen schließlich auch die Rachegefühle zurück. Ihr Entschluss Shikamaru zu rächen wurde in diesem Moment nur noch verstärkt.

 

In dem Moment, in dem Temari mit ihrer Geschichte endete, schaute Shikaku in die Küche hinein. Temari hatte gar nicht bemerkt, dass er nach Hause gekommen war.

  „Was ist denn passiert?“, fragte er mit überraschtem Blick auf seine Frau.

  „Ich sollte jetzt besser gehen“, sagte Temari schnell und verschwand aus der Küche und schließlich aus dem Haus, ohne noch einmal zurück zu blicken, tat es ihr doch leid, dass sie Yoshino noch mehr Kummer bereitet hatte als sie ohnehin schon gehabt hatte. Da wollte sie sich nicht auch noch vor Shikaku erklären.

 

Es schien heute einfach nicht der richtige Tag zu sein, um mit der Familie zu reden, so schien sie doch alle heute irgendwie zu verletzen. Aber vielleicht gehörte das auch mit dazu, wenn sie sich voll und ganz ihrer Rache hingab. Vielleicht war es so sogar besser so, damit sie im Laufe ihrer Rache ihre Familie nicht noch weiter verletzte…

 

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (11)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  UrrSharrador
2017-05-19T11:48:17+00:00 19.05.2017 13:48
Und einmal geht's noch^^
Bei Temari hat also die apathische Phase eingesetzt, Sie kann einem echt leid tun. Gut, dass Shikaku sie dazu bringen kann sich aufzuraffen. Auch wenn ihre Aussage bei der Polizei offenbar nichts zur Ergreifung des Täters beitragen kann. Wahrscheinlich hilft es ihr aber wirklich, jemanden um sich zu haben, der denselben Schmerz fühlt.
Ich bin gespannt, ob sie nun mit ihrem Racheakt beginnen wird und wie sie dabei vorgeht. Und ich bin neugierig, ob der Mann aus dem Prolog Shikamarus Mörder war oder sogar der Drogenboss, für den er arbeitet.
Übrigens hast du einen guten Schreibstil :) Hab ich, glaube ich, noch nicht erwähnt, sollte aber mal gesagt werden xD Wegen deinem Vorwort, es macht gar nichts, wenn weniger Emotionen in diesem Kapitel vorkommen. Temari versinkt ja gerade in einer tranceähnlichen Apathie, da passt es ganz gut, wenn sie wenig Emotionen empfindet.
Freue mich auf das nächste Kapitel!
lg
UrrSharrador
Antwort von:  Little-Cherry
28.05.2017 19:22
Hey ho erneut,

da ich nicht Zuviel vorwegnehmen möchte, sag ich jetzt einfach mal nichts dazu. Das neue Kapitel lade ich ja auch gleich hoch.
Es freut mich aber zu hören, dass dir mein Schreibstil gefällt.
Bezüglich dem Vorwort: Es ging auch mehr um die Emotionen, die ich spüren möchte, wenn ich noch einmal drüber lese. Also das Mitfühlen mit meinem Charakter. Dass Temari nicht so viele Emotionen zeigt war ja, wie du richtig erkannt hast, beabsichtigt.

Ich danke dir für dein Kommentar, wünsche dir viel Spaß mit dem neuen Kapitel und einen guten Start in die neue Woche.

