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Nur Freundschaft plus

...oder doch mehr?
von

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Wie es dazu gekommen ist...

Nie hätte ich mir im entferntesten vorstellen können, jemals so eine Art von Beziehung zu führen. Obwohl nein, das wäre der falsche Begriff dafür. Viel mehr fühlte es sich an eine verbotene Affäre mit ihm zu haben. Ein streng geheimes Doppelleben. Vor der Bevölkerung den strahlenden Helden Deku mit dem reinen Herzen aus Gold spielen. Doch hinter dem unbefleckten Schein und den Kameras ein Mensch voller dreckige, verruchte Gedanken, welche er mit seinem Partner im Bett ausleben konnte.
 

Fernab von der traditionellen Ideologie der wunderbaren Liebesbeziehung oder der heiligen Ehe zwischen Mann und Frau, welches uns von klein auf stets vorgelebt und in die Köpfe eingetrichtert bekommen haben. Eine vorgeschriebene Formel des Lebens. Wachse wohlbehütet in deinem Elternhaus auf. Gehe zur Schule und finde Freunde. Mach deinen Abschluss und steige die Karriereleiter immer weiter hinauf. Dann an der Spitze angekommen, solltest du schnellstmöglich deine richtige Lebenspartnerin gefunden haben. Mit welcher du eine große pompöse Hochzeit im Beisein deiner Familie und Freunde feierst. Du lässt sich mit ihr auf dem Land nieder und baust ein schönes Zuhause auf. Ihr zeugt zusammen Kinder und ziehst diese in einem harmonischen Umfeld auf. Damit diese Endlosschleife niemals beendet werden kann. Bis du mit ihr später zusammen im Sterbebett liegen kannst und letztendlich der Tod euch geschieden hat.
 

Ehrlich gesagt graut mich dieser Gedanke mich seit einer geraumen Zeit schon. Ja klar, sehne ich mich auch nach Zuneigung und Zärtlichkeit. Ich bin immerhin nicht aus Stein. Und ja, natürlich weiß ich, wie wunderschön das Gefühl Liebe sein kann. Sonst wäre ich niemals mit Ochako zusammen gekommen und über fünf Jahre hinweg eine tolle Beziehung mit ihr geführt. Dennoch habe ich lange vorm Ende bemerkt, wie unterschiedlich unsere Ansichten eigentlich sind.
 

Ich will die Welt in all seinen Kanten und Ecken kennen noch genauer lernen. All dessen verschiedenen Kulturen erleben und mein Wissen immer mehr erweitern. Vielleicht sogar neue Ortschaften entdecken. Meine Neugierde würde wohl niemals komplett erlischen. Ochako hingegen ist meistens nur mir zuliebe überall mitgegangen. Ohne sich überhaupt für das bereiste Land interessiert zu haben. Zwar ist sie am Ende doch hellauf begeistert gewesen, aber nur Dank meiner unnachgiebigen Art ihr Interesse geweckt zu haben. Und das hat sich immer gezeigt und angehäuft.
 

Wiederum ist sie daheim immer mehr damit beschäftigt gewesen, ihre Freizeit in irgendwelchen Brautmodezeitschriften oder Sendungen rund um das Thema Verlobung und Hochzeit zu investieren. Wobei sie mich regelrecht gezwungen hat mitzuschauen und mit einem verliebten Blick zum hellen Bildschirm gerichtet davon geschwärmt, wie sehr sie sich auch eine perfekte weiße Hochzeit wünscht. So oft, dass ich irgendwann begonnen habe, eine Aggression zu bekommen, alleine nur wenn ich diese nervige Melodie von „Hochzeitsmarsch“ zu hören bekomme. Weshalb es damit angefangen hat, dass ich mich in mein Training geflüchtet hatte. Und letzten Endes ist dann der Punkt gekommen, wo wir uns pausenlos gestritten haben, bis es sich manchmal zu ein wütendes gegenseitiges Anschreien entwickelt hat.
 

Am Ende muss ich zu meiner eigenen Überraschung gestehen, wie harmonisch und einander verständnisvoller wir uns voneinander getrennt haben. Wir haben uns beide eingestanden, dass die anfängliche Liebe längst abgeklungen und erloschen ist. Schon lange vor unserem großen Streit. Mittlerweile ist Ochako mit all ihren Sachen bei mir wieder ausgezogen und zu ihren Eltern zurück gezogen.
 

Ich bin somit nun mit der Wohnung ganz allein. So allein, dass die erste Zeit für mich schwierig gewesen ist. Ach, was heißt schwierig, es ist wirklich hart gewesen. Ihren Duft habe ich die ersten Wochen noch intensiv riechen können. Sei es die Bettwäsche oder in der Dusche gewesen. Die Nächte darauf habe ich nicht schlafen können und stumm zur Decke gestarrt. Gepaart mit diesen endlosen Gedanken und Fragen, ob das überhaupt richtig gewesen ist. Habe ich zu schnell überreagiert oder doch falsch gehandelt? Hätte ich doch mehr auf ihre Wünsche und Bedürfnisse eingehen sollen? Sollte ich sie noch anrufen oder schreiben, dass wir uns beide treffen wollen? Wie sehr sie mir mittlerweile fehlt? Immerhin hätten wir als Freunde noch zusammen leben können….
 

Dennoch hat ich nie den Mut gefunden, ihr im Laufe der Zeit zu schreiben. Ich glaube, das war auch richtig gewesen. Ich meine wie dumm wäre das rübergekommen? Hey, ja wir haben uns vor nicht einem Monat getrennt und jetzt merke ich wie sehr du mir doch fehlst….
 

Nein, nein und nochmals nein. Das wäre einfach falsch gewesen, aus reiner Einsamkeit vor ihr auf allen Vieren zu kriechen und betteln. Und ich habe auch etwas Würde am Leib. Zumindest meistens.
 

Ich habe stattdessen damit begonnen, die Wohnung so wenig wie möglich zu nutzen. Sprich, nur zum schlafen und duschen. Den Rest der Tage habe ich mit vielen Aufträgen zu füllen versucht. Je mehr Arbeit mit Menschen, desto weniger bin ich allein mit meinen Gedanken.
 

Ich habe es allerdings damit eine gewisse Zeit lang so sehr übertrieben, dass ich zwischendurch vor lauter Erschöpfung und Müdigkeit zusammen gebrochen bin. So oft, dass ich eine Zwangspause aufgebrummt bekommen habe. Und nicht nur das. Mein für mich eigentlich untypisches Verhalten hat die Aufmerksamkeit meiner  Freunde erregt.
 

Die Male wie oft sie schon versucht haben, mich aus meiner persönlichen Kammer des Schreckens herauszulocken, habe ich irgendwann aufgehört zu zählen. Sie haben es auch nur gut gemeint und sich um mich Sorgen, dennoch hat mich nichts von dessen Einladungen jemals interessiert und habe diese höflich abgelehnt. Zum Glück haben sie es auch irgendwann belassen und es akzeptiert, dass ich meine Ruhe gebraucht habe.
 

