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New Family

von

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Ein neues Kapitel

Wieso? Wieso verdammt nochmal hatte es ausgerechnet dieser Mann sein müssen?
 

Sakura Haruno, siebzehn Jahre alt, schlank, 1,68 Meter groß und todunglücklich, riss mit deutlich mehr Kraft als notwendig gewesen wäre einen weiteren Streifen Klebeband von der Rolle ab und legte auch diesen über den bereits zugeklebten Umzugskarton. Sicher war sicher.
 

Zumindest sollte es so sicher sein, wie es eben ging. Das war unter den gegebenen Umständen ohnehin so gut wie unmöglich. Sie konnte ihre Sachen noch so gut verpacken. Sicher fühlen würde sie sich so schnell nicht mehr.
 

Wütend stieß sie mit dem Fuß die Rolle mit dem Klebeband zur Seite und ließ sich bäuchlings auf ihr Bett fallen. Luft bekam sie keine. Trotzdem blieb sie so liegen. Mit dem Gesicht in ihre Bettdecke gedrückt und ohne jede Motivation sich zu bewegen.
 

Das hier war ihr Bett. Ihr Rückzugsort. Der Ort an den sie sich immer hatte verkriechen können, wenn sie sich unwohl gefühlt hatte. Der Ort an dem sie sicher gewesen war. Und wenn sie dieses Mal aufstehen würde, dann würde sie nicht zurückkommen können. Dann würde sie diesen Ort verloren haben.
 

Langsam verlangte ihr Körper immer vehementer nach Sauerstoff. Gleich würde sie zumindest das Gesicht zur Seite drehen müssen. Der weiche Stoff ihres Lieblingsbettbezugs fühlte sich angenehm an auf ihrer Haut. Den durfte sie auch nicht mitnehmen. Er war wohl nicht schick genug.
 

"Sakura!"
 

Sie zuckte zusammen, sie hatte gar nicht gehört, dass ihre Mutter ihre Zimmertür geöffnet hatte. Lustlos richtete sie sich auf.
 

"Was machst du da?", empörte sich Amaya Haruno sofort. "Weißt du, wie viel Stress ich mit diesem Umzug habe? Und du liegst einfach faul auf dem Bett herum? Ist das dein Ernst? Bist du wenigstens endlich mit deinen Sachen fertig?"
 

Sakura schluckte eine unfreundliche Antwort hinunter. Mit ihrer Mutter zu streiten brachte überhaupt nichts. Das hatte noch nie funktioniert.
 

"Tut mir leid", sagte sie also nur. "Ich bin hier gerade fertig geworden."
 

Ihre Mutter warf sich anmutig ihre perfekt gestylten langen blonden Haare nach hinten und ließ einen skeptischen Blick durch ihr Zimmer wandern.
 

"Schön!", sagte sie. "Gut! Dann kannst du mir ja unten noch helfen!"
 

"Mama, ich muss zur Schule", erwiderte Sakura geduldig und fragte sich nicht zum ersten Mal in ihrem Leben, wie es wohl wäre, eine normale, verantwortungsbewusste Mutter zu haben, die einen daran erinnerte und nicht anders herum.
 

Aber ihre Mutter war nicht verantwortungsbewusst. Sie stöhnte genervt und fragte:
 

"Ist das wirklich so wichtig? Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir für heute eine Entschuldigung schreiben kann!"
 

Sakura stand auf und griff nach dem Henkel ihrer Tasche mit den Schulsachen. "Das geht nicht Mama", sagte sie ruhig und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie genervt sie war. Wir schreiben einen Test!"
 

"Ach, stimmt ja!", sagte Amaya theatralisch und schlug die Hände zusammen. "Na, dann muss ich das wohl alleine schaffen!"
 

Damit stolzierte sie hinaus und Sakura konnte endlich genervt die Luft ausstoßen.
 

Der Test war zwar nur ein Vokabeltest und absolut unwichtig aber Sakura hatte keine Lust bei diesem Umzug zu helfen. Er wurde ihr aufgezwungen. Sie wollte nicht umziehen. Wirklich nicht.
 

Und Hilfe hatte ihre Mutter schließlich genug von der Umzugsfirma, deren Leute gleich kommen würden. Ihre Mutter nahm das meiste Zeug nicht mal mit. Es würde für sie entsorgt oder gespendet werden. Sie würde ja wohl noch selbst entscheiden können, welches Paar Schuhe sie behalten wollte und Welches nicht. Dabei war Sakura nun wirklich keine große Hilfe. Und in der Schule war es gar nicht so schlecht. Man musste nur den richtigen Leuten geschickt aus dem Weg gehen, dann kam man ganz gut zurecht. Und Hinata würde da sein. Hinata, ihre beste Freundin und der wunderbarste Mensch, den es auf dieser Welt gab.
 

Wenn sie mit Hinata zusammen war, hatte sie das Gefühl, dass alles erträglich war. Sie waren miteinander befreundet, seit sie sich in der ersten Klasse schüchtern nebeneinandergesetzt und sich ein nervöses Lächeln zugeworfen hatten. Und von da an hatten sie eigentlich alles zu zweit gemacht. Und das war gut so.
 

Sakura war damit glücklich und Hinata auch. Sie waren beide nicht der Typ für Parties und große Freudeskreise. Und so war das einzig Gute an diesem Umzug wohl, dass sie innerhalb der gleichen Stadt umzogen und Sakura in Zukunft sogar näher bei Hinata wohnen würde. Das war das Einzige, was diesen Umzug zu dem neuen Lebenspartner ihrer Mutter ein ganz klein wenig erträglicher machte.
 

Der Gedanke an Hinata und die Freude darüber, dass sie so glücklich mit dieser Freundschaft sein konnte, ließ Sakura die Fahrt in der vollgestopften U-Bahn überstehen und nun saß sie im Licht dieses warmen Frühlingsmorgens auf den Treppen, die vom Parkplatz zu den Schulgebäuden führten und wartete wie jeden Morgen auf ihre einzige und beste Freundin.
 

Hinata war eine Hyuga. Sie war reich. Beziehungsweise war ihre Familie es. Wie die meisten Schüler wurde sie jeden morgen von einem Fahrer zur Schule gefahren.
 

Die Modelkarriere von Sakuras Mutter hatte zwar genug Geld eingebracht, um Sakura auf diese teure Privatschule zu schicken aber richtig reich waren sie nie gewesen. Das war in Ordnung, Sakura machte sich nicht viel aus diesen Dingen. So etwas wie Bedienstete hatte sie nie haben wollen.
 

Die Zeiten, in denen ihre Mutter mit dem Modeln gut verdient hatte, waren schon eine Weile vorbei. Sie war noch immer schön und noch immer drehten sich die Männer auf der Straße nach ihr um, aber sie war nun beinahe siebenunddreißig. In diesem Business war das nicht mehr jung. Und ihre Mutter war im Geld ausgeben immer besser gewesen, als im Geld verdienen.
 

Vielleicht war es fies seiner eigenen Mutter so etwas zu unterstellen, doch Sakura wurde den Verdacht nicht ganz los, dass diese neue Mann für ihre Mutter auch ein Weg war, ihren Wohlstand zu sichern. Denn Geld hatte er offenbar so viel wie niemand sonst.
 

Trotzdem hätte Sakura liebend gerne darauf verzichtet in sein Haus einziehen zu müssen. Das lag nicht unbedingt an ihm selbst. Sakura kam er kalt und reserviert vor, aber sie hatte bisher eigentlich kaum Gelegenheit gehabt, ihn irgendwie kennenzulernen. Sie hatte ihn kaum gesehen und außer 'Guten Tag' hatten sie auch nicht viel zueinander gesagt. Sie wollte vor allem nicht-
 

"Sakura!", riss die Stimme ihrer besten Freundin sie aus ihren Grübeleien.
 

Sakura sah auf. Sie war so in Gedanken versunken gewesen und hatte schlecht gelaunt auf den Boden gestarrt, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass Hinata angekommen und auf sie zugeeilt war.
 

"Dann ist es heute also soweit", sagte Hinata ein wenig mitleidig, nachdem sie sich begrüßt hatten und beide drehten sich um und schauten den Weg zurück, den Hinata gekommen war.
 

Hinatas Cousin Neji hatte weiter hinten auf seine beiden besten Freunde gewartet und nun kamen die drei auf sie zu. Beziehungsweise vielmehr gingen sie auf die Treppe zu. Zumindest hoffte Sakura das.
 

Normalerweise sprachen sie nicht miteinander. Hinata verstand sich nicht besonders gut mit Neji, die beiden waren so unterschiedlich wie Feuer und Wasser. In der Regel ignorierten sie einander einfach. In der Regel ignorierten die meisten Leute sie und Hinata einfach und Sakura war das nur recht so. Keine Zickereien, keine Probleme. Sie und Hinata waren zufrieden zu zweit. Und sie hoffte inständig, dass das auch so bleiben würde.
 

"Hallo Hinata, Sakura", sagte Naruto freundlich, als die drei bei der Treppe angekommen waren. Naruto war immer freundlich. Zu allen. Sakura verstand überhaupt nicht, wieso er mit diesen zwei arroganten Idioten rum hing. Aber so war das schon immer gewesen. Die drei waren unzertrennlich.
 

"Hallo", murmelte Hinata und Sakura nickte Naruto kurz zu.
 

Neji grinste und musterte Sakura beiläufig, als die drei an ihnen vorbeigingen.
 

"Willst du deiner neuen Schwester nicht 'Hallo' sagen Uchiha?", fragte er belustigt.
 

Sasuke Uchiha, Schönling und Vollidiot ohnegleichen, gab nur ein spöttisches Schnauben von sich und Neji lachte.
 

Sakura war den Umständen entsprechend zufrieden. Sie hatte mit Sasuke Uchiha bisher kaum jemals ein Wort gewechselt, obwohl sie seit Jahren in der gleichen Klasse waren. Und er schien daran scheinbar ebenso wenig etwas ändern zu wollen wie sie. Vielleicht würde sich doch gar nicht so Vieles verändern, dachte sie hoffnungsvoll.
 

Doch irgendwie hatte Sakura das Gefühl, dass es schwerer werden würde nichts mit Sasuke zu tun zu haben, wenn sie nun unter einem Dach leben würden.
 

'Das ist doch toll, du bekommst zwei Brüder und die kennst du sogar schon', hatte ihre Mutter ihr freudestrahlend verkündet, als vor ein paar Tagen beschlossen worden war, dass sie bei Fugaku Uchiha einziehen würde.
 

Sakura fand das nicht toll. Sie wollte keinen Bruder. Erst recht nicht Sasuke Uchiha.

Eine neue Familie

Der Tag verlief einigermaßen gut bis die Schule vorbei war. Bis dahin war alles normal. Sakura und Hinata bewältigen den Vokabeltest problemlos und in den Pausen waren sie wie fast immer zusammen in der Bibliothek. Und wie immer waren sie zu zweit und wurden in Ruhe gelassen.
 

Trotzdem fühlte Sakura sich den ganzen Tag über total hibbelig. Denn heute würde sie nicht wie sonst immer nach der Schule in ihr Zimmer zurückkehren können. Ihre schöne Wohnung und das Zimmer, das Sie all die Jahre ihr Zuhause genannt hatte, gab es nicht mehr. Zumindest hatte sie dort keinen Zutritt mehr, denn ihre Mutter musste mittlerweile wohl die Schlüssel übergeben haben und wahrscheinlich waren nun auch schon all ihre Sachen irgendwo im Haus der Uchihas.
 

In der letzten Stunde sank ihre Laune noch ein wenig mehr, als sie eine Nachricht von ihrer Mutter bekam, die besagte, dass sie mit Sasuke nach Hause fahren sollte, weil sie anschließend alle zusammen essen würden, um sich etwas besser kennenzulernen.
 

Bei der Formulierung 'nach Hause' verzog Sakura das Gesicht und Hinata zuckte hilflos mit den Schultern, nachdem sie die Nachricht gelesen hatte.
 

Beide wandten sie sich nach hinten um, um einen Blick in die letzte Reihe zu werfen. Das war ein Fehler, denn Sakura stellte fest, dass sie direkt Sasukes Blick begegnete, der sie offenbar auch gerade angesehen hatte.
 

Schnell drehte Sakura sich wieder nach vorne und sie spürte verärgert, dass ihr Hitze ins Gesicht stieg. Hoffentlich wurde sie nicht rot. Falls ja, lag das nicht an Sasuke. Sie hatte einfach keine Erfahrung mit Jungs und auch nicht damit im Mittelpunkt zu stehen. Es gefiel ihr relativ unsichtbar zu sein.
 

Und nun würde er sie beachten. Zumindest ein klein wenig. Das würde sich nicht vermeiden lassen. Sie würde nach der Schule zu ihm gehen und ihm sagen müssen, dass sie mit ihm fahren sollte.
 

Oder sie würde sich weigern und einfach zu Fuß gehen. Die Adresse hatte sie von ihrer Mutter bekommen. Es war ein schöner Tag und sie würde es wahrscheinlich in einer Dreiviertelstunde schaffen können. Vielleicht schneller, wenn sie die U-Bahn nehmen würde. Soweit kein Problem.
 

Aber dann würde ihre Mutter wütend sein und sie würde direkt am ersten Tag in dieser neuen Situation eine Szene machen. Und sie konnte bisher nicht einschätzen, wie Fugaku Uchiha auf so ein Verhalten reagieren würde. Irgendwie war Sakura sich nicht sicher, ob ihre Mutter sich schützend vor sie stellen würde, wenn durch sie die Beziehung gestört würde.
 

Sakura verwarf den Gedanken und atmete aus. Augen zu und durch. Sie überdramatisierte schon wieder alles total. In ihrem Fall wäre mehr Handeln und weniger Denken manchmal nicht schlecht.
 

Nachdem die letzte Stunde endlich beendet war - sie war Sakura unendlich lang und seltsam kurz zugleich erschienen - trödelte sie beim Zusammenpacken ihrer Sachen. Hinata wünschte ihr viel Glück und eilte mit einem Ausdruck stummen Leidens auf dem Gesicht hinaus, weil sie nun mit Neji nach Hause fahren musste.
 

Sakura schloss den Verschluss ihrer Tasche. Der Raum war schon ziemlich leer, sie hatte sich wirklich Zeit gelassen. Vielleicht hatte sie Sasuke verpasst? Dann wäre es nicht ihre Schuld, oder? Er hätte ja schließlich auch auf sie warten können. Ohhh, ihre Mutter würde sauer sein. Sie verachtete sich in diesem Moment selbst für ihre Feigheit. Sie stellte sich wirklich an!
 

Entschlossen drehte die sich um. Der Raum war wirklich leer. So ein Pech. Irgendwie klang der Gedanke in ihrem Kopf vollkommen ironisch.
 

Unten an der Treppe angekommen ließ sie kurz den Blick über den Parkplatz schweifen. Verdammt. Sasuke war noch da. Er stand ein paar Meter entfernt und unterhielt sich mit Ino Yamanaka. Sie war hübsch, selbstbewusst, bei allen beliebt und irgendwie mehr oder weniger mit Sasuke zusammen. So ganz genau war Sakura darüber nicht im Bilde.
 

Jedenfalls musste sie jetzt aufhören, sich wie ein feiger Psycho zu verhalten. Sie straffte die Schultern und ging entschlossen auf die beiden zu. Normalerweise hätte sie einen weiten Bogen um sie gemacht, aber das war wohl vorbei.
 

"Ähm, hey!", sagte sie und registrierte verärgert, dass sie unsicher klang. Beide sahen sie an.
 

Sie räusperte sich und blickte Sasuke an. "Also... meine Mutter hat mir gesagt, dass ich mit dir zu euch fahren soll."
 

Ino sah sie verständnislos an. "Was?"
 

Sie blickte zwischen Sakura und Sasuke hin und her und schien offenbar über die neusten Entwicklungen nicht informiert zu sein.
 

"Ihre Mutter ist mit meinem Vater zusammen und sie sind heute bei uns eingezogen", erklärte Sasuke ihr gelangweilt und überheblich.
 

"Und das erwähnst du nicht?", fragte Ino empört.
 

Sasuke zuckte mit den Schultern und erwiderte Inos vorwurfsvollen Blick unbeeindruckt.
 

"Ist das so wichtig?"
 

Weil sie von ihm nicht die gewünschte Reaktion bekam, warf Ino nun Sakura einen abfälligen Blick zu. Offenbar passte ihr das gar nicht. Und das ärgerte Sakura. Sie konnte schließlich überhaupt nichts dazu.
 

"Wir sehen uns morgen..." sagte Sasuke gleichgültig zu Ino, wandte sich ab und ging auf den großen schwarzen Wagen zu, mit dem er für gewöhnlich abgeholt wurde.
 

"Bis dann", murmelte Sakura Ino zu und ging Sasuke rasch hinterher. Jetzt konnte sie ja schlecht noch einen Rückzieher machen.
 

Sie nahm wahr, dass Ino ihr nach sah, aber Sakura konzentrierte sich lieber auf Sasuke und den Wagen. Sasuke war hinten eingestiegen ohne sich nach ihr umzusehen. Aber immerhin hatte er die Tür offen gelassen und das hieß wohl, dass für ihn klar war, dass sie auch einsteigen würde. Also tat sie das. Sasuke war auf die andere Seite durchgerutscht, sodass Platz für sie war. Sie setzte sich neben ihn, zog die Tür zu und beschäftigte sich absichtlich etwas länger als nötig mit ihrem Gurt.
 

Sobald sie fertig war, startete der Fahrer wortlos den Motor und fuhr los. Sakura warf einen vorsichtigen Blick zur Seite. Sasuke musterte sie schweigend und er wirkte nicht gerade glücklich. Das konnte sie nachvollziehen.
 

Sakura versuchte es mit einem vorsichtigen Lächeln. Sie hatte absolut keine Ahnung was sie jetzt tun oder sagen sollte.
 

"Deine Mutter ist hinter unserem Geld her ist", sagte Sasuke kühl. "So wirkt das jedenfalls auf mich. Aber da wird sie bei meinem Vater nicht weit kommen, wahrscheinlich ist diese Beziehung nicht von langer Dauer. Gewöhn dich also lieber nicht an den ganzen Luxus."
 

Damit wandte er sich ab und sah aus dem Fenster.
 

Und obwohl Sakura das am Morgen selbst noch über ihre Mutter gedacht hatte, machte sie diese überhebliche Aussage total wütend.
 

"Ich habe keine Ahnung von der Beziehung unserer Eltern, aber ich kann dir versichern, dass ich genauso begeistert davon bin wie du! Ich kann nichts dafür, also lass deinen Ärger nicht an mir aus!"
 

Als die Worte raus waren, wunderte sie sich ein wenig. Normalerweise hätte sie einfach nichts gesagt anstatt zu streiten.
 

Sasuke wunderte sich offenbar auch, denn er drehte den Kopf zu ihr und musterte sie wieder. Sein Mund verzog sich zu einem hübschen aber ziemlich abfälligen Lächeln.
 

"Tja, ich kann mir vorstellen, dass das nicht deine Idee war", sagte er in einem Tonfall, der höhnisch und verletztend war. "Du siehst wirklich nicht so aus, als wärst du hinter Geld her."
 

Sein Blick glitt über ihren Körper, die weite, ausgewaschene Jeans und das zu große Sweatshirt, das sie trug.
 

"Du scheinst sehr wenig Wert auf schicke Klamotten oder Äußerlichkeiten zu legen. Deine Mutter ist immer total aufgetakelt. Sie ist heiß. Du bist eher das Gegenteil."
 

Er sagte das auf eine Art, die in ihr das Bedürfnis weckte, ihm eine reinhauen zu wollen. Einfach damit er still war. Aber er war nicht still.
 

"Warum läufst du eigentlich immer so rum? Man übersieht dich total. Du willst wohl alles dafür tun, um nicht wie deine Mutter zu sein, was?"
 

Sie hatte es gewusst. Sie hatte gewusst, dass er ein Arsch war. Sie hatte gewusst, dass sie ihn nicht ausstehen konnte. Warum tat ihr ihre Mutter das an?
 

Anstatt etwas zu sagen und ihrer Wut nachzugeben, wandte sie sich ab und sah aus dem Fenster. Sich mit ihm zu streiten würde nirgendwo hinführen. Und er hatte sogar ins Schwarze getroffen mit seinen Vermutungen. Sie tat alles, um nicht wie ihre Mutter rüber zu kommen.
 

Beinahe täglich lag Amaya ihr damit in den Ohren, dass sie sich doch mal schminken und sich die Haare machen sollte. Ständig schleppte sie sexy Kleider für Sakura an, die Sakura nie anrührte. Ihre Mutter war der Meinung Sakura wäre wunderschön und sie verschwende ihr Potential und die Macht, die sie über Männer haben könnte. Aber Sakura wollte keine Macht über irgendjemanden und sie wollte auch nicht für ihr Aussehen toll gefunden werden. Sie wollte ihre Ruhe, sie wollte lernen, eine gute Uni besuchen und irgendwann einen Job finden, bei dem sie etwas Sinnvolles tat und sie wollte nicht von irgendjemandem abhängig sein. Sie wollte eigenständig für sich sorgen können und nicht wie ihre Mutter ständig von einem Mann mit Geld und Beziehungen zum Nächsten ziehen. Ihre Mutter glaubte sie hätte Macht. Doch Sakura fand, dass sie total abhängig war. Aber das behielt sie für sich. Über so etwas konnte sie mit ihrer Mutter nicht reden.
 

Sasuke schien leider nicht zufrieden damit zu sein, dass sie ihn einfach ignorierte. Er sagte verärgert: "Hey!"
 

Sakura atmete genervt aus und wandte sich ihm unwillig wieder zu. "Können wir einander nicht einfach wie bisher ignorieren?", fragte sie.
 

Sasuke zog überheblich die Augenbrauen hoch. "Ich dachte eigentlich, dass ich dich einfach nicht beachten würde, weil du irrelevant wärst. Mir war nicht klar, dass du mich ignoriert hast, sorry."
 

Sakura fragte sich warum seine Nase eigentlich noch so hübsch gerade war. Hatten andere Leute denn nicht ständig das Bedürfnis ihm die Faust ins Gedicht zu hauen?
 

Sie wollte sich einfach wieder abwenden, aber daraus wurde nichts, denn Sasuke griff nach ihr. Sakura hatte damit überhaupt nicht gerechnet und zuckte zusammen.
 

Sie hasste Berührungen! Aber Sasuke hatte einfach ihren Kiefer gegriffen, um sie daran zu hindern den Kopf wegzudrehen! Sie starrte ihn an. Das hatte sie so unerwartet erwischt, dass sie zu mehr einfach nicht in der Lage war.
 

Sasuke musterte sie nachdenklich. "Eigentlich bist du sogar ziemlich hübsch", sagte er, als wäre er selbst etwas verblüfft von dieser Feststellung.
 

Aber jetzt reichte es. Sakura griff nach seinem Handgelenk und riss seinen Arm zur Seite, sodass er sie nicht mehr festhalten konnte. Sofort ließ sie ihn wieder los.
 

"Fass mich nicht an!", zischte sie und nahm erleichtert wahr, dass es nicht schüchtern klang. "Wenn du mich noch einmal so anfasst, werde dafür sorgen, dass es dir richtig leid tun wird!" Sie hatte bloß keine Ahnung, wie sie das würde anstellen sollen. Sie hatte sich doch von ihrer Wut hinreißen lassen.
 

Sasuke wirkte ein wenig überrascht und Sakura registrierte, dass der Fahrer die beiden ein wenig besorgt im Rückspiegel beobachtete.
 

Sasuke schien das ebenfalls aufgefallen zu sein. Er setzte sich wieder ordentlich hin und sagte kalt: "Schauen Sie auf die Straße, wenn Sie Ihren Job behalten wollen!"
 

Sakura drehte den Kopf weg und sah wieder aus dem Fenster. Wie gerne würde sie nun gemütlich in ihrer alten bequemen Jogginghose auf ihrem Bett in ihrem Zimmer liegen und lesen oder mit Hinata telefonieren.
 

Glücklicherweise schien Sasuke die Lust zur Konversation nun endlich vergangen zu sein und sie schwiegen den Rest der Fahrt über. Es war trotzdem unangenehm.
 

Sie versuchte sich über das Glück ihrer Mutter zu freuen, als diese sie strahlend zusammen mit Sasukes Vater empfing. Dieser Mann war ihr immer noch vollkommen fremd. Aber er führte sie einmal durch das Haus und versuchte scheinbar freundlich zu ihr zu sein.
 

Ihre Mutter brachte sie nach oben, um ihr ihr Zimmer zu zeigen und leider kam Sasuke mit. Nicht, weil er sich Sakuras Zimmer ansehen wollte, sondern weil sein Zimmer dummerweise genau neben ihrem lag. Er ging hinein und schloss auf eine Weise die Tür, die deutlich machte, dass er schlechte Laune hatte und seine Ruhe haben wollte.
 

Das veranlasste ihre Mutter dazu Sakura darauf hinzuweisen, dass sie erwarte, dass sie sich mit ihrem neuen Bruder Mühe geben würde und sie machte ihr Vorwürfe, weil sie fand, Sakura hätte Sasuke finster und unfreundlich angeschaut.
 

Das stimmte wahrscheinlich auch. Nicht, dass sie es mit Absicht getan hätte, aber das war einfach die Art, wie sie Sasuke schon immer angesehen hatte. Und sie sah auch gar nicht ein, dass sie nett zu ihm sein sollte, wenn er sich immer so bescheuert verhielt. Dieser Mangel an Einsicht gefiel Amaya leider nicht und sie warf Sakura promt vor, sie würde sich einfach kindisch verhalten und sie sollte ihnen bloß nicht das Essen versauen.
 

"Wir werden übrigens in ein sehr schickes Lokal gehen, also wirst du dich heute mal ein bisschen angemessener anziehen! Ich erwarte, dass du in dreißig Minuten hübsch zurechtgemacht unten bist!"
 

Damit war sie verschwunden und Sakura hatte einen Moment Zeit für sich. Endlich. Sie ging zur Tür und stellte erleichtert fest, dass sie sich abschließen ließ. Schon besser. Jetzt fühlte sie sich ein wenig sicherer. Das Zimmer war hell, hübsch, groß und es gab ein Himmelbett. Es war ein schönes Zimmer. Dennoch wäre sie lieber in ihrem alten gewesen. Ihre Kartons, die alle ordentlich in einer Ecke standen, sahen etwas verloren aus und so, als ob sie nicht hier hinein passen würden. Sie verspürte überhaupt keine Lust etwas auszuräumen.
 

Sie sah zu der Wand, hinter der Sasuke sein musste. Immerhin waren die Wände sehr dick und solide und sie musste nicht befürchten, dass sie jede Bewegung hören würden, die einer von ihnen machte.
 

Während sie sich für das Essen eine schwarze, nicht so ausgeleierte Jeans und eine hübsche grüne Bluse anzog, die sie nie trug aber die sie mochte, weil sie zu ihren Augen passte, versuchte sie sich mit positiven Gedanken in eine bessere Stimmung zu bringen.
 

Natürlich wollte sie ihrer Mutter nicht ihr Glück kaputt machen oder ihr das Essen vermiesen. Es fiel Sakura nur einfach nicht leicht sich schnell an neue Situationen zu gewöhnen. Sie war eben ziemlich introvertiert. Sie seufzte und band sich locker die Haare hoch. Dann schlüpfte sie widerwillig in Absatzschuhe, die ihre Mutter ihr hingestellt hatte, weil diese offenbar genau wusste, dass Sakura sich nicht so herausputzen würde, wie sie es gerne hätte und wahrscheinlich wollte sie mit diesen Schuhen wenigstens Schadensbegrenzung betreiben. Dann würde Sakura ihr heute eben diesen Gefallen tun.
 

Sakura tippte noch einen kurzen Statusbericht an Hinata, die bereits nachgefragt hatte, wie es lief und war dann gezwungen nach unten zu gehen, weil die dreißig Minuten um waren.
 

Im Flur begegnete sie natürlich Sasuke und musste sich einen blöden Kommentar darüber anhören, dass sie ja doch heiß aussehen konnte.
 

"Würdest du bitte aufhören Kommentare über mein Äußeres zu machen?", zischte sie. Sasuke konnte zum Glück nichts mehr dazu sagen, da sein Vater ihn zu sich rief.
 

"Kommt Itachi auch?", fragte Sasuke in einem Tonfall irgendwo zwischen gelangweilt und genervt.
 

Das ließ Sakura interessiert den Kopf heben. Itachi Uchiha war auch auf ihrer Schule gewesen, allerdings war er fünf Jahre älter als Sasuke. Sakura konnte sich nur noch dunkel daran erinnern, dass alle Mädchen in der Schule total für ihn geschwärmt hatten. Auch sie hatte ihn manchmal bewundernd beobachtet. Er hatte einfach unglaublich gut ausgesehen und natürlich hatte es ihn interessant gemacht, dass er älter war und so viel Aufmerksamkeit bekam. Er war beliebt gewesen. Bei den Lehrern und bei seinen Mitschülern. Auf jeden Fall war er ganz anders als Sasuke.
 

Seit Itachi die Schule abgeschlossen hatte, hatte Sakura ihn nicht mehr gesehen und offen gestanden hatte sie, bis klar wurde, dass sie in dieses Haus ziehen würde, auch nicht mehr über ihn nachgedacht. Sakura war nicht daran interessiert etwas mit Jungs anzufangen. Dennoch, gestern beim Packen hatte sie an Itachi gedacht und ihre Mutter gefragt, ob er auch hier wohnte. Doch offenbar studierte er und hatte eine eigene Wohnung und er kam nur noch gelegentlich zurück in sein altes Zuhause.
 

Jedenfalls konnte Sakura nicht behaupten, dass es ihr besonders missfiel, als Fugaku Uchiha erklärte, dass Itachi auch mit ihnen essen, aber direkt zum Restaurant kommen würde. Schließlich sei das ein Familienessen.
 

Sasuke murmelte irgendetwas Unverständliches, offensichtlich schlecht gelaunt und Sakura konnte nicht umhin ein leichtes Gefühl der Befriedigung zu verspüren, als sein Vater ihn streng zurecht wies, dass er sich benehmen sollte. Sakura fand, dass Sasuke das definitiv zu wenig gesagt bekam, er machte ständig nur rücksichtslos was er wollte.
 

Sie fuhren gemeinsam in dem Wagen von Sasukes Vater und als Sakura ihn und ihre Mutter von der Rückbank aus beobachtete, freute sie sich tatsächlich ein wenig für ihre Mutter. Sie schien glücklich. Und Sasukes Vater wirkte auf seine reservierte Art auch nicht unzufrieden, soweit sie das beurteilen konnte.
 

Sasuke neben ihr tippte auf seinem Smartphone herum und das so engagiert, dass er sehr deutlich machte, dass er lieber woanders wäre. Leider schien er nun bemerkt zu haben, dass Sakura ihn angesehen hatte und er sah auf.
 

"Ich weiß, das ist schwer, weil ich so gut aussehe, aber ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich nicht anstarren würdest", sagte er leise und überheblich.
 

Sakura spürte wie ihr wieder Hitze ins Gesicht stieg. Hauptsächlich aus Wut. Sie hatte nicht gestarrt! Sie versuchte bloß ihre neue Umgebung akzeptieren zu lernen!
 

"Sasuke!", sagte sein Vater sehr streng. Offenbar hatte Sasuke nicht leise genug gesprochen. "Ich hatte dir gesagt, dass du mit diesem kindischen Verhalten aufhören sollst! Benimmt dich! Itachi bekommt das doch auch hin!"
 

Nun war Sasuke derjenige der wütend aussah. Er wandte sich schweigend zum Fenster.
 

"Antworte, wenn ich mit dir rede!", sagte Fugaku verärgert, hielt an einer roten Ampel an und drehte sich zu seinem Sohn um. "Hast du das verstanden?"
 

Sasuke drehte langsam zu ihm und presste ein 'Ja' heraus. Seinem Vater schien das zu genügen und er wandte sich wieder Sakuras Mutter zu.
 

Sakura stellte fest, dass sie es dieses Mal nicht so genossen hatte, dass Sasuke zurechtgewiesen worden war. Irgendwie hatte sie gerade sogar ein klitzekleines bisschen Mitgefühl für ihn. Allerdings nur für eine Sekunde. Denn Sasuke warf ihr einen hasserfüllten Blick zu, als wäre das alles ihre Schuld gewesen und bis sie im Restaurant waren, vermied sie es gekonnt nochmal in seine Richtung zu sehen. Sie würde ihn einfach ignorieren, so gut es ging. Das war für alle am einfachsten so.
 

Unerwarteterweise, und das hätte sie niemals für möglich gehalten, war es erstaunlich einfach Sasuke zu ignorieren. In der Schule war es unmöglich, nicht zuletzt weil Naruto so laut war, Neji so unverschämt und Sasuke so überheblich, dass sie ständig alle Aufmerksamkeit bekamen. Sakura hatte sich irgendwie darauf eingestellt, dass es hier genauso sein würde. Dass sie sich würde bemühen müssen, Sasuke auszublenden.
 

Doch offenbar schien es allen ganz wunderbar zu gelingen Sasuke zu ignorieren. Sie hatte ihn seit der Sache im Auto ohnehin keines Blickes gewürdigt, ihre Mutter hatte nur Augen für ihre neue Eroberung und Fugaku schien sich hauptsächlich für sich selbst zu interessieren. Und als Itachi auftauchte, bekam ganz eindeutig er die ganze Aufmerksamkeit. Es war überdeutlich, dass Fugaku einen Lieblingssohn hatte. Itachi sah nun noch besser aus als damals in der Schule, er war richtig erwachsen geworden.
 

Er war höflich, zuvorkommend und charmant zu Sakura und ihrer Mutter und zu Sasuke war er auch freundlich, obwohl Sasuke offensichtlich schlecht gelaunt war und sich auch keine große Mühe gab das zu verbergen. Doch sein Vater schien es aufgegeben zu haben ihn zurechtzuweisen und er fragte lieber interessiert nach, wie es bei Itachi lief. Und mit den Antworten schien er äußerst zufrieden.
 

"Und, wie gefällt dir dein neues Zimmer?", fragte Itachi freundlich an Sakura gewandt und füllte ihr zuvorkommend Wasser in ihr Glas, als er sah, dass sie gerade nach der Karaffe hatte greifen wollen.
 

"Oh, danke!", sagte Sakura verlegen.
 

Nachdem sie den Schwarm aller Mädchen in der Schule immer nur aus der Distanz beobachtet hatte, war es merkwürdig nun mit ihm zu reden.
 

"Das Zimmer ist ... sehr schön!", sie warf einen Blick zu ihrer Mutter aber sie war in ein Gespräch mit Fugaku vertieft. Sasuke auf ihrer anderen Seite schaute unter dem Tisch auf sein Smartphone.
 

Sie wandte sich wieder Itachi zu und stellte fest, dass er sie immer noch musterte. Das überforderte sie. Blickkontakt aufrecht erhalten war nicht gerade ihre Stärke.
 

Itachi lächelte sein umwerfendes Lächeln. "Das kam etwas zögerlich."
 

Sakura wich seinem Blick verlegen aus. Seine Selbstsicherheit überforderte sie auch.
 

"Ich...naja, ich war erst eine halbe Stunde bei euch...also...bei...ich meine..." Sie brach ab. Sie brachte es einfach nicht über sich 'bei uns' oder so etwas wie 'zuhause' zu sagen. Das fühlte sich einfach falsch an.
 

"Verstehe", sagte Itachi und es klang wirklich verständnisvoll. "Du wirst dich sicher eingewöhnen aber ich verstehe dich. Das kam alles ziemlich plötzlich, nicht wahr?"
 

"Jaa...", Sakura lächelte ihn vorsichtig an. Es war gar nicht so schwierig sich mit ihm zu unterhalten. Er machte es einem leicht.
 

"Ich weiß noch nicht, ob ich mir die Mühe mache, mich daran zu gewöhnen", kam ein bissiger Kommentar von Sasuke. Scheinbar hatte er trotz seines Getippes ihrer Unterhaltung zugehört.
 

Sakura warf einen prüfenden Blick zu Fugaku und ihrer Mutter, die beiden unterhielten sich immer noch und scheinbar hatten sie nur Augen füreinander. Sie bekam gerade noch mit wie Itachi Sasuke nachdenklich ansah und Sasuke genervt die Augen verdrehte und wieder auf sein Smartphone sah.
 

Danach kam irgendein Geschäftsfreund von Fugaku zu ihnen an den Tisch der offenbar unbedingt 'Hallo' sagen wollte und es entstand eine oberflächliche Vorstellerei gepaart mit inhaltslosen Höflichkeiten.
 

Und, warum auch immer, Sakura hätte absolut keine Lust darauf gehabt, verabredeten Fugaku und ihre Mutter sich mit dem Mann und seiner Frau dazu die beiden nach dem Essen noch zu irgendeiner Einweihungsfeier eines gemeinsamen Bekannten zu begleiten.
 

"Itachi wärst du so nett, Sasuke und Sakura mit deinem Auto nach Hause zu fahren?", fragte Fugaku in einem Ton, der mehr eine Anweisung als eine Frage war. Aber Itachi schien damit kein Problem zu haben.
 

Damit war das Essen überstanden. Sakura nahm hinten in Itachis Auto platz, während Sasuke vorne einstieg.
 

"Hast du am Wochenende Zeit?", fragte Sasuke seinen Bruder.
 

"Leider nicht, ich muss lernen und bin auf einer Party eingeladen zu der ich gerne gehen würde. Willst du mitkommen?"
 

"Danke, kein Interesse", erwiderte Sasuke.
 

Itachi warf ihm wieder einen kurzen Blick zu und Sakura war ganz zufrieden damit, dass sie scheinbar vergessen worden war. Unsichtbar und in der Beobachtungsrolle fühlte sie sich einfach am wohlsten. Aber leider hatte sie sich zu früh gefreut.
 

"Mach doch was mit Sakura", schlug Itachi vor. "Dann könnt ihr euch besser kennenlernen und Sakura hat es vielleicht etwas leichter sich bei uns zuhause zu fühlen."
 

Itachi warf Sakura im Rückspiegel einen freundlichen Blick zu und sie beeilte sich den erschrockenen Ausdruck von ihrem Gesicht verschwinden zu lassen.
 

"Du brauchst mir kein Programm zu organisieren Itachi", sagte Sasuke kühl. "Ich habe Freunde und genug Partys auf die ich gehen könnte, okay?"
 

"Das war nicht so gemeint und das weißt du auch", sagte Itachi ruhig. "Aber bitte, wenn du es dir mal wieder unnötig schwer machen willst..."
 

Sasuke schnaubte genervt.
 

"Nimm es nicht persönlich", sagte Itachi und warf Sakura im Rückspiegel wieder einen Blick zu. "Sasuke hat gerne schlechte Laune."
 

"Halt den Mund!"
 

"Sei einfach etwas netter, du wirst nicht daran sterben!"
 

"Ähm, kein Problem, ich hatte eh schon was anderes vor-", setzte Sakura an.
 

Irgendwie störte es sie, dass es nun so rüber kam, als hinge es nur von Sasuke ab, ob sie was zusammen unternehmen würden. Sie hatte überhaupt keine Lust etwas mit ihm zu unternehmen.
 

"Bestimmt hattest du das", sagte Sasuke höhnisch und einem Tonfall, der deutlich zeigte, dass er sich das kaum vorstellen konnte. Damit hatte er auch leider recht, Sakura hatte an den Wochenenden eigentlich nie etwas vor, außer vielleicht mit Hinata. Und das war auch gut so.
 

"Sasuke!", sagte Itachi und klang damit ein bisschen wie sein Vater.
 

Anders als bei seinem Vater schien das Sasuke aber nicht zu beeindrucken.
 

"Ich meine ja nur...", sagte Sasuke in einem nicht überzeugenden Unschuldston. "Weil sie so viele Freunde hat. Ach...nein...moment, ich habe vergessen, dass sie ja für gewöhnlich von allen übersehen wird."
 

"Da kannst du nur von dir sprechen", sagte Itachi beiläufig. "Als ich noch auf der Schule war, ist Sakura mir und meinen Freunden durchaus aufgefallen."
 

Er lächelte sie wieder im Rückspiegel an. "Du warst damals schon sehr hübsch. Allerdings definitiv zu jung für uns."
 

Sakuras Kopf fühlte sich schon wieder etwas erhitzt an. Sie fühlte sich gerade überallemaßen geschmeichelt. Allerdings, vielleicht hatte Itachi das auch nur gesagt, um nett zu sein und es stimmte gar nicht.

Was sollte sie nun dazu sagen? Doch es wurde ihr erspart darüber nachzudenken, denn sie waren gerade beim Haus der Uchihas angekommen und sie konnte vorgeben sich mit ihrem Gurt zu beschäftigen.
 

"Also, wir sehen uns Sasuke!", sagte Itachi und wandte sich zu ihr um als Sasuke das nur mit einem 'hn' kommentierte und ausstieg.
 

"Viel Erfolg beim Eingewöhnen!", sagte er mit einem Lächeln. "Bis demnächst!"
 

"Ja, danke fürs Fahren!", sagte Sakura und schloss die Autotür.
 

Sasuke war schon auf der Treppe nach oben und drehte sich nicht nochmal nach ihr um, als sie bei der Haustür ankam. Sie hängte ihre Jacke auf und hörte oben seine Zimmertür zufallen.
 

Etwas unsicher ging sie in die Küche, um sich Wasser zu nehmen. Sie war aufgefordert worden sich einfach zu bedienen, doch es fühlte sich dennoch an, als würde sie etwas Verbotenes tun.
 

Als sie wieder in den Flur trat, um nach oben zu ihrem Zimmer zu gehen, zuckte sie zusammen, als es direkt neben ihr an der Tür klingelte. Verschreckt sah sie hinüber.
 

Sie wohnte jetzt auch hier, also sollte sie wahrscheinlich auch die Tür öffnen, wenn es klingelte. Sie sah kurz zur Treppe aber Sasuke war nicht zu sehen. Vorsichtig drehte sie sich zur Tür und dann öffnete sie. Sofort wünschte sie sich, sie hätte es gelassen. Ino stand davor.
 

"Das war also wirklich eurer Ernst heute Mittag", sagte sie überheblich. "Ich hatte fast gehofft, das wäre ein merkwürdiger Scherz!"
 

Sakura entschied das einfach zu übergehen.
 

"Ähm, du bist mit Sasuke verabredet?", fragte sie vorsichtig. Sollte sie Ino jetzt reinlassen? Hatte Sasuke die ganze Zeit mit Ino geschrieben?
 

"Also zu dir wollte ich sicher nicht!", sagte Ino schnippisch und kam einfach rein, bevor Sakura sich entschieden hatte, was nun zu tun war.
 

Aber offenbar war das richtig gewesen, denn Sasuke tauchte oben an der Treppe auf und sagte: "Hallo."
 

Ino eilte freudig auf ihn zu und Sakura schloss die Haustür und ging ebenfalls langsam auf die Treppe zu. Als sie oben ankam waren die beiden zum Glück schon in Sasukes Zimmer verschwunden.
 

Sakura bemühte sich kein Geräusch zu machen und als sie endlich die Zimmertür hinter sich abgeschlossen hatte, atmete sie erleichtert aus. Dann ließ sie sich aufs Bett fallen und rief Hinata an, die auf den neusten Stand gebracht werden und jedes Detail hören wollte. Das war das erste Mal an diesem Tag, dass Sakura sich wohl fühlte.
 

Sie telefonierte oft stundenlang mit Hinata und manchmal redeten sie dabei auch mal eine Weile nicht und jeder ging seinen eigenen Beschäftigungen nach. Trotzdem waren sie dann irgendwie beieinander und das war schön. Manchmal scherzten sie lachend darüber, dass sie eh nichts mit einem Jungen anfangen könnten, weil sie quasi schon eine Beziehung miteinander führten.
 

Sakura wusste, dass es es nicht ewig so bleiben konnte. Irgendwann würde im Leben die Zeit kommen, wo sie auch ohne einander würden klarkommen müssen. Aber den Gedanken schob Sakura gerne beiseite. Noch war es nicht soweit.
 

Sie erledigten gemeinsam beim Telefonieren ihre Hausaufgaben und Sakura tauchte erst wieder aus ihrer kleinen heilen Welt auf, als ihre Mutter an ihre Tür klopfte.
 

Sakura beendete das Telefonat und ließ ihre Mutter herein, die ihr direkt erklärte, dass es keinen sehr freundlichen Eindruck machte, wenn sie völlig grundlos die Tür abschloss. Sakura nahm es schweigend hin und versuchte gar nicht erst ihr zu erklären, dass sie möglichst viel Abstand zwischen sich und Sasuke und Ino hatte bringen wollen. Das Abschließen half dabei irgendwie symbolisch. Sie wollte wirklich nicht wissen, was die beiden da drüben zusammen so trieben. Schnell schob sie diesen Gedanken beiseite.
 

Ihre Mutter schien jedenfalls zufrieden mit dem Tag und Sakura erklärte ihr nicht, dass sie nicht besonders zufrieden war. Wenn ihre Mutter etwas nicht hören wollte, hörte sie es in der Regel einfach nicht. Also sagte Sakura meistens auch nichts, wenn sich ihre Mutter nach ihrem Befinden erkundigte.
 

Den Rest des Abends verbrachte Sakura mit Lesen. Dann musste sie sich leider nach draußen wagen, um sich fürs Bett fertig zu machen.
 

Sie hatte Pech. Gerade als sie wieder in ihr Zimmer zurückkehren wollte, öffnete sich die Tür zu Sasukes Zimmer und Ino kam heraus.
 

Sasuke lehnte sich an den Türrahmen. Das Hemd, dass er zum Essengehen getragen hatte war offen und Sakura ertappt sich dabei, dass sie ihn lange genug anstarrte, um festzustellen, dass er auch mit offenem Hemd ziemlich gut aussah.
 

Schnell wandte sie den Blick ab und bemühte sich erneut nicht darüber nachzudenken, was die beiden getan oder nicht getan hatten.
 

"Bringst du mich noch zur Tür?", säuselte Ino, die Sakura, die mit ihrem Kulturbeutel im Flur stand und gerne in ihrem Zimmer wäre, noch nicht bemerkt hatte. Sakura hatte gesehen, dass im Bad Platz für sie freigeräumt worden war, aber es hatte sich für sie irgendwie zu intim angefühlt ihre Sachen dazulassen.
 

"Nein", sagte Sasuke. "Einfach geradeaus nach unten, du schaffst das schon!"
 

Ino sah enttäuscht aus. Dann fiel ihr Blick auf Sakura.
 

"Hübscher Schlafanzug!", sagte sie in sarkastischem Ton und warf sich ihre hübschen Haare arrogant über ihre Schulter.
 

"Nagut, dann bis morgen!", sagte Ino zu Sasuke und wandte sich um, um die Treppe hinunter zu gehen.
 

Sasuke sagte nichts, er sah ihr auch nicht nach, er verschränkte die Arme und musterte Sakura.
 

Sakura hob schnell ihren Kulturbeutel etwas höher, weil ihr gerade peinlich bewusst wurde, dass sie keinen BH trug und griff nach ihrer Türklinke.
 

Schnell schlüpfte sie durch die Tür und wollte sie gerade zuschieben, als Sasuke nach der Türkante griff und die Tür mit einem Ruck wieder aufdrückte. Sakura zuckte erschrocken zurück.
 

"Hey-"
 

Sasuke kam ins Zimmer uns schloss die Tür hinter sich.
 

"Was-"
 

"Ich will mir dir reden", sagte Sasuke ruhig.
 

"Jetzt?", fragte Sakura entsetzt. Sie musste sich bemühen in sein Gesicht und nicht auf seinen freien Oberkörper zu sehen. Gerade verfluchte sie die Tatsache, dass sie so gänzlich unerfahren und damit leicht aus der Ruhe zu bringen war.
 

"Keine Sorge, mit dem Schlafanzug komme ich zurecht", sagte Sasuke mit einem Grinsen.
 

Sakura umklammerte den Kulturbeutel und funkelte ihn wütend an.
 

"Okay, dann sag was du sagen willst und dann geh bitte wieder!"
 

Aber Sasuke schien es nicht besonders eilig zu haben. Er deutete auf ihre Kartons. Sie hatte noch keine Anstalten gemacht irgendetwas auszupacken.
 

"Ahh, du bist dir auch noch nicht ganz sicher, ob sich das mit dem Eingewöhnen lohnt, was?"
 

"Sasuke, was willst du?", fragte Sakura. Langsam machte er sie wütend. Wie konnte man nur so unglaublich dreist sein?
 

Sasuke schien das nicht aufzufallen. Er schlenderte gelassen zu ihrem Schreibtisch hinüber und warf einen Blick auf ihre Hausaufgaben. Dann drehte er sich wieder zu ihr um.
 

"Und, bist du schon dabei dich in Itachi zu verlieben?", fragte er beiläufig und steckte die Hände in die Hosentaschen.
 

Anders als Sakura schien es ihm überhaupt nicht peinlich zu sein, dass er mit offenem Hemd vor ihr stand.
 

"Was?", erwiderte sie verdutzt. "Nein!"
 

"Na, dann gebe ich dir einen guten Rat Schwesterherz", das letzte Wort betonte er übertrieben. "Lass es bleiben. Alle verlieben sich immer in Itachi."
 

"Ich nicht!", sagte Sakura. "Aber ich wüsste auch nicht, was dich das an ginge! Sag mir was du willst oder geh, du bist ja sicher nicht deswegen gekommen!"
 

"Na schön", sagte Sasuke kühl und machte drei schnelle Schritte auf sie zu, bis er so nah vor ihr stand, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. Sakura wäre am liebsten zurückgewichen. Aber sie wollte auf keinen Fall zulassen, dass er glaubte, er könnte sie einschüchtern.
 

"Ich hab ne Regel für dich und an die solltest du dich halten, es sei denn du hast Lust darauf richtig Probleme mit mir zu bekommen", sagte Sasuke leise und irgendwie war sein Gesicht viel zu nahe an ihrem. War seine Stimme immer so tief?
 

"Was?", fragte Sakura schwach und verwirrt. Er war ihr viel zu nahe, sie mochte das nicht!
 

"Jetzt hör doch mal auf dieses Ding zu zerquetschen", sagte Sasuke ungeduldig und genervt, riss ihr den Kulturbeutel aus der Hand und warf ihn neben ihnen aufs Bett.
 

Sakura stolperte erschrocken zurück und spürte die Wand im Rücken. Sasuke kam ihr nach und stützte einen Arm an der Wand neben ihrem Kopf ab.
 

"Was für eine Regel?", fragte sie tapfer und in dem Versuch ihn möglichst schnell loszuwerden. Am liebsten hätte sie ihn weggestoßen, aber dazu hätte sie ihn anfassen müssen und das war das letzte was sie wollte.
 

"Sprich nicht über mich."
 

"Was? Wieso sollte ich-"
 

Er ließ sie nicht ausreden. "Ich mag mein Leben genau so, wie es jetzt ist. Ich will nicht, dass sich daran etwas ändert, nur weil du Hinata oder sonst wem in der Schule erzählst, was ich so mache hier zu Hause. Genauso erzählst du meinem Vater oder deiner Mutter nichts, was ich so in der Schule oder meiner Freizeit treibe. Verstanden?"
 

"Ich hatte nicht vor mit jemandem über dich zu reden und zu Hinata sage ich, was ich will! Könntest du jetzt bitte gehen?"
 

"Erst wenn du diese Regel akzeptiert hast."
 

"Das ist doch bescheuert! Ich lasse mir von dir nichts vorschreiben-"
 

Sasuke stützte den anderen Arm auch neben ihrem Kopf ab. Er war ihr einfach viel zu nahe, sie konnte kaum klar denken.
 

"Doch. Ich glaube schon", sagte er leise und es klang bedrohlich. "Es kommt dir vielleicht nicht so vor, aber im Moment bin ich nett zu dir. Willst du rausfinden, wie es ist, wenn ich nicht nett bin?"
 

Sakura starrte ihn an. Er war doch total durchgeknallt.
 

"Wenn du jetzt nicht gehst, dann werde ich schreien!" Sie sagte es fest entschlossen. Und sie meinte es auch so. "Und dann wird dein Vater kommen und ich werde ihm sagen, dass du mich belästigt hast!"
 

Sasuke starrte sie an, jetzt war er ganz eindeutig wütend. Dann stieß er sich kommentarlos von der Wand ab, trat einen Schritt zurück, drehte sich um und ging zur Tür. Er öffnete sie, trat hindurch und knallte sie zu.
 

Sakura stand da und versuchte zu verstehen, was gerade passiert war. Dann lief sie zur Tür und schloss ab. Zweimal.

Hormone

Seine Haut fühlte sich heiß und glatt an unter ihren Fingern und seine Berührungen verursachten ein kaum erträgliches Kribbeln in ihrem ganzen Körper. Er roch so gut und sie wollte mehr. Mehr von ihm, von seinem Interesse, von seiner Leidenschaft. Sie konnte ihr eigenes Verlangen kaum ertragen. Seine schwarzen Haare fühlten sich so unglaublich weich an und ...
 

Erschrocken riss Sakura die Augen auf. Die Empfindungen, die sie vor Sekunden noch wildes Glück hatten verspüren lassen, verschwanden beinahe sofort. Sie hatte gerade von Sasuke geträumt!
 

Dieser Gedanke schockierte sie so sehr, dass sie sofort hell wach war. Sie schlug die Decke zurück und stand rasch auf, so als ob ihr Bett etwas Widerliches wäre, das sie unter keinen Umständen weiter berühren wollte.
 

Während sie neben ihrem Bett stand, versuchte sie immer noch zu registrieren, was passiert war. Der Traum und die damit verbundenen Bilder und Erinnerungen verflogen schon ins Vergessen. Aber sie konnte es nicht leugnen. Sie hatte von Sasuke geträumt. Und davon, dass er sie berührte. Und es hatte ihr gefallen. Dabei konnte sie ihn doch nicht ausstehen!
 

Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es erst sechs war. Zu früh zum Aufstehen. Aber der Schock hatte ihr einen Adrenalinschub versetzt, irgendwo musste sie jetzt hin mit dieser Energie.
 

Also suchte sich Sakura ihre Klamotten für den Tag, unauffällig wie wie immer, und ihre Hygieneartikel zusammen, irgendwie war ihr der Kulturbeutel unangenehm, seit Sasuke ihn gestern angerührt hatte, aber diesen Gedanken schob sie bei Seite und sie ging leise über den Flur ins Bad der oberen Etage. Dort nahm sie erstmal eine ausgiebige Dusche. Und zwar kalt. Zur Strafe für diesen komplett bescheuerten Traum! Naja und auch damit sie sich endlich nicht mehr so elektrisiert fühlte. Das kalte Wasser half.
 

Sie drehte es wieder wärmer und lehnte ihre Stirn an die Fliesen der Duschwand. Was war nur los mit ihr?
 

Doch eigentlich brauchte sie sich nicht zu wundern. Eigentlich war das einfach zu beantworten.
 

Sie war siebzehn Jahre alt, ein Alter in dem es eigentlich wirklich Zeit gewesen wäre, sich mal mit dem anderen Geschlecht zu beschäftigen. Sie hatte noch nicht mal jemanden geküsst, geschweige denn angefasst. Sie war vollkommen unerfahren und vielleicht sehnte sich ihr Körper nach Berührungen, obwohl sie vom Kopf her entschieden hatte, dass sie keine Männer in ihrem Leben wollte und brauchte.
 

Noch nie war ihr jemand so nahe gekommen wie Sasuke gestern. Sie konnte sich noch immer an die Wärme erinnern, die seine Haut ausgestrahlt hatte und sie hatte seinen Atem auf ihren Lippen spüren können, so nah war sein Gesicht vor dem Ihren gewesen.
 

Sasuke hatte sie vielleicht nur einschüchtern wollen, weil er hatte erreichen wollen, dass sie tat, was er verlangte. Aber auf ihren dummen, unerfahrenen Körper hatte diese Nähe eben irgendwie anziehend gewirkt. Und Sasuke sah nun mal gut aus, das ließ sich beim besten Willen nicht abstreiten. Sehr gut sogar. Sie kannte sonst niemanden, der so gut aussah. Außer Itachi vielleicht.
 

Der Fall war also vollkommen klar. In ihrer Unerfahrenheit, in ihrem Alter und bei der plötzlichen, unerwarteten Nähe war es total normal, dass ihr Unterbewusstsein diesen Traum daraus gemacht hatte. Rein biologisch gesehen war sie in der Lage sich fortzuplanzen und das hatte ihr Körper ihr signalisieren wollen. Das war auch nicht weiter schlimm. Dann hatte sie eben von Sasuke geträumt, na und? Leiden konnte sie ihn deshalb dennoch nicht. Und Lust etwas mit ihm anzufangen hatte sie auch keine. Und verlieben könnte sie sich in so einen Vollidioten ohnehin niemals. Auf gar keinen Fall. Die Vorstellung war einfach lächerlich. Also gab es kein Problem. Es ging nicht um ihn, er war einfach zufällig da gewesen und hatte damit zufällig diesen Traum ausgelöst.
 

Sakura stellte entschlossen das Wasser ab und stieg aus der Dusche. Sie würde sich einfach von ihm fernhalten. Sie konnte sich sehr wohl disziplinieren und nach dem gestrigen Tag hatte sie sowieso beschlossen, dass sie ihm aus dem Weg gehen würde.
 

Nicht weil sie Angst vor ihm und seinen lächerlichen Drohungen hatte, sondern weil er ihr gehörig auf die Nerven ging. Er wollte nicht, dass sich durch ihren Einzug hier etwas in seinem Leben änderte. Nun, das war die eine Sache, in der sie sich einig waren. Das wollte sie auch nicht.
 

Nur weil sie nun Tür an Tür wohnten, musste sie keine Zeit mit ihm verbringen. Ihre Mutter war nicht der Typ für regelmäßige, gemeinsame Mahlzeiten und Fugaku Uchiha sicher auch nicht. Sasuke und sie würden sich nicht viel sehen müssen und bei gelegentlichen unvermeidbaren Zusammentreffen würde sie einfach so wie in der Schule auf ihn reagieren. Nämlich gar nicht.
 

Und damit konnte sie heute morgen gleich anfangen. Auf keinen Fall wollte sie mit ihm zusammen zur Schule fahren. Sie würde laufen und dabei gleich mal herausfinden, ob es geschickte Verbindungen mit der U-Bahn gab, früh genug aufgestanden war sie ja.
 

Ihre Mutter und Sasuke schienen noch zu schlafen und von Fugaku Uchiha war auch nichts zu sehen. In der Küche schnappte sie sich rasch einen Toast für den Weg und verließ dann mit ihren Schulsachen das Haus. Ihre Laune stieg. Es schien wieder ein schöner Frühlingstag zu werden.
 

In der Schule erzählte sie alles Hinata, die für Sasuke eine Reihe nicht allzu schmeichelhafter Namen erfand. Und sie stimmte Sakuras Interpretation des Traumes zu, auch sie fand, dass sie beide schlicht zu unerfahren waren und deshalb so heftig auf sowas reagierten.
 

Jedes Mal, wenn Sakura Sasuke an diesem Tag sah, drehte sie sich einfach in die andere Richtung und blendete ihn aus, wenn sie ihn etwas sagen hörte. Daher hatte sie auch keine Ahnung, ober er noch verärgert war. Es war ihr egal.
 

Am Nachmittag blieb sie noch mit Hinata in der Bibliothek, sodass sie nicht mit ihm zurückfahren musste. Im Haus der Uchihas blieb Sakura, wie sie es sonst auch getan hätte, einfach die meiste Zeit über in ihrem Zimmer und wenn sie raus kam, versuchte sie immer dann zu gehen, wenn sie wusste, dass Sasuke in seinem eigenen Zimmer war. Meistens war er das. Oft war er auch gar nicht zuhause.
 

Und so brachte sie auch den Rest der Woche gut rum, ohne ihn einmal wirklich ansehen zu müssen. Ihrer Mutter erzählte sie, sie würde extra zur Schule laufen und etwas für ihre Figur zu tun. Amaya war begeistert, weil das angeblich ihre hübschen Beine noch mehr definieren würde. Leider schlug sie auch direkt vor, dass sie doch mal gemeinsam einen hübschen Rock kaufen gehen könnten.
 

Nachmittags gewöhnte Sakura sich an, länger in der Schule zu bleiben, um direkt ihre Hausaufgaben zu erledigen. Das war gar nicht schlecht. Meistens leistete Hinata ihr Gesellschaft und es war super nach Hause zu kommen und schon mit allem fertig zu sein.
 

Und so kam es, dass sie erst am Samstag wieder in die Situation kam, dass sie mit Sasuke sprechen musste.
 

Am Abend zuvor war Fugaku zu irgendeiner Geschäftsreise aufgebrochen, und weil er erst am Montag zurückkommen würde, hatte ihre Mutter ihn begleiten wollen. Sakura hatte nichts dagegen. Sie hatte gern ihre Ruhe und wenn ihre Mutter weg war, sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie gezwungen wurde mit ihrer neuen Familie essen zu gehen oder sowas.
 

Sakura war früh aufgestanden, um sich Frühstück machen zu können, bevor Sasuke aufwachen würde. Sie hatte sich einen Kaffee gekocht und sich ein Müsli zubereitet und hatte vor beides mit nach oben zu nehmen und es beim Lesen im Bett zu verspeisen, als sie Sasukes Zimmertür hörte. Und offenbar wollte er nicht ins Bad. Mist. Blöd gelaufen.
 

Einen Moment später erschien Sasuke in der Küche. Zu ihrem Unglück nur mit einer schwarzen Jogginghose bekleidet, in der er wahrscheinlich geschlafen hatte. Wieso konnte er nicht hässlich sein?
 

"Morgen", brummte er und ging zielstrebig zum Kühlschrank.
 

Er nahm eine Flasche Wasser heraus und trank sie halb leer, als wäre er am verdursten. Sie hatte gehört, dass er gestern Nacht erst spät gekommen war. Vielleicht war er mit Naruto und Neji unterwegs gewesen und hatte getrunken. Er sah irgendwie verkatert aus.
 

Sakura nahm ihren Kaffee und ihr Schälchen in die Hand, um nach oben zu gehen.
 

"Läufst du vor mir weg?"
 

Das war eine direkte Frage, die konnte sie jetzt nicht einfach ignorieren. Allerdings...wieso eigentlich nicht? Sie ging einfach weiter an ihm vorbei in Richtung Küchentür.
 

"Hey!"
 

Sasuke trat vor sie und versperrte ihr den Weg. "Sprichst du jetzt nicht mehr mit mir oder was?" Er schien verärgert.
 

"Nicht, wenn es sich vermeiden lässt", sagte Sakura knapp.
 

"Sasuke lachte aber es klang freudlos. "Komm schon, das ist albern!"
 

"Würdest du bitte zur Seite gehen? Ich möchte in mein Zimmer."
 

Sasuke sah sie verärgert an. Dann trat er widerwillig einen Schritt zur Seite. Glück gehabt. Damit seinen Vater zu rufen, hätte sie ihm dieses Mal nicht drohen können. Der war schließlich nicht da.
 

"Danke." Sakura ging auf die Küchentür zu.
 

"Ist meine Gegenwart so unerträglich für dich?"
 

Sie drehte sich wieder zu ihm um. Wieso beschäftigte ihn das denn jetzt auf einmal?
 

Sakura zuckte mit den Schultern. "Ich bin nicht sauer oder so. Aber ich mache mein Ding und du Deins. Das wolltest du doch selbst so. Also verstehe ich nicht, was dein Problem ist."
 

Sie wandte sich wieder zum Gehen. Die Kaffeetasse in ihrer Hand war ziemlich heiß. Nächstes Mal musste sie eine mit Henkel nehmen.
 

Leider kam Sasuke ihr nach und sie war gezwungen langsam zu gehen, um nicht den Kaffee auf den teuer aussehenden Teppich der Treppe zu schütten.
 

"Trotzdem kannst du was erwidern, wenn ich 'Guten Morgen' sage, oder?", fragte er und stieg neben ihr die Stufen hoch. "Sonst komme ich mir irgendwie vor, als hätte ich dir was Schlimmes angetan."
 

Hä? Was wollte er plötzlich von ihr? Was war los mit ihm?
 

"Oh, tut mir leid, wenn ich deine Gefühle verletzt habe", sagte sie. "Ich hab vergessen, dass du das nicht gewohnt bist, normalerweise bist du ja der, der keine Rücksicht auf die Gefühle seiner Mitmenschen nimmt!"
 

Er machte sie wütend. Aber vor allem hätte sie gerne kurz die heiße Tasse abgestellt. Nur würde sie dann stehenbleiben müssen. Die brennende Hitze machte sie ziemlich reizbar.
 

"Wie du meinst" sagte Sasuke kühl. "Entschuldige, dass ich versucht habe nett zu sein! Für so ein Gezicke hab ich echt zu dolle Kopfschmerzen!"
 

Er beschleunigte seine Schritte, öffnete seine Zimmertür und knallte sie hinter sich zu.
 

Sakura bückte sich sofort und stellte ihre Tasse auf der obersten Stufe der Treppe ab. Ihre Hand war schon ziemlich rot. Sie wedelte damit in der Luft herum, damit sie etwas abkühlte, wechselte mit dem Schälchen und der Tasse die Hände und trat den Rest des Weges zu ihrem Zimmer an.
 

Drinnen nahm sie kurz wahr, dass sie sich schlecht fühlte, weil sie ziemlich fies gewesen war. Aber dann fiel ihr wieder ein, dass Sasuke eigentlich derjenige war, der ständig fies zu allen war und das schlechte Gewissen verschwand ziemlich schnell. Er war doch nur sauer gewesen, weil sie ihm nicht die Aufmerksamkeit zukommen ließ, die er gewohnt war.
 

Sie verbrachte einen friedlichen Tag für sich und machte sich dann auf den Weg zu Hinata. Sie hatten vor einen Filmabend zusammen zu machen.
 

Das taten sie öfter und meistens übernachtete Sakura bei Hinata. Neji wohnte im gleichen Haus, aber Samstag Abends war er nie zu Hause, wahrscheinlich ging er mit Naruto und Sasuke auf Partys oder so. Hinatas Eltern waren auch oft nicht da und so hatten sie das große Haus nicht selten ganz für sich und genossen die Freiheit. Nicht, dass sie etwas besonders Verbotenes oder Spannendes getan hätten aber trotzdem.
 

Sasuke saß allein in der Küche und frühstückte gerade, als Sakura am Sonntag um halb zwölf wieder das Haus betrat.
 

"Hallo", sagte er und sah auf, als sie in die Küche kam, um sich etwas zu trinken mit nach oben zu nehmen. Immerhin war er dieses Mal vollständig angezogen.
 

Es bekam ihr nicht gut ihn halb nackt zu sehen. Sie hatte doch gestern beim Einschlafen tatsächlich darüber nachgedacht, dass seine Schultern sehr hübsch waren. Das nervte. Diese blöden Hormone!
 

"Hi", sagte sie.
 

Sie hatte eine gute Zeit mit Hinata gehabt und war gut gelaunt. Außerdem war ein kurzes 'Hi' besser als eine Diskussion darüber, warum sie es nicht gesagt hatte.
 

Sakura nahm sich ein Glas aus dem Schrank und drehte sich zum Tisch, weil Sasuke die Wasserfalsche bei sich stehen hatte.
 

Sasuke gab der Flasche netterweise einen Schubs in ihre Richtung, sodass sie etwas auf Abstand bleiben konnte.
 

"Danke", sagte sie und griff danach.
 

"Wo warst du?"
 

Sie hatte sich gerade etwas einschenken wollen, doch nun hielt sie inne und sah ihn an.
 

"Ähm, bei Hinata." Warum sagte sie ihm das? Hatte sie doch noch ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn gestern so angezickt hatte?
 

"Ah."
 

"Wieso fragst du?"
 

"Nur so."
 

Sie goss sich endlich Wasser ein, schraubte die Flasche zu, stellte sie auf den Tisch zurück und nahm ihr Glas. Sollte sie ihn auch fragen, was er getan hatte? Eigentlich war es ihr relativ gleichgültig. Also sollte sie wohl auch kein Interesse vorheucheln.
 

"Okay, also... bis dann!", sagte sie und verließ die Küche. Sasuke sagte nichts.

Alkohol

Sakuras Leben verlief zufriedenstellend normal weiter. Sie gewöhnte sich langsam an ihre neue Umgebung. Der einzige Störfaktor blieb Sasuke. Und Sakura blieb dabei, sie ging Sasuke aus dem Weg. Einmal von ihm zu träumen hatte ihr echt gereicht. Sie musste ihre Hormone ja nicht noch anstacheln.
 

Außerdem waren Sasukes Stimmungschwankungen unberechenbar. Manchmal kam aus dem nichts irgendein fieser Spruch in ihre Richtung und an anderen Tagen sagte er verhältnismäßig freundlich 'Hallo', wenn er ihr begegnete. Oft ignorierte er sie auch. Das war definitiv das von ihr favorisierte Verhalten, aber leider schien er sich auf keine Variante festlegen zu wollen. Vielleicht machte es ihm Spaß Leute zu verwirren.
 

Kontakt zu Sasuke hieß Nerverei, kein Kontakt zu Sasuke hieß Ruhe und Frieden. Und das war es, was sie in ihrem Leben wollte. Ihre bisherige Taktik, bestehend aus der Vermeidung von gemeinsamen Fahrten zur Schule und zurück und ein paar kleinen zeitlichen Anpassungen von dem, was sie außerhalb ihres Zimmers zu erledigen hatte, falls Sasuke in der Nähe war, funktionierte blendend. Tatsächlich wurde sie sogar besser darin Sasuke zu meiden, weil sie ihn allein durch beiläufige Beobachtung besser kennen lernte. Und das nutze sie zu ihrem Vorteil.
 

Sasuke ging Abends oft aus. Auch unter der Woche aber besonders am Wochenende. Manchmal kamen Neji und Naruto vorbei, meistens wenn Sasukes Vater nicht da war. Ino hatte Sakura nur noch einmal bei ihm gesehen.
 

Wenn Sasuke zu Hause war, dann war er meistens in seinem Zimmer. Ein Ort, den sie mied. Sie hatte noch nie einen Blick ins Innere erhascht und sie versuchte es auch nicht. Was er da trieb war seine Sache, Hauptsache er kam nicht in ihr Zimmer. Das hatte er nicht nochmal versucht und sie tat alles, um ihm dafür weder Anlass noch Gelegenheit zu verschaffen. Das war ihr Rückzugsort. Der Ort, an dem nur sie das Sagen hatte und an den ohne ihre Erlaubnis niemand durfte. Es war schlimm genug, dass er sich bereits einmal darüber hinweggesetzt hatte.
 

Wenn sie doch etwas von ihm mitbekam, war Sasuke meistens schlecht gelaunt oder genervt und dafür wurde er ständig von seinem Vater kritisiert. Überhaupt schien Fugaku zu finden, dass Sasuke eher mehr lernen sollte, als mit seinen Freunden zu trinken und von einer Party zur nächsten zu gehen. Dann wurde ihm immer vorgehalten, dass Itachi alles besser machen würde.
 

Alle paar Tage schien Sasuke auch mit Naruto und Neji ins Fitnesstudio zu gehen, zumindest verließ er ab und zu mit seiner Sporttasche das Haus und Sakura hörte unfreiwillig, wie sie in der Schule darüber redeten. Beziehungsweise eigentlich lachten Sasuke und Neji über jemanden, den sie dort kannten und Naruto teilte ihnen mit, dass sie beide gehässige oberflächliche Mistkerle seien. Sakura stimmte ihm im Stillen zu und hörte weg. Darin hatte sie schließlich seit Jahren Übung.
 

Und so war Sakura gut zwei Wochen lang zufrieden mit ihrer Situation. Zumindest soweit das unter den gegebenen Umständen möglich war. Dann passierte etwas, von dem sie nicht so recht wusste, was sie davon halten sollte.
 

Es war Freitag und das Wochenende stand kurz bevor. Den ganzen Tag schon hatten Hinata und Sakura Ino zuhören müssen, die laut davon erzählte, wie toll die Party werden würde, die sie an diesem Abend bei sich veranstalten würde.
 

Hinata und sie kümmerten sich darum nicht. Sie waren nicht eingeladen. Sie wurden so gut wie nie bedacht, wenn es um sowas ging. Nicht zuletzt vielleicht auch aus dem Grund, dass sie beide noch nie Interesse an derartigen Dingen gezeigt hatten. Naja, und weil sie wahrscheinlich einfach uncool waren.
 

Deswegen war es höchst merkwürdig, dass nach Ende der letzten Stunde plötzlich Ino vor ihrem Platz auftauchte. Sie schnappte sich offensichtlich gut gelaunt einen Stuhl, drehte ihn beschwingt herum und setzte sich zu ihnen.
 

"Hi ihr beiden!"
 

"Hallo", erwiderte Sakura skeptisch.
 

"Sakura, Hinata", sagte Ino beschwingt und freundlich, "wollt ihr heute Abend nicht auch kommen?"
 

Hinata sah sie nur verständnislos an und Sakura brachte gerade noch ein irritiertes 'Was?' hervor. Nicht sehr geistreich. Aber sie war davon schlicht kalt erwischt worden.
 

"Die ganze Klasse ist eingeladen!", sagte Ino. "Ihr könnt euch doch nicht euer Leben lang hinter euren Büchern verkriechen! Ihr solltet kommen! Mal was anderes machen! Ich weiß, das ist nicht so euer Ding, aber überlegt es euch, ich würde mich freuen! Oder spricht etwas dagegen?"
 

Sakura tauschte einen Blick mit Hinata. Das war scheinbar ein Fehler, denn offenbar hatten sie ihre Chance verpasst Einspruch zu erheben.
 

"Gut! Das wäre dann abgemacht!", sagte Ino zufrieden und klatschte in die Hände. "Ihr wisst ja wo ich wohne! Bringt einfach irgendwas mit, das ihr gerne trinken wollt! Ab 21 Uhr geht es los!" Damit stand sie auf, wandte sich um und verließ den Raum in Richtung Wochenende.
 

In ihrem üblichen Versuch Sasuke und Neji zu meiden gingen Hinata und Sakura in die Bibliothek. Allerdings kamen sie nicht dazu Hausaufgaben zu erledigen, da sie das eben Geschehene zu erörtern hatten. Es brachte nichts. Ihnen fiel beim besten Willen nicht ein, was Ino damit bezwecken wollte.
 

"Vielleicht war es einfach nett gemeint?", fragte Hinata schließlich.
 

Auf jeden Fall mussten sie nun eine Entscheidung treffen. Sie konnten Inos Unmut riskieren und bei ihrem normalen Verhalten bleiben und nicht auf die Party gehen.

Oder sie konnten mal was Neues probieren, auf eine Party gehen und vielleicht herausfinden, ob Ino irgendeinen bestimmten Zweck mit dieser Einladung verfolgt hatte. Beides schien auf seine Art verlockend.
 

Sie entschieden das Thema zu vertagen. Doch als Sakura später um halb neun frisch geduscht auf ihrem Bett lag und alle Hausaufgaben erledigt waren, fand sie ihr momentanes Buch irgendwie nicht mehr so interessant, wie sie gestern noch gedacht hatte. Passenderweise rief in diesem Moment Hinata an.
 

"Was wenn sie uns irgendwie reinlegen will, um uns zu ärgern?", gab Sakura zu bedenken.
 

"Aber was hätte sie davon?", meinte Hinata sofort. "Ino ärgert doch nur Leute, die sie für wichtig hält, uns findet die doch komplett irrelevant!"
 

"Auch wieder wahr."
 

Sie schwiegen beide.
 

"Du willst hingehen, oder?", fragte Sakura schließlich in die Stille. Sie fühlte ihr Herz klopfen. Wieso war sie jetzt aufgeregt? Das war doch total bescheuert. Partys waren bescheuert. Leute, die auf Partys gingen waren auch meist bescheuert.
 

Eine leise, fiese Stimme irgendwo in ihrem Kopf sagte: "Oder willst du das bloß alles blöd finden, weil du dich nicht traust? Du kannst gar nicht wissen, ob du das nicht magst, du hast es noch nie ausprobiert. Du verpasst vielleicht den ganzen Spaß, den du in deiner Jugend haben könntest, weil du dich immer für die sichere Option entscheidest."
 

Vielleicht ging Hinata etwas ähnliches durch den Kopf, denn sie sagte zögerlich: "Ja. Ich glaube wir sollten gehen. Einfach um es mal auszuprobieren. Wenn es so ist, wie wir es uns vorstellen, lassen wir das in Zukunft wieder. Aber dann haben wir uns wenigstens bewusst entschieden, dass wir sowas nicht mögen und lassen es nicht nur, weil wir ohnehin nicht eingeladen werden. Was meinst du?"
 

"Ja", antwortete Sakura. Ihr Herz fand das ganze scheinbar wirklich ziemlich aufregend. "Okay. Wir gehen."
 

Nachdem der Entschluss nun gefasst war, war ihr leichter zu Mute. Sie hasste es, wenn sie unentschlossen war.
 

Hinata schlug vor, dass sie einfach eine Flasche Wein von zuhause mitbringen könnte. Das war also geklärt und sie mussten sich nur noch zurechtmachen. Aber das war leichter gesagt als getan.
 

Sakura war nicht sicher, was sie am besten tragen sollte. In ihrer kleinen eigenen Welt hatte sie alles im Griff. Aber außerhalb ihres gewohnten Bereichs fühlte sie sich unsicher. Am liebsten hätte sie sich zum Zurechtmachen noch vorher mit Hinata getroffen, aber es war nun schon halb zehn. Also tat Sakura etwas, was sie sonst nie tat. Sie ging runter ins Wohnzimmer und fragte ihre Mutter, ob sie auf eine Party gehen dürfte und ob sie ihr einen Rat für ihr Outfit geben könnte.
 

Amaya überschlug sich fast vor Begeisterung. Vermutlich hatte sie schon befürchtet, dass sie etwas Derartiges nie von Sakura hören würde. Und Sakura hätte sie auch am liebsten nicht gefragt, aber sie war nunmal in diesem Falle nervös, auch wenn sie alles tat um das nicht zuzugeben. Und passend angezogen, würde sie sich vielleicht etwas besser und selbstbewusster fühlen. Und wenn jemand etwas von Styling verstand, dann war das ihre Mutter.
 

Amaya suchte Sakura eine dunkle Strumpfhose, einen kurzen schwarzen Rock und ein lässiges weißes T-Shirt heraus, das sie reinstecken sollte. Dazu schlichte schwarze Chucks. Sie überredete sie sogar zu diversen dünnen Armreifen aus Gold und schwarzem Leder und ein paar dünnen, goldenen Ringen.
 

