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The Bloodless

von

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Prolog

Fasziniert und gleichermaßen entsetzt beobachtete der alte Mann den Reiter, welcher auf ihren Hof zu hielt. Bereits von weitem konnte er erkennen, dass es sich um keinen einfachen Reisenden handelte. Kaum einer besuchte diesen abgelegenen Hof und für einen Botenreiter war er zu gemächlich unterwegs. Mit jedem weiteren Schritt, den das graue Pferd in seine Richtung machte, fühlte er sich unbehaglicher.

Kalter Schweiß stand ihm schon bald auf der Stirn, als er sich ängstlich an seinen Stecken klammerte. Seine Aufgabe als Ältester war es, Reisende nach ihrem Anliegen zu fragen. Schon oft kam er dieser Aufgabe nach, aber in diesem Moment war es ihm schon fast, sich zu wünschen er wäre letzten Winter gestorben. Nur um nicht mit diesem einem reden zu müssen.
 

Zaum- und Sattellos marschierte der graue Hengst die Straße entlang. Doch das ungewöhnlichere war auf seinem Rücken. Ein Mann, das Alter schwer zu schätzen, mit schneeweißen langen Haaren und einer ungesunden dunkelgrauen Haut. Gehüllt in einen langen schwarzen Mantel, welcher scheinbar aus lauter Rabenfedern bestand. Durch das farblose äußere stachen die Augen des Reiters erst richtig hervor. Ein tiefes Violett, beinahe leuchtend.
 

Noch einmal straffte der alte Mann seine Schultern, versuchte das Zittern seiner alten Knochen zu unterdrücken.

„Was führt euch zu uns Reisender?“ Klang seine Stimme schon immer so schwach?

„Ich sah eure Apfelbäume, verkauft ihr etwas von den Früchten?“ Melodisch und freundlich, jedoch mit einem Nachhall von Gefahr erklang die Stimme des Fremden.

„Natürlich, Herr.“ Schnell beauftragte er ein paar der Bewohner das gewünschte zu bringen. Standen sie doch alle in sicherer Entfernung und beobachteten die Szene. Wobei ‚sichere Entfernung‘ wohl ein dehnbarer Begriff war, wie ihm durch den Kopf schoss.
 

Der Fremde saß locker auf seinem Tier, als hätte er alles unter vollster Kontrolle. Zur Erleichterung aller zog er, sobald er seinen Sack Äpfel und drei Apfelkuchen hatte, wieder seiner Wege. Ohne sich groß um die Menschen zu kümmern ritt er langsam über die Felder davon.
 

„Marten! Was hat ein Dunkelelf hier verloren? Noch dazu am helllichten Tage?“ Mit einer Schaufel bewaffnet gesellte sich sein Neffe zu ihm.

„Das war kein Dunkelelf Thomas, das war ein Mischling. Die können bei Tage reißen.“, belehrte der Alte ihn sofort. „Aber sein erscheinen bedeutet normalerweise nichts Gutes.“
 

~~~
 

Genüsslich noch einen Apfel kauend sprang er schließlich von seinem Pferd ab. Mitten auf den Wiesen, in der nähe eines Waldrandes.

„Diese Stelle ist genauso gut wie jede andere Aiphatón. Wir schlagen hier unser Lager auf.“, meinte er ruhig und klopfte seinem Hengst den Hals. Dieser schnaubte kurz und trabte ein Stück weiter um zu grasen. „Pest, Cholera, schaut ob ihr etwas Essbares findet. Und macht es nicht kaputt!“, beschied er mit Blick gen Himmel, wobei er letzteres etwas strafend anfügte.

„Wir doch …“

„… nicht!“

Kam die Antwort von zwei krächzenden Stimmen.
 

Gemütlich am Feuer sitzend und den Hasen bratend, den seine beiden Raben gefangen hatten, beobachtete der Halb-Dunkelelf seine Umgebung. Nicht, dass er mit Problemen rechnete, aber er liebte die freie Natur. Die weiten Ebenen fast so sehr, wie die dichten Wälder. Keine Menschen um ihn herum, die ihn mit Angst, oder Missgunst betrachten.

Umso irritierter war er, als er einen einzelnen Wagen ausmachte, der genau auf seine Feuerstelle zu hielt. Sollte nicht seine Aura alleine bereits jeden von seinem Platz fernhalten? Jetzt doch etwas wachsamer beobachtete er das Näherkommen.

„Pest, Cholera, haltet euch bereit.“, mehr als ein Flüstern war es nicht, das er in die Richtung seiner beiden Raben richtete.

„Wir sind …“

„… immer bereit.“

Leicht nickend, nahm er die Antwort zur Kenntnis und beobachtete weiter das Maultier, welches gerade zum halten kam.

„Guten Abend der Herr. Darf ich mich an euer Feuer gesellen?“, fragte ein junger Mann, während er von seinem Wagen kletterte.

„Natürlich, am Feuer ist genug Platz. Der Hase dauert allerdings noch etwas.“

Der Fremde, gekleidet wie ein einfacher Händler, strahlte eine solche Ruhe aus, dass auch er selbst seine Vorsicht wieder verlor. Es war seltsam, kaum hatte er bisher eine solche Zufriedenheit gefühlt, wie in der Nähe dieses Reisenden.

Schon bald war am Feuer eine recht lockere Stimmung entstanden, auch wenn bisher nicht über mehr als die Straße selbst gesprochen worden war.

„Ein interessantes Pferd habt ihr da, ein Taliser nicht wahr? Solche Tiere sieht man selten. Schon gar nicht in Verbindung mit einem Halbdrow.“

Irritiert hob er seinen Kopf und richtete etwas seinen Federmantel. Das ein einfacher Händler die Bezeichnung kannte, kam kaum vor.

„Aiphatón ist mein treuer Gefährte, genauso wie meine beiden Raben. Aber ja, ein Taliser-Hengst.“, antwortete er wahrheitsgemäß, war er doch noch viel zu verblüfft.

Plötzlich zückte der Reisende ein dickes, in weißen Leder gebundenes Buch und eine Feder und schlug die erste Seite auf, welche noch nie einen Flecken Tinte gesehen zu haben schien.

„Ich reise umher und sammle Geschichten. Wie sieht es aus Wanderer, möchtest du mir deine erzählen?“ Seine Stimme hatte einen ernsten Tonfall angenommen, war aber nach wie vor so beruhigend, sodass er sich nicht bedroht fühlte.

„Meine Geschichte? Die ist nichts für Jungfrauen, oder möchtegern Abenteurer.“, meinte er nun mit einer spur Bitternis.