Tja, bis auf eine gewisse Person, mit welcher ich nun schlussendlich in meine jetzige Situation geraten bin….

Wie es angefangen hat...

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Wie es sich entwickelt hat...

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Wie es weiter gehen wird...

Wir haben seit der Nacht, in welcher ich ihn und sein Apartment fluchtartig verlassen habe, nicht mehr miteinander gesprochen. Katsuki hat weder versucht mich anzurufen noch mir eine Nachricht geschickt. Als wäre nie was zwischen uns gewesen. Ich würde es ihm nicht einmal verübeln, wenn er auf mich sauer ist und deshalb den Kontakt zu mir meidet. Von daher lasse ich ihn auch besser in Frieden.
 

Was mich betrifft, so bin ich trotz der langen Zeit, ich welcher ich die Ruhe gehabt habe, über uns und wie es weiter gehen soll, nachzudenken, zu keiner Entscheidung gekommen. Egal wie oft ich während in meiner Freizeit lange nächtliche Spaziergänge unternommen oder mich beim Sport an die Grenzen gebracht habe. Sogar begonnen habe zu meditieren.
 

Der Fakt ist und bleibt, dass wir beide die Grenze unserer Freundschaft durchbrochen haben. Wir sind einander intim geworden und diesen Schritt können wir nicht einfach so wieder rückgängig machen. Auch wenn ich es mir wünsche, es unter dem Tisch fallen zu lassen und das dies niemals wiederholt wird.
 

Wozu um etwas kämpfen, was am Ende nur einseitig ist beziehungsweise bleiben wird? Im Gegensatz zu mir, ist Kacchan ehrlich. Brutal direkt und würde keinem hinterher laufen. Selbst wenn die Gefahr besteht, dass die Person nicht mehr zurück kommen wird. Und das ist auch das, was mir Angst macht. Denn ich werde ihn so oder so verlieren.
 

Er erwidert meine Gefühle nicht und unsere gemeinsamen Stunden sind für ihn doch nur zum Vergnügen gewesen. Egal wie oft wir uns mittlerweile geküsst, unsere Körper aneinander vertrauter gemacht oder uns gegenseitige Befriedigung geschenkt haben.

Es ist ein Spiel der Dominanz zwischen uns geworden. Zwei erwachsene Männer, die sich seit den frühsten Kindertagen an kennen und es zwischen ihnen sowohl Höhen als auch Tiefen gegeben hat. Als wir mitsamt unseren Klassenkameraden den Schulabschluss gemacht haben und vollwertige Helden geworden sind, hat sich eine gute Freundschaft zwischen uns beiden entwickelt.
 

Auch wenn er mich wie zu unserer Jugendzeit immer noch als “Nerd“ oder “Deku‘  betitelt und manchmal sogar anschnauzt, so ist anders als früher. Ich würde sogar behaupten, das es besser mit ihm geworden ist. Denn es ist halt seine Art und gehört zu seinem Charakter.
 

Und was mache ich Vollidiot? Mich in meinen besten Freund verlieben. Ganz großes Kino, Midoriya. Du hast es nach fast zwei Jahrzehnten geschafft gehabt, dass der stolze und sturköpfige Katsuki Bakugou dich endlich als einen Freund annimmt. Hast dich darauf eingelassen mit genau dieser Person Sex zu haben. Im Klaren darüber, dass es nicht in einer gemeinsamen Beziehung münden wird. Nur weil du es nicht ertragen konntest, alleine zu sein und Sehnsucht nach Nähe gehabt hast. Schwach und unfähig dazu genauso wie dein Partner kalt zu bleiben.
 

Zu Anfang habe ich die kleine Hoffnung gehabt, dass diese “Verliebtheit“ bloß die reine Bewunderung ihm gegenüber gewesen, die nur etwas mehr gewachsen ist. Seit ich denken kann, habe ich zu ihm schon immer aufgeblickt. Denn Kacchan ist für mich der Inbegriff von wahrer Stärke und Selbstvertrauen. Der dazu mit einer beneidenswerten Fähigkeit geboren geworden ist.
 

Ich bin mir bewusst, dass seine damaligen Sticheleien und wie er mich mit seinen Freunden während der Mittelstufe gemobbt hat, mit keiner Rechtfertigung entschuldbar sind. Eigentlich sollte ich ihn aufgrunddessen bis zum Tod hassen und verachten. Ich hätte ihn, als er die Geisel von diesem Schleimmonster und später von der Schurkenliga gewesen ist, im Stich lassen sollen.
 

Aber, ich bin trotz seiner Taten mir gegenüber auf ihn immer wieder zugelaufen und habe ihm die Hand zum Aufhelfen hingehalten. Welche er immer wieder von sich geschlagen und mich dabei wütend angesehen hat.

Mich an dem einen Abend mit Tränen in den Augen angeschrien, wieso unser gemeinsames Vorbild All Might statt ihn mich erwählt hat. Geblendet von Selbsthass, Eifersucht und verletzten Stolz. Wo ich zum ersten Mal seinen wahren Kern gesehen habe. Als hätte jemand ihm die Maske vom Gesicht gerissen und sein wahres Inneres zur Show gestellt. Ein Beweis dafür, dass er auch nur ein Mensch mit Schwächen ist.
 

Es ist seltsam, gerade jetzt an sowas zu denken. Trotz alldem wie er mich in der Kindheit sowie Jugend fertig gemacht hat, so hat meine Bewunderung für ihn nie aufgehört. Und schlussendlich hat er meine Hand in seine genommen.
 

Doch das, was ich jetzt für ihn empfinde, ist so viel mehr, als das davor. Im Grunde hat er mir in der letzten Zeit in irgendeiner Form Trost und Halt gegeben. Auch wenn dies nicht in seiner Absicht gelegen hat. Glaube ich zumindest.
 

Oh, verdammt. Ich habe mich wieder in meinen Gedanken fallen gelassen. Statt mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Das sollte mir eigentlich nicht passieren. Gerade inmitten einer lauwarmen Sommernacht, wo in der Zeit viele Bürger draußen unterwegs sind. Sowie auch die Kriminellen, welche sich im Schatten verstecken und auf ihre Opfer warten. Von daher sollte meine Konzentration auf das jetztige Geschehen gerichtet sein. Niemand soll zu Schaden kommen, nur weil ich vor lauter Liebeskummer vor mich hinträume.
 

Wie aufs Stichwort ertönt mit einem Mal ein lauter Knall in der Ferne, weswegen ich vor lauter Schreck zusammen zucke. Ich sehe wie eine dichte schwarze Wolke zum Himmel hinauf steigt, während das panische Geschreie von Menschen in meine Ohren dringt.
 

Ohne weiter darüber nachzudenken, sprinte ich sofort los und springe über die Dächer der Stadt. In kürzester Zeit erreiche ich mein Ziel und laufe dem fliehenden Strom entlang zum brennenden Gebäude.
 

