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Hunting Magic

von

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Verlorene Heimat

Das Fahrzeug rollte durch die abendlichen Straßen Japans. Umso näher sie dem Wohnhaus kamen, umso angespannter wurde der weibliche Fahrgast. Sie wollte nicht hier sein. Lieber wäre sie in London geblieben. Ihrer Heimat. Zwar mögen sie und ihr Bruder hier geboren sein, aber England war ihr zu Hause geworden.

Von Heute auf Morgen hatte sie all ihre Freunde, die Schule und ihre Pläne verlassen müssen. Alles nur, wegen ihres Vaters. Sie hasste ihn dafür. Mit 17 Jahren, zwar schon aus der nervigen Pubertät hinaus gewachsen, war es dennoch ein normales Gefühl für eine junge Frau, dem Vater die Schuld in die Schuhe zu schieben und all die Abneigung einer Stadt gegenüber auf jenen abzuwälzen.

„Zieh´ nicht so ein Gesicht, Yuri.“, der Bruder schenkte ihr ein Lächeln. „Es wird dir hier gefallen.“

Die Schwester rollte mit den Augen, sah wieder hinaus in die beleuchtete Stadt: „Du hast leicht reden. Du kennst hier wenigstens schon ein paar Leute.“

Saguru beugte sich zu ihr: „Freunde zu finden, das war doch noch nie dein Problem.“

In dem Fall hatte ihr Bruder recht. Die Zwillinge waren beide aufgeschlossene Persönlichkeiten und sie standen beide gern im Mittelpunkt. Saguru eher mit seiner Tätigkeit als Oberschülerdetektiv, Yuri für ihre Blog Einträge über das das Leben in London. Sie seufzte, als ihr klar wurde, dass dieser Blog gestorben war.

Hallo `Das Leben in Japan`.

Yuri nippte an ihrem Kaffee Becher und warf Saguru einen mahnenden Blick zu, als sie die leichte Brise in ihren langen, blonden Haaren spürte.

„Kannst du den Falken nicht in einen Käfig sperren?“

Saguru streichelte dem Federvieh über den Kopf: „Er hat einen Namen.“

„Weiß ich. Interessiert mich nur nicht.“

„Mir gefällt es nicht, wenn du so bist.“

Sie zuckte mit den Schultern: „Lass mich sauer sein, wenn ich es sein will, Saguru.“

Er legte seine auf ihre freie Hand: „Versuch nicht mich zu täuschen, Schwesterherz. Du bist keineswegs sauer. Du bist traurig.“

Yuri wand nicht den Blick von den Straßen mit den bunten Reklametafeln, aber sie sah das Spiegelbild ihres Bruders in der Scheibe, als er hinzufügte: „Vater meinte, es sei für uns beide besser, wenn wir nach Japan kommen. Aber du hattest dabei mehr zu verlieren, mehr aufzugeben, als ich.“

Er verstand ihren Schmerz, das wusste sie. Doch es machte nichts von all dem besser.

Der Fahrer wurde langsamer, als sie durch ein Viertel fuhren, in dem die schicken Häuser hinter hohen, undurchsichtigen Mauern geschützt waren.

„Wie lange warst du nicht hier?“, fragte Saguru.

„Sicher vier Jahre. Und wenn, war ich nie lange hier.“

„Ich weiß.“, er versuchte es erneut, sie mit einem Lächeln aufzuheitern. „Was ich schade fand, denn nicht nur London hat einiges zu bieten.“

„Ich freue mich auf Baaya.“, sagte Yuri leise.

Saguru lächelte noch immer: „Das ist doch schon mal was.“

Ein Stück weiter die Straße entlang, beinahe an ihrem Ende angekommen, kam der Wagen zum Stehen.

Saguru öffnete das Fahrzeugdach und hielt seine Hand nach oben, auf der sein Falke Watson saß.

„Unglaublich, dass er immer wieder kommt.“, merkte Yuri an, als sie dabei zu sah, wie ihr Bruder den Arm ein wenig anhob und der Falke im Nachthimmel Japans verschwand.

„Er ist ein treuer Gefährte, Schwesterherz.“

Yuri löste den Gurt, sah bereits Baaya, die aufgeregt auf den Wagen zu kam. Den Körper gehüllt in bunten Stoffen, klatschte sie in die Hände, als sie Saguru sah, der ausgestiegen war.

„Mein Lieber.“, die Kinderfrau drückte ihn an sich. „Gut siehst du aus. Hattet ihr einen angenehmen Flug?“

„Danke, ja.“, er öffnete den Kofferraum, doch der Fahrer unterbrach ihn, als er nach den Koffern greifen wollte.

„Das werde ich machen, junger Herr.“

Die zweite Tür des Wagens öffnete sich und Yuri stieg heraus.

Baaya hielt sich die Hand vor den Mund, trat um das Fahrzeug herum und musterte sie: „Yuri..du bist eine bezaubernde junge Frau geworden!“

Sie lächelte die Kinderfrau an und ließ sich in den Arm nehmen. Eine feste und innige Umarmung, die Yuri im Herzen sehr genoss, Lange hatte sie Baaya nicht gesehen und in diesem Moment, wurde ihr klar, dass sie, mit ihrer Entscheidung Japan all die Jahre fern zu bleiben, andere Menschen mehr getroffen hatte, als sie dachte.

„Lass dich ansehen, Kind!“, Baaya musterte sie erneut. „Wunderschönes Kind.“

„Hey!“, schmollte Saguru gespielt.

„Beides wunderschöne Kinder.“, Baaya wartete, bis der Bruder Richtung Haus lief, bevor sie flüsternd hinzufügte: „Aber das Mädchen ist immer hübscher.“

Yuri kicherte und folgte der Kinderfrau ins Haus.

„Wie war der Flug?“, erkundigte sie sich auch bei der Schwester.

„Sehr lang.“, sie sah sich im Flur des großen Hauses um. „Sei mir nicht böse, Baaya, aber ich würde mich gerne schlafen legen. Morgen ist bereits der erste Schultag für mich.“

„Sicher, Kind. Soll ich dich nach oben bringen, oder weißt du noch, wo dein Zimmer ist?“, Baaya senkte leicht den Blick. „Du warst lange nicht hier.“

Yuri gab ihr einen Kuss auf die Stirn: „Ich weiß es noch. Gute Nacht, Baaya.“

„Deine Koffer werde ich nach oben bringen lassen. Gute Nacht, mein Kind:“

Yuri ging die Stufen nach oben, drehte sich zu Saguru: „Lass mich morgen bloß nicht allein.“

Er sah ihr nach, bis sie aus seinem Sichtfeld verschwunden war.