„Keiner wird sie lesen, bis ihr die Freigabe gebt. Mein Wort darauf. Man sollte nur anfangen sie nieder zu schreiben, bevor man sich nicht mehr an die Anfänge erinnern kann.“

Alte Weisheit und Erfahrung schwang in den Worten mit.

„Das wird lange werden.“, versuchte er es nochmal abzuwenden. War sich dabei jedoch selbst nicht mehr sicher, ob er nicht einfach reden wollte. Noch nie zuvor hatte er seine Geschichte wirklich erzählt. Bruchstücke ja, aber sein ganzes Erlebtes?

„Wir haben Zeit. Bedenke nur, das wird deine Geschichte. Belüge dich nicht selbst.“

Kurz herrschte Stille zwischen ihnen. Einer schaute erwartungsvoll auf seine Feder, der andere in den Nachthimmel und doch in weite Ferne.

„Mein Name ist Carmondaí. Ein Halbdrow, aufgewachsen in Vladishall. Dann wollen wir wohl beginnen.“

Tomorin

Wütend biss er die Zähne zusammen und versuchte keinen Laut von sich zu geben. Seine Schulter schmerzte, da wo ihn der Stein getroffen hatte. Seine linke Hand war aufgerissen und blutete. Trotzdem versuchte er so still wie möglich hinter dem Busch zu sitzen. Aus einiger Entfernung konnte er die anderen Kinder des Dorfes lachen hören. Sie suchten ihn, war es doch ihr größter Zeitvertreib ich zu ärgern und zu drangsalieren.

Erst als sich die Stimmen immer weiter entfernten, traute sich der junge Carmondaí aus seinem Versteck. Jedoch konnte er noch nicht zurück ins Dorf. Nicht solange die Anderen noch Blut sehen wollten. Also schlich er sich, am Rande der Häuser entlang, tief in den Wald. Dort hatten sie ihn noch nie gefunden. Nur der Jäger selbst traute sich so tief hinein, gab es hier doch gefährliche Tiere und teilweise auch Bestien. Für ihn machte es keinen Unterschied mehr. Sollten ihn doch die Wölfe finden, was machte es schon für einen Unterschied.

An seinem geheimen Platz angekommen, kramte er unter den Steinen seinen Bogen hervor. Selbstgebaut war er nicht der beste. Hatte er doch auch keinen, der ihm zeigte wie es ging. Doch der Waffenbau war seine einzige Beschäftigung, bis er sich zurück ins Dorf wagen konnte. Erst wenn es dunkel wurde, würden die anderen von ihm ablassen. Denn obwohl er erst zwölf Jahre zählte, fürchteten sie sich doch vor seiner Kraft sobald die Dunkelheit Einzug erhielt. Nicht, dass er so gefährlich war, es war eher der Aberglaube der Dorfbewohner. So hatte er sich bisher die Zeit damit vertrieben, Bogen, Pfeile und Speer zu bauen.

Grübelnd saß er hinter dem Stein und versuchte einen neuen Pfeil zu schnitzen. Das kurze, rostige Messer war nicht wirklich dafür geeignet, aber etwas anderes hatte er nicht zu Hand.

 

„Missgeburt!“

„Scheusal!“

„Deine Mama hat dich nicht gewollt!“

„Verpiss dich du Mischling!“

Kaum hatte er das Dorf wieder betreten, schon flogen ihm die Beleidigungen um die Ohren. Dreck wurde nach ihm geworfen. Die Zähne zusammen beißend marschierte der Junge durch die Straßen zu seiner Hütte. Ein baufälliges Holzgebilde, was wohl bei dem nächsten größeren Sturm in sich zusammen fallen würde. Aber immerhin sein eigenes Heim.

Manchmal fragte er sich, wieso er überhaupt noch hier war. Doch die Reise zum nächsten Dorf war schon zu gefährlich und dort würde er wohl auch nicht freundlicher aufgenommen werden. Bis zur Stadt würde er es niemals schaffen und Münzen hatte er ja auch nicht. Lange hatte er nicht verstanden, was denn eigentlich los war. Erst die Kräuterfrau hatte ihm vor zwei oder drei Jahren erzählt, dass er ein Halbblut war. Halb Mensch, halb Dunkelelf. Jene Wesen, die sich tief unter der Erde versteckten und die Sonne mieden. Sie kamen ab und an des Nachts an die Oberfläche, wenn der Mond kaum Kraft hatte. Dann rauben und morden sie. Keiner war vor ihren Säbeln sicher. So erzählten es die Geschichten. Er war praktisch nur ein Unglücksrabe.

In Situationen wie diesen wünschte er sich teilweise, die Dorfbewohner hätten ihn im Graben liegen lassen, wo sie ihn fanden. Dann Würde er jetzt nicht diese Tortur über sich ergehen lassen müssen. Vor allem wurde es von Jahr zu Jahr schlimmer. Desto älter er wurde, desto größer wurde der Hass der Menschen auf ihn.

 

Endlich in seinen eigenen Wänden angekommen, entledigte er sich der Fetzten, die ihm als Kleidung dienten. Vorsichtig versuchte er seine Wunden zu säubern.

Ein leichtes Klopfen ließ ihn aufhorchen.

„Ich bin es, Caleb.“, ertönte eine leise Stimme auf der anderen Seite.

Schnell eilte der junge Halbdrow los und öffnete die Tür. Caleb war nicht der hellste Kopf, aber der Einzige hier, der ihn nicht mit Verachtung strafte.

„Schon wieder? Komm ich mach das. Hab dir auch was zu essen mitgebracht.“, redete er gleich weiter und schob sich in den Raum.

„Danke Caleb.“, erleichtert machte er sich über den Kanten Brot her, während der schmächtige Schafshirte versuchte die Wunden zu säubern.

„Du musst dich wehren Carmondaí.“

„Das hatten wir schon Caleb. Das wollen sie doch, dann haben sie einen Grund mich umzubringen.“

„Aber so bringen sie dich doch auch um! Nur halt langsam.“

„Den nächsten Reisenden, der hier durch kommt werde ich begleiten. Bis dahin muss ich noch aushalten.“

„Und wenn er dich nicht mitnehmen will?“, fragte Caleb nach einem Moment der Stille vorsichtig nach.

„Solltest du mich nicht aufmuntern, Mann?“ Unzufrieden betrachtete der Junge seinen einzigen Freund. Wobei das ein zu starkes Wort war. Er brachte ihm Essen und half ihm seine Wunden zu versorgen, aber kein einziges Mal stand er für ihn ein. Hatte nie den Mut auch nur einmal zu sagen, es reicht. Nein, er war kein Freund. Eher das, was die Dorfbewohner eigentlich untereinander sein sollten. Nur er selbst zählte wohl nicht zum Dorf. Das war der eigentliche Fehler.