Ein weiterer Knall lässt die Erde unter mir erzittern und ich höre das Zerbrechen von Fenstern. Ich blicke hektisch um mich. Alle Passanten und Einwohner scheinen hier schon evakuiert zu sein. Ich wollte vor Erleichterung gerade aufatmen, als ich plötzlich das ängstliche Weinen eines Kindes vernehme.
 

Ich blicke auf und finde es schnell. Es befindet sich ausgerechnet auf einem Fensterbrett weiter oben im brennenden Haus. Ein kleines Mädchen in einem rosafarbenen Nachthemd und langen braunen Haaren.
 

„Ich bin gleich bei dir!“, rufe ich zu ihr zu uns und nutze One for All, um an der Wand entlang hochzurennen. Ich bin im Nu bei ihr und stelle mich ebenfalls auf das Fensterbrett neben ihr. Ich gehe vorsichtig in die Hocke und halte ihr meine Hände hin. Wodurch sie sich jedoch erschreckt und einen Schritt nach hinten macht. Gefährlich nahe an der Kante.
 

„Hey, es ist alles in Ordnung. Ich bin hier und bringe dich in Sicherheit“, versuche ich beherrscht ruhig von mir zu geben. Auch wenn die Situation hier gerade extrem brenzlig ist und schnelles Handeln erfordert, so wäre das schlimmste, was ich machen würde, unter Stress zu geraten und dem Mädchen noch mehr Angst zu machen. Ich bin ja streng genommen ein Fremder für sie und von daher ist ihre Angst durchaus berechtigt. Also muss ich möglichst ruhig bleiben.
 

„Keine Angst, ich will dir nur helfen. Ich tue dir nichts.“

Ihr Gesicht ist mit Tränen überströmt und voller Ruß. Doch zum Glück scheint sie bis auf weiteres keine großen Verletzungen davon getragen zu haben. Sie tut mir gerade so leid, trotzdem setze ich ein warmes Lächeln auf.
 

„D-d-a war vorhin ein Mann mit b-blonden Haaren und einer lauten tiefen Stimmmmme gewesen. Mit riesigen Handgranaten an seinen Händen. E-e-r wollte mir und Mama helfen. U-u-nd da war plötzlich ein anderer größerer böser Mann gewesen. Auf einmal hat es laut geknallt und i-ichhhh konnte Mama dann auf einmal nicht mehr sehen….“, stottert sie und blickt dabei zu Boden. Ein Schniefen ihrerseits ertönt und sie fängt erneut an zu weinen. „Ich will zu meiner Mama!!!“
 

Ich schrecke auf. Nicht wegen ihres Gefühlsausbruches, sondern ihrer spezifischen Beschreibung. Welche ich einer ganz bestimmten Person zuordnen kann. Das Schicksal kann einen wirklich immer wieder aufs Neue überraschen. Das muss ein Zeichen sein.
 

„Der blonde Mann mit der lauten Stimmen ist mein Freund. Er beschützt ganz sicher deine Mutter vor diesem bösen Mann. Aber hier können wir nicht bleiben. Wenn ich dich nach unten gebracht habe, suche ich beiden.“, verspreche ich ihr und blicke durch das Fenster in die Wohnung hinein. Das Feuer hat bereits alle Möbel zerstört und verbrannt. Es fehlt nicht viel, bis es uns einholen und erwischen wird.
 

Doch zum Glück scheinen meine Worte ihr mehr Vertrauen in mich gegeben zu haben. Sie springt mir fast schon in meine Arme und drückt ihr Gesicht gegen meine Brust. Ich streiche ihr beruhigend über den zitternden Rücken und hebe sie langsam hoch, während ich vorsichtig aufstehe. Sie schlingt ihre dünnen Arme um meinen Hals und legt ihren Kopf auf meine Schulter.
 

Ich sammle meine Kraft in meinen Füßen und festige meinen Griff um sie. „Schön fest halten, ja“, sage ich hier noch, ehe ich von Fensterbrett abspringe und der Fassade mit mehrfachen Sprüngen entlang nach unten begebe.
 

Wir erreichen den sicheren festen Boden und ich stelle sie behutsam auf den betonierten Untergrund. Sie lässt mich los und bleibt zunächst unsicher vor mir stehen. Weswegen ich ihr zum Abschied über den Kopf streiche und mich zu ihr runter beuge. Ich höre dabei im Hintergrund die Sirenen der Feuerwehr.
 

„Warte hier, okay? Ich bin gleich mit deiner Mama zurück.“

Ich laufe danach sofort auf das Haus zu und wäre auch schon durch die Eingangstür eingebrochen. Wäre mir dann nicht Iida entgegen gesprungen. In seinen Armen befindet sich eine bewusstlose Frau. Mit nichts weiter bekleidet, als einem dünnen weißen Bademantel und das schwarze Haare hochgesteckt. Ihr Gesicht sowie Kleidung von schwarzen Ruß bedeckt.
 

Ich hoffe nur inständig, dass dies die Mutter vom Kind ist und die letzte Person aus dem Haus ist.

Schwer außer Atem geht mein ehemaliger Mitschüler an mir vorbei und läuft auf die aussteigenden Hilfskräfte zu. „HEY!!!ICH BRAUCHE GANZ SCHNELL EINE DECKE ODER EINE TRAGE!!!!“, schreit er aufgebracht durch die späte Nachtluft.
 

Sofort wird ihm die Frau abgenommen und versorgt. Jedoch kann ich meine Aufmerksamkeit nicht ganz darauf konzentrieren. Denn von Kacchan fehlt jede Spur.
 

Ich stürme auf ihn zu und packe ihm an die Schulter. Dieser zuckt durch meine Berührung zusammen. Doch als er mich ansieht und mich offenbar gleich erkannt hat, verfliegt seine Anspannung sofort.
 

Er befreit sich von seinem teilweise versenkten Helm und wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Midoriya, zwar schön dich nach der langen Zeit wieder zu sehen. Aber nur zu einer ziemlich unpassenden Situation. Ein Glück konnte ich…“, plappert er los mit und richtet dabei seine teilweise kaputten Brille, dessen Linse auf dem linken Auge zersprungen ist.
 

Und auch wenn ich mich sehr darüber freue, einen alten Freund wieder zu sehen, ist mir Katsukis Aufenthalt und vorallem Zustand gerade wichtiger. „Iida, wo ist Kacchan?! Die Kleine dort drüben meinte zu mir, dass er kurz vorher bei ihr gewesen ist! Bitte sag mir, dass er schon draußen ist“, unterbreche ich ihn. Immerhin können wenige Sekunden des Zögerns viel entscheiden.
 

Stutzig hält er für einen Moment inne und ist sichtlich verwirrt. Nun gut, er hat mit uns nicht viel in letzter Zeit zu tun gehabt. Von daher ist seine Reaktion selbstverständlich.

