Zum Inhalt der Seite

This Love is a Lie

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

First Meet

Raphael

 

 

Es war ein warmer Tag, die Vögel sangen ihre Lieder, es gab keine einzige Wolke am strahlend blauen Himmel. Schöner hätte ein Tag nicht beginnen können. Die Betonung liegt auf ‚hätte’. Wäre da nicht dieser Faktor ‚Schule’ der diesen Tag ruinierte. Doch das war nicht der einzige Grund. Missmutig stand ich am Fenster und blickte hinaus. Dort draußen wartete die Freiheit auf mich. Oder zumindest ein frischer Windhauch. „Alter, es ist gerade mal halb 8 Uhr morgens und schon sind hier fast 50° drin.“ grummelte ich mehr als genervt und inhalierte nun die stickige Luft des alten Gebäudes. Ich strich mir meine etwas zu lang gewachsenen Haare nach hinten. Ich müsste mal wieder zum Friseur. Nur war ich akut zu faul dafür. Und als wäre das nicht schlimm genug, presste sich meine Freundin oder auch Nervensäge an meinen Arm. Hat sie nicht mitbekommen wie warm es war? Ich rollte leicht mit den Augen und sah wieder hinaus, nachdem ich kurz auf die Kleinere herab sah. Ich beobachtete die Vögel die frei im Wind flogen. Ich glaube zu denken, dass es kein schöneres Gefühl gibt, als frei durch die Luft zu gleiten, keine irdischen Grenzen zu haben. Viele denken, ich habe ein absurdes Bild meiner Gedanken, Handeln und den Blick auf die Gesellschaft. Daher weiß es hier auch kaum einer. Ich behalte meistens alles für mich.

 

„Ach Raphael.“ kicherte sie wie ein japanisches Schulmädchen und reibt sich leicht mit ihrer Oberweite an meinem Arm. Michelle stellte sich auf ihre Zehenspitzen und hauchte mir mit einem verführerischen Ton in mein Ohr. „Bald sind die Sommerferien, dann werde ich dich ablenken.“ ich höre schon allein wie sie sprach, dass schelmische Grinsen heraus. Dieses Weib war wuschelig wie drei Hamburger Hafendirnen zusammen. Das war interessant, wie sie oft zum Teil abgehen konnte und nie genug bekam. Aber wenn ich daran denke, dass in ein paar Tagen die Sommerferien anstanden und ich diese Bordsteinschwalbe von Freundin so lange um mich haben musste. Mir wurde ganz anderes. Sommerkurs klingt gar nicht so schlecht dagegen. Wieso war ich eigentlich überhaupt noch mit ihr zusammen? Ich wusste dass, sobald ich keine Zeit für sie und ihre Vulva habe, dass sie sich einen anderen sucht.

 

Ich glaube da hilft es nicht mal mehr das sie einfach nur verboten scharf aussieht. Sie nervt ohne Unterlass. Manchmal textet sie mich mit so vielen SMS zu, dass ich nicht mal weiß auf was ich als erstes antworten soll, wenn ich es dann mal tat. Das hält doch kein Mensch, der noch bei klarem Verstand war, aus. Oftmals schlimmer als die Hölle, dachte ich mir still. Wir waren erst seit einem Jahr zusammen aber trotzdem war es jetzt einfach kaum noch zum aushalten. Wir sind ein so paradoxes Paar. Wir verletzen um zu lieben. Ich glaube, ich sollte es beenden bevor ein größeres Unglück geschieht. Aber erst wenn die Ferien anfangen. Ich will die letzten Schultage in Ruhe und Zufriedenheit verbringen und ohne Drama.

 

„Wie schön…“ murmelte ich leise und schob sie sachte von meinem Arm. Durch ihr leichtes Schniefen, welches ich hörte, wusste ich das es ihr nicht gefiel. Aber es war einfach viel zu warm um zu kuscheln, oder Körperkontakt zu haben.

 

„Guten Morgen!“ Diese quälend hohe Stimme von Viviane drang in meine Ohren. Es kann nicht schlimmer werden. Ich drehte mich zu ihnen um und schenkte ihr nur ein leichtes nicken, während Michelle ihre beste Freundin um den Hals fiel und knuddelte. Waren alle Mädchen so? Knuddeln sie sich immer ab? Langsam glaubte ich immer mehr, dass Frauen von einem anderen Stern kommen.

 

„Habt ihr gehört, dass wir heute noch einen neuen Schüler bekommen?“ fragte Viviane uns. Sie war die Schülersprecherin und bekam solche pikanten Informationen über andere Schüler immer als erste. Da haben sie sich die perfekte ausgesucht, sobald sie was weiß, tratscht sie es in der ganzen Schule herum, sodass es wirklich selbst der letzte Nerd erfuhr.

 

„Echt? Es sind doch nur noch ein paar Tage, dann ist das Schuljahr doch vorbei. Wieso bekommen wir jetzt noch einen neuen? Und in welche Klasse wird er kommen? Sieht er auch gut aus?“

 

Nun begann das Tratschen. Typisch Weiber. Allerdings kann ich dieses mal nicht verneinen, dass es mich nicht interessiert. Es war sehr unüblich, dass so kurz vor Ende des Schuljahres jemand umgeschult wird.

 

„Er ist ein heißer Russe, hihi. Er wird deshalb hier eingeschult, weil sein Vater von Russland nach Deutschland ausgewandert ist. Er bekommt das Zeugnis von seiner alten Schule hier ausgehändigt. Da aber auch für ihn Schulpflicht hier gilt, muss er die letzten Tage hier zur Schule gehen.“

 

Michelle machte große Augen. Ein Russe also. Dann weiß ich ja, mit wem sie mich als nächstes betrügen wird. Wieso finden alle Frauen Russen sexy? Ist es der Moschusgeruch den die Weiber so anziehend finden? Das sind doch auch nur Kerle, wie jeder andere.

 

„Und in welche Klasse kommt er nun?“ fragt Michelle wissbegierig und tippelt auf der Stelle hin und her. Sie hoffte natürlich in ihrer Klasse. Jedenfalls hatte ich da vor ihr Ruhe. Michelle und Ich waren nicht in der selben Klasse. Und Viviane war eine Klassenstufe unter uns.

 

„Er kommt in Raphaels Klasse. Leider.“

 

Ja, ermutige deine beste Freundin, meine Freundin, dazu andere Kerle anzugaffen und fremdzugehen. Dir Bitch wüsche ich was. Nun ja, muss ich mit leben. Also bekomme ich nachher einen neuen Klassenkameraden. Da nun mein Bedarf an Klatsch, Tratsch und Schnackerei gedeckt war, gebe ich meiner Freundin einen flüchtigen Kuss und ging dann in meinen Raum. Weg von denen. Ich setze mich neben meinen Sitznachbarn, Malek. Malek und ich kannten uns seit der 6. Klasse, als ich hier eingeschult wurde. Ich kam von der Sekundarschule hier hoch auf das Gymnasium. Wir haben uns gehasst. Aber so richtig. Die ersten Wochen haben wir uns nur geschlagen und gegenseitig gemobbt. Ich weiß nicht mal genau wie es auf einmal dazu kam, dass wir nun so unzertrennlich sind. Er war einfach da. Alles vom Anfang war vergessen. Vielleicht war es auch das pubertäre Dominanzverhalten was wir beide austesten wollten. Seitdem konnte ich mit ihm über alles reden was mich beschäftigt, auch über das mit Michelle.

 

„Du ziehst ein echt hässliches Gesicht am Morgen! Ich glaube, ich habe hier noch Tesafilm , ich klebe dir einfach ein neues auf!“ kam es wahnwitzig von meinem besten Freund.

 

„Danke für dein Mitgefühl, Arschloch!“ gab ich grummelig von mir. Malek lachte nur leise. So ein Bastard.

 

„Aber dein Lieblingsarschloch.“ kontert er. Nun, ich musste zugeben, dass stimmt leider. Weiter kamen wir nicht mit dem Albern. Es klingelte zum Unterricht und wie immer war Herr Friedrich pünktlich. Im Schlepptau mit dem neuen russischen Zugang.

 

Als ich ihn sah, stieg in mir ein komisches Gefühl auf, ich wusste nicht ob es gut oder böse war. Ich wusste nicht ob er es war. Man konnte nichts aus seiner Mimik ersehen, ob er auf Krawall aus war, oder schüchtern. Er sah mit seinen stechenden goldenen Augen durch die Klasse. Zum Schluss blieb sein Blick an mir haften. Seine Augen drangen tief in meine Seele ein, so fühlte es sich an, als wäre ich ihm schutzlos ausgeliefert. Ihm und diesen außergewöhnlichen Augen. Ich konnte nicht anders als mich diesem Blick zu ergeben. Ich betrachte ihn jedoch auch genauer. Er hatte helle Haut, fast schneeweiß. Seine Haare waren rabenschwarz. Die enganliegende Kleidung zeigte mir, dass er einen athletischen Körper hatte. Er sah aus wie eine männliche Version von Dornröschen.

„Guten Morgen, „Schüler“.“ ja, wir waren mehr seine Raubtiere, Chaoten, Idioten. Oft brachten wir Herr Friedrich zur Weißglut.

 

„Das ist Lawrence Nikita Privorius. Er kommt aus Russland und geht ab heute hier zur Schule. Da er neu ist, wollte sein Vater, dass er die letzten Tage hier zur Schule geht, damit Lawrence über die Ferien einige neue Kontakte aufbauen kann, also seid einmal nett, und begrüßt euren neuen Mitschüler ohne Prügeleien und ohne Streiche. So, Lawrence, Du kannst dich dort hinter Raphael setzen.“

 

Nachdem Herr Friedrich endlich mit seiner lobenden Ansprache über uns fertig war, ging der Junge mit der russischen Abstammung langsam durch den Gang. Die Mädchen konnten es nicht lassen ihm verstohlene Blicke hinterher zu werfen. Kleine Flittchen halt. Als er an mir vorbei ging, drangen seine tiefgehenden Blicke wieder in meine Augen. Erschrocken fühlte ich einen kurzen Moment, ein elektrisierendes Gefühl, welches mir rasch durch die Adern pumpte. Doch so schnell das Gefühl da war, war es auch wieder verschwunden. Lawrence setzte sich also hinter mich und Herr Friedrich schob in der Zeit einfach eine DVD mit einer Tier Doku in den Player.

 

 

Lawrence

 

Diese „Lehrer“ hier waren echt „freundlich“. Man merkte das sie ihren Job hassten, aber mussten sie es an mir, dem Neuzugang auslassen? Unfassbar. Ich kann doch nichts dafür. Mein neuer Klassenlehrer, ein Herr Friedrich, rempelte mich nur leicht an der Schulter an und grunzte missmutig „Mitkommen!“. Nett war anderes. So ein Spast. Wir gingen durch eine Vielzahl an Gängen bis wir den Klassenraum erreichten. Als wir eintraten klingelte es gerade. Es klang so schrecklich dieses Geräusch. Als ich mir die neuen Gesichter so ansah, stellte ich fest, dass es alles nur kleine Mädchen und ein paar zurückgebliebene Kerle waren. Ich kotze jetzt schon ab. Mami legt den armen Jungs auch bestimmt noch ihre Sachen zu recht, kommen nach zwei Minuten wichsen von einem Porno und haben sicherlich kein einiges Haar am Sack. Als ich mir weiter diese mehr oder weniger durchschnittlichen Leute ansah, blieb mein Blick bei einem Jungen hängen. Er hatte nussbraune Haare. Ozean-blaue Augen, dich selbst vom weiten so klar und hell waren. Doch sein Blick war leer. Ausdruckslos.

 

Das war interessant. Weshalb schauen seine Augen so aus, als würde er gleich aus dem Fenster springen wollen? Hatte er etwas tragisches erlebt? War er der Menschen überdrüssig? Ich wusste nicht wieso, aber ich würde gerne das Geheimnis seiner leeren Augen erkunden und erforschen. Etwas das ich ergründen möchte. Den Lehrer höre ich nur im Rausch. Ich starre ihn wie paralysiert in die Augen, doch auch er wendete den Blick nicht von mir ab. Er ist standhaft. Mal sehen, wie lange er es aushalten wird.