"Die passen gut zu den goldenen Nieten auf dieser kleinen Tasche hier!", schwärmte sie und hielt sie Sakura hin.
 

Sakura verweigerte den Lippenstift, aber ließ zu, dass ihr ihre Mutter ein leichtes, natürliches Make-Up auftrug. Als sie sich schließlich im Spiegel betrachtete war sie ganz zufrieden. Sie kam sich nicht so verkleidet vor, wie befürchtet hatte. Es sah hübsch zurechtgemacht, aber auch nicht übertrieben aus. Eigentlich fühlte sie sich sogar sehr wohl.
 

"Danke", murmelte sie.
 

Es fiel ihr schwer zuzugeben, dass ihre Mutter vielleicht doch manchmal ein kleines bisschen recht hatte, wenn sie sagte, dass es toll war, sich etwas herauszuputzen und sich hübsch zu fühlen.
 

Amaya strahlte. "Du bist so wunderschön!", schwärmte sie. "Schade, dass du ein paar Zentimeter zu klein bist, sonst hättest du beim Modeln noch mehr Erfolg haben können als ich!"
 

Sakura schluckte die Antwort hinunter, dass sie das für kein erstrebenswertes Ziel hielt. Sie wollte den Moment nicht kaputt machen. Es kam nicht oft vor, dass mit ihrer Mutter mal einen netten Moment hatte. Und das stellte sich als klug heraus, denn Amaya, nach wie vor gut gelaunt, fuhr sie sogar zu Hinata, von dort aus war es nicht weit. Ino wohnte nur drei Straßen von Hinata entfernt.
 

Vor Inos Haus hätten sie fast gekniffen und wären wieder umgedreht, aber dann rissen sie sich zusammen und gingen doch rein.
 

"Weißt du ob Naruto hier sein wird?", fragte Sakura leise, als sie sich etwas planlos durch die Menge schoben.
 

"Neji hat nichts gesagt, keine Ahnung", seufzte Hinata. Sie schwärmte seit Jahren für ihn. Allerdings nur ganz insgeheim. Nur Sakura wusste davon.
 

"Hat Sasuke was gesagt?"
 

"Nee, ich rede doch nicht mit ihm."
 

"Stimmt..."
 

Sakura, so wohl sie sich ein paar Momente zuvor mit ihrem Outfit noch gefühlt hatte, war sich jetzt nicht mehr so ganz sicher.
 

"Findest du auch, dass wir komisch angeschaut werden?"
 

Hinata kicherte verlegen und flüsterte zurück. "Nur du. Deine Mutter hat einfach alle deine Vorzüge perfekt betont, du siehst traumhaft aus!"
 

Sakura fühlte mal wieder dieses Hitzegefühl im Kopf aufsteigen. Doch ihr blieb nicht viel Zeit peinlich berührt zu sein.
 

Kiba und Shino aus ihrer Klasse hatten sie gerade entdeckt und nachdem sie ihrer Verwunderung Luft gemacht hatten, Hinata und Sakura auf einer Party anzutreffen, drängten sie ihnen irgendwelche Becher mit Getränken auf. Sakura nippte daran. Sie konnte nicht sagen was es war, weil sie davon keine Ahnung hatte, aber es war irgendwas Hochprozentiges.
 

Sie fragte sich, was sie und Hinata nun tun sollten. Bei den beiden bleiben? Kiba und Shino schienen das zu erwarten, aber Sakura fühlte sich irgendwie eingeengt und versuchte etwas mehr Distanz einzuhalten, doch es waren total viele Leute hier und das war gar nicht so leicht.
 

Schließlich fing sie einen Blick von Hinata auf, der es ähnlich zu gehen schien und als ein paar andere Jungs aus der Klasse auftauchten und Kiba und Shino begrüßten, verzogen sie sich schnell.
 

"Hey!", rief Kiba ihnen nach. "Wohin geht ihr?"
 

Aber sie blieben nicht stehen und schoben sich weiter durch das Gedränge, wobei sie ein bisschen nach Naruto Ausschau hielten. Doch er war nirgends zu sehen.
 

"Sakura, Hinata! Schön, dass ihr gekommen seid!"
 

Ino kam mit Karin auf sie zu.
 

"Gut seht ihr aus!", sagte Karin gut gelaunt. Sie schien schon etwas angetrunken zu sein. "Vielleicht ein bisschen zu gut", fügte sie mit einem Blick auf Sakura hinzu.
 

Ino legte Sakura den Arm um die Schultern, als sie gerade versuchte etwas zu sagen. Das schien plötzlich gar nicht so leicht, sie hatte nur ganz wenig aus ihrem Becher getrunken, aber sie spürte schon, dass sie nicht mehr ganz nüchtern war.
 

"Ihr seht allerdings so aus, als würdet ihr euch etwas verloren fühlen!", sagte Ino freundlich. "Ihr geht nicht oft aus, nicht wahr?"
 

Das konnte Sakura nicht abstreiten. Sie fühlte sich absolut verloren und hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten, oder was sie tun sollte.
 

Aber Ino und Karin nahmen die Sache in die Hand. Sie schienen gut gelaunt und offenbar hochmotiviert die beiden etwas unter ihre Fittiche zu nehmen. Und obwohl Sakura dabei langsam ein schlechtes Gefühl bekam und misstrauisch wurde, entscheid sie aus lauter Überforderung einfach darauf zu hoffen, dass Ino keinen merkwürdigen Plan verfolgte. Vielleicht machte sie der Alkohol auch langsam etwas leichtsinnig und schränkte ihr Urteilsvermögen ein. Vielleicht würde sie einfach noch eine Dreiviertelstunde aushalten und dann Hinata fragen, ob sie nicht gehen wollten. Sie fühlte sich unwohl.
 

Noch dazu fühlte sie sich langsam immer betrunkener. Ino holte ständig was neues zu trinken und Sakura hatte schon einmal ihren vollen Becher einfach heimlich weggestellt. Ihr Magen fühlte sich bereits nicht mehr so gut an. Sie versuchte mit Hinata zu reden, aber ständig kam Ino ihr zuvor, zog die beiden irgendwo hin und stellte sie irgendwelchen Leuten vor, die dann mit ihnen anstießen, sodass sie wieder trinken musste.
 

"Ich muss auf Toilette!", sagte Hinata schließlich laut, vermutlich in dem Versuch mit Sakura zu entkommen.
 

"Ich komme m-", setzte Sakura an, aber Ino legte ihr den Arm um die Schultern und sagte:
 

"Komm mit in mein Zimmer, ich wollte dich sowieso mal kurz sprechen! Karin, zeig du Hinata das Bad!"
 

Sakura ließ sich hilflos von Ino in ein Zimmer zu ihrer Linken ziehen. Fast war sie froh, dass Ino sie so fest hielt. Sie fühlte sich total betrunken. Diese letzten Schlucke waren definitiv zu viel gewesen. War das purer Alkohol gewesen? Wollte Ino, dass sie total betrunken war? Wieso war Ino nicht total betrunken? Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie wenigstens gleich erfahren würde, was hier los war.
 

"Komm, setz dich zu mir!", sagte Ino freundlich aber bestimmt und Sakura wollte zwar nicht, aber hatte das Gefühl sich dringend setzen zu müssen. Ihr war total schwindelig. Also ließ sie sich neben Ino auf die Bettkante sinken. Wie hatte sie nur in diese Situation geraten können? Was tat sie hier? Sie musste zu Hinata!
 

"Ino, ich habe zu viel getrunken, ich sollte jetzt gehen!", sagte sie möglichst klar.
 

"Jaja, gleich!", sagte Ino beiläufig und hielt ihr einen Becher hin. "Hier, trink erstmal einen großen Schluck Wasser."
 

Das ließ Sakura sich nicht zweimal sagen. Sie griff nach dem Becher, nahm einen großen Schluck in der Hoffnung ihren Durst zu stillen und erst beim Schlucken wurde ihr klar, dass das kein Wasser sondern Alkohol war. Sie stöhnte.
 

"Ups, war wohl doch kein Wasser, sorry!", sagte Ino.
 

Irgendwo in ihrem total benebelten Zustand dämmerte Sakura, dass Ino sie mit Absicht betrunken machte. Sie wollte irgendetwas von ihr. Und aus diesem Grund hatte sie sie auch eingeladen. Sakura griff sich an den Kopf. Sie konnte sich kaum konzentrieren.
 

"Jedenfalls, jetzt, wo wir mal ganz in Ruhe zu zweit reden können, wollte ich dich gerne etwas fragen", sagte Ino freundlich und im Plauderton.
 

"Was denn?", murmelte Sakura.
 

Sie war aktuell leider total hilflos, alles drehte sich, sie konnte nicht klar denken und Ino war einigermaßen nüchtern. Vielleicht hatte sie bloß so getan, als hätte sie die ganze Zeit getrunken. Sakura hatte keine Erfahrung mit Alkohol und sie hatte geglaubt, wenn sie sich ungefähr an der Menge orientieren würde, die Ino und Karin für richtig hielten, würde es schon gut gehen. Jetzt dämmerte ihr, dass sie total naiv in eine Fall getappt war. Wieso war sie so blöd gewesen? Wahrscheinlich kam sie am schnellsten hier weg, wenn sie einfach mitspielte.
 

"Ach, ich hab mich einfach gefragt, ob du mir sagen kannst, ob Sasuke eine andere hat?" Ino lächelte freundlich. Sie klang, als wäre das eigentlich gar nicht weiter wichtig.
 

"Was?", fragte Sakura verwirrt. "Ich weiß nicht...."
 

Ihr war so schrecklich schwindelig. Sie würde nie nie wieder etwas trinken!
 

"Dein Zimmer ist doch genau neben seinem!", beharrte Ino. "Da musst du doch mitbekommen, wenn ihn jemand besucht!"
 

Sakura unterdrückte ein Stöhnen. Wegen so einer lächerlichen Frage hatte Ino diese Show abgezogen? Warum? Hoffte sie, dass Sakura betrunken auskunftsfreudiger wäre? Oder dass sie sich morgen an diese Situation nicht mehr würde erinnern können?
 

"Hör mal Ino, ich hab keine Ahnung, was er treibt, okay?"
 

Sie wollte aufstehen, doch es blieb bei einem halbherzigen Versuch, denn ihre Beine fühlten sich zu instabil an.
 

"Hast du was mit ihm?", fragte Ino. Sie hatte immer noch diesen seltsamen Plauderton.
 

Sakura glaubte sich verhört zu haben. "Wa-? Sicher nicht!"
 

"Okay, aber versucht er-"
 

Weiter kam sie nicht, denn die Tür wurde aufgestoßen und Licht und Lärm aus dem Flur fluteten das Zimmer. Sakura konnte Sasukes Umriss in der Tür ausmachen, sie wusste irgendwie sofort, dass er es war.
 

"Sasuke!", sagte Ino verdutzt. "Wie schön, dass du-" Sie brach verwirrt ab. "Ich dachte du wolltest nicht kommen?"
 

Sakura stöhnte bloß und vergrub das Gesicht in ihren Händen. Das allerletzte, was sie wollte, war, dass Sasuke sie in so einem Zustand sah. Am liebsten wäre sie an Ort und Stelle gestorben.
 

Sasuke kam ins Zimmer und blieb vor ihnen stehen.
 

"Wollte ich auch nicht", sagte er kühl. "Ich bin nur hier um zu beenden, was auch immer du hier grade abziehst."
 

"Wie bitte?", fragte Ino streitlustig. Der freundliche Plauderton war verschwunden.
 

Sakura hatte das Gefühl in ihrem Zustand einfach nicht mehr ganz mitzukommen. Konnte das nicht ein komischer Traum sein, aus dem sie nun aufwachen würde? Aber sie war selbst schuld. Jetzt musste sie da durch.
 

Sasuke griff sie am Oberarm und wollte sie hochziehen. "Komm, steh auf, ich bringe dich nach Hause."
 

Aber Sakura wollte nicht aufstehen und mit ihm gehen. Hauptsächlich, weil sie das Gefühl hatte, dass sie das nicht auf die Reihe bekommen würde.
 

"Du bist so bescheuert Ino", hörte Sakura Sasuke sagen und in seiner Stimme schwang Verachtung mit.
 

"Spinnst du?", zischte Ino wütend. "Was kann ich denn dazu, dass sie so viel trinkt?"
 

Sasuke lachte kalt und sagte sarkastisch: "Jaaa, ich bin sicher, dass du keine Mitschuld an ihrem Zustand hast!"
 

Er wandte sie von Ino ab. "Sakura, jetzt reiß dich zusammen! Wir gehen nach Hause! Steh auf!"
 

Liebend gerne hätte sie ihm gesagt, dass er ihr keine Befehle erteilen sollte. Liebend gerne hätte sie ihm gesagt, dass er verschwinden sollte und dass sie alleine klar kommen würde. Aber sie kam gerade überhaupt nicht klar. Diesen Abend würde sie bis ans Ende ihres Lebens bereuen.
 

"Ich muss Hinata finden", murmelte sie.
 

Sasuke beugte sich zu ihr herunter, griff kurzerhand mit seinem Arm um ihre Hüfte und zog sie hoch. Sakura registrierte beschämt, wie sie gegen ihn stolperte, aber sein Griff war sicher und fest und es gelang ihr stehen zu bleiben.
 

"Sasuke...", hörte sie Ino vorsichtig sagen.
 

"Lass es gut sein Ino. Nach der Aktion hier halte ich es erst recht für richtig diese Affäre zu beenden. Es ist vorbei. Such dir nen anderen, ich bin raus!"
 

Sakura spürte, wie Sasuke sie durch das Zimmer zog und durch den Flur und nach unten führte. Sie schaffte es einigermaßen normal neben ihm herzugehen, weil er einen Hauptteil ihres Gewichts trug. Es machte sie fertig, dass sie so hilflos war. Er würde sie ständig an diesen Moment der Schwäche erinnern. Aber sie konnte jetzt nicht nur an sich denken.
 

"Ich muss Hinata finden", sagte sie so fest, wie es sich machen ließ.
 

Aber Sasuke verstärkte bloß seinen Griff und zog sie weiter, als sie versuchte stehenzubleiben. Plötzlich fühlte sie sich ihm noch viel mehr ausgeliefert als eben Ino. Sie konnte nur hoffen, dass er wirklich vor hatte, ihr zu helfen.
 

"Hör auf dich zu sträuben, Hinata ist schon draußen!"
 

Wieso war Hinata draußen, was sollte das heißen? Oh wie sie es hasste, dass ihr Hirn nicht richtig funktionierte.
 

Sie hörte, wie ein paar Leute sich offenbar freuten Sasuke zu sehen und nach ihm riefen, doch zu ihrem Glück blieb er nicht stehen. Jemand fragte, ob etwas passiert sei, aber er ging einfach mit ihr weiter. Sie fühlte sich so schrecklich und es war grauenvoll das einzugestehen, aber gerade in diesem Moment war sie ihm dankbar, dass er sie von all den Leuten weg brachte, bevor jemand sie so sah.
 

Die Kühle der Frühlingsnacht draußen war angenehm, sie atmete tief ein. Das verstärkte allerdings kurzzeitig das Schwindelgefühl und weil sie Angst hatte umzukippen, griff sie in den Stoff von Sasukes Jacke.
 

"Schon gut, ich hab dich", hörte sie Sasuke. Er klang belustigt. Klar. Für ihn musste es befriedigend sein, sie so zu hilflos zu erleben. Vor allem, wo sie ihn in letzter Zeit so vehement gemieden und ignoriert hatte.
 

Als sie das Grundstück verließen, stellte sie erleichtert fest, dass Hinata tatsächlich da war. Sie saß auf einer Mauer an der Straße und sah auch ziemlich fertig aus. Naruto saß neben ihr und hatte seinen Arm um sie gelegt. Er schien beruhigend auf sie einzureden. Neji stand bei ihnen und schien hin und hergerissen zwischen Verärgerung und Belustigung.
 

"Ah gut, du hast sie!", sagte Naruto gut gelaunt, als er Sasuke sah.
 

"Sieht aus, als hättest du recht gehabt. Hinata meint, Ino und Karin hätten ihren die ganze Zeit was zu trinken aufgedrängt", sagte Neji stirnrunzelnd zu Sasuke.
 

"Ja", erwiderte Sasuke.
 

"Hey", flüsterte Sakura Hinata zu und wollte zu ihr auf die Mauer, aber Sasuke hielt sie fest. Sakura zog mit beiden Händen an seinem Arm und er ließ los.
 

Sakura schaffte es irgendwie die zwei Schritte zu Hinata und lehnte sich neben ihr an die Mauer, um wieder Halt zu finden. "Bist du okay?", flüsterte sie. Hinata nickte müde.
 

"Das ist so peinlich", sprach Hinata flüsternd aus, was Sakura die ganze Zeit dachte. Sakura stöhnte nur leise zur Bestätigung und hielt sich den Kopf.
 

"So schlimm ist es glaube ich nicht", hörte sie Neji belustigt zu Sasuke sagen. "Sie scheinen sich nicht mal übergeben zu müssen."
 

"Jep!", sagte Naruto gut gelaunt. "Keine Sorge Hinata, wir waren alle schon betrunkener als ihr es gerade seid! Und da dran waren wir sogar selbst schuld. Das trifft bei euch ja nicht mal wirklich zu, also alles cool!"
 

"Was jetzt?", fragte Neji pragmatisch. "Sowohl meine als auch Hinatas Eltern sind zuhause. So kann sie nicht mitkommen. Die drehen komplett durch, wenn sie sie so sehen!"
 

"Bringen wir sie zu mir, bei mir ist übers Wochenende keiner Zuhause und sie kann ins Gästezimmer", sagte Naruto entspannt.
 

"Okay", erwiderte Neji zögerlich. "Dann fahre ich nach Hause und sage ihren Eltern, sie hätte beschlossen bei Sakura zu übernachten."
 

Hinata murmelte etwas, dass nach Zustimmung und 'danke' klang.
 

Sakura fühlte sich plötzlich unendlich müde. Und erleichtert. Hinata ging es den Umständen entsprechend gut und sie würde keinen Ärger bekommen. Naruto war in Ordnung. In all den Jahren hatte sie ihn niemals etwas tun sehen, was jemanden verletzt hätte. Sie war sich sicher, dass Hinata gut aufgehoben sein würde.
 

"Was ist mit Sakura?", hörte sie Naruto fragen.
 

"Die nehme ich mit nach Hause", sagte Sasuke bestimmt. "Mein Vater und ihre Mutter haben mitbekommen, dass ich los bin, um sie zu holen. Also muss ich nun wohl oder übel auch wieder auftauchen. Ich krieg das schon hin."
 

"Und du kannst ihnen natürlich nicht erzählen, dass Sakura bei Hinata wäre und sie stattdessen auch zu mir bringen."
 

Warum sagte Naruto das so seltsam belustigt? Neji lachte und sie hörte wie Sasuke irgendetwas ärgerlich erwiderte, was nun beide zum Lachen brachte.
 

Sie konnte sich einfach nicht mehr konzentrieren. Sie war so müde. Sie wollte schlafen. Ihr war immer noch übel und schwindelig, aber vor allem wollte sie sich einfach nur noch hinlegen.
 

Sie spürte wie Hinata von der Mauer rutschte und 'bis morgen' murmelte. Sie spürte, wie Sasuke sich neben sie an die Mauer lehnte und hörte ihn telefonieren. Sie spürte die Wärme, die von seinem Arm dicht neben Ihrem ausging.
 

"Komm, das Taxi ist da", hörte sie Sasuke sagen und seine Hand schloss sich fest um ihren Oberarm.
 

Sie nahm dunkel wahr, dass er neben ihr auf der Rückbank saß und irgendwann wurde ihr klar, dass ihr Kopf an seiner Schulter lehnte. Das störte sie, aber sie war zu müde um etwas dagegen zu tun. Viel zu müde.
 

Dann bekam sie erst wieder richtig was mit, als sie auf einem weichen Untergrund abgelegt wurde. Sie schreckte zusammen und wollte etwas sagen, aber ihr wurde eine Hand auf den Mund gedrückt. Das machte ihr Angst und sie versuchte die Hand beiseite zu schieben.
 

"Shhhh", hörte sie Sasuke im Dunkeln. "Sei still! Oder willst du, dass deine Mutter und mein Vater dich so sehen? Sie sind noch wach, ich war eben unten und habe ihnen erzählt, dass du direkt hoch und ins Bett gegangen bist."
 

Sasuke nahm seine Hand weg. Wieso? Wieso war er jetzt so nett? Sie würde nie verwinden, dass sie ihm nun etwas schuldete! Sakura nahm all ihre Kraft zusammen und setzte sich auf.
 

"Musst du dich übergeben?"
 

Sie schüttelte den Kopf. Ihr war schlecht, aber es war aushaltbar. Das Bett gab leicht nach, als Sasuke sich neben ihr auf die Bettkante setzte.
 

"Hier ist eine Kopfschmerztablette, ich rate dir, sie jetzt zu nehmen, dann wird es morgen nicht so schlimm."
 

Er drückte ihr etwas gegen die Lippen. Vermutlich die Tablette, kombinierte ihr Hirn. Sie durchfuhr ein Schauer, als seine Fingerkuppen kurz die Haut ihrer Lippen berührten. Schnell drehte sie den Kopf zu Seite, um die Berührung zu unterbinden.
 

Sasuke drückte er ihr ein Glas in die Hand und Sakura trank es sofort fast leer. Ihre Augen hatten sich soweit an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie im Mondlicht gerade so sehen konnte. Sie streckte die Hand nach der Tablette aus und er gab sie ihr. Sie schluckte sie mit dem letzten Rest Wasser hinunter und stellte dann unter Aufbietung all ihrer Kraft und Konzentration das Glas auf dem Nachttisch ab. Sie streifte ihre Schuhe ab und kroch aufs Bett. Wieder drehte sich alles und sie legte sich erschöpft auf den Rücken.
 

"Danke", flüsterte sie und schloss die Augen, um nichts sehen zu müssen. Sie verabscheute sich. Sie war so bescheuert. Wie hatte sie so blöd sein können? Das war so peinlich!
 

"Kein Problem." Er warf die Decke halb über sie.
 

Sie schwieg und hoffte, dass er gehen würde. Aber das tat er nicht. Sie wollte schlafen. Sie war so unendlich müde. Aber solange er da war, konnte sie sich nicht entspannen. Und seine Anwesenheit beschämte sie. Sie wollte alleine sein. Aber er war immer noch da. Was tat er?
 

"Warum hast du mir geholfen?", fragte sie schließlich in die Dunkelheit. Sie nahm wahr, dass sie ein wenig vorwurfsvoll klang. Das war unfair von ihr. Er hatte ihr geholfen und sie durfte nicht an ihm auslassen, dass sie sich so schämte. Aber es fühlte sich so schrecklich an, dass sie ausgerechnet seine Hilfe gebraucht hatte.
 

Von Sasuke kam ein verächtliches Schnauben. "Machst dir wohl Sorgen, dass du mich jetzt nicht mehr in aller Ruhe verabscheuen kannst, was?"
 

Sakura schwieg. Das zu sagen, nachdem er ihr gerade geholfen hatte, wäre herzlos gewesen. Aber ja. Das traf es einigermaßen.
 

Doch Sasuke schien ihr Schweigen als Bestätigung zu verstehen.
 

"Ich wollte einfach nicht, dass Ino kriegt, was sie will."
 

Er stand von der Bettkante auf. "Dann schlaf mal schön deinen Rausch aus. Du kannst morgen zu mir angekrochen kommen und dir überlegen, wie du mir dafür danken möchtest, dass ich verhindert habe, dass irgendein Idiot deinen Zustand ausnutzt."
 

Sein Tonfall war plötzlich wieder total herablassend.
 

Oh wie sie ihn verabscheute! Fast wünschte sie sich, sie hätte sich nicht von ihm helfen lassen. Hatte sie nicht irgendeine andere Lösung finden können? Was hätte ihr passieren können, das schlimmer gewesen wäre, als das hier?
 

'Einiges', sagte diese rechthaberische, fiese Stimme in ihrem Hinterkopf. Sie schob sie bei Seite. Es war ja klar gewesen, dass er nicht einfach nett sein konnte. Dass er das nun für sich nutzen würde.
 

"Du bist schrecklich", flüsterte sie.
 

Sasuke lachte kalt und freudlos. Dann ging er.

Eine unerwartete Entwicklung

Als Sakura erwachte, ging es ihr zunächst ganz gut. Zumindest bis ihr einfiel, was gestern los gewesen war.
 

Es brauchte einen Moment bis das passierte. Zunächst hatte sie geglaubt, sie hätte einfach nur wieder einen komischen Traum gehabt. Dann sickerte es langsam und unerbittlich zu ihr durch. Kein Traum.
 

In dem Moment, als sie das realisierte, setzte sie sich sofort kerzengerade auf. Sie stöhnte und hielt sich den Kopf. Aber der pochende Schmerz verschwand schon wieder. Die Bewegung war wohl nur etwas zu schnell gewesen.
 

Sie nahm die Hand wieder von ihrem Kopf, starrte eine Weile aus dem Fenster und dachte nach. Wenigstens funktionierte ihr Gehirn wieder richtig.
 

Fakt war, sie hatte sich blamiert und Sasuke etwas gegeben, was sie angreifbar machte. Und Fakt war, das ließ sich nun nicht mehr ändern. Also genug mit den Selbstvorwürfen, das brachte sie nicht weiter. Eins nach dem anderen, das wichtigste zuerst. Hinata.
 

Um ihren Kopf nicht erneut durch eine schnelle Bewegung zu provozieren, beugte Sie sich vorsichtshalber langsam zu ihrer Tasche hinüber, die neben ihr auf dem Bett lag. Sie zog ihr Smartphone heraus. Es war elf Uhr.
 

Hinata hatte sich noch nicht gemeldet, also schrieb sie ihr eine Nachricht. Hoffentlich ging es ihr gut. Ob sie noch schlief? Vielleicht fand sie es ja gar nicht so schlecht, dass sie bei Naruto aufwachen würde. Sakura unterdrückte ein Grinsen. Es wäre schön, wenn das ganze wenigstens etwas Gutes gehabt hätte. Jedenfalls musste sie nun warten, bis Hinata sich meldete.
 

Zeit das zweite Problem anzugehen. Sie kam fast um vor Durst, sie musste unbedingt etwas trinken.
 

Also rafft sie sich auf und kroch vom Bett. Sie suchte ein paar Sachen zusammen, lauschte, ob sie jemanden im Flur hörte und als das nicht der Fall war, huschte sie schnell aus ihrem Zimmer und ins Bad.
 

Sie legte ihre Sachen ab, formte dann rasch ihre Hände zu einer Schale und trank das Wasser aus dem Wasserhahn des Waschbeckens.
 

In die Küche wollte sie lieber erst gehen, wenn sie geduscht war und wieder gepflegt aussah. Hoffentlich hatte Sasuke ihrer Mutter und Fugaku wirklich nichts erzählt.
 

Als sie fertig war und endlich in die Küche kam, sah sie ihre Mutter und Fugaku nebenan im Esszimmer an einem reich gedeckten Tisch sitzen. Obwohl es mittlerweile bestimmt schon halb zwölf sein musste, schienen die beiden noch zu frühstücken.
 

Stimmt, Sasuke hatte gesagt, dass sie gestern noch wach gewesen waren. Wahrscheinlich genossen sie das Glück ihrer neuen Beziehung und hatten lange geschlafen. Sakura musste zugeben, dass sie beide auf ihre Art recht zufrieden wirkten. Vielleicht mochten sie einander doch mehr, als sie in ihrem Ärger über den Umzug zunächst gedacht hatte.
 

"Sakura!", rief ihre Mutter und sie musste nun wohl oder übel hinübergehen und der Aufforderung nachkommen, sich zu den beiden zu setzen. So schlecht war das nicht, sie hatte Hunger und Fugaku Uchihas Haushälterin hatte sich mit der Beschaffung diverser leckerer Dinge offenbar wie immer Mühe gegeben. Allerdings war Sakura sich nicht ganz sicher, ob sie Ärger bekommen würde.
 

Aber die beiden wirkten nach wie vor freundlich. Fugaku goss ihr sogar einen Kaffee ein und fragte, wie es in der Schule lief. Das Thema war jedoch schnell erledigt, denn Sakura lernte so fleißig, dass sie immer in allem gut war.
 

"Und wie war es gestern Abend?", fragte ihre Mutter mit einem Lächeln. "Hat dir die Party gefallen? Bestimmt hast du viel Aufmerksamkeit bekommen, du sahst ja so hübsch aus!"
 

Sakura fühlte die vertraute Hitze langsam in ihr Gesicht kriechen. Das Thema wahr ihr unangenehm, besonders vor Fugaku. Aber immerhin schien Sasuke wirklich nichts gesagt zu haben. Sie griff aus Verlegenheit rasch nach einem Schokocroissant.
 

"War gut!", sagte sie. "Danke nochmal für die Outfit Beratung!"
 

"Ist denn etwas Spannendes passiert?", hakte ihre Mutter nach.
 

"Nein, wieso?", fragte Sakura unschuldig und beschäftigte sich eingehend damit, die Stelle am Croissant auszumachen, wo am meisten Schokoladenfüllung sein würde.
 

"Naja, Sasuke war so komisch gestern!"
 

Fugaku schnaubte verächtlich. "Wann ist er das nicht?"
 

Das stimmte zwar, fand Sakura, aber trotzdem tat ihr Sasuke fast ein bisschen Leid, weil sein Vater ständig so auf ihn reagierte. Allerdings wirklich nur ein ganz klein wenig, sie hatte Sasukes letzten Satz von gestern Abend noch genau in Erinnerung.
 

"Wieso, was war denn?", fragte Sakura ihre Mutter betont beiläufig.
 

"Naja", sagte Amaya, "er kam im Wohnzimmer vorbei und hat gefragt, ob du oben oder bei Hinata wärst."
 

Sie warf Sakura einen tadelnden Blick zu und fügte hinzu: "Ihm ist schon nach den paar Wochen zusammenwohnen aufgefallen, dass Hinata deine einzige soziale Interaktion ist, du solltest wirklich mehr unter Leute gehen!"
 

Sakura zuckte mit den Schultern und Amaya seufzte. "Jedenfalls habe ich ihm gesagt, dass du mit Hinata zu einer Party einer Klassenkameradin gegangen bist. Das schien ihn irgendwie zu stören und er hat sich seine Jacke geholt und gesagt, er würde auch hingehen und dich dann nach Hause begleiten. Allerdings fanden wir es seltsam, dass er es plötzlich so eilig hatte."
 

Sakura runzelte die Stirn. Das erklärte immerhin woher Sasuke gewusst hatte wo sie war. Aber wieso hatte er das überhaupt wissen wollen?
 

"Vielleicht ist ihm einfach klar geworden, dass er für die Party schon ziemlich spät dran war", sagte Sakura gleichgültig, weil ihre Mutter und Fugaku sie ansahen, als würden sie jetzt eine Erklärung dafür haben wollen.
 

"Na, jedenfalls nett, dass er dich nach Hause gebracht hat!", sagte Amaya.
 

Fugaku sagte nichts. Er sah aus, als würde er wie Sakura nicht recht glauben, dass Sasuke einfach nur den netten Bruder hatte spielen wollen.
 

"Ähm, ist Sasuke zuhause?", fragte Sakura.
 

Sie hatte den Teil des Croissants mit der Schokofüllung verputzt, der Rest des Gebäckstückes schien ihr gerade nicht interessant genug, um noch hinauszögern, was sie nun erledigen musste.
 

Fugaku erwiderte, dass Sasuke heute noch nicht heruntergekommen wäre und wahrscheinlich in seinem Zimmer sei. Also bedankte Sakura sich freundlich für das Frühstück und machte sich auf den Weg nach oben. Sie würde es jetzt einfach hinter sich bringen. Er sollte gleich wissen, woran er mit ihr war.
 

Sie blieb vor seiner Zimmertür stehen, sammelte sich kurz und klopfte dann einmal entschieden an Sasukes Tür.
 

"Was?", kam es von Sasuke. Er klang gereizt und genervt. Es war offensichtlich, dass er es nicht schätzte, dass man an seine Tür klopfte.
 

"Ich bin's", sagte Sakura tapfer. Sie würde sich nicht von ihm und seinen Launen einschüchtern lassen.
 

Einen Moment war es still, dann drehte sich das Türschloss und die Tür wurde zur Hälfte geöffnet.
 

Sasuke stand vor ihr. Groß, gut aussehend und offensichtlich mal wieder schlecht gelaunt. Er war Barfuß, trug eine Jogginghose und ein schwarzes ärmelfreies Shirt und seine Haare waren ein wenig verwuschelt. Vielleicht war er noch im Bett gewesen.
 

Sasuke hob einen Arm und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Nun waren sie wieder so, wie sie sie kannte.
 

"Kommst du nur vorbei um mich ein bisschen zu bewundern oder wolltest du was?"
 

Verdammt. Jetzt hatte sie ihn offenbar zu lange angesehen. Egal. Nicht provozieren lassen. Sie riss sich zusammen.
 

"Ähm...", sie warf einen Blick über die Schulter, jemand war gerade unten an der Treppe vorbeigegangen und sie wollte nicht, dass sie jemand hörte.
 

Sasuke schien zu verstehen, jedenfalls verdrehte er genervt die Augen, trat einen Schritt zurück und hielt ihr die Tür auf.
 

"Danke!" Sakura trat ein.
 

Sasukes Zimmer lag im Halbdunkeln. Die schwarzen schweren Vorhänge waren noch zugezogen und das Bett nicht gemacht, scheinbar war er wirklich nur aufgestanden, um die Tür zu öffnen.
 

Ein paar von seiner Klamotten lagen über dem Scheibtischstuhl, er hatte einen teuer aussehenden Fernseher, eine Spielekonsole, Regale voller Filme, Spiele und Musik. Seine Schultasche hatte er achtlos auf den Schreibisch geworfen, dort herrschte ein leichtes Chaos.
 

Sakura wandte sich Sasuke zu, bevor er wieder fand, dass sie sich zu viel Zeit mit Beobachten ließ.
 

Er hob fragend die Augenbrauen. Und das auf so eine überhebliche, herablassende Art, dass sie schon wieder das Bedürfnis bekam, ihm irgendwas an den Kopf zu werfen.
 

Sie räusperte sich.
 

"Also", sagte sie sachlich und mit fester Stimme, "ich wollte mich nochmal für deine Hilfe gestern bedanken. Ich hatte zwar nicht darum gebeten, aber es ist nicht zu leugnen, dass ich mich in eine blöde Lage gebracht habe und du mir geholfen hast. Und ich bin auch dankbar, dass Naruto und Neji Hinata geholfen haben."
 

Sasuke sah sie an und sagte nichts. Wenigstens hatte er einen neutralen Blick aufgesetzt und sah nicht mehr so überheblich aus.
 

"Allerdings", fuhr sie fort, "nehme ich nicht an, dass du mir einfach aus reiner Nächstenliebe geholfen hast. Gestern hast du irgendwas gesagt in der Richtung, dass ich angekrochen kommen sollte und mir überlegen, wie ich mich dafür erkenntlich zeige. Aber das kannst du vergessen. Ich bin dir dankbar, aber wenn du das jetzt nutzen willst, um mich unter Druck zu setzen, damit ich dir verspreche mit niemandem über dich zu reden oder auf was auch immer du aus bist, dann muss ich dich enttäuschen. Entweder man entscheidet sich jemandem zu helfen oder nicht. Aber man fordert dann nicht nachher etwas dafür ein finde ich. Das wollte ich dir nur sagen."
 

Sasuke schwieg immer noch. Allerdings sah er jetzt verstimmt aus. Sie fragte sich wirklich, was in seinem Kopf vor ging.
 

"Okay, also, das war's schon, ich gehe wieder", sagte Sakura ein wenig hilflos. Nun, wo sie ihren Text losgeworden war, fühlte sie sich ein wenig unsicher.
 

Sie wollte einen Schritt um ihn herum machen und auf die Tür zugehen, aber Sasuke machte rasch einen Schritt zur Seite, sodass er davor stand.
 

"Also wäre es dir egal, wenn ich unseren Eltern davon erzählen würde?"
 

Darauf hatte sie fast gewartet.
 

"Nein", sagte sie. "Aber tu es, wenn du musst. Ich trage lieber die Konsequenzen, als irgendwas zu tun, was du von mir willst."
 

Sasuke machte einen Schritt auf sie zu. Jetzt stand er wieder viel zu dicht vor ihr, wie vor ein paar Wochen in ihrem Zimmer. Aber sie würde keinen Millimeter zurückweichen! Dieses Mal nicht!
 

Sie hob tapfer ein wenig den Kopf, er war größer als sie, doch sie wollte seinen Blick fest und ruhig erwidern. Innerlich war sie überhaupt nicht ruhig. Ihr blöder hormongesteuerter Körper kam mit dieser Nähe nach wie vor nicht zurecht. Leider war Sasuke einfach zu heiß.
 

"Sicher?", fragte Sasuke und seine Stimme kam ihr merkwürdig leise und tief vor. "Du weißt doch noch gar nicht, was ich von dir will, hör es dir doch erstmal an, bevor du dich für Hausarrest entscheidest."
 

Sakura musste sich extrem beherrschen, um ruhig zu bleiben und nicht zurückzuweichen.
 

"Und? Was willst du?", fragte sie beiläufig und versuchte so zu klingen, als würde es sie nicht so richtig interessieren.
 

Sasuke hob langsam seine Hand und berührte ganz sachte, so dass sie es kaum spürte, eine ihrer Haarsträhnen.
 

Sie erstarrte. War es möglich, dass er ihr noch näher gekommen war, oder bildete sie sich das ein?
 

"Schlaf mit mir", sagte Sasuke leise und rau.
 

Einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Sakura brauchte eine lange Sekunde, um zu registrieren, dass er das gerade wirklich gesagt hatte. Ihr Unterbewusstsein schien allerdings schneller verstanden zu haben, denn sie spürte deutlich, dass sie ein kaum merklicher Schauer überlief und ihre Haut sich plötzlich merkwürdig empfindlich anfühlte.
 

"Was?", fragte sie entsetzt und machte nun doch lieber einen Schritt zurück. Die Haarsträhne glitt aus Sasukes hübschen Fingern.
 

"Ich kann sehen, wie du mich ansiehst." Er wirkte vollkommen sachlich und unbeeindruckt von ihrem Entsetzen.
 

Sakura schüttelte leicht den Kopf, wie um ihn wieder klar zu bekommen. Dann sah sie ihm fest in die Augen. "Da irrst du dich. Ich kann dich nicht besonders gut leiden."
 

Sasuke verzog leicht den Mund zu einem schiefen Lächeln. "Danke für die Info, das ist mit bewusst, keine Sorge. Aber dass du mich nicht ausstehen kannst, heißt ja nicht zwangsläufig, dass du mich nicht rein körperlich anziehend findest, oder?"
 

Sie starrte ihn an. Er war noch viel verrückter als sie gedacht hatte! Das war zwar nicht ganz unwahr, aber sowas sagte man doch nicht einfach so zu jemandem!
 

Sasuke fing an zu Grinsen. "Jetzt sieh mich nicht so verstört an! Ich will dich doch bloß ein bisschen ärgern!"
 

"Du bist echt bescheuert!", sagte Sakura verächtlich. "Gehst du jetzt bitte zur Seite? Ich würde gerne gehen!"
 

Sasuke trat zur Seite, öffnete die Tür und hielt sie ihr auf.
 

"Bitte", sagte er höflich.
 

Sakura warf ihm einen wütenden Blick zu und verließ den Raum.
 

Zurück in ihrem Zimmer ließ sie sich aufs Bett fallen und musste sich erstmal sammeln. Jeder Kontakt mit Sasuke war völlig unvorhersehbar. Und das konnte sie nicht ausstehen!
 

Sie stöhnte genervt und rollte sich auf den Bauch, wie so oft, wenn sie nichts mehr hören und sehen wollte. Sie war frustriert. Und verwirrt.
 

Sie merkte, dass sie beinahe etwas enttäuscht war, dass Sasuke nur einen blöden Scherz gemacht hatte. Einfach aus dem Grund, dass sie so unerfahren war was Körperlichkeit an ging und sie den Gedanken, dass jemand Interesse an ihr haben könnte, gemocht hatte. Dadurch hatte sie sich einen ganz kurzen Moment schön und begehrenswert gefühlt. Also natürlich nur so ganz theoretisch!
 

Aber auch wenn es kein Scherz gewesen wäre, wäre Sasukes Interesse vermutlich kein wirkliches Kompliment gewesen. So weit sie das mitbekommen hatte, warfen sich ihm Frauen reihenweise zu Füßen und er nahm wahrscheinlich einfach alles mit, was sich so anbot.
 

Sie schüttelte sich angewidert. Er war so ein Idiot! Sie würde wieder auf Abstand achten, das war einfach besser so! Sollte er sie doch bei ihrer Mutter und Fugaku für ihr unverantwortliches Verhalten verpetzten!
 

Sakura streckte den Arm aus und griff nach ihrem Smartphone, um zu sehen, ob ihre beste Freundin sich inzwischen gemeldet hatte. Vielleicht würde sie Hinata anrufen können und sie würden entspannt über irgendwas plaudern können, was nichts mit Jungs zu tun hatte.
 

Leider wurde daraus nichts. Als Sakura das Display entsperrt hatte, sah sie zwar eine Nachricht von Hinata, der Inhalt dieser Nachricht allerdings war nicht ganz das, was sie erwartet hatte.
 

'Oh Sakura!! Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist, aber irgendwie...also...ich kann es selbst nicht so richtig fassen, aber ich habe mit Naruto...rumgemacht!'

Freundschaft

Selbstverständlich war Sakura sofort aufgebrochen, um sich mit Hinata zu treffen. Unnötig zu sagen, dass Sakura ungemein neugierig gewesen war und unbedingt hatte in Erfahrung bringen wollen, was genau passiert war.
 

Nach dem ersten Schrecken über diese Entwicklung und ein paar Minuten Bedauern, weil Hinatas und ihre gemeinsame Ära zu zweit wohl langsam an ihr Ende kam, freute sie sich nun riesig für Hinata.
 

Seit sie denken konnte, war ihre beste Freundin in Naruto verliebt gewesen. Und wegen Hinatas Schüchternheit war all die Zeit irgendwie klar gewesen, dass ihre Liebe zu Naruto einseitig bleiben würde, wenn nicht etwas Außergewöhnliches passieren würde.
 

Aber dass ausgerechnet der eigentlich banale Besuch einer Party dieses außergewöhnliche Ereignis sein würde, damit hatte Sakura nun wirklich nicht gerechnet.
 

Klar, Hinata war ziemlich betrunken gewesen und das enthemmte eben. Das hatte sie selbst erfahren, sie erinnerte sich dunkel an eine gewisse Taxifahrt und daran, dass ihr Kopf auf Sasukes Schulter gelegen hatte. Aber Sakura hatte Naruto nie für jemanden gehalten, der so eine Situation ausnutzen würde. Sie hoffte bitterlich, dass er das nicht getan hatte und dass ihm tatsächlich etwas an Hinata lag. Bloß kannte er sie doch eigentlich kaum...
 

Wie sich herausstellte, waren das die gleichen Gedanken, die sich auch Hinata machte.
 

Sakura und sie hatten sich in ihrem Lieblingscafé getroffen und Hinata wirkte vollkommen aufgekratzt und nervös. Sie war sich nicht sicher, ob das, was passiert war, eher ein Fehler oder etwas Gutes gewesen war.
 

Immerhin war Hinata Naruto näher gekommen und es war gut, dass er überhaupt auf diese Weise interessiert an ihr zu sein schien.

Hinata erzählte, dass Naruto sehr freundlich gewesen sei und dass sie nicht den Eindruck gehabt hatte, dass er groß darauf aus gewesen sei.
 

Sie sei bloß gestolpert und Naruto hatte sie festhalten wollen, sie waren beide auf dem Teppich gelandet und dadurch seien sie sich plötzlich so nahe gewesen. Sie hätten sich einen Moment angesehen und dann hätten sie sich einfach geküsst und eines war zum anderen gekommen. Hinata konnte nicht einmal sagen, wer damit eigentlich angefangen hatte.
 

"Und dann?", hatte Sakura neugierig gefragt. "Wie war es dann am nächsten Morgen?"
 

"Naja, wir haben in einem Bett geschlafen. Und am nächsten Morgen haben wir irgendwie gar nicht darüber geredet. Es ist auch nichts mehr passiert. Ich habe mich bedankt, dass ich bei ihm schlafen durfte und bin dann gegangen. Er war nach wie vor sehr freundlich, aber das ist er ja immer. Ohhh, Sakura! Ich glaube ich habe es verdorben, weil ich total überfordert war mit der Situation! Warum habe ich mich bloß so abgeklärt verhalten, als ob nichts passiert wäre? Wie soll das denn jetzt am Montag in der Schule werden? Wahrscheinlich, als wäre nie was gewesen und damit ist meinen einzige Chance verdorben!"
 

Darauf hatte Sakura auch keine Antwort gehabt. Sie war mit der völlig neuen und unerwarteten Situation genauso überfordert wie Hinata. Sie gab sich alle Mühe ihrer besten Freundin gut zuzureden, aber auch sie war gespannt auf Montag.
 

Ob Naruto wohl Sasuke und Neji davon erzählen würde? Sie hoffte ja für Hinata, dass das der Anfang von etwas war und nicht das Ende. Aber wenn Hinata wirklich mit Naruto zusammenkommen würde, dann würde Sakura sie ein bisschen verlieren. Zumindest etwas.
 

Und würde das dann auch bedeuten, dass sie gezwungen sein würde mehr Zeit mit Sasuke und Neji zu verbringen? So oder so, einen richtig guten Ausgang gab es für Sakura bei der Sache wohl nicht.
 

Wie sich herausstellen sollte, brachte der Montag im dieser Sache jedoch keine wirklich neuen Erkenntnisse.
 

Naruto sagte zwar 'hallo', als er ihnen am Montag Morgen begegnete und grinste sie auch an, aber bis auf die Tatsache, dass sein 'Hallo' vielleicht ein ganz kleines bisschen weniger beiläufig war als sonst, war das nichts neues.
 

Von Sasuke und Neji wurden sie weitestgehend ignoriert, wie auch sonst immer und alles war beim alten. Sakura fand das gut, aber sie litt ein wenig mit Hinata mit, die ratlos war, was sie nun tun könnte, damit es zwischen ihr und Naruto nicht dabei bleiben würde. Aber das Beste, was ihnen einfiel, war, dass sie wohl oder übel wieder eine Party besuchen mussten, bei der Naruto auch da wäre, um zu sehen, ob was passierte.
 

Sakura schlug halbherzig vor, dass Hinata Naruto ja auch einfach darauf ansprechen könnte, aber dafür war Hinata zu schüchtern. Sakura verstand das, sie wäre auch verunsichert gewesen. Sie hatten beide einfach keine Ahnung, was in so einer Situation nun angebracht war oder wie sie sowas zu bewerten hatten.
 

Und so verging die Zeit bis zum Wochenende relativ ereignislos. Ino tat so, als wäre die Sache auf ihrer Party nie passiert. Und Sakura und Hinata taten es ihr gleich. Sakura mied Sasuke nach wie vor so konsequent wie möglich und der schien nun wieder in der Stimmung zu sein, sie kühl und von oben herab zu behandeln, wenn sich doch mal die Gelegenheit ergab. Sie ignorierte auch das.
 

Und so dauerte es bis zum Samstag Abend, bis wieder etwas passierte, das nicht zu Sakuras gewohntem Trott passte. Gewissermaßen stieß sie es sogar selbst an. Aber sie wollte unbedingt Hinata irgendwie von ihren Leid erlösen.
 

Eigentlich hatten sie sich für heute Abend bei Hinata verabredet, um einen ihrer Filmabende zu machen. Doch dann hatte Sakura, als sie in der Küche gewesen war, um etwas zu trinken zu holen, gehört wie Sasuke reingekommen war und am Telefon mit Neji gesprochen hatte. Und offenbar wollten Naruto und Neji heute Abend vorbeikommen. Das taten sie öfter und meistens blieben sie dann in Sasukes Zimmer oder gingen irgendwann aus. Trotzdem wäre es vielleicht möglich, dass Hinata und Naruto sich kurz sehen könnten, ohne, dass die halbe Schule anwesend war.
 

Das hatte Sakura Hinata berichtet und dann hatten sie beschlossen, dass Hinata genauso gut zu Sakura kommen könnte und sie hier einen Film schauen könnten. Ihre Mutter und Fugaku waren übers Wochenende weg und Sasuke hielt sich nie im Wohnzimmer auf. Außerdem wohnte Sakura nun auch hier und hatte daher das Recht eine Freundin einzuladen fand sie.
 

Hinata war schon eine halbe Stunde später da und sie hatten sich bereits mit selbst gemachtem Popcorn auf der Couch vor dem riesigen Fernseher im Wohnzimmer eingerichtet, als es an der Tür klingelte.
 

Sasuke warf ihnen einen kurzen Blick zu, als er auf dem Weg durch den Flur und zur Haustür an dem Durchgang zum Wohnzimmer vorbeikam, aber er machte sich nicht die Mühe sie zu grüßen.
 

Naruto war allerdings nicht so unfreundlich. Als die drei auf dem Weg nach oben vorbeikamen und er Sakura und Hinata sah, blieb er stehen.
 

"Hey ihr Beiden!", sagte er gut gelaunt.
 

"Hallo!", erwiderte Hinata und Sakura hob grüßend leicht die Hand.
 

"Was machst du denn hier, warst du nicht eben noch zuhause?", fragte Neji Hinata leicht überrascht.
 

"Äh, ja", sagte sie. "Aber jetzt schauen wir einen Film!"
 

"Hier?", fragte Sasuke skeptisch und folgte Naruto und Neji mit einem Ausruck von Widerwillen, weil die beiden einfach ein paar Schritte ins Wohnzimmer gingen.
 

"Klar hier. Ich hab keinen Fernseher im Zimmer", erwiderte Sakura. "Hast du was dagegen?"
 

"Nein", sagte Sasuke und beobachtete Naruto, der Hinata fragte, was sie gucken würden und Neji, der sich einfach dreist eine Handvoll Popcorn nahm. "Ich wundere mich bloß, dass du dich freiwillig außerhalb deines Zimmers aufhälst." Er lächelte verächtlich. "Du tust doch sonst was du kannst, um mir ja nicht zu begegnen."
 

"Jetzt nimmst du dich aber ein bisschen wichtig!", erwiderte Sakura möglichst gleichgültig und wandte ihm den Rücken zu, um sich auch etwas Popcorn zu nehmen.
 

Neji lachte leise. "Autsch!", sagte er grinsend. "Jetzt hast du aber seine Gefühle verletzt!"
 

"Halt den Mund Neji!", kam es verärgert von Sasuke. "Gehen wir jetzt hoch oder was?"
 

"Ich finde es hier eigentlich auch ganz gut!", sagte Naruto zufrieden und ließ sie neben Hinata auf die große Couch fallen. Dabei legte er den Arm hinter ihr auf der Lehne ab.
 

"Rück meiner Cousine nicht so auf die Pelle!", sagte Neji ärgerlich und warf Naruto einen finsteren Blick zu. Offenbar hatte Naruto also nichts erzählt.
 

"Chill mal!", sagte Naruto gut gelaunt und unbeeindruckt.
 

Neji schnaubte und ließ sich einfach in einem Sessel nieder.
 

Sasuke kam um die Couch herum und sah nicht so aus, als wäre er besonders erfreut.
 

"Hab ihr vielleicht auch mal daran gedacht, dass ihr die beiden stören könntet, wenn ihr euch hier einfach breit macht?", fragte er genervt.
 

"Manchmal bist du richtig süß Sasuke! Wie einfühlsam von dir!", sagte Neji grinsend und warf ein Popcorn nach ihm.
 

Sasuke schaffte es gerade so sich zur Seite zu drehen, um dem zu entgehen. Er sah ihn finster an. "Du willst sterben, oder?"
 

"Nicht unbedingt, nein", erwiderte Neji unbeeindruckt.
 

"Also, können wir mit schauen?", fragte Naruto nach wie vor gut gelaunt an Hinata gewandt. "Oder stört euch das?"
 

"Also mich nicht", sagte Hinata vorsichtig und hielt Naruto die Schüssel mit dem Popcorn hin. Sie schien richtig glücklich. Also blieb Sakura nichts anderes übrig als mit den Schultern zu zucken.
 

Eigentlich war das super. Auf sowas hatte sie gehofft. Es sagte zwar nicht wirklich etwas aus, aber wenn man wollte, dann konnte man es durchaus so interpretieren, dass Naruto nicht abgeneigt war, Zeit mit Hinata zu verbringen. Um den Film zu gucken, hätten sie schließlich auch in Sasukes Zimmer gehen können.
 

Sasuke quetschte sich zum Glück nicht neben Sakura aufs Sofa sondern ließ sich neben ihr in einen Sessel fallen. Dort saß er nun und beobachtete sie.
 

"Also drückst du nun auf Play oder was?", fragte er genervt und Sakura zuckte leicht zusammen. Stimmt. Sie hatte die Fernbedienung in der Hand. Die Situation überforderte sie. Das war nicht der gemütliche Samstag Abend, den sie sonst schätzte. Sie startete den Film.
 

"Sei doch einfach mal netter Sasuke!", sagte Naruto tadelnd.
 

"Halt den Mund", brummte Sasuke.
 

Und das tat Naruto auch. Zumindest vorerst. Denn er ließ es sich nicht nehmen den Film ab und an zu kommentieren und Sakura fiel mal wieder auf, dass Naruto einen tollen Humor hatte und Leute mit Leichtigkeit zum Lachen bringen konnte. Sogar Sasuke gelang es nicht die ganze Zeit unzufrieden auszusehen. Und dass Naruto so die Stimmung auflockerte, trug schnell dazu bei, dass Sakura sich bald doch etwas wohler fühlte. Sie verstand wirklich, was Hinata so an Naruto mochte. Neji und Sasuke machten auch keine blöden Kommentare mehr und waren ruhig und friedlich bis der Film zu Ende war.
 

"Joa, war nicht schlecht", sagte Neji und streckte sich genüsslich, als der Film vorbei war und Sakura den Fernseher aus machte. "Sasuke, rückt mal was zu trinken raus, es ist Samstag Abend und ich muss meine Jugend nutzen bevor ich erwachsen und verantwortungsbewusst sein muss!" Naruto stimmte ihm lachend zu.
 

Also stand Sasuke auf und ging mit Neji in die Küche, um irgendwas Alkoholisches zu besorgen.
 

"Toilette!", murmelte Sakura leise und huschte hinaus, damit Naruto und Hinata kurz alleine sein konnten.
 

Sie hatte keine Ahnung, ob das irgendwie hilfreich sein würde, aber man konnte nicht behaupten, dass sie nicht alles für Hinata geben würde an diesem Abend. Das war immerhin eine Chance!
 

"Auch eins?", fragte Neji und hielt Sakura ein schickes Glas mit Eiswürfeln und einer honigfarbenden Flüssigkeit entgegen, als sie an der Küche vorbei kam.
 

Sie hatte gar nicht auf die Toilette gemusst, war aber trotzdem kurz im Bad gewesen, um den Schein aufrecht zu erhalten. Und auch jetzt hatte sie es nicht besonders eilig zu Hinata und Naruto zurückzukehren. Sie hatte einen Moment im Flur gestanden und dann entschieden, dass es besser war zu Sasuke und Neji in die Küche zu gehen, als gleich von ihnen dabei erwischt zu werden, wie sie sich im Flur herumdrückte. Am liebsten wäre sie jetzt mit ihrem aktuellen Buch auf ihrem Bett in ihren Zimmer.
 

"Nee, echt nicht, danke!", sagte sie und ging zur Anrichte, um sich Wasser zu nehmen. Irgendeinen Grund musste sie ja vorgegeben, der erklärte, warum sie in die Küche gekommen war.
 

Neji lachte. "Hast Angst, dass es wieder eskaliert, was?"
 

Sakura warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. Das war nur passiert, weil sie sich auf dieser Party so verunsichert gefühlt hatte und Ino und Karin auch ihren Teil dazu geleistet hatten.
 

"Lass sie."
 

Sakura drehte sich überrascht zu Sasuke um, aber er sah sie nicht an.
 

Neji schien eher belustigt als überrascht. "Ahhh", sagte er grinsend. "Du darfst sie also ärgern, aber ich nicht?"
 

"Korrekt", bestätigte Sasuke trocken und ohne von den Eiswürfeln aufzusehen, mit denen er sich gerade beschäftigte.
 

Neji schnaubte.
 

"Ähm", sagte Sakura verwirrt, wie immer, wenn Sasuke sich mal wieder nicht entscheiden konnte, ob er nun Lust hatte ganz nett oder ein Idiot zu sein, "also, ich gehe wieder ins Wohnzimmer."
 

Wenn Hinata und Naruto hatten reden wollen, dann hatten sie dazu jetzt etwas Zeit gehabt. Sie wollte auf jeden Fall nicht länger hier mit Sasuke und Neji sein.
 

Aber Sakura musste gar nicht bis ins Wohnzimmer gehen, denn im Flur traf sie direkt auf Hinata. Sie wirkte ein wenig durcheinander, aber nicht unzufrieden.
 

"Was meinst du, sollen wir noch hoch zu dir gehen?", fragte sie.
 

"Ja okay!", erwiderte Sakura erleichtert, froh, dass nicht sie es gewesen war, die das vorgeschlagen hatte.
 

"Wo bleibt ihr denn?", rief Naruto aus dem Wohnzimmer und Neji und Sasuke gingen mit ihren Getränken kommentarlos an ihnen vorbei durch die Tür.
 

Als Hinata und Sakura die Treppe zu ihrem Zimmer hochstiegen, fühlte sie sich etwas schuldig, weil sie sich einfach verdrückte, ohne zumindest Naruto sowas wie 'bis dann' zu sagen.

Das meinte sie nicht böse und sie wollte auch nicht so unhöflich sein, aber sie war einfach nicht so mutig, was soziale Interaktion an ging. Hinata hatte ja wahrscheinlich zu Naruto gesagt, dass sie nun hoch gehen würden.
 

"Habt ihr miteinander geredet?", fragte Sakura sofort neugierig, sobald sie die Tür ihres Zimmers hinter ihnen geschlossen hatte.
 

"Jaaaa", seufzte Hinata gequält und hob ihre Hände vors Gesicht.
 

Sakura griff lachend ihre Handgelenke und zog Hinatas Hände wieder weg. "Und? Nun sag schon! Ich komme um vor Neugier!"
 

Also richteten sie sich auf dem Bett ein und diskutierten das Geschehen in allen Einzelheiten durch. Es klang wirklich ziemlich positiv. Hinata hatte nichtmal selbst etwas ansprechen müssen.
 

Offenbar war Hinata nicht die einzige gewesen, die diese Nacht beschäftigt hatte, denn sobald Sakura gegangen war, hatte Naruto sie scheinbar sofort gefragt, wie es ihr gehe und gesagt, dass er sich Gedanken mache, ob er sie irgendwie vor den Kopf gestoßen haben könnte und dass er sowas normalerweise eigentlich nicht einfach tue und es auch nicht vorgehabt hätte, dass er aber plötzlich das Gefühl gehabt hätte, dass es richtig sei sie zu küssen.

Und dass es sich auch 'richtig' angefühlt habe, aber er sich nun die ganze Zeit frage, was Hinata darüber denken würde, weil sie am nächsten Morgen so schnell gegangen sei.

Und Hinata hatte es dieses Mal zum Glück wohl geschafft ihre Schüchternheit zu überwinden und ihm zu sagen, dass sie bloß etwas überfordert mit der Situation gewesen sei und dass es sich für sie auch richtig angefühlt habe.

Und das Beste war: Naruto hatte sie gefragt, ob sie sich demnächst nicht mal zu zweit treffen wollten, um sich etwas besser kennenzulernen. Allerdings müsste er es erstmal Neji schonend beibringen, weil ihm das nicht passen würde.
 

Sakura fand zwar, wie Hinata auch, das Neji in dieser Sache absolut nichts zu melden hatte, aber abgesehen davon waren das einfach nur großartige Neuigkeiten. Hinata war überglücklich und Sakura freute sich total für ihre beste Freundin und schob die leise und ein wenig wehmütige Stimme in ihrem Hinterkopf einfach zur Seite.
 

Als sie schließlich Hinata zur Tür brachte, waren Naruto, Neji und Sasuke verschwunden. Naruto hatte Hinata gegenüber erwähnt, dass sie noch irgendwo auf irgendeine Party eines Bekannten wollten.
 

Sakura duschte ausgiebig, dann laß sie und als sie schließlich gegen halb zwei im Dunkeln lag und im Begriff war zu schlafen, fühlte sie sich auf einmal unendlich einsam in diesem viel zu großen leeren Haus.
 

Mit ein bisschen Glück würde Hinata wahrscheinlich bald einen Freund haben. Und dann war Sakura wahrscheinlich die Einzige in der Oberstufe, die völlig unerfahren war und noch nie jemanden geküsst hatte. Und es vermutlich auch nicht so bald würde. Das hatte sie schließlich überhaupt nicht vor.
 

"Das kann mir total egal sein!", sagte sie laut in die Dunkelheit.
 

Doch so ganz stimmte das nicht. Es war ihr nicht mehr völlig egal. Sie wollte nach wie vor keinen Freund. Aber ein bisschen störte es sie, dass sie so gar keine Erfahrungen hatte. Nicht einmal im Küssen.
 

Sie wusste nicht, dass sich dieses Problem in Kürze in Luft aufgelöst haben würde.

Unerfüllte Bedürfnisse

Sakura glaubte vielleicht eine Minute geschlafen zu haben, als ein lautes Klirren sie sich kerzengerade aufsetzen ließ.
 

Einen Moment lauschte sie mit klopfendem Herzen in die Stille der Nacht.
 

Was war passiert?
 

Sie griff nach ihrem Smartphone. Offenbar hatte sie doch geschlafen, es war halb fünf. Ihre Mutter hatte gesagt sie und Fugaku würden erst morgen Nachmittag kommen. War das Sasuke? Was trieb er da unten?
 

Vorsichtig schob sie ihre Beine unter der Decke hervor, lief leise mit nackten Füßen zu ihrer Zimmertür und lauschte. Sie hörte nichts. Sie öffnete die Tür und spähte hinaus. Das obere Stockwerk war in Finsternis gehüllt. Aber von unten drang ganz leicht ein Lichtschein die Treppe hinauf.
 

Einen Moment später glaubte sie zu hören, wie jemand zischend die Luft einzog, als hätte er Schmerzen. Sie war sich auf einmal ganz sicher, dass das Sasuke war.
 

Sakura hatte absolut gar keine Lust sich in Sasukes Angelegenheiten einzumischen, aber so würde sie nicht weiter schlafen können. Aus irgendeinem Grund war sie plötzlich überzeugt, dass es ein Problem gab. Sie würde jetzt runter gehen und nachsehen. Und falls es kein Problem gab, auch gut. Dann konnte sie immer noch wieder nach oben schleichen oder sich bei ihm beschweren, weil er sie geweckt hatte.
 

Sie ging zügig die samtbezogenen Stufen der großen Treppe hinunter, die ins Erdgeschoss führte. Der Lichtschein kam aus der Küche, also ging sie entschlossen darauf zu.
 

"Was machst du-", setzte sie an, doch dann brach sie ab, weil sie den merkwürdigen Anblick erstmal verarbeiten musste, der sich ihr bot.
 

Sasuke saß auf einem der Küchenstühle und schien irgendwie resigniert zu haben. Er war ein Stück auf dem Stuhl herunter gerutscht, sodass er seinen Kopf auf die Lehne hatte legen können.
 

So saß er da, noch mit Jacke und Schuhen, völlig regungslos und blickte einfach teilnahmslos nach oben an die Decke. Um ihn herum auf dem Boden verteilt waren überall Scherben. Und auch einiges von der honigfarbenen Flüssigkeit, die Neji Sakura vor einigen Stunden angeboten hatte. Blut tropfte in schnellen, regelmäßigen Abständen von Sasukes linker Hand auf den Boden und zog faszinierend aussehende, tief rote Schlieren in der Alkoholpfütze.
 

Sasuke musste sie eigentlich gehört haben, als sie eben hatte fragen wollen, was er da tat. Aber er reagierte nicht auf sie. War er betrunken? Was war los mit ihm? Seine Hand blutete stark, wollte er denn gar nichts dagegen unternehmen?
 

"Sasuke?", fragte Sakura vorsichtig und machte einen Schritt auf ihn zu.
 

Offenbar konnte er sie ganz wunderbar hören und er hatte bloß keine Lust gehabt zu reagieren. Denn er stand auf. So plötzlich, dass sie zurück zuckte.
 

"Na, aufgewacht?", fragte er gewohnt überheblich und als ginge es ihm bestens.
 

Es hatte allerdings nicht ganz die übliche, über alles erhabene Wirkung, denn offenbar war er tatsächlich betrunken. Er schien zu schnell aufgestanden zu sein und musste sich kurz am Stuhl festhalten und er sprach zwar deutlich, doch man merkte, dass er sich dafür bemühen musste.
 

"Bei dem Lärm, den du veranstaltest, kein Wunder, oder?", sagte Sakura genervt, aber auch nach wie vor verunsichert von seinem Verhalten und dem ganzen Blut. Es war wirklich viel Blut.
 

"Deine Hand", sagte sie. "Du musste etwas dagegen tun! Wenn du mir sagst, wo ihr Verbandzeug habt, dann könnte ich-"
 

Weiter kam sie nicht, denn Sasuke warf ihr einen wütenden Blick zu und sagte kalt: "Ich brauche dein Mitleid nicht!"
 

Das sah Sakura allerdings anders. Es war ganz offensichtlich, dass er Hilfe brauchte.
 

"Ich sehe im Bad nach", sagte sie und drehte sich zur Tür.
 

Sie hatte Glück. Im Gästebad, direkt zwei Türen weiter, wurde sie tatsächlich fündig. Im Schrank war ein Verbandkasten. Sie griff ihn sich, zusammen mit einem frischen Handtuch und eilte zurück in die Küche.
 

Sasuke schien inzwischen glücklicherweise eingesehen zu haben, dass er nicht einfach dasitzen und das Blut fließen lassen konnte. Er war zum Spühlbecken gegangen, wobei er eine leichte Blutspur hinterlassen hatte und ließ Wasser über seine Hand laufen.
 

"Komm nicht näher!", sagte er, als wollte er ihr einen Befehl erteilen. "Du hast keine Schuhe an, du trittst noch in eine Scherbe!"
 

Sakura ignorierte das einfach und machte einen großen Bogen um den Scherbenhaufen.
 

Er warf ihr einen wütenden Blick zu, als sie den Verbandskasten neben ihm abstellte. Aus der Nähe betrachtet schien er wirklich ziemlich viel getrunken zu haben. Es war überdeutlich, dass es ihn enorme Anstrengung kostete fokussiert zu bleiben. Und entweder hatte er geraucht, oder mit rauchenden Leuten lange in einem Raum gesessen.
 

"Zeig mal", sagte Sakura und nickte zu seiner Hand.
 

Darin ihn zu ignorieren, war sie wirklich gut geworden. Seine Verärgerung prallte einfach an ihr ab. Ihr war egal, was er sagte. Sie wollte bloß, dass er aufhörte zu bluten und dass sie wieder ins Bett konnte. Ihr war nämlich total kalt in ihrer kurzen Pyjamahose und diesem dünnen kurzen Shirt.
 

Sasuke bewegte seine Hand folgsam ein ganz kleines Stück zu ihr herüber.
 

Sakura griff entschieden sein Handgelenk und zog seine Hand richtig zu sich hin, damit sie den Schnitt am Zeigefinger betrachten konnte. Es blutete schon wieder. Der Schnitt war tief und sie war keine Expertin, aber es schien okay zu sein, das einfach zu verbinden.
 

Also drückte sie das frische Handtuch auf seinen Finger, um das Bluten aufzuhalten und holte währenddessen rasch mit ihrer anderen Hand ein paar Dinge aus dem Verbandskasten.
 

Sasuke erduldete schweigend, dass sie Desinfektionsmittel auf die Wunde sprühte und dann rasch einige Lagen des weichen Verbandstoffes um seinen Finger rollte und befestigte.
 

Sie besah sich prüfend das Ergebnis. Es schien fest genug, dass es nicht gleich durchblutete und nicht so fest, dass sein Finger taub werden würde. Das hoffte sie zumindest. Wahrscheinlich war es besser als das, was er in seinem Zustand und nur mit einer Hand alleine auf die Reihe bekommen hätte.
 

"Ich glaube, so sollte es gehen."
 

Sie sah zu ihm auf. Das bereute sie sofort.
 

Denn Sasuke hatte scheinbar nicht wie sie auf seine Hand gesehen, während sie sich um den Verband gekümmert hatte. Sein Blick lag auf ihr, ihrem Gesicht. Er war ihr schon wieder viel zu nahe. Was tat er? Er blickte sie nicht direkt an, er sah ihr nicht in die Augen, vielmehr wanderten seine tiefschwarzen Augen über sie und schließlich blieb sein vom Alkohol leicht verschleierter Blick an ... ihren Lippen hängen?
 

Sakura wollte plötzlich unbedingt Abstand. Rasch ließ sie Sasukes Hand los. Er war jetzt nicht mehr in Gefahr zu verbluten. Sie hatte getan, was jeder vernünftige Mensch getan hätte und nun konnte sie zurück nach oben in ihr Bett und-
 

Weiter kam sie nicht mit ihren Gedanken. Bevor sie irgendetwas hatte tun können, bevor sie hatte vollends zurückweichen können, hatte Sasuke mit beiden Händen nach ihrem Gesicht gegriffen. Im nächsten Moment spürte sie seine Lippen auf den ihren.
 

Einen Moment kam ihr Gehirn bei dieser neuen Entwicklung nicht mehr hinterher. Einen Moment schien nur Nebel in ihrem Kopf zu sein. Sie roch Alkohol, den Zigarettenrauch, der an Sasukes Jacke haftete. Sie spürte seine Wärme auf ihren Lippen und den festen Griff seiner Hände an ihrem Gesicht.
 

Vor lauter Schreck und weil sie sprechen und ihm sagen wollte, dass er aufhören sollte, öffnete sie leicht den Mund. Dann wurde ihr klar, dass das ein Fehler war, denn Sasuke schien das eher als Einladung zu verstehen.
 

Diese zusätzliche Intimität brachte sie endlich wieder zu klarem Verstand. Sakura griff nach Sasukes Händen und zog sie mit einem Ruck von ihrem Gesicht weg, dann wich sie sofort zurück und ließ ihn schnell los.
 

"Spinnst du?", keuchte sie entsetzt.
 

Sasuke sah sie einen kurzen Moment an. Dann wandte er sich ab, griff sich den Mülleimer und ging damit zu den Scherben hinüber. Er hockte sich hin und fing an sie aufzusammeln, als wäre nichts gewesen.
 

Sakura stand einfach da, ihre Hände hinter ihr haltsuchend an der Kante der Anrichte und starrte ihn an.
 

Jetzt hatte sie doch jemanden geküsst. Wobei ... eigentlich nicht. Er hatte sie geküsst. Einfach so! Das tat man nicht einfach so! Das war total übergriffig! Was sollte sie denn jetzt tun oder sagen? Am liebsten hätte sie ihm ordentlich die Meinung gesagt. Aber er beachtete sie gar nicht. Er sammelte einfach eine Scherbe nach der anderen auf. Wahrscheinlich war ein Kuss für ihn keine große Sache. Weil er ständig was mit Frauen anfing. Wahrscheinlich war ihm einfach gerade danach gewesen oder er dachte, er könnte ja mal ausprobieren, ob für ihn heute noch irgendetwas gehen würde. Aber für sie wahr ihr erster Kuss eine große Sache! Und nun hatte ausgerechnet er ihn bekommen. Jemand, dem das überhaupt nichts bedeutete! Er hatte ihr das einfach weggenommen!
 

"Du bist so bescheuert!", sagte sie leise und sie hörte die Verachtung in ihrer eigenen Stimme.
 

Sasuke hob die letzte Scherbe auf und schmiss sie in den Müll. Er warf ihn einen gleichgültigen Blick zu. In diesem Moment konnte sie ihn so wenig leiden, wie noch nie zuvor. Diese überhebliche Gleichgültigkeit angesichts ihrer Überforderung und ihrer Verletzlichkeit war einfach zu viel!
 

Sie wandte sich wortlos ab, ging in einem großen Bogen um ihn herum zur Tür und verließ die Küche. Sie huschte die Treppe hoch, schloss ihre Tür hinter sich ab und kroch zurück unter ihre Decke. Dort rollte sie sich zusammen.
 

Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust und sie zog ihre Decke auch über ihren Kopf. Warum war sie nur nach unten gegangen? Wieso hatte sie das Bedürfnis gehabt ihm zu helfen? Wenn sie so darüber nachdachte, hätte er es bestimmt auch irgendwie alleine auf die Reihe bekommen. Er war einfach ein rücksichtsloser Idiot und er selbst war das einzige, das ihm etwas bedeutete. Oh wie sie ihn verabscheute!
 

Trotzdem schlich sich immer wieder das Bild in ihren Kopf, das sie gesehen hatte, als sie in die Küche gekommen war. In diesem Moment hatte sie Mitgefühl für ihn gehabt. Es war ihr so vorgekommen, als ob er schrecklich traurig gewesen wäre. Als ob er total verletzlich und so deprimiert gewesen wäre, dass es ihm völlig egal war, dass er blutete. Aber nun kam es ihr so vor, als ob sie das bloß hineininterpretiert hatte. Wahrscheinlich war er einfach nur total betrunken!
 

Sie hörte leise Schritte auf dem Gang und einen Moment später wie Sasukes Zimmertür zu fiel.
 

Langsam beruhigte sie sich ein wenig. Es war nur ein Kuss gewesen. Sie wollte ohnehin keinen Freund. Ihren Vater kannte sie nicht, er war nie existent gewesen. Und dem Beispiel ihrer Mutter im Umgang mit Männern wollte sie auf keinen Fall folgen. Sie hatte sich doch ohnehin vorgenommen immer Single zu bleiben. Es war nicht wirklich weiter dramatisch, dass jemand sie geküsst hatte. Vielleicht war es sogar gut, dass es einfach vorbei war, dieser erste Kuss. Wahrscheinlich würde sie auch irgendwann mal mit jemandem Schlafen. Einfach um zu wissen wie das war und weil ihr Körper danach verlangte. Sie würde nicht so blöd sein und da dramatische romantische Gefühle hineininterpretieren. Verliebt sein und Familiengründung und die damit verbundene Abhängigkeit von einem Mann, das war nichts, was sie für ihr Leben wollte. Männer waren unzuverlässig. Es war besser sich gleich um alles selbst zu kümmern und sich gar nicht erst etwas vorzumachen, nur um dann enttäuscht zu werden. Ausnahmen konnte es natürlich geben. Naruto vielleicht. Zumindest wünschte sie sich das für Hinata.
 

Sakura bildete mit der Hand ein kleines Loch in ihrer Deckenhöhle, damit ein wenig Sauerstoff zu ihr hereinkommen konnte. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie schließlich einschlief. Und als sie es endlich geschafft hatte in ihre Träume abzudriften, waren diese erfüllt von Sasuke. Erfüllt von seiner Nähe und seinen Berührungen. Und von ihrem Verlangen.
 

Am nächsten Morgen war sie davon eher genervt als schockiert. Das kannte sie schon. Ja, sie fand ihn sehr attraktiv. Rein äußerlich. Und jedes Mal, wenn er ihr zu nahe kam, worin er gestern Nacht eindeutig eine neue Höchstleistung vollbracht hatte, dann machte ihr Unterbewusstsein ihr im Schlaf klar, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. So war das eben, es war keine große Sache. Niemand außer Hinata wusste davon und die würde niemandem etwas erzählen. Also war alles in Ordnung.
 

Sakura fuhr mit ihrer Taktik fort Sasuke zu ignorieren. Der tat es ihr die meiste Zeit über gleich und ließ nur ab und an einen gemeinen Kommentar gegen sie fallen.

Sein Vater hielt ihm am nächsten Tag eine ziemlich unangenehme Standpauke, weil Sasuke die teure Karaffe, mit dem noch teureren Alkohol zerstört hatte und weil er es gewagt hatte, den überhaupt anzurühren.

Sakura hörte, wie Fugaku laut und kalt seiner Enttäuschung Luft machte, dass Sasuke so vollkommen nutzlos und ziellos und nur an schnellen Vergnügungen interessiert sei und dass er ihn als Sohn zutiefst enttäusche.

Sakura verspürte fast ein wenig Dankbarkeit, dass sie ihren Vater nie kennengelernt hatte. Falls der auch so war, konnte sie auf einen Vater verzichten.

Danach verschwand Sasuke ein paar Tage, aber das schien niemanden zu kümmern. Als er wieder auftauchte, taten alle so, als wäre nichts gewesen. Fast tat er Sakura wieder etwas Leid.
 

Für Hinata hingegen lief alles super. Fast schon traumhaft. Sie traf sich mehrmals mit Naruto und schien ihn, wenn das überhaupt möglich war, immer noch toller zu finden.

Neji war wohl davon zu Anfang tatsächlich nicht besonders begeistert, doch er fand sich offenbar rasch damit ab. Es war einfach schwer, einem glücklichen Naruto irgendetwas abzuschlagen. Und noch eine Woche später waren Hinata und Naruto schon offiziell zusammen.
 

Wie Sakura befürchtet hatte, hatte Hinata mit einer frischen Beziehung nun deutlich weniger Zeit für sie. Aber es standen bald einige Prüfungen an und sie verbrachte die zusätzliche Zeit damit, noch mehr zu lernen. Außerdem hatte sie sich angewöhnt zum Ausgleich mehr raus zu gehen. Das Frühlingswetter wurde langsam angenehm warm und oft unternahm sie nun lange Spaziergänge im hinteren Teil des nahegelegenen Parks, der nicht allzu gut besucht und wunderbar verwunschen war. Die frischen Blätter und Frühlingsblüten und die zwitschenden Vögel erfüllten Sakura mit Ruhe und Glück.
 

Es gab nur eine Sache, die sie langsam immer mehr störte. Denn sie träumte inzwischen beinahe jede Nacht von ihrem unerträglichen Stiefbruder. Und weil Träume eben echte körperliche Bedürfnisse nicht stillen konnten, wachte sie beinahe jeden morgen vollkommen frustriert auf.
 