Er senkt den Blick schweigend zu Boden und sein Gesicht verratet mir was ungutes. Mein Herzschlag verdoppelt sich, als mir bewusst wird, dass sich Kacchan noch in Lebensgefahr befindet. Wie aus einem Reflex heraus drehe ich mich sofort um und will zum Gebäude zurück rennen.
 

Jedoch packt mich mein Freund am Arm und hält mich fest. „Midoriya, bist du von allen guten Geistern verlassen!? Du kannst da nicht mehr reinrennen! Das Haus könnte jede Sekunde zusammen brechen! Bakugou ist zurück geblieben, damit er unseren Feind in Schacht halten konnte. Sonst hätte ich es nicht mehr rechtzeitig rausgeschafft! Dieser Schurke hat fast dieselbe Fähigkeit wie unser Freund. Nur, dass er die Luft um sich herum zum explodieren bringt und viele tragende Wände zerstört hat. Hey, hörst du mir überhaupt zu?!“, schreit er mich an, während er mich aller Kraft festhält und vom Laufen abhalten versucht.
 

Ich kann und will ihm aber nicht zuhören. Nicht solange, der Mann, welcher die wichtigste Person in meinem Leben ist, sich in einer buchstäblichen Todesfalle befindet.

„Lass mich los!“, schreie ich nun zurück und setze einen großen Schritt nach vorne. Wodurch ich den ehemaligen Klassensprecher hinter mir herziehe. „Kacchan!“, rufe ich dem Haus entgegen. In der Hoffnung, dass er dich sogleich in die sichere Freiheit befördert. Oder in seinem Fall sich frei bombardiert. Denn ich kann ganz entfernt kleinere Explosionen und schnelle Schritte hören. Er ist definitiv noch am Leben. Also wird er es garantiert schaffen…
 

Doch…

Innerhalb weniger Sekunden sehe ich tatenlos zu, wie das riesige Gebäude vor mir wie ein riesiges Kartenhaus in sich zusammen bricht. Und uns anschließend eine riesige Staubwolke entgegen kommt.

Wie unfair das Leben sein kann...

„KACCHAN!!!!“ , schreie ich, als ich mich endlich von Iidas eisernen Griff befreien kann und durch den aufgewirbelten Nebel aus Dreck und Erde kämpfe. Das ist nicht wirklich passiert, oder? Nein, das kann nur ein Alptraum sein! Das Schicksal, oder vielleicht sogar Gott, kann doch nicht so grausam sein, um mir ihn so wegzunehmen! Nicht jetzt, wo ich mich zu meinen Gefühlen bekennt habe! Bitte, bitte lass mich daraus erwachen!
 

Mehrmals rufe ich ihn, aber bekomme keine Antwort. Ich werfe fast jeden größeren Stein um und schaue mich mehrmals panisch um. Was ist, wenn ich ihn nicht rechtzeitig finde und er gerade irgendwo verblutet? Hat er den Einsturz überhaupt überlebt? Mein Herz klopft mir schmerzhaft gegen meine Brust, dass ich beinahe keine Luft mehr bekomme. Mein Hals ist  von dem vielen Rufen und der dicken Luft trocken, weshalb meine Stimme kratzig geworden ist und ich beginne zwischendurch zu husten. Ich kämpfe gegen die aufkommenden Tränen und suche trotz der aufkommenden Verzweiflung weiter. Kacchan sei bitte noch am Leben…
 

„Midoriya! Hier! Ich habe ihn gefunden! “, höre ich auf einmal Iida rufen. Ich folge augenblicklich seiner Stimme und stolpere fast, als ich ihn hockend neben meinen besten Freund sehe. Regungslos liegt Katsuki auf dem zerstörten Boden. Seine Ausrüstung größtenteils beschädigt und an mehreren Stellen zerrissen. Blut fließt aus seiner Nase sowie seinem Mund. Sag mir bitte nicht…
 

Ich falle kraftlos neben ihm auf die Knie und will gerade am liebsten nur noch Schreien. Nein, das kann nicht sein. Das ist nicht möglich. Er würde niemals verlieren. Nie. Er kann jetzt nicht einfach tot sein. Ich beuge mich zu ihm herunter und hebe meine rechte Hand, welche ich ihm mit viel Vorsicht auf die rechte Wange lege. Mein Körper zittert vor lauter Anspannung und Angst.
 

„Bewege ihn nicht so viel. Wir wissen nicht, was er sich für Verletzungen zugezogen hat.“, ermahnt mich mein ehemaliger Mitschüler sofort und blickt prüfend um sich. Wie kann er bitte so ruhig und entspannt bleiben? Ich schaue ihn nur stumm an und spüre, wie mir die heißen Tränen über die Wangen laufen. „Er lebt, da bin ich mir vollkommen sicher. Ich hole die Sanitäter. Bleib solange bei ihm und pass auf ihn auf!“, sagt er mir noch, ehe er auch schon wieder verschwindet und mich mit dem Verletzten alleine lässt. Sofern er Recht behält, da Kacchan bis jetzt kein Lebenszeichen von sich gegeben hat und sich kalt anfühlt.
 

Ein Schluchzen entweicht mir, als ich mich zu ihm weiter runter bewege, so dass ich mit meinem Gesicht seinem nah bin. Ich streiche ihm mit dem Daumen mehrmals über die leicht aufgeplatzte Wange und versuche mein Weinen zu unterdrücken. Dies will mir aber nicht so richtig gelingen. Jetzt wäre es für mich okay, wenn er mich gleich als Heulsuse betiteln und mir zusätzlich eine Kopfnuss dafür geben würde. Egal was, Hauptsache er wacht wieder auf. „Hey…“, flüstere ich ihm zu, während ich ihm weiter über die Haut streichle und ihn wecken versuche. „Hey….Kacchan…mach die Augen auf.“

Sein Blut läuft in einem großen Bach über seine linke Gesichtshälfte und tropft auf den Boden. Weder eine Regung noch eine kleine Atmung.
 

„Kacchan bitte. Ich flehe dich an. Du und ich wollten doch die Welt durch unsere Taten zu einem besseren Ort machen. Du wolltest alle Helden dieser Welt übertreffen und die spätere Nummer eins werden. Du bist mein bester Freund. Schon immer warst du das!“, versuche ich weiterhin und gebe ihm einen Kuss auf die Stirn. Er reagiert jedoch immer noch nicht. Nicht einmal ein Zucken.
 

„Bleib bei mir! Sag meinetwegen kleines Baby oder sonst was zu mir! Schreie mich an und beleidige mich! Jage mich mit deinen Explosionen! So wie früher! Es tut mir leid, dass ich einfach so, ohne was zu sagen, gegangen bin! Dass ich zu feige war, dich in den letzten Wochen zu kontaktieren! Dass ich zu spät gekommen bin! Verzeih mir, dass ich so egoistisch gewesen bin! Bitte, komm zu dir!“

Ich presse meine Stirn fest gegen seine, als meine Tränen perlenweiße auf sein Gesicht runter tropfen und sich mit seinem Blut vermischen. Ich schließe die Augen und lasse meiner Trauer freien Lauf.
 