 

„...So, Lawrence, Du kannst dich dort hinter Raphael setzen.“ War das der Junge? Ich gehe einfach hin. Der bessere Pädagoge wird meinen Weg schon korrigieren. Ich laufe durch den Gang der Tische und setze mich hinter ihm. Er roch nach einem schönen Männer Parfum. Nicht zu maskulin und nicht zu feminin. Ich glaube, er und ich, werden bald viel Spaß haben.

 

Ich ließ meinen Blick aus dem Fenster schweifen und dachte darüber nach, was ich alles mit diesem Jungen anfangen könnte, wie man die spaßige Zeit genießen könnte. Ich weiß, es wird nicht dazu kommen. Er sieht nicht gerade nach einem Kerl aus, der auf einen Schwanz in seinem Arsch steht. Aber träumen darf man doch noch. Was bleibt einem Menschen der weder Hoffnung noch Freude hatte? Ihm blieben nur seine Träume. Träume die einem eine falsche Hoffnung widerspiegeln und vorspielen wie angenehm das Leben sein könnte. Nur könnte. Denn weder das dumme Herz, noch der dumme Kopf wird es jemals verstehen, dass auch dies ungesund für eine kaputte Seele war.

 

Meine Gedanken zogen weiter. Ich kann mich an diese Schrottstadt noch sehr gut erinnern. Damals bin ich allerdings auf die Sekundarschule gegangen, bis zur 7. Klasse. Ich kann mir nicht helfen, aber der Name Raphael, kam mir aus der Zeit noch bekannt vor. Auch diese Augen. Ich muss mal in meine alten Fotobücher schauen. Es kann ja auch einfach sein das ich etwas verwechsle.

 

Bis jetzt war es kein einfaches Leben für mich gewesen. Meine Mutter war eine Deutsche, sie lernte wohl damals meinen Vater in Russland kennen und es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick, wie sie gerne erzählt hatte. Sie schrieben sich jede Woche, bald wanderte mein Vater dann für sie, hier nach Deutschland aus, sie heirateten und bekamen mich. Als ich 12 Jahre war, also in der 7.Klasse, starb meine Mutter bei einem Unfall. Ein Auto hat sie übersehen und angefahren. Mein Vater war so niedergeschlagen, ich ebenfalls, dass er mich zurück nach Russland mitnahm. Es war die Hölle. Alles war fremd, keine Freunde, keine Familie. Nur ich und mein Vater. In der Zeit entwickelte ich mich nicht gerade zu einem Primadonna Kind, weshalb er es für ratsam fand, das wir wieder zurück zogen in die Heimat, die ich kannte. Wieder entwurzelt und entrissen. Niemand kann sich in dieser Schrottstadt an mich erinnern, weshalb also wieder herkommen? Wegen meiner Oma die im Pflegeheim mit Alzheimer lag? Sehr weise, gelobter Vater. Es stresste mich und verletzte mich jedes mal aufs neue. Immer wenn ich Freunde hatte, wurde ich entrissen. Nur, weil er denkt das ich hier ein besseres Umfeld habe, weg von den Drogen, von den falschen Menschen, doch mein lieber Vater, solche Menschen gab es überall, und ich werde auch hier wieder welche finden.

 

Gelangweilt sah ich kurz zu der Flimmer Kiste, die solche nervigen Geräusche von sich gab. Eine Tierdokumentation? Sind wir alle in der dritten Klasse oder wie? Leise seufzte ich über die Motivation des Lehrers aus, und sah mich in meiner neuen Klasse um, die ich noch ein paar Jahre lang an der Backe haben werde. Es war alles vertreten. Von Hipster, über Nerds, zu Barbies die ich sich frisch Lippenstift auftragen und dann mit schelmischen Blicken zu mir sahen. Schauderhaft! Dann gab es noch die Emos, die Gruftis, ein Punk. Und natürlich noch so ein bis zwei normale Leute. Das wird ja lustig werden. Dreiviertel dieser Leute war noch auf der Selbstfindungsphase. Bestimmt benehmen sie sich auch so. Nun ja, warum auch nicht? Wenn sie noch Hoffnung und Glück empfinden können. Ich glaube, nach dem, was ich durch gemacht habe, ist es kein Wunder das ich einen etwas zynischeren Blick auf das Leben habe. Ich glaube wäre alles etwas anders verlaufen, wäre ich wohl genau so wie sie. Voller Fröhlichkeit, irgendeine Hoffnung das es auch mal besser werden kann. Wenn ich nie von hier weg gemusst hätte, dann wäre ich nie so schnell an Drogen oder Alkohol gekommen. Doch ich war in Russland, alleine. Keine Freunde, niemanden mit dem ich diesen Schmerz teilen konnte. Mein Vater war auch nur arbeiten um alles irgendwie zu verdrängen. Ich brauchte lange um in Russland Anschluss zu finden. Da frage ich mich, was wäre aus mir geworden wenn wir Deutschland nie verlassen hätten? Wenn meine Mutter nie gestorben wäre? Wenn der Autofahrer aufmerksam gewesen wäre? Das sind alles Fragen auf die ich niemals eine Antwort bekommen sollte. Ich warf einen Blick auf den Jungen vor mich. Raphael. Ich schließe meine Augen und versuche mich an damals zu erinnern. Nussbraune, wuschelige Haare, eine laute Stimme, aber es fiel mir kein Gesicht dazu ein. Das macht mich wahnsinnig! Habe ich mir mein Hirn schon so weg gekokst, dass ich mich nicht einmal mehr an ein Gesicht von vor ein paar Jahren erinnern kann? Oder war er so unwichtig? Ich weiß es nicht. Ich habe so gut wie alles aus dieser Zeit verdrängt. Den Schmerz verdrängt um irgendwie weiter machen zu können. Ich wollte nicht an dem Leid ersticken.

 

Die Gedanken in meinem Kopf werden schwerer, weshalb ich tief durchatme und meinen Blick wieder aus dem Fenster wand. Ich muss es einfach vergessen, diesen Ärger, dass mir das Gesicht zu dem Namen nicht einfiel und ob es genau dieser Raphael ist. Ich werde wohl nachher etwas in meiner Vergangenheit graben müssen. Etwas das ich eigentlich nicht vor hatte. Aber dann bleibt mir wohl keine andere Wahl.

 

Nachdem ich die Gedanken bei Seite schob, merkte ich die wallende Hitze in diesem Raum, das ist echt fürchterlich. Also war ich einfach mal so frei, ergreife den Griff des Fensters und drehte ihn herum, mit einem Ruck machte ich das Fenster weit auf. Der Punk, ich nehme einfach an das er einen darstellen möchte; durch seine grünen Spitzen im blondierten Haar, drehte sich zu mir um und sah mich an.

 

„Gute Entscheidung, hättest du das jetzt nicht gemacht, hätte ich es.“ Gluckste er leise vor sich her. Ich lächle ihn nur schräg an, wandte mich dann von ihm ab und schaute wieder aus dem Fenster, in der Hoffnung der, was auch immer er darstellen will, tat das gleiche; doch leider war dem nicht so. Glück hatte ich wohl einfach nicht.

 

„Du kommst also aus Russland? Meine Eltern kommen auch von dort hehehe. Ich heiße übrigens Malek.“ Danke für die Kurzeinführung deines Lebens, auf die ich nur gewartet habe. Oh man, er meint es sicherlich nicht mal böse und bin so fies und reudig in meinen Gedanken.

 

„Freut mich.“ sagte ich leise, ebenso kurz und knapp. Was sollte ich sonst auch anderes darauf erwidern? Ich war nicht so der Typ für Smalltalk, das war von Anbeginn der Zeit nicht meine Stärke.

 

„Sollen wir dich vielleicht nachher etwas in der Schule herum führen?“ er versuchte wohl wirklich nett zu sein, damit ich schnell Anschluss finde. Probieren kann man es ja, wenn er oder seine Freunde zu nervig werden kann ich mich ja immer noch abwenden.

 

„Ja, das wäre nett, ist ja auch ziemlich verwinkelt eure Schule.“ Der kleine Punk kicherte leise und nickte.

 

„Als ich hier in der 5. Klasse herkam, ging es mir auch so, richtig schrecklich, am Anfang habe ich mich immer verlaufen.“

 

„Verständlich, ich hoffe einfach nur das über den Tag die Hitze hier nicht noch mehr ansteigt.“ Er grinste mich auf meine Aussage hin etwas schief an.

 

„Oh doch, dass wird es definitiv noch, aber sieh es Positiv, dann haben wir bald verkürzt und sind spätestens um 11.30 Uhr hier draußen.“ So früh schon? Das klingt endlich mal nach etwas Positivem. Ich nicke ihn nur zustimmend zu, da sein Nachbar Raphael ihn schon mit dem Ellenbogen anstößt das er leise sein soll. Der Grund? Herr Friedrich wollte wohl einfach seine Ruhe haben und betrachtet Malek und mich schon mit finsteren Blicken. Der kleine Punk drehte sich deshalb wieder genervt zum Geschehnis des Fernsehers. Herr Friedrich, sie haben eindeutig den falschen Beruf gewählt. Und wenn sie nicht ein Schlaganfall bei ihrer Wut ereilt, sitzen sie hier noch die nächsten 20 Jahre fest und ein Versprechen kann ich ihnen geben, es wird nicht besser werden.

 

Ich wandte meinen Blick ab und sah wieder aus dem Fenster, beobachte die vorbeigehenden Menschen, die Vögel, genieße jede leichte Brise die in das Klassenzimmer hinein wedelte. Es war so langweilig. Ein Glück wurden wir bald von dem schrillen läuten der Glocke geweckt und befreit. Über die Lautsprecher der Schule wurde eine Ansage von der Schulleitung rausgegeben, dass wir durch die viel zu hohe Temperatur in den Klassenräumen verkürzten Unterricht bekamen, das bedeutet, heute um 11.30 Uhr ist Feierabend. Das klingt herrlich. Malek war danach wirklich so freundlich, mir die wichtigsten Räume zu zeigen, danach erklärte er mir die wichtigsten Gruppenverteilungen auf dem Schulhof, wo halt jede Clique ihr Revier quasi hatte. Es war schon interessant zu sehen, das es durch diese Verhalten so gut wie kein Mobbing auf dem Schulhof gab. Es scheint ja eine ganz integrative Schule zu sein. Ich muss sagen, ich bin fasziniert, von ihrem Verhalten zu denken, dass jeder seinem Freiraum auf dem Hof ließ. Sah man nicht oft. Was ich sehr witzig und amüsant fand, war das Raphael uns währenddessen überall hin gefolgt ist, immer mit einem widerwilligen seufzten, nach dem Motto: Habt ihr es bald? Es ist warm, ich hab kein Bock auf den Kram mit dem neuen! Tja, ich würde sagen, Pech gehabt kleiner Raphael. Es kann ja nicht immer nach deiner Nase laufen. Innerlich ergötzte ich mich ein wenig daran, den schon so leidenden Jungen durch die unbändige Hitze noch ein wenig mehr genervt zu sehen. Ich beobachtete ihn ein wenig aus dem Augenwinkel und bemerkte das er mich auch mit argwöhnischen Blicken des öfteren mustert. Sehe ich so abgefuckt aus oder was? Kam ich ihm vielleicht auch bekannt vor? Oder das wahrscheinlich unwahrscheinlichste, steht er auf mich?