Baaya brach die Stille: „Wie verkraftet sie es?“

„Sie wird sich daran gewöhnen.“

Das Kindermädchen schüttelte den Kopf: „Das meine ich nicht.“

Hörbar atmete er aus, sein Blick noch immer auf den Stufen, die Yuri hinter sich gebracht hatte gerichtet: „Sie wird sich daran gewöhnen.“

Baaya schüttelte, kaum merklich den Kopf: „An ein gebrochenes Herz wird man sich niemals gewöhnen, Saguru. Niemals.“
 

Aoko stand vor dem Spind ihrer Schule und rätselte über das Ziel des Schulausfluges, der in zwei Wochen anstand.

„Vielleicht Tropical Land!“, sagte sie begeistert

Um sie herum standen zwei ihrer Freundinnen, die jedoch den Blick und auch das Gehör nicht bei Aoko hatten. Jene bemerkte dies zunächst nicht und sprach munter weiter.

„Oder vielleicht wieder nur so was langweiliges, wie ein Museum. Die Lehrer scheinen nicht sonderlich kreativ zu sein, was die Ausflüge angeht.“

Aoko schlug die Tür ihres Spindes zu, als sie bemerkte, dass sie eigentlich Selbstgespräche führte.

„Hallo? Ich rede mit euch!“, merkte sie genervt an. „Nie hört mir jemand zu!“

Sie drängte die beiden Freundinnen zur Seite: „Was gibt es denn so aufregendes zu sehen?“

Eines der Mädchen sagte verträumt: „Saguru Hakuba ist wieder hier.“

„Und wer ist das blonde Mädchen bei ihm?“, fragte Aoko neugierig. „Sie ist hübsch.“

„Bestimmt seine Freundin.“, merkte die andere Freundin an.

„Hätte mich auch gewundert, wenn so ein Kerl lange allein bleibt.“, sagte Akako, die sich plötzlich zur Mädchenrunde gesellt hatte.

„Sie ist wirklich schön….“, murmelte Akako und verzog das Gesicht. Noch ein hübsches Mädchen an der Schule würde ihren Plan, die Weltherrschaft an sich zu reißen, in dem sie alle Männer willenlos und sklavenähnlich an sich band, gefährden.

Die Schulglocke ließ die Mädels Runde auflösen und sie begaben sich in das Klassenzimmer, das bereits gut gefüllt mit den restlichen Schülern war.

„Kaito!“, brüllte Aoko so laut, dass dieser fast von seinem Stuhl fiel.

„Was soll denn das?“, fragte Kaito und hielt sich, mit schmerzverzerrtem Gesicht die Ohren zu.

„Wo warst du heute morgen?“, fragte Aoko wütend. „Ich habe extra Frühstück für uns gemacht und du bist nicht aufgetaucht!“

„Ich...“, er grinste. „Habe geschlafen!“, er deutete auf ihr Gesicht. „Würde dir auch mal gut tun, so ein wenig Schönheitsschlaf!“

Bevor Aoko kontern konnte, unterbrach die Lehrerin die Neckereien: „Kinder! Ich bitte jetzt mal um Ruhe! Wir haben zwei neue Schüler. Einen davon kennt ihr bereits, aber ich bitte trotzdem beide nach vorn.“

Kaum merklich rollte Yuri mit den Augen. Sie konnte Kennenlern - Spiele und Vorstellrunden nicht ausstehen.

„So.“, sagte die Lehrerin lächelnd. „Saguru Hakuba kennt ihr ja bereits. Sein Vater hat ihn nun endgültig nach Japan geholt und er wird den Rest der Schulzeit hier bei uns verbringen.“

Akako musterte die Blondine, die neben Saguru vor der Tafel stand.

„Und das hier..“, sagte die Lehrerin und deutete auf Yuri. „Das ist seine Zwillingsschwester Yuri Hakuba.“

Jene hob kurz die Hand und warf ein kurzes „Hi“ in die Runde.

„Sie sind beide aus London her gezogen, also bitte seid nett und macht ihnen die Eingewöhnungsphase einfacher.“

Die Lehrerin wand sich an Yuri: „Möchtest du uns ein bisschen was über dich erzählen?“

Sie kam sich vor wie auf der Schlachtbank, alle Augen waren auf sie gerichtet und sie konnte sich denken, dass die meisten angenommen hatten, dass Saguru und sie ein Paar seien.

Sie wand sich an die Klasse: „Eigentlich ist alles gesagt. Ich bin aus London her gezogen, ich bin die Schwester der Nervensäge hier und ich zeichne gerne.“

Während alle noch über den Witz über den Bruder kicherte, hob Kaito das erste Mal den Kopf und sah zur Tafel. Wenn man es wusste, sahen sich Saguru und Yuri ähnlich. Doch anders, als das Strahlen in den braunen Augen des Bruders, lag in ihren eine Traurigkeit, die Kaito fesselte.

„Du starrst sie an..“, hörte er die Stimme von Akako in seinem Kopf.

Er schüttelte die Hexe aus seinen Gedanken und konzentrierte sich wieder auf das Smartphone vor sich, auf dessen Internetseite die Tageszeitung aufgerufen wurde.

Ein neuer Diamant, eine neue Chance für Kaito Kid, um an Pandora zu kommen.

Neue Freundschaften

Zu Yuri´s Wohlgefallen, war die Mittagspause schnell eingeläutet worden. Mit zwei Schulbüchern unter dem Arm, machte sie sich auf den Weg zum Ausgang. Die Kantine wäre sicher überfüllt und sie hatte ohnehin keinen Hunger. Saguru hingegen knurrte der Magen bereits noch in der Schulstunde und er hatte seine Schwester dafür allein gelassen.

Auf einer der Bänke nahm Yuri Platz, genoss die frische Luft und die leichte Brise, die ihr durch die Haare wehte. In Gedanken versunken, bemerkte sie Akako nicht, die sich, auf die andere Seite des Tisches setzte.

„London, also?“

Yuri erschrak innerlich, als das andere Mädchen sie aus den Gedanken riss.

„Ja.“, entgegnete Yuri knapp.