„Ich liebe dich doch…“, presse ich noch gequält hervor, ehe ich nicht mehr im Stande bin, ein vernünftiges Wort heraus zu bringen. Das ist so verdammt unfair. Warum nur habe ich ihn da nicht rechtzeitig rausgeholt, als ich noch die Gelegenheit dazu gehabt habe?! Warum habe ich nicht eher ausgesucht?! Warum bin ich so verdammt schwach gewesen, ihn von meinen Gefühlen zu erzählen?! Ich bin die ganze Zeit mit der Angst umher gelaufen, dass ich ihn verliere. Und jetzt habe ich ihn wirklich verloren. Für immer.
 

„….Dek….Deku….“, höre ich plötzlich ganz leise. Ein leises Wimmern getränkt mit Schmerz.  Ich öffne die Augen wieder und stoppe meine Geschluchze für einen Moment. Ist das gerade….hat er zu mir gesprochen? Ich löse mich augenblicklich von seiner Stirn und schaue ihn prüfend ins Gesicht.
 

Tatsächlich hat er ebenfalls seine Augen einen kleinen Spalt offen. Das ist ein Wunder. Am liebsten würde ich ihn umarmen und küssen, aber ich halte sofort inne. Immerhin könnte Iida mit seiner Vermutung Recht haben, dass er durch eine falsche Bewegung noch mehr Schäden erleiden könnte.
 

„K-k-kacchan….Oh mein….ja, ich bin hier….es kommt gleich Hilfe. Halte durch….Ich bin so froh…“, stottere ich heiser und umfasse seine rechte Hand. „Die sind ganz sicher jeden Moment bei uns“, flüstere ich ihm zu und verstärke meinen Griff.
 

Er erwidert meinen Blick und beginnt zu husten, wodurch er sich vor Schmerzen verkrampft und meine Hand in seiner fast zerdrückt. Doch dies ist für mich gerade nebensächlich. Er versucht wohl mir was zu sagen, aber bekommt den nächsten Hustanfall und beginnt dabei Blut zu spucken. Sein Körper zittert stark. Ich will mir nicht vorstellen, was für Schmerzen er gerade durchmacht. Ich nehme seine Hand nun in meine beiden und versuche trotz der Situation ihm ein Lächeln zu geben. Auch wenn ich gerade lieber heulen könnte.
 

„Schhhhh….es wird alles gleich wieder gut. Versprochen….“, sage ich hoffnungsvoll , um ihn zu beruhigen. Verdammt, wo bleibt Iida nur? Ich blicke um mich und suche nach diesem. Der Platz hier ähnelt einem Schlachtfeld. Überall Trümmer und Scherben vieler zerstörten Existenten. Einzelne Mobelstücke in ihren Einzelteile zerlegt und vom Feuer schwarz gefärbt. Nichts, was noch hätte brauchbar sein können. Die armen Bewohner, die ihr Zuhause durch einen verrückten Spinner verloren haben. Dazu auch noch ein Trauma fürs Leben haben werden. Mich packt die stumme Wut. Wenn ich den erwische, kann er sich warm anziehen.
 

Aus der Ferne sehe ich zum Glück, wie Iida tatsächlich mit zwei Hilfskräften auf uns zu läuft. Der Nebel hat sich gelichtet. Ich atme erleichtert auf und drehe mich zu Katsuki wieder um. Will ihm freudig die Nachricht verkünden, dass er gleich versorgt wird. Allerdings sind seine Augen geschlossen und seine Atmung flach. Seine Hand hängt schlaff in meinen, welche von seinem Blut komplett eingefärbt worden sind. „….Kacchan….?“
 

Ich löse meine eine Hand von seiner wieder und versuche mit dieser ihn wachzurütteln. „Kacchan….komm schon….du…..hey! Verlass mich nicht!“ Er reagiert nicht mehr. Mein Herz krampft sich augenblicklich zusammen und die Luft bleibt mir in meiner Lunge stecken.

Mir entschwindet sämtliche Kraft, wodurch ich seine Hand loslasse. Ich fasse mir an die Brust und versuche wieder zu atmen. Jedoch lässt mich mein Körper nun auch im Stich.
 

Ich merke kaum, wie jemand mir unter meine Arme greift und hochstemmt. Ich werde wie eine Stoffpuppe davon geschleift, damit die beiden Ärzte ihre Arbeit machen können. Alles verläuft auf einmal in Zeitlupe. Um mich herum wird der Ort immer schwärzer und leiser. Ein lautes Piepen ertönt in meinen Ohren und ich kann mich nicht gegen die Arme um mich herum wehren. Obwohl ich mich längst daraus befreien haben wollte.

Ich bleibe wie komplett gelähmt darin hängen und spüre wie mich die Dunkelheit nun vollständig einnimmt.

Wie es letztendlich zuende gegangen ist.

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich schon neben ihn auf den alten klapprigen Holzstuhl sitze und auf eine Regung von ihm warte. Vor nichteinmal einer Woche ist er aufgrund seiner Verletzungen operiert und mit vielen Schmerzmitteln behandelt worden. Unter anderem sind seine Lunge, Nieren und Magen durch die Angriffe seines Gegners beschädigt gewesen.
 

Tenya hat mir detailgetreu beschrieben, was er gesehen und erfahren hat. Offenbar kann unser Fiesling dank seiner Spezialität den Zustand chemischer Elemente beeinflussen und verändern. Wohlmöglich hat er den Sauerstoff um sich herum in was anderen verwandelt, welches er dann zum explodieren gebracht hat. Und dazu, da er sich in einem geschlossenen Raum befunden hat, ist er im Vorteil gewesen. Höchstwahrscheinlich hat er auch von Kacchans Fähigkeit gewusst und sich diese zunutze gemacht. Vielleicht ihn sogar provoziert. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was hätte noch alles passieren können. Allein bei dem Gedanken wird mir speiübel.
 

Ich unterdrücke mein Gähnen erneut und reibe mir über die müden Augen. In den letzten Nächten habe ich kaum schlafen können beziehungsweise Ruhe gefunden. Alles in meinen Kopf dreht sich einzig um ihn gerade. Ich würde erst Ruhe finden, wenn er endlich aufwacht und hoffentlich ganz der Alte ist. Ohne bleibenden Schäden. Denn wenn er durch sowas nicht mehr seine Arbeit tätigen darf, würde dies seine Welt in sich zusammen brechen lassen. Und nicht nur das. Er würde dadurch buchstäblich durchdrehen.
 

Das Zimmer, in welches wir uns befinden, ist auf uns beide verlassen und leer. Das monotone Piepsen der Maschinen und das Ticken der Uhr über der Tür füllt den Raum. Selbst das Tropfen der Flüssigkeit in seiner Infusion kann ich hören. Doch das stört mich nicht. Nichts von alldem hier. Jedoch ist dieses Warten umso schlimmer für mich.
 