 

Über zwei Wochen später sollte sich jedoch bereits alles ändern. Durch Schreie geweckt, sprang der junge Carmondaí in den frühen Morgenstunden aus dem Bett. Schmerzensschreie waren zu hören. Unterbrochen von lautem Lachen. Ein kurzer Blick durch die maroden Bretter seiner Hütte zeigte ihm das wahre Ausmaß des Übels. Die anderen Kinder standen lachend um den weinenden Caleb herum. Piesackten ihn mit Stöcken und Steinen, schlugen ihn blutig. Die Erwachsenen gingen unbeteiligt ihrer Arbeit nach, warfen den Kindern ab und zu einen Seitenblick zu, mehr nicht. Keiner griff ein, keiner versuchte das Treiben zu unterbinden. Von Wut gepackt schnellte er aus seiner Hütte in den Wald. Er brauchte seinen Bogen. Auch wenn der Andere nie für ihn eingestanden hatte, er selbst wollte nicht so sein. Er wollte helfen!

So von seiner Wut geblendet, bemerkte er jedoch nicht die Gruppe an Männern, die ihm folgten.

 

„Das war wohl sowohl der Anfang, als auch das Ende für mich. Ich könnte mich immer noch ärgern, dass ich die offene Falle nicht bemerkt habe. Ich war ein Kind, wenn auch nur noch vom Körper her.“

„Soll ich das ebenfalls mit nieder schreiben?“

„Nein, lass gut sein. Alles zu seiner Zeit.“, kurz schaute er nochmals in die Sterne, ließ dann seinen Blick zu seinen Raben gleiten, welche ihn aufmerksam beobachteten.

„Nur eines noch. Zu der damaligen Zeit habe ich die Götter bereits abgeschrieben. Wer sollte schon einen wie mich in sein Gefolge aufnehmen wollen.“

„Ich denke die Zeit für die Götter wird noch kommen.“

Es war mehr eine Feststellung, keine Frage und doch nickte er.

„Ja, die Zeit der Götter kam auch für mich. Man könnte sagen, meine Gebete wurden erhört.“

 

Wütend rannte er durch das Unterholz. Passte zum ersten Mal nicht auf. Heute wollte er nicht leise sein. Jetzt war die Zeit zum Töten gekommen. Sollten sie ihn ärgern, ihn verletzten. Aber Caleb war doch nur ein dummer Schafhirte. Er hatte doch noch nie jemandem etwas getan. Er war doch einer von ihnen! Ein Mensch, kein verdammter Mischling!

Bei seinem Versteck angekommen, packte er Bogen und Pfeile, ebenso seinen Speer. Alles was er an Waffen gebastelt hatte musste mit. Eiligst drehte er sich um, wollte zurück zum Dorf.

Allein seinen guten Sinnen, wohl dem Dunkelelfenblut in ihm geschuldet, hatte er es zu verdanken, dass er nicht sofort starb. Ein schneller Sprung zur Seite rettete ihn vor dem Pfeil, welcher sich tief in die Rinde neben ihn bohrte. Entsetzt blickte sich Carmondaí um. Drei Männer standen mit gespannten Bögen etwa acht Meter von ihm entfernt. Eine Bewegung hinter ihm verriet ihm auch aus dieser Richtung eine Bedrohung. Geduckt wie eine Katze bewegte er sich langsam zwei Schritte zur Seite, versuchte einen Baum als Deckung zu bekommen, die Männer vor sich immer im Blick behaltend.

„Schon komisch, die zahlen echt fünf Goldmünzen dafür, dass wir diesen Knirps töten.“, lachte der Schütze.

„Man muss das Übel töten, bevor es groß wird.“, meldete sich eine Stimme hinter ihm zu Wort.

Sich schnell umschauend, stellte er entsetzt fest, dass sich die Männer komplett um ihn herum verteilt hatten. Er saß in der Falle. Zwölf zähle er jetzt. Allesamt erwachsene, bewaffnete Männer mit dem Abzeichen einer Gilde. Kopfgeldjäger, schoss es ihm durch den Kopf.

„Das ganze Dorf muss zusammengelegt haben, damit sie die Belohnung zahlen können.“, lachte einer der Männer laut. „Die müssen sich wohl echt vor ihm fürchten, dass sie das nicht selbst erledigen konnten.“

Das zustimmende Gemurmel der Anderen machte ihn nur noch wütender. Also wollten sie ihn jetzt endgültig tot sehen? Billig würde er sich definitiv nicht verkaufen. Wenn sie den menschlichen Teil in ihm schon nicht anerkennen wollten, dann würde er halt auf den anderen Teil vertrauen. Die Dunkelelfen waren die gefürchtetsten humanoiden Kreaturen die es auf dieser Welt gab. So hatte es ihm ein Händler einmal erzählt. Wenn er schon sterben musste, dann sollten sie zumindest noch lange in Furcht über ihn reden.

Er hatte nicht viele Pfeile und die besaßen auch keine Metallspitzen. Damit konnte er gegen die Männer nichts ausrichten, hatten sie doch alle Lederrüstungen an. Mit den Zähnen knirschend ließ er seinen Bogen fallen und griff seinen Speer mit beiden Händen. Zwar hatte dieser auch keine Metallspitze, aber immerhin hatte er einen scharfen Stein an der Spitze befestigt.

Mit einem schnellen Sprung war er zwischen zwei der Kopfgeldjäger und zog einem der beiden den Schaft seines Speeres in die Kniekehlen. Mit einem überraschten Schmerzenslaut ging dieser in die Knie. Sofort sprang Carmondaí näher und hieb mit seiner Steinspitze in den Nacken des Mannes. Blut spritzte ihm entgegen. Es war das erste Mal, dass er einen Menschen verletzte. Doch störte es ihn nicht. Seine Sicht hatte sich geklärt, er hatte sich entschieden. Der Kampf sollte sein Ende sein, keine Furcht.

Die anderen Männer hatten sich schnell von ihrer Überraschung erholt und drängten ihn immer weiter in die Enge. Zwar teilte er Hieb um Hieb aus, musste jedoch immer wieder Schnitte in Kauf nehmen. Er blutete bereits aus mehreren Stellen, versuchte gerade nur noch, die Kopfgeldjäger auf Abstand zu halten, während er verzweifelt an einem Ausweg überlegte. Wie sollte er es nur schaffen, all diese ausgebildeten Kämpfer zu besiegen? Zwei hatte er geschafft auszuschalten. Den einen, den er gleich zu Beginn getötet hatte, der Zweite lag weiter hinten, versuchte noch die Blutung an seiner Achselhöhle zu stillen. Dieser war so gut wie tot, das konnte er an dem vielen Blut erkennen.