Neugier blitzte in Akako´s Augen auf, als sie fragte: „Wie sind die Männer dort? Vornehm, wie ich hörte.“

„Die meisten. Aber wie meistens, gibt es überall schwarze Schafe.“

Akako biss sich auf die Lippe, bevor sie eine gewagte These aufstellte: „Und der, der dir das Herz gebrochen hat, war er ein weißes oder ein schwarzes Schaf?“

Yuri drehte sich zu ihrem Gegenüber: „Wie war dein Name noch gleich?“

„Oh..Verzeihung, ich habe mich persönlich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Akako.“

Yuri verzog leicht das Gesicht: „Und Akako scheint ziemlich neugierig zu sein.“

Jene grinste: „Du gefällst mir. Bist nicht auf den Mund gefallen, wie die meisten Mädchen hier.“

„Liegt vielleicht daran, dass ich nicht von hier bin.“

Akako nippte am Strohhalm ihres Milchshakes: „Also? Weißes oder schwarzes Schaf?“

Yuri schob die Bücher, die auf der Tischplatte lagen ein Stück beiseite und faltete die Hände: „Woher willst du überhaupt wissen, dass mir jemand das Herz gebrochen hat?“

„Es sind deine Augen.“, entgegnete ihr Gegenüber. „Sie verraten deinen Schmerz, hübsche Yuri.“

Yuri strich sich die Haare aus dem Gesicht, die der Wind umher wirbelte: „Er war kein schwarzes Schaf. Und eher, hat mein Vater uns beiden das Herz gebrochen, als er sich entschied, seine Kinder nach Japan zu holen.“

Es lag nicht nur in ihren Augen, sondern auch in ihrer Stimme, wenn Yuri darüber sprach.

Mit den langen Fingernägeln trommelte Akako auf das Holz des Tisches: „Bis zur Volljährigkeit und dahin, dass du deinen eigenen Entscheidungen treffen kannst, sind es leider noch drei Jahre.“

Nichts, was Yuri nicht bereits wissen würde. Wäre das Gesetz der Volljährigkeit in Japan anders, wäre sie gar nicht erst hier.

Zwei Schülerinnen, die an dem Tisch vorbei liefen, unterhielten sich aufgeregt:

„Hast du es schon gehört? Kaito Kid hat eine Ankündigung für heute Abend geschrieben!“

Als Antwort, kam aus der Kehle des anderen Mädchens nur ein freudiges Quieken.

Yuri verdrehte die Augen, als sie den Namen des Diebes hörte.

„Kein Fan?“, erkundigte sich Akako.

„Mein Bruder spricht beinahe von nichts anderem mehr. Ich kann es einfach nicht mehr hören.“, sie sah zu ihrem Gegenüber. „Was macht man hier, um Spaß zu haben?“

Akako zog einen Mundwinkel nach oben. Sie ahnte, dass ihre Art von Spaß, nicht die Selbe war, die Yuri meinte.

„Die meisten werden sicher heute Abend am Ort des Geschehens sein, wenn Kaito Kid seinen Coup durch zieht.“

Yuri zog eine Braue nach oben: „Ich sagte, um Spaß haben.“

Akako dachte kurz nach, was normale Mädchen in ihrem Alter wohl tun würden, anstatt Männer zu Sklaven zu machen: „Kino? Shoppen?“

„Klingt nach einem Plan. Hast du Lust?“

Akako zögerte. Sie war überrascht über die freundschaftliche Annäherung: „Wir beide?“

„Siehst du hier denn noch jemanden?“

Die meisten Mädchen an der Schule fanden Akako komisch, wollten nichts mit ihr zu tun haben. Oder es war anders herum. Akako konnte mit dem kindischen Getue der Mitschülerinnen nicht viel anfangen. Aber Yuri war irgendwie anders. Und es weckte die Neugier Akako´s.

„Also?“, hakte Yuri nach. „Wie sieht es aus?“

Akako verzog die Lippen zu einem schiefen aber ernst gemeinten Lächeln: „Einverstanden. Während alle Augen auf Kaito Kit gerichtet sind, machen wir unsere eigene Party.“

Zu Hause angekommen, warf Yuri die Schultasche auf den Boden neben ihrem Bett und ließ sich, mit dem Rücken auf die Matratze fallen. Die Hände vor das Gesicht haltend, vertrieb sie damit die Sonnenstrahlen, die durch den offenen Vorhang herein brachen. Kurz dachte sie darüber nach, einen Eintrag in ihren Blog zu schreiben. Doch über Japan, das neue zu Hause, hatte sie nicht viel Gutes zu sagen.

Yuri griff nach ihrem Handy, das aus der Rocktasche der Schuluniform gerutscht war und entsperrte das Display. Was zum Vorschein kam, war ein Bild aus glücklicheren Zeiten. Sie und ihre Freunde am London Eye. Alle strahlten in die Kamera, so auch Yuri. Doch von diesem Strahlen war nicht mehr viel übrig. Mit dem Ausflug am Abend, wollte sie sich ein wenig ablenken und Akako machte den Eindruck, als wäre sie die Richtige, für eine solche Aktion. Yuri hatte bereits schnell gemerkt, dass die Mitschülerinnen nicht viel mit Akako sprachen. Eher sah es so aus, als würden sie sich die Mäuler über die Japanerin zerreißen. Yuri interessierte nicht warum, sie war nur froh, dass sie jemanden gefunden hatte, mit dem sie sich vorstellen konnte Zeit zu verbringen, ohne sich zu langweilen.

Yuri drehte den Kopf zum Fenster, als sie Watson krächzen hörte. Saguru hatte diesen Vogel wirklich gut dressiert. Hätte sie selbst Flügel, sie wäre damit, ohne jeden Zweifel bereits über alle Berge. Während sie dabei zu sah, wie der Falke zwar die Flügel ausbreitete, aber nicht davon flog, drang das Geräusch von Autoreifen, die über den Steinweg zum Haus fuhren, an ihre Ohren. Die flachen Hände auf der Matratze, drückte Yuri sich nach oben und trat an das Fenster. Watson ließ sich von der plötzlich auftauchenden jungen Frau nicht verunsichern und säuberte das Federkleid.

Unten, vor dem Haus und gerade aus dem Wagen steigend, sah sie Baaya und Saguru, die sich unterhielten.

„Es muss funktionierten.“, sagte der Bruder und öffnete den Kofferraum. „Es wird funktionieren!“

„Lass dich nicht von ihm täuschen, mein Junge, Kaito Kid hat bereits ganz andere Vitrinen umgangen und ist mit dem Diamanten verschwunden.“

Währen sie dem weiteren Verlauf des Gespräches folgte, fragte sich Yuri, warum der Dieb erst die Diamanten stahl und sie dann wieder zurück gab. Etwas daran, passte nicht in das Bild eines Diebes, hinter dem die halbe Polizei Japan´s hinterher war. Etwas schien Kaito Kid an den Diamanten zu stören. Oder aber, sie entpuppten sich als etwas, nach dem er eigentlich nicht gesucht hatte.