 

 

Raphael

 

Einerseits freue ich mich das ich heute nur bis Mittag diese Qual aushalten muss, auf der anderen Seite kotze ich gerade so dermaßen. Wieso muss Malek so scheiße freundlich zu dem Kerl sein? Nur weil sie irgendwo die gleiche Abstammung besitzen? Gibt es unter den Russen einen geheimen Bro-Code oder was? Sonst hasst er auch jeden auf Anhieb, oder,…, nein, eigentlich nur mich. Der Typ sieht ja jedenfalls nicht so aus, als würde er lange etwas mit uns zu tun haben wollen. Ein Glück auch. Er wirkt echt komisch. Ich habe irgendwie gespürt das er mich vorhin im Unterricht beobachtet hat. Ich habe seine bohrenden Blicke in meinem Rückkrad gespürt. Gott, wenn ich allein wieder daran denke schüttelt es mich heftig. Und ich weiß ganz genau, hängt er länger als nötig bei uns herum, wird Michelle selbst nach der Trennung die ganze Zeit bei uns sein. Nur wegen ihm! Um mir unter die Nase zu reiben, dass sie geilen und heißen Sex mit dem Scheiß-Russen hat. Eigentlich sollte es mich nicht stören, aber das tut es, weil ich ja Ruhe vor ihr wollte. Sie wird eh gleich an gehüpft kommen und ihm zeigen was sie zu bieten hat, während ich teilnahmslos neben ihr stehe, wir nach der Schule uns wieder streiten, uns anschreien und zur Versöhnung dann eine Runde bumsen werden. Es war schon immer so gewesen. Aber weil sie mich dann irgendwann betrügt, tue ich es selbstverständlich auch. Ich war sogar kurz in Versuchung ihre kleine beste Freundin einfach zu ficken. Dann hätte dieser Trauershow ein schnelles Ende gehabt, wenn ich ihre beste Freundin als erstes zum juchzen gebracht hätte. Warum mache ich es nicht einfach? Ach ja, stimmt, weil ich keinerlei Gelegenheit habe um mich an Viviane heran zu machen, da Michelle ja ihre treue Begleiterin ist.

 

Ein Glück waren wir jetzt schon endlich am Schulhof angelangt. Malek erklärt ihm noch einiges zum Gruppenverhalten. Relativ langweilig.

 

„Wo… kann man hier eine rauchen gehen?“ Oh. Unser neuer Russe raucht also. Ein ungesunder Lebensstil, den ich jedoch befürworte. Ich rauche selber auch.

 

„Damit wartest du besser zur richtigen Pause. Wir sollten jetzt erst einmal zum nächsten Raum gehen. Die nächste Stunde geht gleich los.“ erklärte der Malek ihm. Man merkte an dem Gesicht das Lawrence zog, das er lieber eine geraucht hätte. Doch was würden deine neuen Lehrer und deine lieben Eltern von dir halten, wenn du anstatt die letzten paar Tage tatkräftig zu lernen, lieber eine rauchen gehen willst? Gott, ich war heute selbst in meinen Gedanken sehr zynisch. Liegt bestimmt an der reudigen Wärme.

 

„Und wann haben wir richtige Pause?“

 

„Na, wir müssen jetzt nur noch Frau Dreiling die zwei Stunden ertragen, dann haben wir Pause. Dann nochmal zwei Stunden und wir haben Schluss. Das praktische an verkürztem Unterricht hier ist, die Unterrichtsstunden gehen nur noch eine halbe Stunde. Die Pausen werden aber nicht verkürzt. Das heißt, eine ganze Stunde noch ohne Kippe mein Freund.“ Malek, der Meister der umfassenden Erklärungen. Anstatt einfach zu sagen, eine Stunde mein Freund! Nein. Da kommt er mit einem um schweifenden Epos, der Geschichte der Literarstunden des Gymnasiums „Johann-Wolfgang“ um die Ecke.

 

„Ich glaube es hätte auch eine Kurzfassung gereicht Malek.“ Oh! Wo kam das her? Ja, es kam aus meiner trockenen Kehle.

 

„Ach halt die Schnauze Raphael haha. Ich gebe einfach mein Bestes zu Teil.“ schmunzelt er vor sich hin.

 

„Du hörst dich einfach nur gerne selber reden du Vollidiot. Du bist einfach ein Möchtegern-Politiker“

 

„Ich bin kein Politiker. Ich bin ein Präsident!“ lauthals lachte er los. Doch Himmel Herr, er kann es verkaufen wenn er will.

 

„Jetzt labere nicht, lass uns zurück. Frau Dreiling bekommt sonst ihren Tobsuchtsanfall.“ Malek nickte leicht. Also setzten wir uns, die scheinbar drei Musketiere auf den Weg wieder in das Gebäude hinein und liefen mit unserem neuen Anhang. Neuen Bekannten? Neuen Freund, aus Maleks Sicht? Ich hoffe nicht. Ich bete das der neue bald wieder dem Rücken gekehrt wird. Ich denke mal das passiert aber erst spätestens zu den Sommerferien.

 

Als wir endlich den Raum erreichten setzten Malek und ich uns auf unsere Plätze, der Neuzugang nahm wieder hinter uns Platz.

Müde lasse ich meinen Kopf auf die Bank gleiten. Mathematik Unterricht, hieß für mich immer Schlafenszeit. Mathe mit Frau Dreiling war das schlimmste was ich am Tag durchstehen musste. Doch wie ich das alte Biest kannte, würde sie nicht lockerlassen und mich malträtieren wie jeden Tag. Entweder mit Tests oder mit Klassenspaßaufgaben, wobei, nun kurz vor den Ferien und nach dem Notenschluss, war es mir egal. Da konnte sie noch so viel meckern und auf und nieder springen. Ich sehne die sechs Wochen schon so sehr herbei. Endlich Ruhe vor den ganzen Möchtegern, Schlampen und Posern, die sich für so wichtig halten. Allgemein freue ich mich wenn endlich das Gymnasium ein Ende hat. Geplant für die freie Zeit von Lernen und Pein, ist ein Angelausflug mit meinem Vater. Ich habe eigentlich gar keine Lust darauf. Die Familiensituation war schon schwer genug. Ich weiß nicht wie mein Vater es geschafft hat die Frau vom Jugendamt einzulullen, aber er hatte nun Besuchsrecht für mich.

 

Ich seufzte schwer und sah aus dem Fenster, beobachte die Vögel wie sie frei am Himmel flogen. Frei sein. Was bedeutet es heutzutage frei zu sein? Jeder hat eine andere Definition. Für die einen, ist es ein Teil von frei sein, wenn sie unabhängig sind von den Eltern, dem Job oder ein eigenes Grundstück zu besitzen wo man einem nicht so viele Verordnungen halten. Für andere ist es das Reisen, das fliegen über den Wolken, wie das der Vögel. Freiheit ist ein Wort. Und das bleibt es auch. Der Mensch wird meiner Meinung nach nur Frei sein, wenn er tot ist. Tiere können frei sein. Sie können tun was sie wollen, hingehen wo sie wollen, ohne bestraft oder verurteilt zu werden. Bei den Menschen sieht es anders aus. Alle Augen sind stets auch dich gerichtet. Man gaukelt dir vor du hättest die Freiheit alles zu tun, was du möchtest, aber die hast du nicht. Egal wie weit entwickelt der Mensch sein möge, er ist die dümmste Rasse auf Erden.

 

Ich schließe die Augen, blende alle Geräusche aus und erinnere mich unweigerlich an dem Tag zurück, an dem mir die Illusion der Freiheit geraubt wurde….

Die Vergangenheit

Kapitel Zwei – Die Vergangenheit

 

Raphael

 

„Komm zurück Mama! Bitte, verlass uns nicht! Lass uns nicht allein!“

 

Doch sie blieb nicht. Sie drehte sich um, warf ihr blondes Haar über die Schulter und verschwand in den Armen eines jüngeren Mannes im nirgendwo. Allein blieb ich zurück im Dunkeln, hörte mein eigenes erbärmliches Wimmern. Ich hörte Schritte. Sie kamen immer näher. Ich drehte mich um. Dort stand er, mit der Wodka Flasche in der linken Hand, mit dem großen und festen Ledergürtel in der rechten Hand.

 

„Bitte Vater… Bitte tu es nicht… tu mir nicht weh, ich habe dir nichts getan!“ Ich spürte die heißen Tränen meine Wangen hinabrinnen. Doch es half nichts. Ich schloss die Augen, fühlte das brennen auf meiner Haut.

 

„Was habe ich dir getan Vater…?“ wimmerte ich rau durch meine trockene Kehle.

 

„Warum bestrafst du mich?“ Ich wollte es jedenfalls verstehen. Verstehen wieso er so zu mir ist. Wieso er mir das antat, wieso er meine Haut mit Branding und blauen Flecken zierte und markierte. Warum er mich in den Schrank einschloss, sobald ich nach Hause kam.

 

„Du siehst genauso aus wie sie. Wie deine Mutter, wie meine geliebte Thea. Du wirst mir nicht auch noch davonrennen. Weder dein dummer Bruder, noch die Fotze von Ehefrau wird dich bekommen. Dich forme ich so wie ich es will. Das du nicht davonrennen kannst und wirst… Du wirst für immer bei mir bleiben mein lieber, kleiner Raphael.“

 

Ich versuchte zu rennen. Versuchte zu fliehen. Weit weg von ihn. Weit weg von meinem Vater. Doch ich rannte auf der Stelle, kam keinen Schritt voran. Ich spürte wie sein Schatten mich unterwarf. Ich spürte seine Hände an meinem Hals. Ich spürte wie er zudrückte. Mir blieb die Luft weg. Ich will nicht sterben! Ich will frei sein! Frei am Himmel fliegen… Ich will nicht länger eingesperrt sein, nicht länger bei ihm sein, der, dessen mir selbst die Luft zum atmen nahm.

 

Das schrille Läuten der Glocken riss mich aus meinem Alptraum. Müde rieb ich mir meine Augen und sah zu Malek. Dieser Traum hat gerade alles in mir herumgedreht.

 

„Ist alles okay? Du bist etwas blass Raphael.“ Ich nickte nur etwas und streckte mich ausgiebig.

 

„Ja, ist nur die scheiß Wärme, die mir etwas zusetzt. Außerdem brauche ich endlich eine Kippe.“ Malek lachte nur etwas und drehte sich zu unserem Neuling um.

 

„Da bist du nicht der einzige Raphael.“ Er lachte genüsslich. Ich drehte mich ebenfalls um und sah das dieses Dornröschen auch nicht gerade taufrisch aussah. Müde und mit trägem Blick schaute der Russe nach draußen. Er sah nicht gerade so aus als hätte er die beste Laune. Wenn der Typ immer so drauf ist, kann ich die Ferien kaum erwarten um ihn wieder los zu werden. Ich brauche niemanden der mir die Stimmung weiter vermiest. Das erledigt meine „noch“-Freundin schon. Oh man, wenn ich schon an sie denke geht meine Stimmung gleich weiter in den Keller. Dass das überhaupt noch möglich war.

 

Wir raffen uns auf und gingen runter auf den Hof, versteckt hinter einem Busch standen schon die ersten Raucher. Auch wir holten unsere Schachteln heraus und zündeten uns eine Kippe an. Selbst Malek hielt für einen Moment die Klappe. Doch leider nur für einen Moment. Er war so eine alte Labertasche.

 

„Lasst uns ‘ne Party schmeißen, wenn der Scheiß hier in ein paar Tagen vorbei ist.“ Verwundert schaue ich Malek an. Woher kam das immer? So direkt aus dem nichts. Manchmal frage ich mich ernsthaft was in seiner kleinen grünen Birne vonstattengeht. Ich hoffe gerade inständig das der neue Emo Russe kein Bock hat.

 

„Feiern klingt immer gut. Aber das ist nicht so eine Party mit Kindersekt und Flaschendrehen oder?“ Doch! Es ist so eine Feier! Also such dir andere Leute! Warum zur Hölle muss Malek so ekelhaft kontaktfreudig sein. Elendiger Punker. Den dieser lachte nur herzhaft und winkte ab.