Sakura recherchierte ein wenig im Internet, um herauszufinden, was sie dagegen unternehmen könnte. Das half nur bedingt weiter, denn die meisten schrieben bloß, dass so Träume eben ungestillte Bedürfnisse widerspiegelten und man diese Bedürfnisse dann eben stillen musste.
 

"Vielleicht sollte ich einfach mit irgendjemandem schlafen", sagte Sakura zu Hinata, halb im Scherz. Aber nicht so ganz. Den Gedanken hatte sie tatsächlich kurz verfolgt. "Dann wäre es einfach erledigt und es würde mir nicht mehr so vorkommen, als wäre es so eine große Sache."
 

Sie rollte sich auf den Rücken. Sie war gerade von der Schule nach Hause gekommen und hatte sich aufs Bett geworfen und Hinata angerufen. Das taten sie oft. Direkt telefonieren, wenn sie aus der Schule kamen.
 

"Also ich weiß nicht", sagte Hinata skeptisch. "Ich glaube nicht, dass das so einen gute Idee ist Sakura. Du solltest wirklich auf jemanden warten, mit dem es dir ernst ist."
 

"Aber es kann sein, dass ich dann warte bis ich sterbe!", gab Sakura zu bedenken.
 

Hinata, die natürlich über alles, was so in Sakura vor ging, bestens im Bilde war, schnaubte belustigt. "Ich glaube immer noch, dass du dir nicht vornehmen kannst dich niemals zu verlieben, das wird nicht funktionieren. Sowas passiert einfach! Das kannst du nicht so sehr beeinflussen wie du glaubst!"
 

"Jaja", sagte Sakura beiläufig. Das hatte sie schon oft gehört. Und vielleicht war da auch ein bisschen was Wahres dran. Gerade deshalb hörte sie es nicht gerne.
 

Hinata lachte. Das kannte sie schon. "Hör mal, Naruto kommt gerade, ich habe doch versprochen, dass ich mit ihm zusammen für Mathe morgen lerne. Kann ich dich nachher nochmal anrufen?"
 

"Oh, na klar!", sagte Sakura verständnisvoll. "Bis dann und viel Spaß!"
 

"Wir lernen wirklich!"
 

"Als ob!"
 

"Doch!"
 

"Dann viel Erfolg!"
 

"Danke! Dir auch! Bis dann!"
 

Sakura legte auf und rollte sich wieder auf den Bauch. Sie sollte sich Mathe auch nochmal ansehen. Aber das konnte sie auch draußen im Park machen. Das Wetter war traumhaft.
 

Also schnappte sie sich ihren Laptop und ihr Buch, stopfte beides in ihre Tasche und ging unten noch in der Küche vorbei, um sich einen Smoothie aus dem Kühlschrank mitzunehmen.
 

Dort traf sie auf Fugaku und ihre Mutter, die sie in einen nervigen Smalltalk verwickelten. Ihre Mutter kritisierte sie, weil sie sich nicht mal ein schönes Kleid anzog bei diesem Wetter und Fugaku lobte ihre schulischen Ambitionen.
 

In diesem Moment kam Sasuke zur Haustür herein und bei der Ansammlung in der Küche verzog er das Gesicht und versuchte einfach weiter zu gehen. Daraus wurde jedoch nichts.
 

"Sasuke!", rief Fugaku. "Komm her!"
 

Sasuke machte widerwillig einen Schritt zurück und kam in die Küche.
 

"Was?"
 

"Nicht in diesem Ton!", sagte Fugaku kalt. "Ich hab dir gesagt du bekommst zu deinem achtzehnten Geburtstag ein Auto, aber ich möchte dich darüber informieren, dass ich mich frage, ob ich dir damit wirklich einen Gefallen tue. Du wirst dich dann bloß noch mehr mit deinen Freunden herumtreiben. Sakura hier hat eben erzählt, dass sie nun für eine Matheklausur morgen lernen wird. Hast du dafür auch etwas getan? Deine Noten in letzter Zeit lassen wirklich zu wünschen übrig. Du bist klug, das ist also lediglich Faulheit. Und das schätze ich überhaupt nicht!"
 

Sasuke verzog das Gesicht.
 

"Wieso soll ich lernen?", fragte er desinteressiert. "Dir gehört doch sowieso die halbe Stadt, ist ja nicht so, dass ich verhungern werde, wenn ich später mal keinen hochbezahlten Job finde."
 

Das gefiel Fugaku offenbar überhaupt nicht. "Nun, ich würde sagen, diese kindische Provokation beweist mal wieder, dass du noch weit entfernt vom erwachsen sein bist!"
 

"Vielleicht will ich einfach nicht die Jobs machen, die du dir für mich vorstellst!", zischte Sasuke.
 

"Na, dann kannst du dich ja schonmal daran gewöhnen ohne teures Auto und mit deutlich weniger Taschengeld klarzukommen. Ist das in deinem Sinne?"
 

Sasuke funkelte ihn wütend an.
 

"Offenbar nicht", stellte Fugaku kühl fest. "Also würde ich vorschlagen, du gibst dir ein bisschen mehr Mühe! Wieso holst du nicht deine Sachen und begleitest Sakura in den Park? Dann könnt ihr zusammen lernen und du hättest ein wenig Aufsicht!"
 

Sakura öffnete empört den Mund und wandte sich hilfesuchend ihrer Mutter zu.
 

Die war jedoch mal wieder keine Hilfe. "Oh, das ist eine wunderbare Idee!", stimmte sie Fugaku zu. Wie immer wenn er etwas vorschlug. Sie fand immer alles 'wunderbar', was er wollte.
 

"Ich hole meine Sachen", sagte Sasuke kühl und wandte sich zum gehen.
 

Na super, dachte Sakura. Das würde ja ein schöner Nachmittag werden.

Frieden

"Okay", sagte Sasuke sachlich und zog die Haustür hinter ihnen zu. "Wie ich das sehe haben wir jetzt drei Möglichkeiten."
 

Sakura sah ihn skeptisch an und er fuhr fort: "Erstens, ich mache mich jetzt aus dem Staub, du kannst machen was immer du vor hattest und mich dann bei meinem Vater verpetzten. Zweitens, ich mache mich jetzt aus dem Staub und du bist so nett und bindest es meinem Vater nicht auf die Nase. Dafür hättest du dann was gut bei mir. Oder drittens, wir lernen zusammen."
 

Er zog leicht eine seiner perfekten Augenbrauen hoch und sah sie abwartend an.
 

Sakura überlegte seit Fugaku ihr Sasuke aufgedrückt hatte, wie sie aus der Nummer rauskommen sollte und musste nun zugeben, dass seine Analyse der Lage recht zutreffend war. Allerdings wusste sie nicht recht, was sie jetzt sagen sollte.
 

"Tja, also ich werde jedenfalls nicht lügen", sagte sie schließlich. "Du kannst machen was du willst. Und verpetzten ist nicht meine Art. Aber wenn dein Vater mich fragt, dann werde ich ehrlich sein. Ich habe da Prinzipien."
 

Sasuke schnaubte. "Natürlich hast du das", sagte er. "Du bist immer überkorrekt."
 

"Tja, tut mir leid, dass sich das stört", erwiderte Sakura kühl. "Aber so bin ich eben. Dafür muss ich mich nicht vor dir rechtfertigen."
 

"Also bleiben Möglichkeit eins und drei", stellte Sasuke fest und überging ihren Seitenhieb. "In diesem Fall wäre ich dafür, dass wir tatsächlich lernen. Natürlich nur, wenn du meine Anwesenheit irgendwie ertragen kannst. Ich weiß, du verabscheust mich zutiefst."
 

Er sagte das spöttisch und herablassend und sie fragte sich selbst wieso sie das nun beschäftigte, aber plötzlich kam es ihr furchtbar herzlos vor ihm zu sagen, dass er sich verziehen sollte und sie alleine lassen, auch wenn er dann Stress mit seinem Vater bekommen würde. Außerdem würde ihre Mutter auch alles andere als begeistert sein.
 

"Wenn meine Mutter mitbekommt, dass wir ein Problem miteinander haben, das vielleicht irgendwie ihre neue heile Welt stören könnte, wird sie in Zukunft ständig versuchen, dass wir etwas zusammen unternehmen, damit wir uns verstehen. Darauf kann ich verzichten. Also ja, von mir aus können wir zusammen lernen, das ist es wohl wert um den Stress mit unseren Eltern zu vermeiden."
 

"Gut", sagte Sasuke. Er wirkte zufrieden.
 

Sakura war sich nicht ganz sicher, ob das eine gute Entscheidung war. Aber es war immerhin mitten am Tag. Im Park war sie nicht mit ihm alleine. Er war nicht betrunken und würde ihr sicher nicht nochmal zu nahe kommen, er hatte ja beim letzten mal sicher gemerkt, dass es für ihn bei ihr nichts zu holen gab.
 

Am liebsten hätte sie ihn gefragt, warum er sie geküsst hatte. Aber ihr war das auch total unangenehm. Sie wollte eigentlich nicht darüber sprechen, dafür war sie echt zu schüchtern. Sie würde rot werden und irgendetwas Blödes sagen aus Verunsicherung und er würde super souverän und wahrscheinlich irgendwie verletzend sein. Sie entschied, sich das lieber nicht anzutun.
 

"Du wolltest also in den Park?", half Sasuke dem Ganzen etwas auf die Sprünge.
 

"Ja", sagte sie. "Im hinteren Teil gibt es einen schönen Teich, da hat man seine Ruhe."
 

"Ja, ich weiß", sagte Sasuke beiläufig und setzte sich in Bewegung. "Ich bin da auch öfter."
 

"Echt?", fragte Sakura überrascht und vergaß kurz, dass sie ihn ja eigentlich nicht leiden konnte. Es war ganz in Ordnung so nebeneinander herzugehen.
 

"Ich hänge da öfter mit Naruto und Neji rum. Allerdings meistens zu Uhrzeiten, zu denen du schon brav im Bett liegst."
 

Jetzt fiel ihr wieder ein, dass sie ihn nicht leiden konnte.
 

"Schon klar, ich bin total langweilig und uninteressant", sagte Sakura genervt.
 

"Das habe ich nicht gesagt", erwiderte Sasuke sachlich.
 

"Aber du hast es so gemeint."
 

"Nein."
 

Jetzt verwirrte er sie wieder. Wollte er jetzt nett sein? Vermutlich sollte sie sich nicht zu früh freuen, sie hatte noch den ganzen Nachmittag vor sich.
 

"Können wir nicht einfach schweigen bis wir da sind?", schlug sie vor.
 

Sasuke antwortete nicht. Wahrscheinlich war das Zustimmung, denn er sprach in den nächsten fünfzehn Minuten tatsächlich nicht mehr.
 

Und das gab Sakura Zeit darüber nachzudenken, wie merkwürdig es war, dass sie nun mit Sasuke Uchiha durch den Park spazierte. Vor zwei Monaten noch hätte sie sich keine Realität vorstellen können, in der sowas vorkommen würde. Aber das Leben steckte leider voller Überraschungen.
 

Sie stellte fest, dass das Leben ziemlich anders sein musste, wenn man er war. Während sie sich mit der Auswahl ihrer Klamotten und ihrem Auftreten alle Mühe gab nicht aufzufallen und unsichtbar zu bleiben, indem sie jedem Blick auswich, damit ja niemand auf den Gedanken kam, sie könnte Interesse an Konversation haben, fiel Sasuke den Leuten total auf. Klar, das kannte sie schon aus der Schule, nur da war sie meistens weit entfernt von ihm und auf gewisse Weise war es sogar praktisch für sie, dass sich immer alles um ihn zu drehen schien. Dadurch hatte sie umso mehr ihre Ruhe.
 

Jetzt, wo sie genau neben ihm war, war sie plötzlich auch irgendwie im Mittelpunkt und neugierigen Blicken ausgesetzt. Einmal kamen sogar zwei Mädchen vorbei, die Sasuke kichernd grüßten und die er auch irgendwie zu kennen schien, aber er blieb zum Glück nicht stehen, um mit ihnen zu sprechen.
 

Sakura hatte es schon immer auf gewisse Weise faszinierend gefunden, dass Sasuke nur aufgrund seines fantastischen Aussehens so viel Aufmerksamkeit bekam.

Er war verschlossen, unhöflich, dreist, herablassend, überheblich und kümmerte sich wenig darum, wie es anderen ging oder was er mit seinen Handlungen auslöste. Und dennoch verziehen die meisten Leute ihm fast alles. Er musste sich nicht einmal entschuldigen. Es war so, als würden alle akzeptieren, dass er in der Rangordnung einfach weiter oben stand, nur weil er aus einer reichen Familie kam und gut aussah.

Sakura fand das total bescheuert. Klar, auch sie fand, dass er gut aussah. Aber das hieß doch nicht, dass er mehr wert war als andere. Das entschuldigte doch nicht, wie er sich benahm. Es ärgerte sie, dass die meisten Menschen derart oberflächlich zu sein schienen. Sie wusste, dass sie Derartiges auch einfach als Realität akzeptieren hätte können und nicht derart verachtend darauf reagieren könnte. Auf gewisse Weise war sie dadurch auch überheblich. Aber leider nervte sowas sie nunmal und wer konnte schon etwas gegen seine Gefühle tun? Sie seufzte.
 

Das bereute sie sofort, denn sie hatte vergessen, dass sie nicht alleine war und nun musterte Sasuke sie von der Seite. Allerdings sagte er nichts. Er schien ihren Vorschlag zu Schweigen praktischerweise überaus ernst zu nehmen. Ob er das jetzt durchzog, bis sie zuerst wieder etwas sagte?
 

Sasuke blickte wieder nach vorne und Sakura stellte fest, dass sie den eher belebten Teil des Parks nun verlassen hatten und in den wilderen und weniger gepflegten Bereich weiter hinten kamen.
 

Hier fand sie es großartig. Es gab alte kleine Steinbrücken, die hier und da den kleinen Bach kreuzten, der sich durch den ganzen Park schlängelte. Außerdem viele Weidenbäume und von Efeu bewachsene Statuen und Mauern. Die Strahlen der warmen Nachmittagssonne fielen auf die frisch entfalteten Frühlingsblätter und ließen sie aufleuchten, wo Licht durch die Baumkronen fiel.
 

Sakura steuerte auf eine halbrunde Bank unter einigen Bambuspflanzen zu, die in eine Steinmauer eingelassen war und auf die am Rande des Teiches Sonnenlicht fiel.
 

Sie setzte sich und zog die Tasche auf ihren Schoß, um ihr Buch, ihren Schreibblock und ihren Laptop mit ihren Notizen herauszunehmen.
 

Sasuke blieb einen Moment vor ihr stehen und sah nachdenklich auf sie hinab. Sie hob den Kopf und blickte ihn an.
 

"Was?", fragte sie skeptisch, weil er sie einfach weiter ansah.
 

Er bewegte leicht den Kopf, als wollte er einen Gedanken abschütteln, dann rührte er sich endlich, setzte sich mit ein wenig Abstand neben sie und holte auch seine Sachen hervor.
 

"Also", sagte Sakura ein wenig zögerlich, "ich würde sagen jeder lernt einfach für sich."
 

Irgendwie kam es ihr gerade so vor, als wäre sie ziemlich gemein zu ihm. Wenn er den Mund hielt, war er eigentlich ganz in Ordnung. Und wenn er nichts sagte, was sie verärgerte oder provozierte, war es dann zu fies von ihr ihn so kühl zu behandeln? Wieso bekam sie jetzt Gewissensbisse? Sie schob den Gedanken beiseite. Es spielte keine Rolle was er dachte, Sasuke war nicht ihr Problem.
 

"Okay", sagte Sasuke, schlug sein Buch auf und fing an darin herumzublättern.
 

Sakura riss sich zusammen und wandte den Blick von ihm ab und auf die Aufgaben, die sie zur Übung lösen wollte. Irgendwie konnte sie sich nicht gut konzentrieren, wenn er neben ihr saß.
 

Doch das Problem löste ihr Ehrgeiz für sie, denn als sie bei der ersten Aufgabe nicht direkt zur Lösung kam, kratzte das an ihrem Stolz und sie verbiss sich darin, bis sie es schaffte. Der Rest ging schließlich besser und sie kam eine Weile gut voran.
 

"Kann ich dich was fragen?"
 

Sakura blickte überrascht auf. Sie war so konzentriert gewesen, dass sie ganz in ihrer eigenen Welt gewesen war und vergessen hatte, dass er da war.
 

Er hatte sich wirklich still verhalten. Vielleicht, dachte sie, lag es gar nicht so sehr an ihm, dass um ihn herum immer so ein Trubel war. Ob es ihn wohl auch manchmal nervte, dass er ständig so viel Aufmerksamkeit bekam? Bisher hatte sie immer gelaubt, dass er es genoss. Aber eigentlich konnte sie das nicht beurteilen, sie hatte keine Ahnung, was Sasuke sich so dachte. Er war ein Mensch mit Gefühlen und Problemen, so wie jeder andere auch. Sie wunderte sich ein bisschen, dass sie das bisher nie wirklich wahrgenommen hatte.
 

"Wegen Mathe?", fragte sie, in der Hoffnung deutlich zu machen, dass sie nicht begeistert von der Vorstellung wäre, eine persönliche Frage gestellt zu bekommen.
 

"Ja", sagte er. Eben war er höflich gewesen. Jetzt klang er genervt. "Wegen Mathe."
 

Er hielt ihr das Buch hin und sie rutschte sein Stück zu ihm rüber, um sehen zu können, um welche Aufgabe es sich handelte.
 

"Was ist damit, kommst du damit nicht weiter?", fragte sie.
 

Sie sah hoch zu ihm, weil er nicht gleich antwortete. Sasuke blickte rasch auf das Buch. Wo hatte er denn vorher hingeschaut? Auf ihren Nacken? Sie bereute schon wieder, dass sie ihm näher gekommen war. Sie strich ihre Haare auf die andere Seite. Vielleicht hatten ihre Haarsträhnen ihn einfach nur am Arm gekitzelt und abgelenkt.
 

"Ich habe das falsche Ergebnis raus", sagte er. "Aber ich glaube, dass sie die Lösung hinten falsch abgedruckt haben. Ich glaube es ist ein Tippfehler. Kannst du das mal nachrechnen?"
 

Sakura rutschte wieder ein Stück von ihm weg und griff nach ihrem Block und Stift, um das zu überprüfen. Sie rechnete damit, dass er sich vertan hatte, aber es stellte sich heraus, dass es stimmte. Das war ein Tippfehler in der Lösung.
 

"Ja, du hast recht", sagte sie und Sasuke nickte zufrieden.
 

"Danke." Er wandte sich wieder seinem Buch zu und fing mit der nächsten Aufgabe an.
 

Sakura saß da und beobachtete ihn. Sie wusste nicht, ob sie diese ruhige, friedliche Seite an ihm bisher einfach nie gesehen hatte, ob er einfach keine Lust hatte mit ihr zu reden, oder ob er sich zurück hielt, weil sie deutlich machte, dass sie das nicht wollte. Das wäre dann fast nett von ihm. Oder aber er tat so, als wäre er nett, weil er irgendwas Merkwürdiges im Schilde führte.

Den Kuss hatte sie schließlich noch deutlich in Erinnerung. Doch seine Ruhe gerade war keine komische Masche, er würde sich doch nicht derart bemühen, oder? Der Kuss war eine spontane Entscheidung von ihm gewesen, weil er betrunken gewesen war und für ihn war das einfach nichts besonders Wichtiges. Es war albern zu glauben, dass er sich auf irgendeine spezielle Weise verhielt, nur um ihr irgendwas vorzuspielen und irgendwas von ihr zu bekommen.

Dazu war sie wirklich nicht wichtig oder interessant genug. Nicht wenn ständig so viele hübsche Frauen um ihn herum wuselten, die nur allzu bereit waren ihm alle seine Wünsche zu erfüllen. Wieso sollte er sich groß für sie interessieren?
 

Sakura bemerkte, was sie da tat und blätterte verärgert eine Seite um, einfach nur um irgendwas zu tun und ihn nicht anzustarren. Der Kuss hatte sie offenbar doch ein wenig durcheinander gebracht. Seit wann dachte sie darüber nach, warum Sasuke irgendwas tat oder nicht tat? Es konnte ihr vollkommen egal sein, das hatte überhaupt nichts mit ihr zu tun!
 

Sie zog den Smoothie aus der Tasche, den sie sich in der Küche eingesteckt hatte. Gewissermaßen war der Smoothie daran schuld, dass sie nun mit Sasuke hier saß. Wäre sie nicht in die Küche gegangen, um ihn sich zu holen, wäre sie nicht Fugaku und ihrer Mutter begegnet und sein Vater hätte Sasuke nicht vor ihr so runter gemacht und ihn dann gezwungen mit ihr zu lernen. Ob Sasuke traurig war, dass sein Vater ständig so streng zu ihm war und ihn immerzu mit Itachi verglich?
 

Stopp! Wieso dachte sie nun schon wieder darüber nach, wie Sasuke sich fühlte? Sie nahm einen entschiedenen Schluck Smoothie, vielleicht ein bisschen heftiger als nötig gewesen wäre. Die Strafe folgte auf dem Fuße, denn sie verschluckte sich und musste Husten. Zum Glück nur zweimal leicht. Peinlich.
 

Sasuke sah zu ihr. "Geht's?"
 

"Ja."
 

Spätestens jetzt war sie wirklich verwirrt. Er hatte fast schon besorgt geklungen. Der Sasuke, den sie kannte, hätte spätestens diese Gelegenheit genutzt, um irgendwas Fieses oder Überhebliches zu sagen oder sich zumindest über sie lustig zu machen.
 

Sie blickte über den Teich. Sie mussten schon eine ganze Weile hier gewesen sein. Das Nachmittagslicht war blasser geworden und langsam entstanden ein paar lange Schatten zwischen den Bambusstangen und den anderen umstehenden Bäumen. Sie hatte keine Ahnung wie spät es war und sie verspürte keine Lust ihr Smartphone heraus zu holen, um nachzusehen. Denn gerade war alles so ruhig und friedlich und vollkommen, dass sie das Gefühl hatte, dann wäre sie wieder mit der Realität verbunden und diesen Moment wollte sie noch etwas hinauszögern.
 

Vielleicht musste sie sich auch eingestehen, dass sie doch ein wenig einsam war, seit Hinata Naruto hatte. Natürlich gab Hinata sich alle Mühe sie nicht zu vernachlässigen und Sakura freute sich ehrlich für sie und machte ihr sicher keinen Vorwurf.

Sie hatte immer gewusst, dass irgendwann ein Moment kommen würde, in dem sie nicht mehr die alleinige Hauptrolle in Hinatas Leben spielen würde.

Trotzdem war es nicht leicht für sie. Sie war ein ganz kleines bisschen eifersüchtig, dass Naruto nun einen großen Teil von Hinatas Aufmerksamkeit und Zeit bekam. Nun rächte es sich ein bisschen, dass sie nur eine Freundin hatte. Sie konnte es nicht leugnen, sie fühlte sich etwas verloren.

Wahrscheinlich hätte sie sich ansonsten auch vehementer dagegen gestemmt, den Nachmittag mit Sasuke zu verbringen. Fairerweise musste man allerdings sagen, dass er ihr bisher keinen Grund geliefert hatte es zu bereuen.
 

Drei Enten kamen auf sie zu und weil Sakura keine Lust mehr auf Mathe hatte und ohnehin gut genug vorbereitet war, stand sie auf, ging die zwei Schritte bis zum Ende der steinernen Kante, auf der die Bank gebaut war und hockte sich hin, um aufs Wasser hinunter zu sehen. Die Enten schnatterten aufgeregt, weil sie glaubten, dass sie ihnen etwas Essbares geben würde.
 

"Tut mir leid", murmelte Sakura lächelnd. "Ich habe leider nichts für euch."
 

Die Enten schwammen zwei Runden vor ihr im Kreis und schnatterten vorwurfsvoll.
 

"Wenn du willst, kannst du ihnen was von meinem Brötchen geben, das esse ich nicht mehr."
 

Sakura erhob sich und drehte sich überrascht zu Sasuke um. Wieso war er so nett?
 

"Willst du?" Er zog eine Tüte von einer Bäckerei aus der Tasche, die er immer mit zur Schule nahm und hielt sie ihr leicht entgegen. Vermutlich enthielt sie besagtes Brötchen.
 

Sakura fühlte sich etwas überrumpelt. Sie wusste gar nicht, wie sie mit ihm umgehen sollte, wenn er sich so verhielt.
 

"Das...ähm...ist nett von dir", sagte sie nach kurzem Zögern. "Aber eigentlich soll man Enten ja nicht füttern."
 

Sasuke verengte leicht die Augen. "Lehnst du es ab, weil das von mir kommt?"
 

"Was?", fragte Sakura verwirrt.
 

Er brachte sie immer mehr durcheinander. Wollte er jetzt ernsthaft anfangen darüber zu sprechen, dass sie sich für gewöhnlich nicht leiden konnten?
 

Sasuke gab ein 'Tss' von sich und steckte die Tüte wieder in seine Tasche.
 

Sakura ging zu ihm hinüber und setzte sich vorsichtig wieder auf den Platz neben ihn, wo sie die ganze Zeit gesessen hatte. Irgendwie kam es ihr nun so vor, als hätte sie ihn verletzt und als müsste sie es wieder gut machen.
 

"Man soll Enten wirklich nicht mit Brot füttern", sagte sie leise.
 

"Das machen alle ständig", erwiderte Sasuke kühl.
 

Er sah sie nicht an. Er hatte sich nach vorne gebeugt, die Unterarme auf seine Oberschenkel gestützt und sah über das Wasser. Er schien nun eindeutig wieder schlecht gelaunt zu sein.
 

"Ich weiß", sagte Sakura. "Es wird sogar immer in irgendwelchen kitschigen Szenen in Filmen gezeigt. Aber Enten vertragen das eigentlich gar nicht gut. Das weiß ich, weil ich das als kleines Kind öfter gemacht habe und dafür irgendwann Ärger von einem Parkwärter bekommen habe."
 

Sasuke sah zu ihr herüber, als versuchte er herauszufinden, ob sie das wirklich ernst meinte. Oder er war verwirrt, weil sie ihm etwas Persönliches von sich erzählt hatte. Aber ihr erschien es auf einmal wichtig, dass er ihr glaubte. Sein Angebot eben war nett gewesen und es war nicht ihre Absicht gewesen, ihn vor den Kopf zu stoßen.
 

Sasuke zog sein Smartphone auf der Hosentasche und tippte etwas ein.
 

"Stimmt", sagte er leicht überrascht. "Du hast recht."
 

Hatte er das jetzt etwa gegoogelt, nur um herauszufinden, ob sie das Angebot bloß ausgeschlagen hatte, weil sie ihn nicht leiden konnte?
 

Sakura lächelte vorsichtig und fragte: "Was ist es denn für ein Brötchen?"
 

"Ein Laugenbrötchen." Er sah sie an und lächelte schief. Und ziemlich umwerfend. "Wieso? Willst du es?"
 

Sakura zuckte mit den Schultern und musste wieder lächeln. "Ich könnte dir zum Tausch einen halben Mango-Bananensmoothie anbieten. Allerdings nur, wenn es dir nicht unangenehm ist, dass ich schon davon getrunken habe."
 

Sasuke grinste. "Der Handel klingt annehmbar."
 

Er warf ihr die Tüte in den Schoß. Also hielt sie ihm den Smoothie hin. Er nahm ihn.
 

Einen Moment schwiegen sie und sahen wieder auf das Wasser während sie aßen und tranken.
 

Dann verschwanden die letzten Lichtflecken nach und nach und Sakura wurde es langsam ziemlich kühl in ihrem T-Shirt.
 

"Gehen wir zurück?", fragte sie und erhob sich.
 

"Klar", erwiderte Sasuke.
 

Also packten sie ihre Sachen zusammen und machten sich auf den Rückweg durch den Park in Richtung ihres gemeinsamen Zuhauses. Ein paar Minuten später klingelte Sasukes Smartphone, doch er drückte den Anruf weg.
 

"War nur Neji", sagte er, weil sie ihn fragend ansah.
 

"Habt ihr Streit?", fragte Sakura. Gleich darauf wunderte sie sich, dass sie gefragt hatte.
 

"Nein", sagte Sasuke ruhig. "Ich finde bloß die Ruhe gerade angenehm."
 

Es war seltsam. Zwar schwiegen sie, genau wie auch auf dem Hinweg, aber nun fühlte es sich eigenartig harmonisch an.
 

Von ihren Eltern war nichts zu sehen, als sie das Haus betraten. Sakura blieb stehen, als sie oben vor ihren Zimmern angekommen waren.
 

"Tja, also...", sagte sie ein wenig hilflos, weil sie nicht recht wusste, wie sie sich nun verabschieden sollte, "dann bis morgen oder so."
 

"Ja", sagte Sasuke bloß.
 

Sakura wandte sich rasch ab und betrat ihr Zimmer ohne sich nochmal nach ihm umzusehen.
 

Irgendwie war ihr der Umgang mit Sasuke leichter gefallen, als sie sich noch keine Gedanken darüber gemacht hatte, dass er auch ein Mensch mit Gefühlen war.

Neue Kontakte

Sakura hatte sich gefragt, ob nach dem gemeinsamen Nachmittag zwischen ihr und Sasuke etwas anders sein würde. Sie war sich da nicht sicher.
 

Bisher hatte sie seine Stimmungen als ziemlich wechselhaft in Erinnerung, allerdings hatte sie das Gefühl, dass sie sich gestern ein wenig auf einander zubewegt hatten und es die Möglichkeit gab, dass sie zumindest einen etwas freundlicheren Umgang finden könnten.
 

Da sie nach wie vor früh aufstand, um zu Fuß zur Schule zu gehen - mittlerweile und bei dem schönen Wetter machte sie das richtig gerne - sah sie Sasuke erst in der Schule.

Sie hatte entschieden sich ihm gegenüber wie immer zu verhalten, ihn also nicht weiter zu beachten, aber falls er ihr gegenüber zugewandter oder netter sein sollte, würde sie auch freundlicher darauf zu reagieren. Sie hätte nichts dagegen gehabt, sich mit der Person, die im Zimmer direkt neben ihr wohnte, ein klein wenig besser zu verstehen.
 

Zwar blieb es dabei, dass sie nicht zu viel Nähe wollte, weil sie sich offenbar immer noch unterbewusst auf rein körperlicher Ebene zu ihm hingezogen fühlte, doch sie war nach wie vor davon überzeugt, dass das nur an ihren unerfüllten Bedürfnissen nach Kontakt zum anderen Geschlecht lag und nichts mit Sasuke als Person zu tun hatte. Doch das war ihr Problem und sie hatte kein Recht ihren Ärger darüber an ihm auszulassen.
 

Zunächst kam es allerdings nicht dazu, dass sie sich mit dieser Thematik auseinandersetzen musste. Sie war voll auf damit beschäftigt, sich gedanklich auf die Matheklausur einzustellen und Hinata zuzuhören, die von ihrem Nachmittag mit Naruto erzählte und die wunderbarerweise nach wie vor auf Wolke sieben schwebte.
 

Die Klausur lief gut für Sakura und gerade hatte sie in der Pause Hinata von ihrem Nachmittag mit Sasuke erzählt, als Naruto, Neji und Sasuke plötzlich vor der Bank in einer Ecke des Schulhofs standen, auf der sie sich niedergelassen hatten, weil das Wetter heute einfach zu schön gewesen war, um sich in der Bibliothek zu verkriechen.
 

"Hey hey!", sagte Naruto gewohnt gut gelaunt und setzte sich beschwingt neben Hinata, die ihn glücklich anlächelte. Neji betrachtete das unzufrieden und mit verschränkten Armen.
 

"Find dich endlich damit ab", sagte Sasuke leicht genervt und leicht belustigt.
 

"Ich kann mir denken, dass du da nichts gegen hast, dir passt das doch ganz gut in den Kram, oder?", gab Neji zurück.
 

"Klappe", sagte Sasuke ärgerlich und Neji grinste.
 

Hinata und Naruto hatten die Köpfe zusammen gesteckt und lachten leise über etwas, das Naruto gerade gesagt hatte, sie schienen alles um sich herum vergessen zu haben.
 

Sakura strich sich ihre Haare nach hinten und ließ ihren Blick über den Hof schweifen. Sie fühlte sich ziemlich unwohl und wusste nicht recht, was sie nun tun sollte.

Manchmal wäre etwas soziale Kompetenz oder die Fähigkeit zum Smalltalk doch nicht so schlecht. Sie hatte absolut keine Ahnung, ob sie jetzt etwas sagen sollte und noch weniger, worüber sie mit Neji oder Sasuke sprechen sollte. Sicher wollten sie nicht gefragt werden, wie die Matheklausur für sie gelaufen war.
 

Aber Neji oder Sasuke gaben sich auch nicht gerade Mühe eine Konversation zu beginnen. Neji hatte sein Smartphone hervor geholt und tippte demonstrativ desinteressiert darauf herum und Sasuke stand einfach da, sah wie immer ziemlich heiß aus und musterte Sakura.
 

Sie hatte das Gefühl, dass sie ihn daher nun nicht länger ignorieren konnte und sah ihn ebenfalls an. Sie rang sich ein leicht gezwungenes Lächeln ab. Hauptsächlich in der Hoffnung, dass er aufhören würde sie einfach anzusehen. War es ihm denn überhaupt nicht unangenehm, dass sie es bemerkte? Normale Leute guckten doch weg, wenn man sie dabei erwischte, dass sie einen beobachteten.
 

"Dein Fanclub ist im Anmarsch, lass uns verschwinden, da hab ich jetzt keinen Bock drauf!", sagte Neji zu Sasuke und nickte mit dem Kopf über den Schulhof, wo einige ihrer Mitschüler tatsächlich gerade zu überlegen schienen, ob sie herüber kommen sollten.
 

Sasuke stöhnte genervt.
 

Also schien ihm diese ganze Aufmerksamkeit tatsächlich nicht immer zu gefallen, dachte Sakura.
 

"Kommst du mit?", fragte Sasuke an Naruto gerichtet. "Lass uns abhauen, mir reicht es für heute mit Schule. In Sport kriegen wir sowieso ne eins."
 

"Bin dabei", sagte Neji und steckte sein Smartphone weg.
 

"Ich bleibe hier", sagte Naruto beiläufig und legte Hinata den Arm um die Schultern.
 

"Es sei denn du willst auch abhauen?", fragte er an sie gewandt.
 

"Neee", sagte Hinata, offenkundig entsetzt von der Vorstellung so was zu tun und Naruto lachte.
 

Sakura musste ebenfalls lächeln. Eine Doppelstunde Sport war nicht das, was Hinata und sie besonders mochten. Sie waren nicht gut darin. Nicht weil sie völlig unsportlich gewesen wären, sondern hauptsächlich, weil sie beide zu zögerlich waren und den Sinn dieses Faches ohnehin nicht so ganz verstanden. Und es half auch nicht, dass Sasuke, Neji und Naruto immer so eine Angeberei veranstalteten, um allen zu zeigen, dass sie total durchtrainiert die Größten waren.
 

Aber Hinata hatte noch nie Unterricht versäumt, wenn sie nicht krank gewesen war. Und das war zum Glück auch nicht oft vorgekommen, Sakura mochte es überhaupt nicht in der Schule zu sein, wenn Hinata nicht da war. Dann fühlte sie sich immer schrecklich verloren und verunsichert.
 

"Ich hasse es, wenn Leute sich plötzlich total verändern, nur weil sie eine Beziehung haben!", sagte Neji übertrieben theatralisch.
 

Naruto lachte bloß. "Ich finde es süß, wenn Hinata versucht Bällen auszuweichen, das lasse ich mir nicht entgehen! Außerdem wollten wir nach der Schule was zusammen essen! Und tu mal nicht so abgeklärt Neji, du hast doch nur keine Beziehung, weil Tenten sich nicht so ganz sicher ist, ob das mit euch wirklich was Ernstes werden soll oder ob sie dich auf Dauer doch nicht ertragen kann!"
 

Neji schnaubte verächtlich. "Quatsch. Ich habe einfach keine Lust mich in diesem Alter schon festzulegen!"
 

"Red dir das ruhig ein, wenn du dich dann besser fühlst!"
 

"Halt den Mund", sagte Neji bloß. Aber er sah nicht wirklich verärgert aus. Die drei waren schon eine Ewigkeit befreundet, wahrscheinlich konnten sie einfach alles zueinander sagen.
 

"Was ist mit dir? Willst du mitkommen?"
 

Sakura war nicht die einzige, die Sasuke verdutzt anblickte. Alle anderen fanden diese an sie gerichtete Frage offenbar genauso überraschend.
 

"Ähm...", sagte Sakura bloß völlig überrumpelt.
 

Sie hatte keine Lust auf Sport. Und auch wenn Hinata pflichtbewusst bei ihr bleiben würde, würde sie sich neben Naruto und ihr die ganze Zeit etwas überflüssig vorkommen. Aber mit Sasuke und Neji mitgehen? Das konnte sie sich auch absolut nicht vorstellen. Sie konnte die beiden ja eigentlich nicht mal besonders leiden. Und sie hatte keine Ahnung, was sie mit ihnen reden sollte, oder was die beiden nun vor hätten und ob sie das in irgendeine Lage bringen würde, die ihr furchtbar unangenehm wäre, weil sie im allgemeinen nicht wusste, was andere in ihrem Alter so in ihrer Freizeit taten und sie sich bestimmt furchtbar blamieren würde. Ihr betrunkener Zustand nach Inos Party war ihr immer noch lebhaft in Erinnerung. Aber wieso hatte er das gefragt? Sie hätte gerade einiges dafür gegeben um zu erfahren, was in seinem Kopf vor sich ging.
 

"Tja, sie will nicht", kam ihr Neji zuvor, bevor sie es auf die Reihe bekam etwas zu antworten. "Komm, wir hauen ab!"
 

Sasuke warf ihr einen letzten Blick zu, der unmöglich zu deuten war und wandte sich dann wortlos um, um Neji zu folgen, der noch kurz 'bis dann' zu Naruto sagte.
 

"Was hast du eigentlich gegen Sasuke?", fragte Naruto plötzlich, als die beiden nicht mehr zu sehen waren.
 

Sakura sah ihn irritiert an.
 

"Gibt es einen Grund dafür, dass du ihn nicht ausstehen kannst?", fragte Naruto weiter. Er hatte einen beiläufigen Tonfall, als würde es ihn kaum interessieren.
 

"Ähm", sagte Sakura zum zweiten Mal an diesem Tag. "Naja, er ist einfach so...so..."
 

Er war selbstgerecht, arrogant, herablassend, unfreundlich, respektlos, kalt, ließ seine Laune an anderen aus und dachte er könnte sich ständig alles nehmen, was er wollte, egal, ob er dabei jemanden verletzte. Aber sie hatte keine Lust das nun vor Naruto auszubreiten. Immerhin wäre es möglich, dass er Sasuke davon erzählen würde und sie wollte ihn nicht unbedingt verletzen, wo er sich doch gerade ein wenig Mühe zu geben schien etwas umgänglicher zu sein.
 

"Also ich denke er ist einfach total anders als ich, manche Menschen passen eben nicht gut zusammen", sagte sie schließlich möglichst diplomatisch.
 

"Ich bin doch auch anders als du oder Hinata und wir verstehen uns", sagte Naruto.
 

"Ja, aber du bist immer total freundlich, hilfsbereit, lustig, mutig und...", kam Hinata Sakura zur Hilfe, bis ihr klar wurde, was sie da tat. Dann lief sie rot an und brach rasch ab.
 

Das führte allerdings zum Glück dazu, dass Narutos Aufmerksamkeit nun wieder voll bei Hinata lag und Sakura vorgeben konnte, nochmal kurz zum Spind zu müssen, um ein Buch wegzubringen.

Sie hatte weder Lust den beiden noch länger beim glücklich sein zugucken zu müssen, noch wollte sie, dass Naruto ihr Fragen über Sasuke stellte. Außerdem hatte sie ohnehin das Gefühl, dass sie störte.
 

Als Sakura lustlos die Tür des Spinds schloss, zuckte sie zusammen. Shino und Kiba standen direkt vor ihr.
 

"Hey! Dich sieht man ja selten alleine! Aber Hinata ist zur Zeit viel bei Naruto, was?", fragte Shino freundlich.
 

"Hallo", erwiderte Sakura vorsichtig und ein wenig unbeholfen.
 

Der Tag hatte für sie entschieden zu viele Überraschungen parat.
 

"Wir treffen uns nachher mit ein paar Leuten im Park und dachten bloß vielleicht hast du ja auch Lust vorbeizukommen? Einfach ein bisschen was trinken und plaudern und das Wetter genießen, was meinst du?", fuhr Shino fort.
 

"Hinata natürlich auch, wenn sie Lust hat", fügte Kiba hinzu.
 

"Oh", sagte Sakura überrascht. "Das ist nett von euch."
 

Sie würde sich bestimmt nicht trauen, da alleine aufzutauchen und Hinata hatte heute sicher keine Zeit mehr. Sie war sich auch nicht sicher, ob das überhaupt etwas für sie war. Weder im Plaudern, noch im Trinken hatte sie viel Übung. Andererseits fühlte sie sich in letzter Zeit etwas einsam.
 

"Ja, vielleicht, mal sehen", sagte sie mit einem leichten Lächeln.
 

"Hier seid ihr!", sagte Shikamaru, der gerade um die Ecke gebogen kam.
 

"Wir haben Sakura nur vorgeschlagen nachher auch vorbeizukommen!", sagte Kiba gut gelaunt.
 

"Ich kenne jemanden, der davon so richtig begeistert sein wird", erwiderte Shikamaru stirnrunzelnd und eindeutig sarkastisch. Aber er nickte Sakura kurz grüßend zu, als er bei ihnen ankam.
 

Sakura sah verwirrt zwischen ihnen hin und her. Sprachen sie von Ino?
 

"Ach was, ich hab gesehen, dass sie eben abgezogen sind", sagte Shino unbeeindruckt. Außerdem sollten wir echt aufhören uns von denen was vorschreiben zu lassen!"
 

"Stimmt!", seufzte Shikamaru und steckte die Hände in die Hosentaschen. "Hast recht."
 

Es läutete und Sakura hatte sich immer nicht überwunden nachzufragen, über was sie eigentlich sprachen.
 

"Also Sakura", sagte Kiba charmant, "dann vielleicht bis später! Wir treffen uns auf den Stufen rechts hinter dem Parkeingang. Wir sind bis in den späten Abend dort, komm einfach jederzeit vorbei, wenn du Lust hast!"
 

Damit wandten sie sich um und gingen und Sakura sah ihnen irritiert nach, ohne das Ganze irgendwie richtig einordnen zu können.
 

Sie stand die Doppelstunde Sport tapfer durch und obwohl Naruto oft bei ihnen war, stellte sie erleichtert fest, dass es sogar ganz nett war. Sowohl Naruto als auch Hinata waren Menschen, die andere nie ausschlossen und die sich immer Mühe gaben, dass alle um sie herum sich wohl fühlten.
 

Und als Sakura über den Parkplatz ging, um ihren Spaziergang nach Hause anzutreten, überlegte sie tatsächlich, ob sie vielleicht später nochmal in den Park gehen sollte. Vielleicht. Falls ihr langweilig werden sollte. Spätestens nächstes Jahr im Studium würde sie sich sowieso auf neue Dinge einlassen müssen. Da konnte sie schonmal anfangen das zu üben und-
 

"Sakura!"
 

Sie schreckte aus ihren Gedanken. Drei Meter von ihr entfernt stand Itachi Uchiha, mit leicht im Wind wehenden Haaren und lässig an sein Auto gelehnt. Wie immer wirkte er unglaublich cool.
 

"Hallo", sagte sie ein wenig unsicher und ging auf ihn zu.
 

Itachi war wie üblich überhaupt nicht unsicher und umarmte sie kurzerhand zur Begrüßung. Sie stellte fest, dass sie das merkwürdig angenehm fand. Sonst war sie eigentlich nicht so begeistert von plötzlichem Körperkontakt.
 

"Ich bin für ein paar Tage zu Hause und wollte euch von der Schule abholen!", sagte Itachi mit einem charmanten Lächeln. "Wo steckt denn mein kleiner Bruder?"
 

"Ähm...", sagte Sakura zum dritten Mal an diesem Tag. Sollte sie Itachi nun sagen, dass Sasuke den Unterricht schwänzte?
 

Itachi seufzte und nahm ihr diese Entscheidung ab. "Verstehe", sagte er bloß, "er ist schon gegangen."
 

"Hm", machte Sakura unverbindlich.
 

Itachi lachte leise und auch das klang angenehm. "Nett von dir, dass du ihn nicht gleich verraten willst! Wenn unser Vater das mitbekommt, kriegt er wieder Ärger."
 

Itachi griff nach der Beifahrertür und hielt sie ihr mit einer leicht angedeuteten Verbeugung auf. "Na dann nur wir beide, was? Darf ich bitten?"
 

"Danke", murmelte Sakura verlegen und spürte schon wieder leichte Hitze in ihre Wangen kriechen.
 

Dass sie eigentlich hatte laufen wollen, war ihr gerade egal. Itachi war wirklich freundlich zu ihr, er war entscheiden aber respektvoll und sie hatte das Gefühl, dass er nicht dafür sorgen würde, dass sie in eine unerwartet unangenehme Situation kam, weil sie ihn bisher immer so höflich erlebt hatte.

Und wenn er doch mal etwas ansprach, was jemanden überforderte, baute er immer gleich wieder geschickt eine Brücke, um demjenigen aus der Situation zu helfen. Er war einfach toll.
 

Und obwohl sie sich wegen dieses Gedankens ein wenig schlecht fühlte, genoss sie es doch ein bisschen, das zwei ihrer Mitschülerinnen in der Nähe ein wenig neidisch zusahen, wie sie einstieg.

Scheinbar war sie nicht die einzige, die noch nicht vergessen hatte, dass Itachi immer der Schwarm aller weiblichen Wesen gewesen war, als er noch die Schule besucht hatte. Und dass ausgerechnet sie, die ewig unbeachtete Außenseiterin, nun in seiner Nähe sein durfte, kam ihr merkwürdig surreal vor. Aber es war zweifellos angenehm.

Sie war nicht verliebt in Itachi, sie kannte ihn schließlich überhaupt nicht. Aber dennoch, es fühlte sich gut an von jemandem so zuvorkommend behandelt zu werden, der von allen so toll gefunden wurde.
 

"Willst du denn nach Hause, oder soll ich dich woanders hinbringen?", fragte Itachi freundlich, während er vom Parkplatz fuhr.
 

"Nach Hause ist gut", sagte sie leise.
 

Sie war eigentlich zufrieden mit ihrem Leben, aber gerade hätte sie aus irgendeinem Grund nichts dagegen gehabt, etwas total Interessantes vorzuhaben, was sie toll und beliebt erscheinen ließ.
 

Sie schob den Gedanken energisch beiseite. Sie war wie sie war und das war vollkommen in Ordnung so! Sie hatte ihre Stärken und ihre Schwächen. So wie jeder andere auch.
 

"Hast du denn was Bestimmtes vor?", fragte Itachi. "Falls nicht, können wir auch in die Innenstadt Eis essen oder sowas. Zuhause ist niemand, mein Vater und deine Mutter sind wohl unterwegs. Und da mein werter Bruder sich scheinbar rumtreibt, habe ich Zeit."
 

"Oh", sagte Sakura überrascht und geschmeichelt. "Ich... ja...das wäre nett! Ich habe auch nichts groß vor. Eis essen klingt toll!"
 

"Dann ist das entschieden!", sagte Itachi, schenkte ihr ein umwerfendes Lächeln und bog in Richtung Innenstadt ab. "So kann ich dich auch mal ein bisschen besser kennenlernen!"
 

Sakura lächelte vorsichtig zurück.
 

Gerade hatte sie doch nichts mehr dagegen, dass dieser Tag so viele Überraschungen parat hatte.

Neue Erfahrungen

"Und, wie versteht ihr zwei euch so?", fragte Itachi und schob Sakura einen der beiden Eisbecher hin, die die Bedienung gerade mit einem zutiefst bewundernden Blick auf ihn vor ihm abgestellt hatte.
 

Sakura hatte sie dabei keines Blickes gewürdigt. Itachi hatte jedoch nur kurz höflich 'danke' gesagt und sich dann sofort Sakura zugewandt, weswegen die Bedienung nun ärgerlich zum Nachbartisch ging, um dort die Bestellung aufzunehmen.
 

Sakura griff verlegen nach ihrem Löffel und schob etwas Sahne beiseite. Davon wurde ihr immer übel. Aber Itachi hatte gesagt, dass er sie einlud und darauf bestanden, dass sie sich einen Becher aussuchte. Und das hatte sie so nett gefunden, dass sie das auch getan hatte.
 

"Wir kommen zurecht", erwiderte sie ausweichend und vermied es ihn anzusehen. Wieso wollten eigentlich alle immer über Sasuke sprechen?
 

"Ist er fies zu dir?"
 

Sie zuckte mit den Schultern. "Manchmal."
 

Sie hob nun doch den Kopf und sah in vorsichtig an. "Aber ich glaube ich bin auch manchmal fies. Wir haben uns einfach noch nie gut verstanden, weißt du?"
 

"Ja, ich weiß", seufzte Itachi und schob sich einen Löffel Eis in den Mund.
 

"Was?", sagte Sakura verwirrt.
 

Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er so antworten würde. Er war viel älter als sie und hatte nie etwas mit ihr zu tun gehabt, woher sollte er das wissen?
 

"Sasuke hat es erwähnt", erwiderte Itachi ausweichend.
 

Sakura verspürte den Drang nachzufragen, um genauer in Erfahrung zu bringen, was Sasuke über sie gesagt hatte und wann und wie er es gesagt hatte. Aber sie traute sich nicht. Sie kannte Itachi kaum und er würde es bestimmt Sasuke erzählen. Und in seinem Größenwahn würde der sich am Ende noch einbilden, dass sie in ihn verliebt wäre oder sowas.
 

"Naja, gestern haben wir zusammen für Mathe gelernt, da war er eigentlich ganz nett", sagte Sakura. "Vielleicht gewöhnen wir uns ja noch etwas aneinander."
 

Itachi musterte sie nachdenklich und sie senkte rasch wieder den Blick auf ihren Eisbecher. Sein Blick hatte etwas Durchdringendes, das sie verunsicherte.
 

"Bestimmt", sagte Itachi aufmunternd. "Das meiste, was er sagt, meint er nicht so, glaub mir. Er ist einfühlsamer als man denkt."
 

"Vielleicht...", sagte Sakura, bemüht um Diplomatie.
 

Sie war sich nicht ganz sicher, ob Itachi immer mitbekam, wie Sasuke sich manchmal benahm. Zu Itachi war Sasuke bestimmt netter, ihn schien er zu mögen.
 

Aber Itachi ließ zum Glück von diesem Thema ab. Und sie unterhielten sich stattdessen über alles mögliche andere. Darüber, wie es in der Schule war, über Lehrer, bei denen Itachi früher auch Unterricht gehabt hatte, darüber, wie es war Student zu sein, über Bücher, über Eis - anders als Sasuke schien Itachi Süßigkeiten zu mögen - und über viele andere Dinge.
 

Es war erstaunlich, wie einfach es war mit ihm zu reden. Es kam nie beklommenes Schweigen auf, er schaffte es immer charmant auf alles zu reagieren und Sakura verstand, was Sasuke gemeint hatte, als er ihr damals am Abend nach dem ersten 'Familienessen' gesagt hatte 'alle verlieben sich immer in Itachi.'
 

Es war einfach leicht sich in ihn zu verlieben. Nicht nur, weil er so gut aussah und total reich war, sondern vor allem, weil er es schaffte einem das Gefühl zu geben, dass man etwas ganz Besonderes war und dass man richtig war wie man war.
 

Sakura verstand das nicht flasch. Das war nicht speziell auf sie bezogen und sie war auch nicht so dumm das zu glauben. Itachi war immer so, das war einfach seine Art. Er gewann Menschen für sich. Was das betraf, hatte er das gleiche Talent wie Naruto.
 

Sakura war ohnehin nach wie vor entschlossen, sich auf keinen Fall in jemanden zu verlieben. Ihr Vater hatte sie im Stich gelassen, bevor sie auf die Welt gekommen war und alle Männer, die ihre Mutter danach angeschleppt hatte, hatten ihr überhaupt nicht gefallen.
 

Fugaku war auch einer davon. Er gab sich zwar Mühe höflich mit Sakura umzugehen, aber sie war sich sicher, dass sich das ganz schnell ändern würde, sollte sie sich auf eine Art verhalten, die ihm nicht gefallen würde. Wie bei Sasuke würde er dann mit Missbilligung, Druck und Strafe reagieren, anstatt nachzufragen, was es denn eigentlich für ein Problem gab.
 

Nein, bis auf vielleicht Naruto hatte Sakura niemanden kennengelernt, in den sie sich gerne verliebt hätte. Sie würde nie einfach darauf vertrauen können, dass sie sich auf jemanden vollkommen würde verlassen können. Und darum würde sie sich auch nie vollkommen öffnen können. Und ohne Vertrauen war eine Beziehung einfach nichts wert. Und eingebildetes Vertrauen, das bloß auf einer naiven Hoffnung basierte und dann enttäuscht wurde, das würde sie auf keinen Fall ertragen können.

'Vielleicht', sagte die Stimme in ihrem Kopf, die sie so gerne beiseite schob, 'vielleicht hat das auch gar nichts mit Naivität zu tun. Vielleicht sind Leute, die sich auf Beziehungen einlassen, einfach mutig und bereit etwas zu riskieren.'
 

Trotz ihrer Einstellung zum Thema Männer genoss sie die Zeit mit Itachi gerade sehr und freute sich, als er nach dem Eis essen auch noch vorschlug Spazieren zu gehen.
 

Sakura wusste, dass das hier kein Date war. Itachi war einfach nett zu ihr. Sie hätte selber nicht gewollt, dass das hier ein Date wäre. Dennoch stellte sie es sich in ihrem Kopf ein bisschen vor. Einfach nur so aus Spaß, weil sie noch nie ein Date gehabt hatte und auch keines haben würde und weil Itachi so perfekt war und sie es genoss, dass sie so zuvorkommend behandelt wurde.

Niemand konnte ihr verbieten, es in ihrer Vorstellung ein wenig auf diese Weise zu genießen. Vor allem sie selbst musste sich das nicht verbieten, denn solange es nur in ihrer Fantasie statt fand, war es vollkommen ungefährlich. Dabei konnte absolut nichts Enttäuschendes passieren. Sie konnte es genießen und war dabei vollkommen sicher.
 

Und dadurch gelang es ihr auch entspannter und glücklicher zu sein, als sie es normalerweise gewesen wäre.
 

Sie begleitete Itachi von der Eisdiele weiter zu ein paar Läden in der Fußgängerzone, weil er sich eine neue Jacke kaufen wollte und schließlich fand er eine.

Danach steuerten sie den Park an und Sakura staunte nach wie vor darüber, dass er die ganze Zeit Gesprächsstoff für sie beide fand. Und obwohl sie nicht über besonders tiefgründige Themen sprachen, was es dennoch nicht langweilig.
 

Sie liefen einmal im Park ganz nach hinten und machten dann kehrt, um langsam nach Hause zu gehen, als Itachis Smartphone klingelte.
 

"Sasuke", erklärte er ihr lächelnd, bevor er ran ging.
 

"Na kleiner Bruder? Doch nicht verschollen? Sag bloß du hast meine Nachricht jetzt erst gesehen!"
 

Sakura konnte nicht verstehen, was Sasuke erwiderte und nur Itachis Antwort hören, der gerade sagte: "Ich bin nur Heim gekommen, um Zeit mit dir zu verbringen und du guckst nicht mal auf deine Nachrichten?"
 

Er hörte kurz zu, dann lachte er und sagte: "Kein Problem, ich habe den Nachmittag stattdessen mit unserer neuen Schwester verbracht! Sie ist eine höchst angenehme Gesellschaft!"
 

Er grinste Sakura an, schwieg und sprach dann weiter.
 

"Ich will dich doch nur ein bisschen ärgern. Sie ist nicht unsere Schwester, schon klar."
 

Sasuke sagte irgendwas und Itachi antwortete: "Weiß ich doch Sasuke! Nein, da bin ich mir ziemlich sicher, alles gut, entspann dich!"
 

Sakura kicherte stumm. Irgendwie war es lustig, dass Sasuke, der immer auf 'ich bin der Coolste' machte, sich von seinem Bruder ärgern ließ. Es störte sie nicht, dass Sasuke sie nicht als Schwester akzeptieren wollte. Sie wollte auch nicht, dass er ihr Bruder war.
 

"Okay, dann sehen wir uns gleich zu Hause. Nein, unser alter Herr ist scheinbar ausgeflogen, zuhause war niemand. Okay. Bis gleich Sasu!"
 

Damit legte Itachi auf und Sakura bemühte sich mit dem Kichern aufzuhören. Ob sie auch mal 'Sasu' zu ihm sagen sollte? Besser nicht, dann würde er sie vermutlich umbringen. Wieso dachte sie sowas? Scheinbar hatte sie heute merkwürdig gute Laune.
 

"Er war wohl mit Neji unterwegs", erklärte Itachi Sakura und steckte sein Smartphone ein.
 

"Siehst du?", fragte Sakura lächelnd. "Er mag mich nicht, er will auf gar keinen Fall mein Bruder sein."
 

Itachi lächelte, aber es wirkte etwas gequält. "Das sind zwei verschiedene Dinge Sakura", sagte er ernst, nachdem er kurz geschwiegen hatte.
 

"Was meinst du damit?", fragte sie irritiert, aber Itachi kam nicht dazu zu antworten.
 

"Hey Sakura!", hörte sie jemanden rufen.
 

Als sie in die Richtung sah, erkannte sie Lee, der mit Shino, Kiba, Shikamaru, Tenten, Karin und noch einigen anderen Leuten aus ihrer Jahrgangsstufe in der Nähe saß.

Sie hatten Musik dabei und Getränke und schienen alle den warmen Frühlingsabend mit bester Laune zu genießen.
 

Stimmt! Das hatte sie völlig vergessen! Sie hatte ja überlegt auch hinzugehen und dann war sie wegen Itachi vollkommen abgelenkt gewesen!
 

Sakura hob vorsichtig grüßend die Hand. Um zurück zu rufen, war sie einfach nicht selbstsicher genug.
 

"Komm her Sakura!", rief Tenten lachend. "Man wünscht hier deine Gesellschaft!"
 

"Geh ruhig", sagte Itachi. "Aber gib mir mal kurz dein Smartphone, ich speichere dir meine Nummer ein. Dann kannst du dich melden, falls du mal jemanden brauchst, der dich irgendwo abholt oder Ähnliches."
 

Er streckte erwartungsvoll die Hand aus und Sakura zog rasch ihr Smartphone aus der Tasche, öffnete das Nummernverzeiches und hielt es ihm hin.
 

"Gut", sagte Itachi und gab es ihr zurück, nachdem er seine Nummer unter der Bezeichnung 'Itachi' eingetippt und auf 'speichern' gedrückt hatte. "Und ruf wirklich an, wenn was ist. Du bist sehr hübsch, es wird bald dunkel und wenn Leute trinken, treffen sie manchmal fragwürdige Entscheidungen. Abgemacht?"
 

"Danke", murmelte Sakura verlegen und spürte schon wieder Hitze in ihrem Gesicht.
 

Es war ein wirklich seltsames Gefühl, dass jemand so nett zu ihr war und sich so um sie kümmerte. Ihre Mutter hatte das nicht oft getan. Außer Hinata hatte sich eigentlich nie jemand wirklich mit ihr beschäftigt. Und es war ihr gleichermaßen unangenehm und auch nicht, dass er schon wieder gesagt hatte, dass sie hübsch war.
 

"Also Sakura, wir sehen uns!", sagte Itachi lächelnd, stupste sie kurz

beiläufig mit zwei Fingern gegen die Stirn und drehte sich dann um und ging davon, wobei er sein eigenes Smartphone hervor holte und irgendjemanden anrief.
 

Sakura hörte rasch auf ihm nachzusehen und drehte sich um, um zu ihren Mitschülern zu gehen. Es waren ungefähr zwanzig von ihnen da und mit den meisten hatte sie noch nie ein Wort gewechselt.

Als sie sie da alle zusammen sitzen und lachen sah, wurde ihr plötzlich in vollem Umfang bewusst, wie sehr Hinata und sie sich aus allem herausgezogen und von allem abgegrenzt hatten. Es war nochmal etwas anderes ihre Mitschüler nicht in der Schule sondern privat zu sehen, sie schienen sich alle gut zu kennen, wahrscheinlich trafen sie sich öfter. Sie fühlte sich schrecklich fehl am Platz, als sie so auf die Gruppe zu ging.
 

"Heeey, sie kommt ja wirklich!", sagte Kiba lachend und Shino sah auch erfreut aus. Lee strahlte ihr regelrecht entgegen. Shikamaru blickte mit gerunzelter Stirn Itachi nach.
 

"Mist, ich hatte gehofft du bringst ihn mit!", sagte Karin enttäuscht, als Sakura bei ihnen ankam. "Das war doch Sasukes Bruder, oder? Den hab ich ja ewig nicht gesehen!"
 

Temari neben ihr lachte und pflichtete ihr bei.
 

"Setz dich", sagte Tenten freundlich zu Sakura und klopfte neben sich auf den Boden.
 

"Hallo", sagte Sakura vorsichtig und lächelte einmal kurz etwas unsicher in die Runde. Dann nahm sie neben Tenten Platz. "Danke."
 

"Hier", sagte Shino, öffnete ihr ein Bier und drückte ihr die Flasche in die Hand.
 

"Wie ist Itachi so?", fragte eine aus der Parallelklasse Sakura kichernd.
 

"Ähm...", sagte sie mal wieder überfordert. "Er ist sehr nett."
 

"Ohhh wir beneiden dich ja alle so, dass du mit den beiden Uchiha Brüdern unter einem Dach wohnen kannst! Ein Traum! Wenn ich nur daran denke!", sagte Hima schwärmerisch.
 

Fast alle Mädchen fingen an zu lachen.
 

"Ihr seid schrecklich!", sagte Kiba. "So richtig oberflächlich! Zumindest Sasuke ist doch unausstehlich!"
 

"Ach, du bist doch bloß neidisch!"
 

"Nö."
 

"Klar doch!"
 

"Und ihr seid ein Haufen quietschender Fangirls!"
 

Das löste ein Protestgeschrei aus und Sakura kam zu dem Schluss, dass sie alle schon ein bisschen was getrunken haben mussten. Aber das Lachen und die gute Laune in der Gruppe waren irgendwie ganz angenehm.
 

"Kommt Hinata auch?", fragte Tenten Sakura freundlich und sie war dankbar für das Gesprächsangebot und ein Thema, zu dem sie auch was sagen konnte oder wollte.

Sie hatte fast befürchtet, dass man sie nur hergerufen hatte, um sie über Sasuke oder Itachi auszufragen. Aber Tenten war nett zu ihr und hielt Karin auf, die wissen wollte, ob zwischen Sasuke und Ino so richtig endgültig Schluss sei, weil Ino sich dazu offenbar nicht so richtig äußern wolle.

Sakura sagte nur kurz, dass sie darüber nicht bescheid wisse und als sie Karin auch nicht den Gefallen tun konnte, Sasuke zu schreiben und zu fragen, ob er auch kommen wollte, weil sie nicht mal seine Nummer hatte, war sie für den Sasuke Fanclub zum Glück nicht mehr interessant.

Tenten schien jedoch nicht dazu zu gehören, die hatte ja scheinbar auch irgendwas mit Neji am laufen, Naruto hatte heute in der Schule ja sowas erwähnt.

Und obwohl Shino, Kiba und Lee sich ihr auch sehr zugewandt verhielten, war sie doch froh, dass sie neben Tenten saß und mit ihr reden konnte, sie war sich nämlich unsicher, wie sie mit der neuen Aufmerksamkeit umgehen sollte, die die drei ihr plötzlich entgegen brachten.
 

Sakura hatte sofort im ersten ruhigen Moment Hinata geschrieben wo sie gerade war und sie gefragt, ob sie vielleicht auch herkommen wollte und Hinata hatte gleich geantwortet, dass sie noch mit Naruto zusammen sei, dass er zwar gleich gehen wollte, aber dass sie danach mit ihrer Familie würde essen müssen. Falls Sakura dann noch da wäre, würde sie danach vielleicht noch kommen können. Aber es klang so, als würde sie es bloß Sakura zu liebe tun, also schrieb Sakura zurück, dass sie wahrscheinlich auch gleich gehen und sie später anrufen würde.
 

Weil Kommunikation nicht gerade ihre Stärke war, saß sie die meiste Zeit da und hörte zu oder antwortete ein wenig zurückhaltend, wenn sie etwas gefragt wurde, aber das war eigentlich ganz okay. Sie fühlte sich zwar immer noch überfordert und fehl am Platz, doch für alle schien es total in Ordnung zu sein, dass sie hier dabei saß. Lee schien sich sogar richtig darüber zu freuen. Sie bemerkte ein paarmal, dass er sie ansah und immer wenn sich ihre Blicke dann trafen strahlte er sie an. Sie wusste nicht genau, ob sie sich darüber freuen sollte, oder ob ihr das eher unangenehm war.
 

"Ohren zuhalten Jungs", sagte Shikamaru genervt und zwei Sekunden später verstand Sakura auch warum, als Karin laut 'Sasuuukeee' durch den halben Park rief und fröhlich winkte, was alle dazu bewegte sich ebenfalls in die Richtung zu drehen, in die sie schaute.
 

Sasuke und Neji kamen über die Rasenfläche auf ihren Sitzplatz zu.
 

"Sie sind soo cool", seufzte Kami und Hima kicherte. "Du hast es gut Tenten!"
 

"Na super", sagte Kiba frustriert.
 

Und Sakura konnte diesen Frust durchaus verstehen, denn es schien ganz so, als ob die Aufmerksamkeit aller weiblichen Anwesenden nun ganz bei den Neuankömmlingen lag. Und ein bisschen konnte Sakura leider auch das verstehen, Sasuke und Neji sahen zusammen tatsächlich ziemlich cool aus, wie sie so vollkommen selbstsicher, erhaben und gut aussehend auf sie zu kamen. Und diese Selbstsicherheit war auf eine gewisse Weise anziehend.
 

Wie Sakura schon aus der Schule wusste, waren die beiden nicht nur bei den Mädchen beliebt, die halbe Gruppe stand auf, weil viele die beiden mit Handschlag oder Umarmung begrüßen wollten und Sasuke und Neji hatten dabei einen leicht leidenden Gesichtsausdruck, der nur so halb überzeugend wirkte, sie aber noch überlegener erscheinen ließ. Erst als Karin ihre Hände um Sasukes rechten Arm schlang und ihren Kopf an seine Schulter lehnte, wurde es ihm offenbar doch zu viel und er entzog sich ihr.
 

Sakura drehte den Kopf weg und berührte ein Gänseblümchen, das neben ihrem Fuß wuchs. Es war besonderes groß und strahlend. Vielleicht sollte sie nun lieber gehen. Dieser Auftritt nervte sie schon wieder. Außerdem hatte sie keine Lust von Sasuke dabei beobachtet zu werden, wie sie hier saß und sich nur so halb wohl fühlte.
 

"Ich weiß wir sind toll, aber jetzt kommt mal wieder runter", hörte sie Sasuke genervt sagen und ein paar Leute lachten, was Sakura wie immer verwunderlich fand, weil das eine absolut idiotische Aussage gewesen war.
 

Was tat er eigentlich hier? War Itachi nicht extra nach Hause gegangen, um sich mit ihm zu treffen?
 

"Hallo schöne Frau", sagte Neji in ziemlich charmantem Ton, hockte sich dicht hinter Tenten, schlang von hinten einen Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf den Nacken.
 

"Hey!", protestierte Tenten sofort, aber sie ließ es zu und ein Lächeln huschte kurz über ihr Gesicht, bevor sie es unterdrücken konnte.
 

"Mach mal Platz Kiba, da sitze ich jetzt", sagte Sasuke befehlend und Sakura zuckte leicht zusammen, sie hatte gar nicht bemerkt, dass er hinter sie getreten war.
 

"Nein, tust du nicht!", sagte Kiba ärgerlich.
 

Sakura blickte kurz zu ihrer anderen Seite, Neji hatte sich zwischen sie und Tenten gequetscht und sie rückte gezwungenermaßen ein Stück zur Seite in Richtung Kiba, damit das ohne Körperkontakt ablief.
 

"Mach dich nicht unglücklich", sagte Sasuke zu Kiba und stubste ihn mit dem Fuß in den Rücken, damit er sich bewegte.
 

"Deins?", fragte Neji und griff nach dem Smartphone, das neben Kiba und der Bluetooth Box lag, über die sie Musik hörten.
 

"Hey!", sagte Kiba wütend.
 

"War bestimmt teuer", sagte Neji und sah es sich an. "Wäre doch schade, wenn es irgendjemand in den Bach werfen würde."
 

Kiba starrte Neji an und öffnete entrüstet den Mund.
 

Tenten rief empört: "Neji!"
 

Sakura blickte Sasuke an, aber der schien Neji nicht aufhalten zu wollen, er blickte ärgerlich auf Kiba hinab.
 

Neji hob den Arm und wandte sich nach Links in Richtung Bach.
 

"Hey!", rief Kiba zornig. "Das machst du nicht!"
 

"Das liegt ganz bei dir", sagte Neji mit einem fiesen Lächeln und zog seinen Arm zur Seite, weil Tenten versuchte ihm das Smartphone abzunehmen. Aber Neji kam nicht dazu zu werfen.
 

"Könnt ihr zwei euch nicht mal benehmen?"
 

Alle drehten sich in die andere Richtung. Naruto kam gerade bei ihnen an.
 

"Oh nein, jetzt kriegen wir Ärger Sasuke!", sagte Neji lachend. Sasuke schnaubte.
 

"Ihr seid echt unmöglich, manchmal komme ich mir mit euch beiden vor wie ein Babysitter!", sagte Naruto ärgerlich und unterdrückte zugleich ein Lachen.
 

Er war bei Neji angekommen, es gab ein kurzes Gerangel, bei dem Neji nur so halbherzig versuchte Naruto daran zu hindern ihm das Smartphone abzunehmen.
 

"Hier", sagte Naruto und warf es Kiba zu. "Und jetzt rutsch halt ein Stück zur Seite, wenn er da unbedingt sitzen will Kiba, das wird dich nicht umbringen und erspart uns allen Stress!"
 

Kiba murrte und tat was Naruto sagte.
 

Meistens taten alle was Naruto sagte. Zum einen, weil er immer nett und mutig war und das Richtige tat und ihn daher alle respektierten. Zum anderen, weil er einfach der einzige war, von dem Sasuke oder Neji sich etwas sagen ließen. Daher war es schon sehr oft vorgekommen, dass Naruto irgendeine Situation entschärfte und er ständig irgendjemandem zur Hilfe kam, wenn die beiden sich mal wieder wie die zwei letzten Vollidioten aufführten.
 

"Du bist so ein Arsch!", sagte Tenten zu Neji. "Was sollte das denn?"
 

Sasuke setzte sich zufrieden auf Sakuras andere Seite und Kiba, der offenbar keine Lust hatte neben Sasuke zu sitzen, rutschte noch ein Stück zur Seite, damit Naruto sich dazwischen setzen konnte, was er auch tat.
 

"Das weiß Kiba ganz genau", sagte Neji unbekümmert.
 

"Könnt ihr euch nicht einfach mal nicht wie zwei komplette Arschlöcher verhalten?", fragte Naruto und gab Sasuke einen Stoß gegen die Schulter.
 

Sasuke sah belustigt aus, aber hielt es offenbar nicht für nötig zu antworten.
 

Sakura hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, dass sie irgendwie vollkommen Luft war. Das war an sich nichts Neues, sie mischte sich in solche Situationen nicht ein, auf sie hörte ohnehin niemand. Trotzdem war es merkwürdig gewesen bei dieser kleinen Auseinandersetzung nun mitten drin zu sitzen, denn für gewöhnlich bekam sie sowas aus der Ferne mit. Jetzt fühlte sie sich irgendwie eingesperrt zwischen Neji und Sasuke.
 

Tenten zu Nejis anderer Seite war dabei ihm zu verkünden, dass sie es nach dieser Aktion nicht wünschte, dass er sie anfasste, was Neji tatsächlich dazu brachte sich zu entschuldigen. Allerdings nur bei ihr und nicht bei Kiba, was Tenten noch mehr verärgerte.
 

Sakura entschied, dass sie nun gehen würde und dann vielleicht Hinata anrufen.
 

"Wie bist du denn hier gelandet?", sprach Sasuke sie genau in diesem Moment an, als sie gerade entschieden hatte aufstehen zu wollen.
 

Sie hatte ihre Hand bewegt, um nach dem Gurt ihrer Schultasche zu greifen, als Sasuke genau in dieser Sekunde sein Bein so bewegt hatte, dass es nun halb über ihrer Tasche lag. Jetzt musste sie ihn entweder berühren oder ihn bitten sein Bein wegzunehmen. Einfach an der Tasche ziehen konnte sie nicht, weil sich die Schlaufe des Gurtes dann um sein Bein verfangen würde. Hatte er das jetzt mit Absicht gemacht?
 

Sie hob den Blick und sah ihn an.
 

"Ich war mit Itachi unterwegs. Das weißt du doch", sagte sie und fragte sich, ob sie nun mit ihm reden wollte oder nicht.
 

Sein Auftritt gerade hatte sie total genervt. Andererseits war das die Gelegenheit herauszufinden, ob er nach dem gemeinsamen Nachmittag am Teich nun anders zu ihr war. Ein bisschen neugierig war sie schon.
 

"Und dann bist du rein zufällig hier vorbeigekommen oder wie?", fragte Sasuke betont beiläufig und zupfte einen Grashalm ab. Das ließ sie noch misstrauischer werden. Was wollte er denn jetzt schon wieder?
 

"Du bist doch sonst so scheu. Du bist einfach hier vorbeigekommen und hast dir gedacht, dass du dich dazu setzt?", fuhr er fort, weil sie nicht antwortete.
 

Langsam wurde sie wütend. "Kiba und Shino haben mir in der Schule gesagt, dass ich auch vorbeigekommen kann", erwiderte sie verärgert. "Was ist dein Problem?"
 

"Ach, ist das so?", erwiderte Sasuke in einem merkwürdigen Tonfall.
 

"Sasuke...", sagte Naruto neben ihm leise und drohend.
 

Sakura verstand nicht, was schon wieder in seinem Hirn vor sich ging, sie wusste nur, dass er sie wütend machte.
 

"Warum bist du überhaupt hier?", fuhr sie ihn an. "Ich dachte, du wolltest dich mit deinem Bruder treffen!"
 

"Sagt wer?", fragte Sasuke unbeeindruckt.
 

"Ich...", sagte Sakura verwirrt. "Ich dachte, das hätte ich von eurem Telefonat mitbekommen."
 

"Aha", sagte Sasuke bloß.
 

Sakura hatte nun wirklich genug. Vielleicht hatte er manchmal seine Momente, in denen er ganz in Ordnung war. Aber es blieb dabei. Sie konnte ihn einfach nicht ausstehen!
 

"Also, ich gehe jetzt", sagte sie und schloss die Finger um den Gurt ihrer Tasche, in der Hoffnung, dass er dann sein Bein wegnehmen würde.
 

Das tat er auch. Aber leider nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte.
 

In einer einzigen schwungvollen Bewegung stand er auf.
 

"Okay. Ich komme mit."
 

Er hielt ihr seine Hand hin, um sie hochzuziehen.

Ein Angebot

Sakura funkelte ihn wütend an und stand auf. Und zwar ohne seine Hand zu nehmen.
 

"Tschüss", sagte Sakura leise zu niemand bestimmtem und ohne jemanden anzusehen.
 

Sie registrierte verlegen, dass beinahe alle ihrer und Sasukes Unterhaltung gefolgt waren. Wenn man mit ihm interagierte, gab es einfach keine Privatsphäre.
 

"Ohhh, sie hat Sasuke Uchiha abblitzen lassen!", rief Lee schadenfroh lachend und ein paar Leute stimmten ein. "Dass ich das mal erleben darf! Das werde ich für immer in Erinnerung behalten!"
 

"Mund halten!", sagten Neji und Naruto zeitgleich und ziemlich grob zu Lee, als müssten sie Sasuke in Schutz nehmen.
 

Sakura wurde das alles zu viel, sie wollte nur noch weg. Ihr war diese plötzliche Aufmerksamkeit total unangenehm und peinlich.
 

Sie hatte Sasukes Hand nicht nehmen wollen. Weil sie den Körperkontakt zu ihm wegen ihrer Träume unbedingt auf ein Minimum beschränken wollte, weil er sich eben mal wieder so idiotisch benommen hatte, weil sie einfach nicht wusste, was sie von ihm halten sollte oder ob man ihm auch nur ansatzweise vertrauen konnte, weil sie nicht verstanden hatte, wieso er plötzlich mit ihr kam und warum zur Hölle er ihr seine blöde Hand überhaupt hingehalten hatte! Er machte sie echt fertig. Und dass das auch noch alle mitbekommen hatten, machte es noch schlimmer.
 

Aber demütigen hatte sie ihn eigentlich auch nicht wollen. Dass nun über ihn gelacht wurde, kam ihr irgendwie auch nicht richtig vor. Sie war komplett überfordert. Also drehte sie sich um und ging einfach.
 

"Bis später Mann!", sagte Neji grinsend zu Sasuke und Sakura hörte wie Naruto rief: "Denk dran, sei nett Sasuke!"
 

Sakura blickte kurz hinter sich und stellte fest, dass Sasuke Naruto im Gehen den Mittelfinger zeigte, was Naruto und Neji noch mehr zum Lachen brachte.
 

Dann drehte Sasuke sich wieder nach vorne und Sakura tat das auch schnell, damit ihre Blicke sich nicht trafen.
 

Sie ging zügig über den Rasen in Richtung Parkausgang und sie hörte, dass er mit ein wenig Abstand hinter ihr her ging. Das gefiel ihr nicht besonders. Es fühlte sich bedrohlich an, weil sie ihn nicht sehen konnte.
 

"Hey!", sagte Sasuke und machte ein paar schnellere Schritte, um den Abstand zwischen ihnen zu überwinden. Sakura ignorierte ihn. Sie wollte in ihrem Zimmer sein. Alleine.
 