Yuri drehte sich zu ihrem Kleiderschrank, in dessen Spiegel sie sich erblickte. Während Saguru auf Verbrecherjagd gehen würde, würde seine Schwester alles daran setzen, den Abend mit Spaß zu füllen. Sie zuckte zusammen, als der Falke einen lauten Schrei in den Himmel hinausstieß und in eben diesem verschwand. Yuri rollte mit den Augen. Watson war genauso eine Nervensäge, wie ihr Bruder.

In einem neuen Outfit, trat Yuri die Stufen der Treppen hinab. Die Tür des Hauses stand offen und sie erblickte Saguru auf dem Innenhof, der schwarze Taschen in den Kofferraum des Wagens legte.

„Yuri, mein Kind.“, Baaya lächelte, als sie das Mädchen sah. „Du siehst aber bezaubernd aus. Begleitest du uns?“

Baaya würde, wie so oft, die Fahrerin für Saguru spielen, während dieser den Oberschülerdetektiv heraus hängen ließ.

Saguru´s Stimme hallte durch den Eingangsbereich, als er in das Innere des Hauses trat: „Ich denke, sie würde lieber tot umfallen, als mir bei der Arbeit zuzusehen.“, frech grinste er die Schwester an.

„Ausnahmsweise, hast du mal Recht.“, entgegnete sie. „Aber Arbeit würde ich das nun wirklich nicht nennen. Eher, dass du die Polizei bei ihrem Job störst.“

Diese Sticheleien seiner Schwester, sie waren manchmal eine noch größere Herausforderung als ein Dieb, der auftauchte und verschwand, wie es ihm beliebte.

„Und wo treibt es dich hin?“, erkundigte er sich.

„Wenn ihr schon in die Stadt fahrt, dann könnt ihr mich mitnehmen. Ich treffe mich mit Akako.“

Das Lächeln auf Saguru´s Gesicht erfror, als er den Namen wiederholten.

„Ich denke, sie ist die einzig Normale in dem Haufen gackernder Hühner.“, fügte Yuri hinzu.

„Du willst also nicht dabei sein, wenn ich es endlich schaffe, diesen Dieb dingfest zu machen?“

„Ich wäre reich, hätte ich auch nur jedes Mal einen Yen bekommen, wenn du das behauptet hast, Bruder.“

Der weiße, dünne Stoff ihres Pullovers flatterte in der leichten Brise des Abends.

Saguru wand den Kopf zur Kinderfrau: „Lass uns langsam fahren. Ich möchte zeitig dort sein.“
 

Baaya, die den Wagen in die Stadt gebracht hatte, ließ Yuri an der Ecke zu einem Restaurants aussteigen.

„Pass bitte gut auf dich auf.“, sagte die Kinderfrau und ließ ihren Sorgenfalten einem Lächeln weichen. „Aber vor allem, wünsche ich dir viel Vergnügen.“

„Danke.“, Yuri erwiderte das Lächeln, beugte sich dann zu ihrem Bruder an das heruntergelassene Fenster: „Und dir, wünsche ich gutes Gelingen.“

Der Wagen brauste davon. Yuri wünschte es Saguru wirklich. Auf, dass dieses leidige Thema des Diebes endlich ein Ende haben würde.

Acht Jahre lang, war Kaito Kid von der Bildfläche verschwunden. Als er vor knapp einem Jahr wieder ins Rampenlicht trat, empfand Saguru es als seine Lebensaufgaben, Kid zu stellen. Ihr Bruder, der niemand lieber wäre als Sherlock Holmes.

Yuri hob den Blick zum Restaurant, dass sich im Eingangsbereich des Einkaufszentrums befand. Die japanischen Buchstaben leuchtete und priesen die Angebote der kommenden Tage an.

Yuri war so vertieft in den Blick, welchen sie auf das Gebäude gerichtet hatte, dass sie Akako nicht bemerkte, sie sich neben sie stellte.

„Wollen wir hier Wurzeln schlagen?“

Yuri drehte sich zu ihr: „Sicher nicht. Ich muss Geld ausgeben.“, lachte die Blondine.

„Hast du gut hergefunden?“, erkundigte sich Akako; nicht ganz ohne Hintergedanken.

„Unserer Kinderfrau hat mich her gefahren. Sie musste ohnehin Saguru in das Museum bringen.“

Akako schmunzelte unbemerkt. Kaito Kuroba und Saguru Hakuba schienen die einzigen Männer in Japan zu sein, die ihrem magischen Charme nicht erlagen. Nacht für Nacht, in denen Akako sich umher wälzte, grübelte sie darüber nach, warum dies so war. Und was sie tun konnte, um es zu ändern.

Zwei junge Frauen machten am Straßenrand ein Selfie von sich. Breit grinsend, blickten sie in die Linse der Kamera und kicherte.

Die Kleinere von ihnen fragte:„Wir haben noch Zeit, bis zur angekündigten Zeit von Kaito Kid. Was wollen wir machen?“

Yuri rollte mit den Augen, während Akako belustigt die beiden Freundinnen musterte.

„Komm.“, Yuri, zog die Hexe am Ärmel. „Lass uns unnötig Geld ausgeben.“
 

Das Geld, es hatte sich schneller in Klamotten verwandelt, als Yuri lieb war. Nun saßen die beiden Frauen in einem Restaurant, dass sich unter dem Dach des Hauses befand. Umringt von Glas, hatte man einen atemberaubenden Blick auf die leuchtende Stadt. Die Sonne war bereits verschwunden und war dem Mond gewichen, als die beiden ihre Bestellung serviert bekamen.

Yuri strich sich die langen Haare so zurück, dass sie ihren Rücken hinab hingen und ihr nicht ins Gesicht fielen, während sie aß.

„Deine Haare sind heller, als die deines Bruders.“, merkte Akako an.

„Meine Mutter ist ebenfalls blond. Ich habe das wohl von ihr.“, sie nippte an ihrem Wasserglas. „Ich mag den blauen Schimmer in deinen Haaren.“

Akako grinste, nahm ebenfalls einen Schluck Wasser: „War eine spontane Idee..“

Die eigentlich braunen Haare der Hexe, wurden bei einem misslungenen Versuch, einen neuen Zauberspruch auszuprobieren, in jenes blau getaucht.