Ein scharfer Schmerz an seinem Bein ließ ihn aufschreien. Entsetzt ging er in die Knie und betrachtete kurz den Pfeil, der in seiner Wade steckte.

Langsam legte der Schütze einen weiteren Pfeil auf, zielte kurz und schoss erneut. Sich noch wegdrehend, drang ihm dieser Schuss tief in die Schulter. Aufkeuchend fiel Carmondaí auf alle Vier. Er konnte nicht mehr. Das war sein Ende. Mit einem irren Blick hob er nochmal den Kopf, griff den Schaft seines Speeres fester. Ein letztes Mal wollte er noch zum Angriff übergehen. Wollte einfach nicht am Boden liegend sterben. Nicht so, nicht hier.

Gerade als er sich anspannte für einen letzten Sprung, ließ ihn ein neues Geräusch irritiert inne halten.

Glöckchen?

Selbst die Männer, zuerst noch lachend, verstummten immer mehr und sahen sich irritiert um. Woher kam das neue Geräusch? Es bewegte sich jedenfalls in ihre Richtung.

„Grüße die werten Herren.“, ertönte plötzlich eine amüsierte Stimme. Gemächlich durch die Reihen tretend, als würden die Männer keine Waffen halten, gesellte sich ein Halbling in die Mitte des Kreises aus Kopfgeldjägern. Kurze wirre schwarze Haare standen dem kleinen Gesellen in alle Richtungen vom Kopf ab. Seine Kleidung wirkte sehr verspielt und farbenfroh, während an seinem Hals ein Lederhalsband mit einem kleinen Glöckchen baumelte. Er wirkte, wie die Miniaturausgabe eines Menschen. Fast wie ein Gaukler. Bei genauerem Hinsehen erkannte Carmondaí allerdings die kleinen Dolche, die überall am Körper des Neuankömmlings befestigt waren, gut versteckt unter den vielen Falten der Gewänder.

„Was willst du?“, herrschte ihn einer der Männer an. Verärgert über die Unterbrechung ihres Spaßes.

„Vorerst ein paar Fragen stellen, dann sehen wir weiter.“, zuckte dieser unbeteiligt mit den Schultern.

Fasziniert betrachtete der Halbdrow den Neuen. Obwohl er so klein war, ging er doch den erwachsenen Männern nur bis zum Knie, schien er keinerlei Angst zu haben.

„Junge du scheinst in einer sehr misslichen Lage zu sein. Auch wenn du dich gut geschlagen hast bisher.“, stelle er an Carmondaí gewandt fest.

„Wär mir gar nicht bewusst gewesen.“, antwortete dieser mit Sarkasmus, das Aufbegehren seiner Jäger übergingen beide gerade bewusst. Noch waren diese zu irritiert um weiter anzugreifen. Fieberhaft überlegte er weiter, wie er nun hier Lebend aus der Sache herauskommen konnte.

„Für einen kleinen Preis werde ich dir helfen Junge.“

„Was?“

„Deine Seele für Malakai und ich hole dich hier raus.“, wisperte der Halbling ihm leise zu.

Da musste er nicht lange überlegen. Malakai, der Name sagte ihm nichts. Aber alles war besser, als hier und jetzt zu sterben.

„Abgemacht.“, presste er hervor. Langsam begann seine Sicht zu verschwimmen.

„Wunderbar. Vergiss es nur nicht.“, lächelte der Kleine ihm kurz zu, ehe er sich umdrehte und die Männer betrachtete.

Was als nächstes passierte ging in seinem benebelten Verstand teilweise unter. Nur an die Schreie konnte er sich noch erinnern. An die entsetzten Schreie seiner Jäger die innerhalb von wenigen Augenblicken verstummten.

Erst als er sich an den Pfeilen zu schaffen machte, die in seinem jungen Körper steckten, schaltete sich Carmondaís Verstand wieder ein.

„Was hast du gemacht?“, fragte er entsetzt unter seinem Schmerzvollen keuchen, während der andere seine Wunden versorgte.

„Der köstliche Moment, wenn Jäger feststellen, dass sie zur Beute wurden.“, grinste dieser breit. So wirkte er mehr wie ein fünfjähriges Kind, als wie der Mörder von einem guten Dutzend kampferprobter Männer. Gleichzeitig hatte er etwas Gefährliches an sich. Etwas, was ihn mehr wie ein Tier wirken lies. Wie ein absolut gefährliches Raubtier.

„Wer bist du?“

„Tomorin. Druide vom Zirkel des Malakai.“, spielerisch verneigte sich der Kleine bei seinen Worten. „Vergiss dein Versprechen nicht Carmondaí. Deine Seele, dein Leben gehört jetzt in seine Dienste.“

„Woher weißt du meinen Namen?“

„Ich weiß einiges über dich mein junger Freund. Komm, Zeit das wir von hier verschwinden.“ Kurz kramte der Halbling die Taschen der Männer ab und warf ihm dann etwas zu. „Hier. Das Gold für deinen Kopf und ein Messer. Damit schnitzt es sich definitiv besser.“

Nun gänzlich verwirrt rappelte sich der junge Dunkelelf hoch, nahm die besagten Dinge an sich und folgte seinem neuen Gefährten humpelnd durch den Wald.

 

Tief hinein in das Dunkel des Waldes marschierten sie über Stunden. Nur einmal machten sie kurz Rast, um eine der Wunden neu zu verbinden. „Ist es in den Wäldern nicht gefährlich? Im Dorf warnten immer alle davor. Selbst der Jäger geht nicht so tief hinein“, wagte er schließlich seine Bedenken zu äußern.

„Es ist nur für jene gefährlich, die Beute sind. Wer wahrlich ein Jäger ist, hat in den Wäldern den größten Spielplatz gefunden. Wir sind im Übrigen da.“

Irritiert betrachtete er den großen, alten Baum vor dem sie halt gemacht hatten. Eine Weide? Die Frage, was sie hier wollten, sparte er sich jetzt lieber.

„Ich muss noch einmal Fragen. Stellst du dein Sein freiwillig in die Dienste von Malakai, dem Gott der Jagd?“ Ernst sah Tomorin zu ihm auf, als er diese Frage stellte.

Irgendwie hatte Carmondaí das Gefühl, hier geschah gerade mehr als er verstand.

„Erzähl mir zuerst von diesem Gott. Ich kenne den Namen nicht. Pelor, Tyr, Miliki, Farlangh, oder Maske sind mir bekannt.“

„Das sind auch bekanntere Namen. Nun gut. Setzt dich und ich erzähl dir etwas über die Götter.“

Begierig auf neues Wissen, hatte er doch alles was er bisher wusste eher durch lauschen erfahren, setzte er sich auf eine Wurzel und wartete gespannt auf die Ausführung.