"Bist du sauer auf mich?", fragte Sasuke.
 

Jetzt ging er neben ihr. Das gefiel ihr auch nicht. Er war zu nah. Es wurde langsam dunkel und ihr war kühl und sie konnte deutlich die Wärme spüren, die von ihm ausging. Konnte er nicht etwas mehr Abstand halten?
 

Sakura hatte keine Ahnung, ob sie sauer auf ihn war oder ob das überhaupt angebracht gewesen wäre. Dazu hätte sie erstmal nachdenken müssen. Alleine.
 

"Sprichst du jetzt wieder nicht mehr mit mir?", fragte Sasuke.
 

Sakura wusste immer noch nicht, was sie dazu sagen sollte. Aber sie stellte fest, dass sie dieses zügige Tempo nicht bis nach Hause würde durchhalten können und ging etwas langsamer. Sie würde ihn ja schlecht abhängen können, er würde nun sowieso mitkommen.
 

"Hey...jetzt komm schon", sagte Sasuke. "Ich hab doch gar nichts getan! Wenn schon, dann hat Neji was getan! Ist es wegen Kiba? Magst du ihn? Bist du sauer, weil wir ihn ein bisschen geärgert haben?"
 

Sakura blieb stehen. Wieso konnte er es nicht einfach gut sein lassen. Wieso wollte er jetzt unbedingt darüber reden?
 

Sasuke blieb ebenfalls stehen und legte leicht den Kopf schief, während er sie betrachtete als wäre sie ziemlich merkwürdig und er könnte sie nicht so ganz verstehen.
 

Das konnte sie ihm nicht verdenken, sie verstand sich gerade auch nicht so richtig. Sie wusste nur, dass sie überfordert war und alleine sein wollte. Und das ließ er nicht zu.
 

"Du hasst mich wirklich oder?", fragte Sasuke plötzlich und er klang dabei nicht so überheblich oder spöttisch wie sonst. Er klang fast...traurig? Bildete sie sich das ein?
 

Er versuchte ihr in die Augen zu sehen, aber Sakura blickte auf den Baum mit den Kirschblüten zu ihrer Seite. 'Hassen' war ein starkes Wort. So schlimm war es jetzt auch nicht. Konnte er nicht einfach aufhören darüber reden zu wollen? Aber das wollte er ganz offensichtlich nicht, denn er sprach weiter.
 

"Naruto sagt immer, du wärst einfach scheu was andere Menschen betrifft."
 

Das hatte Naruto gesagt? Sprachen sie etwa über sie? Wieso?
 

"Aber dann verbringst du den halben Tag mit meinem Bruder und setzt dich zu denen!" Er nickte mit dem Kopf in Richtung Park.
 

Die Kirschblüten waren wirklich hübsch. Wenn man sie länger anschaute, dann fielen einem kleine Details auf, die man sonst nie bemerkte.
 

"Naruto sagt, du bist einsam, weil er dir Hinata weg nimmt. Aber als ich dich heute Mittag gefragt habe, ob du mitkommen willst, da wolltest du nicht. Also liegt es daran, dass du mich einfach partout nicht ertragen kannst, oder?"
 

Jetzt kam sie sich langsam richtig fies vor. Seit wann beschäftigte ihn denn sowas so dermaßen? Sie holte Luft, sie musste jetzt irgendwas sagen. Sie drehte den Kopf und sah ihn an. Er wirkte ungeduldig.
 

"Ich hasse dich nicht", sagte sie leise.
 

Warum sie das sagte, wusste sie nicht. Irgendwie tat er ihr gerade leid. Dabei hatte sie sich doch eben noch so über ihn geärgert. Jetzt kam er ihr gerade vor wie jemand vollkommen anderes. Er war überhaupt nicht mehr so wie eben.
 

"Aber?", fragte Sasuke.
 

Jetzt klang sogar seine Stimme angenehm in ihren Ohren. Er schien ehrlich interessiert an einer Antwort und es klang nicht so, als würde er sie irgendwie auflaufen lassen wollen.
 

"Du nervst", sagte Sakura. Und das war so ziemlich das Ehrlichste, was sie sich jemals getraut hatte zu sagen.
 

"Was genau nervt dich?", fragte er ruhig.
 

Sakura konnte immer noch nicht glauben, dass sie gerade dieses Gespräch führten. Sie war wütend und verwirrt.
 

"Sag es mir", verlangte Sasuke.
 

"Deine Arroganz! Deine Angeberei! Und wie du andere behandelst! Und deine komischen Stimmungsschwankungen! Du warst mir vollkommen gleichgültig und damit war ich zufrieden! Und seit ich bei euch einziehen musste, verhälst du dich abwechselnd mir gegenüber wie ein Mistkerl und dann bist du wieder nett! Davon bekomme ich ein Schleudertrauma!"
 

Sasuke fing an zu grinsen.
 

"Was ist daran lustig?", fragte Sakura verstimmt.
 

Sasuke lachte leise.
 

"Ich finde 'du nervst' ist im Vergleich zu 'du bist mir vollkommen gleichgültig' eindeutig eine Verbesserung! Ich bin es nicht gewohnt, dass ich jemandem gleichgültig bin, das geht mit meinem Ego nicht gut zusammen."
 

Sie starrte ihn fassungslos an. Hatte er ihr eben ernsthaft noch leid getan?
 

"Du bist echt unglaublich!", sagte sie wütend und ging an ihm vorbei um endlich in ihr Zimmer zu kommen. In eine sasukefreie Zone!
 

Er lachte immer noch leise und ging ein Stück hinter ihr her. Das machte sie ganz nervös. Darum blieb sie wieder stehen und wirbelte zu ihm herum.
 

"Lauf bitte nicht so hinter mir!"
 

Er lächelte schief. "Wieso? Hast du Angst ich könnte dir was antun?"
 

Er hatte doch echt nen Knall!
 

"Ich weiß nicht!", fauchte sie. "Geküsst hast du mich ja schon mal! Oder warst du so betrunken, dass du das vergessen hast?"
 

Ups. Eigentlich hatte sie den Kuss auf keinen Fall erwähnen wollen! Aber sie war so wütend!
 

Sasuke zog eine Augenbraue hoch. "Daran erinnere ich mich gut, keine Sorge. Und? War das so schlimm?"
 

"Ja!", zischte sie.
 

"Soweit ich mich erinnere, hast du ziemlich lange gebraucht, bis du etwas dagegen unternommen hast", sagte Sasuke und sein Lächeln wurde noch selbstzufriedener. "Was hat dich denn genau daran gestört? Vielleicht die Tatsache, dass es dir gefallen hat, obwohl du mich nicht leiden kannst?"
 

Sakura öffnete entsetzt den Mund. Aber sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Leider war das nicht völlig aus der Luft gegriffen.
 

"Das war mein erster Kuss!", sagte sie wütend.
 

"Ja, das weiß ich", erwiderte er bloß unbeeindruckt. "Keine Sorge, mir hat es gefallen!"
 

Gleich würde sie sich nicht mehr beherrschen können! Gleich würde sie nach ihm schlagen, einfach um ihm dieses unerträgliche Lächeln von seinem unerträglich hübschen Gesicht zu wischen.
 

Mit ihm zu reden machte alles bloß noch schlimmer. Sie drehte sich einfach wieder um und ging weiter. Sollte er halt hinter ihr laufen. Er machte ja sowieso was er wollte. Er war so ein unerträglicher Mistkerl!
 

"Ich hätte übrigens nichts dagegen den Kuss zu wiederholen, falls du nochmal überprüfen willst, ob es dir nicht doch gefallen hat", sagte Sasuke hinter ihr.
 

Sie blieb wieder stehen. Sie ballte die Fäuste. Aber sie widerstand dem Drang sich wieder umzudrehen und ihm eine reinzuhauen. Nicht umdrehen war besser. Sonst würde sie ihn wieder ansehen müssen.
 

"Was willst du von mir Sasuke?", fragte sie mit unterdrückter Wut in der Stimme.
 

Sie erschauderte, als sie spürte, dass er ganz dicht hinter sie trat.
 

"Du bist interessant", sagte er leise. "Ich kann alle haben. Ich muss mich dafür nichtmal bemühen, sie bieten sich von alleine an. Nur du nicht. Du interessierst dich überhaupt nicht für mich. Das ist spannend. Es stimmt, was man nicht haben kann, das will man."
 

Sakura spürte wie ein Kribbeln über ihre Haut lief. Die Art, wie er die letzten Worte gesagt hatte, erinnerte sie an ihre Träume. An ihre Träume von ihm. Ihre Träume, in denen er sie wollte und in denen sie ihn wollte. Ihre Träume, aus denen sie immer unbefriedigt erwachte.
 

Sie spürte, dass er vorsichtig ihre Haarsträhnen berührte. Sie konnte sich nicht rühren. Oder wollte sie es nicht? Sie spürte, dass seine Finger von ihren Haarspitzen langsam über ihren Rücken strichen. Dann sprach er wieder und seine Stimme war leise und voll von ungestilltem Verlangen.
 

"Du willst wissen, was ich von dir möchte? Dann sage ich es dir. Es gefällt mir, dass ich deinen ersten Kuss bekommen habe. Ich will auch der Erste sein, der mit dir schläft."
 

Sakura zog scharf die Luft ein, als ihr klar wurde, dass sie sie so sehr angehalten hatte, dass ihr schon schwindelig wurde. Sie musste irgendetwas tun! Ihn aufhalten! Sich souverän verhalten!
 

Sie spürte, wie er die Finger von ihrem unteren Rücken nahm, gleich darauf spürte sie, wie er die Haare in ihrem Nacken zärtlich zur Seite strich. Er war ihr noch näher gekommen. Sie spürte seinen Atem an ihrem Hals und sie erschauderte.
 

"Überleg es dir", flüsterte er in ihr Ohr.
 

Seine Finger strichen zärtlich über ihren Nacken und ihre Haut fühlte sich brennend heiß an, da wo er sie berührte.
 

"Ich würde mir Mühe geben. Ich würde mir Zeit lassen und vorsichtig sein. Es würde schön werden für dich. Das verspreche ich dir."
 

Er ließ ihre Haare los und sie spürte seinen Atem nicht mehr.
 

"Mein Angebot steht. Du kannst jederzeit zu mir kommen."
 

Damit trat er plötzlich einen Schritt zurück. Er ging um sie herum und ohne sich nochmal nach ihr umzusehen ging er die Straße hinunter in Richtung des Uchiha Anwesens. Es war nicht mehr weit, das Haus war schon zu sehen.
 

Sakura stand einfach nur da und sah ihm nach. Sie schüttelte ihren Kopf, um ihre Gedanken wieder klar zu bekommen.

Zweifel

Ein paar Minuten stand Sakura einfach nur dort auf dem Bürgersteig, wo er sie zurück gelassen hatte. Ihr Herz klopfte sehr schnell und sie musste sich erstmal beruhigen.
 

So richtig überrascht hatte sie das nicht. In den letzten Tagen waren ihr seine Blicke nicht entgangen. Aber sie hatte gedacht, dass sie sich das höchst wahrscheinlich einbildete.
 

Und selbst wenn nicht, hätte sie nicht geglaubt, dass er ihr so offen und unverholen sagen würde, was er von ihr wollte. Mochte ja sein, dass das für ihn kein Problem war, aber sie war für so viel Offenheit definitiv zu verklemmt oder unerfahren. Klar, es ging einfach nur um Sex. Das war etwas völlig normales, etwas das alle Menschen ständig taten. Aber trotzdem.
 

Doch seine Offenheit war eigentlich nicht so schlimm. Die Art, wie er sich verhielt und ausdrückte war eher das, was sie störte.
 

Schlimm war jedoch, dass sie wusste, dass er recht hatte. Auf rein körperlicher Ebene sehnte sie sich nach ihm, so sehr sie sich selbst auch dafür verachtete. Und schlimm war, dass ihm das offenbar mittlerweile auch klar war. Sonst wäre er nicht so selbstsicher gewesen.
 

Sakura atmete einmal tief ein und aus und straffte die Schultern.
 

Immerhin war es auch noch gut möglich, dass er sie bloß ärgern wollte und dass er, sollte sie tatsächlich zu ihm kommen, vor hatte sie auszulachen, weil sie ihm abgekauft hatte, dass er sie begehrenswert fand.

Sie derart demütigen zu wollen wäre allerdings schon ziemlich schrecklich von ihm. Würde er so etwas tun? Sie hatte keine Ahnung was Sasuke tun würde oder nicht.

Aber sie hatte ihm doch nichts getan, oder? Es konnte doch nicht so sehr an seinem Ego kratzen, dass sie ihn auf Abstand hielt oder seine Hand nicht nahm, wenn er ihr aufhelfen wollte.

Klar, das war ungünstig gewesen vor all ihren Mitschülern und es hatte mit Sicherheit seinen Stolz verletzt. Sie war daran Schuld gewesen, dass man über ihn gelacht hatte.

Aber das würde doch nicht so eine Racheaktion rechtfertigen, oder? Und außerdem hatte sie schon seit einiger Zeit das Gefühl, dass er sie intensiver betrachtete. Oder achtete sie vielleicht einfach in letzter Zeit grundsätzlich mehr darauf, was Sasuke so tat? Das mit Sicherheit. Zuvor hatte sie ihn so gut wie komplett ausgeblendet.
 

'Das meiste, was er sagt, meint er nicht so, glaub mir.'
 

Das hatte ihr Itachi vorhin erst über Sasuke gesagt. Aber das hatte er positiv gemeint. Und nicht so, als würde er es dann noch schlimmer meinen, als er es sagte.
 

'Er ist einfühlsamer als man denkt.'
 

Besonders einfühlsam fand sie es eigentlich nicht ihr zu sagen, dass er mit ihr schlafen wollte. Und zwar nicht aus dem Grund, dass er sie irgendwie toll fand, sondern nur, weil sie ihn nicht langweilte und sie es ihm nicht leicht machte. Und wenn sie es ihm leicht machen würde? Dann würde er es auch nicht wollen, oder? Das bedeutete das doch?
 

Ob Itachi diese Seite von seinem Bruder überhaupt kannte? Falls ja, dann würde er das doch nicht gutheißen oder? Aber eigentlich wusste sie nicht viel über Itachi.
 

Jedenfalls brachte es sie nicht weiter hier zu stehen und zu grübeln. Sie würde jetzt ins Haus gehen, möglichst leise, um hoffentlich niemandem zu begegnen, und dann in ihrem Zimmer bleiben, bis sie sich etwas sortiert hatte oder sie gezwungen war wieder herauszukommen. Momentan war sie jedenfalls so verwirrt, dass sie nicht einmal wusste, ob sie Hinata anrufen wollte oder nicht.
 

Sie legte den Rest des Weges zurück, stieg die Treppen zum Eingang hoch und öffnete die Haustür so leise wie sie nur konnte. Aber sie hatte Pech. Sie hörte, dass Sasuke und Itachi im Wohnzimmer waren.
 

Doch wahrscheinlich hatten sie sie nicht bemerkt. Sie würde einfach versuchen vorbeizuschleichen. Wenn sie nicht dem offenen Türbogen zugewandt saßen, der zum Flur führte, würden sie sie vielleicht gar nicht bemerken.
 

Sie schaffte es geräuschlos die Haustür zu schließen und der teure Teppichboden im Flur war ziemlich nützlich, weil er erfolgreich das Geräusch ihrer Schritte dämpfte.
 

Als sie fast in Sichtweite des Türbogens ankam, war sie nah genug dran um zu hören, was die beiden miteinander sprachen.
 

"Ich weiß nicht Sasuke..."
 

Das war Itachi. Wieso klang er so nachdenklich?
 

"Doch, das wird funktionieren!", hörte sie Sasuke sagen.
 

"Du glaubst doch selbst nicht daran!", sagte Itachi. "Das redest du dir nur ein, weil du verzweifelt bist! Selbst wenn das klappen sollte, was durchaus sein kann, glaube ich einfach nicht, dass sich das eigentliche Problem damit in Luft auflöst. Du machst dir da was vor!"
 

Sakura hatte eigentlich vorbeischleichen wollen. Aber nun war sie wirklich neugierig, worüber bitte sprachen sie da? Es klang ernst, nicht so, als ob sie miteinander scherzen würden. Aber wegen was sollte Sasuke denn bitte verzweifelt sein?
 

"Vielleicht", sagte Sasuke, nachdem sie kurz geschwiegen hatten. Er klang total frustriert. "Naja, wir werden sehen. Wenn es sich machen lässt, dann ziehe ich es auf jeden Fall durch. Danach bin ich klüger. Danke jedenfalls für deine Warnung vorhin, ich glaube die war nötig!"
 

"Klar, kein Problem", sagte Itachi. "Ich bin auf deiner Seite."
 

"Lass uns irgendwas unternehmen! Lass mich fahren!"
 

"Du wirst erst nächsten Freitag achtzehnten."
 

"Na und? Ich hab die Fahrprüfung bestanden, oder?"
 

"Von mir aus. Aber wenn uns jemand erwischt, dann kann ich dich da nicht raushauen. Ich sage dann, du hättest mich erpresst und mir mein Auto gestohlen und dass ich unschuldig bin!"
 

Sasuke lachte. "Ja, das wird sicher funktionieren!" Es klang, als wäre er wieder etwas besser drauf.
 

"Natürlich", erwiderte Itachi belustigt. "Ich bin ein netter, freundlicher Typ. Du bist hier definitiv der Bad Boy von uns beiden! Das sieht man gleich an deinem Gedichtsausdruck!"
 

Sasuke lachte wieder. Schön für ihn, dass er wieder gut gelaunt war.
 

Sakura war nicht wieder besser drauf. Sie verstand überhaupt nichts.
 

Sie dachte dran, dass Itachi direkt jemanden angerufen hatte, nachdem er sich von ihr verabschiedet hatte. Und dann war Sasuke plötzlich aufgetaucht, obwohl er sich doch eigentlich zuhause mit Itachi hatte treffen wollen. Aber hier ging es bestimmt gar nicht um sie. Sie steigerte sich da gerade total in etwas hinein. Und es war unfair und mies Leute zu belauschen!
 

'Kümmer dich um deinen eigenen Kram!', befahl sie sich selbst und ging leise an dem Türbogen vorbei. Sie riskierte für eine Sekunde einen Blick.
 

Itachi saß mit dem Rücken zu ihr auf dem Sofa und warf Sasuke gerade seinen Autoschlüssel zu. Sasuke hätte sie sehen können, aber er war damit beschäftigt den Schlüssel zu fangen, was ihm natürlich auch problemlos gelang.
 

Schnell wandte Sakura den Blick ab, huschte vorbei und leise die stoffbezogenen Stufen der Treppe hoch. Die beiden traten gerade aus dem Wohnzimmer, als sie oben um die Ecke verschwand.
 

Sakura schaffte es geräuschlos in ihr Zimmer, schloss leise die Tür ab und ließ sich mit einem leisen, erleichterten Seufzen endlich auf ihr Bett fallen. Jetzt war sie in Sicherheit und konnte sich erstmal ein wenig sammeln.
 

Wie fühlte sie sich?
 

Sie dachte eine Weile darüber nach, aber so richtig kam sie zu keinem Ergebnis. Und das nicht zuletzt, weil ihre Gedanken ständig wieder zu Sasukes Berührungen und Worten abdrifteten.
 

Als er gesagt hatte, was er wollte, hatte sie ihm geglaubt. Nun fragte sie sich immer mehr, ob das ein blöder Scherz war, um sie zu demütigen.
 

Hatte er nicht tatsächlich für einen kurzen Moment traurig ausgesehen, als er sie gefragt hatte, ob sie ihn hasste? Ihr das vorzuspielen machte doch auch keinen Sinn. Oder war das bloß ihre Einbildung gewesen, weil sie sich wünschte, dass er tiefgründiger war, als es den Anschein hatte? Wahrscheinlich.
 

Er hatte offen gesagt was er wollte. Er wollte mit ihr schlafen. Entweder er wollte das wirklich oder er war darauf aus sie zu demütigen.

Alles andere, zum Beispiel darüber nachzudenken ob er kurz traurig ausgesehen hatte oder nicht, war albernes heruminterpretieren ihrerseits, weil es ihr einfach unmöglich vorkam, dass jemand so ein Idiot war, wie er es offenbar war. Aber die Welt war nunmal nicht nur voll von friedlichen, freundlichen Menschen. Das war eine Realität, die sie akzeptieren musste.
 

Und doch, alles was sie von ihm oder über ihn mitbekam, passte vorne und hinten nicht zusammen. Itachi schien Sasuke vor ihr in Schutz genommen zu haben. Aber war Itachi überhaupt vertrauenswürdig?
 

'Ich bin auf deiner Seite' hatte sie ihn eben sagen hören. Wer war denn nicht auf Sasukes Seite? Welche Seite überhaupt? Und weswegen war Sasuke frustriert? Hatte das was mit ihr zu tun oder war es da um etwas vollkommen anderes gegangen? Um Fugaku vielleicht? Wahrscheinlich. Wahrscheinlich war sie gerade empfindlich und bezog alles auf sich.
 

Sasuke hatte mit Naruto über sie gesprochen. Das hatte er selbst gesagt. Und Naruto war doch einer von den Guten! Naruto würde doch Sasukes Verhalten ihr gegenüber nicht unterstützen, oder?
 

Neji schon. Rückblickend kam es ihr nun fast so vor, als hätte Neji Kiba nur geärgert, weil Sasuke neben ihr hatte sitzen wollen und Kiba nicht aus dem Weg gegangen war.
 

Falls Sasuke Neji gesagt hatte, das er sie rumkriegen wollte, dann würde Neji Sasuke helfen, da war sie sich sicher. Aber Naruto hatte Sasuke auch irgendwie geholfen, am Ende hatte er Kiba aufgefordert sich weg zu setzen und Kiba hatte es getan. Und dann war Sasuke zufrieden gewesen.
 

'Das weiß Kiba ganz genau' hatte Neji gesagt, als Tenten hatte wissen wollen, warum Neji sich so aufgeführt hatte. Was sollte das bedeuten?

Hatte Sasuke etwa allen erzählt, dass er vor hatte sie zu verführen oder sie das zumindest glauben zu lassen, um sie dann zu demütigen? Hatte Sasuke allen gesagt, dass er vorhatte sie zu entjungfern und dass ihm niemand in die Quere kommen sollte? Das wäre absolut inakzeptabel. Dann würde jeder Bescheid wissen, dass er sein Ziel erreicht hatte, sobald er nichts mehr dagegen hatte, wenn ihr jemand zu nahe kam. Sollte sie Kiba vielleicht danach fragen?
 

Sakura vergrub stöhnend ihr Gesicht in ihren Händen. Das Nachdenken verwirrte sie bloß noch mehr.
 

Sie atmete einmal tief ein und aus. Stop. Sie ging das völlig falsch an.
 

Es war total egal, was irgendjemand sagte, dachte oder tat. Das spielte keine Rolle. Sie war von den Vorhaben anderer nicht abhängig. Sie war sie. Sie hatte eigene Gedanken und Bedürfnisse. Es kam nicht darauf an, was irgendjemand wollte, es kam darauf an, was sie wollte. Das musste sie sortiert bekommen und sonst nichts. Wenn sie sich dann dadurch in eine blöde Situation brachte und ihr jemand übel mitspielte war das unschön. Aber das war dann okay. Weil sie dann selbstbestimmt getan hatte, was sie für sich für das Richtige hielt.
 

Also, was wollte sie? Das würde sie in den nächsten Tagen herausfinden müssen. Es gab keine Notwendigkeit das heute Abend noch schaffen zu müssen. Sie würde nun erstmal Hinata anrufen und ihr alles erzählen. Und das tat sie auch.
 

Hinata war total empört darüber wie Sasuke sich verhielt. Und gemessen daran, wie toll Naruto offenbar nach wie vor zu ihr war, war das auch wirklich unterirdisch.
 

Bloß versuchte Sakura ihr klar zu machen, dass Hinata mit Naruto auch totales Glück hatte und dass es keinesfalls der Regelfall war, dass etwas so gut lief. Sie fand, dass die beiden auf fast schicksalhafte Weise für einander bestimmt zu sein schienen. Und Naruto und Hinata schienen es selbst so zu empfinden.
 

Obwohl Naruto immer gut gelaunt zu sein schien, hatte Sakura ihn noch nie SO gut gelaunt erlebt. Und Hinata, die doch sonst oft so zurückhaltend war, hatte sie noch nie so selbstsicher erlebt. Es war, als ob sie beide einfach absolut sicher wären, dass sie zusammen gehörten. Und als ob keiner der beiden irgendeinen Zweifel daran hätte. Sakura beneidete sie fast ein wenig.
 

"Ja okay, vielleicht hast du Recht und ich habe wirklich einfach totales Glück, das glaube ich ja auch!", sagte Hinata. "Aber Sakura, du kannst dich nicht an Sasuke verschwenden!"
 

"Aber dann hätte ich es hinter mir. Alle hatten schon Sex, du bist doch auch kurz davor. Nur weil ich keine Beziehung will, will ich doch nicht ewig Jungfrau bleiben! Ich will das einfach erledigen und das Thema dann endlich wieder aus dem Kopf bekommen! Ich habe keine Lust auf diese Träume und wenn ich das durchziehe, dann werde ich auch wieder uninteressant für ihn und er lässt mich wieder in Ruhe. Und dass es gerade Sasuke ist hat auch Vorteile. Er weiß wenigstens, was er tut, ich habe doch davon keine Ahnung. Und ich brauche auch nicht so zu tun, als wäre es anders, weil er das ja weiß. Ihm ist es wahrscheinlich nicht mal wichtig wie es wird. Er will einfach nur bekommen, was er haben will und dann ist er zufrieden und die Sache ist erledigt. Es ist einfach eine günstige Gelegenheit für mich, ich weiß ehrlich gesagt nicht, was eine Bessere sein könnte. Ich will mit niemandem was Festes ich will keine Beziehung, also würde ich irgendwann an jemanden geraten, der auch nur eine einmalige Sache will. Und da würde ich mich dann erst recht nicht wohl fühlen, weil ich mich super stressen würde, weil ich keine richtige Vorstellung davon habe, was ich tun muss. Und Sasuke hat immerhin versprochen, dass er sich bemühen würde, damit es für mich gut wird. Im Internet liest man die ganze Zeit nur, dass Leute ihr erstes Mal total schrecklich fanden. Vielleicht wäre ich bei Sasuke gar nicht so schlecht aufgehoben!"
 

"Aber er nutzt dich aus Sakura!"
 

"Ich nutze ihn doch genauso aus. Wir würden uns gegenseitig ausnutzen. Das macht es ja gerade so herrlich unkompliziert!"
 

"Ja aber was wenn er es dann überall in der Schule rumerzählt, damit alle sehen, dass er natürlich mal wieder gewonnen hat und du ihm doch nicht widerstehen konntest? Wenn du das leise und heimlich erledigen willst, ist er definitiv der Falsche dafür. Alle werden es mitbekommen. Jeder guckt doch die ganze Zeit darauf, was er tut! Und du hast selbst gesagt, du bist unsicher, ob er dich vielleicht nur reinlegen will, um dich bloßzustellen. Aber selbst wenn nicht, willst du dich wirklich in die Schlange seiner Eroberungen einreihen? Ich finde diese Genugtuung hat er einfach nicht verdient!"
 

Nach diesem Gespräch war Sakura auch nicht wirklich entschiedener. Es erschreckte sie allerdings ein wenig, dass sie, danach zu urteilen, was sie Hinata gesagt hatte, scheinbar wirklich ernsthaft darüber nachdachte auf Sasukes Angebot einzugehen.
 

Hinata wollte vorsichtig bei Naruto nachfragen, ob er ihr sagen konnte, was Sasuke über sie dachte. Aber dadurch wurden sie nicht klüger. Naruto sagte bloß, dass Sasuke und Neji seine besten Freunde seien und er nichts nach außen weitergeben würde, was sie miteinander besprachen. Das war an sich sehr löblich von ihm. In diesem speziellen Fall war es allerdings höchst ärgerlich.
 

In der Schule wartete Sakura auf einen Moment, in dem sie vielleicht einmal ungestört mit Kiba würde sprechen können. Besonders engagiert versuchte sie es jedoch nicht. Sie traute sich nicht, aktiv auf ihn zuzugehen, das war einfach nicht ihre Art. Und sie war sich auch gar nicht sicher, was genau sie ihn eigentlich fragen sollte. Vielleicht machte sie sich total lächerlich mit ihrem Verdacht.
 

Einmal ergab sich jedoch eine Situation, als sie gerade im fast leeren Schulkorridor an ihrem Spind stand und er vorbei kam. Kiba lächelte sie an und schien auch gerade zu überlegen, ob er stehenbleiben und mit ihr reden sollte, doch genau in diesem Moment kam Neji um die Ecke und als er ihn und Sakura sah, rief er laut: "Schön weiter gehen Kiba!"
 

Kiba warf Neji einen wütenden Blick zu und ging wirklich weiter.
 

Neji sah ihm kurz nach, dann kam er entschlossen auf Sakura zu.
 

"Hat er mit dir geredet?", fragte er.
 

"Nein", sagte Sakura verunsichert, aber auch entschlossen diese Situation zu nutzen. "Aber ich würde gerne wissen, warum dich das interessiert. Und warum bist du ihn letztens im Park so angegangen?"
 

Neji runzelte leicht die Stirn und blickte auf sie hinab. "Das hat seine Gründe", sagte er schließlich. "Aber die werde ich dir nicht mitteilen."
 

Er drehte sich um und wollte gehen, aber Sakura musste es jetzt wissen.
 

"Machst du das, weil Sasuke das will?", fragte sie. "Hat er dich gebeten das zu tun?"
 

Neji blieb stehen und drehte sich wieder halb zu ihr um. Fast erwartete sie, dass er sie nun auslachen und sie fragen würde wie sie denn auf sowas kam. Aber das tat er nicht.
 

"Er hat mich nicht darum gebeten", sagte er schließlich. "Er ist mein Freund. Er muss mich nicht um sowas bitten."
 

Damit ließ er sie stehen und Sakura schloss daraus, dass Neji höchst wahrscheinlich über das bescheid wusste, was Sasuke ihr gesagt hatte. Und offenbar hatte er beschlossen dafür zu sorgen, dass Sasuke als Erster bei ihr landen würde, indem er alle anderen vertrieb, die Sasuke vielleicht einen Strich durch die Rechnung machen könnten.

Sakura hielt das für albern. Wieso sollte Kiba oder sonst jemand plötzlich interessiert an ihr sein? Die letzten Jahre war das doch auch niemand gewesen. Doch dieses Verhalten war ein weiterer Grund Sasuke vielleicht doch einfach zu geben, was er wollte. Dann würde Neji wieder mit dieser Bewacherei aufhören.
 

Sasuke selbst sprach die Sache nicht nochmal an. Er verbrachte fast das ganze Wochenende und den Anfang der nächsten Woche mit Itachi in seinem Zimmer oder sie fuhren weg, Sakura wusste nicht, was sie trieben.
 

Wenn sie Itachi begegnete, beim Essen oder auf dem Flur, war er nach wie vor sehr freundlich zu ihr, aber sie sprachen nicht groß miteinander.
 

Sasuke verhielt sich ihr gegenüber höflich und relativ neutral. Er war weder nett noch fies zu ihr. Fast hätte sie diesen Zustand genossen. Doch sie befürchtete, dass er sich nur so verhielt, weil er auf eine Antwort aus war. Aber dass er nicht fies war, hieß immerhin, dass er noch an ihrer Antwort interessiert war und wollte, dass sie positiv ausfiel.
 

Als Itachi am Mittwoch abreiste, um wieder seine Kurse an der Uni zu besuchen und wieder in seine eigene Wohnung zurückzukehren, sah Sakura Sasuke wieder ein wenig öfter.
 

Er bedrängte sie nicht, er war nach wie vor einigermaßen höflich, wenn es nötig war, dass sie miteinander interagierten und das einzige, was ihr auffiel war, dass er sie manchmal länger ansah. Den Blick konnte sie nicht wirklich deuten, aber er beobachtete sie. Wahrscheinlich fragte er sich, ob und wann er eine Antwort bekommen würde.
 

Am Freitag, an dem Tag als Sasuke achtzehn wurde, bekam er von seinem Vater, der wohl mit Sasukes schulischen Leistungen wieder zufriedener war, ein ziemlich teuer aussehendes schwarzes Auto und Sakura musste ein Frühstück mit Fugaku, ihrer Mutter und Sasuke über sich ergehen lassen, bei dem Fugaku ihm einen Vortrag hielt, dass er nun erwachen sei und er sich langsam mal ein paar Gedanken machen müsste, wie es nach der Schule für ihn weitergehen sollte. Sasuke reagierte gewohnt genervt darauf, was seinen Vater sichtlich ärgerte.
 

Sasuke ärgerte das offenbar auch, denn sobald er konnte, verschwand er, um zur Schule zu fahren. Er fragte Sakura glücklicherweise nicht, ob er sie mitnehmen sollte, offenbar hatten sich alle irgendwie daran gewöhnt, dass die den Schulweg unbedingt zu Fuß bewältigen wollte.
 

Am Freitag Nachmittag reisten ihre Mutter und Fugaku wieder ab. Sakura wusste nicht genau wohin, sie hatte sich daran gewöhnt, dass sie fast nie da waren und eigentlich war es ihr recht wenn sie ihre Ruhe hatte, daher fragte sie gar nicht groß nach.

Entweder war es eine Geschäftsreise oder ein Wochenende mit Freunden von Fugaku. Die beiden schienen nach wie vor zufrieden miteinander und sie waren sowieso nicht die Art eines Elternteils, der sich viel um seine Kinder kümmerte.
 

In den vergangenen Tagen hatte sich Sakura immer mehr mit der Vorstellung angefreundet wirklich zu Sasuke zu gehen und es darauf ankommen zu lassen.

Sie wollte endlich wieder ihre Ruhe. Sie würde ihrem Körper geben, was er wollte, dann würden die Träume aufhören. Sie würde Sasuke und Neji wieder gleichgültig sein, so wie die beiden ihr wieder völlig gleichgültig sein würden. Sie würde sich wieder aufs Lernen und den Abschluss konzentrieren können. Und sie würde dann nicht auf ewig Jungfrau bleiben müssen und in einem Jahr die einzige Person auf der Uni sein, die absolut keine Erfahrungen hatte. Sie würde sich dann erwachsener fühlen, weil sie bewusst auf etwas verzichtete, das sie bereits kannte. Dadurch würde sie sich nicht so fühlen, als wäre sie einfach nur unreif. Sie konnte es kaum erwarten, dass sie dieses Thema endlich nicht mehr beschäftigen würde. Denn langsam fühlte sie sich wirklich alleine mit ihrer Unwissenheit. Ganz besonders seit gestern Abend. Denn gestern Abend hatte Hinata mit Naruto geschlafen.
 

Sakura lag auf dem Rücken auf ihrem Bett und blickte an den Baldachin ihres Himmelbettes. Sie lauschte dem Lärm in dem sonst stets so stillen viel zu großen Haus.
 

Heute war Sasukes achtzehnter Geburtstag. Sein Vater und ihre Mutter waren weggefahren. Und Sasuke war die beliebteste Person weit und breit. Und natürlich hieß das, dass alle zu seinem Geburtstag eine riesige Party feiern wollten.
 

Soweit Sakura das mitbekommen hatte, hatte Sasuke keine Party geplant und auch niemanden eingeladen.

Sie hatte aus der Ferne gesehen, dass er sich nach der Schule mit Itachi getroffen hatte. Irgendwann gegen Abend hatte sie ihn nach Hause kommen gehört. Da waren dann Naruto und Neji bei ihm gewesen. Und sie hatte mitbekommen, dass nach und nach immer mehr Leute aufgetaucht waren, die ihm irgendwas schenken und mit ihm rumhängen wollten. So war das immer. Alle schienen zu finden, dass Sasuke der Größte war und jeder wollte in seiner Nähe sein, um etwas von seinem Glanz abzubekommen.

Es war fast ein bisschen, als ob er ein bekannter Schauspieler wäre. Nur dass er kein besonderes Talent hatte und seine einzige Leistung darin bestand, dass er rein zufällig mit einem außergewöhnlich guten Aussehen gesegnet war.
 

Sakura seufzte genervt auf und sah weiter nach oben an den Baldachin. Durch die Gratulanten war das Ganze irgendwie zu einer enorm großen Party ausgeartet. Es war nun schon zwei Uhr morgens, Sasukes Geburtstag war vorbei und das Haus war immer noch voller lärmender Leute. Sie hielten Sakura vom Schlafen ab.
 

Natürlich hätte sie auch einfach ihr Zimmer verlassen können, um mitzufeiern. Aber Hinata hatte über das Wochenende mit ihrer Familie zu einer Hochzeit einer Cousine reisen müssen und ohne Hinata hatte Sakura absolut gar keine Lust verspürt das zu tun. Wahrscheinlich würden Sasuke und Neji bloß jeden verscheuchen, der ihr zu nahe kam. Und das würde dann für noch mehr unnötiges Aufsehen sorgen.
 

Irgendwann hatte sie einen ruhigen Moment abgepasst und war ins Bad gehuscht, um zu duschen. Weil sie bei dem Lärm ohnehin weder schlafen noch in Ruhe würde lesen können, hatte sie lange geduscht und das Bad erst wieder verlassen, als ihr absolut nichts mehr eingefallen war, was sie an Körperpflege noch hätte tun können. Doch das kleine Wellnessprogramm hatte gut getan und sie entspannt. Sie war problemlos wieder zurück in ihr Zimmer gehuscht, denn oben im Flur war ohnehin niemand, alle hielten sich unten auf.
 

Und nun lag sie auf dem Bett und steckte in zermürbenden Grübeleien fest. Sie musste sich endlich entscheiden. Mittlerweile war ihr fast alles egal. Sie wollte bloß noch, dass es vorbei war. Sie wollte wieder ihre Ruhe.
 

Irgendwann schien sie doch eingedöst zu sein, denn als sie das nächste Mal auf die Uhr sah, war es schon vier Uhr morgens.
 

Und der Traum, den sie eben wieder von Sasuke gehabt hatte, hatte sie wieder an einer Stelle aufwachen lassen, die sie vollkommen unzufrieden zurück ließ. Das musste aufhören. Sie wollte das nicht mehr. Sie würde zu ihm gehen. Jetzt.
 

Sie lauschte. Im Haus war alles still.
 

'Jederzeit' hatte er gesagt. Nun, dann würde sie ihn jetzt eben wörtlich nehmen.
 

Sie würde es nun hinter sich bringen. Und sie würde vorher klarstellen worauf sie aus war. Sie würde ihm, sollte er sie wirklich nur demütigen wollen, die Chance dazu nicht geben.
 

Entschlossen stand sie auf.
 

'Vielleicht ist er gar nicht da', sagte die Stimme in ihrem Kopf.
 

'Vielleicht ist eine andere in seinem Bett', fuhr die Stimme fort.
 

'Vielleicht ist er viel zu betrunken um Sex zu haben.'
 

Sakura schob die Stimme beiseite. Sie öffnete leise ihre Zimmertür. Alles war dunkel und still.
 

Mit nackten Füßen ging sie die paar Schritte bis zu seiner Tür. Einen Moment zögerte sie. Dann hob sie die Hand und klopfte.
 

"Bekomme ich ein verspätetes Geburtstagsgeschenk?"
 

Sakura wirbelte herum. Fast hätte sie aufgeschrien. Er hatte sie fürchterlich erschreckt.
 

Sasuke stand hinter ihr in der Dunkelheit. Er war ebenfalls barfuß und er trug nur eine schwarze Jogginghose. Seine weiße, perfekte Haut leuchtete im Dunkeln beinahe. Seine Haare schienen noch ein klein wenig feucht zu sein, wahrscheinlich hatte er geduscht, sie konnte den Geruch seines Duschgels riechen.
 

In seiner Hand hatte er eine volle Falsche Wasser, wahrscheinlich war er in der Küche gewesen, um sich etwas zu trinken zu holen. Er hatte dazu kein Licht anmachen müssen, durch die hohen Fenster am Ende des Ganges fiel genug Mondlicht und schließlich kannte er sich hier aus. Und sie hatte ihn nicht gehört, weil der weiche Teppichboden nicht nur ihr half, sich lautlos zu bewegen.
 

"Hast du dich entschieden?", fragte er.

Eine einmalige Sache

Gute Frage. Hatte sie sich entschieden?
 

In der Theorie war das eben einfacher gewesen. Jetzt vor ihm zu stehen war etwas anderes. Sie schlang nervös ihre Arme um sich. Ihr war kühl.
 

Sie warf ihm vorsichtig einen Blick zu. Er wirkte nicht so, als hätte er vor sie auszulachen. Er stand einfach nur ruhig da, sah sie an und wartete.
 

"Vielleicht", überwand sie sich schließlich zu sagen. "Ja, wahrscheinlich schon, also...wenn du das wirklich ernst gemeint hast. Aber ich will vorher noch was klarstellen."
 

Sein Blick wanderte über sie und sie fühlte sich schutzlos nur in ihrer kurzen Stoffhose und dem kurzen dünnen Shirt, durch das man wahrscheinlich deutlich sehen konnte, dass sie keinen BH trug. Natürlich tat sie das nicht. Eigentlich hatte sie ja bloß schlafen wollen.
 

"Ich höre", sagte er ruhig.
 

Sakura riss sich zusammen und sah ihm in die Augen. Sie musste jetzt deutlich sein und nicht so verschüchtert.
 

"Also", setzte sie an, "ich möchte wissen, ob du mich bloß an diesen Punkt bringen und mich dann auslachen willst, weil ich dir abgekauft habe, dass du mich ...also, dass du...mich willst."
 

"Du hast echt ne schlechte Meinung über mich", sagte Sasuke spöttisch. "Aber ich habe das vollkommen ernst gemeint und das gilt auch jetzt. Ich will dich. Ich will dich demnächst ansehen können mit dem befriedigenden Gedanken, dass ich dich haben konnte. Dass du dich mir hingegeben hast."
 

Sie öffnete den Mund, aber er sprach weiter, bevor sie etwas sagen konnte.
 

"Und falls das deine nächste Frage ist, nein, ich werde das nicht überall herumerzählen. Und ich werde dich auch nicht ständig darauf ansprechen. Ich werde es einfach für mich genießen."
 

Okay. Das war gut. Damit konnte sie leben.
 

"Noch was?", fragte er.
 

"Ja", sagte sie rasch. "Ich will, dass meine Gründe hierfür völlig klar sind. Ich bin nicht hier, weil ich dir verfallen bin, oder weil ich Gefühle für dich hätte oder weil ich dir nicht widerstehen kann. Ich bin bloß hier, weil ich das Erste Mal hinter mir haben will. Es ist einfach nur dieser Grund. Ich brauche einfach nur jemanden, der das erledigt. Ich will ganz generell keine Beziehung und das ist die perfekte Gelegenheit für mich, weil du das auch nicht willst."
 

Sasuke lachte leise und ein wenig bitter. "Verstehe. Ich dachte mir schon, dass du mein Angebot höchstens aus diesem Grund annehmen würdest. Vor allem, da Hinata das laut Naruto jetzt scheinbar auch hinter sich hat. Aber was du sagst klingt wirklich sehr sachlich. Du kannst mich nicht ausstehen, schon klar, aber ein bisschen anziehend findest du mich schon, oder? Es würde mir den halben Spaß nehmen, wenn ich das Gefühl hätte, dass du das absolut nicht willst und ich dir irgendwas antue, was du total schrecklich findest."
 

Das konnte Sakura nachvollziehen. Dennoch war sie nicht besonders erpicht darauf zugeben zu müssen, dass sie sich nach ihm sehnte. Es war ihr peinlich. Und sie konnte es ja kaum vor sich selbst zugeben.
 

"Jeder findet dich anziehend, das weißt du doch ganz genau", sagte sie ausweichend und schlang die Arme noch etwas fester um sich.
 

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. "Ja, das weiß ich. Aber was 'jeder' findet tut hier gerade nichts zur Sache Sakura. Ich will von dir hören, dass du es willst. Auch unabhängig von dem Ergebis, dass du dir davon versprichst."
 

Sie musste sich wirklich bemühen seinem Blick standzuhalten. Aber sie wollte es nun durchziehen. Dann würde sie ihm halt geben, was er wollte.
 

Sie atmete ein und sagte: "Ich will hauptsächlich das Ergebnis. Aber ja, ich finde dich auf rein körperlicher Ebene anziehend und ich will ... also...ich will, dass du..." Sie konnte nicht weiter sprechen und brach ab.
 

"Ja?", fragte Sasuke, leise und ein wenig verführerisch und machte einen Schritt auf sie zu, sodass er nun dicht vor ihr stand.
 

Ihm schien nicht kalt zu sein, sie spürte die Hitze, die von seiner nackten Haut ausging. Er war warm und sie blickte auf die hübschen Linien seines Halses, weil es ihr peinlich war ihn anzusehen.
 

"Willst du, dass ich dich berühre?", fragte Sasuke leise, weil sie immer noch nicht weiter sprach.
 

Sie schluckte. Sie musste es jetzt einfach sagen, sonst würde er damit weiter machen und das war demütigend.
 

"Ja", flüsterte sie. So schwer war das gar nicht. Vielleicht sollte sie einfach noch einen draufsetzen, damit er zufrieden war und das Thema dann endlich durch war.
 

Sakura hob doch den Kopf um ihm ins Gesicht zu sehen. Sie konnte das! Das war nicht so dramatisch, wie es ihr gerade vor kam. Sex war etwas völlig Normales!
 

"Ich möchte, dass jemand mit mir schläft. Und ich wünsche mir, dass du es tust, weil ich glaube, dass es mir gefallen würde."
 

Sie sah ihn immer noch fest an und das war auch gar keine schlechte Idee gewesen, denn dadurch sah sie die Reaktion, die ihre Worte in seinem Gesicht auslösten.
 

Sein Lächeln wurde etwas breiter und seine tiefschwarzen sonst so kühlen Augen waren für einen kurzen Moment voller Emotionen. Für einen ganz kurzen Moment, sah er ... glücklich aus. Und das machte ihn noch viel schöner.
 

"Zu dir oder zu mir?", fragte er mit einem schiefen Lächeln.
 

Nun spürte Sakura deutlich, dass sie richtig nervös wurde. Es würde also jetzt wirklich passieren! Er hatte keine andere da, er wollte sie und schien auch nicht zu betrunken für Sex zu sein. Er schien sowieso gar nicht betrunken zu sein. Es war schon sehr spät, wahrscheinlich hatte sich das längst wieder verflüchtigt.
 

"Bei dir, wenn das geht", sagte sie vorsichtig.
 

In ihrem Bett wollte sie das auf gar keinen Fall. Sie wollte danach gehen können. Ihr Bett war ihr sicherer Ort. Da durfte er nicht rein.
 

"Na dann dreh dich mal um und geh rein", sagte Sasuke ziemlich selbstgefällig. Er schien zufrieden mit der Situation. "Es ist offen."
 

Sakura warf ihm einen raschen Blick zu, dann drehte sie sich zu seiner Tür um, an die sie gerade noch geklopft hatte, drückte die Türklinke herunter und betrat sein Zimmer zum zweiten Mal.
 

Auch hier drinnen war es dunkel. Doch auch hier drinnen reichte das Mondlicht aus, das durch die Spalten in den nicht ganz zugezogenen Vorhängen fiel, damit man gut sehen konnte.
 

Sie war ein paar Schritte hineingegangen und drehte sich um, als sie hörte, wie er die Tür hinter sich schloss. Er drehte den Schlüssel im Schloss um.
 

Sasuke warf ihr einen Blick zu. "Ich will nur ganz sicher gehen, dass wir nicht gestört werden. Aber der Schlüssel steckt. Du kannst jederzeit aufschließen und gehen. Du bist nicht eingesperrt, klar?"
 

"Okay", sagte sie dankbar. Scheinbar gab er sich wirklich Mühe nett zu ihr zu sein.
 

Sasuke ging zu seinem Schreibtisch und stellte die Wasserflasche darauf ab, die er die ganze Zeit in der Hand gehabt hatte.
 

Er griff seinen Schreibtischstuhl an der Rückenlehne und drehte ihn in ihre Richtung. Dann ließ er sich lässig darauf sinken, legte die Arme auf die Lehnen und lehnte sich zurück, wobei er sie betrachtete. Sie kam sich vor, als würde er sie für eine gute Beute halten, die er gefangen hatte.
 

Sakura hatte keine Ahnung, was sie jetzt tun sollte. Irgendwie hoffte sie, dass er es ihr sagen würde. Dass er die Verantwortung übernehmen würde.
 

"Zwei Sachen", sagte Sasuke, als würde er Bedingungen für einen Vertrag verhandeln. Sie sah ihn aufmerksam an.
 

"Verhütung. Ich würde vorschlagen wir benutzen einfach ein Kondom. Ich kümmere mich dann darum, du brauchst nichts zu tun. Einverstanden?"
 

Sakura war erleichtert. Sie hatte sich schon gefragt, wie sie ihm mitteilen sollte, dass sie nicht die Pille nahm und er eins benutzen müsste. Überhaupt war ihr das lieber. Wer wusste schon, wie viele Partnerinnen er bereits gehabt hatte.
 

"Okay. Gut", sagte sie.
 

Sie wusste nicht so richtig, was sie mit ihren Händen tun sollte. Was tat sie denn normalerweise mit ihnen? Wieso hatte sie noch nie darüber nachgedacht? Sie schlang wieder die Arme um sich. Hier drinnen war es immerhin wärmer als draußen auf dem Flur.
 

"Und zweitens", fuhr Sasuke sachlich fort, "möchte ich wissen, ob du einen Wunsch hast, wie ich es machen soll. Es wird kurz wehtun. Wenn du mir sagst, was du möchtest, wie ich am besten damit umgehen soll, dann mache ich es so wie du es willst. Wenn du dazu keinen bestimmten Wunsch hast, dann überlass es einfach mir."
 

"Ich...", setzte sie verlegen an und strich sich wieder eine Haarstähne nach hinten, die nach vorne gefallen war, als sie bei seinen Worten verlegen den Kopf gesenkt hatte.
 

Natürlich hatte sie darüber nachgedacht. Sie hatte es sogar gegoogelt, um herauszufinden, wie schmerzhaft es sein würde. Aber so richtig schlau daraus geworden war sie nicht.
 

"Ich weiß nicht genau, das überfordert mich etwas", sagte sie, weil sie glaubte, dass es besser war, wenn sie versuchte ehrlich zu sein.
 

"Dann überlass es mir", sagte Sasuke ruhig. Er klang vollkommen entspannt und das half ihr ein wenig mit ihrer Nervosität. "Du musst nur versuchen dich etwas zu entspannen. Dich fallen zu lassen. Schaffst du das? Kannst du mir für heute Nacht vertrauen? Morgen kannst du mich ja immer noch wieder verabscheuen."
 

Sakura schnaubte leise. "Ja... ich denke das geht vielleicht", sagte sie ein bisschen nervös, aber auch ein ganz kleines bisschen belustigt.
 

"Na dann", sagte Sasuke, als wäre damit nun alles formelle erledigt und stand plötzlich auf, was sie zusammenzucken ließ.
 

Mit einem selbstzufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht ging er auf sie zu und er strahlte so viel Präsenz aus, dass Sakura sich bemühen musste nicht vor ihm zurück zu weichen. Schließlich wollte sie ja, dass er mit irgendwas anfing. Sie hatte nämlich nach wie vor absolut keine Ahnung, was sie nun tun sollte.
 

Sasuke ging einmal um sie herum und musterte sie zufrieden. Nun kam sie sich vor, als wäre sie wirklich ein Geburtstagsgeschenk, das er betrachtete. In etwa so wie sein Auto heute morgen vielleicht.
 

Er beendete seine Runde und blieb vor ihr stehen. Die nackte Haut seines freien, hübsch trainierten Oberkörpers wirkte unglaublich anziehend auf sie. Und wenn sie gewollt hätte, dann hätte sie ihn nun einfach anfassen können. Die Vorstellung war irgendwie verrückt.
 

Sasuke hob seine Hände und umschloss mit jeder Hand eines ihrer Handgelenke.
 

"Die Arme musst du wegnehmen, sonst kommen wir nicht weiter", sagte er sanft und zog sie weg von ihrem Oberkörper, weil sie sie immer noch um sich geschlungen hatte. Sie fühlte sich so schrecklich unsicher.

Aber er hatte es nicht auf eine blöde Weise gesagt. Man merkte ihm an, dass er ein wenig belustigt war ob ihrer Überforderung, aber es schien ihm eher zu gefallen, als dass er sich über sie lustig machte.
 

Sie ließ zu, dass er ihre Arme weg zog und hob den Kopf um ihm einen vorsichtigen Blick zuzuwerfen.
 

Er musterte sie und sie konnte sehen, dass sein Blick voller Verlangen war. Das löste in ihrem Bauch ein nervöses, aber nicht unangenehmes Kribbeln aus.
 

Sasuke hielt ihren Blick, er ließ eines ihrer Handgelenke los, schlang kurzerhand seinen Arm um ihre Hüfte und zog sie mit einem Ruck an sich.
 

Das war gut. Damit hatte er den Abstand zwischen ihnen überwunden. Sie schaffte es nicht mehr seinem Blick standzuhalten und blickte stattdessen auf seine Schulter.
 

Sie spürte seinen straffen Bauch auf ihrer Haut, weil ihr ohnehin schon kurzes T-Shirt durch seinen Arm ein wenig hochgerutscht war. Und weil sie ihn dadurch quasi ohnehin schon berührte, hatte sie das Gefühl, dass sie nun auch ihre freie Hand auf seinen Oberarm legen konnte. Ganz vorsichtig.
 

Seine Armmuskulatur fühlte sich verlockend an unter ihren Fingern und sie strich ganz leicht über seine Haut.
 

Sasuke ließ auch ihr anderes Handgelenk los und strich ihr sanft mit den Fingern über ihren Hals bis zu ihrer Schulter. Dort ließ er seine Hand liegen und beugte sich zu ihr, um seine Lippen zu ihrem Hals zu bewegen. Sie hörte ihn einatmen, als würde er ihren Duft aufnehmen wollen, dann spürte sie seine Lippen auf ihrer Haut. Kaum wahrnehmbar. Sein Griff um sie war fest. Aber zugleich war er unglaublich zärtlich.
 

Und obwohl sie sich merkwürdig vor kam, obwohl sie nervös war, obwohl ihr alles so unwirklich erschien, spürte sie, dass sie anfing sich an seine Nähe zu gewöhnen. Es war okay was er tat. Sie war zu überfordert, um zu überlegen, ob ihr das gefiel. Aber sie hatte auch nicht das Gefühl, dass sie wollte, dass er damit aufhörte.
 

Vorsichtig legte sie ihre andere Hand auf seinen Unterarm und strich beinahe neugierig mit ihren Fingern seinen ganzen Arm hoch bis zu seiner Schulter. Es gefiel ihr, wie er sich anfühlte.
 

Sasuke fuhr mit seiner Hand in ihre Haare, an ihren Hinterkopf und hielt sie so, dass er ihr ins Gesicht sehen konnte. Sein Blick schien über jeden Millimeter ihres Gesichts zu wandern und Sakura war ... überrascht.
 

Die Leidenschaft in seinem Gesicht war stark. So hatte sie ihn noch nie gesehen, es kam ihr vor, als hätte er sich nur gerade so im Griff. War er immer derart leidenschaftlich, wenn er mit jemandem-
 

Weiter kam sie in ihren Gedanken nicht, denn im nächsten Moment küsste er sie. Es war anders als der Kuss, den sie damals in der Küche von ihm bekommen hatte. Vergleichen mit seiner Leidenschaft jetzt, war er damals zurückhaltend gewesen.
 

Sakura merkte, wie sie sich nicht mehr wirklich auf ihre Gedanken konzentrieren konnte. Gerade verspürte sie bloß das Verlangen ihn zurück zu küssen. Doch sie kam nicht dazu, denn er hörte auf, als sie sich gerade dazu entschlossen hatte.
 

Sasuke zog ohne sie loszulassen den Arm zur Seite, den er um sie geschlungen hatte, einen klitzekleinen Moment glaubte sie, er würde sie umschmeißen, doch da hatte er schon seinen anderen Arm unter ihren Kniekehlen. Er richtete sich mit ihr auf den Armen wieder auf und trug sie zu seinem Bett.
 

Dort angekommen legte er sie behutsam ab und war über ihr, bevor sie so recht wusste, wie ihr geschah. Sie fühlte sich ganz benebelt, fast ein bisschen, als wäre sie betrunken. Was sie definitiv nicht war. Vielleicht war es die Müdigkeit, immerhin war es schon sehr spät.
 

Sasuke hatte sich auf seinen Armen abgestützt und betrachtete sie, als wäre sie etwas ungeheuer Wertvolles für ihn. Fast kaufte sie ihm das ab.
 

"Du bist wunderschön", sagte er leise und mit rauer Stimme.
 

Sie konnte ihn nur ansehen und dachte 'du auch'. Sie wollte, dass er weiter machte, dass er sie wieder anfassen würde.
 

Sie nahm eine Hand von einem seiner Arme und berührte mit ihren Fingerkuppen ganz sachte seine Brust, strich über seine warme Haut weiter nach unten.
 

Das brachte ihn glücklicherweise dazu, sich wieder zu ihr hinunter zu beugen und sie wieder zu küssen. Und dieses Mal erwiderte sie den Kuss.
 

Das schien ihm zu gefallen, denn er passte seine Haltung an, sodass der mit beiden Händen ihr Gesicht umfassen konnte und intensivierte den Kuss und eine Weile taten sie nichts anderes.
 

Mittlerweile dachte Sakura auch nicht mehr nach. Dazu kam sie gar nicht mehr, eins ergab sich irgendwie aus dem anderen, irgendwann fingen die Klamotten an zu stören und es fühlte sich nichtmal besonders seltsam an sie auszuziehen. Die ganze Zeit verspürte sie diese Aufregung, die sie schon aus ihren Träumen kannte und sie genoss es. Dieses Mal würde sie nicht aufwachen bevor sie zufrieden war.
 

Sie stellte fest, dass sie es schon bald nicht mehr schwierig fand ihn zu berühren, besonders sobald sie sich selbst so weit in der Situation zurechtgefunden hatte, dass sie dazu kam auch auf ihn zu achten.

Er war vollkommen still, aber sie merkte ihm dennoch an, dass ihre Berührungen ihm gefielen. Sie merkte es an der Art wie er atmete, an der Art, wie er sie ansah, an der Art, wie er sie berührte und ihre Nähe suchte. Es war ein berauschendes Gefühl zu spüren, dass solch kleine Berührungen auf jemand anderen so einen Effekt haben konnten.
 

Sasuke hielt, was er versprochen hatte. Er ließ sich Zeit. Er machte Vorgaben, aber er war ungemein zärtlich. Er wartete immer, bis sie sich an Neues gewöhnt hatte, bevor er einen Schritt weiter ging. Er bedrängte sie in keiner Form und ließ sich auch keine Ungeduld anmerken. Er fragte nicht nach, aber er schien darauf zu achten, ob es ihr gefiel was er tat oder nicht und wenn nötig passte er sein Verhalten sofort an. Sie merkte, dass er sich wirklich Mühe gab auf sie einzugehen und dennoch schaffte er es, dass sie nicht das Gefühl hatte, dass er zu umsichtig oder gar vorsichtig war.
 

Erst als er sich um die Verhütungssache kümmerte, wurde sie doch wieder nervös. Aber es passierte nicht gleich etwas, er küsste sie und seine Hände und Lippen lenkten sie wieder ab, sodass sie es fast wieder vergaß.
 

Als er es dann tat, war er nicht zärtlich. Er überraschte sie. Sie keuchte entsetzt auf und krallte ihre Finger in seine Schultern.
 

"Shhh, schon vorbei", raunte er in ihr Ohr. "Es wird gleich besser." Seine Stimme klang gepresst, als müsste er sich sehr zusammenreißen, um sprechen zu können.
 

Er rührte sich nicht und gab ihr Zeit sich an ihn zu gewöhnen und schon Sekunden später war der Schmerz verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben.
 

"Okay", sagte Sakura ganz leise, um ihm zu zeigen, dass alles in Ordnung war.
 

Nun ließ er sich wieder Zeit, war wieder sanfter und sie gewöhnte sich an diese neue Nähe.
 

Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging, aber die Glücksgefühle in ihr wurden immer größer und schließlich kam sie wirklich zu der Erleichterung, die ihr ihre Träume nie hatten verschaffen können. Einen Moment später war auch er fertig und es war vorbei.
 

Sakura lag im Dunkeln und nun, da ihre aufgewühlten Gefühle langsam abklangen, kam sie wieder in der Realität an.
 

Sasuke war gleich aufgestanden, hatte sich Taschentücher geschnappt und als er vom Mülleimer zurück kam, hatte Sakura sich schon halb aufgesetzt. Langsam fing sie wieder an zu denken. Und das brachte auch mit sich, dass sie sich nun etwas peinlich berührt fühlte.
 

"Alles okay?", fragte Sasuke und sie war erleichtert, als er direkt seine Hose anzog. Dann konnte sie das nämlich auch tun.
 

"Ja", sagte sie bloß und beeilte sich ihre Sachen zusammen zu suchen und wieder anzuziehen.
 

Sasuke setzte sich mit ein wenig Abstand neben sie auf die Bettkante und beobachtete sie dabei.
 

Als sie fertig war, sah sie zu ihm und lächelte unsicher. Sie wusste schon wieder nicht, wie sie sich nun verhalten sollte.
 

"Sicher?", fragte Sasuke nach und versuchte ihr ins Gesicht zu sehen. Aber nun war ihr das alles irgendwie unangenehm und sie wich seinem Blick aus.
 

"Ja. Mir geht es gut!", sagte sie und sah auf ihre Hände.

"Es war sehr schön für mich", fügte sie leise hinzu. "Danke."
 

Sie hob den Kopf und sah ihn an. Er musterte sie nachdenklich.
 

"Gut", sagte er schließlich. "Mir hat es auch sehr gefallen."

Er grinste leicht. "Also auch 'danke', schätze ich."
 

Sie lächelte unsicher und ein wenig belustigt.
 

"Okay, also...ich bin total fertig, ich muss jetzt schlafen", sagte sie leise.
 

"Du kannst hier schlafen, wenn du möchtest."
 

Er versuchte ihr wieder ins Gesicht zu sehen, aber sie wich seinem Blick wieder aus.
 

"Falls du nicht alleine sein möchtest", fügte er hinzu.
 

"Nein", sagte sie rasch und stand auf.
 

Sie wollte ganz klare Grenzen. Sie hatte in den letzten Tagen die ganze Zeit nur daran gedacht, dass sie es hinter sich bringen wollte. Über die Sache als solche hatte sie kaum nachgedacht. Aber selbst wenn sie es getan hätte, dann hätte sie nicht erwartet, dass es ihr mit ihm SO derart gut gefallen würde.
 

Doch das war eine einmalige Sache gewesen. Sie wollte, dass das klar war. Sie wollte keine Beziehung und auch keine Affäre. Mit Sicherheit war Sasuke ohnehin auf keins von beidem aus. Ihm war es nur um dieses eine Mal gegangen, weil es ihm Genugtuung verschaffte, dass er sie dazu gekriegt hatte das zuzulassen. Und nun würde eine klare Grenze gut sein.
 

For allem für sich selbst wollte sie diese Grenze. Mit dieser Sache hier hatte sie die Träume von ihm loswerden wollen. Sie wollte nicht riskieren, dass sie am Ende noch anfangen würde andere Dinge mit ihm zu träumen, nur weil ihr seine Nähe vielleicht schlussendlich doch ein bisschen zu gut gefallen könnte. Sie wollte alleine bleiben und sie durfte gar nicht erst anfangen sich durcheinander zu bringen.
 

"Aber das ist nett von dir", sagte sie rasch, weil ihr 'nein' eben vielleicht etwas zu unhöflich geklungen hatte. "Also... ich gehe dann mal rüber, ja?"
 

"Wie du willst", sagte Sasuke und sie konnte keine bestimmte Emotion aus den Worten heraushören. Wahrscheinlich war es ihm schlichtweg egal.
 

Also ging Sakura hinüber zu seiner Zimmertür, drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür.
 

Dort drehte sie sich nochmal um. Sasuke saß unverändert auf seiner Bettkante und blickte zu ihr herüber.
 

"Na dann", sagte er. "Schlaf gut."
 

"Du auch", erwiderte sie, trat rasch nach draußen und zog seine Tür hinter sich zu.

Gelöste und neue Probleme

Sakura hatte sich beeilt in ihr Bett zu kommen. Dort hatte sie sich unter ihrer Decke zusammengerollt. Sie hatte sich gefragt, wie es ihr ging. Aber so genau hatte sie sich das nicht beantworten können.
 

Sie war glücklich, dass sie es hinter sich hatte. Sie war dankbar dafür, wie Sasuke sich verhalten hatte. Es war toll gewesen. Sie hatte sich sicher gefühlt und er hatte ihr ihre Nervosität genommen mit seiner Führung und Bestimmtheit. Und obwohl er mit dieser Sache nur sein Ego hatte befriedigenden wollen, kam sie sich überhaupt nicht benutzt oder ausgenutzt oder in irgendeiner Form schlecht behandelt vor.
 

Hoffentlich würde das auch so bleiben. Mal sehen, wie er sich in den nächsten Tagen ihr gegenüber verhalten würde. Er hatte gesagt, er würde es ihr weder ständig unter sie Nase reiben, noch es überall herumerzählen. Sie hoffte, dass er auch dabei Wort halten würde.
 

Falls er das tun würde und falls er nicht wieder plötzlich von Stimmungsschwankungen befallen sein würde, würde sie sich auch mehr Mühe geben und versuchen etwas aufgeschlossener und freundlicher ihm gegenüber zu sein.
 

Es ließ sich nicht leugnen, auf gewisse Weise fühlte sie sich nun mit ihm verbunden. Auch wenn das Gefühl hauptsächlich Dankbarkeit war. Aber sie wollte sich nicht zu früh freuen und erstmal abwarten.
 

Obwohl sie so unendlich müde gewesen war, der Blick auf ihre Uhr hatte ihr verraten, dass es schon sechs Uhr morgens gewesen war, hatte sie noch eine Weile wach gelegen, in Gedanken daran, was sie eben erlebt hatte.

Ab morgen würde sie das unterlassen, dann würde sie das Ganze wieder rationaler betrachten. Aber für den Moment hatte sie sich das einfach noch gönnen wollen. Es waren schöne Erinnerungen und fast glaubte sie, ihn immer noch spüren zu können.
 

Und als sie schließlich am nächsten Tag erwachte, konnte sie sich nicht erinnern irgendetwas geträumt zu haben. Dieser Teil des Plans schien sogar auch aufzugehen. Offenbar hatte ihr Körper tatsächlich bekommen, was er hatte haben wollen und nun war er zufrieden und ihr Unterbewusstsein belästigte sie nicht mehr mit sowas.

Es lief fast ein bisschen zu gut, dachte sie, als sie sich auf die Seite rollte, um auf die Uhr in ihrem Smartphone zu sehen. Es war bereits Nachmittag. Und sie war schrecklich hungrig und durstig.
 

Dennoch hatte sie das Gefühl unbedingt erstmal duschen zu wollen, sie fühlte sich nicht besonders frisch. Als sie ihre Zimmertür geöffnet hatte, lauschte sie kurz, aber das Haus war völlig still. Kein Zeichen von Sasuke oder Fugaku und ihrer Mutter.
 

Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ etwas von dem warmen Duschwasser in ihren Mund laufen, um wenigstens den Durst ein bisschen zu stillen. Das bohrende Gefühl der Leere in ihrem Magen ertrug sie tapfer, bis sie sich angezogen hatte.

Darin hatte sie in den letzten Monaten ohnehin Übung bekommen. In ihren ambitionierten Versuchen Sasuke zu meiden, hatte sie schon mal auf Frühstück oder Abendbrot verzichtet.
 

Aber falls er sich jetzt nicht wie ein kompletter Idiot verhielt, konnte sie in diesem Punkt nun auch entspannter werden. Das mit den Träumen hatte sich schließlich offenbar erledigt und sie fühlte sich durch ihre gemeinsame Nacht auch in der Lage ihm notfalls besser Kontra zu geben, sollte er sich fies benehmen.

Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass das, was sie gestern getan hatten, ihn ihr ein wenig vertrauter gemacht hatte. Als würde sie ihn nun etwas besser kennen. Gestern Nacht war er so gewesen, wie der Sasuke, mit dem sie am Teich gemeinsam gelernt hatte. Es war nett gewesen. Diese Seite von ihm war in Ordnung.
 

Einen Moment betrachtete sie sich im Spiegel und sie musste lächeln. Nun war sie kein Mädchen mehr. Nun war sie eine Frau. Mit ziemlicher Sicherheit war das Einbildung, aber sie glaubte fast, dass man es ihr ansehen konnte. Obwohl sie eigentlich nicht groß etwas getan hatte, fühlte sie sich ein bisschen stolz.
 

Als sie aus dem Bad kam und die Treppe nach unten stieg, weil sie sich etwas zu Essen organisieren wollte, blieb sie auf halber Höhe schockiert stehen.
 

Auf allen Oberflächen standen Flaschen und Becher herum. Sie sah auch ein paar Geschenkbänder auf dem Boden und vor der Gaderobe lagen zwei Jacken, die sicher keinem gehörten, der hier wohnte. Stimmt. Die Party. Die hatte sie vollkommen vergessen.
 

Sakura spähte vom Flur aus ins Wohnzimmer. Dort sah es noch chaotischer aus und in der Küche war es auch nicht viel besser.
 

Während sie noch so da stand und das Chaos aus teilweise nur halbleeren Gläsern, Bechern und Flaschen berachtete, hörte sie wie jemand die Haustür aufschloss. Sie spitze die Ohren, um herauszufinden, wer es war. Das war allerdings nicht schwer, sie hörte Naruto lachen.
 

"Na super", hörte sie Neji entmutigt sagen. Wahrscheinlich betrachtete er wenig begeistert das Chaos im Flur.
 

"Heul nicht rum. Ich räume das nicht alleine auf!"
 

Das war Sasuke. Scheinbar war er schon eine Weile wach, zumindest war er schon draußen gewesen. Vielleicht hatte er mit seinem neuen Auto Naruto und Neji abgeholt, damit sie ihm halfen.
 

"Wieso nicht? War doch deine Party!", sagte Neji und es klirrte, als hätte er missmutig gegen eine Flasche gekickt.
 

"War es nicht", hörte sie Sasuke überheblich antworteten. "Ist doch nicht meine Schuld, dass mich alle lieben und hier Scharenweise auftauchen. Ich hab niemanden dazu aufgefordert!"
 

Naruto lachte. "Das ist echt nicht deine Schuld du Arsch. Du gibst dir wirklich alle Mühe unausstehlich zu sein! Es bringt bloß leider überhaupt nichts!"
 

"Hey! Ich hab dich eben mit meinem Auto fahren lassen, das war nett von mir!"
 

Neji und Naruto lachten und Neji sagte: "Das war nicht, weil du so nett bist! Du bist bloß heute mal gut gelaunt, weil du endlich Sakura flachgelegt hast!"
 

"Ja, dem stimme ich zu!", sagte Naruto lachend und es klang, als würde er Sasuke auf die Schulter klopfen.
 

"Hat ja lange genug gedauert!", sagte Neji. "Wurde auch Zeit, dass du-"
 

Neji brach ab. Die drei waren an dem Punkt im Flur angekommen, von dem aus man durch den Türbogen in die Küche schauen konnte. Dort hin, wo Sakura stand und wo sie wie erstarrt der Unterhaltung gelauscht hatte.
 

Einen Moment schwiegen alle. Naruto und Neji tauschten hinter Sasukes Rücken einen Blick, den sie nicht deuten konnte. Sasuke blickte sie an.
 

"Gut geschlafen?", fragte er schließlich, als gäbe es kein Problem und als wäre das nun nicht unglaublich unangenehm.
 

Sakura wünschte sich, dass sie dieses Gespräch nicht mitbekommen hätte.
 

Sie drehte sich weg, sie hatte keine Lust mit ihnen zu sprechen, bei dem, was sie gerade gehört hatte.

Hätten sie nicht wenigstens so taktvoll sein können an einem Ort über sie zu sprechen, an dem es ausgeschlossen wäre, dass sie es mitbekommen würde?
 

Sie suchte sich einen Weg durch das Chaos zu dem Schrank in dem die Müslischälchen waren. Sie hatte nämlich immer noch total Hunger.
 

"Das war nicht böse gemeint Sakura", sagte Naruto hinter ihr. Er klang zerknirscht.
 

"Komm schon", sagte Sasuke, während sie sich ein Schälchen nahm und Müsli hinein tat. "Du wirst es Hinata doch auch erzählen! Ich hab ihnen gesagt sie sollen es für sich behalten, okay?"
 

"Ich bin nicht sauer", sagte Sakura und holte die Milch aus dem Kühlschrank. Sie hatte gewusst, dass er es zumindest Naruto und Neji erzählen würde. Sie goss Milch in ihr Schälchen, nahm sich einen Löffel und drehte sich zu ihnen um.
 

Obwohl sie sich ärgerte, musste sie fast lachen, so zerknirscht hatte sie die Drei noch nie gesehen.
 

"Mir war klar, dass ihr so über mich reden würdet", sagte sie. "Ich hätte es bloß lieber nicht gehört."
 

"Es war wirklich nicht böse gemeint", sagte Neji und er klang, als wäre es ihm ernst. Das verwirrte sie fast ein bisschen. Neji entschuldigte sich nie. Es sei denn, er versprach sich davon einen Nutzen wie letztes bei Tenten.
 

Naruto schien zu dem Schluss zu kommen, dass es am besten war einfach das Thema zu wechseln.
 

"Hilfst du uns beim Aufräumen Sakura?", fragte er grinsend.
 

"Sicher nicht!", sagte sie und rührte in ihrem Schälchen herum. Dann kam ihr eine Idee, wie sie sich dafür rächen konnte, dass sie so über sie gesprochen hatten.
 

"Aber", sagte sie, setzte sich auf einen Stuhl und faltete ihre Beine im Schneidersitz, sodass sie ihr Schälchen in der Mitte abstellen konnte, "ich glaube ich frühstücke jetzt hier und sehe euch zu."
 

Seit wann war sie eigentlich so mutig?
 

Das schienen die Drei sich auch zu fragen, denn sie tauschten alle einen Blick miteinander.
 

"Vielleicht hättest du ihr nicht sagen sollen, dass es dir gefallen hat Sasuke", sagte Neji und runzelte die Stirn. "Das scheint ihr zu Kopfe gestiegen zu sein!"
 

Naruto fing an laut loszulachen und Sasuke gab Neji einen ziemlich groben Stoß gegen die Schulter und sagte ärgerlich: "Du fängst dir gleich eine!"
 

Dann sah er sich genervt im Raum um. "Los, wir müssen wenigstens die Flaschen und Becher wegräumen, bevor unsere Reinigungkraft hier gleich für den Wochenendputz auf der Matte steht! Sonst steckt die das direkt meinem Vater und das kann ich nicht gebrauchen!"
 

"Ich hole Müllbeutel", fügte er hinzu und verließ die Küche. Vermutlich auf dem Weg zu dem kleinen Raum, in dem die Reinigungsutensilien aufbewahrt wurden.
 

Sakura schob sich einen Löffel Müsli in den Mund und kaute. Sie blickt auf ihr Schälchen, aber sie war sich ziemlich sicher, dass Naruto und Neji sie musterten.
 

Das wurde einen Moment später bestätigt, als Sasuke zurück kam und sagte: "Hört auf sie so anzustarren und macht euch nützlich!"
 

Er hielt beiden eine Rolle mit Müllbeuteln hin. "Naruto, du sammelst die Flaschen ein und Neji alle Becher und sonstigen Verpackungen."
 

"Und was macht du?", fragte Neji. Man hörte ihm an, dass er darauf überhaupt keine Lust hatte.
 

"Ich suche alle Gläser zusammen und werde sie wohl abwaschen müssen. Hoffentlich sind die teuren Whiskygläser alle heil geblieben!"
 

"Mann, ich hab echt nen Schädel", murrte Naruto, griff seinen Müllbeutel und schlurfte in Richtung Wohnzimmer davon, weil er da wohl am meisten zu tun haben würde.
 

"Selbst schuld", sagte Neji schadenfroh und folgte ihm.
 

"Dir geht es doch auch nicht besser, tu nicht schon wieder so cool!", antwortete Naruto ärgerlich und belustigt zu gleich.
 

Sakura saß da, kaute ihr Müsli und sah zu, wie Sasuke Spühlwasser einließ und währenddessen aus verschiedenen Räumen Gläser herholte. Dabei sah er ein bisschen angewidert aus, als würde er das für eine niedere Arbeit halten, die seiner nicht würdig wäre.
 

Nach einer Weile warf er ihr einen kurzen Blick zu.
 

"Heißt das, dass du nun damit aufhörst ständig vor mir wegzulaufen?", fragte er.
 

Wahrscheinlich meinte er damit, dass sie hier saß und aß, anstatt ihr Essen wie sonst immer mit in ihr Zimmer zu nehmen.
 

"Vielleicht", sagte sie leise und schob ein bisschen Müsli zur Seite, damit sie an mehr Milch kam.
 

Ihr Mut war wieder verflogen, jetzt wo sie sich nicht mehr ärgerte. Sie war zwar jetzt keine Jungfrau mehr, aber schüchtern war sie leider immer noch, das war einfach ihr Charakter.
 

"Wieso fragst du?", fügte sie hinzu.
 

"Nur so."
 

Er war fertig mit Spülen und schnappte sich ein Handtuch, um mit dem Abtrocknen anzufangen.
 

Sakura sah ihm schweigend zu, wie er eines der Gläser gründlich polierte.

Er hob leicht den Blick und musterte sie einen Moment. Dann drehte er sich um, griff sich eine frische Flasche Wasser, die auf der Anrichte neben ihm stand und füllte etwas davon in das Glas.
 

Ohne sie anzusehen ging er die drei Schritte zu ihr hinüber, stellte das Glas vor ihr ab und ging dann kommentarlos zurück zum Spülbecken, um mit seiner Arbeit fortzufahren, als hätte er sie nie unterbrochen.
 

Naruto und Neji fingen im Wohnzimmer an zu lachen, gleich darauf klirrte es, es klang als hätten sie eine Flasche umgeworfen.
 

"Ey!", rief Sasuke ärgerlich hinüber.
 