 

„Also bitte. Sehen wir so aus? Es wird Alkohol fließen und gute Musik gespielt. Ich habe überlegt ob wir am alten See feiern, dort ist nie jemand, wir könnten dort ja Campen und ein Wochenende durchfeiern. Eine Art eines eigenen Festivals. Rock den Teich! Wir können dir ja den See zeigen, immerhin bist du ja neu hier.“ Eine Art Festival? Klingt eigentlich gar nicht so übel. Dann kann ich jedenfalls noch einmal richtig die Sau rauslassen bevor ich zu ihm muss.

 

„Ich weiß, welchen See du meinst. Ich habe vor langer Zeit hier schon mal gelebt.“ Nun sahen wir ihn beide verwirrt an. Er lebte hier schon mal?  Wann? Wer war dieser Kerl, verflucht nochmal? Doch ehe Malek oder ich nachfragen konnten, kam auch schon meine Nervensäge angehüpft, im Schlepptau mit ihrem Püppchen. Natürlich gaffen sie beide erstmal ausführlich den Junkie von Russen an. Allerdings muss ich gerade zugeben, dass mich seine Geschichte auch interessiert. Wer war er?

 

Lawrence

 

„… Wir können dir ja den See zeigen, immerhin bist du ja neu hier.“ Der alte See. Irgendwie weckt es eine Art Erinnerung in mir. Ein Gefühl von Wehmut suchte mich beinahe heim. Ich hasse es hier jetzt schon irgendwie. Mit all den alten Gefühlen konfrontiert zu werden.

 

„Ich weiß, welchen See du meinst. Ich habe vor langer Zeit hier schon mal gelebt.“ Ja. Ich kenne hier noch immer jeden Weg. Jede Abkürzung durch die Wälder, über Felder, durch die kleinen Gassen. Das vergaß ich nie. Oft träumte ich von diesem Ort. Weiter konnte ich nicht darüber nachdenken, da zwei kleine Puppen angelaufen kamen. Die eine klebte sich sofort an die Seite des kleinen Hengstes. Ich gebe zu, ich wäre gern an ihrer Stelle. Der kleine ist wirklich ein Leckerbissen. Sowohl das Blondchen als auch die Prinzessin starren mich von oben bis unten die ganze Zeit an. Habe ich etwas im Gesicht?

 

„Das ist also der neue, scharfe Russe.“ Die kleine Prinzessin an seiner Seite lässt wirklich nichts anbrennen oder? Aber ihn scheint es gerade irgendwie gar nicht zu stören. Hat er wohl sich schon daran gewöhnt das seine Braut wohl noch andere so anmacht? Das Blondchen hingehen wirkt schüchtern. Nicht so wie die Prinzessin. Ob die kleine einfach eine Mitläuferin der Prinzessin ist?

 

„Naja, wie es scheint ist er nicht ganz neu.“ Solidarität mein Russe. Kannst du also nicht einfach deine Klappe halten? Innerlich seufzte ich schwer. Die kleine Blonde sah mich verwirrt an und traute sich nun auch was zu sagen.

 

„Ich… dachte du kommst frisch aus Russland? Was meint Malek damit?“  Ich wusste, dass das jetzt kommt.

 

„Ich habe hier schon einmal gelebt, bevor wir ausgewandert sind.“ Ich hatte keine Lust einem von denen etwas über mein Leben zu erzählen. Ich ließ meine Kippe auf den Boden fallen und trete sie aus. Da ich allerdings gerade sehr genervt bin, holte ich eine weitere Kippe aus meiner Schachtel und zündete sie an. Ich hoffe inständig, dass sie meine Signale verstehen und mich damit in Ruhe lassen. Aber ob sie so viele Gehirnzellen noch besaßen, mag ich zu bezweifeln wagen.

 

„Naja, ist ja auch erstmal egal. Also Lawrence. Die kleine blonde Schönheit hier ist unsere Schulsprecherin Viviane. Und das kleine Flittchen, dass an Raphael klebt ist Michelle, seine Freundin.“ Oh? Merke ich da etwa Hass zwischen der Prinzessin und dem Punk? Und schien er etwas für das schüchterne Püppchen übrig zu haben?

 

„Ich klebe dir gleich eine du dreckige Zecke!“ Miau! Die kleine fährt ihre Krallen aus. Dem sexy Boy scheint es allerdings nicht zu gefallen.

 

„Sag doch endlich mal etwas zu diesem dreckigen Punk! Er kann mich nicht so behandeln!“  Ich legte meine Hand mit der Zigarette vor meinen Mund, da ich mir das breite, schadenfrohe Grinsen nicht verkneifen konnte. Live einen Beziehungsstreit zu verfolgen ist und bleibt einfach die beste Unterhaltung. Und jetzt kommt der rechte Haken! Er holt zum finalen Schlag aus! Er schob das willige Bückstück von sich und straft sie mit einem bösen Blick. Jetzt kommt der Todesstoß! Das ist besser als jeder MMA Fight!

 

„Du bist aber ein billiges Flittchen! Kaum siehst du irgendeinen Kerl läufst du wie eine läufige Hündin hinterher, so lange bis er dich fickt! Und nenn meinen besten Freund noch einmal so, und du wirst es bereuen!“ DING! DING! DING! Und der Sieg geht an den verboten scharfen Burschen mit geplagten leeren Augen, Raphael! Ich konnte nicht anders als herzhaft darüber zu lachen. Ich konnte mich einfach nicht länger zusammenreißen. Das schien der Prinzessin Michelle gar nicht zu gefallen, sie holte aus, verpasste uns drei Kerle jeweils eine Backpfeife, packte ihre Puppe am Handgelenk und zog sie hinter sich her. Die kleine Blonde drehte sich nochmal um und schenkte uns einen entschuldigenden Blick ehe sie aus unserem Sichtfeld verschwanden.

 

Nach diesem Drama war die Idee der Feier und meine Abstammung für das erste egal. Wir rauchen in Ruhe unsere Zigaretten auf und brachten dann die letzten zwei mühseligen Stunden hinter uns. Malek war noch so aufdringlich und steckte mir seine Nummer zu. Ich solle ihm doch mal eine Nachricht schreiben. Ich nickte es einfach nur ab und machte mich auf den Weg nach Hause. Dort begrüßte mich mein Vater mit verwunderten Augen.

 

„Was machst du schon hier Nikita? Schwänzt du etwa schon…?“ Ich sehe ihn. Den sorgenvollen Blick meines Vaters. Das ich hier genau so weiter mache wie in Russland. Er macht alles falsch mit den richtigen Absichten. Ich habe ihm versprochen, dass ich ihm versuche weniger Ärger zu bereiten. Ich schüttle den Kopf.

 

„Ich schwänze nicht. Es war verkürzter Unterricht durch die Hitze. Ich habe dir versprochen, dass ich mich versuche, zu bessern. Also vertrau mir bitte, auch wenn es vielleicht nicht leicht ist.“ Er nickte leicht und lächelte mir sanft entgegen. Er hat mir alles verziehen. Egal wie schlimm ich war, was für Sorgen und Kummer ich ihm bereitet habe. Er meinte immer, es ist meine Art mit dem Tod meiner Mutter umzugehen. Selbst heute benutzt er noch diese Ausrede.

 

„Hast du Hunger, mein Kind?“ Er versuchte seitdem stets beides für mich zu sein. Sowohl Vater als auch Mutter. Manchmal plagte mich das schlechte Gewissen, dass ich ein so schlechtes Kind bin. Dann kompensiere ich es um es zu verdrängen.

 

„Nein, danke. Ich schaue meine alten Sachen mal durch.“ Mit diesen Worten verschwand ich in mein Zimmer. Jetzt war etwas wichtiger als die Sorgen meines Vaters. Die Bilder und Erinnerungen meiner Vergangenheit. Ich kniete mich vor meinem Bett und griff drunter, ich zog eine alte Kiste hervor. Kunterbunt mit vielen Stickern geschmückt. Fast schon peinlich, dass ich noch solch eine Kiste besaß. Ich öffnete sie. So lange ist es schon her. Seit meinem Umzug nach Russland sah ich nicht einmal mehr wieder hinein. Ich sah ein Tagebuch, Bilder, Kleinkram. Ich nahm das Tagebuch heraus und blätterte etwas darin.

 

Heute kann ich endlich wieder bei Raphael übernachten! Wir haben uns schon ausgemacht, dass wir die ganze Nacht lang die Konsole quälen werden! Ich freue mich darauf. Ich bin immer glücklich Zeit mit ihm zu verbringen. Er hat mir heute nach der Schule auch ein Armband geschenkt. BBF steht drauf! Er sagt es nicht oft das wir beste Freunde sind, umso froher bin ich über sein Geschenk.

 

Ich musste etwas lächeln. Ich war wirklich ein naives und glückliches Kind gewesen. Ich suchte nach dem beschriebenen Armband in der Kiste. Als ich es in den Händen hielt, besah ich es mir genauer. Es war geflochten, ein kleines Metallplättchen war eingefasst, wo diese drei Buchstaben eingefasst waren. Ich kramte weiter herum, zog ein Bild aus der Kiste. Dort war ich zu sehen. Ebenso ein anderer kleiner Junge. Braune, verwuschelte Haare. Diese unverkennbaren blauen Augen. Dieses breite Grinsen, wodurch er Grübchen bekam. Er war es. Der Raphael von heute aus meiner Klasse, mit den leeren Augen, und dieser Raphael auf meinem Bild. Sie sehen aus, vom Gesicht her wie die gleiche Person. War er wirklich mein damaliger bester Freund? Wir können uns jedenfalls gegenseitig nicht an uns erinnern. Erkannten uns nicht wieder. Ich lehnte mich gegen mein Bett und sah zur Decke hinauf.

 

Ich zermartere mir den Kopf über diese Sache. Haben wir uns einfach so verändert und so viel durchlebt, dass wir uns deshalb nicht wiedererkannt haben? Warum blieben wir nicht in Kontakt? Ich wusste, es war nicht gut diese Kiste zu öffnen. Ich wusste, sie würde nur weitere Fragen aufwerfen. Und ob ich diese Antworten hören wollte, oder nach Antworten suchen wollen würde steht auch noch außer Frage. Ein Klopfen an meiner Tür riss mich aus meinen Gedanken. Mein Vater betrat mit einer Tasse Tee mein Zimmer.

 

„Oh? Du hast dir ja ewig die Bilder nicht mehr angesehen. Hier, ein Tee für dich.“

 

„Papa, es sind gefühlt eine Million Grad, es ist lieb, aber ich möchte keinen Tee.“ Mein Vater kam zu mir und setzt sich auf den Bettrand und sah auf das Bild in meiner Hand.

 

„Ach ja, die Zeit mit Raphael, ich weiß noch wie sehr du dich immer gefreut hast, wenn du ihn gesehen hast. Oder wie du mit deiner Mutter immer hinter dem Backofen gestanden hast um für Raphael seine Lieblingskekse gebacken hast.“ Er wirkt kurzzeitig so friedlich, er lächelte leicht melancholisch. Ich wünschte ich könnte mich auch so daran erinnern wie er.

 

„Ich habe alles aus dieser Zeit verdrängt. Alles mit Mama. Alles mit ihm. Ich habe nur in der Kiste nachgesehen, weil mir der Name Raphael bekannt vorkam, und irgendwie auch sein Gesicht. Ich scheine ihm gänzlich fremd zu sein…“ War ich gerade wirklich betrübt darüber? Es fühlt sich jedenfalls so an. Immerhin habe ich ihn etwas wiedererkannt. Er war mal mein bester Freund. Nun hatte er ein anderes Leben, eines wo ich keinen Bestandteil mehr habe, oder haben werde. Aber es sagt ja auch keiner das ich das überhaupt will! Gott, was ist nur mit meinen Gedanken los.

 

„Du hast dich auch sehr verändert Schatz, vielleicht hat er dich deshalb einfach nicht wiedererkannt. Mach dir da nicht solche Gedanken. Rede doch mal morgen mit ihn, gib ihm ein paar Gedächtnisstützen, dann wird er sich auch vielleicht erinnern.“ Papa ist zu gütig. Er ist putzig aber das wäre echt zu peinlich und zu komisch, wenn ich das machen würde.