„Zuerst musst du wissen, dass jeder Gott seine eigenen Gebiete hat. Manchmal überschneiden sich diese, manchmal gibt es Verbrüderungen unter den Göttern. Manchmal auch Streit oder Krieg. Desto mehr Anhänger ein Gott unter den Lebenden hat, desto mächtiger ist er. Er kann seine Anhänger unterstützen. In Form von Fähigkeiten, magischen Waffen, oder auch Wissen. Ab und zu kommt ein solcher Gott auch selbst auf die Erde.“

„Ein Gott auf der Erde?“, überrascht unterbrach Carmondaí sein Gegenüber.

„Natürlich. Sie waren auch einmal sterblich. Aber weiter im Text. Pelor, der Sonnengott, steht für Licht, Hoffnung und Heilung. Er ist einer der Mächtigsten, da sehr viele Menschen diese Dinge möchten und dafür beten. Miliki hat hauptsächlich Anhänger unter den Elfen. Den Wald- oder Sonnenelfen, die Dunkelelfen sind ein anderer Fall. Jedenfalls steht Miliki für die Natur, die Wälder, aber ebenfalls für Heilung. Tyr um es kurz zu fassen, ist der Gott der Gerechtigkeit.

Das sind alles Beispiele für gute Götter. Farlangh hingegen ist ein Beispiel für einen neutralen Gott. Ihm ist es egal ob seine Anhänger sich an Gesetzte halten oder nicht. Das ist der Gott der Reisen. Fast jeder huldigt ihm im Laufe seines Lebens.“

„Und Malakai? Über ihn hast du noch nichts erzählt.“, begierig auf mehr Wissen betrachtete Carmondaí jeden der Gesichtszüge seines Gegenübers.

„Er steht für die Jagd. Für das Hetzten der Beute, Chaos und Zerstörung. Er ist ein Beispiel für einen bösen Gott. Einer, der sich am Leid anderer ergötz. Beantwortest du jetzt meine Frage Carmondaí?“

Sein Leben und seine Seele für einen bösen Gott? Er hatte sich so einem verschrieben? Gleichzeitig, wieso nicht? Die Menschen, denen er nichts getan hatte, hatten ihn gejagt und wollten ihn töten. Er konnte nicht mehr nach Hause, er hatte momentan nichts wohin er gehen konnte. Tomorin hatte ihm hingegen eine Option geboten. Er hatte ihm geholfen, ihn gerettet. Und ehrlich gesagt, hatte er nicht schon zu mehreren Göttern gebetet? Hatte er es denn nicht bereits versucht? Wenn die guten Götter ihn nicht wollten, dann ist doch ein böser Gott genau das Richtige für ihn.

„Mein Leben für Malakai.“, ernst und entschlossen gab er seine Antwort.

 

Ein wissendes Lächeln auf den Lippen sprang der Halbling hoch. Und ging zu dem alten Baum.

„Dann folge mir. Im Übrigen hätte ich dich töten müssen, hättest du jetzt dein Wort gebrochen.“

Die Aussage einfach ignorierend stellte sich Carmondaí neben seinen Gefährten. Wartete, was jetzt kommen würde. Mit dem Folgenden hatte er jedoch nicht gerechnet. Der Schatten des Baumes wölbte sich, erhob sich vom Boden und bildete ein wabbelndes Abbild eines Torbogens. Dahinter alles in Schwärze getaucht. Leicht zögerte er noch, als Tomorin bereits hindurch schritt. Ein letzter Blick in die Äste des Baumes werfend, schloss er schließlich seine Augen und folgte in die Finsternis.

 

Pest&Cholera

Sobald er seine Augen erneut öffnete, war es, als hätte er die Welt gewechselt. Nichts erinnerte an die alten Hütten und schlammigen Wege aus seiner Heimat. Er stand auf einer grünen Lichtung, ein kristallklarer Bach floss am Rand entlang und unter die gewaltigen Bäume waren kleine Steinhütten gebaut. Teilweise sah man auch Holzbauten in den Gipfeln, oder Höhlen unter den Wurzeln. In der Mitte von all diesem war ein großer Steinkreis errichtet. Die Bänke aus Stein waren in die Erde eingelassen und bildeten eine Mulde, wohin die Sitzplätze immer weniger wurden, ehe am Grund nur noch Platz für zwei, drei Personen war.

„Unser Zirkel.“, erklärte Tomorin kurzerhand mit Blick auf den Steinkreis. „Die Hütte hier ist meine. Für die Zeit deiner Ausbildung wirst auch du hier wohnen. Bedenke Carmondaí, du hast dich uns verschrieben. Ich erwarte, dass du deine Ausbildung ernst nimmst. Ansonsten kann es sein, dass du sie nicht überleben wirst.“

Stumm nickte der Halbdrow und folgte seinem kleinen Meister in die Steinhütte. Sie war gemütlich eingerichtet, mit allem, was er sich bisher nur erträumen konnte. Das Bett war gefüllt mit Federn, der Tisch aus einem Stück und mit schönen Schnitzereien verziert. Die Stühle hatten Krallen statt einfachen Beinen, an den Wänden hingen Trophäen von den seltsamsten Bestien.

Starr blieb er in der Tür stehen und lies diesen Anblick auf sich wirken. Es war wie im Traum. Einen solchen Luxus hatte bei ihnen keiner gehabt. Selbst der Dorfälteste schlief auf einem Strohsack und hatte einfache gezimmerte Möbel.

„Richte dir deine Ecke ein wie es dir beliebt. Du wirst eine lange Zeit hier bleiben.“

„Wie lange Meister?“

„So lange, bis ich befinde, dass du genug gelernt hast.“

„Ihr gebt mir kein Ziel? Keine Zeitvorgabe?“, etwas irritiert war er jetzt doch. Wie sollte er seinen Fortschritt denn beweisen?

„Wenn du mich einmal triffst hast du bestanden.“, grinste Tomorin breit und verschwand im angrenzenden Wald.

„Was?“, verwirrt blickte Carmondaí ihm hinterher. Das war doch ein Scherz oder? Er sollte seinen Lehrer angreifen? Naja gut, wenn er es denn so wollte.