Der Kellner kam erneut an den Tisch, hatte nur Augen für Akako: „Darf es noch etwas Wasser sein?“

„Gerne.“, grinste sie, hob das Glas an, damit der Kellner einschenken konnte.

Sie liebte es, wenn sie es schaffte, die Männer so um den Finger zu wickeln, dass sie auf´s Wort gehorchten, wie dressierte Hunde.

Yuri beobachtete die Situation, war verwundert, als der Kellner verschwand, ohne das Glas der Blondine aufzufüllen.

„OK..“, lachte Yuri. „Wie unhöflich.“

Einige Tische weiter, ein gutes Stück abseits, saßen zwei Männer. Immer wieder sah einer davon angespannt auf die Uhr, während der andere den Raum im Blick hatte. Die Hand unter dem Tisch, das scharfkantige Messer versteckend, dass sie gleich benutzten würden...

Blut und Diamanten

Sie spürte es in jeder Faser ihres Körpers. Auch, wenn sie es zuerst nicht einordnen konnte, wusste Akako dennoch, das etwas ganz und gar nicht stimmte. Ihre Intuition hatte sie noch nie im Stich gelassen, doch bei diesem Mal, meldete sie sich zu spät, um die Hexe zu warnen.

Langsam drehte sie den Kopf, um sich im Restaurant umzusehen, während Yuri sich über die letzten Tage in London ausschüttete.

„Sh..“, flüsterte Akako.

Die Zeit war abgelaufen. Beide Männer sprangen von ihren Stühlen, sodass diese nach hinten über kippten. Einer der beiden hatte eine Waffe in der Hand, hob sie in die Luft und feuerte eine Kugel ab.

Sofort begann Panik auszubrechen und die Menschen schrien.

„Schnauze!“, maulte der, mit der Waffe und richtete sie auf eine Gruppe junger Männer.

Der Mann, der das Messer hielt, trat in die Mitte des Raumes, grinste breit, als er erklärte: „Glückwunsch! Ihr habt im Jackpot gewonnen und wurdet auserwählt unsere heutigen Geiseln zu sein.“, das Grinsen, auch wenn kaum möglich, wurde noch breiter, als er einen Blick auf die Armbanduhr warf. „Während nämlich die ganze Polizei nur Augen für Kaito Kid hat, können wir hier ungestört unsere Arbeit machen.“

Yuri schnappte nach Luft, als Akako ihren Stuhl mit den Kniekehlen zurück schob und aufstand.

„Was machst du denn?!“, zischte Yuri.

Akako ließ sich auch nicht aufhalten, als Yuri versuchte, sie am Ärmel zurück zu ziehen. Mit langsamen Schritten und beide Männer fest im Blick, trat sie auf sie zu.

„Stehen bleiben!“, sagte der, mit der Pistole.

Sie konnte dem Geiselnehmer ansehen, dass er überrascht war, dass eine so junge Frau, mehr Mut hatte, als die Gruppe Männer am Tisch neben ihnen. Unbemerkt, bewegte Akako ihre Finger, beschwor Etwas, von dem sie wusste, dass die Geiselnehmer sich wünschen würden, niemals geboren worden zu sein. In ihrer Naivität, die Akako jedoch Stolz nennen würde, hatte sie die Hintergründe und die Brutalität der Männer unterschätzt. Der Mann mit dem Messer zögerte nicht, als Akako nah genug heran gekommen war, packte sie grob am Arm und zog sie zu sich. Die Beschwörung verpuffte augenblicklich, als der Mann sie an den Haaren griff und ihren Kopf gegen das Fenster schlug.

Yuri´s Atmung verlangsamte sich, als sie mit ansehen musste, wie ihre Freundin bewusstlos zu Boden ging. Ohne über die möglichen Konsequenzen nach zudenken, sprang die Blondine auf: „Akako!“

Yuri´s Beinen waren schneller bei ihr angekommen, als ihr Kopf schalten konnte. Auf dem Boden, direkt neben Akako kniend, befand sie sich nun mitten zwischen den Geiselnehmern.

„Scheiße!!“, brüllte jener, mit der Pistole, zielte auf den Kellner und drückte ab. Durch die Wucht, die die Kugel hatte, als sie seine Schulter durchschlug, wurde er zurück geworfen und das Handy fiel ihm aus der Hand.

„Der hat sicher die Polizei verständigt..“, sagte der Bewaffnete.

Die Panik lag in seinen Augen. So schien der Überfall sicher nicht geplant gewesen zu sein. Der andere Mann jedoch, war die Ruhe in Person. Eine Eigenschaft, die Yuri umso angespannte machte.

„Dann eben so!“, brüllte dieser, packte Yuri am Arm und riss sie grob auf die Beine. Er zog sie nah an seine Gesicht, grinste: „Dann eben nur eine Geisel!“

Die wackeligen Beine, auf denen Yuri gezwungen wurde zu gehen, fühlten sich durch die Angst an, wie Wackelpudding. Der Mann mit dem Messer schleifte sie zu den Stufen, die auf das Dach hinauf führte. Bevor er jedoch die Tür öffnete, meldete sich einer der Männer zu Wort, der in der kleinen Gruppe am Tisch saß.

Er stand von seinem Stuhl auf: „Bitte, nehmen Sie mich mit. Es muss doch nicht sein, dass Sie eine junge Frau als Geisel haben.“

Der Mann mit dem Messer drehte sich belustigt um: „Merk dir eines. Eine Frau als Geisel zu haben, ist immer von Vorteil...“

Der Mann aus der Gruppe trat einen Schritt nach vorn.

„Ich würde das nicht tun..“, knurrte der Geiselnehmer Yuri´s.

Im Restaurant herrschte Totenstille, als der junge Mann einen weiteren Schritt machte.

In einer fließenden und schnellen Bewegung, zog der Mann hinter Yuri ihr die Klinge über das Handgelenk.

Yuri schrie auf, die ersten Bluttropfen fielen auf den Teppich unter ihr.

„Jeder bleibt, wo er ist!“, mahnte der Geiselnehmer. „Sonst ist sie tot, bevor wir auf dem Dach ankommen!!“

Während der Mann seinen Kollegen über die weiteren Schritte einwies, spürte Yuri den Schmerz des tiefen Schnittes. Ihre Hand begann unkontrolliert zu zittern, als das Blut über ihre Haut floss.