 

„Papa… lass gut sein okay? Es ist lieb aber lass gut sein. Ich glaub, ich gehe einfach eine Runde raus.“

 

„Na gut. Aber komm nicht zu spät nach Hause, okay?“ Ich nickte nur leicht, stand auf und machte mich auf den Weg. Ich lief ziellos eine Weile herum und kam zu einem alten Spielplatz, an dem ich als Kind mit Raphael immer gespielt habe. Erst jetzt bemerke ich, dass ich das Armband immer noch in der Hand hielt. Ich ging langsam durch den Sand und setzte mich auf die Schaukel und sah das Armband an.

 

Was habe ich erwartet, als wir wieder herkamen? Nichts. Und warum fühle ich mich gerade so unfassbar leer? Ich sage es nochmal, es war nicht gut diese Kiste zu öffnen. Es hat etwas in mir hervorgerufen, was ich hasse. Diese Einsamkeit. Ja, ich fühle mich einsam. Dieser Ort war mit Liebe und Freude gefüllt, doch jetzt ist es nur noch ein Hort der Einsamkeit. Ich fühle mich wie damals, als wir gerade nach Russland zogen. Ich sah hinab. Sah das Armband an. Ich fühle eine Sehnsucht. Eine Sehnsucht danach, dass alles so ist wie damals, wie ich es in mein Tagebuch schrieb.

 

„Ich… habe genau das gleiche Armband…“  Diese Stimme. Ich sah auf. Dort stand er. Raphael.

Damals, wir zwei

Kapitel Drei – Damals, wir zwei

 

Raphael

 

Ich bekam den Kopf nicht frei. Selbst nach der Schule hörte Michelle nicht auf zu streiten. Vielleicht verständlich nachdem was ich sagte. Aber es war nur die Wahrheit. Ich konnte sie nicht länger unausgesprochen lassen. Es regt mich so unendlich auf. Sie betrügt mich nach Strich und Faden, ich soll alles lächelnd hinnehmen, damit die Eule in Ruhe weiter machen kann? Das war wirklich keine Liebe mehr, ich weiß nicht einmal, ob es überhaupt jemals Liebe existiert hat, zwischen uns. Läuft es immer so mit den Frauen? Belügen und Betrügen einen wie es geht. Meine Mutter, Michelle. Vielleicht sollte ich mit Malek durchbrennen. Obwohl, lieber nicht. Er würde mich auch nur auf die Palme bringen, da er mich zu Tode quatschen würde. Er hat eh einen Blick auf Viviane geworfen, wo ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass dieses kleine unschuldige Blondchen überhaupt etwas mit einem Punker zu tun haben möchte, auch ein Grund, weshalb ich nie versucht habe sie zu verkuppeln, auch wenn Malek mich immer anbettelt. Es wird langsam schummrig. Die heiße Luft des Tages mildert sich langsam ab und es wurde angenehmer. Es ging sogar eine leichte Brise. Aus einem unerfindlichen Grund musste ich an unseren neuen Russen denken. Dieses elektrisierende Gefühl, als unsere Blicke sich trafen. Es war merkwürdig. Sowas erlebte ich noch nie. Und dass er hier schon einmal lebte, machte die Sache noch merkwürdiger. Gehen wir die Fakten einmal durch. Er war Russe, in meinem Alter, lebte schon einmal in dieser Stadt. Er sah wirklich markant aus, allem voran seine Augenfarbe. Seine Augen haben mich einfach gefesselt. Ich ging gedanklich gerade jede Person meiner Vergangenheit durch als ich vom Boden aufblickte. Zu meinem Erstaunen bemerkte das ich ziellos wie ich lief, an einem Spielplatz ankam. Ich traute meinen Augen nicht. Dort saß er. Der geheimnisvolle Russe. Er schien ebenfalls tief in Gedanken versunken zu sein. Worüber er sich wohl den Kopf zerbrach. Ich konnte meine Neugier nicht verbergen und ging auf leisen Sohlen durch den feinen Sand hinüber zu ihm. Ich bemerkte, dass er etwas in seiner Hand betrachtet. Egal wie nah ich ihm kam, er bemerkte mich einfach nicht. Ich stellte mich also in seine Nähe, schaute nach, was er in den Händen hielt. Es kam mir so bekannt vor. War es wirklich möglich gewesen? Ich träume das doch gerade nur, oder? Er hielt ein Armband in der Hand. Und es kam mir so unendlich bekannt vor. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Diese Augen! Dieses Armband! War er es?

 

 „Ich… habe genau das gleiche Armband…“ Er sah zu mir auf. Ich sah wie seine Augen sich weiteten als er mich sah. Ich glaube keiner von uns hat jemals damit gerechnet, sich in solch einer Situation wiederzufinden.

 

„Niki… bist…, dass wirklich du? Irre ich mich auch nicht?“ Meine Stimme klang so zögerlich, wie ich es nicht von mir kannte. Doch wenn er es wirklich war, dann stellte er gerade mein Leben auf den Kopf. Ich hätte niemals damit gerechnet ihn je wieder zu sehen. Das ich ihn nicht sofort wiedererkannt habe. Dieses Armband, welches er in den Händen hielt, ich schenkte es ihm damals, ein paar Monate, bevor sich alles änderte, er aus meinem Leben verschwand, nachdem Unfall seiner Mutter. Als meine Mutter verschwand. Heimlich habe ich dieses Armband für alles verantwortlich gemacht. Meines warf ich vor langer Zeit weg. Und dort sah ich es. In seinen Händen liegend.

 

„Ja. Ich bin der Lawrence Nikita. Und kein anderer.“ Er stand langsam von der Schaukel auf und stellte sich vor mich und sah mir in die Augen. Wieder dieses elektrisierende Gefühl, welches mir durch die Adern jagte.

 

„Heute in der Schule, als ich dich sah, da hatte ich so ein Gefühl. Ein Gefühl, dass du mir bekannt vorkommst. Und, ich hatte recht.“ Ich fühle mich so schlecht. In meinem Kopf habe ich so abwertend über ihn gedachte und wollte meine Ruhe vor ihm, ich wusste nicht was plötzlich mit mir los war.

 

„Ich hätte nie gedacht, dass du das bist… Ich… Ich dachte, dass ich dich nie wieder in meinem Leben wiedersehen würde… Niki… ich…“  Ich wusste nicht weshalb mir auf einmal die Tränen in die Augen schießen. War es, weil ich einen wichtigen Teil meines Lebens zurückbekam, wie durch ein Wunder? Oder, weil ich ihn nicht erkannte? Ich brach mitten im Satz ab, ich bekam kein einziges Wort über meine Lippen mehr heraus. Doch das war auch nicht von Nöten. Niki. Er nahm mich einfach in den Arm, presste mich fest an seinen Körper. Auch ich legte die Arme um ihn, und weinte einfach. Es fühlte sich an wie damals, wir zwei, als wir noch Kinder waren. Er strich mir mit der Hand behutsam über meinen Kopf. Das weckte so viele alter Erinnerungen in mir. Angenehme, an eine bessere Zeit, als die, die wir heute hatten. Wir beide trugen nun viele Narben auf unseren Herzen. Ich kann es immer noch nicht fassen. Doch aus meiner Freude, spürte ich, wie auch die Verzweiflung langsam anstieg und sich in meinem Körper ausbreitete. Sachte drückte ich ihn von mich. Ich sah ihn an, ich spürte wie meine Lippen bebten vor Wut. Wut auf ihn, Wut auf mich.

 

„Wieso! Wieso bist du fortgegangen! Wieso hast du mich allein gelassen! Ich hätte dich damals so sehr gebraucht! Du warst der einzige Halt gewesen, den ich damals besaß!“ Ich wusste, er konnte nichts dafür das er fortgehen musste, doch ich konnte mich nicht zügeln. Ich besaß so viele Emotionen, so viel, was ich all die Jahre verdrängt und geschluckt habe. Und er, er war gerade mein Ventil, auch wenn nicht er die Entscheidung traf, das Land zu verlassen.

 

„Denkst du etwa, ich wollte gehen?“ Seine Augen, sie sahen so traurig aus. Er setzte sich wieder auf die Schaukel, schaute das Armband an, welches er immer noch in seinen Händen hielt.

 

„Ich wollte nicht gehen. Ich wollte nichts von alledem. Denkst du, ich hätte dich nicht gebraucht?“

 

„Es tut mir leid. Ich weiß, dass du nichts dafür kannst nur…, ich konnte gerade nicht anders. Ich bin gerade so überwältigt. Ich fühle mich noch immer als würde ich träumen. Und ich habe das Gefühl, dass ich gleich wieder aufwachen werde, dass ich dich, einen Teil meines damaligen Lebens wieder verlieren würde. Ich hatte diesen Traum so oft. Das du auf magische Weise wieder vor mir stehst und in nächsten Moment, wenn ich mich umdrehe, dich wieder in Luft auflöst. Du warst damals ein so wichtiger Teil von mir.“ Das ist etwas, dass so lange in mir geschlummert hat. Etwas, dass nicht einmal Malek weiß. Ich ging langsamen Schrittes zu ihm, ließ mich auf die Schaukel neben ihn sinken.

 

„Warum Niki. Warum musstest du damals bei Nacht und Nebel verschwinden? Warum bist du wieder da?“ Und was bedeutet es für uns? Können wir mit unserer Freundschaft einfach weiter machen? Oder blieben wir Fremde, die sich einst nah waren? Alles steht gerade Kopf. Meine Gefühle drohen mich gerade zu ertränken.

 

„Ich wollte damals nicht gehen. Der Tod meiner Mutter war schwer für uns, keine Frage. Ich dachte, ich komme damit klar. Ich hatte immerhin dich, meinen Vater. Doch ich weinte oft und lange in der Nacht, nach ihrem Tod. Mein Vater bekam es mit. Er dachte, dass ich hier zerbrechen würde. Doch nach den Jahren, wurde mir klar, dass er es war, der drohte zu zerbrechen. Er hielt es nicht mehr aus. Alles erinnerte ihn an meine Mutter. Ich wusste selbst nichts von seinem Plan. Als ich damals von der Schule nach Hause kam, standen überall gepackte Kartons, und am Abend ging es schon los. Ich wollte nie nach Russland. Es war für ihn eine Art Flucht, und schob mein Wohl vor, damit er für mich stark wirken konnte. Doch mit diesem Umzug erreichte er das Gegenteil. Ich fühlte mich dort noch einsamer. Ich kannte dort ja niemanden. Ich hatte keine Freunde, und auch dort wo wir wohnten, war nicht mal die Familie. Ich stand auf verlorenen Posten.“

 

Seine Erklärung machte mich mürbe. Es muss auch für ihn schwer sein, sich nochmal zu erklären. Doch ich wollte es wissen. Jedenfalls das, war er mir schuldig. Ich sah ihn an, sein Blick war zum Himmel gerichtet. Ich folgte seinem Blick nach oben. Es war sternenklar gewesen. Mir brannten noch so viele Fragen auf der Zunge.

 

„Warum seid ihr wieder hier?“

 

„Ich habe viele Dinge getan, schlimme Dinge. Mein Vater wurde wohl bewusst, dass ich mich dadurch nicht gerade prächtig entwickelt habe. Also entschied er sich wieder zurück zu kommen, in der Hoffnung das ich mich bessern würde.“

 

„Was waren das für schlimme Dinge?“ Doch er schüttelt den Kopf. Er wollte gerade nicht darüber reden. Mein Kopf drehte sich mehr und mehr.