"Bleib cool, wir sind ja dabei!", kam es von Neji zurück. Naruto lachte immer noch und Sakura musste auch ein Lächeln unterdrücken.
 

"Danke", sagte sie leise, stellte ihr leeres Schälchen weg und griff nach dem Wasserglas. War er einfach nur nett oder wollte er irgendwas von ihr?
 

Sasuke sagte nichts und fuhr fort die Gläser abzutrocknen.
 

Sakura trank das Glas leer und ging dann zu ihm hinüber, um ihr Geschirr in die Spühlmaschiene zu räumen. Sie war ziemlich voll, aber die Sachen passten gerade noch hinein. Sie tat einen Tab in das dafür vorgesehene Fach und stellte sie an.
 

Nun wollte sie wieder nach oben gehen und sie überlegte, ob sie einfach gehen oder noch irgendwas zu ihm sagen sollte.

Sie wollte ihn nicht ignorieren. Sie kam bloß einfach nicht gut klar mit sozialer Interaktion und sie war so furchtbar unsicher, weil sie, abgesehen von ihrem Umgang mit Hinata, darin auch so gut wie keine Übung hatte.
 

Sie machte ein paar Schritte zur Tür, dort blieb sie stehen und sah sich zu ihm um. Er stand da, lässig an die Anrichte gelehnt und trocknete ein weiteres Glas ab. Selbst dabei sah er heiß aus. Kurz flackerte in ihrer Erinnerung auf, wie es war ihn zu berühren. Wie es war, wenn er sie berührte. Wie es war, wenn er-
 

Schnell schob sie diesen Gedanken beiseite.
 

"Bis dann", sagte sie und versuchte sich an einem leichten Lächeln, dann drehte sie sich schnell weg und ging.
 

Als sie eine Stunde später nach unten kam, mit einem Buch im Arm und mit dem Vorhaben zum Lesen in den Park zu gehen, war das ganze Chaos verschwunden.

Sie hatten es tatsächlich geschafft alles aufzuräumen. Jetzt sah es einfach nur noch so aus, als müsste mal durchgeputzt werden, und das würde wohl gleich das Reinigungspersonal tun, das Fugaku eingestellt hatte.
 

Sakura hatte halb gehofft unbemerkt das Haus verlassen zu können, aber sie hatte Pech. Die drei schienen zwar fertig zu sein und sogar im Begriff irgendwo hin aufzubrechen, aber sie standen noch vor der Gaderobe.
 

"Nee Mann, keine Ahnung, wem die gehören!", sagte Naruto, der sich gerade die zwei fremden Jacken besah, die Neji ihm hin hielt.
 

"Hat jemand drauf gekotzt?", fragte Sasuke skeptisch.
 

"Sie sehen sauber aus", sagte Neji und hielt sie dennoch mit zwei Fingern auf eine Art, als ob sie ihm unangenehm wären.
 

Sasuke schnappte sie ihm aus der Hand. "Wir tun sie ins Auto. Wenn in zwei Tagen keiner danach gefragt hat, schmeiße ich sie weg."
 

"Wie fies!", sagte Naruto lachend.
 

"Ich versuchte hier nur Schadensbegrenzung zu betreiben! Wenn mein Vater-"
 

"Ja ja, schon klar!", sagte Naruto. "Hast ja recht. Wer seine Jacke verliert ist selbst schuld!"
 

"Da erinnere ich dich dran, wenn deine mal wieder weg ist!", grinste Neji.
 

"Hey Sakura!", sagte Naruto erfreut, der sie in diesem Moment erblickt hatte.
 

Sie hatte gerade überlegt, ob sie die Treppe schnell wieder hochsteigen und mit dem Rausgehen noch zwei Minuten warten sollte, aber nun war es zu spät, also stieg sie nun widerwillig ganz hinunter.
 

"Wir fahren in die Innenstadt und essen was, kommst du mit?", fragte Naruto.
 

Sakura drückte ihr Buch an sich.
 

"Ich wollte in den Park und lesen", sagte sie.
 

"Hinata kommt erst am Montag von dieser Hochzeit wieder, dann hockst du doch das ganze Wochenende alleine rum!", sagte Naruto. "Du kommst mit! Dann fühle ich mich besser, wenn ich sie überrede direkt den Montag Nachmittag mit mir zu verbringen! Ich habe eh schon Gewissensbisse deinetwegen!"
 

"Nein!", sagte Sakura rasch. "Ich will nicht, ich-"
 

Sie sah ein bisschen hilflos zu Sasuke, der wollte doch bestimmt gar nicht, dass sie mitkommen würde. Bestimmt wollte er ganz in Ruhe Zeit mit seinen Freunden verbringen.
 

"Guck mich nicht so an", sagte Sasuke. Er klang belustigt. "Wir hatten Sex, na und? Ist doch keine große Sache. Kein Grund der dich daran hindert mit deinen Klassenkameraden was essen zu gehen, oder?"
 

Naruto und Neji tauschten einen Blick aus und beide sahen aus, als würden sie gleich loslachen, über einen Scherz, den nur sie verstanden. Sasuke warf ihnen kurz einen ärgerlichen Blick zu. Und Sakura wollte einfach nur weg, sie konnte nicht mit ihnen umgehen! Schon gar nicht mit allen dreien auf einmal! Dazu war sie einfach nicht in der Lage!
 

Neji ging entschlossen auf Sakura zu. Sie machte erschrocken zwei Schritte zurück. Aber er ging einfach weiter und zog ihr das Buch aus den Händen. Rasch ließ sie es los, damit es keinen Schaden nahm. Sie hasste es, wenn die Seiten einen Knick bekamen oder der Buchrücken beschädigt wurde.
 

"Das kannst du auch nachher lesen", sagte er selbstgefällig und legte es neben sich auf eine Kommode. Er machte eine leichte Verbeugung in Richtung Haustür. "Darf ich bitten?"
 

Sakura starrte ihn entsetzt an. Was war nur in sie alle gefahren? Wie übergriffig konnte man eigentlich sein?
 

"Du machst ihr Angst!", sagte Naruto grinsend.
 

Er kam auch zu ihr herüber, legte ihr kurzerhand den Arm um die Schultern und zog sie dann einfach Richtung Tür.
 

"Hey!", protestierte Sakura und ging nur sehr widerwillig mit. Aber er ließ ihr keine richtige Wahl.
 

"Ich wollte dich sowieso was wegen Hinata fragen!", sagte Naruto bloß gut gelaunt.
 

"Was denn?", fragte Sakura sofort besorgt und das lenkte sie so ab, dass sie sich von Naruto durch die Haustür nach draußen führen ließ, die Sasuke rasch geöffnet und ihnen aufgehalten hatte.
 

"Sag ich dir gleich im Auto!", sagte Naruto grinsend.

Ein merkwürdiger Nachmittag

Sakura wusste nicht so recht wie ihr geschah, während Naruto, der immer noch den Arm um ihre Schultern gelegt hatte, mit ihr über den Hof zu Sasukes neuem Auto ging.
 

"Ich will wirklich nicht-", setzte sie an, aber Neji macht zwei schnelle Schritte um sie zu überholen, Sasuke drückte auf seinen Schlüssel, um aufzuschließen und Neji öffnete rasch die hintere Tür.
 

"Rein mit dir!", sagte er grinsend und Naruto schob sie, so dass sie nur die Wahl hatte entweder einzusteigen oder sich ernsthaft zu widersetzen.

Was ein wenig unangebracht gewesen wäre. Ihr einziger Grund war ja, dass sie viel zu unsicher war, um mit den Dreien Zeit verbringen zu wollen. Und das war ihr Problem, dass konnte sie ihnen schlecht vorwerfen. Also ließ sie sich von Naruto auf die Rückbank schieben und Neji schlug sofort die Tür zu.
 

Sasuke war inzwischen vorne eingestiegen und Naruto ging zügig um das Auto herum, um sich hinten neben sie zu setzen. Neji blieb solange so dicht vor ihrer Tür stehen, dass sie keine Chance gehabt hätte wieder auszusteigen, weil sie die Tür gar nicht hätte öffnen können. Er bewegte sich dort erst weg, als Sasuke schon den Motor gestartet hatte, Naruto saß und erst dann stieg er in aller letzter Sekunde vorne neben Sasuke ein, der das Auto sogar schon langsam zurückrollen ließ, sodass sie wirklich nicht mehr hätte entkommen können.
 

"Was ist mit Hinata?", fragte Sakura sofort Naruto neben ihr.
 

Der grinste bloß. "Ach, jetzt ist es mir entfallen. Naja, war wohl nicht so wichtig."
 

Also hatte er das bloß erfunden, um sie abzulenken.
 

"Ihr seid so bescheuert", sagte sie leise und alle drei grinsten.
 

"Jetzt werd mal nicht unfair!", sagte Sasuke und warf ihr im Rückspiegel einen belustigten Blick zu. "Ich habe nichts weiter getan, als dir die Haustür aufzuhalten."
 

"Du sagst ihnen aber auch nicht, dass sie aufhören sollen! Ich fühle mich gerade, als ob ihr mich gegen meinen Willen entführt hättet."
 

"Jaaaa", seufzte Naruto und klang so, als würde er tiefstes Mitgefühl empfinden, "ich weiß genau was du meinst. Wir fühlen uns auch so, als würden wir dich gegen deinen Willen entführen! Tja, das Leben ist manchmal schwer, da müssen wir nun alle durch!"
 

Das brachte Sasuke und Neji wieder zum Lachen und weil das irgendwie ansteckend war, merkte Sakura, dass sie auch ein Lächeln unterdrücken musste.
 

"Mach mal Musik an!", forderte Naruto und Neji kümmerte sich darum, während Sasuke entspannt in Richtung der Innenstadt fuhr.
 

Eigentlich hätten sie auch in zwanzig Minuten in die Innenstadt laufen können, es war absolut unnötig mit dem Auto zu fahren, aber Sakura sah es schon kommen, dass die Drei nun nur noch damit unterwegs sein würden, einfach weil sie es konnten und weil es wahrscheinlich ein super teures Auto war und sie alle unerträgliche Angeber waren.
 

Trotzdem konnte Sakura nicht leugnen, dass sie es auch ein bisschen genoss. Wenn sie ehrlich war, sogar mehr als ein bisschen. Sie hätte nichts dagegen gehabt alleine mit ihrem Buch an dem Teich im Park zu sitzen. Aber hier, in Gesellschaft, wenn auch in etwas fragwürdiger, fand sie es aktuell gar nicht so schlecht.
 

Alle drei schienen ziemlich gut gelaunt zu sein. Sasuke wirkte vollkommen selbstzufriedenen.

Naruto, der mit hinter dem Kopf verschränkten Armen neben ihr saß, wirkte tiefenentspannt.

Und sogar Neji schien zufrieden und friedfertig, wie er da saß mit herunter gelassener Fensterscheibe, den Arm auf dem Rand abgelegt. Er ließ sich die Frühlingssonne ins Gesicht scheinen und den Wind durch die langen Haare wehen und es wirkte so, als würde er diesen Moment zutiefst genießen.
 

Und auch Sakura genoss es. Das hübsche Nachmittagslicht, die entspannte Stimmung und merkwürdigerweise sogar die Tatsache, dass sie nicht alleine war.

Und Autofahren und Musik hören war generell einfach eine gute Sache. Sie kam bloß nie zu so etwas. Gerade fühlte sie sich ein wenig wie jemand in einem Film, der ganz normale Dinge tat, die Leute in ihrem Alter halt so taten.

Sowas gehörte normalerweise nicht zu ihrem Leben und bisher hatte sie sich immer gesagt, dass sie das auch nicht wollte. Und nun fragte sie sich, ob sie sich da vielleicht ein bisschen selbst was vorgemacht hatte.
 

Aber wieso wollten sie sie eigentlich dabei haben? Waren sie wirklich einfach nur nett, weil Hinata das ganze Wochenende mit ihrer Familie weg war?

Es hatte gewirkt, als wäre das ein spontaner Einfall von Naruto gewesen, als er sie eben auf der Treppe gesehen hatte. Und wahrscheinlich hatte er wirklich ein schlechtes Gewissen, weil er das Gefühl hatte, dass er ihr Hinata ein bisschen weg nahm. Schließlich war er immer darauf bedacht, dass sich alle wohl fühlten. Und Neji und Sasuke machten wahrscheinlich einfach mal wieder was Naruto wollte und hatten nichts groß dagegen, weil es ihnen relativ egal war, ob sie dabei war oder nicht.

Sie hatten schließlich kein Problem damit, wenn andere um sie herum waren. Sie konnten sich immer durchsetzen und sie bekamen immer was sie wollten. Für sie machte es einfach keinen Unterschied.
 

"Was essen wir?", fragte Naruto in die Runde.
 

"Du willst natürlich Ramen, was?", fragte Neji grinsend und beobachtete, wie Sasuke hinter dem Steuer saß und so tat, als würde er nicht bemerken, dass zwei junge Frauen, die neben ihnen an der Ampel hielten, ihn zutiefst bewundernd musterten, offenbar in der Hoffnung, dass er zu ihnen hinüber sehen würde.
 

"Klar!", sagte Naruto. "Hatten wir diese Woche noch nicht! Was hältst du davon Sakura?"
 

Sakura schrak innerlich ein bisschen zusammen, weil sie gerade ganz zufrieden damit gewesen war einfach dazusitzen und alles unbeteiligt zu beobachten.
 

"Mir ist es egal, Ramen klingt gut", sagte sie rasch.
 

"Sakura will auch Ramen!", verkündete Naruto sofort, als wäre damit nun alles entschieden.
 

Und offenbar war es das auch, denn Neji sagte belustigt: "Na, wenn Sakura das will... Wir sind schließlich höfliche Entführer!"
 

Sasuke warf, als die Ampel grün wurde und er losfuhr, den jungen Frauen nebenan, die er natürlich ganz genau bemerkt hatte, einen kurzen überheblichen Blick zu und sie brachen alle in aufgeregtes Kichern aus. Sasuke grinste.
 

"Ahhhh, manchmal wäre ich gerne du!", sagte Naruto und rutschte entspannt ein wenig tiefer im Sitz herunter.
 

"Jep", sagte Neji.
 

"Und ich wäre manchmal ziemlich gerne nicht ich", sagte Sasuke trocken, während er abbog, um in einer Seitenstraße einen Parkplatz zu suchen.
 

"Jaaa verstehe ich", sagte Neji lachend. "Es muss schrecklich sein, wenn sich einem alle ständig zu Füßen werfen!"
 

Naruto lachte und Sasuke schnaubte bloß.
 

Sakura fragte sich, ob Sasuke einen bestimmten Grund dafür gehabt hatte, dass er das gesagt hatte. Aber sie traute sich nicht zu fragen. Es wäre eine ziemlich persönliche Frage gewesen. Und Sasuke war nun aufs Parken konzentriert.
 

"Gut gemacht!", lobte Neji ihn gönnerhaft und Naruto applaudierte übertrieben. Sasuke stellte den Motor ab und sagte: "Ihr nervt!"
 

Naruto beugte sich zu Sakura rüber und sagte grinsend: "Damit meint er 'danke für eure Unterstützung, ihr seid tolle Freunde!', man darf nicht alles wörtlich nehmen was er sagt, weißt du? Die Teile, die einem nicht gefallen, kann man einfach beliebig umdeuten!"
 

Sakura musste kichern.
 

Sasuke schloss ab, nachdem sie alle ausgestiegen waren und sie machten sich auf den Weg aus dem Parkhaus heraus. Naruto kramte im Laufen sein Smartphone heraus und fing an zu tippen. Sakura sah, dass Hinata ihm eine Nachricht geschickt hatte. Sie selbst hatte Hinata noch gar nicht erzählt, was seit gestern alles passiert war, sie hatte ihr nur vorhin geschrieben, dass sie ihr einiges erzählen müsste, wenn sie zurück wäre.
 

"Ist Tenten eigentlich noch sauer auf dich?", fragte Sasuke Neji.
 

"Jep", sagte Neji. "Kein Sex für mich, ich hab es mal wieder übertrieben."
 

"Weil du Kibas Smartphone in den Bach werfen wolltest?", fragte Sakura interessiert. Einen Moment später wunderte sie sich darüber. Aber die Drei gingen so zwanglos miteinander um, dass es ansteckend war.
 

Neji drehte sich zu ihr um. "Ne, das hat sie mir verziehen. Ich ärgere sie einfach gerne, sie ist süß, wenn sie wütend ist. Aber manchmal übertreibe ich es."
 

Sakura bemühte sich ein Lächeln zu unterdrücken.
 

"Wenn sie dich auf mich ansprechen sollte, dann leg mal ein gutes Wort für mich ein!", verlangte Neji.
 

"Sie wird mich aber nicht darauf ansprechen", sagte Sakura und musste wieder Kichern.
 

Sie fing Sasuke Blick auf. Er ging neben ihr und musterte sie. Schnell hörte sie auf mit Kichern und er sah wieder nach vorne.
 

"Naja, ich werde es irgendwie wieder hinbiegen", seufzte Neji.
 

"Tust du doch immer", sagte Naruto, der wohl mit halben Ohr zugehört hatte und seine Smartphone wieder wegsteckte."Grüße von Hinata, soll ich dir sagen!", sagte er zu Sakura. "Ihr geht es scheinbar ganz gut!"
 

"Warum bist du eigentlich nicht auf der Hochzeit?", fragte Sakura an Neji gewandt. Es war ja immerhin auch seine Familie.
 

Neji lachte. "Kurz bevor wir losfahren wollten, wurde ich plötzlich ganz schrecklich krank. Aber dann bin ich auch sehr plötzlich wieder gesund geworden!"
 

Sakura musste wieder lachen.
 

Neji nickte mit dem Kopf zu Sasuke. "Ich wollte seinen Geburtstag nicht verpassen!"
 

"Verstehe!", sagte Sakura.
 

"Wieso warst du nicht da?", fragte Naruto sie.
 

"War sie", sagte Sasuke neben ihr. "Sie hat bloß ihr Zimmer nicht verlassen wollen."
 

"Warum nicht?", fragte Naruto.
 

Sakura zuckte bloß mit den Schultern. Sie hatte keine Lust zu erklären, dass es eine Mischung aus 'ich hatte keine Lust' und 'ich habe mich nicht getraut' war.
 

"Du hast was verpasst!", sagte Naruto träumerisch. "Der Abend war ziemlich gut, oder Sasuke?"
 

"Die Nacht war gut", sagte Sasuke bloß.
 

Sakura blickte auf den Boden. Hoffentlich wurde sie nicht rot, ihr Kopf fühlte sich schon wieder verdächtig warm an. Neji und Naruto lachten.
 

Sie schlenderten durch die Fußgängerzone, vorbei an dem Eiscafé in dem sie mit Itachi gewesen war. Naruto ging mit Neji voran, auf dem Weg zu dem Ramen Restaurant seiner Wahl.
 

Sasuke ging immer noch neben ihr her, dieses Mal mit einem Abstand, der ihr nicht unangenehm war. Auch wenn sie feststellte, dass sie durch seine Nähe immer wieder kurz Bilder von Dingen im Kopf hatte, die sie zusammen getan hatten. Aber das war okay. Es war ja auch noch nicht lange her. Und sie fand es angenehm, dass sie so friedlich nebeneinander hergehen konnten. Ein bisschen so, als wären sie so etwas wie Freunde. Sie hoffte wirklich, dass sie sich nun besser verstehen würden.
 

In dem Restaurant schienen sie öfter zu sein, denn sie wurden von mehreren Mitarbeiten freudig begrüßt und es kam sofort jemand um die Bestellung aufzunehmen, kaum dass sie sich an einen freien Tisch gesetzt hatten.
 

"Geht auf mich", sagte Sasuke.
 

"Yes!", sagte Naruto begeistert und stieß seine Faust in die Luft. Dann vertiefte er sich sofort in die Karte.
 

"Das will ich auch geraten haben!", sagte Neji und schnappte sich ebenfalls eine. "Nachdem du uns vorhin so eingespannt hast!"
 

"Ja", sagte Sasuke bloß.
 

"Damit meint er eigentlich 'ja, es war super, dass ihr mir geholfen habt, dafür bin ich euch dankbar'", übersetzte Naruto grinsend mit einem Blick zu Sakura, die wieder Lachen musste.
 

Sasuke sagte nichts, er beugte sich über den Tisch, griff sich auch eine Karte und ließ sie beiläufig vor Sakura auf den Tisch fallen. Das war nett. Sie wäre von ihrem Platz aus nämlich nicht dran gekommen.
 

"Danke", sagte sie.
 

Sasuke antworte nicht. Es beugte sich vor und nahm Naruto seine Karte weg, weil er auch eine haben wollte.
 

"Ey!", sagte Naruto ärgerlich.
 

"Du nimmst doch sowieso immer das gleiche!", erwiderte Sasuke unbeeindruckt, während ein Mitarbeiter ihre Getränke vor ihnen abstellte.
 

Naruto zupfte die halbe Scheibe Zitrone von seinem Glasrand und warf sie nach Sasuke, der sich rasch zur Seite duckte.
 

Der Mitarbeiter warf Naruto einen bösen Blick zu. Genauso wie die Leute am Nachbartisch, die sich wütend zu ihnen umdrehten, weil die Scheibe auf ihren Tisch geklatscht war.
 

"Ups", sagte Naruto.
 

"Spinnt ihr?", fragte eine Frau wütend.
 

"Sorry, war keine Absicht", sagte Sasuke mit einem leicht schiefen Lächeln. Sie lief rot an.
 

"Oh...naja... ist auch eigentlich nicht so schlimm!", sagte sie rasch. Ihr Freund warf ihr einen zutiefst vorwurfsvollen Blick zu.
 

Naruto und Sasuke wandten sich wieder ab. Neji hatte sich nicht mal die Mühe gemacht sich umzudrehen.
 

"Wollt ihr jetzt bestellen oder nicht?", fragte der Mitarbeiter und sah Sakura erwartungsvoll an. Also nannte sie ihm rasch die Nummer, die sie wollte und die anderen taten es ihr gleich.
 

Während des Essens fühlte Sakura sich eigentlich ziemlich wohl. Sie hörte die meiste Zeit nur zu und dabei kam sie zu dem Schluss, dass Naruto total in Hinata verliebt war und Neji netter war, als er eigentlich rüber kam.

Sasuke sprach von sich aus nicht allzu viel und sie schienen es auch nicht von ihm zu erwarten. Doch wenn er etwas sagte, abgesehen von ihren ständigen Witzeleien, fand sie es eigentlich ganz vernünftig. Fast schien es ihr, dass Sasuke sich anders verhielt, wenn man mit ihm alleine war oder zumindest unter Leuten, die ihm etwas bedeuteten. Er machte weniger blöde, überhebliche Sprüche und ging auf seine Freunde ein, wenn sie etwas von sich preis gaben.

Dennoch war es irgendwie merkwürdig dabei zu sitzen und alles mitzubekommen. Karin hätte dafür vermutlich alles gegeben, was sie besaß. Sie war regelrecht besessen von Sasuke und es schien ihr dabei auch relativ egal zu sein, dass er sie ziemlich nervig fand.
 

"Sieht aus, als wäre die Hälfte unserer Stufe wieder im Park", sagte Neji, nachdem er sein Schälchen wegschoben und einen Blick auf sein Smartphone geworfen hatte.

"Was meint ihr, sollen wir auch hingehen und uns ein bisschen bejubeln lassen?"
 

Naruto gähnte. "Von mir aus. Ich hab nichts vor."
 

"Okay", sagte Sasuke. "Vielleicht kannst du dich dann mit Tenten vertragen."
 

"Ja", sagte Neji. "Ich hasse es, wenn sie nicht mit mir redet!"
 

Sie lachten und Sasuke hob die Hand und signalisierte einem Mitarbeiter, dass er zahlen wollte.
 

Sakura zog ihren Geldbeutel aus ihrer Tasche.
 

"Lass es!", sagte Sasuke mit einem Blick zu ihr.
 

"Ich dachte, du lädst die beiden ein, weil sie dir aufräumen geholfen haben", sagte sie verwirrt. "Ich habe nicht geholfen."
 

"Das bisschen extra macht mich jetzt auch nicht arm", sagte Sasuke bloß.
 

"Lass gut sein Sakura", sagte Naruto freundlich. "Er wird sich sowieso durchsetzen. Kürz das Ganze ab und akzeptier es einfach!"
 

Sakura war sich nicht ganz sicher, ob sie das wollte. Es war nett von ihm, aber sie wollte ihre Grenzen. Und es fiel ihr nunmal schwer anderen zu vertrauen. Sie hatte gelernt, dass hinter sowas immer Kalkül steckte. Und sie wollte sich nicht wie ihre Mutter von Männern mit Geld beschenken lassen. Sie hasste dieses 'Sex gegen Luxus und sozialen Status'-Ding, das ihre Mutter immer abzog.
 

"Alles zusammen", sagte Sasuke, als jemand kam, bevor sie sich entschieden hatte, was sie tun sollte.
 

Der Mitarbeiter warf ihr einen fragenden Blick zu, weil sie den Mund geöffnet hatte, als würde sie protestieren wollen.
 

"Die hat nichts zu melden!", warf Neji ein. "Wir haben sie entführt, sie ist eine Gegangene und hat keine Rechte!" Er nickte mit dem Kopf zu Sasuke. "Er zahlt."
 

Sasuke streckte die Hand nach der Rechnung aus und der Mitarbeiter reichte sie ihm, sichtlich verwirrt.
 

Sakura schloss den Mund wieder. Es wäre albern und peinlich jetzt ein Drama zu machen. Sie zuckte mit den Schultern und steckte ihren Geldbeutel wieder ein. Aber 'danke' würde sie jetzt nicht schon wieder sagen. Irgendwie sagte sie das in letzter Zeit ständig zu ihm.
 

Auf dem Weg zum Parkhaus fragte sie sich, ob sie nun erwarteten, dass sie mit zum Park kommen würde. Sie hatten sie gar nicht gefragt, was sie davon hielt, daher konnte es sein, dass sie nur von sich gesprochen hatten.

Wollte sie denn mitgehen? Das erste Mal in ihrem Leben machte sie gerade die Erfahrung, dass sie das Gefühl hätte etwas zu verpassen, wenn sie sich jetzt absonderte und wieder alleine zurückziehen würde.
 

"Heeey! Hallo Bruder von Itachi!", rief jemand.
 

Sie drehen sich alle um. Sakura erkannte Hidan und Kakuzu, zwei von Itachis Freunden, als er noch auf ihrer Schule gewesen war. Sakura erinnerte sich daran, dass sie immer mit Itachi rumgehangen hatten.
 

Sasuke runzelte die Stirn, als die beiden vor ihnen stehen blieben.
 

"Ich hab übrigens nen eigenen Namen", sagte er kühl.
 

"Jaja, bleib locker Sasu!", sagte Hidan.
 

"Was willst du?", fragte Sasuke genervt.

Eine enttäuschte Hoffnung

"Jaja bleib locker Sasu!", sagte Hidan.
 

"Was willst du?", fragte Sasuke genervt.
 

"Von dir nichts!", sagte Hidan leichthin. "Aber diese merkwürdige Haarefarbe sieht man nicht so oft! Lange nicht gesehen Sakura Haruno! Du bist ja richtig erwachsen geworden! Und noch viel hübscher!"

Er lachte. "Ich kann das mittlerweile wohl sagen, ohne gleich pädophil rüber zu kommen! Wie alt bist du jetzt? Siebzehn, achtzehn?"
 

Sakura starrte ihn vollkommen überfordert an. Was war nur plötzlich los in ihrem Leben? Sowas war ihr doch vorher nie passiert! Wieso kam das gerade alles auf einmal?
 

"Siebzehn", sagte sie hilflos.
 

Sie hatte keine Ahnung was sie nun tun sollte. Was sagte man denn in so einer Situation? Mal wieder wünschte sie sich, sie hätte mehr soziale Kompetenz entwickelt.
 

"Ahhh", sagte Hidan. "Schön! Gehst du mal mit mir aus?"
 

"Nein!", sagte sie entsetzt.
 

Sie wollte in ihr Zimmer. Sie wollte nun doch alleine sein. Mit sowas konnte sie überhaupt nicht umgehen!
 

"Tja, das war deutlich, sie will nicht. Thema erledigt", sagte Sasuke kühl. "Dann würde ich vorschlagen ihr verschwindet wieder dahin wo ihr hergekommen seid."
 

"Ahhh Sasu...", sagte Hidan gedehnt und spöttisch. "Itachi und Kisame sind an einer anderen Universität gelandet als ich. Ich sehe die beiden nicht mehr jeden Tag. Itachis Regeln interessieren mich daher auch nicht mehr so sehr, weißt du?"
 

"Hör mal", sagte Sasuke leise zu Hidan und machte einen Schritt auf ihn zu. "Ich glaube du verkennst hier ein wenig die Sachlage. Die fünf Jahre Altersunterschied waren vielleicht bedeutsam als du achtzehn warst und ich dreizehn. Da konntest du mich herumschubsen. Wenn du glaubst, dass ich es heute noch nötig hätte, dass mein großer Bruder Leute wie dich in Schach hält, dann täuschst du dich!"
 

"Wenn du dich prügeln willst Sasuke bin ich dabei!", sagte Naruto grinsend. "Denen hätte ich auch noch einiges heimzuzahlen!"
 

"Same here", sagte Neji.
 

Kakuzu räusperte sich. "Hidan lass gut sein. Itachi würde das gar nicht gefallen. Wenn es um Sasuke geht ist es mit seiner Nettigkeit vorbei. Und die drei sehen aus, als würden sie sich wirklich gleich mit dir prügeln, wenn du so weiter machst. Und ich muss sagen sie sehen so aus, als wären sie deutlich besser in Form als du. Und nur zu deiner Info, ich helfe dir nicht. Für mich springt nämlich gar nichts dabei heraus!"
 

Sakura verstand überhaupt nicht, um was es hier gerade eigentlich ging. Sie wollte nur aus dieser Situation heraus. Und sie wollte absolut nicht, dass sich hier irgendjemand prügelte.
 

"Ähm, können wir jetzt gehen?", fragte sie in die angespannte Stille. Ob dieser Situation hatte sie den Mut dazu nun einfach aufbringen müssen. Leider umsonst. Niemand beachtete sie.
 

"Immer noch das alte Problem, was Sasuke?", sagte Hidan gehässig. "Tut es sehr weh? Es muss schrecklich sein, das die ganze Zeit zu ertragen! Tut mir ja leid für dich! Aber vielleicht sollte ich es mal-"
 

"Naruto?", fragte Sasuke laut, sodass er Hidan übertönte. "Tust du mir einen Gefallen?"
 

"Klar, gib her", sagte Naruto bloß. Er schien direkt zu verstehen, was Sasuke wollte und fing den Autoschlüssel auf, den Sasuke ihm zu warf ohne Hidan aus den Augen zu lassen.
 

"Komm Sakura, wir gehen schonmal vor", sagte Naruto gut gelaunt, als gäbe es gar kein Problem.
 

"Was?", sagte sie vollkommen überfordert, aber Naruto legte ihr wie vorhin den Arm fest um die Schultern und zog sie mit sanfter Gewalt einfach mit. Sie sah über ihre Schulter zurück.
 

Sasuke war noch einen Schritt auf Hidan zu getreten und schien ihm irgendwas zu sagen, Hidan sah ziemlich unzufrieden aus.
 

"Was ist denn los? Was haben die denn für ein Problem miteinander? Was hat denn Itachi für Regeln?", fragte Sakura verwirrt, während Naruto sie durch die Tür der untersten Ebene des Parkhauses schob, auf der sie geparkt hatten. Jetzt konnte sie Sasuke und die anderen nicht mehr sehen.
 

"Ach, so wichtig ist das eigentlich nicht", sagte Naruto betont beiläufig. "Aber Sasuke hat so seine Geheimnisse, von denen nicht jeder etwas wissen soll. Darum sollte ich dich wegbringen. Wir wissen genau, dass du und Hinata euch immer alles gleich erzählt."
 

"Geheimnisse?", fragte Sakura sofort besorgt.
 

"Mach dir keinen Kopf, es ist nichts schlimmes!", beeilte sich Naruto zu sagen. "Jeder hat einfach seine Dinge, bei denen er etwas empfindlich ist, okay? Belass es einfach dabei und sprich ihn nicht darauf an, du würdest keine Antwort bekommen."
 

Er drückte auf den Schlüssel, um das Auto zu entsperren. "Komm, wir setzten uns rein!"
 

Und weil sie nicht wusste, was sie stattdessen sinnvolles tun könnte, folgte Sakura dem Vorschlag.
 

Sie drehte sich besorgt um und sah aus dem Rückfenster.
 

"Sie kommen!", sagte sie erleichtert. Sasuke und Neji wirkten völlig unversehrt und wenn sie schon hier waren, hieß das, dass sie fast direkt nach ihnen losgegangen waren. Also hatte sich niemand geprügelt. Sie verspürte Erleichterung.
 

"Wartest du kurz hier?", fragte Naruto freundlich und sie nickte. Was sollte sie auch sonst tun.
 

Naruto stieg wieder aus, ging den beiden entgegen und dann blieben sie kurz stehen und sprachen miteinander. Nach ungefähr vierzig Sekunden schienen sie fertig damit, denn sie kamen auf das Auto zu und stiegen ein.
 

"Ist alles in Ordnung?", fragte Sakura sofort.
 

"Alles gut", sagte Sasuke. Er klang schlecht gelaunt und zog seine Tür fester zu, als nötig gewesen wäre.
 

"Lass dich bloß nie von dem um den Finger wickeln Sakura", sagte Neji. "Der Typ ist ein Idiot. Und wenn das von mir kommt, dann will das schon was heißen."
 

"Habe ich nicht vor", sagte Sakura. Hidan hatte sie noch nie leiden können. Allerdings hatte sie das über Sasuke auch mal gedacht. Und dennoch hatte sie mit ihm geschlafen. So richtig konsequent war sie ja nicht.
 

"Los, lass uns zum Park fahren!", sagte Neji. "Ich hab jetzt Bock auf ne Umgebung wo die größten Idioten wir sind!"
 

"Ja, klingt gut!", sagte Naruto vorne neben Sasuke. "Fahr los Sasuke!"
 

Und das tat Sasuke auch. Es erschien Sakura ganz so, als ob Neji und Naruto sich beim vorne sitzen abwechseln würden, damit keiner zu kurz kam. Irgendwie waren sie süß in ihrem Umgang miteinander.
 

Und damit war scheinbar auch ihre Frage geklärt, ob sie nun davon ausgingen, dass sie auch mit zum Park kommen würde. Das taten sie offenbar.

Sie fand es einerseits nicht schlecht, dass sie sie so selbstverständlich mitnahmen. Andererseits war es schon irgendwie ziemlich übergriffig sie nicht mal zu fragen, ob das okay für sie war. Aber was konnte sie von den Dreien schon erwarten, so waren sie schließlich immer.
 

Sie wollte ohnehin nicht unbedingt wieder alleine sein. Sie hätte das zwar vor ein paar Tagen nie gedacht, aber plötzlich fand sie ihre Bücher weniger spannend. Zumindest für den Moment.
 

Ein paar Minuten später ging Sasuke schon wieder ein wenig auf Narutos und Nejis Scherze ein und als sie auf dem Parkplatz beim Parkeingang geparkt hatten, schien er wieder besser drauf zu sein.
 

Ihre Mitschüler hatten sich scheinbar wieder an dem gleichen Platz niedergelassen wie das letzte Mal. Und offenbar waren alle wieder bestens gelaunt, man hörte Lachen und viel Durcheinandergerede.
 

Sakura kam es etwas merkwürdig vor mit Naruto, Neji und Sasuke zusammen über den Rasen auf sie zuzugehen. Die drei würden gleich wieder bejubelt und bestürmt werden, so wie immer, und nun kam es ihr noch komischer vor, dass sie bei ihnen war.
 

Sie bogen um eine Baumgruppe und kamen in Sicht, als Neji plötzlich entspannt sagte: "Jetzt."
 

Dann gab er Sakura, die zwischen ihm und Sasuke ging, einen nicht gerade leichten Stoß gegen die Schulter. Sie wurde davon vollkommen überrascht und stolperte zur Seite und gegen Sasuke.
 

Als hätte er genau das erwartet, schlang er ihr rasch seinen Arm um die Taille, um sie an sich zu ziehen und sie zu halten, damit sie nicht hinfiel.
 

In diesem Moment rief Naruto laut: "Heeeeeey Leute!"
 

Er winkte zu ihren Klassenkameraden herüber, die sich promt alle zu ihnen umdrehten.
 

Neji und Naruto waren einfach weiter gegangen und waren nun zwei Meter vor ihnen.
 

"Alles okay?", fragte Sasuke sie.
 

Er klang nicht besonders besorgt. Er grinste.
 

Und er nahm auch nicht seinen Arm weg, obwohl sie längst wieder ihr Gleichgewicht gefunden hatte. Stattdessen machte er es noch schlimmer und stricht ihr die Haare zurück, die ihr beim Stolpern ins Gesicht gefallen waren. Und zwar auf eine Art, die so wirkte, als würde er das ständig tun und als wäre es total normal, dass er sie berührte. Als hätte er das volle Recht dazu.
 

Sakura wusste ganz genau, wie das jetzt für alle aus ihrer Stufe aussah.
 

Sie hatten das extra gemacht. Neji hatte sie mit Absicht gegen Sasuke geschubst, damit er sie halten konnte. Naruto hatte mit Absicht gerufen, damit sich alle umdrehen würden. Die beiden waren mit Absicht direkt weiter gegangen, damit man Sasuke und sie zusammen wahrnahm. Und Sasuke fasste sie mit Absicht auf eine Art an, die demonstrierte, dass er es bereits gewohnt war sie so zu berühren. Und ihr war klar, wie das bei all denen, die zusahen, nun rüber kommen würde.
 

Vor gut einer Woche noch hatte sie Sasuke vor allen Leuten genau an diesem Ort einen Korb geben, als sie seine Hand nicht genommen hatte. Ihretwegen hatten manche über ihn gelacht. Sie war gegangen und alle hatten gesehen, dass Sasuke ihr nachgelaufen war. Sasuke hatte noch nie irgendjemandem nachlaufen müssen.

Und nun sahen alle, dass er ganz offensichtlich bekommen hatte, was er hatte haben wollen. Das war genau das, wovor Hinata sie gewarnt hatte. Sie hätte wissen müssen, dass man ihnen nicht vertrauen konnte!
 

"Du hast gesagt, dass du es nicht überall herumerzählst!", zischte sie und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien.
 

Sasuke beugte sich vor, bis seine Lippen an ihrem Ohr waren. "Naja", raunte er, "ich habe es ja auch nicht 'herumerzählt', oder?"
 

Dann ließ er sie endlich los. Sie machte sofort einen Schritt zurück und warf ihm einen wütenden Blick zu. Wieso vergaß sie bloß ständig, dass sie ihn doch eigentlich überhaupt nicht leiden konnte?
 

"Guck nicht so", sagte er beschwichtigend. "Ist doch nicht so schlimm, oder?"
 

"Ich hasse dich!", sagte sie. Sie fühlte sich verraten. Aber am meisten ärgerte sie sich gerade über sich selbst.
 

Nicht darüber, dass sie mit ihm geschlafen hatte. Das hatte das gewünschte Ergebnis gebracht. Und auch nicht mal so sehr darüber, was gerade passiert war. Sie hatte seinen Stolz verletzt und er hatte es ihr heimgezahlt. Das war eigentlich zu erwarten gewesen.
 

Nein, sie ärgerte sich bloß darüber, dass sie in den letzten Stunden seine Nettigkeiten angenommen hatte und tatsächlich geglaubt hatte, dass sie sich nun besser verstehen würden.
 

"Das bin ich ja gewohnt", kommentierte Sasuke ihre Aussage kühl. Dann drehte er sich weg und ging zu den anderen hinüber.
 

Alle waren still und hatten nach wie vor zu ihnen rüber geschaut. Nun fingen ein paar Leute an Sasuke, Neji und Naruto zu begrüßen und ihnen zuzurufen, wie toll die Party gewesen war.

Andere fingen an zu lachen oder zu tuscheln. Sakura sah wie Kiba und Shino einen Blick tauschten, der ganz deutlich 'das war ja klar...' bedeutete.
 

Sakura überlegte, was sie nun tun sollte. Wenn sie jetzt ging, dann sah das wie Flucht aus. Dann ließ sie zu, dass Sasuke sie vor allen gedemütigt hatte. Sie musste da drüber stehen.
 

Und obwohl sie dafür eigentlich zu schüchtern war, entschied sie sich einfach zu den andern hinüber zu gehen.

Es war nur Sex. Alle hatten ständig Sex. In ihrem Alter war es völlig normal sich auszuprobieren.

Und auch wenn nun alle denken würden, dass Sasuke sie rumbekommen hatte und ihr das peinlich war, war es auch immer noch so, dass Sasuke total beliebt war. Wahrscheinlich würden sich das viele ihrer Klassenkameradinnen sogar wünschen, trotz seines Rufes.
 

Sie würde sich von ihm nicht verletzen lassen. Ausgeschlossen. Sie würde sich nicht von ihm herumschubsen lassen.

Prinzipien

Während Sakura auf ihre Mitschüler zu ging, stellte sie erstaunt fest, dass sie sich gerade gar nicht unsicher oder schüchtern fühlte. Und das obwohl mindestens die Hälfte der Leute zu ihr hin sah.
 

Aber das war ihr gerade egal. Und ihr wurde auch klar, warum es ihr gerade egal war. Es war nicht ihr Ärger, der ihr ihre Unsicherheit nahm. Gut, ein bisschen vielleicht. Aber hauptsächlich ging es hier um etwas anders.
 

Wenn sie normalerweise verunsichert und überfordert war, dann war das, weil sie ihr Leben lang so zurückgezogen verbracht hatte, dass ihr einfach Übung im Umgang mit anderen und bestimmten Situationen fehlte, die andere bereits bestens kannten. So wie Sex. Oder mit Freunden Essen gehen. Oder Leute im Park treffen. Oder Dates. Das führte ihr dann immer vor Augen, dass sie die Ausbildung solcher Fähigkeiten vollkommen vernachlässigt hatte. Es konfrontierte sie mit einer ihrer größten Schwächen. Das war ihr unangenehm und dann wurde sie unsicher und schüchtern.
 

Aber hier wusste sie genau, was sie wollte. Hier ging es um nichts anderes als um ihre Prinzipien und die waren ihr wichtig. Wichtiger als alles andere vielleicht.

In der Vergangenheit hatte man sie einfach in Ruhe gelassen, daher war ihr das bisher nie aufgefallen. Aber gerade wurde ihr klar, dass sie durchaus den Mut besaß für sich einzustehen.
 

Sie war Sasuke nicht ausgeliefert. Er konnte ihr, im Gegensatz zu den andern, nichts antun. Alles was er tun könnte, könnte sie einfach seinem Vater sagen. Sie könnte Fugaku auch einfach von der Party erzählen, das wollte Sasuke ja offenbar nicht. Und wenn er erfahren würde, dass sie miteinander geschlafen hätten, wäre er sicher alles andere als begeistert. Sasuke wusste genau, dass er sein Auto ganz schnell wieder los sein würde, wenn Fugaku mitbekam, dass er sich daneben benahm.
 

Und Neji konnte ihr auch nichts Fieses antun, denn Hinata würde es seinen Eltern sagen können. Oder Sakura konnte einfach Tenten erzählen, was er heute so von sich gegeben hatte und ihm damit sein Spiel kaputt machen, dass er ja offenbar so mochte.
 

Und Naruto wollte sich sicher nicht in eine Situation bringen, in der er sich zwischen Hinata und seinen Freunden entscheiden müsste. Er würde sich also raushalten. Hinata war ihr gegenüber loyal, das wusste Sakura sicher. Und das wusste auch Naruto.

Aber selbstverständlich würde sie alles in der Welt tun, um zu verhindern, dass Hinata in ihre Probleme hineingezogen werden würde.
 

Natürlich wollte Sakura nichts von diesen Dingen tun. Das war nicht ihre Art. Sie wollte in Ruhe gelassen werden und ließ andere ebenso in Ruhe. Trotzdem war es gut zu wissen, dass sie nicht wehrlos war.
 

"Hey", sagte sie entschieden, als sie bei Sasuke ankam.
 

Er stand mit Naruto und Neji in mitten von ein paar Leuten, die offenbar alle unbedingt mit ihnen reden wollten.
 

Sasuke sah sie kühl an. So sah er sie erst an, seit sie 'ich hasse dich' gesagt hatte.
 

"Kann ich was für dich tun?", fragte er überheblich.
 

Neji und Naruto wandten sich ihr ebenfalls zu und sie nahm wahr, dass auch die Aufmerksamkeit aller anderen nun auf sie gerichtet war.
 

"Nein danke", erwiderte sie. "Ich will euch Drei bloß darüber informieren, dass ihr sowas besser nicht nochmal tun solltet, falls ihr ein friedliches Miteinander schätzt."
 

"Wie bitte?", fragte Neji. Er sah ein bisschen aus, als wäre er nicht ganz sicher, ob er richtig gehört hatte.
 

Lass mich etwas deutlicher werden, damit ihr mich versteht", sagte sie. "Behandelt ihr mich noch einmal auf so eine respektlose Weise wie eben, dann werde ich euch dafür bezahlen lassen. Ich weiß über euch alle Dinge, die ich gegen euch verwenden kann. Dass will ich nicht. Aber wenn ihr euch nicht benehmen könnt, dann tue ich das, darauf könnt ihr euch verlassen."
 

Sasuke sah sie an, ohne dass seine Miene verriet, was er dachte. Naruto wirkte unzufrieden.
 

Was zum Beispiel würdest du dann tun?", fragte Neji skeptisch.
 

Sie sah ihn an. "Ich bin mir sicher, wenn ihr ein bisschen nachdenkt, dann kommt ihr von selber drauf, was ich alles tun könnte, das euch nicht gefallen würde."
 

Die Drei sahen sie schweigend an und sie nahm ein wenig überrascht wahr, dass ihnen offenbar gerade nichts Schlagfertiges dazu einfiel.
 

Sie zog ihren Geldbeutel aus der Tasche, zog einen zwanzig Euro Schein hervor und hielt ihn Sasuke hin.
 

"Hier. Das schulde ich dir noch. Wir hatten einen Deal und haben beide bekommen, was wir wollten. Darüber hinaus will ich nichts von dir."
 

Sasuke verengte die Augen. "Das war eine Einladung", sagte er kühl. "Du kannst es mir nicht zurück geben."
 

"Sagt wer?", fragte sie.
 

"Ich."
 

"Was du sagst, hat nur eine Bedeutung, wenn dein Gegenüber dem eine Bedeutung bei misst. Und für mich ist es vollkommen irrelevant, ob du sagst, dass du mich einlädst, solange ich entscheide, dass ich es ablehne."
 

"Ich nehme es nicht", sagte Sasuke.
 

Sakura ließ den Schein einfach los. Er segelte hinab und blieb auf dem Gras zu Sasukes Füßen liegen.
 

"Das ist mir gleichgültig", sagte sie. "Du kannst mit deinem Geld machen, was du willst. Wenn du es auf der Wiese liegen lassen willst, dann ist das deine Sache."
 

Um sie herum herrschte Totenstille. Das konnte sie verstehen. Während ihrer ganzen Schulzeit hatte sie noch niemals mitbekommen, dass jemand so mit Sasuke, Neji oder Naruto geredet hatte.
 

"Du kannst ja ein richtiges kleines Biest sein", sagte Neji schließlich. "Das wusste ich gar nicht."
 

Sie sah ihn an. "Ärgert mich nicht, dann muss ich euch nicht ärgern."
 

Neji und Naruto sahen zu Sasuke, als wäre es an ihm zu entscheiden, was nun passieren würde.
 

Sasuke musterte sie lange schweigend. Immer noch waren alle merkwürdig still.
 

Sie hörte, wie irgendjemand leise fragte: "Wovon reden die da eigentlich?"
 

Die anderen hatten sich ja alle erst umgedreht, als Naruto nach ihnen gerufen hatte.
 

"Meine Absicht dahinter war nicht dich zu ärgern", sagte Sasuke schließlich. "Ich hatte was anderes im Sinn."
 

"Und ich nehme an, du sagst mir nicht was das war?", fragte Sakura.
 

"Nein."
 

Sasuke bückte sich und hob den Geldschein auf. Er hielt ihn ihr hin. "Deine Botschaft ist angekommen. Du lässt dir nicht alles gefallen. Nimm das Geld zurück. Und das 'ich hasse dich' auch."
 

Sakura musste sich bemühen, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. Das lief ja viel besser als erwartet. Er hatte sie verstanden und er bot ihr eine Art Kompromiss an. Das war gut. Besser als Streit mit Sasuke Uchiha.
 

"Okay", sagte sie. "Das habe ich sowieso nicht so gemeint. Ich war nur wütend auf dich."
 

Er hielt ihr den Geldschein noch ein Stück eindringlicher hin.
 

Sie nahm ihm den Schein ab und steckte ihn wieder in ihre Tasche.
 

"Okay Leute, die Show ist vorbei!", sagte Naruto laut und entschieden. "Beschäftigt euch wieder mit eurem eigenen Kram!"
 

Viele Leute sahen immer noch zu ihnen hin, doch einige nahmen auch wieder ihre Gespräche auf.
 

Sakura versuchte niemanden anzusehen. Jetzt wo sie gesagt hatte, was sie hatte sagen wollen, fühlte sie sich wieder unsicher.
 

Neji ging hinüber zu Tenten.
 

"Hey", sagte er und setzte sich neben sie. Er pflückte ein Gänseblümchen und hielt es ihr hin. "Verzeihst du mir wieder?"
 

Tenten sah ihn skeptisch an.
 

"Ich weiß noch nicht."
 

Neji seufzte theatralisch und griff sich an sein Herz. "Ich weiß nicht, ob ich das überlebe!"
 

"Du bist so bescheuert!", sagte Tenten ärgerlich, aber man sah, dass sie kurz ein Lächeln unterdrücken musste. Sie rupfte ihm das Gänseblümchen aus der Hand und schmiss es achtlos hinter sich.
 

"Hey!", protestierte Neji.
 

"Mach dich nützlich und hol mir eine Limo!", sagte Tenten und nickte mit dem Kopf in Richtung des kleinen Kiosks, der in ihrer Nähe vor dem Parkeingang stand. "Dann verzeihe ich dir."
 

Neji erhob sich mit einem leidenden Gesichtsausdruck. "Alles was du willst!"
 

Tenten wirkte zufrieden mit sich.
 

Naruto hatte sich mittlerweile auf der Wiese niedergelassen, sich hingelegt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Mit nur einem geöffneten Auge, vermutlich weil ihn die tiefstehende abendliche Sonne blendete, sah er zu Neji hinüber.
 

"Ah, er hat es wieder hingebogen", sagte er zufrieden.
 

"Ja", sagte Sasuke. Er stand noch. Genau wie Sakura. Auch sie beide hatten Neji zugesehen.
 

Jetzt fiel Sakura ein, dass sie nun wieder irgendwas tun musste. Wollte sie bleiben? Eigentlich nicht. Aufgrund der ganzen Aufmerksamkeit, die sie nun eben auf sich gezogen hatte, fühlte sie sich noch unwohler, als sie es unter normalen Umständen schon getan hätte. Vielleicht war es genug Neues für einen Tag gewesen und Zeit zu ihrem Buch zurückzukehren. Vielleicht konnte sie auch Hinata in einem ruhigen Moment erwischen und ihr am Telefon endlich alles erzählen.

Sie fühlte sich, als hätte sie in dem letzten vierundzwanzig Stunden die Erfahrungen von drei Jahren nachgeholt. Seitdem sie bei den Uchihas eingezogen war und vor allem, seit sie mit Sasuke geschlafen hatte, veränderte sich ihr Leben in einem rasenden Tempo. Sie kam fast gar nicht hinterher sich schnell genug mit zu ändern. Und dennoch fühlte sie sich schon ganz anders als noch vor ein paar Monaten.
 

"Ich gehe dann mal", sagte sie in Richtung Sasuke und Naruto. Sie nahm wahr, dass sie nun wieder weniger selbstsicher klang.
 

"Schade", sagte Naruto. "Aber wir sind wohl selber schuld."
 

Sie warf Sasuke einen kurzen Blick zu.
 

Er musterte sie mal wieder schweigend.
 

"Bis dann", sagte sie. "Danke für das Essen."
 

Sie wusste nicht, warum sie das gesagt hatte. Irgendwie kam es ihr gerade so vor, als wäre sie eben ein bisschen zu hart zu ihm gewesen.
 

"Hn", machte er bloß. Aber es klang ziemlich versöhnlich.
 

"Tschüss", sagte sie rasch in die Runde und wandte sich zum Gehen.
 

Machte man das so? Sie hatte keine Ahnung. Langsam konnte sie es wirklich kaum erwarten mit ihrem Buch auf ihrem Bett zu liegen. Ganz in Ruhe. Und alleine.
 

"Bis dann Sakura!", rief Tenten freundlich und Sakura lächelte sie kurz an. Sie war froh, dass zumindest irgendjemand darauf reagiert hatte.
 

An dem schmiedeeisernen Tor des Parkausgangs begegnete sie Neji, der gerade mit der Limo für Tenten zurück kam.
 

"Sakura!", sagte er und beschleunigte seine Schritte, bis er bei ihr stehen blieb. "Wir wollten dich wirklich nicht ärgern. Diese Aktion war nicht von Anfang an unser Plan. Erst, seit wir Hidan getroffen haben."
 

"Was meinst du damit?", fragte Sakura verwirrt.
 

"Das ist Sasukes Sache", sagte Neji bloß. "Ich mochte den Nachmittag. Ich wollte nur, dass du das weißt."
 

"Oh...", sagte sie überrascht und ein wenig vorsichtig. "Das...ist nett von dir."
 

"Also dann, ich muss zu Tenten." Und damit ging er.
 

Und Sakura brauchte den kompletten Nachhauseweg, um die Ereignisse der letzten Stunden auch nur ansatzweise zu verarbeiten.
 

Sie war vollkommen überreizt von all den neuen Eindrücken und Erlebnissen.

Tränen

Sakura hatte Glück. Hinata kam am Sonntag Abend mit ihrer Familie von dem Hochzeitswochenende zurück. Und obwohl es dann schon abends gewesen war, hatte sie sich noch mit Sakura treffen wollen.
 

Also hatten sich die beiden auf die halbrunde Bank an dem Teich im Park gesetzt, an dem Sakura so gerne war und geredet. Und dafür war Sakura sehr dankbar gewesen.
 

Sie hatte nämlich wirklich Redebedarf und Hinata kannte sie manchmal beinahe besser als sie sich selbst. Sie vertraute Hinata. Hinata war der einzige Mensch, der wirklich immer für sie da gewesen war. Sie war der einzige Mensch, dem Sakura wirklich in der Lage war zu vertrauen. Denn das mit dem Vertrauen fiel ihr grundsätzlich schwer.
 

Aber das bedeutete auch, dass sie das, was Hinata sagte, sehr ernst nahm. Und leider hieß das auch, dass sie dadurch gezwungen war Dinge sehr ernst zu nehmen, die sie selbst nicht so sah oder sehen wollte, denn sie schätzte Hinatas Meinung.
 

Und das war gerade der Fall. Denn nachdem sie Hinata jede Situation der vergangenen Tage genau beschrieben hatte und Hinata ein paar Nachfragen gestellt hatte, hatte Hinata etwas gesagt, das Sakura nicht hören wollte, weil es sie überforderte.
 

Das hatte sie überrascht. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass Hinata ob der neusten Entwicklungen erstaunt sein würde oder finden würde, dass ihr Verhalten in den letzten Tagen ganz und gar nicht zu ihr passte. Aber Hinata war nicht überrascht.
 

"Also, ich habe fast erwartet, dass du das tun würdest", sagte sie nachdenklich und nahm Sakura einen der Thermobecher voll mit heißem Kakao ab, die Sakura für sie beide mitgebracht hatte.
 

Es war schon dunkel und das warme Frühlingswetter war schnell vorbei, sobald die Sonne untergegangen war. Die Bäume ragten schon als schwarze Silhouetten vor dem noch blauen, wolkenfreien Himmel empor.
 

"Wenn du etwas wirklich willst, dann setzt du dich durch. Du tust das bloß deshalb fast nie, weil wir bis vor ein paar Wochen sowieso kaum mit anderen zu tun hatten und wir beide uns ständig einig sind. Daher brauchst du dich nie durchzusetzen. Aber ich wusste immer, dass du das kannst, wenn es wirklich nötig ist. Und das finde ich auch gut an dir. Mach dir keine Gedanken! Für mich hast du dich nicht verändert und ich bin schon gar nicht überrascht oder enttäuscht von dir!"
 

Sakura schloss ihre Hände und den Becher mit dem warmen Kakao.
 

"Oh gut", sagte sie und sie hörte die Erleichterung, die in ihrer Stimme mit schwang.
 

Hinata kicherte. "Du bist echt blöd, wenn du davor jetzt Angst hattest."
 

Sakura lächelte. "Ja. Du hast recht. Danke!"
 

Hinata setzte wieder ein ernstes Gesicht auf. "Aber da gibt es etwas anderes, worüber ich mir seit deiner Schilderung aller Situationen Gedanken mache", sagte sie leise.
 

Sakura sah ein wenig alarmiert auf. Wenn Hinata fand, dass es ein Problem gab, dann gab es zumeist auch ein Problem. Hinata hatte einfach ein perfektes Gespür für sowas.
 

"Sakura, warum hast du Sasuke ausgewählt für dein Erstes Mal?", fragte Hinata ernst.
 

Sakura überlegte einen Moment. "Naja, es hat sich so angeboten und es hat mir irgendwie gut gepasst."
 

"Ja, aber warum? Bitte versuche es ganz ehrlich und ernsthaft zu beantworten!"
 

Sakura überlegte eine ganze Weile.
 

"Naja, ich finde ihn eben anziehend, er ist einfach so wunderschön", nannte sie schließlich das Offensichtliche.
 

"Und?", hakte Hinata nach.
 

"Naja und ich dachte, es ist naja... eben Sasuke", sagte sie ausweichend.
 

"Und das heißt?", fragte Hinata weiter nach.
 

Sakura sah auf den Teich und schwieg.
 

"Ich sage es dir", half Hinata ihr. "Das heißt für dich, dass du mit jemandem schlafen konntest, ohne jemanden an dich heran lassen zu müssen. Davor hast du nämlich panische Angst. Du hast panische Angst vor Verbindlichkeiten und Verpflichtungen. Und du hast dir gedacht, dass das mit Sasuke kein Problem sein würde, weil er ja auch bloß Sex wollte. Wie er sagte, einfach um sein Ego zu befriedigen."
 

"Jaaa, vielleicht", antwortete Sakura ausweichend. Manchmal war es fast ein wenig demütigend, wie Hinata einen ausanalysieren konnte.
 

"Du weißt, dass es so ist!", sagte Hinata.
 

"Na und?", fragte Sakura hilflos und sah sie an. "Wo ist da jetzt das Problem?"
 

"Das Problem ist", erklärte Hinata entschieden, "dass nach allem, was du mir erzählt hast, ich es für möglich halte, dass Sasuke vielleicht Gefühle für dich haben könnte. Und du weißt das auch. Du hast den Verdacht doch selbst schon! Aber du tust alles, was du kannst, um diesen Gedanken auf gar keinen Fall zuzulassen, weil du panische Angst davor hast, dass du ihn verletzen könntest, weil du, falls das wahr wäre, ihm nicht geben könntest, was er will. Weil du sicher bist, dass du keine Beziehung ertragen oder auf die Reihe bekommen könntest!"
 

Sakura starrte sie entsetzt an.
 

"Nein", sagte sie langsam. "Nein Hinata. Das kann nicht sein! Hinata, es geht hier um Sasuke! Er hatte doch noch nie ernsthaftes Interesse an jemandem! Man hört ständig nur von irgendwelchen Mädchen, mit denen er angeblich irgendwas hat, so wie bei Ino! Wieso bitte sollte er jetzt ausgerechnet an mir Interesse haben?"
 

"Denk nach!", sagte Hinata eindringlich. "Alles was ich mitbekommen habe, deutet für mich darauf hin! Er tut ständig kleine nette Dinge für dich! Als du 'ich hasse dich' zu ihm gesagt hast, hat er wie jemand reagiert, der verletzt ist und es war ihm wichtig, dass du das zurück nimmst! Als dieser Hidan dich angeflirtet hat, hat er sich mit ihm angelegt. Und direkt danach haben er, Naruto und Neji diese komische Sache vor unseren Mitschülern abgezogen! Das klingt für mich so, als wäre er eifersüchtig! Und als hätte er allen klar machen wollen, dass du zu ihm gehörst und als hätte er gewollt, dass das alle mitkriegen. Und als hätte er einen Weg gesucht, das zu erreichen ohne es 'herumzuerzählen', weil er dir ja gesagt hatte, dass er es nicht tun würde und er sein Wort dir gegenüber halten wollte! Natürlich war die Aktion total dämlich, aber aus Eifersucht macht man manchmal komische Sachen! Und alle Drei haben dir versichert, dass es dabei nicht darum ging, dass sie dich ärgern wollten! Und noch was Sakura! Naruto hat dabei auch mitgemacht. Aber Naruto würde sowas nie tun, wenn er nicht das Gefühl hätte, seinem besten Freund helfen zu wollen! Naruto würde sowas nicht einfach so aus Spaß machen! Und du hast gesagt Sasuke war in eurer gemeinsamen Nacht einfach toll! Wenn du ihm egal wärst, hätte er sich dann so viel Mühe gegeben oder dir angeboten, dass du bei ihm schlafen kannst? All das passt einfach nicht zu dem Bild, dass du dir von ihm machst!"
 

Sakura schüttelte den Kopf. "Nein Hinata", sagte sie und sie hörte selbst, dass sie etwas verzweifelt klang. "Nein, das kann einfach nicht sein!"
 

"Warum nicht?", fuhr Hinata fort. "Weil du nicht willst, dass du ihn vielleicht verletzt haben könntest? Weil du Angst hast, dass du jetzt in etwas Kompliziertes hineingeraten sein könntest? Weil du dich deinen eigenen Gefühlen nicht stellen willst? Weil du dich nicht fragen willst, ob du nicht vielleicht auch Gefühle für ihn hast? Weil du selbst nicht glauben kannst, dass du liebenswert für jemanden sein könntest?"
 

Sakura wollte das alles nicht hören. Sie konnte das einfach nicht hören.
 

"Bitte hör auf", stöhnte sie leise und beugte sich nach vorne und hob ihre Hände vor ihr Gesicht. Es fühlte sich an, als ob Hinatas Worte ihr körperliche Schmerzen zufügen würden.
 

"Sakura...", sagte Hinata sanft.
 

Sakura spürte, wie sie ihren Becher abstellte und näher an sie heran rutschte. Gleich darauf spürte sie, wie Hinata ihr sanft über den Rücken strich. Das war okay. Hinatas Berührung konnte sie zulassen.
 

"Ich weiß, du willst darüber nicht reden Sakura", sagte Hinata sanft. "Aber irgendwann musst du dich dem stellen. Das ist bei dir so eine Art Trauma. Du machst da total dicht. Ich habe das letztens im Internet recherchiert. Ich glaube, das was du hast, nennt sich Bindungsangst."
 

Sakura nahm die Hände von ihrem Gesicht. Ihre Finger zitterten und ihre Augen schienen schrecklich zu brennen.
 

Sie wandte sich vorsichtig Hinata zu.
 

"Kann ich dich umarmen?", fragte sie. Sie hörte, dass selbst ihre Stimme zitterte.
 

Hinata rutschte noch näher und nickte. Sakura schlang ihre Arme um sie. Als Hinata sie ebenfalls umarmte, schaffte sie es nicht mehr die Fassung zu wahren und sie schluchzte einmal auf. Ihre Augen brannten so schrecklich dolle. Sie konnte es kaum ertragen.
 

"Es ist okay Sakura, weine ruhig", flüsterte Hinata und strich ihr über den Kopf und das brachte Sakura nun endgültig dazu loszuweinen. Sie schluchzte und sie spürte, dass sie zitterte. Irgendetwas in ihrem Inneren tat ihr schrecklich weh. Ihr war kalt und sie fühlte sich so einsam und verloren. Sie grub ihre Finger fest in Hinatas Jacke, sie wünschte sich so sehr irgendwo Halt zu finden.
 

Hinata hielt sie die ganze Zeit geduldig umarmt und erst nach mehreren Minuten hatte Sakura das Gefühl wieder mit dem Weinen aufhören zu können.
 

"Sorry", sagte sie etwas betreten, als sie endlich zurück wich und sie sich endlich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte. Sie wischte sich mit den Händen über ihr Gesicht und lächelte Hinata entschuldigend an.
 

"Tut mir leid, ich weiß auch nicht...ich..."
 

"Bitte entschuldige dich nicht!", sagte Hinata. "Ich bin froh, dass wir endlich mal darüber reden. Und ich bin froh, dass du geweint hast. Ich kenne dich schon seit wir ganz klein sind. Und du hast noch nie geweint! Nicht ein einziges Mal! Und ich wette, wenn du alleine bist, dann weinst du auch nicht, oder?"
 

Sakura schüttelte den Kopf. Sie konnte sich tatsächlich nicht daran erinnern, dass sie jemals in ihrem Leben geweint hatte.
 

"Also nochmal zu dem Thema Bindungsangst", sagte Hinata, nachdem sie einen Moment geschwiegen hatten. "Im Internet stand, dass es Betroffenen extrem schwer fällt oder sogar unmöglich ist, enge Bindungen zu anderen Menschen einzugehen. Dass sie sich zwar wie jeder andere auch nach Liebe sehnen, aber dass sie fast nie Freundschaften oder Beziehungen eingehen wollen oder können, weil sie zu große Angst haben, dass sie verletzt werden könnten und das dann unerträglich für sie wäre. Meist ist der Grund dafür wohl in der Kindheit verankert, stand da. Und das trifft alles auf dich zu Sakura! Dein Vater hat dich direkt verlassen und sich nie die Mühe gemacht herauszufinden, was aus seinem Kind geworden ist. Deine Mutter war immer nur mit sich selbst beschäftigt. Du konntest dich nie auf sie verlassen. Sie hat dich ständig nicht abgeholt, auch wenn sie es versprochen hatte. Wir haben dich dann immer mitgenommen, weißt du noch? Du hast dir fast immer selbst was zu essen machen müssen. Du hast immer alles alleine hinkriegen müssen. Du wurdest ständig mit neuen Männern deiner Mutter konfrontiert und wenn du dich gerade an einen gewöhnt hattest, dann war er gleich wieder weg und es gab einen Neuen. Und die meisten hast du bloß gestört. Sie wollten deine Mutter und kein Kind dazu. Und deine Mutter hat sich doch immer an diese Männer angepasst und sich so verhalten, wie sie es wollten. Du konntest nie voraussehen, wie deine Mutter im nächsten Moment sein würde, wenn sie sich wieder nach jemand anderem richtete! Ich weiß noch genau, wie du erzählt hast, dass dich mal einer von ihnen geschlagen hat und wie verletzt du warst, dass deine Mutter dir nicht geglaubt hat, als du es ihr gesagt hast! Außer mir hattest du nie eine konstante, verlässliche Bezugsperson in deinem Leben. Aber ich bin auch bloß ein kleines Mädchen gewesen und du hättest Eltern gebraucht, die dir Sicherheit gegeben. Und darum hast du gelernt, dass du alles alleine machen musst. Du hast dein Herz verschlossen und entschieden, dass du dich nur auf dich selbst verlassen kannst. Und du hast Angst, dass wenn du es jemandem öffnest, wenn du jemanden an dich heran lässt und diese Person dich dann verletzt, dass du dann kaputt gehst und dich nicht mehr davon erholen kannst. So ist es doch, nicht wahr?"
 

Sakura hatte die ganze Zeit nervös ihre Hände in ihrem Schoß geknetet und auf die dunkle Wasseroberfläche gestarrt. Alles was Hinata gesagt hatte, fühlte sich so schrecklich an. Und zwar, weil Sakura ganz genau wusste, dass Hinata damit vollkommen recht hatte."
 

"Ja", flüsterte sie.
 

Sie schwiegen beide einen Moment.
 

"Stand im Internet auch, ob man was dagegen machen kann?", fragte Sakura irgendwann leise. "Oder muss ich für immer alleine blieben?"
 

Bisher hatte sie sich selbst immer eingeredet, dass sie keine Beziehung wollte. Sie hatte geglaubt, sie wollte alleine bleiben. Gerade war ihr klar geworden, dass das nicht stimmte. Sie wollte von jemandem geliebt werden. Sie glaubte bloß nicht, dass sie das verdient hätte. Und dass sie es überleben würde, wenn man ihr dieses Geschenk machen und dann wieder entziehen würde.
 

"Hmm", machte Hinata nachdenklich. "Also das ist wohl für die meisten Betroffenen ein Problem, das man ein Leben lang mit sich rumschleppen kann. Man kann diese Angst nur verlieren, wenn man quasi Gegenteiliges erfährt. Wenn man also quasi Glück hat und nicht enttäuscht wird und man lernt, dass man doch gefahrlos Vertrauen zu jemandem aufbauen kann. Aber das benötigt wohl Arbeit, Zeit und viel Geduld vom Partner."
 

"Na super", sagte Sakura mit einem leichten Lachen. "Ich bin ein Psychowrack. Selbst wenn ich den Mut aufbringen könnte mich auf sowas einzulassen, dann kann man das doch niemandem zumuten! Und wer macht sowas schon mit?"
 

Das wird sich schon irgendwie finden!", sagte Hinata aufmunternd. "Aber erstmal musst du dieses Problem akzeptieren und dich damit abfinden, dass es existiert. Und du musste in der nächsten Zeit Sasuke genau beobachten und falls er sich so verhält, als könnte er Gefühle für dich haben, dann musst du mit ihm reden oder sowas. Ich weiß ja auch nicht genau, was nun am besten ist, aber du willst ihn doch nicht verletzen, oder?"
 

Sakura schüttelte den Kopf. "Nein!", sagte sie. "Natürlich nicht! Ich will auf gar keinen Fall jemanden verletzten! Aber ich kann einfach nicht richtig glauben, dass ausgerechnet Sasuke Gefühle für mich haben könnte!"
 

"Sakura", sagte Hinata mit leichter Ungeduld in der Stimme. "Du hast dich nie von deiner Mutter und ihren Männern gewollt gefühlt. Natürlich glaubst du das nicht! Du konntest auch ganz zu Anfang unserer Freundschaft nicht glauben, dass ich mit dir befreundet sein wollte, dass ich dich gern haben könnte! Weißt du noch? Aber das haben wir doch auch auf die Reihe bekommen! Du bist liebenswert! Ob du das nun akzeptieren kannst oder nicht!"
 

Sie waren noch eine Weile geblieben und hatten über leichtere Themen geplaudert. Hinata hatte von ihrem Wochenende erzählt, das abgesehen von ein paar nervigen Situationen wohl ganz okay gewesen war. Und sie schien sich riesig darauf zu freuen, Naruto wiederzusehen.
 

Sakura hatte ihr gesagt, wie sehr sie es zu schätzen wusste, dass sie sich mit ihr zuerst getroffen hatte. Sie hatte sich bedankt, sie hatte Hinata schrecklich vermisst und dieses Gespräch, so anstrengend es auch gewesen war, hatte sie wohl gebraucht.
 

Als sie schließlich den Rückweg antraten, war es schon beinahe dreiundzwanzig Uhr. Morgen war Montag und wieder Schule und sie beeilten sich nun nach Hause zu kommen. Zumal der dunkle, verlassene Park ziemlich unheimlich war.
 

Als sie sich trennen mussten, um die verschiedenen Richtungen einzuschlagen, die sie nehmen mussten, telefonierten sie den ganzen Weg über, wie wie es immer taten, wenn sie abends im Dunkeln unterwegs waren.
 

Sie kamen ungefähr gleichzeitig an und Sakura hatte gerade aufgelegt, als sie das Tor zum Uchiha Anwesen durchschritt. Oben auf den Treppen vor der Eingangstür blieb sie kurz stehen und atmete tief durch.
 

Hinata hatte recht. Sie musste Sasuke in nächster Zeit beobachten. Aber egal, was Hinata gesagt hatte, vorstellen, dass er oder irgendjemand sie wirklich lieben könnte, das konnte sie sich nach wie vor nicht.
 

Sie betrat das Haus und schaffte es unbemerkt an Fugaku und ihrer Mutter vorbeizukommen, die im Wohnzimmer waren. Oben im Flur hatte sie weniger Glück, denn als sie gerade zu ihrer Zimmertür gehen wollte, öffnete sich die Tür zum oberen Badezimmer und Sasuke kam heraus.
 

Seitdem sie im Park etwas aneinander geraten waren und sich dann wieder vertragen hatten, hatte sie einander kaum gesehen. Aber Sasuke hatte immer einigermaßen freundlich 'hallo' gesagt. Und das tat er auch jetzt. Naja, zumindest fast.
 

"Wo warst du denn um die Uhrzeit?", fragte er.
 

Sie roch sein Duschgel und das erinnerte sie direkt wieder an den Beginn ihrer gemeinsamen Nacht. Rasch schob sie die Erinnerungen daran beiseite. Immerhin hatte er dieses Mal ein Shirt an.
 

"Hi", sagte sie und wich seinem Blick aus. "Ich habe mich mit Hinata getroffen."
 

"Aber nicht bei ihr oder?", hakte er nach. "Neji hat gesagt, ihr seid nicht im Haus."
 

Sakura war erschöpft vom Weinen. Sie wollte alleine sein. Sie wollte das nicht hören. Sie wollte nicht, dass er sich vielleicht um sie gesorgt hatte und dass er vielleicht extra Neji gefragt hatte, ob er nachsehen könnte, ob sie da waren.
 

"Wir waren im Park", sagte sie rasch. "Hör mal, ich muss jetzt schlafen, okay?"
 

"Im Park? Nur zu zweit und im Dunkeln? Findest du das nicht ein bisschen-"
 

Er bracht ab und musterte sie aufmerksam.
 

"Hast du geweint?", fragte er überrascht und trat einen Schritt auf sie zu.
 

Sakura zuckte mit den Schultern.
 

"Warum?", fragte er und kam noch ein Stück näher.
 

"Tut mir leid, ich will jetzt nicht reden!", sagte sie rasch. "Mir geht's gut, es ist nichts passiert!"
 

Sie öffnete rasch die Tür, huschte hindurch und schlug sie zu. Dann schloss sie ab.
 

Sie lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Ihr war übel. Hinata hatte recht. Eben war er besorgt gewesen. Sie hatte es deutlich in seiner Stimme gehört. Und das hieß, dass sie ihm nicht egal war. Und als Dankeschön hatte sie ihm nun die Tür vor der Nase zugeschlagen.
 

Sakura hatte das Gefühl, dass ihre Beine sie nicht mehr tragen konnten und sie ließ zu, dass sie einfach an der Tür herunter rutschte. Dort hockte sie, die Arme um sich geschlungen und stumm liefen ihr Tränen über die Wangen.
 

Sie hatte ihn nicht verletzen wollen. Sie hatte niemanden verletzen wollen. Sie war ein schrecklicher, kaputter Mensch, der anderen weh tat. Und sie hatte keine Ahnung, was sie nun tun sollte.

Grübeleien

Sakura war an diesem Abend nicht mehr aus ihrem Zimmer gekommen. Sie war einfach direkt ins Bett gegangen. Dort hatte sie lange wach gelegen und noch mehr weinen müssen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, jetzt wo sie einmal damit angefangen hatte, würde sie gar nicht mehr aufhören können.
 

Viele Dinge waren ihr wieder eingefallen, an die sie lange nicht mehr gedacht hatte. Gefühle waren hochgekommen, die sie längst vergessen hatte. Sie empfand Schmerzen bei gewissen Gedanken, bei denen sie geglaubt hatte, dass sie da längst drüber stehen würde. Ihr wurde bewusst, wie viel sie verdrängt hatte.
 

Sie dachte daran, wie wertlos und verloren sie sich gefühlt hatte, wenn ihre Mutter sie mal wieder vergessen hatte, oder schlicht alles andere wichtiger fand. Sie erinnerte sich, wie sie sich geschämt hatte, wenn Hinatas Mutter darüber die Lippen geschürzt hatte. Sie erinnerte sich daran, wie sehr sie sich wie eine Last vorgekommen war in den Momenten, in denen Hinatas Mutter sich dann ein wenig um sie gekümmert hatte und daran, wie ihre Mutter dann immer mit einem schicken Kleid oder neuen Schuhen für Sakura aufgetaucht war und geglaubt hatte, damit wäre die Sache dann wieder erledigt. Konnte sie es vielleicht deswegen so wenig leiden sich schick zu machen?
 

'Stör bitte nicht' hatte ihre Mutter oft gesagt, wenn ihr aktueller Mann oder Liebhaber zu Besuch gewesen war und Sakura war das ganze Wochenende auf Zehenspitzen durch die Wohnung geschlichen, bemüht ja kein Geräusch zu machen. Aber so richtig hatte sie es nie geschafft. Ein bisschen gestört hatte sie doch immer und sie spürte wieder wie damals, welchen Schmerz die missbilligen Blicke, die sie dann bekommen hatte, sie verletzt hatten.
 

Um vier Uhr hatte sie aus Verzweiflung ihren Wecker so weit nach hinten gestellt, wie es irgendwie ging, in der Hoffnung vor der Schule am nächsten Tag wenigstens noch etwas Schlaf zu bekommen.
 

Bald darauf war sie dann schließlich doch erschöpft eingeschlafen. Aber dann hatte sie fiese Albträume gehabt, in denen sie allen um sich herum weh tat, sogar Hinata.
 

Als das Geräusch des Weckers in ihrem Smartphone sie schließlich aus diesem Traum befreite, war sie unendlich dankbar gewesen. So sehr hatte sie sich noch nie darüber gefreut ihren Wecker zu hören.
 

Sie war ins Bad gehetzt, hatte rasch geduscht und sich angezogen und dann war sie mit ihren Schulsachen die Treppe hinunter geeilt. Sie würde sehr schnell gehen müssen, wenn sie nicht zu spät zum Unterricht kommen wollte.
 

"Sakura!", rief ihr ihre Mutter empört nach, die gerade im Esszimmer mit Fugaku an einem reich gedeckten Frühstückstisch saß. "Du solltest wirklich so höflich sein und uns einen guten Morgen wünschen! Und wieso bist du nicht rechtzeitig aufgestanden?"
 