Der Geiselnehmer verließ mit Yuri das Restaurant, schubste sie die Betontreppen nach oben. Die junge Frau hatte begonnen zu weinen. Ob vom Schmerz oder der Angst, sie wusste es nicht. Die frischte Luft erschlug sie beinahe, als der Mann die Tür des Daches öffnete. Weit in der ferne, waren Sirenen zu hören, deren Geräusch näher getragen wurde.

„Dieses Arschloch hat tatsächlich die Polizei gerufen!“, knurrte der Mann.

Er zog Yuri weiter zum Rand des Daches und wagte einen Blick hinab. Tatsächlich fanden sich am Eingang des Gebäudes bereits die ersten Fahrzeuge ein.

Yuri, die ihre freie Hand über die offene Wunde gelegt hatte, nutzte die kurze Unaufmerksamkeit des Mannes. Sie riss sich los, rannte ein paar. Schritte aber kam dann ins Stolpern und landete auf den Knien, welche sie sich aufschürfte.

Über ihren Köpfen und im Schutz der Höhe, blieb Kaito Kid unbemerkt. Die Augen auf das eigentliche Ziel gerichtet, erfreute er sich bereits an seinem perfekten Plan. Es war wasserdicht und nicht einmal ein über motivierter Saguru Hakuba würde ihn aufhalten können. Kaito Kit grinste in sich hinein, warf einen Blick auf die Armbanduhr, genau der Moment, in dem er sah, was unter ihm vor sich ging.

Er erkannte weder den Mann, noch sie.

Der Geiselnehmer packte Yuri an den langen Haare, zog sie daran über den Boden und schlug ihr zweimal mit der Faust ins Gesicht. Die junge Frau ging zu Boden und rührte sich erst nicht mehr.

„Jii...“, sprach Kaito Kid in das Headset, während er bereits den Gleiter in der Luft drehte. „Es gibt eine Planänderung.“

Kurz war es still, Kaito Kid hatte die Augen auf das Dach gerichtet, auf welchem sich die Frau langsam auf den Rücken drehte. Ihr Arm war verletzt, sie verlor Blut, das konnte er sogar von hier oben erkennen.

„Junger Herr..“, Jii´s Stimme drang durch das Headset. „Sie müssen in drei Minuten im Museum sein.“

Kaito Kid verzog das Gesicht: „Das werde ich nicht schaffen..“

„Junger Herr!“

Der Geiselnehmer schien wütend zu sein, griff nach dem Messer vom Boden, welches er hatte fallen lassen. Seine Hand zuckte zurück, als eine Spielkarte das Messer weiter über das Dach schleuderte. Als jener den Blick hob, stand Kaito Kid, mit wehendem Umhang auf dem dünnen Rand des Daches.

„Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man Frauen nicht schlägt?“

Kaito Kid ließ dem sichtlich überraschten Mann keine Zeit zu antworten, zog sich den Umhang von den Schulter und warf diesen so geschickt auf den Geiselnehmer, dass er darunter verschwand.

„Zeit für ein wenig Magie!“, grinste Kid.

Yuri drehte langsam den Kopf zur Seite, als sie, nur gedämpft, die zweite Stimme wahr nahm.

Ihre Blicke trafen sich kurz und Kaito Kid erkannte sie.

„Oh, verdammt..“, murmelte er.

Der Mann versuchte sich aus dem Umhang zu befreien, der plötzlich in einen Nebel verschwand. Jener, wieder um Kaito Kid´s Schultern, waren am Geiselnehmer Fesseln geblieben, gebunden um Hände und Beine.

Grinsend über den Erfolg, verpuffte Kaito Kid in einer Rauchwolke, tauchte kurz darauf hinter dem Mann und vor Yuri wieder auf.

„Solltest du nicht einen Diamanten stehlen!!“, brüllte der Mann außer sich vor Wut.

Kaito Kid ging in die Knie, hob Yuri vorsichtig vom Boden hoch.

„Sollte ich eigentlich.“ sagte Kaito Kid, stieg, mit Yuri auf dem Arm, auf den Rand des Daches. „Aber du hast mir die Tour vermasselt.“

Die Tür des Daches wurde mit Gewalt aufgebrochen, und eine Handvoll Polizisten fand sich im Türrahmen ein.

„Das..das ist Kaito Kid!“, brüllte einer von ihnen aufgeregt.

Grinsend sprang dieser vom Dach, spannte den Gleiter auf und verschwand in der nächsten Wolke, die sich vor den Mond schieben wollte.

Yuri verlor immer wieder das Bewusstsein, während Kaito Kid einen Weg eingeschlagen hatte, der für ihn gefährlich werden könnte. Auf dem Arm, die Schwester eines jungen Mannes, der ihn gerne hinter Gitter sehen würde. Yuri war schlimmer verletzt, als Kaito Kid es zuerst angenommen hatte. Der Schnitt am Arm blutete noch immer und die Schläge, die sie im Gesicht abbekommen hatte, hatten ihre Lippe aufplatzen lassen.

„Junger Herr?“, Jii meldete sich durch das Headset. „Wo sind Sie?“

Kaito Kid landete auf dem Dach des Zieles.

„Ich bin im Krankenhaus.“

Er hörte Jii nach Luft schnappen: „Sind sie verletzt, junger Herr?“

„Ich nicht. Jii, ich melde mich später ich, muss hier noch etwas erledigen.“

Kaito Kid wusste nicht, wie viel Yuri wirklich mit bekam. Ihren Namen und den ihres Bruders zu nennen, könnte heikel enden. Besonders ihren auszusprechen. Schließlich kannte Kaito Kid sie nicht. Lediglich Kaito Kuroba, als Mitschüler und auch nur sehr flüchtig.

Durch ein Treppenhaus, gelangten sie in die Notaufnahme. Die ersten Krankenschwestern hatten ihn bereits entdeckt und begannen zu kreischen. Nicht, weil sie die Polizei informieren würde, dessen konnte Kaito Kid sich immer sicher sein. Seine weiblichen Fans waren eigen.

Eine der Krankenschwester sah jedoch mehr.

„Was ist mit ihr passiert?“, fragte sie und deutete bereits an, einen Arzt zu brauchen.

Kaito Kid sah auf Yuri herab: „Ich befürchte, sie hat viel Blut verloren.“

Die Krankenschwester zeigte auf eine Liege: „Dort hin, bitte.“

Auch wenn sie förmlich blieb, ihre Augen verrieten sie. Ein heimlicher Kaito Kid Fan.