 

„Was bedeutet es für uns, dass du wieder da bist?“

 

„Ich weiß es nicht. So wie du mich heute den ganzen Tag angesehen hast, glaube ich kaum, dass du mich noch in deiner Welt haben willst. Was auch verständlich ist. Du hast immerhin neue Freunde, ein neues Leben und das ganz ohne mich. Ich will mich da auch nicht hineindrängen.“

 

Dieser Satz nagte an mir. Es nagte sehr. Soll das bedeuten, nach all den Jahren, will er meine Freundschaft nicht mehr, jetzt wo wir wie durch ein magisches Wunder die Chance hätten, es wieder wie damals werden zu lassen?

 

„Heißt das, du willst die Freundschaft nicht wiederaufleben lassen?“

 

„Das soll heißen, dass wir beide andere Menschen sind, wir uns beide sehr verändert haben. Wir sind nicht mehr die gleichen wie damals, und ich glaube, du würdest gesünder leben, wenn ich nicht Teil deines Lebens wäre. Ich bringe nur Ärger.“

 

„Nikita. Du warst mir so wichtig. Bist du wirklich sicher, dass wir das alles, was das Schicksal uns jetzt vorbereitet hat, wegwerfen sollen? Wir können uns doch wieder kennenlernen. Ich kann doch selber einschätzen was gut für mich ist und was nicht.“

 

„Schicksal, ein starkes Wort. Ein Wort voller Hoffnung aber ohne Bedeutung.“ Langsam erhob er sich von der Schaukel und sah mich an. Sein Blick wirkte zerbrochen. So wollte ich ihn nie sehen. Selbst damals, nach dem tragischen Tod seiner Mutter, hatte er nicht solch einen gebrochenen Ausdruck, wie jetzt. Was ist mit ihm alles geschehen in Russland? Was hat er alles angestellt?

 

„Du hast nicht einmal erahnt wer ich bin. Nicht als du meinen Namen gehört hast, noch als du mich gesehen hast. Das zeigt, dass du mich voll und ganz aus deinem Leben gestrichen hast. Du hast es nur wegen des Armbands erkannt. Erkannt wer ich bin. Sonst würdest du es auch morgen nicht wissen, oder übermorgen. Ich wäre einfach weiterhin ein lästiger Typ der neu in die Klasse kam, und dich schon am ersten Tag auf die Palme gebracht hat. Das hat nichts mit Schicksal zu tun. Es hat was mit Wunschdenken zu tun.“

 

„Es hat etwas mit Schicksal zu tun! Hättest du nicht hier gesessen mit dem Armband, hätte ich mich nicht weiter mit Michelle gestritten, sodass ich raus musste, hätten wir es doch niemals herausgefunden!“ Ich sah wie Lawrence die Hände ballte. Doch ich hatte keine Angst vor ihm. Ich weiß, er würde mir nie etwas antun.

 

„Das hat nichts mit Schicksal zu tun Raphael! Immerhin konnte ich dich auch so ausmachen, als einen ehemaligen Freund aus der Vergangenheit, im Gegensatz zu dir, der es nie gerafft hätte! Du hättest es doch niemals gecheckt, hättest du das dumme Band nicht gesehen! Und jetzt willst du große Reden über das Schicksal und das tiefe Band der Freundschaft schwingen und predigen das es noch eine Chance geben könnte? Nein! Die gibt es nicht!“ Er drehte seinen Kopf weg. Er konnte mich wohl nicht länger ansehen. Es schmerzte was er sagte, doch ich muss leider zugeben. Er hat recht. Ich will alles zurück, da ich die Realität, wie sie momentan ist, nicht ertragen kann. Und jetzt, da ich weiß wer er ist, wollte ich es für diesen einen flüchtigen Moment umso mehr. Naiv, dass bin ich. Was erwarte ich hier von ihm? Es ist eine unmögliche Sache. Was für eine dumme fixe Idee. Eine dumme kleine Traumblase es doch war.

 

„Du hast recht. Es tut mir leid was ich mir dort raus nahm. Ich hatte die kurze und fixe Idee, das alles für einen Moment wie früher werden könnte. Ich wollte mich für einen Moment an diese Hoffnung klammern, als ich begriff, wer du wirklich bist.“ Ich stand auf, drehte mich um und ging wortlos weiter. Die Hoffnung, dass er mich aufhielt, diese Hoffnung war vergebens. Denn er hielt mich nicht auf, er ließ mich mit meiner Erklärung einfach gehen. Wahrscheinlich war es für heute auch besser so. Wir hatten beide vieles zu verdauen.

 

 

Lawrence

 

 

Und mit diesen Worten, der Entschuldigung verschwand er wieder. Er war so chaotisch gewesen. Er platze in meine Gedanken hinein, ging jede Emotion, die ein Mensch besaß in fünf Minuten durch. Erst Glück, Freude, dann Trauer, gefolgt von Wut, Verzweiflung und Akzeptanz. Bei der letzten eher widerwillige Akzeptanz. Er hat sich in dem Punkt kein bisschen verändert. Es schien zumindest so, anhand der Bruchstücke, die mir wieder bewusstwurden und die, welche ich im Tagebuch las. Er machte mich wahnsinnig. Nicht nur, dass er so dümmlich wie als Kind war, was die Sache mit der Freundschaft anging, sondern dass er auch so attraktiv für mich war. Allein das spielte noch dazu, warum ich einfach nicht mit ihm befreundet sein kann. Nicht wieder. Ich würde ihn wollen, immer mehr und mehr und ich weiß, ich könnte ihn nie bekommen. Es würde mich zerfressen. So hart es auch ist, ich musste einen Strich ziehen. Eine Grenze zwischen uns erheben. Ich verlor ihn als Freund. Einen Freund, den ich wirklich dringend benötigt hätte in meiner Verfassung. Aber besser jetzt, als später, wenn ich es nicht mehr könnte. Und ich kenne mich, ich würde ihm früher oder später schaden. Es lag scheinbar einfach in meiner Natur. Ich hätte ihn gerne länger für diesen Moment im Arm gehalten, das erste und letzte Mal, nach all der Zeit, die zwischen uns verstrichen ist.

 

Ich schüttle etwas den Kopf. Nein. Ich sollte für heute aufhören mir Gedanken darüber zu machen. Auch wenn es leichter gesagt als getan ist. Ich steckte das Armband in meine Hosentasche und machte mich auf denn Weg nach Hause. Dort wartete mein Vater mit gedecktem Tisch für das Abendessen auf mich. Nun, jetzt konnte ich schlecht nein sagen. Ich setzte mich zu ihm an den Tisch und nahm mir eines der frischen Brötchen, die er scheinbar besorgt hatte und schnitt es auf.

 

„Ich habe Raphael getroffen.“ Ich wusste, er würde eh nachfragen, was ich draußen getrieben habe, also rückte ich gleich mit der Sprache heraus.

 

„Wirklich? Und hast du mit ihm geredet? Weiß er jetzt, dass ihr mal Freunde wart?“ Sachte nickte ich.

 

„Das ist doch super! Dann seid ihr ja jetzt wieder Freunde!“ Ich schüttelte den Kopf. Er stellte es sich wirklich leicht vor. Vielleicht war es so in einem höheren Alter wie seinem, dass es so unkompliziert war, doch bei uns war es nun mal etwas anderes. Bei uns spielt viel mehr hinein.

 

„Nein, wir sind keine Freunde und werden es auch nicht mehr in diesem Leben sein.“ Mein Vater legte den Kopf schief, er schien nicht zu verstehen woran es scheiterte. Ich belegte mir mein Brötchen noch fertig und sah ihn dann an.

 

„Papa. Es ist alles anders. Wir kennen uns nicht mehr. Wir haben uns verändert. Er lebt sein Leben ohne mich, er erkannte mich nicht mal, nur das dumme Armband. Außerdem, es hilft nicht gerade ihn sexuell attraktiv zu finden, obwohl er nichts von Kerlen wissen will.“ Die schlechte Laune stieg langsam in mir auf, ich hasste es mich für irgendetwas rechtfertigen zu müssen, doch es hieß nun ruhig bleiben. Immerhin wollte ich mich ja versuchen zu bessern, also sprich, nicht gleich an die Decke gehen, auch wenn das Thema mich sauer aufstoßen ließ. Ich nahm mir mein Brötchen und biss ab. Während mein Vater sich wohl wohlgesonnene Antworten überlegte, damit er auch nichts Falsches von sich gab.

 

„Nun, weißt du, ihr habt doch die Möglichkeit euch wieder kennenzulernen. Es muss ja nicht von heut auf Morgen gehen, aber gebt euch doch Zeit. Es ist klar das ihr euch verändert habt. Zu deiner letzteren Problematik kann ich dir leider keinen Rat geben. Aber was ist dir wichtiger Lawrence, einen Freund zurück zu gewinnen oder deinen Trieben nachgehen? Es gibt sicher auch andere Jungen.“ Ich sah ihn an und aß weiter, während ich seine Worte noch einmal durchging. Klar hatte er irgendwo recht gehabt. Einen Freund könnte ich wirklich gebrauchen, uns verband immerhin schon eine Freundschaft und es dürfte nicht so unfassbar schwer sein, sich neu kennenzulernen. Aber was ist, wenn dann irgendetwas zwischen uns entsteht, was ich für nicht so gut halte. Ja, es gibt hier sicher den einen oder anderen Kerl, mit dem ich auch Spaß haben könnte. Es wundert mich allerdings sehr, dass das ausgerechnet von meinem Vater kam. Er war immerhin nicht sonderlich über mein Outing damals erfreut. Vielleicht ist er wirklich um ein besseres Verhältnis zwischen uns bemüht. Diese Gedanken brachten mein leicht kochendes Blut wieder zur Beruhigung und ich sah ihn an.

 

„Was ist, wenn ich ihn erneut kennenlerne und Gefühle aufkommen, die nicht so gut sind für eine Freundschaft?“

 

„Lawrence, ihr seid erwachsen. Ich wette, du kannst dann sicher mit ihm darüber reden, ohne dass er sich dir gegenüber anders verhält oder dich von sich stößt. Selbst nach all den Jahren, würde ich nicht denken, dass Raphael sich in diese Richtung entwickelt hätte. Im Kern bist du ja auch noch immer der Junge von damals der du einst warst. Du hast dir nur eine rauere Schale zugelegt, ebenso wie neue Interessen. Aber dein liebevolles und nachdenkliches Wesen hast du nie abgelegt.“ So sah mich mein Vater also? Ich dachte, er sieht mich oft als kleinen Teufel an. Nie hätte ich geglaubt, dass er noch so eine gute Meinung von mir besaß. Ich musste wirklich lächeln als ich das hörte und lehnte mich zurück.

 

„Danke Papa. Es tat gut es zu hören, was du von mir denkst. Und über deinen Ratschlag werde ich nachdenken.“ Mein Vater nickte leicht und lächelte mir sanft entgegen. Vielleicht wird es hier ja doch nicht so grausam wie ich dachte. Vielleicht kann es ja wirklich noch einmal werden wie damals. Freuen würde es mich. Es wäre eine Art von Heimkehr. Einen alten aber dennoch neuen Hafen für meine Sicherheit zu besitzen.

 

Später saß ich auf meinem Bett und schaute mir erneut die ganzen Bilder von damals an. Las mein Tagebuch durch. Die Frage war nur gewesen, wenn ich mich wirklich für den Ratschlag meines Vaters entscheide, und unserer Freundschaft doch noch eine Chance geben sollte, wie sollte ich ihm das sagen, nachdem ich den Schlussstrich gezogen hatte? Ich glaube, diese Frage wird mich die nächsten Tage perfide quälen.