"Guten Morgen!", rief Sakura rasch über ihre Schulter. "Ich muss zur Schule!"
 

Sie hatte ihre Jacke vergessen, fiel ihr an der Haustür ein. Egal. Sie konnte jetzt nicht nochmal nach oben gehen. Dann würde sie nun eben etwas frieren, später am Tag würde es schon gehen.
 

Während sie noch halb mit einem ihrer Schuhe kämpfte, stieß sie die Haustür auf und stolperte mit ihren Schulsachen nach draußen. Und dort prallte sie fast gegen Sasuke.
 

Er stand oben auf der Treppe, wahrscheinlich hatte er vor zu seinem Auto zu gehen, um zur Schule zu fahren und nach dem Smartphone in seiner Hand zu urteilen, hatte er wohl gerade noch kurz seine Nachrichten gecheckt.
 

Nun steckte er es weg und drehte sich zu ihr um.
 

"Morgen!", sagte Sakura und richtete sich auf, weil sie es endlich geschafft hatte, ihren Schuh ordentlich anzuziehen.
 

Sasuke sagte nichts. Er musterte sie bloß. Und sie wusste auch warum. Als sie aus der Dusche gekommen war, hatte sie kurz einen Blick in den Spiegel geworfen und man sah deutlich, dass sie noch mehr geweint haben musste. Gestern Abend, bevor sie ins Bett gegangen war, hatte sie noch besser ausgesehen.
 

Aber glücklicherweise sprach Sasuke sie nicht darauf an.
 

"Willst du mitfahren?"
 

Er nickte mit dem Kopf zu seinem Auto.
 

Wollte sie das? Sie hatte keine Ahnung. Aber dann würde sie immerhin nicht zu spät sein. Und sie musste unbedingt aufhören, sich ihm gegenüber so blöd zu verhalten.
 

Sie konnte nach wie vor nicht glauben, dass Sasuke Uchiha, der Typ, den fast alle weiblichen wesen anhimmelten, Gefühle für sie haben könnte. Aber Hinata hatte meistens recht. Und gestern Abend hatte sie es kurz selbst geglaubt. Außerdem war es nett von ihm ihr das anzubieten und sie wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen. Nicht nach gestern Abend.
 

Sie strich sich ein wenig verlegen ihre Haare zurück.
 

"Ähm...ja, danke, das wäre super!", sagte sie obwohl es sie Überwindung kostete.
 

Sie war sich einfach nicht sicher, was nun das richtige Verhalten sein würde. Sie steckte wirklich in einer blöden Lage. Und er bekam es unfairerweise ab.
 

Falls er tatsächlich etwas für sie empfand, dann durfte sie ihm auf gar keinen Fall Hoffnungen auf etwas machen, zu dem sie dann nicht in der Lage sein würde.

Und falls er nichts für sie empfand, durfte sie ihn dennoch nicht verletzten, wenn er vielleicht einfach nur ein normales freundliches Miteinander erreichen wollte. Vielleicht hatte er einfach keine Lust mehr fies zu sein und wollte es mal anders versuchen.

Aber so oder so wusste sie nicht, ob sie ihm mit ihrem Verhalten wehtun würde und das wollte sie wirklich nicht. In letzter Zeit hatte sie angefangen ihn zu mögen. Zu diesem Schluss war sie gestern Nacht gekommen. Aber zu mehr als mögen war sie einfach nicht fähig.
 

"Komm", sagte Sasuke.
 

Er drehte sich um und ging die Treppen herunter und Sakura folgte ihm.
 

Sasuke schloss das Auto auf, schmiss seine Schultasche auf den Rücksitz, setzte sich hinter das Steuer und fuhr los, sobald sie sich angeschnallt hatte.
 

Sakura umklammerte ihre Schultasche auf ihrem Schoß. Sie fühlte sich unwohl. Das Schweigen war beklemmend. Und es war kalt ohne Jacke. Sie hatte das Gefühl etwas sagen zu müssen, aber sie wusste nicht was.
 

Sasuke streckte die Hand aus und drehte die Heizung etwas hoch. Er trug seine Jacke. Sie glaubte nicht, dass ihm kalt war. War das wieder so etwas, was er getan hatte, um nett zu ihr zu sein? Aber war das wirklich ein Zeichen dafür, dass er Gefühle für sie hatte? Würde das nicht einfach jeder nette Mensch tun? Hinata, Naruto, Itachi? Sogar Neji würde sowas tun. Nett zu sein hieß ja nicht, dass man jemanden liebte!
 

Naja. Nur das hier war Sasuke. Soweit sie das in ihrer ganzen Schulzeit mitbekommen hatte, war er eher selten nett. Sasuke ließ gerne mal seinen Frust oder seine schlechte Laune an anderen aus. Aber zu Naruto oder Neji oder Itachi war er es. Vielleicht betrachtete er sie nach dem Sex einfach als so eine Art Freundin. Oder er hatte die Geschwisterrolle doch langsam akzeptiert.
 

Sie atmete angespannt ein und aus. Sie wusste gar nicht mehr, was sie denken sollte. Hinata hatte sie völlig durcheinander gebracht.
 

"Entspann dich", sagte Sasuke.
 

Sie warf ihm einen raschen Blick zu. War ihre Anspannung so überdeutlich?
 

Er bog auf den Parkplatz der Schule ein und sah nicht zu ihr.
 

"Also, wegen gestern", sagte Sakura vorsichtig und blickte auf ihre Hände, "es ist nett, dass du gefragt hast, ich wollte nicht so abweisend sein. Ich brauchte bloß etwas Zeit für mich. Das wollte ich noch sagen."
 

"Kein Problem", sagte Sasuke. "So sensibel bin auch jetzt auch nicht, mach dir deswegen keine Gedanken!"
 

Er legte den Arm hinter ihren Sitz um sich nach hinten zu drehen und rückwärts einzuparken. Es klappte auf Anhieb. Allerdings konnte sie ihn kaum dafür bewundern, denn sie war abgelenkt. Durch seinen Arm war für sie eine gewisse, vertraute Nähe entstanden. Und sie merkte, dass sie sich nach wie vor zu ihm hingezogen fühlte.
 

Sasuke nahm seinen Arm wieder weg und stellte den Motor ab.
 

"Du kannst so viel rumflennen, wie du willst", sagte er, griff nach hinten, zog seinen Schultasche nach vorne und öffnete seine Tür um auszusteigen.
 

Sakura beeilte sich das auch rasch zu tun. Sasuke schloss das Auto ab, sobald sie ihre Tür geschlossen hatte. Er sah sie an.
 

"Ich wollte bloß wissen, ob was passiert ist und dir jemand was getan hat. Und dazu habe ich ja eine Antwort bekommen."
 

Damit drehte er sich einfach um und ging und Sakura stand da und sah ihm verwirrt nach.
 

"Ich meine, Itachi hat mich auch zum Eis essen eingeladen!", sagte Sakura zu Hinata.
 

Sie hatten Mathe bei Kakashi Hatake, aber Sakura konnte sich absolut nicht auf den Unterricht konzentrieren. "Und da bin ich mir ganz sicher, dass das nichts bedeutet hat! Die beiden haben einfach ne Menge Geld, es juckt sie nicht!"
 

"Ja", flüsterte Hinata zurück. "Aber du hast gesagt, es war Sasuke total wichtig, dass du die zwanzig Euro zurück nimmst und die Einladung akzeptierst!"
 

"Aber vielleicht nur, weil ich ihn vor allen bloßgestellt habe! Er wollte einfach, dass ich nen Kompromiss mache, indem ich es wieder nehme, damit er nicht vor allen Leuten als Verlierer da stand und so war es eher ein Unentschieden, verstehst du?"
 

Hinata überlegte. Dann lächelte sie. "Netter Versuch", sagte sie belustigt. "Aber nein, das überzeugt mich nicht Sakura."
 

Sakura überlies Hinata wieder dem Unterricht. Natürlich hatte das nicht funktioniert. Das hatte sie ja nichtmal selbst so richtig überzeugt. Sie zog ihr Smartphone unter dem Tisch hervor und googelte heimlich 'Bindungsangst'.
 

Hinata hatte recht, alles was da stand passte perfekt zu ihrer Situation. Ehrlich gesagt, erstaunte es sie, wie genau ein Sachartikel ihre innersten Gefühle beschreiben konnte. Sie war ja total klischeehaft!
 

'Betroffenen fällt es schwer oder ist es gar unmöglich ihre eigenen Gefühle für einen anderen Menschen zuzulassen' stand da.
 

Hatte sie Gefühle für Sasuke? Diese Frage löste bloß Leere in ihr aus. Sie wusste einfach keine Antwort darauf. Es war, als wäre eine Barriere in ihrem Kopf. Als würden ihre Gedanken an diesem Punkt einfach nicht weiter denken können. Sie war nicht mal wirklich in der Lage sich mit dieser Frage überhaupt irgendwie logisch auseinanderzusetzen.
 

'Die Bindungsangst zu überwinden ist ohne eine Therapie möglich, wird von Experten aber nicht empfohlen. Der Grund: Vor allem der Partner des Betroffenen reißt sich dabei oft das sprichwörtliche Bein raus, ohne dem Ziel ein Stückchen näher zu kommen. Eine professionelle Unterstützung ist demnach immer ratsam.'
 

Na toll. Ob eine Therapie da wirklich helfen konnte? Aber dazu würde sie ja einen Partner brauchen, mit dem sie das lernen könnte. Sie fühlte sich total frustriert. Wieso hatte sie das bisher so verdrängt? Nun wo Hinata ihr die Augen geöffnet hatte, war es doch so vollkommen offensichtlich!
 

"Sakura Haruno!", sagte Mr. Hatake in diesem Moment. "So abgelenkt kenne ich Sie gar nicht! Würden Sie bitte auch dem Unterricht folgen? Oder möchten sie weiter etwas völlig anderes Lesen?"
 

Sakura sah erschrocken auf und spürte, dass sie rot wurde. Sie hasste es, dass nun alle zu ihr hin sahen.
 

"Na das kommt ja vom Richtigen", sagte Sasuke ziemlich laut.
 

Die ganze Klasse brach in Gelächter aus. Kakashi Hatake gab ihnen nur zu gerne Aufgaben zu tun, die sie selbstständig lösen sollten und setzte sich dann vorne hin und las in seinen merkwürdigen Romanen.
 

"Uchiha, du bleibst nach der Schule hier und leerst in allen Klassenräumen den Papiermüll aus", sagte Mr. Hatake unbeeindruckt.
 

"Ach nett!", sagte Naruto und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. "Das klingt gut, da bin ich auch dabei."
 

"Ich auch", sagte Neji. "Samstag nach der Party haben wir schon geübt, ich habe jetzt krasse Skills und bin irgendwie auf den Geschmack gekommen!"
 

Sasuke grinste, als erneut alle anfingen zu lachen und Mr. Hatake schüttelte bloß entnervt den Kopf.
 

Hinata warf Sakura einen bedeutungsschweren Blick zu.
 

"Siehst du?", flüsterte sie. "Er legt sich direkt mit jedem an, der blöd zu dir ist oder dir zu nahe kommt!"
 

Als es endlich zum Schulschluss leutete, war Sakura erleichtert. Heute hatte sie sich einfach nicht auf den Unterricht konzentrieren können. Zum einen, weil sie die ganze Zeit über Sasuke nachdachte, zum anderen, weil sie totmüde war.
 

"Wartest du kurz Hinata?", rief Naruto ihr zu, als alle aufstanden, um sich langsam bereit machten die Klasse zu verlassen. "Ich helfe nur noch kurz Sasuke mit dem Papiermüll!"
 

"Klar!", sagte Hinata fröhlich. Man sah ihr an, wie sehr sie sich darauf freute den Nachmittag mit ihm zu verbringen. "Dann mache ich solange einfach ein paar Hausaufgaben!"
 

"Stimmt es, was alle sagen? Hast du mit ihr geschlafen? Mit Sakura?"
 

Sakura und Hinata wandten sich erschrocken um. Ino hatte es vollkommen hasserfüllt gesagt. Und ziemlich laut. Sie hatte sich vor Sasuke aufgebaut und sie sah aus, als würde sie gleich vor Wut explodieren. Sie war nicht im Park gewesen, als Sasuke, Neji und Naruto diese komische Show abgezogen hatten. Aber es wurde immer über alles geredet, was Sasuke tat. Also hatte sie es sicher erzählt bekommen. Und vielleicht fand sie wie Hinata, dass Sasuke eben mit Absicht die Aufmerksamkeit von ihr abgelenkt hatte, als Kakashi sie gemaßregelt hatte.
 

Alle, die gerade den Klassenraum hatten verlassen wollen, blieben stehen, um zu sehen, was passieren würde. Kaum jemand war bisher gegangen. Alle waren still und jeder sah Sasuke an.
 

Alle außer Neji und Naruto, die Ino ärgerlich musterten. Genau wie Sasuke.
 

Er sah kurz zu Sakura hinüber. Sie sah ihn einfach nur erschrocken an. Was war denn nun los?
 

"Ja", sagte Sasuke ruhig.
 

Ino holte aus und schlug ihm mit der flachen Hand auf die Wange.
 

"Du bist ein verlogener Mistkerl!", fauchte sie. "Ich habe dein Problem für mich behalten! Aber vielleicht hätte ich es einfach überall herumerzählen sollen! Das wäre demütigend für dich gewesen! So wie dein Verhalten demütigend für mich war! Du Arsch!"
 

Sasuke hatte trotz der Ohrfeige nicht gezuckt. Er stand einfach nur da, Naruto und Neji neben sich.
 

Er sah Ino kühl an.
 

"Ja, das wäre wohl etwas demütigend für mich gewesen", sagte er. "Aber leider hast du ja schon etwas völlig anderes herumerzählt, nicht wahr Ino? Hast du geglaubt, das würde ich nicht mitbekommen oder war dir das einfach egal?"
 

Ino warf ihm einen zutiefst verachtenden Blick zu. Dann drehte sie sich um und stolzierte davon.
 

Naruto wandte sich Neji zu. "Ich habe dir doch gesagt, dass das ne dumme Idee war!"
 

Neji klopfte Sasuke aufmunternd auf die Schulter, der genervt "tss" machte. Seine Wange war ziemlich rot und bildete einen auffälligen Kontrast zu seiner blassen Haut.
 

"Naja, einen Versuch war es wert!", sagte Neji schulterzuckend.
 

Sakura tauschte noch einen Blick mit Hinata.
 

Sie verstand mal wieder überhaupt nichts mehr. Hinata scheinbar auch nicht. Der Rest ihrer Klassenkameraden fing an zu lachen oder zu flüstern. Aber niemand schien zu wissen, was los war.
 

Niemand außer Sasuke, Naruto und Neji, die weiter in Ruhe ihre Sachen zusammen packten, als würde sie das Geschehen nicht groß interessieren.

Unsicherheiten

Sakura hatte nicht vor Sasuke zu fragen, wieso er sich von Ino die Ohrfeige eingehandelt hatte. Doch tatsächlich wollte sie es eigentlich gerne wissen.
 

Seit Hinata mit ihr gesprochen hatte und seit sie dadurch überhaupt auf den Gedanken gekommen war, dass es möglich wäre, dass er Gefühle für sie haben könnte, dachte sie viel öfter an ihn. Und obwohl sie einerseits nicht wollte, dass es wahr wäre, weil sie nach wie vor glaubte, dass sie ihm dann bloß wehtun würde, da sie nicht in der Lage sein würde seine Gefühle richtig zu erwidern, merkte sie doch, dass sie es sich andererseits ein wenig wünschte.
 

Sie wünschte sich, das Hinata recht hatte und dass jemand sie liebenswert finden könnte. Jemand außer Hinata. Doch vermutlich konnte daraus ohnehin nichts werden, so lange sie selbst von sich glaubte, dass sie es nicht sei. Es war schwer jemanden zu lieben, der sich selbst nicht richtig lieben konnte. Das hatte sie zumindest oft im Internet gelesen, als sie sich noch ein wenig mehr in das Thema eingelesen hatte.
 

Und dennoch... sie wollte wirklich gerne wissen, was zwischen Ino und Sasuke los gewesen war. Hatte er etwa wieder was mit Ino angefangen? Aber es hatte eher so geklungen, als wäre es um etwas gegangen, das bereits in der Vergangenheit lag. Und seit sie ganz zu Beginn ihres Einzuges Ino hier getroffen hatte, hatte sie nie mitbekommen, dass er Frauenbesuch gehabt hatte. Doch was konnte es sein, das Ino so verärgert hatte? Und wieso war ihr Name dabei gefallen?
 

Fakt war: Sie hatte keine Ahnung, denn sie hatte sich nicht getraut ihn zu fragen. Dazu hatte sie auch gar keine Gelegenheit gehabt. Und sie fand auch nicht, dass sie ein Recht dazu hatte, ihn sowas zu fragen. Er war ihr keine Rechenschaft schuldig, ganz besonders nicht, so wie sie sich benahm.
 

Hinata hatte sie gefragt, ob sie sich ärgerte, dass Sasuke einfach so vor allen 'Ja' gesagt hatte, als Ino ihn gefragt hatte, ob sie miteinander geschlafen hätten.
 

Sie hatte einen Moment überlegen müssen, aber dann festgestellt, dass dem nicht unbedingt so war. Sie mochte es, dass er in dieser einen gemeinsamen Nacht so toll zu ihr gewesen war. Sie mochte die träumerische Vorstellung, dass sie jemandem vielleicht wirklich wichtig sein könnte. Dass sie Sasuke so wichtig sein könnte. Und sie schämte sich nicht dafür, was sie getan hatten.
 

Sie hatte bloß nicht gewollt, dass er es auf eine Art herumerzählte, bei der er sich über sie lustig machte oder schlecht und abfällig über sie sprach, als wäre sie bloß dämlich, weil sie sich hatte dazu verleiten lassen. Doch wegen der Art wie er sich im Park verhalten hatte, wussten ohnehin alle schon mehr oder weniger bescheid. Und wenn er auf so eine direkte Frage nun mit einer Lüge reagiert hätte, wäre das auch irgendwie merkwürdig gewesen.
 

"Naja, 'herumerzählt' hat er es ja nicht", hatte Hinata am Telefon zu Sakura gesagt, während sie noch auf Naruto wartete und Sakura den Nachhauseweg angetreten war. Hinata wollte unbedingt weiter an ihrer Theorie festhalten, dass Sasuke Gefühle für Sakura hatte.
 

"Er hat es nicht von sich aus erzählt. Er hat bloß die Wahrheit gesagt, als er ganz konkret danach gefragt wurde. Blöd, dass Ino so einen Aufstand vor der ganzen Klasse machen musste! Aber vielleicht war ihm das sogar ganz recht. Vielleicht wollte er, dass es alle wissen. Vielleicht ist das etwas, das ihm was bedeutet und worauf er stolz ist. Etwas das er eigentlich gar nicht verheimlichen will. Ich nehme an, dass er es nicht herumerzählen würde, hat er in diesem Moment nur gesagt, damit du nicht einfach wieder gehst. Wenn er dir das nicht zugesichert hätte, hättest du dann mit ihm geschlafen?"
 

Das hatte Sakura verneint.
 

Alles was Hinata sagte, klang auf gewisse Weise nachvollziehbar. Aber dennoch konnte Sakura das einfach nicht glauben. Es passte nicht zu dem Bild, dass sie sich ihr Leben lang von Sasuke gemacht hatte. Aber sie hatte erst vor kurzem erkennen müssen, dass auch das Bild, was sie sich von sich selbst erschaffen hatte, nicht so ganz der Realität entsprochen hatte.
 

Sakura rollte sich auf ihrem Bett zusammen und schlang die Arme um sich. Überforderung. Das war alles, was sie spürte.
 

Sie war nach der Schule gleich nach Hause und in ihr Zimmer gegangen. Dort hatte sie es zum Glück geschafft ein paar Stunden Schlaf nachzuholen. Nun war sie wieder aufgewacht und lag jetzt schon seit zwei Stunden angezogen auf ihrem Bett und grübelte. Es hatte angefangen zu regnen und Wasserschlieren liefen an den Scheiben der großen Fenster herab. Bald würde es dunkel werden.
 

Sie seufzte. Eigentlich sollte sie Hausaufgaben machen! Dieser blöde Umzug! Warum hatte sich ihre Mutter nur in Fugaku Uchiha verlieben müssen? Sakura war glücklich gewesen, so wie alles gewesen war.
 

Aber dann hätte Ino uns nie zu ihrer Party eingeladen, wir wären nie hingegangen, dachte sie. Wir hätten nie zu viel getrunken und das mit Naruto und Hinata wäre so vielleicht nie passiert. Nein. Hinata war glücklich! Und das war Sakura sehr wichtig. Sie konnte ihre Situation ertragen. Wenn Hinata dafür glücklich sein durfte, dann war es das wert!
 

Dieser Gedanke tröstete sie derart, dass sie es schaffte sich aufzuraffen und aufzustehen. Sie strich die Decke ihres Bettes wieder glatt, die ganz verwühlt war. Dann ging sie hinunter, um sich einen Tee zu machen und sich anschließend an ihre Hausaufgaben zu setzen.
 

Auf dem Weg nach oben traf sie ihre Mutter, die mal wieder ihr Feingefühl bewies und Sakura darauf hinwies, dass sie total zerknautscht aussehe und dass, wenn sie sich weiter weigern wollte sich etwas herauszuputzen, sie doch wenigstens darauf achten sollte, dass sie frisch und ausgeschlafen aussehe.
 

"Du hast ja so eine natürliche Schönheit!", belehrte sie Sakura. "Du brauchst dich nicht unter Make-Up zu verstecken! Aber dann solltest du wirklich auf einen guten Lebenswandel achten, sonst verlierst du diesen frischen, strahlenden Teind! Und dann will dich keiner!"
 

Sakura sagte dazu wie immer nichts und nickte bloß. Sie wollte schnell wieder zurück in ihr Zimmer. Wieso sah eigentlich Sasuke auf Anhieb, wenn sie verweint aussah, aber ihre Mutter nicht?
 

Sie setzte sich wirklich an ihre Hausaufgaben und war gegen einundzwanzig Uhr gerade fertig, als es an ihrer Tür klopfte.
 

Ihre Mutter war das nicht, dazu war das Klopfen zu entschieden. Entweder Fugaku oder Sasuke also. Und Fugaku würde ja nicht bei ihr klopfen. Er ignorierte sie und Sasuke weitestgehend. Außer, wenn er Sasuke zurechtwies. Er hatte es irgendwie auch nicht leicht mit seinem Vater. Was war eigentlich aus Sasukes und Itachis Mutter geworden? Darüber hatte sie noch nie jemanden sprechen hören.
 

Sakura schob etwas zögerlich ihren Schreibtischstuhl zurück und ging zur Tür.
 

War er jetzt erst nach hause gekommen? Wahrscheinlich hatte er sich wie immer die Zeit mit seinen Freunden vertrieben. Beziehungsweise mit Neji. Naruto machte ja etwas mit Hinata.
 

Sie sammelte sich kurz und öffnete die Tür. Es war Sasuke. Seine Wange hatte wieder ihren normalen Farbton.
 

"Ich dachte schon, du machst nicht auf", sagte er genervt anstelle einer Begrüßung, weil sie so lange gebraucht hatte.
 

Ich hätte auch am liebsten nicht auf gemacht, dachte Sakura trotzig.
 

"Kann ich dein Mathebuch haben?", fragte Sasuke. "Hab meins in der Schule vergessen."
 

Hinata musste sich einfach irren! So sprach man doch nicht mit jemandem, für den man Gefühle hatte, oder?
 

"Oh, ja, sicher!", sagte Sakura.
 

Sie drehte sich rasch um, um zu ihrem Schreibtisch zu gehen und das Buch zu holen. Hoffentlich würde er nicht reinkommen.
 

Aber er kam rein und offenbar hatte er auch gleich der Tür einen Stoß gegeben, sodass sie zu fiel. Sie hörte, wie er ebenfalls zu ihrem Schreibtisch kam.
 

Sakura schob rasch ein paar ihrer Unterlagen zur Seite, um das Buch darunter zu finden. Da war es.
 

"Danke", sagte Sasuke dicht hinter ihr und strecke einfach seinen Arm aus, um es selbst zu nehmen. Er war ihr nun sehr nahe und sie spürte, wie ihr Herz anfing ein wenig schneller zu schlagen, als sein Arm leicht den ihren berührte.
 

Sasuke zog seinen Arm mit dem Buch zurück und trat einen Schritt zurück, sodass sie sich umdrehen konnte.
 

Er stand da und musterte sie. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und sah dann auf seine Brust, weil ihr das mal wieder einfacher vorkam. Warum ging er nicht?
 

"Fertig mit heulen?", fragte Sasuke leicht spöttisch.
 

Hinata musste sich einfach irren!
 

"Ja", sagte sie, ohne ihn anzusehen.
 

"Bist du sauer? Weil ich Ino geantwortet habe?"
 

Okay. Diese Frage sprach nun eher wieder für Hinatas Theorie.
 

"Nein", sagte sie leise.
 

"Gut." Er klang zufrieden. "Von mir aus können das ruhig alle wissen. Ich habe es schon gesagt. Mir hat es gefallen."
 

"Mir auch", sagte sie leise. Sie wusste nicht warum sie das gesagt hatte. Vielleicht einfach, weil es die Wahrheit wahr.
 

Sasuke hob langsam seine freie Hand. Ganz sanft berührte er eine der Haarsträhnen, die über ihrer Schulter lagen und Sakura konnte nur wie erstarrt dastehen und zuhören wir ihr Herz aufgeregt in ihrer Brust schlug.
 

Sie spürte Sasukes Fingerkuppen ganz sachte auf der Haut oberhalb des hoch geschlossenen Randes ihres T-Shirts. Der Moment schien ewig anzudauern und Sakura konnte einfach nur dastehen und es geschehen lassen.
 

Sasuke beendete die Berührung. Aber er wich nicht zurück. Stattdessen griff er mit seiner Hand unter ihren Haaren hindurch in ihren Nacken und zog sie ein bisschen zu sich, während er sich zugleich ein wenig zu ihr beugte, sodass seine Lippen nun nahe an ihrem Ohr waren.
 

"Ich will dich immer noch", sagte er leise.
 

Sie fühlte sich immer noch wie gelähmt. Ein Schauder überlief sie. Bestimmt hatte er das gespürt und nun wusste er, was seine Worte für eine Wirkung auf sie hatten.
 

"Lass es uns nochmal tun!", raunte er.
 

Sakura griff mit beiden Händen nach seinem Arm und wollte ihn wegschieben. Sie mochte seine Nähe. Aber was wenn Hinata recht hatte? Dann durfte sie das auf gar keinen Fall tun! Ganz egal, ob sie das wollte oder nicht! Falls er wirklich Gefühle für sie hatte, dann würde sie damit das völlig falsche Signal setzen!
 

Aber Sasuke ließ nicht zu, dass sie seinen Arm weg schob, er verstärkte bloß seinen Griff in ihrem Nacken und sagte leise: "Ich kann spüren, dass du es willst. Wenn es nicht so wäre, dann würdest du gar nicht zulassen, dass ich dir so nahe komme."
 

Dann ließ er sie los und trat zurück.
 

"Du sollst runter kommen", sagte er wieder in einem normalen Tonfall. "Sie wollen, dass wir heute zusammen zu Abend essen."
 

Damit drehte er sich einfach um und ging.
 

Und Sakura musste sich erstmal kurz auf ihren Stuhl setzen, bevor sie hinunter gehen konnte. Sie fühlte sich ganz aufgewühlt.
 

Und sie ärgerte sich. Eigentlich war er selbst schuld! Er fing doch die ganze Zeit mit sowas an. Er war es doch, der ihr solche Angebote machte und sie nicht in Ruhe ließ. Sie wusste einfach nicht, was sie von ihm halten sollte. Jetzt kam es ihr wieder so vor, als wäre er einfach nur auf Sex aus und als wäre er einfach deshalb ein bisschen netter zu ihr, weil er sich davon ein Ergebnis versprach.
 

Und das Schlimme war, dass sie nicht wusste, ob sie ihm würde widerstehen können, sollte er so weiter machen.
 

Und er machte so weiter. Allerdings nicht auf besonders romantische Art und Weise.
 

Sakura beobachtete ihn die ganze Woche über, um herauszufinden, ob an Hinatas Verdacht etwas dran war oder nicht. Und sie gewann immer mehr den Eindruck, dass Sasukes Interesse an ihr rein körperlicher Natur war.
 

"Ich weiß nicht Sakura, ich halte es immer noch für möglich!", sagte Hinata, als sie sich am Donnerstag nach der Schule wieder zu zweit in den hinteren Teil des Parks auf die halbrunde Bank am Teich zurückgezogen hatten.
 

"Aber er beobachtet mich nicht heimlich oder zeigt Interesse an dem, was ich tue oder sage. Er sucht auch nicht den Kontakt in Form von Kommunikation oder sowas!", sagte Sakura. "Ich glaube wir haben uns da bloß in etwas hineingesteigert!"
 

Hinata biss in ihren Apfel und blickte nachdenklich zu der Entenfamilie weiter hinten auf dem Wasser hinüber.
 

"Hmmm", machte sie nachdenklich.
 

Das einzige was Sasuke tat und Sakura war sich völlig sicher, dass er das mit Absicht machte, war Situationen entstehen zu lassen, die eine Art sehr subtile sexuelle Spannung zwischen ihnen aufbauten.
 

Auch das erzählte sie Hinata.
 

Sakura war sich sicher, dass Sasuke öfter als nötig ohne Shirt über den Flur ins Bad ging, weil er genau wusste, wie gut er aussah. Genauso, wie sie ziemlich sicher war, dass er manchmal mit Absicht in die Küche kam, wenn sie auch da war.
 

Sakura hatte im Internet gelesen, dass es eine gute Übung für Leute mit Bindungsangst war, wenn sie sich bewusst Situationen aussetzen, die anderen mehr von ihnen preisgaben.
 

Es gab anscheinend zwei Arten von Bindungsangst. Die ängstliche und die vermeidende Bindungsangst. Bei der ersteren stand offenbar die Angst verletzt zu werden im Vordergrund. Und bei der letzteren die Angst vor dem Verlust der Freiheit und Selbstständigkeit.
 

Sie ordnete sich klar dem ersten Fall zu. Betroffenen dieser Kategorie wurde geraten, die Vermeidungsstrategien zu überwinden, die man sich angewöhnt hatte.
 

Und weil sie wirklich versuchen wollte sich zu ändern, hatte sie sich vorgenommen daran zu arbeiten, dass sie so scheu war und deshalb hatte sie sich verboten ihr Essen mit in ihr Zimmer zu nehmen.
 

Sie aß nun immer am Tisch in der Küche. Für die meisten Menschen etwas völlig Normales, aber sie merkte, dass ihr selbst das sehr schwer fiel. Sie kam sich dann ungeschützt und ausgeliefert vor. Und das wurde auch von ihrer Mutter bestätigt, sie kam nämlich manchmal vorbei und kommentierte die Dinge, sie Sasuka aß in Bezug darauf, ob sie ihr dabei helfen würden ihre gute Figur zu behalten. Und obwohl sie offenbar eher Lob für Sakuras Nahrungsmittelauswahl hatte, wollte Sakura das eigentlich nicht hören. Irgendwie hatte ihre Mutter echt den Dreh raus sie einerseits total zu vernachlässigen und sich dann andererseits total übergriffig einzumischen.
 

Sasuke kam jedenfalls oft auch in die Küche, wenn sie da war und sie hatte den Verdacht, dass er sie mit Absicht abpasste. Und ständig fand er irgendeinen Grund, ihr dabei nahe zu kommen.
 

Er beugte sich halb über sie, um nach der Milch zu greifen. Er stellte sich dicht hinter sie, um ein Schälchen aus dem Schrank zu nehmen. Einmal, als sie mit ihren Eltern zusammen essen mussten, griff er gleichzeitig mit ihr nach dem Salz, sodass sich ihre Hände berührten und anstatt die Berührung gleich wieder zu unterbinden, strich er ihr leicht über die Finger.

Dreimal setzte er sich ihr direkt gegenüber an den Küchentisch und aß auch etwas. Dann machte er jedes Mal die ganze Zeit irgendwas an seinem Smartphone und schien sie nicht weiter zu beachten. Diese Momente waren schwierig für sie, weil sie das Gefühl hatte der Situation entfliehen zu wollen, sie aber auch ihren Vorsatz erfüllen und am Tisch essen wollte. Er sprach die ganze Woche kaum mit ihr, aber irgendwie war er die ganze Zeit über körperlich präsent.
 

Und das ließ Sakura leider nicht kalt. Denn je öfter und näher er bei ihr war, desto mehr sehnte sie sich nach ihm. Gestern hatte sie sogar wieder von ihm geträumt.
 

"Was überlegst du?", fragte sie Hinata, die nach ihrem Bericht darüber nun zutiefst nachdenklich aussah. Sie sah immer noch den Enten zu, aber es wirkte, als würde sie sie gar nicht richtig sehen.
 

"Ich weiß nicht", sagte Hinata zögerlich, "aber meinst du nicht, dass es vielleicht möglich ist, dass er..."
 

"Was?", fragte Sakura, weil sie nicht weiter sprach.
 

Hinata lächelte. "Ach, weißt du was?", sagte sie dann, "Vielleicht sollte ich das Ganze auch nicht zu sehr ausanalysieren!"
 

"Ja aber wie gehe ich denn jetzt damit um?", fragte Sakura verzweifelt. "Ich darf nicht darauf eingehen, oder? Aber falls er mir wieder so nahe kommt wie am Montag, dann weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich die Kraft habe das abzubrechen! Er kann so bestimmt und überzeugend sein!"
 

"Lass es einfach auf dich zukommen würde ich sagen", erwiderte Hinata. "Du gehst ja nicht auf ihn zu, nutzt ihn aus oder machst falsche Versprechungen. Ich meine, dass ist ja nicht nur alleine deine Verantwortung. Falls er nur auf Sex aus ist und du das auch willst, dann ist ja alles okay und ihr seid euch einig. Und falls er doch mehr Gefühle hat, ist es einfach nur wichtig, dass du versuchst ihm ehrlich mitzuteilen, wie die Lage für dich ist. Du musst ja nicht die komplette Verantwortung für die ganze Situation übernehmen. Wenn du ehrlich bist und sagst, was du geben kannst und was nicht, dann ist das ja seine Entscheidung, wie er damit umgehen will."
 

"Ja", sagte Sakura. "Eigentlich schon." Hinatas Worte erleichterten sie.
 

"Danke Hinata", sagte sie leise. "Ich glaube ich bin etwas anstrengend momentan und es geht die ganze Zeit nur um mich!"
 

Hinata fing an zu lachen.
 

"Andere ausanalysieren ist immer leichter, als das bei sich selbst zu machen Sakura! Und vergiss bitte nicht, dass wir gut zwei Wochen lang nur über Naruto und mich gesprochen haben, bevor wir zusammen gekommen sind!"
 

Sakura lächelte. "Ja! Stimmt!"
 

"Jedenfalls, sollen wir denn jetzt morgen zu Tenten gehen oder nicht?", fragte Hinata, nachdem sie den Rest ihres Apfels zum Müll gebracht und sich wieder gesetzt hatte.
 

Heute in der Schule hatte Tenten verkündet, dass ihre Eltern über das Wochenende wegfahren würden und sie deshalb Freitag Abend alle zu ihr kommen könnten. Und weil Neji dafür war, waren auch Naruto und Sasuke dafür gewesen. Und deshalb war nun davon auszugehen, dass sich das ganze zu einer ausgewachsenen Party entwickeln würde, denn alle wollten immer da sein wo die Drei sich aufhielten.
 

"Kommt ihr beide auch?", hatte Tenten Hinata und Sakura gut gelaunt gefragt.
 

Und weil Tenten eigentlich immer ganz nett war und keine Gefahr bestand, dass sie wieder in so eine Situation kommen würden wie bei Inos Party, überlegten sie nun, ob sie es nochmal versuchen sollten.
 

"Also Naruto schreibt gerade, dass wir kommen sollen!", sagte Hinata mit einem Blick auf ihr Smartphone.
 

Sakura lächelte. Hinata wollte hingehen. Sie liebte Naruto so sehr, dass es Sakura mittlerweile selbst richtig glücklich machte, wenn sie die beiden zusammen sah.
 

Klar, manchmal war Naruto etwas tollpatschig und unbeholfen, aber das hatte sich in den letzten Jahren total gebessert und er war richtig cool geworden. Und Hinata und er schienen einfach immerzu etwas zu haben, worüber sie zusammen lachten. Eigentlich hatte Sakura noch nie zwei Menschen gesehen, die ständig so einen Spaß zusammen hatten.
 

"Okay!", sagte sie. "Lass uns gehen! Ich muss ja schließlich üben meine Vermeidungsstrategien zu überwinden!"
 

Dem stimmte Hinata lachend zu.
 

Sakura sah den Entenküken dabei zu, wie sie im Kreis um ihre Mutter herumschwammen.
 

Aber eigentlich dachte sie an Sasuke.

Gefühle?

"Danke!", sagte Sakura und nahm eines der Getränke von Tenten entgegen. Hinata tat es ihr gleich.
 

"Gerne!", sagte Tenten gut gelaunt. "Ich dachte ihr kommt vielleicht mit Naruto und Sasuke zusammen!"
 

"Quatsch!", sagte Kiba, der gerade mit Shino aus der Küche kam, wo sie sich ebenfalls etwas zu trinken geholt hatten. "Sasuke, Naruto und Neji werden wieder schön spät kommen, damit sie dann ihren Auftritt so richtig genießen können!"
 

"Wahrscheinlich", sagte Tenten und zuckte mit den Schultern. "Sie sind einfach schreckliche Angeber! Aber es sieht ganz so aus, als dürften sie bald alle für die Damenwelt weniger interessant sein, was? Naruto und du, ihr beide seht einfach richtig glücklich zusammen aus Hinata! Und Neji scheint auch seit ein paar Monaten keine andere außer mir mehr getroffen zu haben. Vielleicht wage ich es demnächst und lasse mich doch mit ihm auf was Festes ein. Mal sehen, ob er das auf die Reihe bekommt! Und was ist mit dir und Sasuke? Erzähl mal Sakura! Ich habe schon so einige Gerüchte gehört und er gibt sich ja nicht gerade Mühe zu verbergen, dass zwischen euch was läuft!"
 

Tenten ließ sich mit ihrem eigenen Getränk auf einem Hocker nieder, der vor dem Sofa stand, auf dem Hinata und Sakura Platz genommen hatten und sah sie interessiert an.
 

"Das würde mich auch interessieren", murmelte Kiba.
 

"Vergiss es", sagte Shino sehr leise, vielleicht in dem Glauben, dass nur Kiba es hören könnte. "Du kommst nicht gegen ihn an."
 

Sakura senkte den Blick auf ihr Getränk. Sie hatte keine Ahnung, was sie nun dazu sagen sollte.
 

Aber sie hatte Glück, weil gerade Lee und ein paar andere ankamen, die sich offenbar einfach selbst rein gelassen hatten und nun Begrüßungen ausgetauscht wurden und wo Lee war, war es ohnehin immer recht laut und turbulent.
 

"Das Thema ist ein bisschen schwierig", sagte Hinata leise zu Tenten. "Wäre es in Ordnung, wenn wir nicht darüber reden?"
 

"Oh!", sagte Tenten. "Ach so! Ich dachte nur, weil er am Montag so offen damit umgegangen ist, wäre es vielleicht was Ernstes! Tut mir leid, dass ich so neugierig war Sakura! Dann lassen wir das! Ich kenne das nur zu gut! Ich meine... ich habe was mit Neji."
 

Sie seufzte.
 

Sakura hatte bei ihren Worten erleichtert wieder aufgesehen und nachdem sie Hinata einen dankbaren Blick zugeworfen hatte, lächelte sie Tenten vorsichtig an.
 

"Bist du dir mit Neji nicht ganz sicher?", fragte sie neugierig.
 

Tenten seufzte nochmal. "Doch. Eigentlich schon. Ehrlich gesagt...ich mag ihn sehr und ich wünsche mir, er würde sich einfach auf mich festlegen. Aber er mag seinen Freiraum und er mag seine Spielchen. Das ist auch vollkommen okay für mich. Aber ich wünsche mir dennoch was Verbindlicheres und warte da irgendwie auf ein Signal von ihm. Ich glaube, ich tue immer taffer, als ich bei dem Thema eigentlich bin."
 

"Ich glaube er mag dich", sagte Sakura, die sich an den letzten Samstag erinnerte, den sie mit Sasuke, Naruto und Neji verbracht hatte. "Ich habe das letztens ein bisschen mitbekommen. Er hat gesagt, er mag es gar nicht, wenn du nicht mit ihm redest und er wollte das unbedingt wieder hinbiegen. Und so wie Naruto und Sasuke darauf reagiert haben, schienen sie das auch ernst zu nehmen, als ob sie sich alle einig wären, dass du ihm wichtig bist."
 

"Oh!", sagte Tenten. Sie sah ziemlich erfreut aus. "Das ist natürlich gut zu wissen! Danke Sakura! Wirklich! Ich glaube das selbst auch, aber es ist schön das bestätigt zu bekommen, so ganz sicher bin ich mir bei ihm nie!"
 

Sakura und Hinata blieben lange bei Tenten sitzen, irgendwann gesellte sich auch Temari hinzu und Sakura stellte erleichtert fest, dass es gar nicht so schwer war sich mit den beiden zu unterhalten. Eigentlich waren sie wirklich nett. Und sie gehörten nicht zu den Sasuke Fangirls rund um Karin und Ino. Das war auch angenehm an ihnen. Und als Shikamaru ankam, winkte Temari ihn herbei und auch er stellte sich als ein ziemlich angenehmer Gesprächspartner heraus.
 

Hinata und sie nippten dieses Mal eher langsam an ihren Gläsern, anstatt viel auf einmal zu trinken und das funktionierte auch ganz gut. Sakura merkte, dass sich davon in ihrem Gehirn eine leichte, angenehme Schwere ausbreitete, die ihr ein bisschen dabei half ihre Gespräche entspannter zu führen. Und da sie dann immer wartete, bis sie wieder etwas trank, ließ sich dieser angenehme Zustand ganz gut erhalten.
 

"Es ist eigentlich gar nicht so schlecht hier, oder?", flüsterte Hinata Sakura leise zu, als gerade niemand auf sie achtete. Sakura stimmte dem zu. Es war auf jeden Fall um Längen besser als ihr erster Versuch bei Ino.
 

"Ja, das war wirklich einfach nur total grauenhaft!", lachte Hinata vergnügt. Ihre Wangen waren vom Alkohol ganz niedlich rosa geworden.
 

"Da kommen sie", sagte Shikamaru mit einem leicht gequälten Lächeln.
 

Das vermutete Sakura auch. Keiner der Drei war zu sehen, aber im Flur wurden gerade offenbar Neuankömmlinge mit großer Begeisterung begrüßt und es war klar, um wenn es sich dabei handeln musste.
 

Zwei Minuten später kam Naruto gut gelaunt in den Raum und als er Hinata sah, scherte er sich nicht mehr groß um die Leute, die ihm 'Hallo' sagen wollten, sondern kam gleich zu ihnen herüber.
 

"Ich gehe nochmal kurz auf die Toilette", sagte Sakura und Naruto nahm sofort erfreut ihren Platz neben Hinata ein. Hinata strahlte.
 

Sakura ging den Weg zu einem der Badezimmer entlang, das Tenten ihr und Hinata schon vor gut einer Stunde gezeigt hatte. Betrunken fühlte sie sich nicht, aber sie merkte doch, dass es einem im Gehen mehr auffiel als im Sitzen. Das musste sie sich für die Zukunft merken.
 

"Hi Sakura!", sagte Lee und strahlte sie an, als sie wieder aus dem Bad getreten war und auf dem Rückweg an ihm vorbeikam. Sie lächelte ihm ganz kurz zu und ging rasch weiter. Smalltalk mit Lee würde sie nun wirklich überfordern!
 

Es war mittlerweile ziemlich voll geworden, einige der Leute hatte sie noch nie gesehen. Vielleicht hatten einige einfach mehrere andere Freunde mitgebracht, die nicht auf ihrer Schule waren.
 

Als sie wieder an der Tür zum Wohnzimmer ankam, konnte sie nichtmal durch den Raum Hinata erkennen, so voll war es.
 

"Hallo, wie heißt du?", fragte sie jemand, der in der Tür stand.
 

"Entschuldigung, ich muss da mal durch", sagte sie und wich seinem Blick aus. "Darf ich?"
 

"Wenn du mir deinen Namen verrätst, dann überlege ich es mir vielleicht!", sagte er und grinste.
 

Aber nur kurz. Einen Moment später verschwand sein Grinsen.
 

"Oder ich gehe einfach so beiseite", sagte er rasch, drängte sich an ihr vorbei und verschwand.
 

Sakura drehte sich irritiert um, um zu sehen, wo er eben hingesehen hatte.
 

"Oh", sagte sie erschrocken. Sasuke und Neji standen hinter ihr.
 

Neji fing an zu grinsen. "Der Blick zieht echt fast immer!"
 

"Ja", sagte Sasuke belustigt.
 

"Hallo", sagte Neji zu Sakura. "Hast du Tenten gesehen?"
 

"Sie ist dort bei den Sofas!", sagte sie. "Zumindest war sie es gerade noch. Naruto und Hinata sind auch dort, ich wollte gerade-"
 

"Deine Schwester hat gar nichts mehr zu trinken!", unterbrach Neji sie einfach mit einem Blick auf das fast leere Glas in ihrer Hand.
 

"Da solltest du dich mal drum kümmern Sasuke!"
 

"Nenn sie nicht so, dann komme ich mir vor wie ein Perverser", sagte Sasuke verstimmt.
 

Neji lachte bloß, schob sich an Sakura vorbei und ging - nicht gerade rücksichtsvoll - durch die Menschenmenge in Richtung der Sofas.
 

"Komm, holen wir Getränke!", sagte Sasuke entschieden und nickte mit dem Kopf in Richtung der Küche.
 

Er schien sich hier bereits auszukennen, höchstwahrscheinlich hatte Tenten schon öfter Leute zu sich eingeladen.
 

Nun wusste Sakura nicht recht, was sie tun sollte. Sie sah zögerlich in die Richtung in der Hinata sein musste. Ob sie Naruto bitten könnte ihr ihren Platz wieder zu überlassen?
 

"Komm", wiederholte Sasuke und machte einen Schritt in die von ihm gewünschte Richtung.
 

Er grinste: "Ich passe auch auf dich auf, damit du nicht wieder zu viel trinkst und ich dich wieder vom Taxi zu deinem Bett tragen muss!"
 

Sakura spürte deutlich, dass sie rot wurde. "Du bist so blöd!", sagte sie ärgerlich. "Pass lieber auf dich selbst auf, sonst muss dir wieder jemand deine Hand verbinden!"
 

Sasuke lachte. "Ich war wenigstens mit voller Absicht betrunken!"
 

"Warum?", fragte sie verdutzt. Es war ihr schleierhaft, wieso man sich mit Absicht in so einen Zustand bringen sollte.
 

"Weil ich total frustriert war", sagte Sasuke bloß.
 

Sie blickte ihn neugierig an, aber er schien das nicht weiter erläutern zu wollen. Er kam einen Schritt auf sie zu, griff sich ihr Glas und ging dann ohne sich nochmal nach ihr umzusehen in Richtung der Tür zur Küche.
 

Sakura zögerte kurz unentschlossen. Aber Hinata und Tenten würden sowieso von Naruto und Neji in Beschlag genommen sein. Bevor sie merkte, dass sie sich entschieden hatte, ging sie Sasuke hinterher.
 

In der Küche war es ebenfalls ziemlich voll.
 

Als sie sich zu Sasuke durchgekämpft hatte, schob er ihr wortlos ihr Glas hin.
 

Sie nahm es ein wenig skeptisch und probierte. Es schmeckte. Es schien nicht besonders stark zu sein und irgendwie schmeckte es ein wenig nach dem Smoothie, den sie damals mit Sasuke geteilt hatte, als sie am Teich zusammen für Mathe gelernt hatten. Sie konnte kaum glauben, was seitdem alles passiert war, obwohl gar nicht so viel Zeit vergangen war.
 

Überhaupt konnte sie kaum glauben, wie viel in letzter Zeit in ihrem Leben passierte. In ein paar Stunden würde es genau eine Woche her sein, dass sie miteinander geschlafen hatten. Das war so kurz. Und doch war so viel passiert, wie es gefühlt sonst in einem Jahr der Fall war.
 

Sasuke hatte sich auch irgendwas in ein Glas gefüllt, allerdings ohne Alkohol. Wahrscheinlich war er mit dem Auto hier und das war ihm wichtiger als zu trinken. Gut für ihn. Wahrscheinlich hatte Fugaku auch genau darauf gehofft. Sasuke war nämlich ziemlich oft spät nach Hause gekommen und Sakura hatte oft den Verdacht gehabt, dass er getrunken hatte, obwohl er versucht hatte es sich nicht anmerken zu lassen. Das Auto verbesserte das wahrscheinlich etwas. Ob er an diesen Abenden auch immer frustriert gewesen war? Wegen was eigentlich?
 

"Danke", sagte sie wegen des Getränks.
 

"Hm", machte er, lehnte sich an den Küchentresen und betrachtete sie mit leicht schief gelegtem Kopf.
 

In diesem Moment kam Ino in die Küche. Sie kam ebenfalls zum Küchentresen, schnappte sich eine ganze Flasche Alkohol, warf Sasuke einen überheblichen Blick zu und stolzierte wieder davon. Sasuke sah ihr ärgerlich nach.
 

"Warum hast du die Ohrfeige bekommen?", fragte Sakura. Noch während sie die Worte aussprach, war sie etwas überrascht darüber. Wahrscheinlich der Alkohol.
 

Sasuke sah wieder zu ihr.
 

"Das beschäftigt dich?" Diese Neuigkeit schien für ihn ein Grund zu sein wieder zufriedener auszusehen.
 

"Ein bisschen", gab Sakura zu.
 

"Bekomme ich was dafür, wenn ich es dir sage?", fragte er mit einem schiefen Lächeln."
 

"Was denn?", fragte sie skeptisch.
 

"Sex."
 

Sakura spürte, dass sie rot wurde. Rasch senkte sie den Blick. Sasuke trat näher an sie heran.
 

"Hm?", fragte er nach und strich mit seinem Daumen leicht über ihre Finger, mit denen sie ihr Glas hielt.
 

Sakura fühlte, wie sie direkt wieder diese angenehme Nervosität spürte. Wieso musste sie bloß ständig so überfordert sein?
 

"Wieso willst du das denn?", fragte sie ausweichend und sah in eine andere Ecke des Raumes, damit sie ihn nicht ansehen musste. Ihr Blick fiel auf Karin und eine ihrer Freundinnen, die Sakuras Blick feindselig erwiderten. Rasch sah sie wieder weg und zu Sasuke.
 

"Du bist total heiß", sagte er bloß, als würde er darüber reden, dass der Himmel heute schön wolkenfrei wäre.
 

"An dem Tag, als wir bei euch eingezogen sind, damals im Auto, als wir abgeholt wurden, da hast du gesagt ich wäre eher das Gegenteil!"
 

Er musterte sie nachdenklich. "Kann ich mich nicht dran erinnern", sagte er schließlich einfach und sie wusste ganz genau das er log.
 

Wenn sie an die Szene dachte, wurde sie immer noch wütend. Er hatte nach ihrem Gesicht gegriffen und war dann ganz erstaunt gewesen, dass sie bei näherer Betrachtung eigentlich doch ganz hübsch war. Sein Verhalten war absolut ekelhaft gewesen.
 

"Wenn du bloß Lust auf Sex hast, dann kannst du das doch jederzeit haben", sagte sie. "Da drüben ist Karin, die hat bestimmt auch Lust!"
 

Sasuke kam ihr noch ein Stück näher, sodass sie fast reflexartig ihre Handfläche an seinen Oberkörper legte, um ihn zumindest ein bisschen auf Abstand zu halten, damit er sie nicht berühren konnte. Sie spürte die Wärme seiner Haut durch sein schwarzes Shirt hindurch.
 

"Und du hast keine Lust?", fragte er verführerisch und lächelte ziemlich charmant. Er sah nichtmal zu Karin hin.
 

"Ich...", sagte sie überfordert.
 

Doch. Das hatte sie. Leider sogar sehr. Ihr Herz klopfte schon wieder ganz aufgeregt und sie wünschte sich, dass sie alleine wären, dass es keine hinderlichen Gedanken geben würde.
 

"Du hast also Lust, aber hast Bedenken?", stellte er fest.
 

Er griff mit seinem Zeigefinger und Daumen nach ihrem Kinn und drückte es nach oben, um sie dazu zu bringen ihn anzusehen. "Na dann lass mal hören!"
 

Am liebsten hätte sie wieder weggesehen, weil sie es ungemein schwierig fand, zu Leuten so direkten Blickkontakt zu halten. Besonders auf dieser viel zu geringen Distanz. Besonders bei ihm. Besonders während sie über so beschämende Themen sprachen!
 

"Nein", sagte Sasuke, als sie versuchte ihr Gesicht wegzudrehen und griff wieder nach ihrem Kinn. "Hör auf mir auszuweichen und sag mir, was dagegen spricht. Ich will es hören."
 

Sakura schob seine Hand weg. Aber sie sah ihn weiter an. Sie holte tief Luft.
 

"Ich habe doch überhaupt keine Erfahrung", sagte sie schließlich leise. "Letztes Mal fandest du genau das spannend. Aber der Reiz ist doch für dich jetzt irgendwie weg, das hast du doch schon bekommen. Ich weiß doch gar nicht so richtig was man-"
 

"Das ist kein Wettbewerb", unterbrach sie Sasuke. Er klang geduldig und nicht genervt. "Ich habe keine Erwartungen, die du erfüllen müsstest."
 

"Aber", sagte sie und dachte an Hinata und ihre Theorie, "ich verstehe nicht so richtig, wieso du dir mit mir die Mühe machst, wenn du das doch jederzeit viel leichter haben könntest. Hinata hat gesagt, dass sie glaubt, dass du vielleicht Gefühle für mich hast. Wahrscheinlich stimmt das nicht, aber ich will nur, dass klar ist, dass ich sowas nicht erwidern könnte und ich will nicht, dass irgendwas kompliziert wird, oder dass jemand verletzt wird oder-"
 

"Okay stopp!", sagte Sasuke. "Ist angekommen. Mach dir keine Sorgen, ich habe weder in Bezug auf Sex noch auf etwas anderes Erwartungen an dich okay? Danke für deine Ehrlichkeit, das weiß ich zu schätzen, aber ich kann dir versichern das passt für mich alles wunderbar und es ist völlig unnötig, dass du dir darüber den Kopf zerbrichst."
 

Sie musterte ihn unsicher. Er sah entspannt aus. Und nicht so als würde er lügen.
 

Also hatte er tatsächlich keine besonderen Gefühle für sie. Ein winziger Teil von ihr verspürte sowas wie Enttäuschung, weil sie sich gewünscht hatte für jemanden wichtig zu sein. Aber hauptsächlich verspürte sie Erleichterung. Das hieß, dass alles in Ordnung war! Das hieß, dass sie ihn nicht verletzt hatte. Und das hieß, dass sie sich theoretisch ihrem Verlangen nach ihm einfach gefahrlos hingeben konnte.
 

"War's das jetzt?", fragte Sasuke mit einem leicht schiefen Lächeln. "Wir können damit gerne noch weiter machen. Oder wir genießen einfach ein bisschen, dass wir uns zu einander hingezogen fühlen."
 

"Okay", flüsterte Sakura ganz leise. Wieder hatte sie das Gefühl, es auszusprechen, bevor sie sich überhaupt bewusst dazu entschieden hatte.
 

Als hätte er nur darauf gewartet, griff Sasuke sofort mit einer Hand an ihren Hinterkopf und bevor sie es ganz realisiert hatte, küsste er sie schon.
 

Sein Verlangen zu spüren war so mitreißend, dass sie kurz darauf einging. Dann fiel ihr ein, dass sie mitten unter einem Haufen Leute waren und gemessen daran, wie viel Aufmerksamkeit Sasuke immer auf sich zog, war davon auszugehen, dass einige ihnen mit Sicherheit gerade dabei zusahen. Dieser Gedanke brachte sie dazu sich ihm zu entziehen.
 

Das schien ihm überhaupt nicht zu gefallen, aber schließlich ließ er es widerwillig zu.
 

"Nicht hier", flüsterte sie beschämt und sah sich kurz um.
 

Wie erwartet, wurden sie beobachtet. Karin sah überhaupt nicht glücklich aus und Sakura wandte schnell wieder den Blick ab.
 

"Ist doch egal", sagte Sasuke gleichgültig. "Leute denken sowieso ständig über einen, was sie gerade wollen."
 

"Tut mir leid, aber das ist mir unangenehm", murmelte sie.
 

"In Ordnung", sagte er und strich ihr beinahe liebevoll über die Wange. "Wie du willst. Wie wäre es, wenn ich dich jetzt zurück zu Hinata bringe und nachher fährst du mit mir nach Hause und ich spare mir meine Bedürfnisse bis dahin auf. Ist das okay?"
 

"Ja", sagte sie leise. Das klang gut.
 

Ihr fiel auf, dass sie immer noch ihre Hand auf seinem Oberkörper liegen hatte. Rasch nahm sie sie weg.
 

Mit Sasuke war es deutlich einfacher durch das Gedränge zu kommen. Die Leute machten ihm freiwillig Platz, wenn er auf sie zu kam.
 

Hinata war zum Glück noch da, Naruto saß noch neben ihr. Temari und Shikamaru ebenso und Neji saß da wo vorher Tenten gesessen hatte, während sie auf einem seiner Oberschenkel saß und mit Hinata sprach.
 

"Hey Sasuke!", rief Naruto.
 

"Na, konntest du dich nicht durchsetzen und hast so lange gebraucht, um was zu trinken zu bekommen?", fragte Neji mit einem süffisanten Grinsen, wahrscheinlich weil sie ein ganzes Weilchen weg gewesen waren.
 

"Ihr kennt mich doch", antwortete Sasuke trocken. "Ich bin eben schüchtern." Das brachte Naruto und Neji zum Lachen.
 

"Lass mal Sakura da hin!", verlangte Sasuke und Naruto rutschte ein Stück rüber, damit sie sich wieder neben Hinata setzen konnte. Das freute sie, bei Hinata fühlte sie sich einfach am wohlsten.
 

Sie blieben noch eine ganze Weile und Sakura fühlte sich in Tentens und Temaris Gesellschaft immer entspannter. Tenten zeigte ihnen sogar ihr Zimmer und eine Weile blieben sie zu viert da drinnen und rätselten darüber, ob Tenten Neji einfach eine Ansage machen sollte oder nicht.
 

Temari fand ja. Sakura bewunderte ihr Selbstbewusstsein.
 

"Aber Neji ist nicht wie Shikamaru", sagte Tenten zu ihr. "Was, wenn ich mir damit was kaputt mache? Ich glaube, es ist nicht gut Neji unter Druck zu setzen!"
 

Am Ende versprachen Sakura und Hinata ihr, dass sie mal ein bisschen darauf achten würden, ob sie etwas über Neji von Naruto oder Sasuke mitbekommen würden, das Tenten weiterhelfen konnte.
 

Als sie schließlich wieder aus Tentens Zimmer kamen, musste Tenten, mit Temaris tatkräftiger Unterstützung, hier und da erstmal ein bisschen für Ordnung sorgen und Sakura hatte endlich Gelegenheit Hinata von Sasuke zu berichten.
 

"Na dann ist doch alles gut!", sagte Hinata gut gelaunt. "Dann würde ich sagen, wenn du das möchtest, solltest du es einfach tun!"
 

Es schien sie überhaupt nicht zu stören, dass sie sich offenbar geirrt hatte mit ihrer Vermutung. Es verwunderte Sakura etwas, dass sie weiter nichts dazu sagte.
 

Sie fanden Naruto wieder, der mit Neji, Sasuke und Shikamaru an der offenen Balkontür stand. Shikamaru rauchte.
 

"Hallo!", sagte Naruto gut gelaunt zu ihnen, als sie sich ein wenig vorsichtig näherten und er legte sofort seinen Arm um Hinata, sobald sie nah genug war.
 

"Shikamaru hat uns gerade eröffnet, dass er uns extrem nervig findet!", erklärte Naruto.
 

Shikamaru schnaubte und pustete eine Rauchwolke nach draußen.
 

"Ärgert ihr ihn?", fragte Hinata skeptisch.
 

"Nope", sagte Neji. "Eigentlich ist das erfrischend! Es kann ermüdend sein, wenn man ständig mit jeder Dreistigkeit durchkommt und dann auch noch dafür angehimmelt wird!"
 

"Ja!", sagte Naruto. "Lass mal demnächst was zusammen unternehmen Shikamaru!"
 

Shikamaru verzog das Gesicht. "Ich sage euch, dass ich euch nervig finde und jetzt wollt ihr was mit mir unternehmen?"
 

"Ja", sagte Naruto, der das völlig logisch zu finden schien. "Klar. Dass du den Mut hast uns das so ins Gesicht zu sagen, qualifiziert dich irgendwie!"
 

Shikamarus Mundwinkel zuckte belustigt. "Aha."
 

Sakura warf Sasuke einen Blick zu. Er lehnte mit verschränkten Armen am Türramen und musterte sie.
 

"Ich fahre mal langsam", sagte er.
 

"Kommst du mit?", fügte er an Sakura gerichtet hinzu."
 

"Okay, ja", sagte sie.
 

Sie hatte gerade gedacht, dass sie nun eigentlich gerne gehen würde und sich gefragt, wie sie ihm das nun mitteilen sollte.
 

Hinata lächelte ihr aufmunternd zu, als sie sich alle voneinander verabschiedeten und Naruto rief Sasuke 'Viel Glück!' hinterher.
 

"Viel Glück wofür?", fragte Sakura, während sie zusammen ihre Jacken holen gingen.
 

"Keine Ahnung", sagte Sasuke bloß beiläufig. Und Sakura war sich wieder sicher, dass er log.
 

Während sie nach draußen gingen riefen Sasuke einige Leute 'Tschüss' und 'Bis dann' zu und Sakura fragte sich, ob noch mehr Leute so wie Tenten denken würden, dass sie beide etwas Ernsthaftes miteinander hätten. Sasuke hatte sie schließlich vor allen geküsst, als wäre das völlig normal und nun gingen sie zusammen.
 

Bei seinem Auto angekommen hielt Sasuke ihr so übertrieben die Tür auf, dass sie darüber lachen musste.
 

"Wie war dein Abend?", fragte er, nachdem er ausgepackt und sich in den nächtlichen Verkehr eingereiht hatte.
 

"Sehr gut eigentlich", sagte sie glücklich und betrachtete lächelnd ihre Finger. "Tenten und Temari waren sehr nett!"
 

"Ja, die sind ganz in Ordnung", sagte Sasuke.
 

"Und deiner?", fragte sie ihn, weil sie sich daran erinnerte, dass sie ja ihre Kontaktvermeidungsstrategien überwinden musste.
 

Er zuckte mit den Schultern. "War ganz okay. Nichts besonderes. Ich hatte schon ziemlich viele solcher Abende. Aber Shikamaru ist tatsächlich ganz sympathisch, das habe ich in letzter Zeit öfter gedacht."
 

"Wie ist das eigentlich zwischen Neji und Tenten?", fragte Sakura neugierig, weil sie sich gerade einigermaßen sicher fühlte und das Gefühl hatte das tun zu können.
 

"Wieso?", sagte Sasuke grinsend. "Hat sie dich beauftragt das zu fragen?"
 

Sakura sah schnell wieder auf ihre Finger. "Ich war nur neugierig", sagte sie leise.
 

"Ich denke, für ihn ist es was Ernstes", sagte Sasuke, nachdem er einen Moment geschwiegen hatte.
 

Dann waren sie auch schon da und er parkte neben dem Wagen seines Vaters.
 

"Ah schade", sagte er. "Ich hatte gehofft sie wären wieder verreist!"
 

"Ja", sagte Sakura.
 

Es war irgendwie eine ziemlich verstörende Vorstellung, dass sie und Sasuke mit einander schliefen und ihre Eltern...naja...irgendwie auch. Aber sie waren schließlich nicht verwandt. Fugaku und ihre Mutter waren ja nicht mal verheiratet. Und sie und Sasuke hatten ja auch nicht vor eine Beziehung anzufangen, also war es eigentlich egal.
 

"Ich gehe nochmal kurz Duschen", sagte Sasuke leise, als sie oben ankamen.
 

Und weil Sakura sich auch lieber nochmal etwas frisch machen wollte, ging Sasuke unten ins Bad.
 

"Wir treffen uns gleich bei mir", hatte er gesagt und Sakura war froh, dass er es einfach so entschieden hatte.
 

Sie hatte immer noch das Gefühl, dass ihr Zimmer auf jeden Fall ihr sicherer Ort bleiben musste. Ganz besonders ihr Bett, wo sie sich unter der Decke alleine zusammenrollen konnte, wenn es ihr nicht gut ging.
 

Als sie ein paar Minuten später Sasukes Zimmer betrat, war er noch nicht da.
 

'Geh dann einfach rein' hatte er gesagt, als er mit seinen frischen Klamotten nach unten ins Bad gegangen war.
 

Also tat sie das. Sie setzte sich vorsichtig auf sein Bett, zog die Beine an sich und schlang die Arme darum.
 

Seine Bettdecke fühlte sich vertraut an unter ihren nackten Füßen. Es war noch die gleiche wie genau um diese Zeit vor einer Woche, als er gerade achtzehn geworden war.
 

Sie hatte ihm nichtmal so richtig gratuliert. Nur so ganz kurz, erzwungenermaßen beim Frühstück mit Fugaku und ihrer Mutter.
 

In dieser Woche war er ihr irgendwie viel vertrauter geworden. Nun würde sie ihm richtig gratulieren. Sie hätte sich vielleicht auch nicht den ganzen Abend in ihrem Zimmer verkrochen und hätte vielleicht sogar an der Party teilgenommen.

Mittlerweile hatte sie das Gefühl, dass sie mit Naruto hätte reden können, wenn Hinata nicht da gewesen wäre. Oder mit Neji. Seit heute, würde sie sogar mit Tenten und Temari sprechen können. Seit Sasuke ein größerer Teil ihres Lebens geworden war, hatte sich so vieles verändert.
 

Als Sasuke zwei Minuten später das dunkle Zimmer betrat, hatte er eine der dunklen Jogginghosen an, in denen er immer schlief.
 

Sakura hatte überlegt, was sie tun sollte, nachdem sie auch geduscht hatte und sich dann entschieden einfach frische Schlafklamotten anzuziehen.

Sie hatte keine sexy Unterwäsche oder sowas. Das war wahrscheinlich eher was für Ino oder Karin. Diese Gedanken hatten sie ein wenig verunsichert. Aber er hatte gesagt, dass er keine Erwartungen an sie hatte und sie hatte versucht, ihm darin zu vertrauen. Also trug sie nun einfach eine ihrer Stoffshorts und eines ihrer schlichten T-Shirts, in denen sie schlief.
 

Sasuke drehte den Schlüssel im Schloss um, sodass seine Zimmertür abgeschlossen war.
 

Er ging wortlos zu seinem Nachttisch und legte seinen Geldbeutel, sein Smartphone und seinen Schlüsselbund darauf ab. Die Sachen waren vermutlich noch in den Taschen seiner Klamotten gewesen.
 

"Alles gut?", fragte er und sah zu ihr.
 

"Ja", sagte sie leise und nahm die Arme weg, mit denen sie ihre Beine umschlungen hatte.
 

Das sah vielleicht ein bisschen sehr abweisend aus. Das wollte sie natürlich nicht. Sie war verunsichert, aber sie verspürte vor allem freudige Aufregung. Sie wollte seine Nähe. Sie setzte sich ein bisschen aufrechter hin und strich sich ihre Haare zurück, während sie ihn beobachtete.
 

"Ich habe es schonmal gesagt", sagte Sasuke. "Aber ich wiederhole es nochmal: Du kannst jederzeit gehen."
 

"Okay", sagte sie. "Ich will nicht gehen."
 

Sie konnte im Dunkeln erkennen, dass er grinste. "Gut für mich."
 

Sasuke ging um das Bett herum, bis er vor der Seite stand, auf der sie saß.
 

Das war gut. Sie wollte diesen Abstand zwischen ihnen nicht. Sie wusste bloß nicht so recht, wie sie nun anfangen sollten. Das letzte Mal hatte er das übernommen.
 

Sie hob ein wenig zögerlich ihre Hand und berührte seinen Arm. Hauptsächlich, weil sie da gerade gut dran kam, so wie er da stand. Sie hob den Blick und sah ihn vorsichtig an.
 

Er musterte sie und er sah merkwürdig glücklich aus. Allerdings war es so dunkel, dass sie es nicht mit Sicherheit sagen konnte. Er hob seine Hand und strich ihr beinahe liebevoll über die Wange.
 

Aber das reichte ihr nicht. Sie wollte seine Leidenschaft haben. Sie wollte sein Verlangen fühlen. Also richtete sie sich auf ihren Knien ein wenig auf, sodass sie ihre Hände auf seine Schultern legen konnte. Sie streckt sich noch ein wenig. Ganz vorsichtig berührte sie seine Lippen mit ihren und gab ihm einen kurzen Kuss.
 

Sie wich etwas zurück und legte leicht den Kopf schief. Was tat er? Wollte er nun doch nicht mehr?
 

Er grinste. "Ich wollte nur mal sehen, was passiert, wenn ich nichts tue", sagte er. "Ich wollte sehen, ob du das wirklich willst."
 

Das wollte sie ihm gerade versichern, doch dazu kam sie nicht mehr. Er gab ihr einen Stoß gegen die Schultern. Nicht sehr fest, aber fest genug, dass sie davon überrascht nach hinten auf sein Bett fiel. Dann war er über ihr und küsste sie endlich so, wie sie es sich gewünscht hatte. Seine Zurückhaltung war verflogen und anders als das letzte Mal, ließ er sie seine Ungeduld deutlich spüren. Aber das war okay. Eigentlich gefiel es ihr sogar. Denn sie selbst fühlte sich auch ungeduldig. Sie glaubte es kaum erwarten zu können, dass er ihr wieder so nahe sein würde, wie zwei Menschen es einander sein konnten.
 

Wenn sie darüber nachgedacht hätte, hätte es sie auch dieses Mal wieder erstaunt, wie wohl sie sich mit ihm fühlte. Wie egal ihr ihre sonstigen Unsicherheiten waren. Wie frei von Scham oder Verlegenheit sie sich ausziehen konnte und wie natürlich und selbstverständlich es war, was sie zusammen taten. Was das anging, vertraute sie ihm vollkommen.
 

Aber sie dachte nicht darüber nach. Sie folgte einfach nur ihren Wünschen oder ihren Instinkten oder reagierte auf das, was er mit ihr machte. Sie konnte sich fallen lassen und weil sie dieses Mal schon wusste, was sie erwartete und weil sie dieses Mal keine Schmerzen mehr zu befürchten hatte, verspürte sie auch keinerlei Nervosität mehr.
 

Obwohl sie Sasukes Ungeduld deutlich spüren konnte, schien er gefallen daran zu finden, sie ein wenig zappeln zu lassen, bevor er ihr schließlich gab, wonach es sie verlangte. Und da sie einander nun ohnehin schon so nahe waren, störte es sie nicht einmal, dass er nach ihrem Kiefer griff, um ihr Gesicht zu sich zu drehen, damit er sie ansehen konnte.
 

Am Ende hatte sie sogar das Gefühl, dass es noch besser gewesen war als beim ersten Mal. Sie waren beide weniger vorsichtig miteinander gewesen und dadurch hatte sie sich die ganze Zeit so erfüllt von wildem Glück gefühlt, dass sie fast schon erleichtert war, als es schließlich vorbei gewesen war. Fast hatte sie geglaubt es nicht mehr ertragen zu können. Sasuke war wieder die ganze Zeit still gewesen und sie fragte sich, wie er das schaffte, falls er sich genauso fühlen sollte wie sie. Sie hätte beinahe laut geschrien, wenn er sie nicht rasch geküsst hätte, um das zu verhindern.
 

Während sie noch da lag und versuchte ihren Atmen wieder unter Kontrolle zu bringen, war Sasuke wieder wie beim letzten Mal direkt aufgestanden und mit Taschentüchern zum Mülleimer gegangen.
 

Als er fertig war, ging er zu der Stelle, an der seine Hosen auf dem Boden lagen und zog sie an.
 

Sakura hatte sich soweit eingekriegt, dass sie rasch wieder in ihre Schlafsachen schlüpfen konnte.
 

Sasuke stand da und sah ihr dabei zu.
 

"Musst du ins Bad?", fragte er in die Dunkelheit.
 

Sakura zog ihre Haare unter dem Kragen ihres T-Shirts hervor, das sie gerade angezogen hatte und warf ihm einen verwirrten Blick zu. Wieso fragte er sie das?
 

"Wieso-", setzte sie an.
 

"Ja oder Nein?"
 

"Nein", sagte sie und stand zögerlich vom Bettrand auf. Worauf wollte er hinaus?
 

Aber Sasuke hatte offenbar nicht vor das weiter zu erläutern.
 

Er drehte sich um und ging zu seiner Zimmertür hinüber. Einen Moment glaubte Sakura, dass er die Tür für sie aufschließen würde, damit sie gehen konnte.
 

Aber das tat er nicht. Er schloss nicht auf.
 

Er zog bloß den Schlüssel aus dem Schloss. Dann ging er zu dem Nachttisch hinüber, auf dem er bereits Geldbeutel, Smartphone und Autoschlüssel abgelegt hatte. Er nahm den Türschlüssel und legte ihn ebenfalls dazu.
 

Ohne sie anzusehen hob er die Bettdecke an und legte sich darunter, als hätte er gerade etwas völlig Normales getan.
 

Er legte sich bequem zurecht und schloss die Augen.
 

"Ich bin müde", sagte er. "Schlafen wir."

Unzulänglichkeiten

Er hatte ihr gesagt, dass sie jederzeit würde gehen können.
 

Er hatte den Schlüssel auch nicht auf eine Weise weggenommen, die es ihr unmöglich machen würde zu gehen. Sie könnte einfach um das Bett herum gehen und den Schlüssel von seinem Nachttisch nehmen. Er hatte es ihr bloß schwerer gemacht.
 

Warum?
 

Vielleicht mochte er es einfach mit seinen Eroberungen einzuschlafen. Vielleicht galt die Nähe und Magie, die Sex für einen Moment zwischen zwei Menschen erschuf, für ihn für die ganze Nacht und erst am Morgen kehrte wieder Normalität ein. Hatte er sich geärgert, dass sie letztes Mal einfach gegangen war?
 

Wollte sie gehen?
 

Sie wusste es nicht genau. Doch. Eigentlich wusste sie es genau. Wenn sie ehrlich war, dann wollte sie unbedingt gehen. Der ganze Abend war sehr aufregend für sie gewesen. Es würde ihr gut tun nun alleine zu sein. Nur dann würde sie zur Ruhe kommen und schlafen können. Hier würde sie sich auf keinen Fall entspannen können.
 

Aber sie hatte sich vorgenommen zu üben und sich Situationen zu stellen, die sie sonst mied. Und mit seinem Verhalten hatte er deutlich gemacht, dass er wollte, dass sie blieb.
 

Und er hatte es auf eine Weise deutlich gemacht, die zeigte, dass er darüber gar nicht erst reden wollte. Er hatte seine Entscheidung getroffen und sie ihr mitgeteilt. Nun war es an ihr, die ihre zu treffen.
 

Doch wenn sie nun gehen würde, dann würde es irgendwie richtig unangenehm werden. Dann würde sie ihn vor den Kopf stoßen und danach würde es merkwürdig zwischen ihnen sein. Und das wollte sie nicht. So mochte das, was zwischen ihnen war, wenn sie miteinander schliefen. Sie mochte es, dass dann alles so selbstverständlich und einfach war. Und sie mochte es, dass sie sich dann kurz glücklich fühlte.
 

Glück war ein Gefühl, das sie kaum kannte. Es ging ihr entweder ganz gut oder nicht so gut. Aber an diese extremen Gefühle wie vollkommes Glück oder tiefes Unglück hatte sie sich erst kürzlich wieder erinnert.

Glück hatte sie diese beiden Male mit Sasuke im Bett verspürt. Und Unglück, als sie letztens die halbe Nacht geweint hatte, als sie sich hatte eingestehen müssen, dass ihre Kindheit fast nur von Unsicherheit, Einsamkeit, Vernachlässigung und dem Gefühl mit ihrer Existenz alle zu stören geprägt gewesen war.
 

Mit dem Zustand, dass es ihr so Mittel ging, kam sie gut zurecht, daran war sie gewöhnt. Aber Glück oder Unglück zu spüren überforderte sie derart, dass sie sich danach für mehrere Stunden unter ihrer Bettdecke zusammenrollen musste, um sich wieder zu beruhigen. Sonst funktionierte sie nicht. Sonst konnte sie nicht schlafen, nicht essen, nicht aufstehen oder lernen.
 

Und genau das, was sie nun brauchte, konnte sie jetzt nicht tun, denn sie konnte nicht alleine in ihrem Zimmer sein. Zumindest nicht ohne vor Sasuke wie der letzte Psycho oder total kaltherzig rüberzukommen.
 

Ganz langsam setzte sie sich wieder auf die Bettkante, von der sie aufgestanden war, kurz bevor er den Schlüssel genommen hatte.
 

Wie lange hatte sie nun da gestanden? Vielleicht dreißig Sekunden?
 

Sie sah vorsichtig zu Sasuke.
 

Es war sehr dunkel im Zimmer, aber sie konnte sehen, dass er nach wie vor die Augen geschlossen hatte. Er lag auf dem Rücken und machte einen entspannten Eindruck. Aber er konnte unmöglich schon eingeschlafen sein oder?
 

Was er wohl dachte? Wartete er einfach ab, was sie tun würde? Oder dachte er überhaupt nicht über sie nach und war einfach kurz vorm einschlafen?
 

Als sie sich wieder gesetzt hatte, hatte sie entschieden, dass sie bleiben würde.
 

Ihr Herz klopfte nervös bei der Vorstellung und es war nicht diese angenehme Art von Nervosität, die sie vor kurzem noch verspürt hatte. Obwohl sie wusste, dass sie es nicht wirklich war, fühlte sie sich eingesperrt.
 