Ab und an sind vieler unserer Freunde sowie seine Eltern zu Besuch gekommen, um ihre Geschenke persönlich abzugeben und mir für paar Stunden Gesellschaft geleistet. Selbst Ochako, die extra aus ihrem Urlaub zurück nach Japan geflogen ist und mir zur Seite gestanden hat. Wir haben uns viel unterhalten und jeder hat Kacchan zum Abschied viel Kraft gewünscht. Ich bin wirklich froh darüber, solche tolle Menschen in meinem Leben zu haben. Ihre Geschenke liegen unangetastet auf dem Fensterbrett rechts von seinem Bett. Von kleinen Umschlägen, in welchen sich von ihnen selbst verfassten Briefen befinden. Großen bunten Blumensträußen, welche freundlicherweise von dem Personal in Vasen gesteckt worden sind. Bis hin zu einem kleinen pinken Teddybären, welcher ein großes Herz mit der Aufschrift “Gute Besser“ in seine Pfoten hälte. Beim letzteren bin ich mir allerdings nicht sicher, dass er in Kacchans Obhut eine lange Lebensdauer besitzen wird.
 

Nach wie vor halte ich seine Hand in meiner. Als hätte ich sie seit meinem Geständnis kein einziges Mal losgelassen. Ja, ich habe ihm tatsächlich meine Liebe entgegen geschrien und weiß nicht einmal, ob er diese Worte überhaupt wahrgenommen hat. Er ist für ein paar Sekunden bei Bewusstsein gewesen. Wenn es dem so sein sollte, dann ist mir seine Antwort darauf bereits gewiss. Ich weiß, was auf mich zukommen wird, sobald er mich darauf ansprechen und zum Teufel jagen wird. Das es mit uns vorbei sein wird. Endgültig. Angst und Hoffnung in einem ist so ein schreckliches Gefühl.
 

Von daher nutze ich die verbleibende Zeit mit ihm, bevor es soweit ist. Insgeheim schäme ich etwas, dass ich seinen jetzigen Zustand mir zunutze mache, um ihn nahe zu sein. Doch ich kann nicht anders. Als wäre seine Nähe mittlerweile eine Droge für mich geworden. Keine einzige Sekunde könnte nicht mehr ohne sein. Oder vielleicht bin einfach nur krank im Kopf. Wer weiß, aber möglicherweise hat Kacchan damals damit nicht unrecht behalten, dass ich nur ein kleiner Stalker bin. Ein vor sich hin murmelndes gruseliges Kind, das zu nichts  gebrauchen ist und sich alles in sein Notizbuch notiert. Welches dank All Might und dessen Hilfe seinen Traum in Erfüllung gehen lassen konnte.

Wie ein Kaugummi habe ich mich an Katsuki regelrecht angeheftet und bin ihm wie ein loyaler Hund hinterherlaufen. Egal wie stark er mich von sich gestoßen oder laut angeschrien hat. Nie habe ich ihn aus den Augen verloren und bin ihm gefolgt. Ich glaube, dass sich daran in all den Jahren nichts geändert hat. Wieso nur ist das “Erwachsen sein“ so verdammt kompliziert?
 

Augenblicklich stoppe ich meine Gedankengänge, als ich fühle, wie etwas warmes meinen Handrücken entlang zu meinen Fingerspitzen hochstreicht. Nicht in Form einer Liebkosung, eher ein verwundertes Betasten. Als müsste er sich vergewissern, was da genau seine Hand umfasst. Ich erwidere die Geste kurz, bevor ich ihn loslasse und seine Hand behutsam auf die Bettdecke ablege. Meine Augen folgen seinen Arm hinauf zu seinem Gesicht. Die Augenlider zucken etwas und seine Lippen sind zusammen gepresst. Die Stirn gekräuselt und die Atmung flach.
 

Langsam öffnen sich seine Augen, wodurch sich sein Gesicht wieder entspannt, und zuerst zur Zimmerdecke gerichtet sind. Er scheint sichtlich verwirrt und noch neben sich zu stehen. Was aber mich nicht überraschen tut. Er hat ja auch ziemlich lange “geschlafen“.
 

Ich bin jedenfalls froh, dass er endlich wach ist. Ich erhebe mich von meinen Stuhl, von welchen mir bereits der Rücken schmerzt. Ganz zu schweigen mein Hintern. „Hey…“, sage ich zur Begrüßung und setze ein schwaches Lächeln auf. Ziemlich lahm die Begrüßung, aber zu mehr bin ich nicht im Stande. Tausende an Wörtern in meinen Kopf, aber keins davon schafft es aus meinem Mund zu gelangen.
 

Er bemerkt mich anscheinend erst jetzt, da seine müden Augen mich nun fixieren und er seinen Kopf in meine Richtung bewegt. Ich kann seinen Blick nicht wirklich interpretieren. Es ist gemischt aus Müdigkeit, Verwunderung und etwas anderem. Was ich nicht ganz deuten kann. „Deku…was….was ist passiert….Ich habe gegen diesen hässlichen Typen gekämpft und plötzlich ist alles schwarz geworden….und dann warst du einmal da gewesen…verdammt nochmal….wo ist dieses Schwein hin!?“

Als er versucht sich ruckartig aufzusetzen, zuckt er merklich vor Schmerzen zusammen und hält sich die bandagierte Brust. Sofort stütze ich ihn und versuche ihn bestimmend zurück in sein Kissen zu drücken.
 

„Bitte beruhige dich. Er hat dich übel zugerichtet. Einige unserer Kollegen haben ihm fassen und ins Gefängnis befördern können. Also mach dir keinen Kopf darum. Du brauchst für die nächsten Wochen Ruhe, damit zu Kräften kommen kannst. Ich bin so froh, dass.-“ Ich werde von ihm unwirsch wegestoßen.
 

Überrumpelt davon gehe ich einen Schritt zurück und sehe ihn sprachlos an. Er hingegen hat ein düstere Miene aufgesetzt. Ich kenne diesen Blick von ihm ganz genau. Er ist sauer auf mich. Stinksauer.
 

„Für wen oder was hälst du dich eigentlich? Tsk….Du verpisst dich einfach und meldest dich nicht bei mir. Lässt mich fast ganze zwei Monate im Unklaren und gehst mir offensichtlich aus dem Weg. Was sollte diese Scheiße von dir?!!!!! Habe ich dich mit irgendetwas gekränkt oder beleidigt!? Wir waren uns doch einig gewesen! Keine Komplikationen oder Gefühlsdramen! Und dann erdreist du es dir, hier den Retter in letzter Sekunde zu spielen?! Denkst du jetzt, es ist zwischen uns beiden wieder Friede Freude Eierkuchen!? Diese Nummer zieht bei mir nicht!“, schreit er mit aufgebracht entgegen. Genauso wie ich es befürchtet habe.
 