Trugbilder

Kapitel Vier – Trugbilder

 

 

Alexander

 

Raphaels letzte Schulwoche ist angebrochen. Ich habe in den letzten Wochen so viele Überstunden gemacht, dass ich mit ihm in den Ferien wegfahren kann. Ich hoffe er wird sich über diese Überraschung freuen, wenn er schon einen Tag mit unserem Erzeuger aushalten muss. Ich frage mich noch immer, wie er es geschafft hat für ihn das Besuchsrecht eingeräumt zu bekommen. Manche Mitarbeiter vom Jugendamt haben echt eine Meise. Ich merke wie die Laune von Raphael immer schlechter wird, er sich mehr und mehr zurückzieht. Es ist immer wieder aufs Neue so, wenn der Besuchstermin mit ihm näher rückt. Ich bin immer noch strickt dagegen, dass er Raphael überhaupt zu nahekommen kann nachdem, was er uns alles angetan hat. Ich versuchte allerdings die Gedanken erst einmal bei Seite zu schieben. Nach meiner Schicht ging ich noch einkaufen. Ich besorgte alle Zutaten für sein Lieblingsessen, in der Hoffnung es würde ihn etwas aufmuntern. Doch als ich danach endlich zu Hause ankam, bemerkte ich, dass die Wohnung leer war. Wo treibt er sich wieder herum? War er wieder bei seiner Freundin? Ich brachte die Einkäufe in die Küche und sah einen Zettel am Kühlschrank kleben. Jedenfalls hinterließ er mir heute mal eine Nachricht.

 

Hatte Streit mit meiner Tussi! Bin schlecht gelaunt, gehe raus um den Kopf frei zu bekommen! R.

 

Ein seufzten entwich meinen Lippen. Ich knüllte das Stück Papier zusammen und warf es in den Mülleimer. Ich weiß ganz genau, dass er mit gleichbleibender schlechter Laune nach Hause kommen wird, und da wird auch kein Kartoffelgratin der Welt etwas daran ändern können, dass er heute nochmal lächelt. Allerdings bereite ich dennoch alles für das Essen vor. Irgendwie musste ich mich von der ganzen Situation schließlich auch ablenken. Für mich war alles auch nicht sonderlich einfach. Seit fast zwei Jahren bin ich nun der Vormund für ihn. Als ich achtzehn geworden bin, bin ich sofort ausgezogen, hab mir mit einem Plan auch eine größere Wohnung genommen und hab alles in die Wege geleitet, damit Raphael auch endlich dieser Hölle entfliehen konnte. Ich finde es immer noch nicht richtig das mein kleiner Bruder die Therapie abgebrochen hat, er wollte allerdings um keinen Preis der Welt damit weiter machen. Zwingen kann ich ihn nicht, und so lange er damit einigeraßen klarkommt, muss ich es so hinnehmen.

 

Früher als gedacht betrat mein kleiner Bruder die Wohnung. Dafür das er sonst eigentlich noch aufgebraust sein müsste, war er relativ still für seine Verhältnisse, was mir wieder einmal Sorgen bereitete. Still kam er zu mir ins Wohnzimmer gekrochen und ließ sich auf die Couch fallen. Er wirkte so gedankenverloren wie lange nicht mehr.

 

„Raphael? Erde an Raphael? Ist jemand zu Hause?“ Ich winkte und schnipste etwas vor seinem Gesicht herum, ehe er mich wirklich realisierte.

 

„Oh. Sorry.“ Langsam schien die echte Welt ihn wieder zu erreichen.

 

„Es riecht nach Kartoffelgratin!“ Ich grinste breit und nickte.

 

„Dauert ungefähr noch zwanzig Minuten, dann kannst du reinhauen!“ Kurz fing er an zu strahlen, doch so schnell wie das Grinsen auf seinen Lippen erschien, verblasste es auch wieder.

 

„Was ist los? Hängt dir der Streit mit deiner Diva noch hinterher?“ Er schnaubte nur und winkte ab.

 

„Hör mir bloß auf mit der! Ich hätte ihr heute fast eine geknallt, so sauer war ich auf sie! Du kannst Gift darauf nehmen, morgen ist Schluss mit der ganzen Sache! Ich lasse mich nicht länger von dieser dämlichen Schlange einwickeln! Soll sie doch in der Hölle verrecken, oder so wie sie es am liebsten hat, zwischen den Beinen irgendeines Kerls mit dessen Schwanz in ihrem Mund!“ Er holte tief Luft. Hat sie ihn wohl mal wieder betrogen? Das wievielte Mal ist es dann? Ich glaube das vierte Mal. Warum er sich nicht nach dem ersten Mal schon von ihr getrennt hat, ist mir immer noch schleierhaft.

 

„Diese dämliche Hure! Soll sie zusehen wo sie bleibt! Sie hat endgültig verkackt! Was nimmt sie sich überhaupt heraus, vor mir ihren Freund, meinen besten Freund anzugaffen, ihn mit den Blicken auszuziehen und sich am liebsten wie eine willige Schlampe breitbeinig vor ihm hinzulegen!!“ Ich sah ihn verwirrt an. Haben sich Malek und Michelle nicht immer gehasst?

 

„Seit wann steht deine Freundin denn auf Malek?“ Mein kleiner Bruder hatte sich wohl so sehr in Rage geredet, dass ihm erst jetzt bewusst wurde, was er sagte. Sein Blick wurde etwas traurig, ebenso das Lächeln auf seinen Lippen.

 

„Niki. Er wohnt wieder hier. Er kam heute in unsere Klasse. Ich habe ihn nicht sofort erkannt, erst vorhin, als ich ihn auf dem Spielplatz nochmal begegnet bin. Trotzdem macht mich dieser Fakt einfach noch wütender und… Ah! Mein ganzer Kopf qualmt! Ich bin so unendlich verwirrt Alex!“ Nun kam ich gar nicht mehr hinterher. Lawrence ist wieder da? War das wieder, wie als Kind eines seiner Hirngespinste, damit er mit der Situation zurechtkam? Ein wenig skeptisch war ich schon, und das sah mir Raphael wohl an. Sein „Ich-Verarsch-Dich-Nicht“-Blick verriet es mir.

 

„Weißt du, fang doch einfach mal ganz von vorne an, damit ich irgendwie verstehe was du meinst.“ Natürlich bemerkte ich sein Augenrollen. Der kleine Spinner, wenn er nicht alles durcheinander erzählen würde, müsste ich auch nicht so blöd nachfragen.

 

„Wenn’s sein muss! Der Tag war heute so irre, dass glaubst du mir eh nicht. Also, heute Morgen bekamen wir einen neuen Schüler in unserer Klasse. Er kam aus Russland, ich dachte mir nichts dabei, ich habe nicht mal daran gedacht, dass dieser Kerl Niki sein könnte. Obwohl, hätte ich besser zu gehört, er hat nun mal einen eigenwilligen Namen, aber es hat nun mal im ersten Moment nichts bei mir geklingelt. Eigentlich wollte ich ihn auch die ganze Zeit wieder los werden, da ich nur meine Ruhe haben wollte. In der Pause, kam dann meine Schlampe von Freundin, hat ihn schon mit den Augen ausgezogen. Malek hatte deshalb mal wieder einer seiner Spitzen fallen lassen. Dann ist ein riesen Krach zwischen ihr und mir entstanden. Selbst nach der Schule, lief Michelle mir hinterher, wir schrien uns auf der Straße so viele Beleidigungen entgegen und ich bin halt nach Hause. Da ich aber immer noch so unfassbar wütend war, bin ich nochmal raus gegangen. Ich habe dann, warum auch immer, nochmal über den neuen Russen nachgedacht. Das er halt auch diese spezielle Augenfarbe besaß. Diese goldenen Augen. Du weißt wie selten die sind. Und dann saß er dort auf dem Spielplatz. Als ich dann noch sah, dass er unser Freundschaftsarmband in der Hand hielt, wusste ich es. Dieser Russe, war Niki!“

 

Ich muss sagen, er hat recht. Das klingt doch alles viel zu irre um wahr sein zu können. Aber ich glaube es war noch nicht das Ende dieser Geschichte. Mein kleiner Bruder unterbrach seinen Redeschwall der Gefühle und sah auf seine Hände. Ich ließ ihm die nötige Zeit um sich zu sammeln. Ich wusste, wenn ich ihn jetzt bedrängen würde, bekäme ich keine Antwort mehr von ihm. Nach mehreren Minuten, die sich bei der Story anfühlten wie Stunden, sprach er dann weiter. Seine Stimme klang fast weinerlich.

 

„Er will nichts mehr von mir wissen Alex. Er will unsere Freundschaft nicht mehr. Er sagte, da ich ihm nicht mal ein wenig vertraut und bekannt vorkam, so wie es bei ihm war, kann man nicht mehr von einer Freundschaft reden. Ich wollte ihn überzeugen, dass es ja auch irgendwie Schicksal ist, dass wir uns wiedersehen. Ich wollte… ich weiß nicht, ich glaube, ich wollte, dass er wieder ein Teil meines Lebens ist. Ich hatte es mir damals so unfassbar sehr gewünscht, jetzt wäre die Möglichkeit da, und er will nicht.“

 

Ich merke wie sehr es ihn trifft. Er und Lawrence waren damals unzertrennlich. Als er dann umgezogen ist, unsere Mutter abgehauen ist mit diesem Thailänder, unser „Vater“ uns misshandelt hat. Dort gab es eine Zeit, wo Raphaels Verstand komplett aussetzte und er sich Lawrence herbei fantasiert hat. Nur damit er der Realität entfliehen konnte. Ich verstehe ihn, ich verstehe ihn sehr gut. Er könnte nun, dass haben, was er sich damals vorstellte, nicht mehr alleine sein zu müssen. Ihn so kurz vor den Tränen zu sehen, zerbrach mich wieder. Ich rutschte an meinen kleinen Bruder heran, nahm ihn in den Arm und strich ihm behutsam durch sein Haar.

 

„Hey. Er ist heute nach so vielen Jahren erst wieder angekommen. Ich glaube, er braucht nur Zeit um mit der ganzen Veränderung fertig zu werden. Du kennst doch Lawrence besser als jeder andere Mensch. Er war doch immer etwas introvertiert. Er muss nur erstmal wieder richtig ankommen, und dann wird er sicher einsehen, dass er dich als seinen besten Freund auch wieder in seinem Leben braucht okay? Mach dir jetzt nicht so viele Gedanken. Du bist nur manchmal etwas zu stürmisch und zu harsch.“

 

Er kuschelte sich nur an mich, vergrub sein Gesicht an meiner Brust und weinte etwas. Er klammerte sich so fest an mich. Auch wenn er älter geworden ist, in ihm sah es genau so aus, wie vor einigen Jahren. Er war einfach ein zerbrochenes Kind. Deshalb wollte ich nie, dass er die Therapie abbricht. Diese seelischen Wunden wird er ein Leben lang mit sich hertragen und er hat nicht die sonderlich besten Menschenkenntnisse um irgendwie differenzieren zu können, wer gut und wer schlecht für ihn ist. Ich will ihn beschützen. Doch darf ich ihn nicht einschränken und somit einsperren. Es ist eine Teufelsspirale, in der ich mich befand.

 

„Weißt du noch damals Raphael? Wo wir zu viert alles unsicher gemacht haben? Du, Lawrence, Thomas und ich? Wir haben so viel Müll angestellt. Wie du und Lawrence immer die Sachen von Fredericke geklaut habt, als sie mit ihren Freundinnen am alten See baden war. Oder wie wir vier den einen Winter ein riesiges Iglu gebaut haben, da es so viel geschneit hatte.“

 

Diese alten Kamellen schienen ihn etwas aufzuheitern, ich hörte ein leises Lachen von seiner Seite aus. Er richtete sich auf und wischte sich die Tränen weg.

 

„Du und Thomas habt viel mehr scheiße gebaut. Wo wir dabei sind, hast du überhaupt mal wieder was von Thomas gehört?“

 

„Naja, von ihm persönlich nicht, nur den Buschfunk. Er soll wohl letztes Jahr ziemlich abgestürzt sein. Er war auf einer Entziehungskur gewesen, aber ganz clean soll er immer noch nicht sein.“

 

Mein kleiner Bruder schüttelt etwas den Kopf und stand vom Sofa auf.