Er drehte langsam den Kopf. Jemand hatte dennoch die Polizei verständigt.

„Kid...“, Er sah zu Yuri, die stockend atmete, als sie ihn ansah und sie leise wiederholte: „Kaito Kid..“

Das unsichtbare Band

Zur selben Zeit, im Museum.

Angespannt, schob Saguru den Ärmel seiner Jacke nach oben und blickte auf die tickenden Zeiger seiner Uhr.

Kaito Kid war seit fünf Minuten überfällig.

Kommissar Nakamori´s Augen huschten durch den Raum. Immer bereit, denn Kaito Kid würde sicher jeden Moment auftauchen.

Einer der Polizisten kam auf Saguru zu und flüsterte: „Bisher keine Spur von ihm.“

Hakuba schüttelte den Kopf: „Wir werden warten. Ein Dieb wie er, würde sich niemals..“

Saguru unterbrach sich selbst, als ihn ein Gefühl durchfuhr, dass ihn erzittern ließ. Ein Gefühl, tief im Herzen, dass er der Meinung war, jenes würde es demnächst zerquetschen.

Yuri.

„Irgendwas stimmt nicht..“, murmelte er.

„Ja. Kaito Kid war noch nie unpünktlich, wenn eine Ankündigung vorlag.“

Saguru schüttelte den Kopf, legte die Hand auf seine Brust. „Das meine ich nicht..“

Er drückte sich an dem Polizisten vorbei und eilte zum Fahrstuhl, an dem ebenfalls zwei Wachposten aufgestellt worden waren.

„Ich muss auf das Dach!“

Die Polizisten sahen ihn an: „Aber das geht nicht. Sie sagten doch selbst, dass der Fahrstuhl heute Abend nicht weiter fährt, als dieses Stockwerk.“

Gequält schloss Saguru kurz die Augen. Es war seine eigene Anweisung gewesen.

„Dann muss ich eben sofort nach unten!“, brüllte er.

Die Polizisten machten ihm Platz und sahen sich verwundert an, als die Fahrstuhltüren sich schlossen und Saguru nach unten fuhr.

Der Weg kam ihm wie eine Ewigkeit vor, Zeit, die er vielleicht nicht hatte. Als die schweren Türen sich wieder öffneten, stürmte er durch die Eingangshalle und trat hinaus. Kaum, dass er den ersten Schritt auf den Gehweg gemacht hatte, stieß er einen grellen Pfiff in den Nachthimmel. Den Blick nach oben gerichtet, sah er bereits Watson, der mit schnellen Flügelschlägen auf dem Arm seines Herrn landete. Kaum war der Falke gelandet, sagte Saguru ruhig: „Yuri.“

Er hob den Arm nach oben und der Falke verschwand genauso schnell wieder, wie er gekommen war. Zwar hatte Saguru ruhig gesprochen, doch in ihm sah es ganz anders aus. Etwas stimmte nicht, dessen war er sich sicher. Mit zittrigen Fingern, zog er das Handy aus seiner Jackentasche und wählte die Nummer seiner Schwester.

Wie er bereits erwartete hatte, nahm niemand ab. Die zweite Nummer, die er wählte, war die der Kinderfrau.

„Baaya?“

Saguru´s Stimmlage machte ihr Sorgen: „Was ist passiert? Hast du ihn geschnappt?“

„Baaya, irgendwas stimmt nicht. Ich erreiche Yuri nicht und ich...ich fühle..“, er stockte, kam sich irrational mit diesem Gedanken vor. Saguru war ein Pragmat.

„Saguru, Kind. Sprich den Satz zu Ende...“

Nun war es Baaya´s Stimme, die in Besorgnis beinahe ertrank. Sie kannte das Phänomen, dass Zwillingskinder solche ´Symptome´ aufwiesen. Sie konnten es nicht erklären, sie spürten es einfach.

Saguru hob den Kopf, sah hinauf in den Himmel: „Ich spüre, dass es Yuri nicht gut geht..“

„Was kann ich tun?“, hakte die Kinderfrau nach.

„Ich habe Watson los geschickt. Folge ihm.“, der Chip im Halsband des Falken erwies sich, einmal mehr als hilfreich.
 

Während Saguru den Polizisten Bescheid gab, dass er das Gelände des Museums verlassen musste, klingelte bereits sein Handy.

Er sah die Nummer von Baaya und hatte ein ungutes Gefühl.

„Hat Watson sie gefunden?“, fragte er sofort in das Telefon.

„Ja.“

Ihre knappe Antwort ließ ihn erschaudern: „Wo..wo ist sie?“

Kurz war es still am anderen Ende der Leitung: „Saguru, ich stehe vor dem Krankenhaus.“

Noch im selben Moment, hob er die Hand, stoppte das Taxi, welches dabei war, ihn zu passieren.

„Ich bin sofort da!“, Saguru riss die Tür des Fahrzeuges auf und sprang ins Innere.

Die Fahrt zum hiesigen Krankenhaus betrugen nur ein paar Minuten. Doch in jeder einzelne, die davon verging, fragte sich der Bruder, was passiert war.

Als Saguru aus dem Taxi stieg, war er kreidebleich. Baaya wartete vor dem Eingang, an dem reges Treiben herrschte.

„Wo ist sie?“; fragte er, während er mit großen Schritten auf die Tür zu ging.

„Sie dürfen mir keine Auskunft geben. Nur jemandem, der mit ihr verwandt ist..“

Saguru stieß die Tür ins Innere auf, dicht gefolgt von Baaya, trat er an die Anmeldung.

„Was kann ich für Sie tun?“

„Meine Schwester ist hier. Yuri Hakuba.“

Die Frau an der Anmeldung gab den Namen in den Computer ein, durchsuchte die Liste der Patienten und schüttelte dann den Kopf: „Tut mir leid. Aber mit diesem Namen haben wir keinen Patienten.“

„Was?“, Saguru hielt sich die Hand vor den Mund und trat einen Schritt von der Anmeldung zurück.

Watson hatte sich noch nie geirrt. Saguru schüttelte den Kopf, versuchte ruhig zu bleiben. Doch der sonst so besonnenen junge Mann konnte keinen klaren Gedanken fassen. Plötzlich wirbelte er herum, legte die flachen Hände auf den Tresen: „Wurde jemand eingeliefert, ohne Namen?“

Es wäre eine Möglichkeit, wenn Yuri ohne Ausweis angekommen war.