LG Cherry
Von:  UrrSharrador
2017-05-19T11:36:08+00:00 19.05.2017 13:36
Ich hoffe, du verzeihst mir, wenn ich hier gleich einen Sammelkommi für die letzten zwei Kapitel schreibe. Befürchte nämlich, dass mir zu jedem Kapitel einzeln nicht genug einfallen würde bzw ich diesen Kommi hier schlecht zerlegen kann, weil die zwei Kapitel ja stark zusammenhängen.
Ich fand es cool, dass du Tenten eingebracht hast. Wenigstens hat Temari Freundinnen (und ihre Brüder), die ihr beizustehen versuchen. Ich dachte ja anfangs, Matsuri wäre ein OC von dir :D Hätte mich im AU nicht weiter verwundert, aber jz hab ich mal eben gegoogelt ... aha, dieee ist das xD Wusste nicht, wie sie heißt.
Ich finde es beeindruckend, wie detailliert du diese "Vorgeschichte" (ich interpretiere es einfach mal so) herüberbringst. Ich hätte vermutlich versucht, schnell über Shikamarus Tod drüberzuhopsen, um mit dem Racheengel-Teil anfangen zu können xD Ich finde diese zwei Kapitel aber wichtig, weil man mehr in Temaris Psyche eindringen kann und miterlebt, wie sie die Momente von Shikamarus Tod empfindet. Man konnte richtig fühlen, wie ihre Zuversicht nach und nach bröckelt, je mehr Leute kommen und sie mitleidig oder angstvoll ansehen.
Apropos Psyche, bei meinem letzten Kommi habe ich mit Temaris Reaktion nicht gemeint, dass sie sich wehren soll oder so, ich meinte eher allgemeine Reaktionen. Ob sie erschrocken ist (was in so einer Situation wohl auch die stärkste Persönlichkeit wäre^^), ob sie erstarrt oder zurückweicht, etc. Wollte das nur richtigstellen; natürlich wäre es unvernünftig, wenn sie sich plötzlich auf einen Bewaffneten stürzt, der den Pistolenlauf auf sie richtet ;)
Antwort von:  Little-Cherry
28.05.2017 19:17
Ich verzeihe dir und hoffe, du verzeihst mir, dass ich jetzt erst Antworte. Irgendwie bin ich ganz darüber hinweg gekommen ...
Ja, bei mir sind meistens TenTen und Matsuri ihre besten Freundinnen. Einfach weil ich finde, dass dies am meisten mit dem Anime/Manga übereinstimmt (und weil ich beide Charakter mag)
Ich wäre natürlich auch am liebsten schnell über Shikamarus Tod hinweggehopst, weil er doch ziemlich schmerzhaft ist/war, aber wie du schon richtig erkannt hast, ist diese "Vorgeschichte" ziemlich wichtig, zumindest für mich, damit man sich gut in Temari hineinversetzten und mit ihr fühlen kann und damit auch versteht, warum sie wie handelt. Das ist schließlich die Grundlage für den ganzen Racheteil. Darum habe ich es auch so detailliert geschrieben (und weil aus meiner Sicht Details wichtig sind).
Auf Temaris Reaktion bin ich jetzt im kommenden Kapitel noch ein bisschen mehr eingegangen. In dem Moment war mir Shikamarus Tod einfach wichtiger.

Ich danke dir für dein Kommentar und wünsche dir weiter viel Spaß beim Lesen

LG Cherry
Von:  UrrSharrador
2017-05-04T10:57:46+00:00 04.05.2017 12:57
Ich kommentiere hier mal gleich weiter. Zu Temaris und Shikamarus Beziehung hab ich mich ja im vorigen Kapitel schon geäußert, jetzt also das Drama! Iwie hab ich schon erwartet, dass was in der Richtung passieren wird, weil sie beim Essen über Shikamarus Arbeit auf dem Revier geredet haben. Kennst du die Zeitmaschine von H.G. Wells? Ich hab das Buch nicht gelesen, aber zumindest in der Verfilmung mit Guy Pearce kommt eine Szene vor, an die ich bei der Verlobung im Park sofort denken musste xD Nur dass es hier sogar ein Auftragskiller auf Shikamaru abgesehen hat ... der Arme, so was ist ... fies^^
Ich habe in dem Kapitel ein bisschen die Reaktion von Temari auf den Killer vermisst, aber naja, ich schätze, wir werden gleich im nächsten Kapitel tiefer in ihre Gefühlswelt eintauchen ;) Werde auf jeden Fall weiterlesen.
Antwort von:  UrrSharrador
04.05.2017 12:59
Ach ja, der Titel müsste eigentlich "The Beginning" heißen, wenn du im Englischen bleiben willst ;)
Antwort von:  Little-Cherry
04.05.2017 14:04
Hey ho,

erst mal danke für die Bemerkung zu meinem miserablen Englischkenntnissen. Das werde ich gleich mal ändern.

Das Buch bzw. den Film kenne ich nicht. Ich habe ewig lange darüber nachgedacht, wie ich die Szene gestallten sollte, weil ich den Antrag und den Auftragskiller mit einem Schlag machen wollte, um es noch ein bisschen dramatischer zu machen. In diesem Zug habe ich auch darüber nachgedacht, wie ich Temaris Verhalten gestallten sollte, was mir nicht unbedingt leichtgefallen ist. Mir ist klar, dass Temari eigentlich nicht zu den Personen zählt, die einfach nur daneben steht und nichts tut. Auf der anderen Seite hat Shikamaru ja auch diesen Beschützerinstinkt. Ganz davon abgesehen, dass es nicht zu meinem Plan passen würde, wenn sie sich groß wehrt. Dafür werde ich aber (zumindest habe ich es versucht) in den nächsten Kapiteln so richtig auf Temaris Gefühlswelt einzugehen.