Aber sie wollte wirklich dazulernen und sich bemühen ihre Ängste zu überwinden. Also griff sie in den Stoff der Decke, hob sie leicht an und schob ihre Beine darunter. Sie rutschte langsam ein kleines Stück in Sasukes Richtung und dann nach unten, bis sie ihren Kopf auf dem Kissen ablegen konnte.
 

Sasukes Bett war groß. Er lag immer noch völlig unbeweglich auf seiner Seite. Zwischen ihnen war beinahe ein Meter Platz und die Decke war auch so groß, dass der Teil, der auf ihm lag, sich kaum bewegt hatte, als sie sich neben ihn auf den Rücken gelegt hatte.
 

Jetzt lag sie in der Dunkelheit, in einem Zimmer, das ihr fremd war und blickte hoch in die Schwärze der weit entfernten Zimmerdecke.
 

Sie bemerkte, dass sie ihre Hände in den Stoff ihres T-Shirts geklammert hatte und lockerte den Griff etwas. Sie riss sich zusammen und legte ihre Arme neben sich auf dem Bettlaken ab.
 

'Atme!', befahl sie sich, als ihr klar wurde, dass ihr der Sauerstoff aus ging, weil sie die Luft angehalten hatte.
 

Vorsichtig holte sie Luft und versuchte ruhiger zu werden. Dann würde sie eben nun die ganze Nacht wachliegen. Das war nicht schlimm. Sie hatte morgen lernen wollen, aber wenn sie zu müde sein würde, wäre das auch nicht schlimm, sie konnte den Stoff ohnehin schon gut genug. Sie konnte es schaffen das nun auszuhalten und vielleicht würde sie dann irgendwann in ihrem Leben mal ganz entspannt neben jemandem einschlafen können. Neben jemandem, der bei ihr bleiben und sie nicht verlassen würde.
 

Bei dem Gedanken fingen ihre Augen an zu brennen, als würde sie gleich losweinen. Als sie diesen Gedanken eben zugelassen hatte, hatte sie bemerkt, wie sehr sie sich wünschte, dass das für sie wahr werden würde.
 

Sie nahm ihren Mut zusammen und flüsterte leise 'Gute Nacht' in die Dunkelheit.
 

"Gute Nacht", sagte Sasuke ruhig.
 

Er klang überhaupt nicht so, als würde er schon halb schlafen. Hatte er die ganze Zeit dagelegen und einfach abgewartet, was sie tun würde? Er musste sie für total verrückt halten!
 

Ino, Karin oder alle anderen würden sich nun sicher an ihn kuscheln und einfach glücklich einschlafen, vielleicht in seinen Armen. Dort, wo es warm wäre. Das wünschte sie sich auch. Es musste sich unendlich schön anfühlen von jemandem im Arm gehalten werden. Es war schön gewesen, als Hinata sie umarmt hatte, als sie am Teich geweint hatte. Ihr Mutter hatte sie nie im Arm gehalten. Zumindest nicht so, dass sie sich bewusst daran erinnern könnte.
 

Aber so sehr sie es sich auch wünschte, sie wusste, dass sie das nun nicht würde ertragen können. Sie würde es nicht ertragen kurz diese Geborgenheit zu spüren und sie dann wieder zu verlieren. Und das würde zwangsläufig passieren.
 

Aber immerhin hatte sie es geschafft sich nun soweit zu entspannen, dass sie ruhig daliegen und ordentlich atmen konnte. Das weiche seidige Bettzeug wurde langsam warm um sie herum und das sorgte dafür, dass ihr ihre Situation zumindest ein wenig behaglicher vorkam.
 

Sie lauschte dem Wind, der wohl in der letzten Stunde aufgekommen war und der nun draußen leise aber deutlich hörbar heulte. Als sie zurück hierher gefahren waren, hatte es schon angefangen, aber nun musste es noch doller geworden sein. Sie spürte Dankbarkeit, weil sie ein Dach über dem Kopf hatte und in einem warmen Bett liegen konnte.
 

Sie fühlte sich schrecklich müde. Bestimmt war es nun schon sehr spät. Bestimmt würde es draußen in wenigen Stunden schon hell werden. Sie glaubte immer noch nicht, dass sie würde schlafen können. Aber ihre Augen fühlten sich dennoch so schwer an, dass sie sie schloss.
 

Ob Sasuke wohl schlief? Bestimmt. Er atmete jedenfalls ruhig und gleichmäßig. Er lag immer noch still auf dem Rücken und hatte sich nicht bewegt. Genauso wenig wie sie.
 

Eigentlich würde sie sich gerne auf die Seite drehen und ein wenig zusammenrollen. Aber sie traute sich nicht sich zu bewegen. Dann würde sie ihn vielleicht aufwecken. Und dann würde vielleicht etwas passieren, mit dem sie nicht umgehen konnte.
 

Sie hätte gerne gewusst, wie lange sie hier schon lag. Eine halbe Stunde? Zwei Stunden? Wie lange würde er schlafen? Bestimmt mindestens bis mittags. Irgendwie musste sie sich beschäftigen, damit sie die Zeit rum bekam. Vielleicht über irgendwas nachdenken? Aber sie war so müde, dass sie sich nicht richtig konzentrieren konnte.
 

"Schläfst du?", flüsterte sie ganz ganz leise in die Dunkelheit.
 

Sie war sich sicher, dass er schlief und dass er sie nicht hören konnte. Sonst hätte sie das nie getan. Ihr war bloß so langweilig. Und vielleicht würde sie sich doch leise auf die Seite drehen können.
 

"Nein."
 

Sie zuckte leicht zusammen.
 

Er klang nach wie vor vollkommen wach. Damit hatte sie nicht gerechnet. Konnte er auch nicht schlafen? Vielleicht konnte sie ihm sagen, dass sie gerne gehen würde, weil sie nur in ihrem eigenen Bett gut schlafen konnte. Das war zwar peinlich, aber dann würde sie hier nicht noch so viele Stunden still liegen müssen.
 

"Du offenbar auch nicht", sagte Sasuke ruhig.
 

"Nein", antwortete sie leise und überflüssigerweise.
 

Einen Moment war es wieder vollkommen still. Bis auf den Wind draußen.
 

Dann hörte sie, wie Sasuke sich aufsetzte. Sie konnte seine dunkle Silhouette erkennen. Einen kurzen Moment tat er nichts. Dann rutschte er etwas zu ihr herüber und legte sich wieder hin. Dieses Mal auf die Seite und ihr zugewandt.
 

Sie konnte sich nicht rühren, seine Nähe überforderte sie und sie spannte sich an.
 

Das hier war etwas anderes als Sex. Mit diesen offensichtlich körperlichen Bedürfnissen konnte sie gut umgehen. Aber das hier, diese Nähe jetzt, entsprang mehr einem seelischen Bedürfnis. Und anders als ein rein körperliches Verlangen konnte sie dieses Bedürfnis nach Nähe nicht erfüllen. Für jeden Außenstehenden, der dieses Problem nicht hatte, musste das vollkommen verrückt klingen. Aber es war ihr unmöglich.
 

Sie hörte, wie er unter der Decke seinen Arm bewegte und gleich darauf spürte sie seine Finger über ihre Hand streichen. Rasch hörte sie auf mit ihren Fingern im Bettlaken Halt zu suchen und sie versuchte ihre Hand zu entspannen.
 

Sie wollte sich nicht so verhalten. Sie wollte nicht so abweisend daliegen und nichts tun. Sie wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen. Sie wollte nicht, dass er mitbekam wie merkwürdig sie war!
 

Sasuke strich mit seinen Fingern sanft ein kleines Stück ihren Arm hinauf, bis er auf der Höhe ihrer Taille war. Er strich unter dem Rand ihres T-Shirts über die Haut an ihrem Bauch, weiter hinüber, bis er sie seitlich an der Hüfte greifen konnte. Sie spürte, wie er seine Muskeln anspannte, um sie zu sich zu ziehen. Sie war sich sicher, dass er ihr bloß nahe sein wollte. Seine Berührungen hatten nichts von der Art, wie er sie anfasste, wenn er sie wollte.
 

Schnell griff sie mit beiden Händen nach seinem Unterarm, um ihn daran zu hindern.
 

"Ich will das nicht", flüsterte sie.
 

Sie fühlte sich schrecklich. Sie benahm sich schrecklich! Er tat ihr so leid!
 

Er lockerte seinen Griff und sie nahm rasch die Hände von seinem Arm. Er zog ihn zurück.
 

"Tut mir leid", flüsterte sie.
 

Sie hatte die ganze Zeit in die Dunkelheit über sich geblickt, um ihn nicht ansehen zu müssen. Nun schloss sie auch noch die Augen.
 

"Okay", sagte Sasuke immer noch mit dieser Ruhe.
 

Wie konnte er nur so ruhig bleiben? Er musste sich doch ärgern, dass sie sich so merkwürdig verhielt und ihn so direkt ablehnte.
 

Sie spürte wie er sich wieder auf den Rücken legte. Aber er rutschte nicht wieder zurück auf seine Seite. Er blieb dicht neben ihr liegen.
 

Sie spürte wie ihr Herz aufgeregt in ihrer Brust schlug.
 

Es war so demütigend, dass sie sich ihren bescheuerten Unzulänglichkeiten so stellen musste. Sie schämte sich vor ihm. Besonders, da er sich wirklich nett verhielt. Wieder mal hätte sie alles dafür gegeben, um zu erfahren, was er dachte.
 

Sie zuckte leicht zusammen, als er seinen Arm neben ihr bewegte und er seine Hand ganz sanft um ihre Finger schloss.
 

Wieder war der Wind draußen alles, was man hören konnte.
 

"Ist das okay?", fragte er schließlich leise.
 

War es das? Ja. Irgendwie schon. Es war schön. Seine Hand war warm. Es war ein kleines bisschen Wärme und Geborgenheit. Nur für ihre Finger. Es machte sie glücklich. Aber es war nur eine kleine Berührung und nur ein kleines bisschen Glück. Das würde sie genießen können. Für den Moment. Für diese Nacht. Und sie würde es aushalten können, dass er ihre Hand wieder loslassen würde. Auch das würde ihr schwer fallen. Aber sie würde es ertragen können, ohne daran zu zerbrechen.
 

"Ja", flüsterte sie. Ihre Augen brannten schon wieder. Dieses Mal mehr vor Dankbarkeit als vor Verzweiflung.
 

Ganz ganz vorsichtig krümmte sie ihre Finger ein wenig, damit ihre Hand nicht einfach nur vollkommen teilnahmlos da lag und damit sie auch ihn ein klein wenig berührte.
 

Eine Weile lag sie da und genoss das Gefühl.
 

Und dann schlief sie doch ein.

Widersprüchlichkeiten

Es war warm.
 

Sie spürte die weiche Decke an ihren nackten Beinen und sie streckte sie ein wenig aus, damit sie das Gefühl des weichen, warmen Stoffes auf ihrer Haut noch mehr genießen konnte.
 

Sie lag leicht zusammengerollt auf der Seite, es duftete gut und ihre Stirn hatte sie an -
 

Sie schrak zusammen. Dieser Gedanke hatte sie abrupt aufwachen lassen.
 

"Guten Morgen", sagte Sasuke.
 

"Guten Morgen", murmelte sie verlegen.
 

Vorsichtig nahm sie ihre Hände von seinem Arm und wich etwas zurück.
 

Sasuke lag dicht neben ihr auf dem Rücken und sie hatte im Schlaf offenbar ihre Hände an seinen Oberarm und ihre Stirn an seine Schulter gelegt.
 

Er drehte sich auch auf die Seite, damit er sie ansehen konnte.
 

So lagen sie einen Moment schweigend da. Sie waren einander immer noch ziemlich nahe. Aber weiter zurückweichen konnte sie nicht, sonst würde sie aus dem Bett fallen.
 

Sein Blick war ihr zu intensiv und sie schlug verlegen die Augen nieder.
 

Es war immer noch leicht dunkel im Zimmer, aber durch die Spalten in den Vorhängen fielen helle Lichtstrahlen in den Raum. Es musste schon mitten am Tag sein. Sie war wirklich eingeschlafen! Und sie hatte lange und tief geschlafen! Sie konnte es gar nicht so richtig glauben.
 

"Du warst sehr nett gestern Nacht", sagte sie leise und blickte auf die hübschen Konturen seiner Halspartie. Das war machbarer als Augenkontakt.
 

"Ich habe so meine glorreichen Momente", kommentierte er ihren Dank leicht belustigt. Sie musste lächeln.
 

Sie wusste nicht so recht, was sie nun tun sollte. Vorsichtig hob sie wieder den Blick, um zu sehen was er tat.
 

Er musterte sie immer noch. Und in seinen Augen glaubte sie etwas Liebevolles zu erkennen, das ihr an ihm so noch nie aufgefallen war.
 

Und das machte ihr ein wenig Angst. Er hatte ihr doch gestern versichert, dass er keine Gefühle für sie hatte und bloß auf Sex aus war. Allerdings, wenn sie nun so darüber nachdachte, dann hatte er das nicht genau so gesagt.
 

"Es war toll", sagte Sasuke.
 

"Für mich auch", flüsterte sie.
 

Seine Worte freuten sie. Sie hatte sich wirklich Sorgen gemacht, dass sein Interesse nicht halten würde, dass er feststellen würde, dass er es nur spannend mit ihr gefunden hatte, als es ihr Erstes Mal mit jemandem gewesen war. Aber offenbar war dem nicht so. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass er ausgerechnet sie wollte, wo er doch fast alle haben konnte.
 

"Dann wiederholen wir das bei Gelegenheit?", fragte er und sie spürte wie sie mal wieder ein wenig rot wurde.
 

Ja. Das wollte sie sehr gerne. Aber-
 

"Keine Erwartungen und Verpflichtungen, einfach nur Sex", fügte er sachlich hinzu.
 

Das war es, was sie hören wollte. Was sie hören musste, damit sie sich darauf einlassen konnte. Aber stimmte das auch wirklich? Schließlich hatte er Erwartungen. Er hatte gewollt, dass sie bei ihm im Bett schlafen würde. Wieso hatte er sie dann nicht gehen lassen? Und seine liebevolle und verständnisvolle Art gestern Nacht, das passte doch nicht zu dem, was er jetzt sagte, oder?
 

"Wieso wolltest du, dass ich hier schlafe?", fragte sie und sah ihm ins Gesicht. Das war notwendig. Sie musste sehen, wie er reagieren würde.
 

"Nur so", sagte er beiläufig und zuckte mit den Schultern. Es klang fast schon gleichgültig. "Es ist nicht so leicht dich ins Bett zu bekommen. Es ist ein bisschen Arbeit."
 

Er grinste. "Arbeit, die sich lohnt wohlgemerkt. Ich schätze ich wollte einfach meinen Triumph noch etwas länger auskosten."
 

Also hatte sie gestern Nacht doch richtig vermutet. Er mochte es schlichtweg nicht, wenn er nach dem Sex alleine war. Für ihn war die Sache einfach erst am nächsten Morgen beendet. So wie jetzt offenbar. Nun verhielt er sich wieder total abgeklärt.
 

"Okay", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln. "Ich würde das auch gerne wiederholen."
 

Sie konnte einfach nicht anders. Sie fand es zu toll mit ihm. Und sie musste leider auch zugegeben, dass sie ihm wahrscheinlich ohnehin nicht widerstehen könnte, wenn er es wirklich darauf anlegen sollte. Er sah einfach zu gut aus. Und was er im Bett mit ihr tat war auch einfach zu gut. Sie wollte unbedingt so viel davon bekommen, wie sie haben konnte.
 

"Gut", sagte er zufrieden und mit einem schiefen Lächeln.
 

Er hob seine Hand, griff ihr in den Nacken, zog ihren Kopf ein bisschen zu sich und kam ihr gleichzeitig entgegen, bis seine Lippen ganz nahe vor ihren waren. Sie berührten sich beinahe.
 

"Was meinst du, sollen wir gleich -"
 

Weiter kam er nicht. Den jemand klopfte an seine Tür.
 

Sakuras Herz setzte kurz aus. Sie hörte sofort an der Art des Klopfens, dass es ihre Mutter war.
 

"Sasuke?", hörte sie die Stimme ihrer Mutter. "Kann ich kurz reinkommen?"
 

Sakura warf Sasuke einen erschrockenen Blick zu und schüttelte panisch den Kopf. Sie wollte auf gar keinen Fall, dass ihre Mutter sie hier in seinem Bett fand.
 

Sasuke hatte sie losgelassen und war wieder ein Stück von ihr zurückgewichen, als es geklopft hatte. Er legte einen Finger an seine Lippen, um ihr zu signalisieren, dass sie still sein sollte.
 

"Moment", rief er.
 

Sakura setzte sich nervös auf und sah ihm zu wie er zurück zu seiner Seite des Bettes kroch, aufstand, den Türschlüssel von seinem Nachttisch nahm und dann damit zur Tür ging.
 

Er sah wirklich unglaublich heiß aus, nur mit seiner dunklen Jogginghose bekleidet. Irgendwie gönnte sie ihrer Mutter diesen Anblick nicht so richtig.
 

Einen Sekundenbruchteil später wunderte sie sich über diesen Gedanken. Das war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für Eifersucht! Überhaupt hatte sie kein Recht auf Eifersucht was ihn betraf!
 

Wusste Sasuke was er tat? Sollte sie sich irgendwie verstecken?
 

Doch Sasuke steckte den Schlüssel ins Türschloss, bevor sie zu einer Entscheidung hatte kommen können. Er schloss auf und zog die Tür auf. Dabei stützte er seinen ausgestreckten Arm am Türramen ab. Es sah so aus, als wollte er bloß cool sein, aber das war geschickt. Es würde ihre Mutter daran hindern den Raum zu betreten. Und von der Tür aus konnte man das Bett nicht sehen.
 

"Was gibt's?", fragte Sasuke knapp.
 

"Es tut mir leid, dass ich dich gestört habe!", hörte Sakura ihre Mutter sagen. "Aber weißt du vielleicht wo Sakura ist? Ich habe das Kleid wiedergefunden, dass ich ihr letztens mitgebracht habe. Und ich wollte es ihr bringen. Findest du nicht auch, dass sie sich ruhig mal ein wenig zurecht machen könnte? Sag du ihr das doch mal! Auf dich hört sie vielleicht!"
 

Sakura konnte sehen wie Sasuke leicht die Stirn runzelte.
 

"Naja, ist ja auch egal!", lenkte ihre Mutter rasch ein. "Jedenfalls, ich wollte ihr das Kleid bringen und da habe ich bemerkt, dass sie gar nicht in ihrem Zimmer ist! Sie ist gestern zu einer Party gegangen. Und ihre Tasche und ihr Smartphone liegen auf ihrem Bett, also kann ich sie auch nicht anrufen. Im Haus scheint sie nicht zu sein. Weißt du wo sie ist?"
 

"Bei Hinata", log Sasuke. Das Lügen schien ihm überhaupt nichts auszumachen. Es klang total überzeugend.
 

"Aber...ihre Tasche", sagte ihre Mutter verwirrt.
 

"Sie wollte bei Hinata übernachten, ich habe die beiden selbst hingefahren. Ihren Kram hat Sakura bei mir im Auto vergessen. War schon spät, sie war müde. Ich habe es erst zuhause gemerkt und die Sachen auf ihr Bett gelegt."
 

"Oh! Na das erklärt es!", sagte Amaya zufrieden. "Ich danke dir Sasuke!"
 

Sakura fand, dass sie die letzten Worte irgendwie mit unnötig viel Charme versehen hatte. Wahrscheinlich ließ sein Anblick auch sie nicht so richtig kalt.
 

Aber offenbar ließ ihr charmanter Tonfall Sasuke ziemlich kalt, denn er sagte bloß knapp 'Kein Ding' und dann schlug er ihr einfach die Tür vor der Nase zu. Er schloss wieder ab.
 

Er drehte sich mit einem überlegenen Lächeln und leicht ausgebreiteten Armen zu ihr um, als würde er nun Beifall für sein gelungenes Schauspiel von ihr haben wollen.
 

Sakura kicherte.
 

"Danke!", flüsterte sie leise.
 

Er kam wieder zu ihr hinüber. Sie hatte sich, als er zur Tür gegangen war, nervös auf den Bettrand gesetzt und er nahm neben ihr Platz.
 

"Immerhin ist ihr aufgefallen, dass ich nicht da bin", sagte Sakura leise und mehr zu sich selbst. Es freute sie ein bisschen. Das war bei ihrer Mutter nicht selbstverständlich.
 

Sasuke lachte ziemlich unterkühlt.
 

"Ja. Um fünfzehn Uhr nachmittags. Und nur, weil sie dir dieses Kleid bringen wollte. Die Sachen, die sie dir mitbringt, ziehst du doch eh nie an! Das brauchst du auch nicht, du bist wunderschön, egal was du trägst!"
 

Seine Worte machten sie verlegen. Dennoch wandte sie nicht den Blick ab, sondern sah ihn irritiert an. Wieso reagierte er denn jetzt so heftig darauf? Er verhielt sich die ganze Zeit über total widersprüchlich! Einen Moment dachte sie, er hatte bloß körperliches Interesse an ihr und dann war er wieder extrem zärtlich oder sagte plötzlich sowas. Er verwirrt sie total! Immer wenn sie sich gerade sicher war sein Verhalten richtig einordnen zu können, sagte oder tat er etwas, dass sie erneut zweifeln ließ. Hinata hatte sie mit ihrer Theorie wirklich total durcheinander gebracht.
 

"Danke", sagte sie mal wieder. Das war offenbar einfach das, was sie ständig zu ihm sagte.
 

Sasuke sah sie mit einem etwas ernsterem Gesichtsausdruck an.
 

"Es wäre übrigens ganz gut, wenn mein Vater nichts davon erfahren würde", sagte er. "Als ihr eingezogen seid, hat er mir ganz klar gesagt, dass er erwartet, dass ich meine Finger von dir lasse. Sonst streicht er mir nämlich mein Taschengeld und da das eine ziemlich beträchtliche Summe ist, wäre ich darüber nicht allzu erfreut."
 

"Oh", sagte Sakura.
 

Er grinste. "Du hast mich jetzt also in der Hand. Ich hoffe das lässt du mich nicht bereuen!"
 

"Ich versuche auch dich nicht zu ärgern, damit du mich nicht ärgern musst", fügte er belustigt in Anspielung auf ihre kleine Auseinandersetzung im Park hinzu.
 

Sie musste wieder lachen.
 

"Keine Sorge! Ich will ja selbst nicht, dass sie es erfahren!", sagte sie rasch.
 

An Sex war nun irgendwie nicht mehr zu denken. Seit ihre Mutter geklopft hatte, waren sie wieder in der Realität angekommen und es hätte sich merkwürdig angefühlt.
 

Das schien auch Sasuke zu finden, denn er sagte: "Ich gehe mal kurz runter und sehe nach wo mein Vater und deine Mutter stecken, dann können wir einen Plan machen, wie wir dich hier möglichst unauffällig raus bekommen. Möglichst auf eine Weise, die zu meiner Geschichte passt."
 

Schon zwei Minuten später kam er wieder hoch.
 

"Sie fahren gerade weg", sagte er gut gelaunt.
 

"Also keine Gefahr für deine Finanzen", stellte Sakura belustigt fest und stand von seiner Bettkante auf.
 

Sasuke kam auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Er beugte sich zu ihr und gab ihr dann einfach einen ganz kurzen Kuss.
 

Das verwirrte sie schon wieder. Dieser Kuss hatte nichts besonders sexuelles an sich gehabt. Sie hatte gesehen, dass sich Leute manchmal so küssten, die eine Beziehung führten. Auf so eine vertraute, beiläufige, selbstverständliche Art.
 

Im nächsten Moment kam sie sich wieder dumm vor, dass sie gerade diesen Gedanken gehabt hatte, denn Sasuke beugte sich zu ihrem Ohr und raunte. "Jetzt wo sie weg sind, könnten wir die Zeit doch eigentlich auch nutzen, oder?"
 

Und weil sie nichts lieber wollte und er nunmal schrecklich überzeugend sein konnte, lief es darauf schließlich auch hinaus.
 

Dieses Mal war es wieder ein wenig anders, weil es nicht so dunkel war wie die letzten beiden Male. Das sorgte dafür, dass sie zu Anfang ein wenig peinlich berührt war. Doch ihre anfängliche Schüchternheit besserte sich, als sie zu bemerkten glaubte, dass es ihm sehr gefiel sie dabei ansehen zu können. Sein Gesicht hatte einen Ausdruck bekommen, der ihn noch schöner machte. Eine seltsame Mischung aus wildem Verlangen und tiefer Sehnsucht. Wieder schaffte er es, dass sie dieses unglaubliche Glück verspürte und wieder sorgte er dafür, dass er ihr ins Gesicht sehen konnte, bevor er selbst zum Ende kam. Er hatte ihr gesagt, dass er sie schön fand, aber die Art wie er sie ansah, ließ sie es wirklich glauben. Durch die Art wie er sie ansah, fühlte sie sich tatsächlich schön.
 

Dieses Mal zog er sich nicht sofort an, sondern kam gleich wieder zurück ins Bett, nachdem er kurz beim Mülleimer gewesen war.
 

Sakura hatte sich gerade aufgesetzt und war nun schon wieder in dieser Situation, dass sie sich fragte, was sie nun tun sollte oder wollte. Doch die Option sich anzuziehen und zu gehen gab es offenbar zumindest aktuell nicht, denn Sasuke griff nach ihrem Gesicht und küsste sie liebevoll.
 

Vorsichtig entzog sie sich ihm. Die Art, wie er sie ansah, sie berührte und küsste, ließ sie schon wieder an Hinata und ihre Theorie denken. Sie warf ihm einen unsicheren Blick zu.
 

Sasuke rollte sich beiläufig zur Seite, legte entspannt einen Arm hinter den Kopf und zog die Decke ein Stück über sich. Dann griff er nach seinem Smartphone und fing an seine Nachrichten zu checken, als wäre sie plötzlich vollkommen uninteressant für ihn.
 

Was war nur los mit ihr? Eben hatte sie sich wieder gefragt, ob er doch Gefühle für sie haben könnte. Nun kam sie sich geradezu überflüssig vor. Wollte sie etwa unterbewusst, dass er sie wirklich mochte, oder wieso bildete sie sich das ständig ein?
 

Sie zog ihre Sachen an und sah zur Tür. Dann sah sie wieder zu ihm. Er tippte irgendwas und beachtete sie nach wie vor nicht weiter.
 

"Das war schön", sagte sie. "Ich gehe jetzt in mein Zimmer, okay?"
 

Er sah beiläufig von seinem Smartphone auf.
 

"Klar, mach das", sagte er und es klang, als wäre ihm das relativ egal.
 

Scheinbar hatte er nun fürs erste genug und er brauchte sie nicht mehr.
 

"Gut... also... bis dann!", sagte sie.
 

Sie war erleichtert, dass es doch kein Problem zu geben schien. Sie ging zu seiner Tür und drehte den Schlüssel um, um aufzuschließen.
 

"Ja, bis dann", sagte Sasuke ohne aufzusehen.
 

Trotzdem. Als Sakura unter der Dusche stand fragte sie sich, ob es wirklich bloß Zufall war, dass Sasuke sich immer ausgerechnet dann total abgeklärt verhielt, wenn sie gerade anfing sich wieder Sorgen zu machen, ob er doch Gefühle für sie haben könnte.
 

Aber das würde bedeuten, dass er sie vollkommen durchschaut hätte. Dass er sie genauso ausanalysiert hätte, wie Hinata es getan hatte, dabei kannte Hinata sie doch so viel besser. Das würde bedeuten, dass Sasuke so starke Gefühle für sie hätte, dass es ihn nichtmal abschreckte, dass sie so kompliziert und kaputt war. Das würde bedeuten, dass er sie bewusst manipulierte, damit sie keinen Rückzieher machte. Das würde bedeuten, dass er wusste, dass sie ihn auf keinen Fall verletzen wollte und dass sie dennoch keine Gefühle für ihn zulassen können würde. Und das war doch eine ziemlich gewagte Theorie.
 

Das konnte einfach nicht sein. Niemals würde Sasuke Uchiha sich ihretwegen so eine Mühe und so viele Gedanken machen. So toll war sie nun wirklich nicht.

Liebe

Auch in den nächsten Tagen lösten sich Sakuras Zweifel nicht vollkommen auf.
 

Es blieb dabei. In einem Moment hatte sie das Gefühl Sasuke würde sich überhaupt nicht oder zumindest nur körperlich für sie interessieren und im nächsten Moment war sie sich da wieder nicht mehr ganz so sicher. Und langsam machte sie das richtig fertig.
 

Sie stellte fest, dass sie sich gedanklich ständig mit ihm beschäftigte und sie schien sich richtig anstrengen zu müssen, es nicht zu tun.
 

Wenn sie lernte, Hausaufgaben machte oder sich mit Hinata unterhielt ging es, aber sobald sie von der Schule nach Hause spazierte oder ein Buch lesen wollte, schweiften ihre Gedanken ständig zu Sasuke ab.
 

Sie dachte auch nicht nur darüber nach, wie er sich verhielt, sie dachte generell an ihn. An sein Gesicht, an seine Berührungen, an sein Lachen, an seinen Geruch. Sie bemerkte sogar, dass sie manchmal abends im Bett lag und sich nach ihm sehnte.
 

Allerdings war es auch schwer, sich nicht gedanklich mit ihm zu beschäftigen. Er war ständig da. So wie vor einer Woche schon, als sie geglaubt hatte, dass er ihr ständig absichtlich nahe kam, damit sie wieder mit ihm schlafen würde. Was sie ja dann auch getan hatte.
 

Aber nun musste er sie ja gar nicht mehr dazu bringen, sie hatte sich doch quasi dazu bereit erklärt, dass sie das manchmal tun würden. Und als ihre Eltern am Mittwoch Abend essen gegangen waren, war es auch dazu gekommen.
 

Sie hatte nicht selbst damit angefangen. Er war immer noch derjenige, der das forcierte, aber sie hatte sich auch nicht wirklich geziert. Sie hatte sich danach gesehnt und sich gefreut, als er auf sie zugegangen war.
 

Auch das vierte Mal mit ihm war fantastisch gewesen. Ihre Aufregung, was dieses Thema betraf, legte sich langsam etwas und dadurch wurde sie mutiger und sie hatte das Gefühl sich noch mehr als zuvor schon bei ihm fallen lassen und entspannen zu können. Trotzdem hatte sie sich erstmal damit abfinden müssen, dass Sasuke es dabei nun offenbar nicht mehr ganz dunkel haben wollte. Ihr wäre das lieber gewesen, das schuf mehr Privatsphäre und kam ihr nicht ganz so intim vor. Aber er bestand auf zumindest etwas Licht.
 

"Ich will dich dabei sehen", hatte er gesagt.
 

In einem Tonfall, der ziemlich nach seinem Vater geklungen hatte und sie war zu schüchtern gewesen, um sich gegen ihn durchsetzen. Aber vielleicht lag das auch gar nicht an ihr. Niemand konnte sich gegen Sasuke durchsetzen, wenn er etwas unbedingt wollte. Und sie ansehen zu können war offenbar etwas, das er unbedingt wollte.
 

Sobald sie ihre Scham wieder ein wenig überwunden hatte, indem sie einfach die Augen schloss, konnte sie sich entspannen und etwas später fiel ihr auf, dass sie ihn ja auch ansehen konnte und das fand sie gar nicht so schlecht. Wie das letzte Mal auch empfand sie das Verlangen in seinem Blick als etwas Wunderschönes und wie das letzte Mal auch sah sie noch etwas anderes, was sie nach wie vor schwer zuordnen konnte. Sie hatte es als Sehnsucht bezeichnet. Besser konnte sie es nicht definieren. Sie wusste bloß, dass sie es wunderschön fand, wenn er so aussah. Wenn er ihretwegen so aussah.
 

Als es vorbei gewesen war, hatte er sie wieder geküsst und wieder waren Zweifel in ihr aufgestiegen. Vorher hatte er sich zwar sehr leidenschaftlich und charmant, aber ziemlich pragmatisch verhalten. Danach hatte sie das Gefühl beschlichen, dass er sie küsste, damit er sie noch einen Moment festhalten konnte. Als wäre es dann noch nicht vorbei und als würde er sie noch nicht loslassen wollen.
 

Doch dieses Mal war es nicht an ihr zu sagen, dass sie gehen wollte denn sie hörten unten Fugaku und ihre Mutter zurückkommen. Und das sorgte dafür, dass Sasuke von ihr abließ und sie ziemlich überstürzt zurück in ihr Zimmer huschte, bevor einer der beiden die Treppe hatte hochsteigen können.
 

Trotzdem, obwohl sie sich nicht mehr sträubte und er also bekam was er wollte, fiel ihr auf, dass Sasuke oft in ihrer Nähe war.
 

Immer noch zwang sich Sakura am Küchentisch ihre Malzeiten einzunehmen. Und Sasuke setzte sich oft zu ihr. Vielleicht wollte er einfach nicht ständig alleine essen, überlegte sie. Doch wie zuvor schon war er dann am Smartphone und sprach nicht mit ihr. Er war körperlich anwesend, aber er ließ sie in Ruhe. Und sie gewöhnte sich langsam daran. Es löste in ihr nicht mehr ganz so viel Stress aus wie am Anfang. Und was auch praktisch war: Wenn Sasuke bei ihr saß und ihre Mutter zufällig vorbei kam, kommentierte sie nicht was Sakura aß. Ihre Mutter fand nämlich, dass eine Frau zwar für eine gute Figur zu sorgen hatte, aber dass das etwas war, was einem beiläufig und scheinbar mühelos gelingen sollte. Vor Männern sprach man über so etwas nicht. In sofern war Sakura Sasukes Anwesenheit gar nicht so unrecht.
 

Als sie am Freitagmorgen in der Küche saß und ihr Obst mit Müsli aß, sah sie jedoch erstaunt auf, als er bereits fertig für die Schule in die Küche kam.
 

"Morgen!", sagte er und ging zur Kaffeemaschine.
 

Sakura beobachtete neugierig, wie er sich eine Tasse nahm. Wieso war er schon wach?
 

Fugaku ging meistens schon sehr früh zur Arbeit und verließ normalerweise das Haus kurz bevor Sakura in die Küche kam. Da sie ihre Spaziergänge zur Schule nach wie vor für eine gute Sache hielt, stand sie immer früher auf, damit sie rechtzeitig zur Schule kam. Sasuke, der mit dem Auto fuhr, war dann immer noch im Bett. Genau wie ihre Mutter, die fand, wenn man einen Mann mit Geld hatte, dann stand es einem quasi zu bis neun Uhr schlafen zu können.
 

"Guten Morgen", antwortete sie etwas verspätet.
 

Sasuke drücke auf einen Knopf an der Kaffeemaschine und schüttelte sich auch etwas Müsli in ein Schälchen.
 

Vielleicht war er einfach ausgeschlafen, überlegte sie, während sie auf ihrem Müsli herum kaute. In letzter Zeit hatte sie ihn fast gar nicht mehr spät nach Hause kommen hören. Und sie hatte auch nicht mehr mitbekommen, dass er unter der Woche betrunken gewesen war. Vielleicht hatte er sich einfach für einen gesünderen Lebenswandel entschieden.
 

Sasuke stellte seinen Kaffee und sein Schälchen vor ihr ab und setzte sich wie immer auf den Platz ihr direkt gegenüber. Er nahm sein Smartphone in die Hand und begann zu essen.
 

"Es regnet", sagte er schließlich in die Stille. "Ich nehme dich mit dem Auto mit."
 

Sakura öffnete empört den Mund. Das konnte er doch nicht einfach so entscheiden! Hatte er das nicht als Frage formulieren können?
 

'Hättest du zugestimmt, wenn er es als Frage formuliert hätte?', fragte die Stimme in ihrem Kopf, die sie so gern überhörte. 'Vielleicht will er es dir nur leichter machen. Das wäre nett von ihm. Es regnet ziemlich dolle und außerdem wolltest du doch üben!' Sakura schob diese Gedanken ärgerlich weg.
 

"Okay", sagte sie leise.
 

"Danke", fügte sie hinzu. Es war fast schon normal, dass sie das ständig zu ihm sagte.
 

Sasuke reagierte nicht darauf, sondern tippte auf seinem Smartphone herum.
 

Bis sie auf dem Parkplatz der Schule ankamen, sprachen sie kaum. Der Regen hatte vor ein paar Minuten aufgehört und es schien wieder ein schöner Tag zu werden.
 

"Wenn du das tust, dann denken alle, dass wir ein Paar wären", sagte Sakura verlegen.
 

Sie hatte beim Aussteigen mit dem Gurt ihrer Tasche und ihren Haaren zu kämpfen gehabt und Sasuke hatte die paar Sekunden genutzt, um um das Auto herumzugehen und ihr gentlemanlike die Tür zu öffnen.
 

Sasuke schlug die Tür wieder zu, sobald sie ausgestiegen war.
 

"Na und?", sagte er. "Ist mir vollkommen egal was irgendjemand denkt."
 

Er strich ihr eine Haarsträhne über die Schulter, die der leichte Wind gerade aufwirbeln wollte.
 

"Ich werde dich ja wohl ein bisschen zuvorkommend behandeln dürfen, wo du doch so überaus effektiv dafür sorgst, dass ich entspannt und zufrieden bin!"
 

Sakura gab ein belustigtes Schnauben von sich.
 

Sie machten sich auf den Weg zum Schulgebäude und Sakura nahm deutlich wahr, dass Karin und ihre Freundinnen ziemlich unzufrieden beobachteten, wie vertraut Sasuke mit ihr umging.
 

"Ist doch nicht so, dass du auf jemand anderen stehst und ich dir hier irgendwas versaue, oder?", fragte Sasuke beiläufig.
 

Sakura schüttelte rasch den Kopf.
 

"Nein", sagte sie. "Tust du nicht."
 

"Na dann." Er klang mal wieder ziemlich selbstzufrieden.
 

Er streckte den Arm aus, griff sie an der Schulter und drehte sie zu sich herum. Er beugte er sich zu ihr und drückte ihr einen kurzen Kuss auf den Mund.
 

Und dann wandte er sich einfach ab und ging auf Neji und Naruto zu, die am Eingang auf ihn warteten. Die beiden tauschten einen Blick miteinander und grinsten.
 

Sakura stand verwirrt da und berührte mit ihren Fingern vorsichtig ihre Lippen. Jetzt verhielt er sich aber wirklich so als wären sie ein Paar!
 

"Hab ich was verpasst?", hörte sie Hinata hinter sich verdutzt sagen.
 

Sakura versuchte ihr in den Pausen zwischen den Stunden von ihrer Verunsicherung in Bezug aufs Sasukes Verhalten zu erzählen, aber so richtig kam sie nicht dazu. Entweder weil Naruto bei Hinata war, Sasuke oder Neji irgendwie in Hörweite waren und in den großen Pausen kamen Tenten und Temari zu ihnen. Das freute sie und Sakura vergaß Sasuke sogar für den Moment, weil sie es genoss mit Hinata, Tenten und Temari draußen in der Sonne auf der Wiese zu sitzen, während sie über Tentens Problem mit Neji plauderten.
 

Sakura erzählte ihr, was sie von Sasuke dazu gehört hatte und Hinata hatte von Naruto das gleiche zu berichten.
 

"Siehst du?", sagte Temari zu Tenten. "Alle denken, dass es ihm wichtig ist mit dir! Ich finde nach wie vor, dass du ihm einfach eine Ansage machen solltest!"
 

"Vielleicht!", sagte Tenten nachdenklich und nahm einen Schluck aus ihrer Wasserflasche.
 

Zum Glück sprach niemand an, dass Sasuke Sakura auf der Party am Freitag oder heute morgen vor der Schule geküsst hatte. Vor allen Leuten.

Weil alles was Sasuke tat oder nicht tat immer Gesprächsthema war, war sich Sakura sicher, dass sich das mittlerweile herumgesprochen haben musste. Trotzdem erwähnten Tenten oder Temari es nicht. Einen kurzen Moment hatte Sakura den Eindruck, dass Temari das Gespräch in diese Richtung lenken wollte, aber da warf Tenten ihr einen strengen Blick zu und Temari ließ es sein.
 

Das fand Sakura wirklich nett von den beiden. Sie wusste nämlich einfach nicht, was sie dazu hätte sagen sollen. Sie konnte nach wie vor keine Gefühle zulassen und hoffte einfach, dass Sasuke auch keine hatte, damit sie sich nicht schlecht fühlen musste.
 

Nach der Schule spazierte Sakura noch ein wenig mit Hinata durch den Park und sie kamen endlich dazu in Ruhe über alles zu sprechen. Hinata stellte ein paar ziemlich gezielte Nachfragen und sah nachdenklich drein.
 

"Ich glaube du könntest recht haben", sagte sie langsam. "Ich hatte den Gedanken ehrlich gesagt schon seit letzter Woche, seitdem wir bei Tenten waren, weist du noch?"
 

"Da hast du gar nichts richtig zu dem Thema gesagt!", sagte Sakura. "Ich weiß noch, dass ich mich darüber gewundert habe!"
 

"Ja", stimmte Hinata ihr zu. "Ich wollte dich nicht total verunsichern. Aber ich glaube immer mehr, dass er Gefühle für dich hat. Und ich weiß, es klingt etwas weit hergeholt, aber ich glaube, dass er vielleicht kapiert hat, dass du Angst vor emotionaler Nähe hast und dass er sich vielleicht absichtlich so widersprüchlich verhält, damit du dich nicht zurückziehst. Ich meine, wenn er dir sagen würde, dass er dich liebt, dann würde dich das doch so dermaßen überfordern, dass du dich von ihm zurückziehen würdest, oder?"
 

Das musste Sakura leider bejahen. Sie konnte doch nicht mit jemandem Schlafen, der viel mehr wollte als das und dem sie das aufgrund ihrer psychischen Probleme nicht würde geben können. Dann wäre es doch in ihrer Verantwortung sich korrekt zu verhalten und auf Abstand zu gehen, damit sie nicht auch noch Hoffnungen schürrte. Das wäre ja sonst total grausam von ihr!
 

Es hatte sie noch mehr verunsichert, dass Hinata und sie beide unabhängig voneinander auf diesen Gedanken gekommen waren. Hieß das nicht, dass dieser Gedanke dann doch nicht so völlig weit hergeholt war? Konnte es tatsächlich sein, dass Sasuke ihr seine Abgeklärtheit vorspielte, damit er sie nicht verschreckte? Hatte er sie wirklich so gut durchschaut?
 

'Er ist einfühlsamer als man denkt' hatte sie wieder Itachis Worte im Kopf. Das hatte er ihr schon vor vielen Wochen über Sasuke gesagt. Aber konnte er wirklich derart einfühlsam sein? Oder war sie einfach total leicht zu durchschauen?
 

Nachdem sie sich von Hinata getrennt hatte, war sie nach Hause gegangen. Dort hatte sie ihre Hausaufgaben erledigt, eine Weile gelernt und dann hatte sie lesen wollen.
 

Doch wieder konnte sie sich darauf nicht so recht konzentrieren. Und weil sie ohnehin nicht anders konnte, als über Sasuke nachzudenken, entschied sie noch einen weiteren Spaziergang alleine zu machen. Das würde ihr vielleicht helfen sich ein wenig zu sortieren. Sie musste endlich mit dieser Grübelei aufhören!
 

Sie nahm sich fest vor nach dem Spaziergang zu entscheiden Sasuke entweder nochmal auf sie Sache anzusprechen oder es sein zu lassen. Falls sie sich für letzteres entscheiden sollte, musste sie dann aber auch endgültig aufhören dauernd darüber zu nachzudenken, ob es nun ein Problem gab oder nicht. Sie nervte sich damit schon regelrecht selbst.
 

Sie merkte, dass sie sich davor drückte diese Entscheidung zu treffen. Und um das hinauszuzögern ging sie im Park bis ganz nach hinten zu dem Platz an dem kleinen Teich. Dort würde sie den Enten zuschauen und richtig hinfühlen können.
 

Während sie dort saß, wurde es langsam dunkel. Die Entenküken waren in den letzten Wochen schon ein gutes Stück gewachsen.
 

Und während Sakura so am Ufer hockte und ihnen zusah wie sie auf dem Wasser umher schwammen und immer wieder auf der Suche nach etwas Essbarem ihre Schnäbel hinein tauchten, kam sie zu dem Schluss, dass sie nochmal mit Sasuke sprechen musste.
 

Sie hatte Angst vor seiner Antwort. Sie hatte Angst, dass er ihr sagen würde, dass er doch Gefühle für sie entwickelt hatte. Sie wusste, dass sie damit aufgrund ihres Bindungsangst-Psychoproblems nicht würde umgehen können und dass sie diese Gefühle nicht würde erwidern können. Sie wusste, dass sie ihn dann verlieren würde, weil sie unmöglich weiter mit ihm schlafen konnte, falls er sie ernsthaft mochte und eigentlich richtig mit ihr zusammen sein wollte. Denn das würde sie ihm nicht geben können. Sie würde es einfach nicht hinkriegen sich so zu öffnen. Das war keine Frage des Wollens. Sie hatte so viel Angst, dass sie wieder verlassen und verletzt werden würde, dass sie es einfach nicht konnte. Sie spürte einfach nur Leere, wenn sie versuchte zu ergründen, ob sie Gefühle für ihn hatte. Sie hasste sich dafür und sie fand es albern. Aber sie konnte es nicht ändern. Zumindest jetzt nicht. Irgendwann vielleicht. In der Zukunft. Vielleicht konnte sie eine Therapie anfangen, sobald sie zum studieren ausgezogen war. Sie hatte nämlich wenig Lust das jetzt schon zu machen und das mit ihrer Mutter und Fugaku besprechen zu müssen. Sie war sich ziemlich sicher, dass die beiden von dieser Idee nicht besonders viel halten würden.
 

Sie seufzte und stand auf. Sie hatte sich entschieden. Sie würde nochmal richtig mit Sasuke sprechen. Nicht so nebenbei in einer Küche auf einer Party. Und falls er Gefühle für sie hatte, dann musste sie ihm ihre Situation erklären, damit er wusste, dass es aussichtslos war und er wieder darüber hinwegkommen konnte.
 

Das war ihre Verantwortung. Es war ihre Aufgabe ihr Problem ordentlich zu kommunizieren und offen und ehrlich zu ihm zu sein. Und sollte er sie auslachen dafür, dass sie es ernsthaft in Erwägung zog, dass er sie vielleicht liebte, dann war das auch nicht schlimm. Dann konnten sie weiter miteinander schlafen. Sie hoffte fast auf dieses Ergebnis. Sie wünschte sich, dass sie für ihn einfach eine Bettgeschichte war, die praktischerweise sogar im selben Haus wohnte und dadurch jederzeit für ihn zu Verfügung stand. Denn dann würde sie das, was sie miteinander hatten, behalten können.
 

Als sie schließlich auf dem Rückweg durch den Park war, war es schon halb elf und dunkel. Das letzte bisschen blau war gerade aus dem Himmel verschwunden und die alten, schmiedeeisernen Laternen mit ihrem orangefarbenen Licht waren bereits an. Der Park war fast leer. Nur hier und da waren noch ein paar vereinzelte kleine Gruppen von jungen Leuten - hauptsächlich Männer - zu sehen, die lachten und wahrscheinlich Alkohol tranken. Es würde nun schon bald Sommer werden und die Nächte waren schön warm.
 

Wie immer, besonders wenn es dunkel war, ging sie rasch und mit gesenktem Kopf. Sie wollte schnell nach Hause. So richtig wohl fühlte sie sich nicht, so ganz alleine im dunklen Park, mit bloß einigen wenigen Leuten um sie herum, die wahrscheinlich leicht betrunken waren. Immer wenn es sich machen ließ, nahm sie einen der zahlreichen kleinen verschlungenen Wege, der sie die Leute umgehen und meiden ließ.
 

Kurz vor dem Ausgang des Parks hatte sie Pech. Drei Männer waren an der Mauer direkt vor dem schmiedeeisernen Parktor. Dort wo sie durch musste, um den Park zu verlassen. Daran führte kein Weg vorbei.
 

Sie ging etwas langsamer, um die Lage ein bisschen besser beurteilen zu können. Waren die drei auch betrunken? War es sicher an ihnen vorbeizugehen oder würden sie sie dann ansprechen? Wieso war sie bloß nicht früher nach Hause gegangen?
 

Die drei schienen in ein Gespräch vertieft und total damit beschäftigt. Sie bemerken sie gar nicht, obwohl sie schon fast auf gleicher Höhe mit ihren war. Sie hatte die Lichtkegel der Laternen gemieden und wenn sie nicht zufällig direkt zu ihr sahen, konnten sie sie in der Dunkelheit vielleicht gar nicht so genau erkennen.
 

Gerade hatte sie sich entschieden einfach rasch an ihnen vorbeizugehen, als sie stehen blieb und fast vor Erleichterung auflachte. Das waren Sasuke, Naruto und Neji! Sie hatte sich vollkommen umsonst Gedanken gemacht!
 

Sie wollte gerade auf sie zugehen, als sie hörte, wie ihr Name fiel. Sie blieb überrascht wieder stehen.
 

"Was ich eigentlich schon seit heute Morgen fragen will: Wie geht es eigentlich mit Sakura voran?"
 

Das war Neji.
 

"Ich denke gut", sagte Sasuke. "Sie ist wie ein furchtbar scheues Reh und ich habe ständig Angst, dass ich einen falschen Schritt mache und sie verschrecke. Aber bisher geht der Plan auf. Wenn ich immer rechtzeitig emotionale Distanz herstelle, dann kann ich sie bei mir halten. Zumindest einigermaßen."
 

"Na die muss ja echt gut im Bett sein", sagte Neji lachend. "Wenn du dir so ne Mühe machst!"
 

"Ist sie", sagte Sasuke beiläufig. "Und ihr Körper ist auch ein Traum."
 

Neji lachte. "Klar. Wir sind nicht blind. Sie ist wunderschön. Das sieht jeder. Da helfen auch ihre Klamotten nicht, um das zu verstecken."
 

"Ja, aber darum geht es hier nicht, oder?", sagte Naruto. "Bleib mal ernst Neji."
 

"Stimmt", sagte Neji nachdenklich. "Darum geht es wirklich nicht. Ich wollte bloß wissen, ob du in den letzten Tagen noch weiter gekommen bist mit ihr."
 

Sasuke schwieg einen Moment bevor er antwortete.
 

"Ja. Ich denke schon. Ich glaube sie gewöhnt sich an mich. Gegen ihre Angst vor emotionaler Nähe komme ich nicht an. Wenn es in diese Richtung geht zieht sie sich sofort zurück. Aber ich glaube ich schaffe es, dass sie sich daran gewöhnt, dass ich zumindest rein körperlich ein Teil ihres Lebens bin. Sie fängt an sich in meiner Anwesenheit zu entspannen."
 

"Das ist gut", sagte Naruto. "Das ist im Vergleich zu dem, wo du vor ein paar Monaten standest, ein riesen Fortschritt!"
 

"Ja", sagte Sasuke. Er klang glücklich und wehmütig zugleich. "Ich hatte nicht mehr daran geglaubt, dass ich irgendwann mal das haben kann, was ich jetzt habe."
 

Neji seufzte verständnisvoll und gab ihm einen Schlag auf die Schulter.
 

"Tja. Du leidest und es ist grausam. Aber jetzt hast du immerhin eine wirkliche Chance. Ich hatte auch die Hoffnung aufgegeben, dass das für dich tatsächlich möglich wäre. Aber für dich hätte ich bis in alle Ewigkeit jeden Verehrer von ihr ferngehalten!"
 

Naruto lachte. "Ja, ich auch. Und das war manchmal echt Arbeit! Besonders weil ich mich total bemühen musste das einigermaßen nett und diplomatisch auf die Reihe zu bekommen. Ich bin schließlich nicht so ein Mistkerl wie Neji!"
 

Neji schnaubte entrüstet und Sasuke lachte ebenfalls. Leise und ein wenig bitter.
 

"Tja", sagte Naruto. "Seit ich Hinata habe, kann ich dich noch besser verstehen Sasuke. Gegen seine Gefühle kommt man nicht an. Es ist gut, dass du das nicht weiter versucht hast. Das mit Ino war ne blöde Idee!"
 

"Ja, war es", stimmte Sasuke zu.
 

"Trotzdem", wiederholte Neji, was er schon damals nach Inos Ohrfeige vor der ganzen Klasse gesagt hatte. "Den Versuch war es wert! Du warst total am Ende, du musstest irgendwas probieren!"
 

"Ich hätte es gleich lassen sollten", sagte Sasuke schulterzuckend. Damit habe ich Ino nur wehgetan."
 

"Ach, die hat doch quasi bekommen, was sie wollte", sagte Naruto ziemlich grob. "Der ging es doch nie wirklich um dich! Die wollte doch nur überall herumerzählen, dass ihr miteinander geschlafen hättet. Sie wollte sich doch nur mit dir schmücken und sich wichtig machen, weil du so beliebt bist! Wegen der solltest du echt kein schlechtes Gewissen haben!"
 

"Immerhin hat sie überall rumerzählt ich wäre gut im Bett", sagte Sasuke grinsend.
 

Neji lachte. "Tja, aber außer Sakura weiß niemand, ob das wirklich stimmt, nicht wahr Sasuke?"
 

Naruto lachte ebenfalls und wuschelte Sasuke ein wenig unsanft durch die Haare. Der verzog das Gesicht und wich ihm aus.
 

"Lass das!"
 

"Ich staune immer noch darüber, dass du so einen Ruf bekommen konntest, obwohl du fast gar nichts dafür getan hast!", sagte Neji kopfschüttelnd.
 

"Er ist eben ein hoffnungsloser Romantiker!", sagte Naruto grinsend. "Das muss man in unserem Alter erstmal fertig bringen! Ständig alle Frauen zu verschmähen, obwohl sie sich einem alle freiwillig zu Füßen werfen!"
 

"Was sollte ich denn machen?", fragte Sasuke genervt. "Ich habe es euch schon tausend Mal gesagt. Ich kann nur, wenn ich mir sie dabei vorstelle! Und es kommt mir eben falsch vor, mit einer Frau zu schlafen und sich dabei eine andere vorzustellen!"
 

"Ich weiß", sagte Neji.
 

"Ja", sagte Naruto. "Du liebst sie eben. Es ist nicht zu ändern."
 

"Ja", sagte Sasuke leise. "Ich liebe sie."

Leid

In genau diesem Moment hob Sasuke seinen Blick und sah rein zufällig direkt in die Richtung, in der sie stand.
 

Er schien einen Moment zu brauchen um zu realisieren, dass sie wirklich dort war. Er tat nichts weiter als sie anzusehen, aber sein Gesichtsausdruck versteinerte ein wenig.
 

Neji und Naruto sahen ihn eine Sekunde irritiert an, dann folgen sie seinem Blick.
 

Neji stöhnte.
 

Alle schwiegen. Irgendwo weiter hinten im dunklen Park lachten ein paar Leute.
 

"Hallo Sakura", sagte Naruto schließlich. "Wie lange stehst du da schon?"
 

"Ihrem schockierten Gesichtsausdruck nach zu schließen offenbar lange genug", sagte Neji. Er klang frustriert. "Tja. Das ist jetzt wirklich Pech. Das solltest du eigentlich nicht hören Sakura. Seit wann bist du eigentlich um die Uhrzeit im Park unterwegs?"
 

Sakura hatte, seit sie gehört hatte, dass ihr Name gefallen war und sie dadurch verdutzt stehen geblieben war, einfach nur erstarrt dagestanden und zugehört. Sie hatte sie nichtmal belauschen wollen. Sie war gerade aus der Dunkelheit hinein in den Lichtschein der Laterne getreten, weil sie zu ihnen hatte gehen wollen. Und dann war sie da einfach drei Meter entfernt von ihnen stehen geblieben und hatte gar nichts mehr tun können. Sie war nichtmal versteckt gewesen. Sie hatten einfach alle rein zufällig nicht in ihre Richtung gesehen.
 

Sasuke stand sehr langsam auf, als wäre er noch unschlüssig, was er nun tun wollte. Er machte einen Schritt auf sie zu. Aber er blieb sofort wieder stehen, weil sie instinktiv ein wenig zurückwich.
 

"Du hast also alles gehört?", fragte er.
 

Wie konnte er nur so ruhig bleiben?
 

"Ja", flüsterte sie.
 

In dem Versuch sich irgendwie zu beschützen hob sie ihre Arme und legte sie um sich, als wäre ihr kalt.
 

"Tut mir leid", sagte sie und sie hörte, dass sie verzweifelt klang. "Es tut mir wirklich leid, ich weiß gerade nicht, was ich jetzt sagen soll!"
 

Sie fühlte sich schrecklich. Sie tat ihm also doch weh! Das wollte sie doch nicht! Sie wusste nicht, was sie tun sollte und auch nicht was sie fühlen sollte. Sie fühlte gerade nur Leere und deswegen fühlte sie sich ganz schrecklich schuldig. Sonst war da überhaupt nichts. Aber das durfte so nicht sein. Jeder andere wäre doch glücklich gewesen bei dem, was Sasuke eben gesagt hatte! Das klang so, als würde er sie schon lange lieben. Und er wusste scheinbar was mit ihr los war und war so unglaublich rücksichtsvoll! Wieso konnte sie jetzt nicht irgendwie angemessen darauf reagieren oder sich freuen?
 

"Ich weiß", sagte Sasuke. Er klang verständnisvoll. Aber auch entmutigt.
 

Sie fühlte sich sofort noch schlechter. So elend wie in diesem Moment hatte sie sich noch nie gefühlt.
 

"Tut mir leid", flüsterte sie nochmal, weil sie einfach nicht wusste, was sie sonst tun sollte.
 

Aber sie musste jetzt irgendwas tun. Sie konnte sich einfach nicht so verhalten, wie sie es gerade tat. Sie musste jetzt mit ihm reden. Aber was sollte sie sagen? Sie hatte vorgehabt ihm ihre Situation zu erklären. Aber offenbar wusste er das alles längst. Dadurch, dass er so großartig zu ihr war, fühlte sie sich nun noch mehr so, als würde sie ihm etwas ganz Schreckliches antun. Sie hasste sich so sehr dafür! Ihr wurde schwindelig. Sie musste vernünftig atmen! Wie ging das eigentlich nochmal?
 

"Ihr müsst jetzt darüber reden", sagte Naruto. "Das ist wirklich richtig blöd gelaufen, aber es ist jetzt nicht mehr zu ändern und -"
 

Er bracht ab, weil Sasuke leicht die Hand hob, um ihm zu signalisieren, dass er still sein sollte. Er musterte sie konzentriert.
 

"Ist sie okay?", fragte Neji skeptisch. "Sie sieht aus, als würde sie gleich umkipp-"
 

Aber Sasuke hatte sich längst bewegt. Als ihr schwarz vor Augen wurde und ihre Beine nachgaben war er schon da. Er erwischte sie am Oberarm, bevor sie mit den Knien auf dem Boden aufschlug, sodass sie sich mit seiner Hilfe nun eher setzte als wirklich zu fallen.
 

Sie schien sofort wieder zu sich zu kommen, denn Neji und Naruto kamen gerade erst bei ihnen an, als sie wieder etwas wahrnehmen konnte.
 

"Was hat sie?", fragte Naruto schockiert.
 

"Bist du okay?", fragte Neji sie und hockte sich vor sie.
 

"Ja", sagte sie tonlos. "Ich bin okay, es geht schon." Sie hörte wie schwach ihre Stimme klang.
 

Naruto und Neji sahen beide unsicher zu Sasuke, der neben ihr hockte.
 

"Ich glaube sie hat bloß vergessen zu atmen", sagte er ruhig.
 

Sakura nickte schwach. Sie wollte wieder aufstehen und Sasuke erhob sich und zog sie hoch, als er sah, dass sie es versuchte. Dann ließ er ihren Oberarm los und trat ein Stück zurück.
 

"Man kann das atmen vergessen?", fragte Naruto verwirrt.
 

"Scheinbar", sagte Neji und erhob sich wieder.
 

Die Beiden musterten sie prüfend, als wären sie besorgt, dass sie gleich wieder umkippen würde.
 

"Tut mir leid", sagte Sakura schon wieder und kam sich langsam richtig blöd vor.
 

"Naja", sagte Neji trocken. "Mach dir deswegen keinen Kopf. Sasuke ist es gewohnt, dass Frauen seinetwegen in Ohnmacht fallen!"
 

Naruto lächelte leicht. Alle schienen sich gerade überfordert zu fühlen.
 

"Ich nehme an, du möchtest nun gerne in dein Zimmer und alleine sein, richtig?", fragte Sasuke sachlich an sie gewandt.
 

Sie senkte den Blick und nickte. Sie mussten reden, aber gerade musste sie erstmal wieder klarkommen und das Gehörte irgendwie verarbeiten.
 

"Ich..."
 

Sie brach ab, weil sie ohnehin nach wie vor keine Ahnung hatte, was sie sagen sollte.
 

Sie wollte alleine sein. Aber was war mit ihm? Er musste sich schrecklich fühlen! Irgendjemand musste sich doch jetzt um ihn kümmern! Für ihn musste doch gerade alles kaputt gegangen sein, weil sie das gehört hatte.
 

"Gehen wir nach Hause", sagte Sasuke ruhig. "Dann kannst du dich ausruhen."
 

Wieder fragte sie sich, wie er so ruhig bleiben konnte.
 

"Was ist mit dir?", stellte Naruto zum Glück endlich die Frage, die sie Sasuke eigentlich stellen wollte.
 

"Ja", sagte Neji. "Sollen wir-"
 

"Alles gut!", sagte Sasuke knapp und zwar in einem Ton, der deutlich machte, dass es ihm gerade schwer fiel die Fassung zu wahren.
 

"Itachi hat mir vorhin geschrieben, dass er nach Hause kommt. Er müsste mittlerweile da sein. Ich kann mit ihm reden."
 

"Oh! Gut!", sagte Naruto und Sakura fühlte sich genauso erleichtert wie Neji aussah.
 

Es war es zwar peinlich, dass Itachi alles mitbekommen würde, aber wahrscheinlich wusste er ohnehin schon bescheid und es war ihr eigentlich auch egal. Sie wollte nur, dass sich nun irgendjemand um Sasuke kümmern würde.
 

"Okay Leute, dann mal Abmarsch!", sagte Neji entschieden. "Naruto und ich kommen noch mit, liegt ja mehr oder weniger auf unserem Weg."
 

Also gingen sie los. Sie schwiegen alle und Sakura fand diese fünfzehn Minuten unglaublich schrecklich. Sie hoffte bloß, dass Itachi auch wirklich da sein würde.
 

Ihr Kopf fühlte sich vollkommen dumpf und leer an. Sie musste erst alleine in ihrem Zimmer sein, um sich sortieren zu können. Und dann musste sie sich verdammt nochmal zusammenreißen und vernünftig mit Sasuke sprechen. Auch wenn sie immer noch keine Ahnung hatte, was sie dann überhaupt sagen sollte.
 

Sie warf Sasuke einen vorsichtigen Blick zu.
 

Sie wünschte sofort sie hätte es nicht getan. Er blickte beim Gehen vor sich auf den Boden und er sah überhaupt nicht glücklich aus.
 

Sie holte tief Luft, als sie merkte, dass ihr schon wieder schwindelig zu werden drohte.
 

Dann kamen sie endlich bei der Einfahrt des Uchiha Anwesens an.
 

Sakura verspürte ein ganz klein wenig Erleichterung. Da war Itachi. Offenbar war er genau in diesem Moment angekommen, er schloss gerade sein Auto ab und schulterte seine Tasche, in der er vielleicht Übernachtungssachen hatte.
 

Er schien sofort zu merken, dass etwas nicht stimmte, als sein Blick auf sie alle fiel.
 

"Was ist passiert?", fragte er scharf.
 

Sakura spürte, wie ihr die Tränen kamen. Sie wandte sich rasch ab und ging so schnell sie konnte auf sie Haustür zu.
 

"Lass sie", hörte sie Sasuke hinter sich sagen, als Itachi einen Schritt auf sie zu machte. "Sie braucht Zeit alleine."
 

Als Sakura die Haustür hinter sich geschlossen hatte, eilte sie sofort durch den Eingangsbereich und die Treppe hoch. Sie schaffte es in ihr Zimmer, ohne jemanden zu treffen. Sie schloss die Tür hinter sich ab und ließ sich auf den Boden sinken. Sie schaffte es nichtmal zu ihrem Bett.
 

Sie wischte sich wütend ein paar Tränen weg. Sie fühlte sich schrecklich, weil ihr Sasuke leid tat und sie daran Schuld war. Aber eigentlich war Sasuke doch derjenige, der Grund hatte traurig zu sein! Wieso weinte sie denn jetzt? War sie so traurig, dass die Affäre zwischen Sasuke und ihr nun vorbei sein musste?
 

Sie zog ihre Beine an sich, legte ihre Stirn auf ihre Knie und ihre Arme über ihren Kopf. Ihr war das alles so peinlich. Vor Naruto, vor Neji, vor Itachi, sogar vor Hinata und vor allem vor Sasuke. Sie hasste es, dass alle nun so darauf fokussiert waren, dass sie irgendwie kaputt war. Wie schon so oft in ihrem Leben, kam sie sich vor, als sei sie für alle bloß eine Last.
 

Aber sie musste nun aufhören sich zu bemitleiden und an Sasuke denken! Sasuke liebte sie also tatsächlich. Warum auch immer. Sie konnte nicht verstehen, was an ihr toll sein sollte. Aber er hatte es selbst gesagt, also musste sie das nun akzeptieren. Sie musste ihm sagen, dass es ihr unmöglich war, solche Gefühle für jemanden zu empfinden und dass sie auf Abstand gehen müssten, damit er sie wieder aus dem Kopf bekommen würde! Es war egal, dass sie den Abstand zu ihm nicht wollte. Sie durfte nicht selbstsüchtig sein, nur weil sie einen Teil seiner Nähe behalten wollte. Sie konnte ihm nicht geben was er wirklich wollte und wenn sie nicht konsequent war, dann machte sie für ihn alles nur immer schlimmer, weil sie ihm dann Hoffnung machte, dass er sie ändern könnte, wenn er sich nur richtig verhalten würde. Aber so einfach würde das nicht sein. Es war ihr Problem und es war nichts, was einfach beseitigt werden konnte, nur weil er sich so toll verhielt! Sie musste nun aufstehen und rüber gehen und ihn fragen, ob er mit ihr reden würde und-
 

Es klopfte an ihre Tür und sie schrak zusammen. Rasch stand sie auf und atmete einmal tief durch. Dann öffnete sie die Tür.
 

"Hallo", sagte Itachi freundlich. "Kann ich mit dir sprechen Sakura?"
 

Sie wischte sich rasch mit dem Ärmel über ihr Gesicht um die Tränenspuren zu entfernen und sah ihn verunsichert an.
 

"Ich wollte gerade zu Sasuke", sagte sie vorsichtig. "Ich sollte wohl mit ihm reden, ich musste mich nur kurz sammeln."
 

"Sasuke möchte nicht mit dir reden", sagte Itachi ruhig.
 

"Oh... okay.... Das verstehe ich, er muss wütend sein", sagte sie traurig.
 

"Nein, so ist es nicht", sagte Itachi mit einem leichten Lächeln. "Kann ich vielleicht reinkommen? Dann erkläre ich es dir."
 

Eigentlich mochte sie es nicht, wenn jemand in ihrem Zimmer war. Aber sie wollte unbedingt hören, was Itachi sagen wollte, daher nickte sie und öffnete die Tür weiter, damit er hergekommen konnte. Das war alles so unendlich peinlich. Aber da musste sie nun durch!
 

Itachi schloss die Tür hinter sich. Sakura fühlte sich schrecklich unwohl und nervös. Und schuldig. Sie wusste nicht, was sie nun tun sollte.
 

Aber Itachi nahm ihr das ab.
 

"Setzen wir uns, ja?", fragte er.
 

Er ging zu ihrem Schreibtischstuhl, zog ihn hervor und nahm darauf Platz. Also ging Sakura zu ihrem Bett und setzte sich ihm gegenüber auf die Bettkante, denn so hatte er sich das offenbar vorgestellt.
 

"Es tut mir leid, ich wollte ihn nicht verletzen-", sagte sie hilflos.
 

"Niemand gibt dir die Schuld Sakura", sagte Itachi freundlich.
 

Sie sah ihn verwirrt an. "Aber du hast gesagt Sasuke will nicht-"
 

"Sasuke ist nicht wütend auf dich", unterbrach er sie. "Er will bloß nicht mit dir reden, weil er schon zu wissen glaubt, was du sagen wirst. Er meint, du wirst ihm sagen, dass ihr nun auf Abstand gehen müsst, damit er sich entliebt, weil du nicht willst, dass er deinetwegen leidet. Richtig?"
 

Sakura öffnete verwirrt den Mund. Wieso kannte Sasuke sie denn so gut? Sie schloss den Mund wieder und nickte.
 

"Und er hat mich hergeschickt, um dir auszurichten, dass er das nicht akzeptiert."
 

"Was?" Jetzt war sie richtig verwirrt.
 

Itachi lächelte.
 

"Er denkt, dass es leichter für dich ist, wenn ich mit dir rede, als wenn er das jetzt tut, weil dann alles etwas sachlicher und rationaler ist und du dich nicht vollkommen zurückziehen sondern richtig zuhören wirst."
 

Sakura starrte ihn an. Wie konnte Sasuke sie denn so dermaßen perfekt durchschauen?
 

Itachi lächelte. "Offenbar versteht er dich ganz gut, nicht wahr?"
 

"Aber wie?", fragte sie verwirrt. "Woher weiß er das alles? Ich habe letztens erst durch ein Gespräch mit Hinata selbst verstanden, dass ich so bin und warum das so ist."
 

Sie war völlig durcheinander. Das Gespräch war ihr total unangenehm. Aber sie wollte auch Antworten haben.
 

Itachi lächelte wieder ein wenig traurig.
 

"Sakura, ich kann dir versichern, dass Sasuke sich deutlich mehr Gedanken über dich gemacht hat, als Hinata. Er ist schon seit vielen Jahren in dich verliebt. Ich erinnere mich noch an seinen ersten Schultag. Schon da hat er mir ganz aufgeregt von dir erzählt. Und das blieb auch immer so. Er schwankte ständig zwischen Zuneigung für dich und Wut auf dich, weil du ihn immer völlig ignoriert hast und absolut nichts von ihm wissen wolltest. Aber du warst ihm schon immer wichtig. Er hat dich immer genau beobachtet. Er weiß mehr über dich, als du denkst."
 

Sakura starrte ihn entsetzt an. Das konnte er doch nicht ernst meinen!
 

"Aber...aber", setzte sie verstört an, in dem Versuch ihm klarzumachen, dass das einfach nicht wahr sein konnte, "als wir vor ein paar Monaten hier eingezogen sind, da war er total fies zu mir! Das hast du doch selbst mitbekommen!"
 

"Ja", sagte Itachi ruhig. "Er war furchtbar wütend darüber, dass unser Vater was mit deiner Mutter angefangen hat. Vater weiß nicht, dass Sasuke dich seit Jahren liebt. Wir reden über solche Dinge nicht mit ihm. Unser Vater hat Sasuke sogar verboten, dich irgendwie zu verführen und ihm dafür Strafen angedroht. Er glaubt wie alle anderen, dass Sasuke ständig irgendwas mit irgendwelchen Frauen hat. Aber das stimmt einfach nicht. Das ist einfach nur ein Bild, das sich Leute von ihm machen, weil es ihrer Erwartungshaltung entspricht. Aber dein Erstes Mal war auch sein Erstes Mal."
 

Sakura spürte wie ihr schon wieder schwindelig wurde. Schnell nahm sie einen tiefen Atemzug. Sie hatte Sasuke einfach danach alleine gelassen. Er hatte ihr nicht ihretwegen angeboten, dass sie bleiben und bei ihm schlafen durfte! Er hatte es zwar so formuliert, aber eigentlich hatte er es sich für sich gewünscht! Er hatte sich so eine Mühe gegeben mit ihr und sie war einfach gegangen! War er sich benutzt vorgekommen? Wie hatte er es geschafft ihr so viel Ruhe und Erfahrung vorzuspielen? Wie?
 

"Aber ...Ino...", sagte sie schwach. "Sie ist aus seinem Zimmer gekommen und sein Hemd war offen und es sah aus als...als..."
 

"Ja", sagte Itachi. "Sasuke hat natürlich auch ein paar Erfahrungen mit Frauen gemacht. Aber er hat es nie durchgezogen, weil er nicht konnte, wenn er nicht dabei an dich gedacht hat. Das hat ihn jahrelang belastet und irgendwann hat es ihn richtig unter Druck gesetzt, dass alle seine Freunde schon Sex hatten und er nicht. Zumal er ja so viele Gelegenheiten dafür gehabt hätte. Neji und Naruto konnten es irgendwann nicht mehr mit ansehen, dass er so unglücklich verliebt war und Neji meinte, es sei vielleicht einfach nötig, dass er versucht sich ernsthaft auf eine andere einzulassen, damit er endlich über dich hinweg kommt. Du wolltest schließlich überhaupt nichts von ihm wissen. Ich glaube du hast es nichtmal mitbekommen, wenn er versucht hat sich dir zu nähern und Kontakt zu dir zu suchen, oder?"
 

Sakura konnte ihn nur vollkommen entsetzt anstarren. Das konnte alles nicht wahr sein! Das durfte alles nicht wahr sein!
 

"Aber", sagte Sakura wieder und sie hörte, dass sie vollkommen verzweifelt klang, "wie kann ich das alles nie mitbekommen haben?"
 

"Das ist eigentlich gar nicht so verwunderlich. Wenn man dich ein bisschen beobachtet hat, dann hat man gemerkt, wie vollkommen verunsichert du warst. Kontakt zu anderen Menschen fällt dir schwer. Daran sind wahrscheinlich deine Eltern Schuld. Deinen Vater hast du nie kennengelernt, nicht wahr? Und deine Mutter wirkt nun wirklich nicht wie eine zuverlässige, stabile Bezugsperson. Unser Vater hat definitiv seine Mängel, er ist nicht gerade der beste Vater. Aber bei ihm weiß man immer woran man ist. Er ist verlässlich und einschätzbar. Er ist nie viel für uns da gewesen, aber man hatte immer einen festen vorgegeben Ramen. Sasuke meinte, deine Mutter hätte oft vergessen dich abzuholen. Du hattest oft nichts zu essen dabei. Neji hat ihm öfter erzählt, dass Hinatas Mutter seiner Mutter erzählt hat, dass du total vernachlässigt wirst. Dass ihre Männer ihr immer wichtiger waren, als du, dass sie dich oft vergessen hat und sie dich oft so behandelt hat, als würdest du ihr Leben stören. Als ihr hier eingezogen seid, hat Sasuke gerade das allererste Mal ernsthaft versucht über dich hinwegzukommen. Und dass du ab sofort hier wohnen würdest hat ihn unglaublich wütend gemacht, deshalb war er eine Weile fies zu dir. Er wusste du kannst nichts dafür, aber er war wütend auf alles und jeden, sogar auf dich, weil du der Grund für sein Leiden warst. Er wusste, wenn du auch hier wohnst, dann würde es noch schwerer werden für ihn."
 

'Atmen!', ermahnte Sakura sich selbst. Sie konnte es nicht ertragen. Sie hatte immer geglaubt, dass sie ganz alleine für sich litt. Es war unerträglich zu erfahren, dass sie jemand anderen hatte mit ihr leiden lassen.
 

"Sasuke hat mir von Inos Ohrfeige erzählt", sagte Itachi, nachdem er einen Moment geschwiegen hatte. "Sie fühlte sich wohl ziemlich gedemütigt, dass sie sich bemüht hat und er sie nicht wollte. Körperlich gesehen. Er hat versucht ihr klar zu machen, dass es nicht an ihr liegt, sondern dass er nicht kann, weil er gerade Stress hat. Aber dann hat sie mitbekommen, dass er ein paar Wochen später mit dir geschlafen hat und es doch persönlich genommen. Sie denkt wahrscheinlich er fand sie einfach nicht anziehend oder sowas. Bei dem Ruf, der irgendwie um ihn herum entstanden ist, ist dieser Gedanke von ihr nachvollziehbar. Ich bin sicher, sie ist nicht die einzige, die herumerzählt hat, dass sie mit ihm geschlafen hätte, um sich wichtig zu machen. Offenbar behaupten das auch ein paar andere, obwohl da nicht viel mehr passiert ist als ein Kuss. Das liegt einfach daran, dass er so gut aussieht und so beliebt ist. Das hat sich irgendwie verselbstständigt. Und er hat nie wirklich widersprochen, weil es ihm ganz gelegen kam. Ich glaube er wollte lieber diesen Ruf, als dass alle wissen, dass er seit Jahren unglücklich in jemandem verliebt ist, der ihn nicht mal beachtet. Das hat seinem Ego nämlich gar nicht gefallen."
 

"Aber ich dachte nur du und Naruto und Neji wissen davon?", fragte Sakura schwach.
 

"Nur uns hat er es erzählt", sagte Itachi. "Aber die anderen können sich auch ihren Teil denken. Sasuke, Naruto und Neji haben vor den anderen Jungs auf der Schule immer deutlich gemacht, dass sie es gar nicht mögen, wenn man dir zu nahe kommt. Ich muss gestehen ich habe mich daran auch beteiligt. Auch ich habe meinen Freunden klar gemacht, dass du tabu bist. Du warst eigentlich sowieso zu jung für uns, aber du bist unglaublich hübsch. Hidan zum Beispiel musste ich regelrecht zwingen dir nicht zu nahe zu kommen. Er hasst Sasuke dafür. Viele der Jungs auf der Schule konnten sich irgendwie zusammenreimen, dass es Sasuke ernst ist mit dir. Die Mädchen haben das glaube ich nicht wirklich mitbekommen. Neji mag Sasuke und Naruto sehr. Er ist bereit auch mal grob zu werden, wenn jemand seinen Freunden schadet. Es war einfach klar, dass man sich besser von dir fernhält und am besten auch nicht darüber spricht, weil man sonst ernsthafte Probleme mit Sasuke und Neji bekam. Und in solchen Fällen hat Naruto immer weggesehen, auch wenn er die Beiden sonst meistens aufgehalten hat, wenn sie es übertrieben haben mit ihren Gemeinheiten. Und ich fand das war okay. Du warst einigermaßen glücklich in deiner kleinen Welt mit Hinata. Das schien dir Sicherheit und Ruhe zu geben. Also beließ ich es dabei. Ich konnte Sasuke helfen und ich denke dir hat es nicht geschadet. Du und Hinata, ihr mochtet doch eure Zweisamkeit, nicht wahr?"
 