Die Krankenschwester sah verdutzt auf: „Ähm, ja. Eine junge Frau.“

„Blonde, lange Haare, 17 Jahre alt?“, er kramte seinen Geldbeutel aus der Jackentasche und zog ein gemeinsamen Bild von sich und Yuri heraus.“

Die Krankenschwester lächelte; eine Geste, die in Saguru´s Augen völlig unangebracht war.

„Oh, ja. Kaito Kid hat sie her gebracht.“

Saguru weitete die Augen, lehnte sich über den Tresen: „Wie bitte?“

Baaya konnte sich das Grinsen nicht verkneifen.

„Kaito Kid hat die junge Frau hergebracht.“, wiederholte die Krankenschwester. „Warten Sie bitte einen Moment, ich werde jemanden holen, der Sie zu ihrer Schwester bringt.“

Saguru drehte sich zu Baaya. Alles machte plötzlich Sinn. Kaito Kid war nie zu seinem Diebeszug aufgetaucht. Niemals zuvor, war er unpünktlich gewesen, doch heute war er es. Alles war zeitgleich geschehen.

Eine andere Krankenschwester kam den Gang entlang: „Sie sind der Bruder unserer Unbekannten?“

Er nickte: „Ja. Wie geht es ihr?“

„Wir brauchen noch die Daten Ihrer Schwester.“

Baaya deutete Saguru an, den Papierkram zu erledigen.

Auf dem Weg zu Yuri, beantwortete die Krankenschwester seine Fragen: „Sie hat einen tiefen Schnitt am Arm, den wir nähen mussten, eine aufgeplatzte Lippe. Allgemein, scheint sie im Gesicht einiges abbekommen zu haben. Erschrecken Sie nicht, wenn Sie sie sehen.

„Und..“, Saguru zögerte, bevor er fragte: „Kaito Kid hat sie her gebracht?“

Auch sie schien ein Fan zu sein, denn ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen: „Ja. Und der Anzug ist definitiv hinüber.“

Saguru legte die Stirn in Falten, was der Krankenschwester nicht entgangen war und sie hinzufügte: „Er hatte sie auf dem Arm, als er ihr rein kam. Das ganze Outfit war voller Blut.“

Der Bruder atmete hörbar aus, wollte sich diese `Retter Szene` nicht vorstellten.

„Hier ist sie.“, die Krankenschwester deutete auf eine verschlossene Tür. „Sie ist nicht wach, aber gehen Sie ruhig rein.“

Trotz der Warnung, erschrak Saguru beim Anblick seiner Schwester. Der Arm, versteckt unter einem dicken Verband und das Gesicht bedeckt mit Blutergüssen. Der Bruder ballte die Faust, als er näher an das Krankenbett trat.

Wäre das nicht passiert, wenn er die Chance, Kaito Kid zu schnappen nicht ergriffen hätte? Diese Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, als er einen Stuhl von der Wand zog, und sich neben Yuri´s Bett setzte. Saguru´s Augen folgten der Infusion an ihrer Hand, bis zu dem Ständer, in dem eine aufgehängte Flasche befestigt war. Schmerzmitteln, nahm er an.

Er senkte den Kopf und schloss die Augen. Sie war keine drei Tage zurück in Japan und schon musste er Yuri im Krankenhaus besuchen.

Als es zaghaft an der Tür klopfte, erhob sich Saguru und öffnete diese. Baaya stand im Flur und wagte einen kurzen Blick ins Innere. Die Kinderfrau schluckte schwer, als sie Yuri dort liegen sah.. Saguru trat aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich.

„Wie geht es ihr?“

„Sie bekommt Schmerzmittel, die Wunde an der Hand wurde genäht.“

„Kaito Kid, also.“, merkte Baaya an. Sie grinste nicht, aber das Funkeln in ihren Augen war nicht zu übersehen.

„Du kannst nach Hause fahren, Baaya. Ich werde hier bleiben, bis Yuri aufwacht.“

„Bist du sicher, Kind?“

Er nickte. „Fahr nach Hause, ruh´ dich aus. Wenn etwas ist, werde ich mich melden.“
 

Etwas über eine Stunde war vergangen, seit Baaya sich auf den nach Hause Weg gemacht hatte. Saguru saß an Yuri´s Bett, die Arme verschränkt in einem viel zu unbequemen Stuhl. Zuvor hatte er, in einem Telefonat mit einem Polizisten erfahren, was in dem Restaurant geschehen war. Die Informationen kamen von Augenzeugen, die befragt wurde.

Yuri´s Hand zuckte leicht und ihr Bruder fuhr erschrocken nach vorn.

„Yuri?“

Die Pupillen unter den geschlossenen Lidern huschten aufgeregt hin und her, sie brauchte eine Weile, bis sie die Augen ein wenig öffnete. Der Schmerz schoss ihr augenblicklich durch Arm und Gesicht. Sie drehte den Kopf zur Seite, alles war verschwommen, aber sie erkannte ihren Bruder, der ihre Hand genommen hatte.

„Saguru..“

„Es ist alles gut. Du bist im Krankenhaus.“

Fetzen von Erinnerungen schossen durch ihre Gedanken, die sie als Traum abtat.

„Was ist passiert?“, ihre Stimme klang kratzig und müde.

„Du bist in dem Restaurant überfallen worden. Erinnerst du dich nicht?“

Wieder Fetzen dieses Szenarios. Der Schnitt der Klinge an ihrem Arm, die Schläge ins Gesicht und die frische Luft auf dem Dach. Alles realer, als ein Traum. Aber da war noch etwas. Etwas, dass ihr nicht einfallen wollte.

Saguru hielt ihr den Plastikbecher mit Wasser entgegen, aus dessen Strohhalm sie trank.

„Erinnerst du dich, wie du her gekommen bist?“, fragte er, als er den Becher zurück auf den Tisch stellte.

Sie schloss die Augen und da war er. Kaito Kid. Der Zauberkünstler unter dem Mondlicht, er hatte ihr das Leben gerettet.

Yuri nickte, was die Worte der Krankenschwestern nur noch mehr Ausdruck verlieh.

„Ich möchte nach Hause.“, sagte sie leise.

„Sie wollen dich heute Nacht hier behalten, Yuri. Sie haben den Verdacht, einer Gehirnerschütterung.“

Ihre Augen wurden feucht: „Ich will nicht hier bleiben.“

„Ich bleibe heute Nacht hier, OK? Dann bist du wenigstens nicht allein.“

Saguru schob den Stuhl zurück, gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bei welchem sie die Augen schloss: „Ich werde einen Arzt suchen.“



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