 

„Es wird alles nie wieder so werden wie es mal war.“

 

Sachte nickte ich. Das war nun mal der Zahn der Zeit. Nichts blieb für immer, nichts war für die Ewigkeit. Alles ist vergänglich. Damit muss man leben lernen. Aber es fällt ihm sehr schwer eines dieser Dinge zu akzeptieren. Es passt nicht in seine Blase hinein, die ihm irgendwie half, dass alles zu überstehen. Um ihn von diesem Tag und von den Ereignissen abzulenken, holte ich den Auflauf aus dem Ofen, wir machten es uns vor dem Fernseher bequem, schauen uns alte Filme an. Ich weiß nicht weshalb, aber er stand total auf diese alten schwarz-weiß Schicken. Aber wenn es ihn für diesen Moment glücklich macht, habe ich damit auch kein Problem.

 

 

Viviane

 

„Michelle, war das heute nicht etwas zu unsensibel von dir gewesen?“ Ich saß auf meinem Bett, meine beste Freundin Michelle neben mir. Sachte trug ich mir den neuen Nagellack in Rosé auf. Ich liebte diesen Farbton, nur konnte ich ihn nicht so oft tragen wie ich es gerne hätte. Michelle meinte, ich sehe sonst zu sehr wie ein Püppchen aus, und das ich dann nicht mehr zu ihr und ihrem Image passen würde. Bisschen fies war es manchmal schon, doch sie ist meine beste Freundin, solche Neckereien gehören dazu, meinte sie. Auch wenn ich es oft so schrecklich fand was sie tat. Doch besaß ich nicht den Mut ihr das auch genau so zu sagen. Ich habe nur sie. Keiner aus meiner Klasse will wirklich etwas mit mir zu tun haben. Bevor ich mit Michelle befreundet war, war ich immer das arrogante Püppchen, die Streberin, die Schleimerin. Dank Michelle haben sie mich dann in Ruhe gelassen mit ihren Mobbing Attacken. Allein deshalb war ich ihr unendlich dankbar, dass ich es mir auch deshalb nicht mit ihr verscherzen sollte. Ich verstand nie warum andere so zu mir waren. Ich habe nur immer alles versucht richtig zu machen. Und doch war es immer irgendwie falsch, weshalb sie mich ausgestoßen haben. Doch dank Michelle und Raphael, und auch Malek, wagt keiner aus meiner Klasse mir einen dummen Spruch an den Kopf zu hauen. Dennoch finde ich es nicht gut was Michelle tat. Angeblich liebt sie ja Raphael, wieso betrügt sie ihn dann ständig? Oder eher, warum provoziert sie es immer so wie heute mit dem neuen Russen? Es war doch klar, dass Raphael sich das nicht ewig mit ansehen wird, und es auch noch mitmacht. Er tat mir so oft leid. Doch darf ich ihm ja nicht mal Trost dafür spenden, was Michelle ihm antut. Als ich es einmal tat, Gott, wie Michelle dort ausgerastet ist. Für diesen einen Moment habe ich mir meine Mobber aus meiner Klasse gewünscht, die waren harmloser als Michelle es war.

 

„Bitte?! Ich und unsensibel?! Der Spinner schaut mich doch gar nicht mehr an! Was glaubst du, tue ich das immer wieder? Damit ich seine Aufmerksamkeit zurückbekomme.“ Wer’s glaubt. So dumm war ich nun wieder auch nicht.

 

„Na die hast du ja jetzt bekommen. Also kannst du dir den Russen ja jetzt aus dem Kopf schlagen. Du hast Raphael gehört, er macht sonst Schluss mit dir.“

 

„Ach, dafür fehlen ihm die Eier. Niemand macht mit mir Schluss. Ich bin die einzige, die etwas beendet. Und du, meine süße kleine Viviane hast für die nächsten Tage einen Auftrag.“ Oh Gott. Mir gefällt diese Sache nicht. Wenn Michelle schon so anfängt, bedeutet es für niemanden etwas Gutes. Ich sah sie etwas misstrauisch an.

 

„Chill deine Hormone Maria Magdalena. Du sollst dich mit dem neuen sexy Boy etwas anfreunden. Herausfinden was er mag, damit ich ihn spielendleicht herumbekomme. Ist das klar?“  War das ihr Ernst?! Heftig schüttle ich den Kopf. Das kann sie doch nicht von mir verlangen!

 

„Das mache ich bestimmt nicht! Wie sieht das denn aus? Außerdem hast du Raphael gehört, er wird sonst Schluss machen!“ Diese Widerworte bereute ich schon als ich sie aussprach. Michelle stand von meinem Bett auf und sah mich mit einem finsteren Blick an. Ihre Lippen verzogen sich zu einem schmalen und unheimlichen lächeln.

 

„Hast du mich falsch verstanden, Viviane? Niemand trennt sich von mir. Und du, du tust lieber das, was man von dir verlangt. Sonst wird es ein böses Nachspiel für dich haben. Und ich wiederhole mich jetzt kein zweites Mal.“ Sachte nickte ich und schaue herunter auf meine Hände. Es war nicht so leicht, aber irgendwie musste ich ja diese elendige Schulzeit hinter mich bringen, wenn ich nicht wieder an den Pranger gestellt werden wollte.

 

„Braves Mädchen.“ Flötete sie fröhlich, ging zu meinem Kleiderschrank und zog sich eines meiner Shirts heraus das sie schon immer gerne mochte. Natürlich steckte sie es mit dem Spruch -Bekommst du bald wieder- ein und verschwand aus meinem Haus. Ich seufzte schwer und ließ mich zurück in mein weiches Bett fallen. Manchmal denke ich, es war der größte Fehler gewesen, mich auf sie einzulassen. Ob Raphael auch dieses Gefühl bei ihr besaß? Ich würde gerne mit jemanden darüber reden können, doch hatte ich sonst niemanden außer Michelle. Ich seufzte schwer und schaute an die Decke. Wie soll ich das bitte anstellen? Das ist so auffällig. Am Ende wird er noch glauben, dass ich auf ihn stehe. Und das so kurz vor den Sommerferien. Der will doch sicher nur seine Ruhe und sich nicht noch mit jüngeren herumschlagen. Wie stellt Michelle sich das nur immer vor? Nur kann ich nicht nein sagen. Ich kenne ihr Nachspiel. Ich habe es bei einer aus ihrer Klasse beobachtet, die mit Raphael geflirtet hat. Eine Woche lang, hat Michelle sie traktiert. Sie geschubst, beleidigt, ihren Kopf ins Klo getaucht, ihr sogar die Haare abgeschnitten. Allein das mit anzusehen war die reine Hölle, und dass werde ich auf keinen Fall selber durchmachen wollen! Ok, ganz ruhig Viviane. Mir fällt schon etwas ein, um mit ihm in ein Gespräch zu kommen.

 

Am nächsten Morgen machte ich mich wie immer fertig, ging aber dennoch früher zur Schule los und wartete vor dem Gebäude auf den neuen Mitschüler Lawrence. Dieses unbehagliche Gefühl in mir machte sich nur umso weiter breit. Ich muss ihn irgendwie abfangen. Es dauerte nicht lange bis ich ihn entdeckte, er kam recht früh zur Schule, was ich eigentlich bei so einem Jungen wie ihn nie erwartet hätte. Mit der Zigarette in der Hand schlenderte er ganz entspannt den Weg zum Gebäude entlang. Jetzt hieß es für mich, ran an den Speck! Ich lief eiligen Schrittes zu ihm hin und stellte mich ihm in den Weg. Er sah mich mit keinem sehr freundlichen Blick an, ich musste schlucken. Irgendwie war er mir ein klein wenig unheimlich, so besonders jetzt, wo ich mit ihm alleine war.

 

„G… Guten Morgen!“ stammelte ich nur wie ein verliebtes Kind. Gott, wie peinlich und unangenehm! Nur besser als das, was Michelle sonst mit mir anstellen würde. Er schien zu überlegen wer ich war.

 

„Ach. Die blonde Schönheit und Schulsprecherin Viviane.“ Ich konnte nicht verhindern, dass mir die Schamesröte ins Gesicht schoss. Ich spürte wie warm meine Wangen wurden.

 

„Was denn. Was denn? So schüchtern?“ Als ich ihn ansah, sah ich ein leichtes grinsen auf seinen Lippen. War klar, dass ihm das gefiel. Es macht doch jedem Spaß, kleine Mädchen zu ärgern.

 

„Ich… Ich bin nicht schüchtern…“ Und weil, mein Satz nur so vor Selbstbewusstsein strahlte, lachte der neue Russe auch schon über mich.

 

„Und ich bin Multimillionär und habe Ehefrau und Kinder. Komm kleines, verarschen kann ich mich alleine. Sag mir lieber, was du von mir willst. Ohne Grund wirst du mich ja nicht aufgehalten haben.“ Ich schluckte meine ganzen Gefühle herunter und versuchte ihn mit dem bisschen an Selbstbewusstsein und Mut anzusehen, dass ich besaß.

 

„Ich… Ich möchte mit dir befreundet sein! Ich weiß wie schwer es ist, Freunde zu finden und welche zu behalten, besonders wenn man irgendwo neu ist…“ Am Anfang klang ich noch recht zuversichtlich, doch zum Ende, verschwand diese Stärke aus meiner Stimme. Ich sah, wie Lawrence die Augenbraue hochzog und mich sehr skeptisch ansah.

 

„Ich verzichte. Vielen Dank.“ Dann ging er einfach an mir vorbei und ließ mich alleine zurück. So unfassbar peinlich! Jetzt will er doch erst recht nichts mehr mit mir zu tun haben! Und ich weiß schon was dann auf mich drauf zu kommt! Etwas Panik machte sich in mir breit. Michelle darf von diesem Desaster nichts erfahren, sonst lässt sie sicher die erste Strafe über mich walten! Ich rannte hinter ihm her, stellte mich wieder vor ihm und streckte meine Hände aus, sodass er nicht sofort um mich herum gehen und fliehen konnte.

 

„Bitte!... Ich… ich habe nicht viele Freunde… mich mag man nicht so sonderlich, ich weiß nicht wieso. Doch bitte, gib mir eine Chance, dir zu beweisen, dass ich es wert bin!“ Ich wette, ich kann wieder sonst was für erniedrigende Aufgaben verrichten. Michelle war ja nicht anders. Ich muss es jetzt einfach ertragen. Ich sah ihm in die Augen. Und was ich sah war… Mitleid. Seine Augen sprachen Mitleid für mich aus. Ich fühlte mich nun erst recht wie der letzte Loser. Ich ließ meine Arme sinken.

 

„Es tut mir leid. Ich weiß, dass es erbärmlich von mir ist, jemanden anbetteln zu müssen.“ Ich bemerke, wie nah ich den Tränen war. Ich drehte mich um und rannte einfach davon. Ich ertrage es nicht! Wie weit bin ich gesunken?! Wieso habe ich so viel Angst?! Warum war ich so unfassbar schwach gewesen.

 

Ich hasse es, ich zu sein. Immer zu lachen, immer zu lächeln! Dabei habe ich einfach nur Angst! Ich habe Angst vor den Mobbern, ich habe Angst vor Michelle. Doch niemals darf ich mir etwas anmerken lassen, ich muss die Fassade des beliebten Mädchens halten, nur damit ich in Ruhe gelassen werde. Ich darf Malek nicht zu nahekommen, obwohl ich ihn wirklich mag, und er witzig ist. Ich will mich dem neuen nicht aufdrängen, aber ich muss. Und eben, eben ist die Fassade für einen Moment bei ihm gebrochen, und er schenkte mir einen Blick der Wahrheit. Die Wahrheit, die ich nie hören wollte, sehen wollte, die nie ausgesprochen werden sollte. Ich war einfach zu bemitleiden.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  mugi-chan
2019-10-26T10:42:38+00:00 26.10.2019 12:42
Es ist jetzt schon perfekt.
Antwort von:  ElenaMorris
26.10.2019 15:31
Danke :) das nächste Kapitel ist sogar schon in Bearbeitung ☺️


Zurück