 

„Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass die Zeit meiner Ausbildung nur noch verschwommen in Erinnerung ist. Es war eine Hetzjagd über Monate hinweg. Ich probierte alles aus um ihn zu erwischen. Bogen, Speer, Messer. Zweimal habe ich sogar den Wald angezündet um den verfluchten Mistkerl in die Enge zu treiben. Er war wie eine Katze die mit der Maus spielt. Wir haben kaum geschlafen, wenn dann oft in den Wäldern. Zuerst war ich schon so weit, dass ich aufgebe. Aber der Ehrgeiz hat mich gepackt gehalten. Ich wollte ihn erwischen. Und wenn es nur ein kleiner Kratzer war. Gelungen ist es mir nie.“ Gedankenverloren rupfte er einen Grashalm aus und drehte ihn zwischen den Fingern. „Es war die glücklichste Zeit meines Lebens damals. Ich war frei. Und ich hatte zum ersten Mal einen wirklichen Freund. Wir lachten und scherzten zusammen. Saßen wir am Lagerfeuer, habe ich versucht ihn mit Ästen oder Steinen abzuwerfen, doch er hat es immer vorher gesehen.“

Durch die Erinnerung fing er an zu lachen und ließ sich auf den Rücken ins Gras fallen, verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Wir hatten Spaß. Ich hatte vor allem einmal Spaß. Mein ganzes Leben war voll mit Hass und Verstecken, aber in diesem Wald hat meine Herkunft niemanden interessiert. Ich kam mit Tomorin, also war ich Teil der Gemeinschaft. Ich sah andere Zirkelmitglieder kommen und gehen, die einen aufgeschlossener, die anderen eher weniger, aber keiner war unfreundlich.“

Geduldig wartete der Schreiber, bis er fortfuhr. Wohl wissend, dass er noch mehr zu sagen hatte.

„Schon komisch, dass die Anhänger eines Chaos-Gottes die freundlichsten Wesen waren, die ich bis dahin kannte, findet ihr nicht?“

 

„Wieder daneben Carmondaí.“, grinste der Halbling gut gelaunt und pflückte das Wurfmesser aus dem Baum neben sich. Bis vor einem Sekundenbruchteil hatte er selbst noch dort gestanden.

„Das war der wievielte Versuch?“, fragte sein Gegenüber erschöpft.

„Ich habe nicht gezählt, wär das nicht deine Aufgabe gewesen Schüler?“

„Pff.“

Schnell sprang er nach vorne, versuchte es erneut seinen Meister zu fassen zu bekommen, doch erneut entwischte ihm dieser um Haaresbreite.

„Das reicht jetzt.“, beschied dieser auf einmal mit ernster Stimme.

Irritiert blieb der Halbdrow stehen. War seine Zeit etwa abgelaufen? Er hatte ihn nie erwischt. Kurz bekamt er Panik, als sein Meister ihn mit ernster Stimme dazu aufforderte ein Feuer zu entfachen und sich zu setzten.

„Zwei Jahre hast du mich jetzt gejagt Carmondaí. Du bist gut geworden.“

„Ich habe euch noch nicht erwischt Meister.“, meinte er mit zerknirschter Stimme. Er hatte gar nicht gemerkt, dass bereits so viel Zeit ins Land gezogen war.

„Wenn dir das gelungen wäre, müsste ich an meinen eigenen Fähigkeiten zweifeln Junge. Es war der Anreiz für dich. Und du hast nie aufgegeben. Das alleine spricht für dich.“

„Wie meinst du das Meister?“

„Seit drei Jahrzehnten habe ich keinen Schüler mehr aufgenommen. Du bist mein sechster Schüler gewesen.“ Kurz huschte ein ärgerlicher Ausdruck über das Gesicht des Kleinen, ehe er wieder sein übliches Grinsen aufsetzte.

„Und wie viele haben bestanden?“, interessiert blickte der Halbdrow auf ihn hinab. Nur zu gerne würde er einen anderen Schüler seines Meisters kennenlernen.

„Kein einziger. Ich musste sie alle umbringen.“

Sprachlos starrte er ihn an. „Wieso?“

„Sie gaben auf. Teilweise schon nach einem Monat. Andere haben über meine Methoden gemeckert, nicht merkend, wie ich sie gestählt habe. Keiner von ihnen hatte es verdient in den Zirkel aufgenommen zu werden.“

Plötzlich fühlte sich sein Mund staub trocken an. War es das jetzt für ihn? Er hatte nicht aufgegeben, hatte sich nicht beschwert, aber er hatte doch auch seinen Auftrag nicht erfüllen können.

„Ich bin wirklich froh, dass ich mich noch einmal dazu aufgerafft habe und dich als Schüler angenommen habe. Du hast im Übrigen bestanden Carmondaí.“

„Habt vielen Dank Meister.“, leicht verneigte er sich bei seinen Worten. Konnte es immer noch nicht so ganz fassen.

„Es ist an der Zeit dein Totemtier zu wählen Junge. Deinen Aspekt. Du wirst Eigenschaften von diesem erhalten, es wird dein Dasein beeinflussen. Sei vorsichtig bei deiner Wahl und überdenke sie genau. Als dein Meister darf ich dir eine Eigenschaft von meinem Totemtier übertragen. In abgeschwächter Form, aber auch das macht dich stärker.“

„Die Katze. Eures ist die Katze nicht wahr?“, fragte er einer Eingebung folgend.

Überrascht blickte Tomorin zu ihm auf, eher er ein ehrliches Lächeln an den Tag legte.

„Ja in der Tat. Mein Totem ist die Katze. Schnell, wendig, leise und verspielt. Der perfekte Jäger. Meine Glöckchen trage ich im Übrigen nur, um meiner Beute eine kleine Chance zu lassen.“

Kurz hingen beide noch ihren Gedanken nach, ehe der Halbling wieder seine Stimme erhob.

„Geh und schnitze dir deinen Stab Junge. Ein Druide braucht einen Stab. Und überlege dir in der Zwischenzeit gut, welches Tier du wählst. Ich erwarte dich im Steinkreis.“

 

Grübelnd marschierte er leise durch den Wald. Noch immer war er überrascht, wie schnell auf einmal der Abschluss seiner Ausbildung gekommen war. Er hatte das Gefühl nicht wirklich etwas gelernt zu haben. Doch jetzt, wo er wirklich alleine unterwegs war, bemerkte er die Unterschiede. Er bewegte sich lautlos und schnell. Selbstsicher. Der Wald war seine Heimat geworden. Die leisesten Geräusche konnte er zuordnen und einstufen ob sie eine Gefahr waren oder nicht.

Welchen Ast er wollte wusste er bereits. So führte ihn sein Weg direkt zu einer gewaltigen Trauerweide. Irgendwie liebte er die ausladenden Äste dieses Baumes. Natürlich, nahezu alle würden eine Eiche oder Ulme wählen, aber er war nicht wie all die anderen. Mehr beschäftigte ihn die Frage nach seinem Totemtier. Irgendwie würde er gerne eine Katze oder einen Wolf wählen, aber das Gefühl es sei nicht richtig, hielt ihn davon ab. Die Gewissheit jetzt, dass sein Meister eine Katze gewählt hatte, hielt ihn noch mehr davon ab. Er wollte seinen eigenen Weg gehen.