Auf jeden fall weiß ich, dass ich noch ein bisschen geheimnisvoller werden muss, um dich täuschen zu können. ;)

LG Cherry
Von:  UrrSharrador
2017-05-04T10:48:30+00:00 04.05.2017 12:48
Wie ich's mir gedacht habe, nach dem Prolog kommt das, was in der Vergangenheit passiert ;) Ein gute Zug, so was erhöht die Spannung. Also, zu dem Kapitel. Es ist ja an sich nicht viel passiert, aber ich schätze, es ist auch wichtig, einen Einblick in die Beziehung zu zeigen, die Temari dann ja (offensichtlich) verliert. Dann kann man sich mehr in sie einfühlen und mitleiden, usw. Und übrigens gefällt mir ihre Beziehung echt gut. Ihre Neckereien, und dass Temari recht emanzipiert ist und nichts auf Gentleman-Getue gibt - ich beziehe mich da auch schon auf das nächste Kapitel. Die zwei harmonieren echt gut :)
Antwort von:  Little-Cherry
04.05.2017 13:53
Mit, dem, was du sagst, hast du gar nicht so unrecht (aber du hattest ja auch schon Recht damit, dass der Prolog die Zukunft zeigt). Mit diesem Kapitel und dem danach wollte ich tatsächlich zeigen, wie die Beziehung zwischen Temari und Shikamaru ist, wie sie miteinander umgehen und wie sehr sie sich lieben, damit sich meine Leser in den folgenden Kapiteln besser in Temari hineinversetzten können. Mitleid mit ihr haben, aber auch verstehen, warum sie so handelt wie sie handelt.

Schön, dass es bei dir fürs erste funktioniert hat, aber auch dass dir gefällt wie ich ihre Beziehung darstelle. Ich bin gespannt, was du zu den folgenden Kapiteln sagst.

Danke für dein Kommentar.

LG Cherry
Von:  UrrSharrador
2017-04-30T18:33:33+00:00 30.04.2017 20:33
Interessant und gut geschrieben :) Ich bin gespannt, ob der Prolog nun eigentlich das "Ende" der Geschichte ist und die nächsten Kapitel beleuchten, was vorher passiert ist, oder ob es ab hier weitergeht. Ich vermute ja Ersteres, aber mal sehen^^
Antwort von:  Little-Cherry
30.04.2017 20:39
Hey ho,

schön, dass es dir bis jetzt gefällt. Dir jetzt zu sagen, welche Stelle meiner Geschichte der Prolog zeigt, würde der Geschichte ihren ganzen Zauber und die Spannung nehmen. Darum sage ich einfach mal, lass dich überraschen.

LG Cherry
Von:  Scorbion1984
2017-03-05T13:43:44+00:00 05.03.2017 14:43
Sehr trauriges Kapitel ,ist er wirklich tot?
Antwort von:  Little-Cherry
05.03.2017 14:55
Ja, Shikamaru ist wirklich tot.
Von:  Scorbion1984
2017-01-09T07:40:39+00:00 09.01.2017 08:40
Das ist traurig ! Bin nun neugierig geworden !
Antwort von:  Little-Cherry
09.01.2017 08:44
Ja, das ist es. Es hat mich auch ziemlich Überwindung gekostet, dabei kommt das schlimmste erst im nächsten Kapitel -. -
Umso mehr freut es mich aber, dass ich dich neugierig machen konnte.
Von:  NadiraUchiha
2016-11-13T19:11:18+00:00 13.11.2016 20:11
Uuii spannend :O Durch deinen schönen Schreibstil hat man das Gefühl selbst in der Story zu sein ^^ Freue mich schon auf nächste Kapitel.
Antwort von:  Little-Cherry
13.11.2016 20:16
Hey ho,

das freut mich wirklich zu höheren. Es ist immer mein Ziel so zu schreiben, dass man das Gefühl hat in der Story zu sein.

Ich bin schon total gespannt, wie der Verlauf meiner Geschichte ankommen wird.

LG Cherry
Von:  Inara
2016-11-12T07:24:42+00:00 12.11.2016 08:24
Toller, spannender Anfang.
Die formurlierst sehr gut.
Antwort von:  Little-Cherry
12.11.2016 12:22
Hey ho,

schön, dass dir mein Anfang so gut gefällt. Das motiviert mich, gleich weiter zu schreiben.

Danke für dein liebes Kommentar.

LG Cherry
Von:  Majaaaa
2016-11-11T22:33:41+00:00 11.11.2016 23:33
Super Anfang. Eine Fanfiction, die ich auf jeden Fall weiter verfolgen werde. Mach weiter so
Antwort von:  Little-Cherry
12.11.2016 12:21
Hey ho,

es freut mich, dass dir mein Prolog so gut gefallen hat und dass ich dich an meine neuste Fanfiktion binden konnte.

Vielen Dank für dein liebes Kommentar.

Liebe Grüße Cherry


Zurück