Ich merke, wie mit dir Tränen in die Augen schießen. Er hat eigentlich damit Recht. Was habe ich denn anderes erwartet? Ich blinzle die Tränen augenblicklich und schlucke den Kloß in meinen Hals hinunter. „Es tut mir leid…du….Ich….wir hätten das niemals anfangen sollen….denn wäre das alles nicht passiert…ich war überfordert gewesen mit der Situation….Ich war verängstigt und habe mir so einen Druck gemacht, was es für Konsequenzen mit sich führen würde….Wie jeder darüber denken würde, wenn das jemals an das Tageslicht kommen würde…“
 

„Laber keinen Stutz, du elender Idiot! Du machst dir wegen solch einen Kleinkram Gedanken? Ja, und? Dann kommt es an die Öffentlichkeit. Das interessiert mich null, was andere über mich denken. Ich bin alt genug und wenn das einer nicht verstehen kann oder nicht passt, wie ich lebe, dann muss die Person gehen! Punkt aus Ende! Bist du deshalb einfach abgehauen?“

Ich haben meinen Blick stumm zu Boden gerichtet und nicke nur zur Antwort. Ich kann ihn kaum noch in die Augen schauen. Wie ein kleines Kind, das gerade von seinem Vater ausgeschimpft wurde.
 

„Tsk, war doch klar. Ich hätte es mir denken können“, sind seine letzten Worte, ehe er auch verstummt. Ich hebe meinen Kopf und sehe zu ihm vorsichtig rüber. Den Rücken zu mir gewendet und die linke Hand in den klinisch weißen Stoff seiner Bettdecke gekrallt. Mit der anderen Hand stützt er seinen Kopf ab. Er scheint wohl die Geschenke zu betrachten, welche in den warmen Sonnenstrahlen baden.
 

„Das haben dir deine Eltern und unsere Freunde alles mitgebracht. Sie haben sich alle große Sorgen um dich gemacht…wenn du willst….kann ich dir beim auspacken helfen…“, erkläre ich ihm, um die Stille zwischen uns zu brechen. Es ist ohnehin unerträglich genug, während der großen Hitze hier drin zu sein.
 

Er schweigt jedoch weiter und ignoriert mich anscheinend schon. Ich lasse einen tiefen Seufzen aus mir heraus. Zumindest ist ihm sein Dickschädel geblieben. Also ganz der alte Kacchan, den ich seit Jahren kenne. „Nun, ich fasse das mal als ein Nein auf. Ich sage lieber dem Doktor Bescheid, dass du aufgewacht bist.“
 

Ich will mich in dem Moment schon aus dem Zimmer begeben und habe bereits die Türklinke in der Hand.
 

„…Deku…warst du eigentlich die ganze Zeit über hier bei mir gewesen?“, kommt es plötzlich von meinen Freund.

Ich halte in meiner Bewegung inne und drehe mich perplex zu ihm wieder um.
 

„Ja, habe ich“, antworte ich wahrheitsgemäß und sehe direkt in seine wunderschönen Augen, die wie ein Paar Rubine in der Sonne funkeln. Und welche mich eindringlich zurück anstarren.
 

„Warum?“, bohrt er weiter nach.
 

„Na, weil wir doch Freunde sind und ich mir Sorgen um dich gemacht habe“, gebe ich von mir, weil es ja auch der Wahrheit entspricht. Dennoch hebt sich bei ihm eine Braue und sein Blick wurde ernster. Oh, nein verdammter Mist!
 

„…Sicher? Denn als ich kurz wach war, habe ich dich ganz deutlich sagen gehört, dass du mich liebst…dass ich alles für dich bin…Also wieso lügst du mich jetzt an?“
 

„…“
 

„Also doch…du bist echt so leicht zu durchschauen. Denkst du wirklich, ich habe das nicht mitbekommen? Deine verliebten Blicke, während wir es miteinander getrieben haben? Wenn ich dich geküsst habe? Wenn nur wir beide waren und niemand sonst? Oder wenn wir was mit unseren Freunden unternommen haben? Als du diese Weiber, die mich angeflirtet haben, oder Kirishima mit deinen eifersüchtigen Blicken am liebsten gekillt hättest?“

Ich fühle mich gerade wie gelähmt und hätte jetzt gerne die Möglichkeit, mich in eine Maus zu verwandeln und für immer in einem Loch zu verschwinden. Warum muss dieser Mann auch so scharfsinnig sein?
 

Ich senke den Blick beschämt zu Boden. Das war’s dann wohl mit unserer Freundschaft. Er wird mich mit seinen nächsten Worten zerstören und aus dem Zimmer jagen.
 

„Oi! Ich habe dich was gefragt! Muss ich dir jetzt alles aus der Nase ziehen?!“
 

„…ja…du hast richtig gehört…Kacchan…ich…ich liebe dich…“ Jetzt ist endlich raus. Was bringt es noch zu verleugnen? Ich habe es nun richtig verbockt. „Ich weiß. Ich habe unsere Vereinbarung nicht vergessen. Ich habe es auch wirklich versucht zu unterdrücken. Und ich kann damit leben, wenn du mit mir nichts mehr zu tun haben willst. Aber ja, ich habe mich in dich verliebt.“
 

Ich lasse den Fußboden nicht aus den Augen. Seinen auf mich ruhenden Blick kann ich sowieso auf mich spüren. Es muss gerade so viel Hass darin liegen.
 

„…Wie verblödet kann man bitte sein? Hah?! Du verliebst dich in mich und machst trotzdem einen auf just Best Friend mit mir? Wie lange schon hast du das für mich überhaupt empfunden?“
 

„Ganz genau kann ich es nicht festlegen. Als es mir klar geworden ist, hatten wir davor viele Mal zuvor miteinander geschlafen. Es hat sich irgendwann einfach so entwickelt. Und deshalb habe ich bei unseren letzten gemeinsamen Nacht die Flucht ergriffen, weil ich Angst hatte, dass das alles kaputt machen würde. Siehe da, es ist letztendlich durch meine Feigheit so eskaliert. Du wärst fast gestorben und ich hätte nichts dagegen tun können. Es hat mir das Herz gebrochen, als ich da so leblos liegen gesehen habe. Und mir gleichzeitig die Augen geöffnet.“
 

„Warum hast du nicht viel eher was gesagt?!“
 

„Weil ich es nicht ertragen könnte, dich zu verlieren, Baka! Mein ganzes Leben schon, warst du für mich was besonderes. Ich habe mich, als das mit uns angefangen hat, so geborgen und aufgefangen gefühlt. Nach einer so einer langen Ewigkeit wieder von jemanden begehrt zu werden, hat mich bestärkt und süchtig gemacht. Ich habe das mit dir so genossen und durch deine ständige Nähe habe ich wohl Gefühle für dich entwickelt.“, beende ich schlussendlich meine Erklärung und warte auf das schon greifbare Ende. Aber zumindest, weiß er es endlich und hat mich aussprechen lassen. Ich höre, wie er sich hinschnaubt, ehe er sich nun auch ausspricht.
 