So saß er wenig später bereits unter der Trauerweide und schnitzte seinen Stab. Er fing vom unteren Ende her an, wollte die Entscheidung, wie er den Kopf gestaltete noch etwas aufschieben.

So kamen auch seine Erinnerungen an seine Kindheit wieder hoch. Verschwommen zwar, aber es war da. Plötzlich wusste er, was er wählen würde und wie sein Stab aussehen musste.

Schnell warf er den bereits angefangenen weg und suchte sich einen passenderen aus. Schnitzte ihn so, wie er in seinen Gedanken bereits Formen angenommen hatte. Knorrig, das untere Ende stabil. Das obere Ende verzweigt, mit zwei Querstreben.

Sobald er mit dem Ergebnis zufrieden war, machte er sich auf den Weg zurück.

 

„Wie ich sehe hast du deine Entscheidung getroffen?“ Tomorin stand am Rand der Lichtung und erwartete ihn bereits. Den Steinkreis im Rücken.

„Das habe ich Meister.“

„Dann komm und verkünde Malakai deine Wahl.“ Mit einer Handbewegung deutete er ihm an, in den Steinkreis zu treten.

Selbstsicherer als er sich fühlte, suchte sich Carmondaí seinen Weg nach unten. Sobald er in der Mitte angekommen war konnte er eine Präsenz fühlen die ihn beobachtete.

„Ich, Carmondaí habe die Prüfung als Mitglied des Zirkels unter der Aufsicht von Meister Tomorin bestanden. Als sein Schüler stehe ich hier und erbitte die Aufnahme in den Zirkel des Malakai.“, setzte er an. Irgendwie empfand er es als richtig, auch wenn kein anderer als sein Meister anwesend war. „Meinen Stab habe ich geschnitzt, aus den Ästen der Trauerweide. Als Totemtier erwähle ich den Raben! Die Schwingen der Nacht sollen meine Vertrauten sein.“

Kaum verhallten seine Worte in den Bäumen, so konnte er fühlen, wie die Präsenz stärker wurde. Eiskalt lief es ihm den Rücken hinab. Das Gefühl, als würde ein Raubtier in seinem Rücken sitzen raubte ihm fast den Verstand. Trotzdem zwang er sich dazu, ruhig stehen zu bleiben. Es hielt nur drei Herzschläge, dann verschwand es so schnell, wie es gekommen war.

Erst das Krächzen zweier Raben ließen ihn wieder Aufsehen. Geschmeidig glitten die Beiden durch die Luft auf ihn zu. Kreisten kurz über ihm und landeten dann auf seinem Stab. Blickten ihn aus intelligenten Augen an.

„Meinen Glückwunsch Carmondaí. Meinen Glückwunsch zur Aufnahme als Druiden in den Zirkel.“, lächelte Tomorin breit. "Gib ihnen Namen und überleg dir, wie sie dir dienen können. Vertraute sind mächtige Wesen. Sie sind mehr als nur einfache Raben.“

Was als nächstes passierte konnte er kaum beschreiben. Es war als würde Wissen in seinen Kopf gespült werden. Regeln des Zirkels, genauso wie Wissen zu den Vertrauten und Fähigkeiten die er auf einmal erlangt hatte. Es war eine Gabe, das wusste er. Eine Gabe von Malakai für ihn.

„Pest.“, sagte er schließlich. „und Cholera.“

Wie zur Bestätigung krächzten die beiden Raben auf, akzeptierten ihre Namen. Akzeptierten ihr neues Sein. Fasziniert betrachtete er seinen Stab, als sich dieser leicht veränderte und, kaum sichtbar, das Zeichen seiner Raben in den Ästen erschienen. Erneut war es merkwürdig für ihn, aber er wusste, dass kaum etwas seine beiden Vertrauten töten würde können. Sie waren gebunden. Gebunden an ihn und an seinen Stab. Solange eines von beidem existierte, würden auch sie immer wieder zurückkehren.

Davon abgelenkt merkte er erst verspätet, dass sich sein einfaches Gewand verändert hatte. Ein langer Mantel ruhte auf seinen Schultern. Auf der Brust reichte er weit nach vorne und verdeckte im normalen Stand auch seine Arme. Ein Mantel aus Rabenfedern. Auf der Innenseite bemerkte er extra Federn, welche an der Spitze scharf wie ein Rasiermesser waren.

Ein irres Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, als er den Blick zu seinem Meister hob.

Wahrlich. Von allen Göttern zu denen er bereits gebetet hatte. Dieser hier war ihm mit Abstand der liebste!

 



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Von:  Boahencock-
2021-07-22T04:15:16+00:00 22.07.2021 06:15
Wenn du mich einmal triffst hast du bestanden.
Das kann ja ewig dauern bis er dich trifft oder schnell.

Zwei Jahre hat es gedauert, aber er hat dich nicht erwischt.
Er ist schon besser geworden.
Also ist es nur darum gegangen das er nicht aufgibt? Und deswegen hat Carmondaí bestanden.

Wie keiner seiner Schüler haben bestanden und er mußte sie umbringen 😱😱 also hätte Carmondaí aufgegeben dann hättest du ihn getötet. 😱😱😱

Sein Toten Tier ist der Rabe.
Pest.und Cholera sollen seine Raben heißen.
Naja gewöhnungsbedürftig.

Er muss herlich ausehen.
Mit seinem Mantel mit Federn .
Das wäre ein Bild werd.

Wird immer Interesanter.
Bin gespannt wie es weiter geht.
😼😉😼
Antwort von:  Cuddlytoy
22.07.2021 10:31
Genau. Lern etwas und gib nicht auf! Ansonsten pech gehabt. So war es gedacht 😉
Irgendwie finde ich es schade, dass keiner etwas mit den rabennamen anfangen kann. Hoffe das verändert sich mit der zeit. Das hat schon seinen grund 😶
Das nächste kapitel wird ziemlich düster, hoffe ich verschreck dich damit nicht.
Antwort von:  Boahencock-
22.07.2021 11:47
Na jetzt bin ich neugirig drauf.
Kann es kaum erwarten.
Bin neugirig.