„Du bist echt unglaublich, weiß du das?“
 

„Ja…“
 

„Verheimlichst lieber deine  Gefühle vor mir, anstatt gleich Klartext zu sprechen.“
 

„Ja…“
 

„Hättest du doch eher was gesagt, dann wäre alles anders gekommen.“
 

„Ja, das habe ich auch gesagt. Es tut mir leid…“
 

„Nun gut, dann…sollten wir besser was ernsteres miteinander haben, findest du nicht?“
 

„Ja, okay. Wir werden uns nie wieder sehen. Ich lösche deine Nummer und…WAS?!!!“, schreie ich total überrascht und mache einen großen Hüpfer nach hinten. Mein Gesicht beginnt zu brennen und mein Herz droht mir beinahe aus der Brust zu springen.
 

„Was schreist du so rum!? Verdammter Nerd! Was dachtest du denn, wäre sonst passiert?“, antwortet er mir fast schon genervt und sich dabei die Ohren zuhält.
 

„J-ja, aber…wir haben doch …du wolltest doch nicht…ich dachte du…häääääää?!“ Ich bin nun komplett verwirrt. Träume ich das gerade oder hat sich Kacchan bei der Aktion eventuell doch am Kopf verletzt?
 

„Nichts da, aber, du, ich. Punkt, Komma, Strich! Wie kann man denn so blind und naiv sein? Was dachtest du denn, warum ich das mit dir begonnen habe? Das mache ich bestimmt nicht jedem so….“, sagt er in einem muffigen Tonfall und verschränkt die Arme vor seiner Brust.
 

„Aber du hast doch gesagt, dass du nichts für mich empfindet…“
 

„…ich habe geblufft…als du das vor dich hin gebrabbelt hast, dass du mich geil findest, habe ich meine Chance gesehen. Selbst wenn es nur rein körperlich gewesen und wahrscheinlich geblieben wäre. Ich meine, du hast dich endlich von diesem nervigen Roundface getrennt. Du rumhüpfender Floh bist mir jahrelang mit deinen großen Bambiaugen überall gefolgt und hast mich nie in Ruhe gelassen. Du warst immer da. Ich bin kein Fan von dieser kitschigen und schmalzigen Gefühlsduselei voll mit Glitzerherzen und Rosenblättern. Aber irgendwie mag ich dich schon lange unglaublich sehr. Zu sehr. Scheiße, sogar mehr als das mittlerweile. Ich war besonders damals nicht gerade immer fair zu dir gewesen und wollte das erstmal vor dir geheim halten. Ich wusste nicht, wie du sonst reagiert hättest. Also was ist nun? Wollen wir es wenigstens einander versuchen oder rennst du wieder vor mir weg?“
 

Ich schaue ihn offenen Mund an. Nur ganz langsam beginnen die Zahnräder in meinen Hirn sich wieder zu drehen, um diese Wörter gerade zu bearbeiten. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu. Meine Augen füllen sich mit neuen frischen Tränen.
 

„Du Baka! Baka! Baka!!!“, sage ich ihm lauter entgegen, als ich ihm näher komme und umarme. „Du bist ein so ein Arschloch manchmal!“, sage ich ihm mit verheulter Stimme und drücke ihm einen dicken Kuss auf die Wange. „Du sturer Bock! Das sieht dir so ähnlich wieder!“
 

„Aua, sei doch vorsichtiger!“, zischte er leicht schmerzerfüllt. Ich habe vor lauter Glück und Weinen kurz seine Verletzungen vergessen gehabt. Entschuldigend streiche ich über die Schulter und lasse ihn wieder frei. Ich wische mir anschließend über das nasse Gesicht und kann ich nicht aufhören zu lächeln. Vor allem nicht, da sich die Wangen meines Geliebten leicht rötlich gefärbt haben.
 

Sein Blick ist verstohlen zur Seite geneigt und der Mund zusammen gepresst, als würde er krampfhaft versuchen ein Lachen zu verbergen. Nervös kratzt er sich an der Wange. Wie gerne würde ich das für die Ewigkeit auf einem Foto einfangen. Allerdings würde er mich dafür anschließend wortwörtlich bis zum Mond schießen.
 

„Tut mir leid, aber jetzt hole ich den Arzt, der dich erstmal gründlich nochmal untersucht.“
 

„Tsk…wenn das unbedingt sein muss…“
 

Ich entgegne nichts mehr und verlasse stattdessen schnellen Schrittes das Zimmer, um den behandelnden Arzt aufzusuchen. Mein Herz klopft mir bis zum Hals und ich kann mein Glück gerade nicht fassen.

Ich danke gerade sämtlichen Göttern dieser Welt so sehr, dass sie uns beide eine zweite Chance gegeben haben. Und diese werde ich mir garantiert nicht versauen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hey ^~^'. Was für eine Überraschung, wie gut die FF anscheinend bei euch angekommen ist. (Ich kenne die aktuellen Kapitel vom Manga, aber hey. Ich spoilere nicht und deshalb wurde es hier nicht erwähnt. Nur, dass mir kein Unwissen unterstellt wird.)

Ich wollte mich hier nochmal extra für eure Favos und Kommentare bedanken. Und das ihr euch überhaupt die Zeit genommen habt, diese Katastrophe an Literatur durchzulesen.

Es war wie gesagt, ein sehr spontanes Projekt von mir gewesen. Ich habe mich trotzdem bemüht alle grammatikalischen Fehler zu vermeiden (und nachträglich zu korrigieren) und bin soweit zufrieden damit. Natürlich hat es mir einen Spaß bereitet, diese zu schreiben. Besonders Kapitel zwei. XD

Ich hoffe weitestgehend, dass sie gut ankommt und freue mich schon sehr, weitere Projekte in Angriff zu nehmen. Falls doch nicht, dann halb so wild. Wir sind alle nicht perfekt. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Ayasha
2021-08-15T11:26:56+00:00 15.08.2021 13:26
Hallo Ally :)
Ich bin gerade über deine kleiner Geschichte gestolpert und habe mit jedem Kapitel mitgefiebert und gehofft, das die beiden schlussendlich doch zusammen kommen würden.
Und du hast mich nicht entäuscht XD

Ich liebe Happy Ends einfach :)

Danke dir für die schöne Geschichte.
Ganz liebe Grüße
Antwort von:  Ally19940310
15.08.2021 14:11
Vielen lieben Dank, Ayasha x3

Es freut mich sehr, dass dir meine FF gefallen hat. Mir gibt es immer ein wunderbarer Gefühl, wenn ich Menschen mit meinen Geschichten glücklich machen kann.

LG <3
Von:  Carmion2
2021-08-08T22:20:27+00:00 09.08.2021 00:20
Oh Mann, das war so unglaublich emotional und aufreibenden geschrieben, es hat mich total mitgerissen.

Ich muss dazu sagen ich kenne die Serie nicht, dennoch hat mich die Geschichte wahnsinnig gepackt.

Lg Carmion2
Antwort von:  Ally19940310
09.08.2021 18:19
Danke für dein Kommentar ^_^
Freut mich sehr, dass sie dir gefällt.

LG Ally


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