😼😉😼
Von:  Vigeta_Lord_d_T
2021-07-21T09:51:08+00:00 21.07.2021 11:51
Na das sind ja tolle Aussichten die Ausbildung nicht überleben wo ist er da nur hin geraten. 😱😱😱😱
Aber das Dorf und die Landschaft stellen ich mir traumhaft schön vor.  🤗🤗🤗🤗

WAS er muß nur Tomorin einmal treffen und hat bestanden hört sich leicht an ABER das wäre zu einfach. 🤔🤔🤔🤔

Dennn Wald abgefackelt wau die haben es krachen lassen 🤣😂🤣😂🤣😂🤣

Raben! Die Schwingen der Nacht.:
Wau da läuft es mir eiskalt denn Rücken runter. 🥶🥶🥶🥶 Finde Raben hervorragende Tiere ich mag sie trotz ihres schlechten Ruf's. 😈😈😈😈

Na ja an die Namen Pest und Cholera. Muß ich mich noch gewöhnen. 🤔🤔🤫🤫

Ein Chaos-Gottes muß nicht unbedingt böse sein.  😈😈😈😈

Innenseite extra Federn, an der Spitze scharf wie Rasiermesser.
Wurfmesser würde mir gleich in denn Sinn kommen.
😈😈😈😈
Das wird immer besser

😈😈😈😈
Antwort von:  Cuddlytoy
22.07.2021 10:28
Hehe, danke für deinen kommi 😁
Es war zwar etwas kürzer, aber sonst würde das nächste kapitel etwas lang werden.

Pest&cholera. Irgendwie hat noch keiner den hinweis verstanden, kann das sein 🤔
Egal, ich hab das damals so gespielt und hab denen wirklich diese namen gegeben 😂 du liest hier ne darkfic, nicht vergessen
Antwort von:  Vigeta_Lord_d_T
22.07.2021 19:49
Pest und Cholera hinweiß ????

🤔🤔🤔🤔

💡💡🕯🕯

Ich hab da so ne Idee. Aber das wäre gemein 😈😈😈😈
Von:  Usurpator
2021-07-04T23:57:15+00:00 05.07.2021 01:57
In Deiner Beschreibung erwähnst Du, dass die Inspiration auf P&P basiert... damit ist Pen and Paper gemeint, oder? 🤔
Ich komme nicht umher, bei Tomorin's Beschreibung über die Götter und ihre Belohnungen etc. an D'n'D und DSA zu denken.

Zu den Göttern: Also Tyr kenne ich, wenn auch nicht gerade als Gott der Gerechtigkeit 😁
Maske... auch ein geiler Name für einen Gott... zu schade, das Tomori vergessen hat weiter auf ihn ein zu gehen...

Apropos vergessen: was wurde denn aus dem Schafhirten Caleb? 😶

P.S. Dein Schreibstil hat sich weiter entwickelt 😉
Von:  Usurpator
2021-07-04T23:27:16+00:00 05.07.2021 01:27
Na, das fängt ja schon mal gut an. 😮
Du verstehst es wirklich gut, bereits in einem Prolog eine geheimnisvolle Stimmung auf zu bauen.

Mir gefällt schonmal die Rasse des Protagonisten. Dunkelelfen übernehmen diese Rolle eher selten...
Auch die Namen machen wirklich was her, vor allem Pest und Cholera... geile Namen für Raben!

So, nun bin ich angefixt... Zeit weiter zu lesen 😉
Von:  Boahencock-
2021-07-02T03:26:02+00:00 02.07.2021 05:26
Zumindest hat er einen Bogen, auch wenn er nicht der beste ist.

rostige Messer ist besser als garnichts.

Die Menschen sind grausam.
Nur weil er anders ist als die anderen.

Carmondaí soll sich wären , leichter gesagt als getan.

Die Kinder haben anscheinend keine Erziehung.
Weil dann würden sie auch wiesen das man  sowas nicht macht.

Wie jetzt seine Seele will dieser Winzling haben.
Dafür hilft er ihn.

Ohhhhhhh das hört sich gut an ,steht für Jagd. Für das Hetzten der Beute, Chaos und Zerstörung.

Wird immer Interssanter
😼😉😼
Von:  Vigeta_Lord_d_T
2021-07-01T09:55:17+00:00 01.07.2021 11:55
Ich explodie gleich.  Die Dorf Kinder würde ich am liebsten ( piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiip Zensur)
Der arme kleine Kerl.  Aber wenn er schon mit 12 angefangen hat Waffen zu bauen dann mußte er später ein wahrer Meister darin sein.

Tja der Schuss ist nach hinten los gegangen würde ich sagen 🤣🤣🤣🤣 dieser Tomorin hat trotz seiner Größe einiges auf dem Kasten. Woher kennt er Carmondaí Namen das ist eine verdammt gute frage.

Götter können
Fähigkeiten, magischen Waffen und Wissen verleihen.  Das hört sich hervorragend an 😈😈😈😈 hihihihi das wird spaßig.

Malakai
steht für die Jagd.
Das Hetzten der Beute, Chaos und Zerstörung.
Ein Beispiel von einem bösen Gott.
Hämmmmm 🤔🤔🤔🤔 das ist genau nach meinem Geschmack 😈😈😈😈!!!!!!!

Bin gespannt wo sie jetzt hin gehen. 


Und a pro pro was ist mit Carmondaí seiner Mutter und Vater???? Geschweige verwante ????

Ich freue mich riesig auf die nächsten Kapitel. 

😈😈😈😈
Von:  Boahencock-
2021-06-28T03:38:23+00:00 28.06.2021 05:38
Gurdmorng!

Wie versprochen,les ich jetzt das Kapitel, und was ich so lese hört sich interesant an.😊😊😊😊

Das sind ja mal Namen für Raben Pest, Cholera.

Bestimmt ist er kein einfacher Händler.
Carmondaí seine Geschichte erzählen.
Bin Gespannt wie es weiter geht.

😼😉😼





Von:  Vigeta_Lord_d_T
2021-06-27T05:12:53+00:00 27.06.2021 07:12
Halb dunkelelf🙂🙂🙂🙂 schon mal interessant
. Hat der für die Äpfel und Kuchen bezahlt????

Pest, Cholera nicht gerade erfreuliche Namen für so Edele Vögel wie Raben!
Taliser Hengst!!!! A ja .???? Was zum TARTARROS ist das ????

Carmondaí und seine Geschichte.

Oke na da bin ich mal gespannt wie das weitergeht. Bin auf alle Fälle dabei. 😈😈😈😈
Antwort von:  Cuddlytoy
27.06.2021 08:56
Hehe, das is absolute absicht. Ich hab mit dem prolog in der mitte der geschichte begonnen und so getan, als würde man den großteil wissen. Das erklärt sich aber alles nach und nach, keine sorge. Freut mich aber, dass du gleich hier her gefunden hast!


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