Sakura nickte schwach. Das war alles viel zu viel für sie.
 

"Und dann seid ihr auf diese Party bei Ino gegangen. Hinata und Naruto sind zusammen gekommen und deine kleine heile Welt war ohnehin nicht mehr intakt. Da hat Sasuke beschlossen, dass er es ernsthaft versuchen würde, an dich heran zu kommen. Du bist mittlerweile so hübsch, dass es auf manche kaum noch Eindruck machte, wenn Sasuke, Neji und Naruto ihnen drohten. Kiba zum Beispiel schien es irgendwann egal zu werden. Und Sasuke wusste, dass er schneller sein musste. Er glaubte zu bemerken, dass du ihn zumindest körperlich mittlerweile anziehend findest und er dachte sich, dass sein gutes Aussehen endlich mal zu was nutze sein könnte. Er hat vermutet, dass wenn Hinata ihr erstes Mal hat, du es auch tun wollen würdest. Weil ihr immer alles zusammen gemacht habt auf gewisse Weise. Er wollte unbedingt der Erste sein. Er glaubte, solange du dich dabei emotional nicht öffnen müsstest, würde körperliche Nähe kein Problem für dich sein. In der Zwischenzeit hatte er dich durch das Zusammenwohnen noch mehr kennenlernen können. Und vor allem hat er deine Mutter richtig beobachten können. Er hat recherchiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass du aufgrund des Verhaltens deiner Eltern Angst vor emotionaler Bindung hast. Und daher hat er versucht Nähe zu dir aufzubauen, aber auf rein körperlicher Ebene, damit du es zulassen konntest. Er ist sich sicher, dass er es geschafft hätte, dass du das überwindest, wenn er nur genug Zeit gehabt hätte. Aber dass du Neji, Naruto und ihn heute Abend reden gehört hast, hat diesen Plan zunichte gemacht."
 

Sakura konnte mittlerweile nur noch dasitzen und teilnahmslos auf den Boden blicken. Das war zu viel. Zu viel Leid, das sie verursacht hatte. Sie schämte sich fürchterlich.
 

Itachi schwieg einen Moment. Dann stand er auf.
 

"Du brauchst jetzt Zeit, um das zu verarbeiten", sagte er. "Bitte versuche zu verstehen, dass Niemand böse auf dich ist. Sasuke ist allerdings nicht besonders gut auf deine Mutter zu sprechen und ich muss sagen das bin ich auch nicht. Aber du hast keine Schuld daran. Er hat mich hergeschickt, damit ich dir das alles erzähle. Er will, dass dir klar ist, dass er ohnehin leidet. Ob du nun auf Abstand zu ihm gehst oder nicht. Er will, dass du weißt, dass er es nicht einfach so überwinden wird, nur weil du dich zurückziehst, um ihn nicht zu verletzen. Und er will, dass du ernsthaft darüber nachdenkst, ob du es versuchen kannst mit ihm. Er glaubt, dass du dein Problem gemeinsam mit ihm überwinden kannst. Er will, dass du versuchst ihm und dir eine Chance zu geben."
 

Itachi sah sie an, aber sie schaffte es nicht ihren Blick zu heben und sah weiter auf den Teppich.
 

"Bitte versuche es", sagte Itachi leise.
 

Dann drehte er sich um und ging. Er schloss die Tür hinter sich.
 

Und Sakura saß lange so da und versuchte zu verarbeiten, was sie alles erfahren hatte.

Mut

Sakura saß lange einfach nur auf ihrer Bettkante.
 

Irgendwann stand sie schließlich auf, ging zu ihrer Tasche und nahm ihr Smartphone heraus. Es war schon zwei Uhr Nachts. Sie musste also mindestens zwei Stunden so dagesessen haben.
 

Was hatte sie in dieser Zeit eigentlich getan? Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie besonders viel nachgedacht hatte. Hatte sie einfach nur auf den Teppich gestarrt?
 

Sie erinnerte sich daran, dass sie gehört hatte wie Itachi und Sasuke ins Bad gegangen waren. Ihre Mutter und Fugaku benutzten das Bad unten, sie waren es bestimmt nicht gewesen. Waren Itachi und Sasuke ins Bett gegangen? Hatten sie noch viel miteinander gesprochen? Über sie? Ob Sasuke wohl heute Nacht würde schlafen können? Oder lag er gerade nebenan wach?
 

Er liebte sie. Trotz alledem, was Itachi ihr vorhin erzählt hatte, kam ihr das immer noch total irreal vor. Als wäre das ein merkwürdiger Scherz, den sie alle gemeinsam mit ihr machten. Aber das war natürlich Quatsch. Es lag irgendwie an ihr und ihrem komischen Kopf, dass sie das nicht so richtig als Realität akzeptieren konnte.
 

Sie blickte wieder auf ihr Smartphone Display. Hinata hatte sie angerufen. Aber Hinata schlief nun wahrscheinlich. Und sie wollte das erste Mal in ihrem Leben ohnehin nicht mit Hinata sprechen. Hauptsächlich, weil sie unmöglich wiederholen konnte, was sie mitbekommen hatte und was ihr erzählt worden war.
 

Was sollte sie nun tun? Was wollte sie tun?
 

Sie dachte darüber nach, dass sie keine Ahnung hatte, was sie tun wollte. Zu diesem Teil ihrer Gefühle hatte sie offenbar keinen Zugang. Für sich konnte sie also scheinbar weder richtig noch falsch handeln, weil sie scheinbar gar nicht in der Lage war zu definieren was in diesem Fall für sie richtig oder falsch wäre.
 

Was war mit Sasuke? Konnte sie dann vielleicht wenigstens das Richtige für ihn tun? Was war das Richtige für ihn?
 

Er hatte klar gesagt, was er wollte. Itachi hatte auch klar gesagt, was er wollte. Und Hinata und vermutlich auch Naruto und Neji würden wahrscheinlich auch von ihr erwarten, dass sie das versuchte. Wenn sie das alle für das Richtige hielten, war es dann vielleicht einfach das Richtige? Zumindest für Sasuke?
 

Eigentlich ja. Er wollte eine Chance. Verdient hatte er die auf jeden Fall, nach allem, was sie über ihn erfahren hatte. Sie konnte das alles immer noch nicht ganz glauben.
 

Was hielt sie davon ab ihm diese Chance zu geben? Die Antwort darauf war einfach. Sie hatte Angst vor seiner Enttäuschung. Sie hatte Angst davor, dass er sich total für sie bemühen würde und dass es dennoch nicht funktionieren würde. Und dass sie dann würde mit ansehen müssen, dass es ihm immer mehr zusetzte. Und sie hatte auch Angst davor, dass er wegen der Kraft und Zeit, die er vielleicht umsonst in sie investieren würde, anfangen würde sie zu hassen. Aber dann würde er wenigstens über sie hinweg kommen können. Ihm zuliebe musste sie ihm die Gelegenheit geben es versuchen zu können. Eine andere Möglichkeit gab es einfach nicht. Nicht, wenn er sie wirklich schon seit so vielen Jahren liebte. Dann würde es ihm wirklich nicht helfen, wenn sie sich nun zurück zog.
 

Sie legte ihr Smartphone wieder auf ihrer Tasche ab und drehte sich zur Tür. So stand sie einen Moment da und dann legte sie ihre Hand auf die Türklinke. Sie öffnete ganz leise die Tür und spähte auf den Flur.
 

Es war ganz still im Haus. Unter Sasukes Tür schien kein Licht heraus. Und auch bei Itachis Tür ein Zimmer weiter war alles dunkel.
 

Sie entschied sich erstmal ihre Zähne zu putzen, zu duschen, um sich etwas zu entspannen und ihre Schlafsachen anzuziehen. Wenn ihr diese Entscheidung danach immer noch richtig vorkommen sollte, dann würde sie es tun.
 

Eine Viertelstunde später hatte sich an ihren Gedanken dazu nichts geändert. Also stand sie nun vor Sasukes Zimmertür im dunklen Flur.
 

Obwohl sie sich eigentlich entschieden hatte, stand sie da eine ganze Weile. Dreimal hob sie die Hand, um an seine Tür zu klopfen. Dreimal tat sie es dann doch nicht.
 

Sie bemerkte, dass sie anfing zu zittern. Ihr war kalt in ihren dünnen kurzen Sachen. Im Flur war es immer kälter als in den Zimmern. Wenn sie klopfen würde, dann würde sie vielleicht hineingehen können. Dann würde ihr vielleicht warm werden.
 

Sie hob zum vierten Mal ihre Hand und dieses Mal klopfte sie. Leise. Konnte er das gehört haben? Falls er schlief sicher nicht.
 

Aber Sasuke schien nicht geschlafen zu haben. Denn er öffnete nach ein paar Sekunden.
 

"Hallo", flüsterte Sakura und sah ihn vorsichtig an.
 

Er wirkte müde, aber nicht so, als ob er schon geschlafen hätte. Er trug wie immer zum Schlafen eine seiner dunklen Jogginghosen und auch ein dunkles Shirt. Er sah so unglaublich gut aus. Und er war so unglaublich treu und liebevoll und einfühlsam. Womit hatte sie seine Zuneigung bloß verdient?
 

"Hallo", erwiderte er ruhig.
 

Er sah sie abwartend an, also musste sie wohl nun sagen, warum sie hier war.
 

"Kann ich vielleicht reinkommen?", fragte sie unsicher.
 

"Klar."
 

Er trat zur Seite und hielt ihr die Tür auf.
 

Sakura trat ein paar Schritte in den Raum und drehte sich dann zu ihm um. Er schloss die Tür und blickte sie aufmerksam an.
 

"Ich möchte mich bei dir bedanken", sagte sie und gab sich Mühe ihm fest in die Augen zu sehen. "Für alles. Du bist unglaublich. Und ich wünschte ich könnte alles, was du für mich tust, auf eine Art würdigen, die dem angemessen ist. Aber das kann ich wohl nicht."
 

Er schwieg und sah sie nur weiter an, also fuhr sie fort.
 

"Dir ist klar, dass mein Problem nicht einfach so verschwinden würde, oder?", fragte sie vorsichtig. "Es würde schwierig für dich werden, weil ich dir nicht garantieren könnte, dass es irgendwas bei mir verändern würde."
 

"Ja", sagte Sasuke ruhig. "Du hast in Bezug auf enge Bindungen negative Erfahrungen gemacht und Enttäuschungen und Verletzungen erlebt. Es ist schwierig das Unterbewusstsein dazu zu bekommen daraus erlerntes Verhalten wieder zu verlernen. Mir ist vollkommen klar, dass alles umsonst sein könnte. Und auch, dass du den Zugang zu deinen Gefühlen nicht einfach so bewusst kontrollieren kannst. Aber es gibt eine Chance und ich will, dass wir es versuchen. Zu Hinata konntest du schließlich auch eine enge Bindung aufbauen. Ich weiß, eine Beziehung ist nochmal etwas anderes als eine Freundschaft. Aber ich kann einiges aushalten, das habe ich doch schon bewiesen, oder?"
 

Sakura atmete einmal tief ein und wieder aus.
 

"Okay", sagte sie. "Dann versuchen wir es."
 

Sasuke nickte. "Gut."
 

Er musterte sie einen Moment, dann fragte er: "Warum willst du es versuchen? Dir zuliebe oder mir zuliebe?"
 

Sakura zögerte, aber nur kurz. Sie musste ehrlich sein, wenn das auch nur den Hauch einer Chance haben sollte.
 

"Dir zuliebe", sagte sie leise und senkte den Blick. "Und natürlich auch weil ich gerne versuchen möchte mich zu ändern. Aber hauptsächlich dir zuliebe. Ich weiß nicht, was ich will. Ob ich Gefühle für dich habe oder welche das sind. Wenn ich darüber nachdenke, ist da einfach nur Leere."
 

"Okay", sagte Sasuke sachlich. "Danke für deine Ehrlichkeit."
 

Sakura musterte ihn. Er ließ sich nichts anmerken, aber bestimmt hatten ihre Worte ihn dennoch ein bisschen verletzt. Obwohl er wahrscheinlich mit dieser Antwort gerechnet hatte. Aber sie hatte sich entschieden. Und er offenbar auch. Sie würde ihn nun wahrscheinlich öfter verletzen. Und sie beide mussten versuchen es zu ertragen.
 

Konnte er das wirklich aushalten? Sie fand immer noch, dass sie kein Recht hatte, das irgendjemandem anzutun. Das war genau das, was im Internet beschrieben worden war. Dass der Partner eines Menschen mit Bindungsangst eine Menge zu ertragen hatte. Das war das, was sie nie jemandem hatte zumuten wollen. Aber er hatte sich offenbar selbst gründlich mit dem Thema beschäftigt und er wollte das trotzdem. Also würde sie sich diesem Wunsch unterordnen und das wundervolle Geschenk, das er ihr damit machte, annehmen, obwohl es ihr falsch vorkam. Und im Gegenzug würde sie alles tun, um an sich zu arbeiten. Sie würde alles versuchen, damit er das nicht umsonst ertrug.
 

Sie warf ihm einen kurzen vorsichtigen Blick zu und dann ging sie langsam zu seinem Bett hinüber. Wenn er sie liebte, dann hieß das doch, dass er sie bei sich haben wollte, oder? Dann würde er doch wollen, dass sie in seiner Nähe war?
 

Sie sah nochmal unsicher zu ihm. Er stand still da und beobachtete sie.
 

Sie hob vorsichtig seine Bettdecke an und kroch darunter. Wollte er das?
 

Zumindest schien er nichts dagegen zu haben, denn er drehte sich entschieden zur Tür und schloss sie ab. Dann ging er zu seiner Bettseite hinüber.
 

Einen Moment blieb er dort stehen und sah sie an, wie sie dort unter seiner Decke lag und verunsichert zu ihm sah. Ein ganz leichtes Lächeln huschte kurz über sein Gesicht. Zumindest glaubte sie das in der Dunkelheit erkannt zu haben.
 

Dann hob er die Decke an und legte sich ebenfalls hin.
 

Beide lagen sie da, auf dem Rücken und blickten nach oben an die dunkle Decke.
 

'Du hast es schonmal geschafft mehr Nähe zuzulassen', dachte sie sich. 'Du kannst es wieder schaffen.'
 

Also nahm sie ihren Mut zusammen und rutschte zu ihm hinüber. Er bleibt ganz still liegen, als hätte er Angst sie zu verschrecken.
 

Wie sie es schon einmal im Schlaf getan hatte, drehte sie sich auf die Seite, griff vorsichtig mit ihren Händen an seinen Oberarm und legte ihre Stirn an seine Schulter.
 

Sie spürte, wie er einmal tief einatmete, als ob er eben die Luft angehalten hätte.
 

War das okay für ihn? Falls nicht würde er das sagen, oder?
 

"Wirst du schlafen können?", fragte er leise.
 

"Ja, ich glaube schon", antwortete sie. "Ich bin total erschöpft. Und du?"
 

"Ja", sagte er. "Aber ich bleibe noch etwas wach und genieße das hier."
 

Er klang glücklich. Und das machte auch sie ein wenig glücklich. Sie strich mit einer ihrer Hände seinen Arm hinab und schob ihre Hand unter seine. Er schloss sofort seine Finger um ihre.
 

"Das mit mir...war das wirklich auch dein Erstes Mal?", fragte sie irgendwann in die Stille. Sie konnte das immer noch nicht glauben und wollte es aus seinem Mund hören.
 

"Ja. Wieso fragst du?"
 

"Du warst so beherrscht und hast so selbstsicher gewirkt. Und so als wüsstest du ganz genau was du tust."
 

Er lachte leise.
 

"Ich hatte ja auch genug Zeit mich darauf vorzubereiten, oder? Man kann sich mit Vielem schließlich auch rein theoretisch beschäftigen. Es gibt das Internet. Und außerdem hat es auch Vorteile, wenn man nicht gleich der Erste ist. Man kann Fehler vermeiden, von denen einem Freunde oder Brüder erzählen."
 

"Es ist jedenfalls wirklich toll mit dir", sagte sie leise und sie war froh, dass es dunkel war, weil es dann egal war, falls sie schon wieder ein wenig rot werden würde.
 

"Mit dir auch", sagte er. "Viel besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Und ich habe es mir ziemlich oft vorgestellt."
 

Sie strich mit ihrer Hand sanft über seinen Arm.
 

"Ich verstehe nicht, womit ich das verdient habe", sagte sie schließlich. "Dass du mich so sehr magst, ergibt für mich überhaupt keinen Sinn."
 

"Du siehst dich nicht so wie andere dich sehen", sagte er, nachdem er kurz geschwiegen hatte.
 

"Ich bin nicht der Einzige, der an dir interessiert ist. Du bist wunderschön. Deine Bewegungen sind so zart und wunderschön. Alles, was du berührst, fasst du so sanft und zärtlich an, dass man sich beim Zusehen sofort wünscht, dass du einen so anfasst. Die Art wie du Blüten und Bäume und Wolken und Enten beobachtest macht einen nur vom Zusehen genauso glücklich, wie es dich offenbar glücklich macht. Die sanfte und respektvolle Art, wie du Buchseiten umblätterst ist wunderschön. Und du bist so unglaublich scheu, dass es einem wie eine riesige Errungenschaft vorkommt, wenn du einen mit diesen grünen Augen einmal direkt ansiehst. Man wünscht sich, dass man dich berühren kann, ohne dass du davon läufst, weil das so unmöglich erscheint. Die Art wie du deine Haare zurückstreichst ist wunderschön. Unglaublich anziehend und trotzdem so unschuldig. Deine Stimme ist so sanft und liebevoll. Manchmal wenn du glaubst, dass du alleine bist, oder dass dich niemand hört, dann summst du vor dich hin und alles wird so ruhig und friedlich. Du hast es wahrscheinlich nicht bemerkt, aber immer wenn Hinata dich in der Schule zum Lachen gebracht hat, dann haben fast alle zu dir gesehen. Wenn du lachst, dann möchte man mit lachen. Es macht glücklich, wenn man es selbst schafft, dich zum Lachen zu bringen. Ich könnte ewig so weiter machen. Und wie gesagt, das geht nicht nur mir so. Ich hatte ne Menge Arbeit, als ich die letzten Jahre dafür gesorgt habe, dass man dich und Hinata in Ruhe lässt. Ohne Itachi, Naruto und Neji hätte ich das nie geschafft. Aber ich wollte es schaffen. Nicht nur für mich selbst. Wenn du mit Hinata zusammen warst, dann sahst du glücklich aus. Und zwar nur dann. Sobald sie nicht bei dir war oder jemand eure Zweisamkeit gestört hat, sahst du so verloren und verängstigt aus, dass es einem fast das Herz brach. Du glaubst es vielleicht selbst nicht. Aber du bist unglaublich liebenswert. Ich liebe dich."
 

Sie schwieg einen Moment. Ihre Augen brannten und sie musste sich darauf konzentrieren nicht zu weinen.
 

"Danke", flüsterte sie.
 

Und sie meinte es auch so, von ganzem Herzen. Sie konnte diese Worte nicht erwidern, aber sie war von unendlicher Dankbarkeit erfüllt.
 

"Schlaf", sagte er ruhig. "Ich bleibe wach, bist du eingeschlafen bist."
 

Eine Weile lag sie noch mit klopfendem Herzen da. Sie konnte es nicht fassen, wie toll er war. Und dass ihr so etwas Wunderbares passierte. Sie war ihm so unendlich dankbar.
 

Sie merkte, wie sie ganz plötzlich müde wurde. Wahrscheinlich ließ das Adrenalin nach. Ihre Augen wurden furchtbar schwer.
 

Und während sie einschlief, nahm sie seinen Geruch wahr und die Wärme, die von ihm aus ging und das war ein wundervolles Gefühl.

Entschlossenheit

Als Sakura erwachte, lagen sie beide noch immer so da wie sie eingeschlafen waren.
 

Sie stellte erleichtert fest, dass sie tatsächlich erneut bei ihm hatte schlafen können. Vielleicht hatte sie sich wirklich schon ein wenig an seine ständige Anwesenheit gewöhnt.
 

Sasuke schien dieses Mal noch zu schlafen. Ob er noch lange wach gelegen hatte? Er hatte gesagt, dass er 'das hier' noch ein wenig hatte genießen wollen. Vielleicht war er wirklich erst spät eingeschlafen. Es war ja auch schon nach zwei Uhr gewesen, als sie zu ihm gekommen war.
 

Sie konnte nach wie vor nicht glauben, dass sie jemanden mit ihrer bloßen Anwesenheit glücklich machen konnte. Was er ihr gestern über sie gesagt hatte klang wundervoll, aber so vollkommen unwirklich in ihren Ohren. War er einfach nur total verliebt und glorifizierte sie? Oder war es wirklich so, dass auch andere sie interessant fanden? Das war doch verrückt! Doch vielleicht hatte sie einfach nie lernen können sich selbst richtig zu lieben oder zu erfahren, dass sie geliebt wurde und konnte sowas deshalb nicht glauben oder wahrnehmen. Das lag wohl wirklich an ihr. Itachi hatte schließlich auch gesagt, dass sie sehr attraktiv sei. Schon mehrmals. Und sogar Neji. Also schien das vielleicht wirklich nicht nur Sasuke so zu sehen. Aber es war nicht fassbar für sie, dass sie sich die ganze Zeit so derart zurückgezogen verhalten haben sollte, dass ihr und Hinata nie aufgefallen war, dass jemand zu ihnen her sah oder Derartiges. Andererseits... sie hatte immer jeden Blickkontakt vermieden, auf den Boden, in ihre Bücher oder auf Tiere und Pflanzen geschaut und natürlich hatte sie daher auch nicht sehen können, was andere taten oder nicht.
 

Sie lag eine Weile so da und traute sich nicht sich zu bewegen. Wenn er aufwachen würde, dann würde sie wieder überfordert sein. So war es gerade ganz in Ordnung.
 

Es fiel wieder Licht durch die schmalen Spalten der Vorhänge. Es musste schon Mittag sein. Waren Fugaku und ihre Mutter wach? Waren sie überhaupt da?
 

Heute war Samstag. Über das Wochenende waren sie besonders oft weg. Gestern Abend waren sie noch da gewesen. Nun, wo sie darüber nachdachte, hätte sie ihr Smartphone mit hierher in sein Zimmer nehmen sollen. Aber es war ziemlich unwahrscheinlich, dass ihre Mutter erneut bemerken würde, dass sie nicht da war. Fugaku und sie fuhren meist einfach weg, ohne sich zu verabschieden. Bei ihr und ihrer Mutter war das nie groß anders gewesen, zumindest seit sie alt genug gewesen war, sich alleine zu versorgen. Und das hatte sie ziemlich schnell gelernt. Und Sasuke reagierte meistens ziemlich abweisend und genervt, wenn man ihn störte. Also ließ ihn jeder in Ruhe. Ihrer Mutter war ihre Abwesenheit letztens wirklich nur aufgefallen, weil sie ihr dieses Kleid hatte bringen wollen. Trotzdem war es riskant, was sie hier taten.
 

Sasuke zuckte leicht im Schlaf. Vielleicht träumte er. Oder er würde gleich aufwachen. Er hielt immer noch seine Hand um ihre Finger geschlossen. Sie bewegte ganz leicht ihren Kopf, sodass sie die Haut seiner Schulter an ihrem Nasenrücken spüren konnte.
 

Er regte sich wieder leicht.
 

Sie glaubte zu hören, wie draußen jemand über den Flur ging. War das Itachi? Oder Fugaku? Ihre Mutter war es nicht. Sie trug immer hohe Absätze, die würde sie sogar auf dem Teppichboden erkennen.
 

Jetzt schien Sasuke tatsächlich wach zu werden.
 

Das verunsicherte sie und sie hörte auf seine Schulter zu berühren, nahm ihre Hand von seinem Arm und wich etwas zurück. Er verstärkte seinen Griff um ihre Finger, aber er ließ los, als er merkte, dass sie ihre Hand zurückziehen wollte.
 

Er drehte sich ebenfalls auf die Seite.
 

"Guten Morgen."
 

Seine Stimme war noch ganz rau, weil er lange nicht gesprochen hatte und gerade erst aufgewacht war. Aber er klang sehr liebevoll.
 

"Guten Morgen", erwiderte sie und senkte ihren Blick.
 

Sie konnte es nicht ertragen seinem Blick lange standzuhalten. Seine Augen waren so voller Gefühle für sie, dass sie sich sofort schlecht fühlte, weil sie nicht in der Lage war ihm das zurückzugeben.
 

"Bist du schon lange wach? Du hättest mich ruhig wecken können", sagte er.
 

Sakura lächelte bloß vorsichtig an. Das hatte sie sich nicht getraut. Und das würde sie sich wahrscheinlich auch das nächste Mal nicht trauen.
 

Sasuke zog seinen Arm unter der Decke hervor und strich ihr eine Haarstähne nach hinten, die ihr ins Gesicht zu fallen drohte. Er fuhr mit dem Daumen leicht über die Haut an ihrem Hals und legte dann seine Hand in ihren Nacken.
 

Sie spannte sich an und hatte das Bedürfnis zurückzuweichen, als ihr klar wurde, dass er sie küssen wollte.
 

Es war so verrückt, dass es so viel einfacher für sie war, solange solche Berührungen in einem rein sexuellen Kontext stattfanden oder sie das zumindest glaubte. Jetzt, wo sie wusste, was er für sie empfand, war es schwieriger. Sie wollte nicht, dass er sie küsste, weil ihr das zu viel Nähe war. Aber sie wollte es ihm genauso wenig verweigern, weil sie ihn nicht verletzen wollte.
 

Sasuke ließ ihr allerdings nicht die Wahl. Er verstärkte seinen Griff, als er spürte, dass sie zurückweichen wollte und kam ihr dennoch näher.
 

"Halt still", sagte er entschieden, immer noch mit seiner von der Nacht leicht rauen Stimme. "Ich lasse dich gleich."
 

Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss. Sein Griff war fest und entschieden, aber ihre Lippen berührte er nur ganz kurz und sanft. Dann wich er zurück und ließ sie los.
 

Sie sah ihn vorsichtig an.
 

"War das okay?"
 

Sie nickte und musste Lächeln.
 

"Gut." Er klang mal wieder ziemlich selbstzufrieden. Er beugte sich zur anderen Seite, um auf sein Smartphone zu sehen.
 

"Halb zehn", sagte er und legte es wieder weg.
 

"Wann bist du eingeschlafen?", fragte Sakura.
 

"So um kurz nach Drei schätze ich."
 

"Konntest du nicht schlafen?"
 

Er wandte sich ihr wieder zu. "Doch. Ich wollte nicht. Ich sagte doch, ich wollte es noch genießen."
 

Sie sah verlegen auf seine Hand, die zwischen ihnen auf der Bettdecke lag.
 

"Hast du es dir anders überlegt?", fragte er ruhig.
 

"Nein!", sagte sie rasch und sah ihn an. Hatte er davor Angst gehabt? Hatte er wach gelegen und war sich nicht ganz sicher gewesen, ob sie am nächsten Morgen einen Rückzieher machen würde? "Habe ich nicht. Ich bin dir sehr dankbar und ich will es versuchen!"
 

Das brachte ihn zum Grinsen. Er musterte sie selbstzufrieden. Jetzt war sein Blick eher voller Verlangen und nicht mehr so sanft und liebevoll. Fast ein bisschen bedrohlich.
 

"Lass es uns tun!", sagte er.
 

"Jetzt?", fragte sie erschrocken. Sie spürte, dass sie schon wieder rot wurde.
 

"Ja. Jetzt." Sein Grinsen wurde breiter. "Es wird fantastisch sein, wenn ich dabei weiß, dass du danach nicht verschwinden wirst! Dass ich dich auch danach behalten kann!"
 

Sakura war sich nun sicher, dass sie rote Wangen haben musste. Ihr Kopf fühlte sich total heiß an. Wenn er sie so ansah, dann wollte sie irgendwie auch.
 

"Aber...ich glaube unsere Eltern sind da! Und Itachi ist auf jeden Fall da! Was wenn uns jemand hört?"
 

Sie drückte ihre Hand auf seine Brust, um ihn daran zu hindern ihr noch näher zu kommen, aber das hielt ihn nicht davon ab die Decke von ihr herunter zu ziehen und über sie zu kriechen. Ohne sie dabei aus den Augen zu lassen richtete er sich auf und zog sein Shirt aus. Das half nicht besonders dabei ihre Standhaftigkeit zu erhalten.
 

"Die Wände und Türen in diesem Haus sind ziemlich solide! Man hört kaum etwas." Sein Grinsen war ziemlich anziehend. "Und notfalls halte ich dir den Mund zu!"
 

"Was?", fragte sie empört. Dann musste sie Lachen. "Du spinnst doch!"
 

"Das mag sein", sagte er unbekümmert. Er griff sich ihre Handgelenke und fixierte ihre Arme neben ihrem Kopf im Kissen, damit sie ihn nicht mehr auf Abstand halten konnte.
 

"Es ist süß, wie du dich zierst", sagte er mit seinem gefährlichen Lächeln, dass ihn so unglaublich anziehend machte. "Aber dadurch will ich bloß noch mehr. Und du willst es auch, ich sehe es!"
 

Einen Moment sahen sie sich an. Sakura biss sich auf ihre Unterlippe. Das war total verrückt und unvernünftig. Aber es war einfach unmöglich ihm zu widerstehen.
 

"Okay", flüsterte sie.
 

Dieses Mal wurde ihr klar, dass er sich auch beim letzten Mal noch zurückgehalten hatte. Er war noch leidenschaftlicher und schien sie vorher immer noch vorsichtig behandelt und sich sehr kontrolliert zu haben. Vielleicht, weil er hatte vermeiden wollen, dass sie bemerkte, dass er sie wirklich liebte.
 

Er war nach wie vor still. Er war auch nach wie vor in gewisser Weise kontrolliert. Er schien es zu mögen bestimmt zu sein. Manchmal war er fast ein bisschen grob. Aber da sie wusste, dass er solche tiefen Gefühle für sie hatte und weil er in den richtigen Momenten sanft und zärtlich war, gefiel ihr das ziemlich gut. Es war gut, dass sie etwas miteinander hatten, bei dem er sie nicht vorsichtig behandeln musste. Bei dem sie selbst auch merkwürdigerweise nicht besonders unsicher oder schüchtern war. Es störte sie nicht mal mehr, dass es nicht vollkommen dunkel war. Sie fand Gefallen daran, dass sie ihn sehen konnte. Es war gut, dass sie das hier hatten. Etwas, wo alles selbstverständlich und unkompliziert sein konnte. Wo es scheinbar keine falsche Bewegung zu geben schien, die etwas hätte kaputt machen können. Zumindest empfand sie das so. Und die respektvolle, aber entschiedene Selbstverständlichkeit, mit der er sie berührte, lies sie glauben, dass er genauso empfand. Wieder verspürte sie am Ende dieses Glück in ihrem ganzen Körper und sie musste in sein Kissen beißen, um still zu bleiben.
 

"Alles gut?", fragte Sasuke, als sie wieder ihre Unterwäsche angezogen hatten.
 

"Ja!" Sie lächelte ihn an. Er war einfach toll.
 

Sasuke ließ sich neben sie aufs Bett fallen und drehte sich zu ihr. Also ließ sie ihre Beine los, die sie an sich gezogen und mit ihren Armen umschlungen hatte und legte sich ihm zugewandt auch wieder hin.
 

So lagen sie eine Weile da, schwiegen und sahen einander an. Zumindest versuchte sie es, aber sie konnte diese Intimität nicht lange aushalten und blickte auf seine Brust.
 

Er strecke seine Hand aus und sie gab ihm ihre. Schnell drehte sie sie so, dass er seine Finger nicht mit ihren verschränken konnte. Denn das hatte er gerade tun wollen. Das war ihr auch zu viel. Sie schäme sich dafür. Wahrscheinlich war das schon ein Kompromiss von ihm und eigentlich würde er sie gerne im Arm halten. Jede andere Frau würde ihm nun vielleicht den Rücken streicheln und ihm sagen, dass sie ihn liebte. So wie er es verdient hätte.
 

Ein Klopfen an der Tür ließ sie aus ihren trüben Gedanken aufschrecken.
 

"Ich bin's", sagte Itachi direkt hinterher.
 

Sasuke stand auf und ging zur Tür hinüber. Er schloss auf und zog die Tür auf.
 

"Hey."
 

"Hey kleiner Bruder! Zieh dich mal an! Ich fahre nachher wieder. Ich dachte wir unternehmen noch was zusammen!"
 

"Du kannst nicht reinkommen!", sagte Sasuke rasch.
 

"Sie ist hier", fügte er leise hinzu.
 

"Was?", hörte Sakura Itachi überrascht fragen.
 

In dem Moment ging noch jemand über den Flur.
 

"Sasuke!"
 

Sakura zuckte zusammen. Das war Fugaku. Und er schien bei der Tür stehen zu bleiben.
 

"Gut, dass ich dich treffe, wir beide haben noch etwas zu besprechen!", hörte sie ihn sagen. Er klang ziemlich streng.
 

"Ja okay", sagte Sasuke rasch. "Aber jetzt geht es nicht!"
 

"Wieso?", fragte Fugaku skeptisch.
 

"Weil wir beide gerade was sehr Wichtiges besprechen wollten!", kam Itachi ihm zur Hilfe.
 

"Genau!", sagte Sasuke. Er machte rasch einen Schritt zur Seite, Itachi trat ein und Sasuke schlug die Tür zu und schloss ab.
 

"Du strapazierst schon wieder meine Geduld Sasuke!", rief Fugaku ärgerlich durch die Tür. "Du bist in fünf Minuten unten in meinem Arbeitszimmer!" Man hörte, dass er weiter ging.
 

Sakura zog ein wenig verstört Sasukes Decke an sich, weil sie nur ihren Slip und ihr Schlafshirt ohne BH trug. Es war bequem. Aber nicht besonders geeignet, um nichts drunter zu tragen, weil der Stoff so dünn war. Doch normalerweise sah sie so schließlich auch niemand.
 

Itachi sah von ihr zu Sasuke. Er wirkte immer noch überrascht.
 

"Was heißt das?", fragte er neugierig an Sasuke gewandt, der hinüber zum Fenster ging, die Vorhänge auf zog und dann das Fenster weit aufmachte, um zu lüften.
 

"Sie versucht es mit mir", sagte Sasuke zufrieden.
 

"Oh!", sagte Itachi erfreut. Er lächelte sie an. "Das ist toll!"
 

Sakura drückte die Decke an sich und sah überfordert zu, wie Sasuke sich seine Hose und sein Shirt über zog und Itachi sich auf Sasukes Schreibtischstuhl niederließ. Dem Sitzplatz, der den größten Abstand zu ihr hatte.
 

"Sorry, dass ich reinkommen musste", sagte er entspannt zu Sakura.
 

"Besser du als er", sagte Sasuke und das fand Sakura auch. Itachi wusste ja ohnehin über alles bescheid. Trotzdem war das jetzt irgendwie total merkwürdig und ziemlich peinlich.
 

Itachi grinste und musterte Sasuke, der zum Nachttisch ging und die Nachrichten auf seinem Smartphone checkte. Die beiden fanden sie Situation offenbar nicht ganz so schlimm, sie waren scheinbar total zwanglos miteinander.
 

"Was will er denn eigentlich von dir?", fragte Itachi.
 

Sasuke tippte irgendwas. "Mir wahrscheinlich nen Vortrag halten, weil ich zwei Strafzettel wegen zu schnellem Fahren bekommen habe."
 

Itachi runzelte leichtet die Stirn. "Ambitioniert. Dafür das du das Auto erst seit Kurzem hast."
 

"Jaja, ich weiß, ich bessere mich", sagte Sasuke unbekümmert. "Ich war außerdem nur ein ganz bisschen drüber. Der andere geht auf Nejis Konto! Ich hab ihm gerade geschrieben, dass er sich schonmal drauf vorbereiten kann meine Strafe mit mir zusammen abzuarbeiten!"
 

"Na dann", sagte Itachi, offenbar besänftigt.
 

Er drehte sich ganz leicht und vollkommen entspannt auf dem Schreibtischstuhl hin und her und musterte nun Sakura neugierig.
 

"Was für eine Strafe?", fragte sie unsicher an Sasuke gewandt.
 

Er setzte sich neben sie auf sein Bett. "Wahrscheinlich muss ich sein Auto putzen oder sowas. Bei so Kleinkram wird es meistens etwas Derartiges."
 

"Jaaa, Sasuke kennt sich da aus", sagte Itachi grinsend. "Meine Strategie ist unseren Vater einfach glauben zu lassen, dass ich tue was er will. Aber Sasuke ist dafür zu aufsässig."
 

"Tss. Dich kann er ja auch leiden!", sagte Sasuke ein wenig bitter.
 

"Jetzt fang nicht wieder damit-", setzte Itachi an.
 

"Reden wir über was anderes", sagte Sasuke rasch und Itachi verstummte.
 

Sakura blickte verunsichert zwischen den beiden hin und her.
 

Sasuke sah ein wenig verstimmt aus und Itachi musterte ihn, als hätte er Mitgefühl mit ihm wegen irgendetwas. Aber nur ganz kurz.
 

Dann unterhielten sie sich entspannt ein wenig über Itachis Erlebnisse an der Uni und nach ein paar Minuten sagte Sasuke, dass er jetzt runter gehen und sich seine Strafe abholen würde.
 

Sie sahen auf dem Flur nach, ob die Luft rein war, sodass Sakura rasch in ihr Zimmer zurückkehren konnte. Dort stand sie einen Moment ein wenig verloren im Raum. Dann entschied sie sich einfach Duschen zu gehen.
 

Als sie die Badezimmertür hinter sich abgeschlossen hatte, lehnte sie sich mit dem Rücken dagegen und atmete ein paar Mal tief durch. Es tat gut endlich wieder alleine in einem Raum zu sein. Es war nicht so, dass sie es unangenehm in Sasukes Nähe fand, aber es überforderte sie und es löste Stress in ihr aus, wenn sie nicht alleine sein konnte. Das war sogar bei Hinata so. Irgendwann war ihre Grenze einfach erreicht und dann brauchte sie Zeit für sich. Und sie hatte ziemliche Angst davor, dass sie nun vielleicht zu wenig davon bekommen würde.
 

Als sie unter der Dusche stand und das warme Wasser über ihre Haut lief, entspannte sie sich endlich. Wie hatte Sasuke sich das wohl so vorgestellt? Erwartete er jetzt, dass sie viel zusammen unternehmen würden? Hatte sie jetzt eigentlich eine Beziehung? War Sasuke Uchiha jetzt ihr Freund? Oder nicht? Wenn ihr jemand vor ein paar Monaten erzählt hätte, wie ihr Leben sich entwickeln würde, dann hätte sie kein Wort davon geglaubt. Würde Sasuke nun was mit Itachi machen oder würde er davon ausgehen, dass sie den Tag zusammen verbrachten?
 

Sie stöhnte überfordert und lehnte ihre Stirn an die kalten Fliesen.
 

Sie sollte nicht so viel nachdenken! Aber auf ihr Gefühl konnte sie sich ja offenbar leider nicht verlassen, also musste sie doch versuchen, dass irgendwie in ihrem Kopf zu sortieren. Ob andere Menschen wohl immer ganz genau wussten, was sie wollten? Wahrscheinlich nicht. Trotzdem wünschte sie sich, dass sie auch noch ein anderes Bedürfnis verspüren würde, als den Wunsch alleine zu sein. Das war nämlich überhaupt nicht hilfreich.
 

Aber sie war fest entschlossen sich zu zwingen und ihre Zeiten alleine so weit zu beschränken, wie sie es irgendwie ertragen konnte. Vielleicht würde das helfen. Dann würde sie sich daran gewöhnen, dass es normal war in Gesellschaft von anderen zu sein. Und dann würde sie vielleicht irgendwann auch Gefühle für andere entwickeln können. Sasuke hatte recht. Bei Hinata war ihr das auch gelungen.
 

Sie wollte es noch einmal schaffen. Sie wollte ihn lieben können.

Herausforderungen

"Und, was ist es geworden?", fragte Itachi mit einem schiefen Lächeln, als Sasuke, mittlerweile geduscht und richtig angezogen, in die Küche kam.
 

Itachi saß neben Sakura am Küchentisch, die tapfer versuchte ihr Essen hinunterzubekommen und nicht die Flucht zu ergreifen, obwohl es um sie herum für ihren Geschmack viel zu voll war.
 

Ihre Mutter, perfekt herausgeputzt wie immer, stolzierte auf ihren hohen Schuhen umher und erklärte der Reinigungskraft, welche Arbeiten sie für die kommende Woche am wichtigsten fand. Fugaku hatte irgendeinen Mitarbeiter da, der ein wenig nervös mit am Tisch saß, weil Itachi ihn hereingelassen und gebeten hatte kurz zu warten, bis sein Vater Zeit hätte. Der war nämlich nach seinem Gespräch mit Sasuke noch nicht wieder aus seinem Arbeitszimmer gekommen.
 

"Er hat es mit Hausarrest versucht, aber ich konnte es auf 'kein Auto dieses Wochenende' runterhandeln", sagte Sasuke schlecht gelaunt als Antwort auf Itachis Frage. Also war es offenbar wirklich um die beiden Strafzettel wegen zu schnellem Fahren gegangen.
 

Er zog einen Stuhl hervor, ließ sich auf Sakuras anderer Seite am Tisch nieder, verschränkte die Arme und warf seinem Vater, der auch gerade in die Küche kam, einen bösen Blick zu.
 

Itachi lachte leise. "Geschickt verhandelt!"
 

"Entschuldigen Sie die Wartezeit!", sagte Fugaku zu dem Mann, der sich rasch erhoben hatte, sobald er in die Küche gekommen war. "Ich musste meinen Sohn mal wieder daran erinnern, dass es Zeit ist langsam etwas Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Damit tut er sich - anders als sein Bruder - leider schwer."
 

Er warf Sasuke einen strengen Blick zu, den Sasuke nach wie vor ärgerlich erwiderte.
 

"Das war nach drei Minuten erledigt, ich bin nicht schuld, dass der Typ warten musste", murmelte Sasuke verächtlich.
 

Itachi betrachtete seinen Vater und runzelte leicht die Stirn, als würde er über etwas nachdenken.
 

"Gehen wir in mein Arbeitszimmer", sagte Fugaku zu dem Mann und damit verschwanden sie beide.
 

"Nun schau doch nicht so Sasuke!", sagte Sakuras Mutter, die gerade wieder hinter der Haushaltshilfe durch den Raum gestöckelt war. "Er meint es doch nur gut mit dir!"
 

Sie warf einen Blick auf Sakura und der Ausdruck ihrer Mutter bekam etwas höchst Missbilligendes, weil ihre Tochter als Mittagessen ein Schokocroissant aß.
 

Natürlich war Sakura bewusst, dass das keine vollwertige Mahlzeit war, aber sie hatte total Hunger darauf gehabt, wahrscheinlich hatte der Sex viel Energie verbraucht. Und außerdem war sie wegen der ganzen Leute in ihrer Umgebung so getresst gewesen, dass es sie überfordert hatte, sich was Richtiges zuzubereiten. Doch der missbilligende Gesichtsaudruck ihrer Mutter hatte ihr nun irgendwie die Lust darauf verdorben. Sakura senkte den Blick, legte das halbe Croissant wieder zurück auf ihren Teller und schob den Teller etwas von sich weg. Das schien ihre Mutter zufrieden zu stellen und sie folgte der Hausangestellten ins Wohnzimmer, um mit ihren Anweisungen fortzufahren.
 

Sasuke beugte sich vor, streckte seinen Arm aus und schob mit einem Zeigefinger den Teller wieder zu ihr zurück.
 

"Jetzt verhälst du dich ein bisschen übergriffig mein Lieber", sagte Itachi leicht belustigt zu ihm.
 

Sakura fand es schrecklich, dass sie so neben ihr saßen. Sie waren so vertraut miteinander und zwischen ihnen kam sie sich irgendwie total fehl am Platz vor.
 

"Sie redet Sakura ständig rein!", sagte Sasuke ärgerlich. "Nur weil sie selbst ein total gestörtes Verhältnis zu Essen hat! Sakura kann ja wohl essen was sie will! Du bist nicht hier Itachi, du siehst nicht, wie sie ständig mit ihr umgeht! Sie ist eifersüchtig, weil Sakura hübscher und jünger ist und weil sie keine Esstörung hat und ihre Figur auch auf entspannte Art halten kann! Sie kümmert sich einen Scheiß um sie, aber wenn es um sowas geht ist sie total übergriffig!"
 

"Verstehe", sagte Itachi knapp und er klang plötzlich ungewohnt unfreundlich.
 

"Iss es!", sagte Sasuke zu ihr. "Eben wolltest du es noch! Bevor sie dich so angeguckt hat, mochtest du es!"
 

Sakura nahm rasch einen tiefen Atemzug. Sie wollte alleine sein! Sie schüttelte den Kopf.
 

"Sasuke...", sagte Itachi beschwichtigend. "Du setzt sie unter Druck! Ich verstehe, dass du wütend auf ihre Mutter bist, aber..."
 

"Hört auf!", sagte Sakura schwach. "Bitte!"
 

Sie stand sehr schnell auf. "Ich ... muss in mein Zimmer!"
 

Aber sie kam nicht weit, denn Sasuke stand ebenfalls auf, er erwischte sie am Handgelenk und zog sie mit einem Ruck zurück. Sie stolperte gegen ihn und er hielt sie schnell fest.
 

"Sorry!", sagte er und stabilisierte sie wieder. Ihr Handgelenk hielt er weiter fest.
 

"Ich hab genug, lass uns verschwinden!", sagte Sasuke zu Itachi, der sich ebenfalls erhoben hatte.
 

"Klar, klingt gut!", sagte Itachi und griff nach der Tasche mit seinen Übernachtungssachen, die er neben sich abgestellt hatte, vermutlich weil er sie ins Auto bringen wollte.
 

"Allerdings sieht sie nicht begeistert aus!", gab er mit einem Blick auf Sakura zu bedenken, die vollkommen überfordert war, weil Sasuke sich so dreist über ihre Grenzen hinwegsetzte. "Sasuke, du solltest vielleicht nicht so-"
 

"Entführungen ist sie gewohnt!", unterbrach ihn Sasuke entschieden.
 

"Hey!", sagte Sakura leicht panisch, als Sasuke nach ihr griff, aber er überwand ihre Gegenwehr, bückte sich leicht, umgriff ihre Hüfte mit seinen Armen und bevor sie irgendetwas hatte dagegen tun können, hing sie halb über seiner Schulter.
 

"Abmarsch!", sagte Sasuke und marschierte mit ihr durch den Flur.
 

"Hey!", sagte sie wieder. "Lass mich runter Sasuke! Bitte! Ich will-"
 

"Zappel nicht", erwiderte Sasuke bloß, umgriff sie mit einem seiner Arme fester und öffnete mit einer Hand die Haustür. Dabei schlüpfte er sogar irgendwie in seine Schuhe.
 

Itachi ging mit einem Blick hinterher, der zeigte, dass er sich unsicher war, ob Sasuke damit nicht gerade zu weit ging. Aber er bückte sich und griff sich Sakuras Schuhe.
 

"Geh schon mal vor, wir kommen gleich", sagte Sasuke zu ihm, als sie nach draußen getreten waren und er setzte Sakura endlich oben auf der Treppe vor der Haustür wieder auf ihre Füße.
 

Itachi stellte ihre Schuhe neben ihr ab und stieg kommentarlos die Stufen hinunter und ging auf sein Auto zu, ohne sich nochmal nach ihnen umzusehen.
 

"Hey", sagte Sasuke sanft und griff mit beiden Händen nach ihrem Gesicht, damit sie ihm nicht ausweichen konnte. "Atmen! Sonst kippst du gleich wieder um."
 

Sakura holte Luft und versuchte seine Hände wegzuschieben. Sie wollte in ihr Zimmer, er konnte doch nicht einfach-
 

"Hey, sieh mich an", sagte Sasuke und er klang so ruhig und beschwichtigend, dass sie es tatsächlich tat. Immerhin ließ er sie nun los. Sie wich einen Schritt vor ihm zurück.
 

"Ich will-", setzte sie an.
 

"In dein Zimmer?", unterbrach er sie.
 

Sie sah ihn verstört an. So konnte er sich doch nicht verhalten!
 

"Willst du nicht eigentlich bloß weg von deiner Mutter?"
 

"Ich..."
 

Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte.
 

"Der Trubel eben hat dich überfordert", sagte Sasuke sachlich. "Das war schon schwer genug für dich. Und dann kam deine Mutter und hat dir mal wieder das Gefühl gegeben, dass du falsch und nicht liebenswert bist, wenn du dich nicht wie von ihr gewünscht verhälst. Du wolltest aus der Situation raus, deshalb willst du in dein Zimmer. Weil du dir das so angewöhnt hast. Aber du bist nicht mehr klein. Du kannst jederzeit das Haus verlassen. Bisher konntest du nirgendwo hin. Aber es gibt Leute, die finden, dass du vollkommen richtig bist, so wie du bist. Leute, zu denen du gehen kannst. Du musst nicht ganz alleine in deinem Zimmer sitzen. Früher konntest du dich nur in deine Bücher flüchten. Aber alleine sein ist da kontraproduktiv, das musste ich auch lernen. Du kannst wieder reingehen, wenn du willst. Ich lasse dich. Oder du ziehst deine Schuhe an und kommst mit mir."
 

Einen Moment standen sie da und sahen sich einfach nur an. Sakura fühlte sich schrecklich blöd. So wie er das sagte, klang alles so einfach. So wie er sie ausanalysierte, kam sie sich irgendwie albern vor. Hatte er Recht mit dem, was er sagte? Irgendwas in ihr sträubte sich dagegen das zu akzeptieren. Aber das hier war kein Moment, um eine Entscheidung aus verletztem Stolz zu treffen. Er liebte sie. Das glaubte sie ihm, auch wenn sie nach wie vor nicht verstand warum. Und das hieß, dass er ihr helfen wollte. Dass sie ihm wirklich wichtig war. Er tat das nicht nur für sich. Er hatte mit seinem Verhalten in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass er nicht einfach selbstsüchtig war. Und vielleicht hatte es ihn sogar Mut gekostet das zu tun und zu sagen. Immerhin riskierte er damit, dass sie sich über ihn ärgerte.
 

Sie wandte ihren Blick ab und hockte sich hin, um ihre Schuhe anzuziehen. Langsam und zögerlich. Sie fühlte sich überhaupt nicht gut. Sie erinnerte sich wieder dran, dass sie einatmen musste.
 

Sasuke hielt ihr die Hand hin und anders als damals im Park nahm sie sie und ließ sich von ihm hochziehen.
 

"Komm", sagte er mit einem aufmunternden Lächeln und machte ein paar Schritte zu Itachis Auto hin.
 

Sakura fühlte sich immer noch nicht besonders gut. Sie musste sich sehr konzentrieren, um vernünftig zu atmen. Wieso ging es ihr denn jetzt derart schlecht? Aber eigentlich wusste sie warum. Das passierte, wenn sie alleine sein musste und es nicht sein konnte. Sie hatte das nur sehr lange nicht mehr erlebt, weil sie immer alles tat, um zu vermeiden, dass sowas passierte. Hinata ließ sie immer in Ruhe und akzeptierte, wenn sie ihre Zeit brauchte. In der Schule konnte sie notfalls vortäuschen auf Toilette zu müssen und hatte dann ein paar Minuten alleine in der Kabine um sich zu beruhigen. Aber Sasuke hatte offenbar nicht vor sie zu lassen. Und vielleicht war das auch gut. Sie musste doch ihre Vermeidungstrategien überwinden.
 

Sasuke hielt ihr hinten die Tür auf und stieg dann vorne neben Itachi ein. Darüber war sie froh. Sie hätte es nicht ertragen können, wenn er nun neben ihr gesessen hätte, ihre Hand gehalten hätte und sie die ganze Zeit besorgt angesehen hätte.
 

"Sasuke, sie sieht überhaupt nicht gut aus", sagte Itachi sehr leise, nachdem er sich kurz umgedreht und einen Blick auf sie geworfen hatte.
 

"Sie schafft das", sagte Sasuke bloß knapp.
 

"Woher willst du wissen, dass das richtig ist?", fragte Itachi leise. "Du bist kein Therapeut, du solltest nicht-"
 

Sakura fragte sich, ob sie so schlecht aussah, dass er glaubte, dass sie sie nicht hören konnte.
 

"Sie hat nur eine Panikattacke, weil sie nicht ihre übliche Bewältigungsstrategie nutzt", sagte Sasuke ruhig. "Solche Panikattacken flauen wohl in der Regel nach zwanzig Minuten wieder ab. Ich habe mich viel mit dem Thema beschäftigt. Fahren wir zu Neji! Seine und Hinatas Eltern sind nicht da. Naruto ist ohnehin dort, er hat bei Hinata übernachtet. Neji meint, wir können bei ihnen am Pool abhängen und grillen oder sowas."
 

"Wie du meinst", sagte Itachi, nachdem er ihr noch einen nachdenklichen Blick zugeworfen hatte. Dann startete er den Motor.
 

"Kippst du gleich wieder um?", fragte Neji freundlich und beugte sich zu ihr, um sie sich aus der Nähe zu betrachten.
 

"Nein!", sagte Sakura.
 

Sie spürte mal wieder wie sie rot wurde. Sie machte schnell einen Schritt zurück, weil er ihr zu nahe war. Offenbar sah sie immer noch nicht wieder ganz normal aus, dabei hatte sie sich doch im Auto auf dem Weg hier her solche Mühe gegeben, sich wieder in den Griff zu bekommen!
 

"Sie hatte nur ne kleine Panikattacke", sagte Sasuke, als wäre das völlig normal und schloss die Haustür hinter ihnen, während Neji und Itachi kurz einen Handschlag austauschten. "Sie hat es schon so gut wie überwunden!"
 

"Achso", sagte Neji beiläufig und legte Sakura seinen Arm um die Schultern. "Das kenne ich. Ich hatte da vor zwei Jahren auch mal Probleme mit. Man denkt alles stürzt zusammen und man würde es nicht überstehen. Aber man übersteht es immer und nichts passiert."
 

Das überraschte Sakura so sehr, dass sie ihn nur verdutzt ansah und sogar vergaß, dass es ihr ja eigentlich unangenehm war, wenn man ihr zu nahe kam. Neji und Panikattacken?
 

Neji lachte.
 

"Aber erzähl das Niemandem!", sagte er. "Das passt nun wirklich nicht zu meinem Ruf! Und mit dem bin ich ganz zufrieden. Ich müsste mich dann ganz schecklich an dir rächen. Und dann würde Sasuke mich wohl umbringen und dann sind alle entweder tot oder unglücklich!"
 

Sakura musste Lächeln.
 

"Gut gemacht, du hast sie zum Lachen gebracht!", sagte Sasuke ein wenig säuerlich. "Und jetzt hör auf sie anzutatschen!"
 

"Nicht eifersüchtig werden Sasu!"
 

"Halt den Mund!"
 

"Ja", sagte Itachi belustigt. "So darf nur ich ihn nennen!"
 

Die Art wie Neji mit ihr umging und wie Naruto, als er mit Hinata nach unten zu ihnen kam, Sasuke auf die Schulter schlug, als würde er ihm zu einem glorreichen Sieg gratulieren, ließ Sakura vermuten, dass die Beiden bereits bestens darüber informiert waren, was passiert war, seit sie die Drei im Park unfreiwillig belauscht hatte.
 

Die einzige, die von allem nichts wusste, war Hinata, denn Naruto und Neji hatten ihr nichts gesagt und Sakura hatte ja nicht mal Zeit gehabt ihr Smarphone aus ihrem Zimmer zu holen. Weil Sasuke sie einfach nach draußen geschleppt hatte, hatte sie überhaupt nichts bei sich.
 

Hinata war gar nicht erfreut als einzige von allem nichts mitbekommen zu haben. Also zog sich Sakura erstmal mit Hinata in ihr Zimmer zurück, um ihr alles zu erzählen. Dann freute sich Hinata zum Glück so über die Entwicklungen, dass sie promt nicht mehr sauer war. Sie war überzeugt davon, dass das eine hervorragende Idee war und sie schien nach Sakuras Erzählungen richtig gut auf Sasuke zu sprechen zu sein.
 

"Du hast so ein Glück Sakura!", sagte sie freudig. "Also natürlich verdienst du das auch! Aber das ist perfekt! Ich glaube er passt zu dir! Und offenbar ist er viel netter, als ich dachte!"
 

"Ja", sagte Sakura und blickte mit einem leichten Lächeln auf ihre Hände. Sie hatte Sasuke einfach jahrelang völlig falsch eingeschätzt.
 

"Naja, aber dass ich nie bemerkt habe, dass dich Leute ansehen stimmt nicht", sagte Hinata. "Du hast es nie bemerkt, mir ist das schon aufgefallen. Aber du wollest davon einfach nichts wissen, also habe ich nichts gesagt. Ich war ehrlich gesagt froh darüber. Ich mochte unsere Zeit zu zweit. Aber es ist wohl wirklich an der Zeit, dass wir mehr Kontakte zu anderen haben. Es ist Zeit für Veränderung, meinst du nicht? Nach diesem Sommer, wenn die Schule vorbei ist, ist es ohnehin soweit."
 

Auch dem musste Sakura zustimmen.
 

Als sie wieder nach unten in den Garten kamen saß Naruto mit Itachi da und sie diskutierten ziemlich ernsthaft über irgendwas.
 

"Ich habe Naruto selten so ernst gesehen", sagte Sakura verblüfft.
 

"Ja", kicherte Hinata. "Oft ist er ein Kindskopf! Aber ich habe festgestellt, dass er ein ziemliches Interesse and Menschen, ihren Lebensumständen und sozialer Gerechtigkeit hat. Das ist ihm total wichtig! Vielleicht geht er mal in die Politik oder so!"
 

"Ja, das könnte bei Itachi auch der Fall sein, vielleicht haben sie da ein gemeinsames Thema", sagte Sakura lächelnd.
 

"Tenten kommt auch gleich!", rief Neji über die Terasse und warf Naruto eine Tüte Chips zu, die dieser offenbar hatte haben wollen. Naruto fing sie auf, ohne sein Gespräch mit Itachi zu unterbrechen.
 

"Ich hab Shikamaru auch geschrieben. Aber der Gute ziert sich ein bisschen!"
 

"Sag Tenten, dass sie Temari mitbringen soll. Dann kommt er!", sagte Sasuke grinsend und hielt Neji ein Glas mit einem Getränk hin.
 

"Jaaaa", sagte Neji, nun ebenfalls grinsend, nahm das Glas und zog sein Smartphone wieder hervor. "Gute Idee!"
 

Hinata und Sakura beschlossen auch in die Küche zu gehen und sich irgendwas zu trinken zu holen.
 

"Die sind offenbar fest entschlossen sich mit Shikamaru anzufreuden, ob er nun will oder nicht!", sagte Sakura belustigt.
 

"Jaaa", erwiderte Hinata lachend. "Der Arme! Aus der Nummer kommt er nicht mehr raus!"
 

Und obwohl sie vor so kurzer Zeit nichts lieber getan hätte, als sich alleine in ihrem Zimmer zu verkriechen, musste Sakura gerade feststellen, dass sie plötzlich Spaß hatte. Noch immer fühlte sie sich nicht super wohl in Gesellschaft, aber es war nicht schlecht. Es ging ihr gut und sie verspürte keine Notwendigkeit sich zurückzuziehen.
 

Als Tenten und Temari ankamen und sich ehrlich zu freuen schienen Hinata und sie zu sehen, bemerkte sie, dass sie sich auch freute.
 

Der Nachmittag wurde überhaupt ziemlich nett. Und trubelig. Shikamaru kam tatsächlich noch und irgendwann tauchten sogar Kisame und Sasori auf, die schon damals mit Itachi auf ihrer Schule gewesen waren und die offenbar alle zusammen in einem anderen Teil der Stadt auf der selben Uni gelandet waren, sodass sie nach wie vor eine enge Freundschaft verband.
 

Kisame war immer noch so draufgängerisch wie früher und beschwerte sich, dass er hier nun mit lauter Leuten abhängen müsste, die zur Hälfte noch minderjährig waren, aber eigentlich hatte Sakura den Eindruck, dass alle sich ziemlich gut verstanden und eine gute Zeit hatten.
 

Obwohl es um sie herum trubelig war, fühlte Sakura sich dennoch ziemlich wohl. In der Gesellschaft der Leute, die hier waren, fühlte sie sich merkwürdig gut aufgehoben. Niemand tat irgendwas, das ihr unangenehm gewesen wäre. Sie wurde mit einbezogen, ganz selbstverständlich und offen und es schien auch niemanden zu stören, wenn sie einfach mal nur da saß und zuhörte.

Sie merkte trotzdem, dass sie sich danach dringend würde ausruhen müssen. Aber das fühlte sich natürlich an. Sie war eben sehr vorsichtig und introvertiert. Und es fühlte sich nicht so an, als müsste sie unbedingt alleine sein. Es war einfach nur ein Bedürfnis, dass sie sich auch etwas später würde erfüllen können. Es fühlte sich nicht, wie noch heute Mittag, so an wie eine Art Zwang, dem sie sofort nachkommen musste.
 

Sasuke ließ sie vollkommen in Ruhe, das einzige, was er in Bezug auf sie tat, war, dass er sie manchmal ansah. Und dabei sah er so zufrieden aus, dass sie jedes Mal lächeln musste, wenn sie seinen Blick auffing.
 

"Ich gehe mal zu Sasuke", sagte sie schließlich zu Hinata als es gerade eine passende Pause in ihrem Gespräch mit Temari und Tenten gab.
 

"Ja, mach das!", sagte Hinata und aus irgendeinem Grund schien sie sich darüber zu freuen.
 

Der Nachmittag ging schon in den Abend über und es dämmerte bereits leicht, als sie hinüber zu Sasuke ging.
 

Sasuke hatte eben noch mit Naruto zusammen seitlich auf einem der Liegestühle gesessen, die auf einer Seite des Pools standen und sich mit ihm unterhalten, aber nun war Naruto rein gegangen, vielleicht um irgendwas zu holen und Sasuke war alleine und warf kurz einen Blick auf sein Smartphone.
 

"Hallo", sagte Sakura vorsichtig und blieb vor ihm stehen.
 

Er sah überrascht auf, offenbar hatte er sie nicht gehört.
 

"Hallo", sagte er sanft und lächelte leicht.
 

Sakura setzte sich vorsichtig neben ihn auf die Kante des Liegestuhls.
 

"Möchtest du gehen?", fragte er und betrachtete sie.
 

"Nein", sagte sie mit einem Lächeln und sah auf ihre Hände. "Es ist schön hier."
 

"Also... wolltest du gar nichts Bestimmtes?", fragte Sasuke.
 

Er versuchte ihr ins Gesicht zu sehen. Als sie den Kopf gesenkt hatte, waren ihre Haare wie ein feiner Schleier zwischen sie gefallen.
 

Sakura strich ihre Haare weg und sah ihn verunsichert an.
 

"Ich wollte nicht stören", sagte sie.
 

Naruto kam gerade wieder nach draußen. Er war wieder auf Sasuke zugesteuert und verdutzt stehen geblieben, als er sie sah.
 

"Nein!", sagte Sasuke rasch, weil Sakura gerade hatte aufstehen wollen, damit Naruto zurück kommen und sich wieder setzen konnte.
 

Sie sah Sasuke irritiert an. Naruto machte kehrt und ging zu Neji hinüber.
 

Sasuke legte ihr die Hand auf die Schulter und übte leichten Druck aus, weil sie sich wieder hinsetzen sollte. Also tat sie es.
 

"Du störst nicht!", sagte er. "Ich habe bloß gefragt, weil..."
 

Er brach ab und lachte leicht und ein wenig ungläubig, während er glücklich den Blick über die anderen schweifen ließ. Sie waren alle ein paar Meter entfernt von ihnen und jeder schien gut gelaunt zu sein. Sogar Shikamaru.
 

"Was?", fragte Sakura unsicher nach.
 

Sasuke sah sie an und lächelte.
 

"Ich habe mich gerade nur total gefreut. Das ist das erste Mal, dass du ganz von dir aus meine Nähe gesucht hast, ohne, dass du etwas Bestimmtes von mir wolltest."
 

Sakura hatte schon wieder das Gefühl rot zu werden. Rasch wandte sie wieder den Blick ab und sah auf ihre Finger.
 

Sie hatte gerade gar nicht darüber nachgedacht und war einfach ihrem Impuls gefolgt. Aber er hatte recht. Alleine, dass sie diesen Impuls gehabt hatte, war ungewöhnlich für sie. Und dann hatte sie es auch noch ganz selbstverständlich und natürlich ausgeführt.
 

Sie sah wieder zu ihm und lächelte scheu. Er sah richtig glücklich aus. Und das war irgendwie schön. Sie mochte es, wenn er so aussah.
 

"Du hattest übrigens recht", sagte sie. "Heute Mittag. Mit meiner Mutter. Ich glaube irgendwo in mir ist immer noch das kleine Mädchen, das sich wünscht, dass sie mich akzeptiert und gern hat. Darum wollte ich das Croissant nicht mehr. Und dann war ich total gestresst, weil ich es eigentlich essen wollte, aber nicht mehr konnte. Das nächste Mal werde ich versuchen es dennoch zu essen!"
 

Sie senkte den Kopf.
 

"Das ist albern", sagte sie leise.
 

"Nein", sagte Sasuke. "Es ist vollkommen verständlich."
 

Sie sah ihn wieder an und wieder musste sie lächeln. Wieder fragte sie sich, womit sie ihn verdient hatte. Er war so wundervoll.
 

Dieses Mal schaffte sie es sehr lange seinem Blick standzuhalten.
 

Und als er sie küsste, liebevoll und ohne sexuelle Gedanken dahinter, spürte sie nicht das Bedürfnis vor ihm zurückzuweichen.

Gefühle

"Sasuke?"
 

"Hm?"
 

Sie lagen in ihrer Unterwäsche nebeneinander in seinem Bett, nachdem sie miteinander geschlafen hatten.
 

Sie waren noch eine Weile bei Hinata und Neji geblieben. Als schließlich alle aufgebrochen waren, hatte Sasuke ihnen ein Taxi gerufen und sie waren nach Hause gefahren.
 

Es war schon spät gewesen und zum Glück hatten sie deshalb Fugaku und Sakuras Mutter nicht mehr angetroffen. Wahrscheinlich schliefen sie schon.
 

"Willst du alleine sein?", hatte Sasuke sie gefragt, als sie vor ihren Zimmern angekommen waren.
 

Sakura hatte eigentlich geglaubt, dass sie das wollte, aber dann hatte sie irgendwie den Kopf geschüttelt. Und dann waren sie im Bett gelandet, weil Sasuke es darauf angelegt hatte und sie ihm nicht widerstehen konnte. Oder wollte.
 

Und nun lagen sie hier und sie war vollkommen erschöpft. Und dennoch wollte sie nicht unbedingt gehen, um sich alleine auszuruhen.
 

"Darf ich bei dir Schlafen?", fragte sie.
 

Es war wieder einer dieser Momente, in denen sie etwas sagte oder tat, bevor ihr überhaupt klar wurde, dass sie sich dazu entschlossen hatte.
 

Sasuke lächelte. "Heute scheint mein Glückstag zu sein."
 

Sakura musste auch lächeln.
 

"Darf ich dich etwas persönliches Fragen?", fragte sie vorsichtig.
 

"Natürlich."
 

"Wo ist denn deine Mutter?"
 

Diese Frage hatte sie sich schon öfter gestellt. Und sie hatte noch nie gehört, dass jemand darüber jemals gesprochen hätte.
 

Sasuke schwieg einen Moment.
 

"Sie ist gestorben", sagte er schließlich. "Ich konnte sie leider nie kennenlernen. Sie hat meine Geburt nicht überlebt."
 

Sakura hatte schon befürchtet, dass Sasukes und Itachis Mutter vielleicht verstorben war. Denn das erklärte irgendwie, warum sie in ihrem Leben keine Rolle zu spielen schien. Aber das war total schrecklich! Sie spürte, wie ihre Augen verdächtig anfingen zu kribbeln und sie bemühte sich, ihre Tränen zu unterdrücken. Sie hatte doch gar keinen Grund deswegen nun zu weinen!
 

"Das tut mir leid", flüsterte sie. "Entschuldigung, ich wollte nicht-"
 

"Nein", sagte Sasuke rasch. "Schon gut! Ich freue mich darüber, wenn du dich für mich interessierst!"
 

Seine Hand lag neben ihrer auf dem Bettlaken. Sakura bewegte ihren kleinen Finger, bis sie seinen ganz leicht berührte. Sie hatte irgendwie das Bedürfnis gehabt ihn tröstend zu berühren, nur bekam sie es nicht besser hin.
 

"Du hast es nicht einfach mit deinem Vater", sagte sie leise.
 

"Ja", sagte Sasuke. "Er ist sehr streng, hat hohe Erwartungen und ist vollkommen unfähig wirkliche Zuneigung zu zeigen. Wahrscheinlich hat er das selbst nie lernen können. Aber Itachi war immer für mich da. Und Neji und Naruto waren es auch. Und zumindest ist mein Vater zuverlässig."
 

"Ich kenne meinen Vater nicht", sagte Sakura. "Ich bin nichtmal sicher, ob meine Mutter ihn genau kennt. Jedenfalls spricht sie nie darüber. Und ich habe es aufgegeben nachzufragen."
 

"Sein Verlust", sagte Sasuke. "Er wäre hier, wenn er wüsste, was er verpasst. Du bist ein Traum!"
 

Sakura musste wieder lächeln.
 

"Du musst nicht ständig sowas sagen!"
 

"Wieso? Ist es dir unangenehm? Es ist die Wahrheit! Kisame und Sasori haben dich auch den ganzen Abend bewundernd angeschaut! Akzeptiere es!"
 

"Reden wir nicht über sowas!", sagte Sakura rasch.
 

Er machte sie total verlegen. Sie freute sich, aber sie konnte sowas nunmal nicht so richtig annehmen, weil es einfach nicht zu ihrem eigenen Gefühl und ihrem eigenen Bild von sich passte.
 

Sasuke lachte leise. Er richtete sich auf, griff sich die Decke, die im Eifer des Gefechts irgendwie halb vom Bett gerutscht war und zog sie über Sakura und sich.
 

"Danke", sagte sie.
 

Er legte sich wieder ihr zugewandt auf die Seite.
 

Dann hob er langsam seinen Arm und strich ihr mit seiner Hand über die Hüfte. Sakura spannte sich an. Das wollte sie eigentlich nicht, aber es war wie ein Reflex.
 

"Lass es uns mal versuchen", sagte Sasuke ruhig. "Wenn es gar nicht geht, lasse ich dich wieder los. Aber es kann doch sein, dass du Umarmungen einfach nicht gewohnt bist."
 

"Okay", sagte Sakura, aber es kostete sie Überwindung. Sie hörte selbst wie gestresst ihre Stimme klang. Sie wollte das nicht.
 

Sasuke griff mit seinen Arm um ihre Taille und legte seinen anderen Arm so zurecht, dass sie ihren Kopf darauf legen konnte. Er zog sie an sich.
 

Sakura atmete ein. Das löste Stress in ihr aus.
 

Sasuke legte entschieden seine Arme um sie und drückte sie an sich. Zärtlich aber bestimmt. Sakura konnte seine Sehnsucht nach ihr spüren, seinen Wunsch ihr nahe zu sein. Er hielt mit einer Hand ihren Hinterkopf und sie wusste, wenn sie es nur irgendwie schaffen könnte sich zu entspannen, dann würde es schön sein. Aber wie? Sie schaffte es ja gerade so ihn nicht wegzustoßen und regelmäßig zu atmen. Ihre Hände hatte sie auf seiner Brust liegen, sie hatte sie ganz automatisch zwischen sie gebracht, als wollte sie ihn von sich wegschieben. Und sie musste sich wirklich zusammenreißen das nicht zu tun. Sie konnte fühlen, wie sein Herz unter ihrer rechten Hand schlug.
 

"Noch kurz", sagte Sasuke ruhig.
 

Er schien zu merken wie unwohl ihr war. Das tat ihr Leid. Das musste schrecklich für ihn sein. Er verstärkte seinen Griff um sie noch etwas und berührte mit seinen Lippen ihren Haaransatz.
 

"Es tut mir leid", sagte Sakura. Sie hörte, dass ihre Stimme etwas leicht Panisches hatte. Nun drückte sie doch ihre Hände gegen seine Brust. Diese Nähe war unerträglich für sie.
 

"Gleich", sagte Sasuke ruhig. Er verstärkte seinen Griff noch etwas mehr, damit sie sich nicht von ihm wegdrücken konnte.
 

"Bitte", flüsterte sie. Sie würde gleich losweinen!
 

"Gleich."
 

Aber wie lange war gleich? Ein paar Sekunden? Ein paar Minuten?
 

"Atme", sagte er und sie versuchte es.
 

"Es passiert nichts. Du hast Angst, aber es ist unbegründet", sagte Sasuke.
 

Wie konnte er nur so ruhig bleiben? Wie schaffe er das?
 

"Ich werde dich nicht verletzen. Ich werde dich nicht verlassen. Ich bleibe bei dir", fuhr er leise fort. "Du kannst dich darauf einlassen. Es wird nichts passieren, was dich verletzen könnte. Und du kannst auch mich nicht verletzen. Ich halte es aus."
 

Seine letzten Worte brachten sie dazu zu schluchzen. Ihre Augen brannten so schrecklich.
 

"Weine ruhig", sagte er. "Das macht mir nichts."
 

Sie schloss ihre Augen und spürte, wie ein paar Tränen über ihre Wangen liefen. Das Brennen in ihren Augen ließ ein wenig nach.
 

Er strich ihr über den Hinterkopf. Sie fühlte sich schrecklich gefangen in seinem Griff. Sie wollte sich wehren, ihm wehtun, damit er sie loslassen würde. Aber natürlich wollte sie nicht, dass er Schmerzen hatte. Weder körperlich noch seelisch. Wenn er es aushielt, dann musste sie auch versuchen es auszuhalten!
 

Sein 'gleich' war länger als nur ein paar Minuten. Sie musste furchtbar mit sich kämpfen, um still zu liegen und die Nähe zu ertragen, die er ihr aufzwang. Ab und zu spürte sie, wie ihr eine Träne über die Wange rollte.
 

Aber sie schaffte es und irgendwann musste sie sich nicht mehr ganz so dolle aufs Atmen konzentrieren, weil es wieder automatisch funktionierte. Ihre Hände auf seiner Brust waren nicht mehr so angespannt, zumindest versuchte sie nicht mehr sie zu nutzen um einen letzten Rest Abstand zu behalten. Sie atmete einmal aus. Ihr Stresslevel schien tatsächlich etwas nachzulassen.
 

Jetzt nahm sie auch wieder etwas wahr. Vorher war sie dazu gar nicht in der Lage gewesen. Doch nun roch sie wieder seinen Geruch. Sie fühlte seine Wärme, die von ihm auf sie über ging. Einen Moment lag sie wie erstarrt da. Sie brauche eine Weile, bis sie das neue Gefühl richtig zuordnen konnte.
 

Und dann verstand sie, dass es ihr gefiel. Es gefiel ihr, dass er sie hielt. Und auf einmal empfand sie es nicht mehr so, dass er ihr seine Nähe aufzwang. Seine Arme fühlten sich nicht mehr an wie eine Bedrohung, nicht mehr wie etwas, das sie aushalten oder ertragen musste. Plötzlich fühlte sie sich sicher in seinen Armen. Sie empfand etwas, das ihr vollkommen neu war. Sie wusste eine ganze Weile nicht, wie sie es bezeichnen sollte, denn das Gefühl war ihr so fremd.
 

'Geborgenheit', dachte sie. Ja. Das war der richtige Begriff dafür. So musste sich das anfühlen. Sie schluchzte auf. Aber dieses Mal nicht weil sie verzweifelt war oder litt. Dieses Mal war sie bloß überwältigt von diesem neuen Gefühl.
 

Sasuke verstärkte seinen Griff um sie noch ein wenig mehr. Das war gar nicht nötig. Sie wollte nicht mehr weg. Am liebsten wäre sie für immer genau hier in seinen Armen liegen geblieben. Es war ... schön.
 

Vorsichtig versuchte sie eine ihrer Hände von seiner Brust zu nehmen und ihren Arm zwischen ihnen herauszuziehen. Sie wollte ihn dort nicht mehr.
 

Sasuke ließ es zu und sie legte ihre Hand ganz ganz vorsichtig auf die nackte Haut an seinem Rücken. Sie fühlte seine Muskulatur unter ihren Fingern. Sanft strich sie mit ihren Fingerkuppen über seine Haut.
 

"Ich liebe dich", sagte Sasuke leise. Er klang merkwürdig emotional.
 

'Danke' war das, was sie nun normalerweise gesagt hätte. 'Danke' war das, was sie ständig zu ihm sagte. Aber 'danke' fühlte sich irgendwie nicht mehr an wie das, was sie dazu sagen wollte. Aber sie konnte stattdessen auch nichts anderes sagen. Also schwierig sie.
 

Nach ein paar weiteren Minuten lockerte Sasuke seinen Griff um sie. Aber das wollte sie nicht. Er hatte ihr gesagt, dass er sie loslassen würde, dass er bloß wollte, dass sie es versuchte. Aber nun wollte sie eigentlich gar nicht mehr, dass er sie los ließ. Sie wollte nicht, dass Abstand zwischen ihnen sein würde. Sie wollte nicht, dass seine Wärme verschwinden würde.
 

Sie drückte ihr Gesicht an seine Brust und versuchte mit ihrer Hand Halt an seinem Rücken zu finden.
 

"Bitte", flüsterte sie. Und dieses Mal bat sie nicht darum, dass er sie loslassen würde.
 

Sasuke drückte sie sofort wieder an sich.
 

"Heute ist wirklich mein Glückstag", sagte er sehr leise. Seine Stimme hatte jetzt ganz eindeutig einen merkwürdig Tonfall.
 

"Du bist unglaublich toll Sasuke", flüsterte Sakura irgendwann in die Dunkelheit.
 

Dann schlief sie ein.
 

Im Laufe der nächsten Woche konnte es Sakura kaum fassen, wie schnell sich alles entwickelte. Hatte im Internet nicht gestanden, dass es unglaublich viel Zeit brauchen konnte, solche Bindungsprobleme zu überwinden? Aber sie fand, dass plötzlich alles total schnell ging. Sie schlief jede Nacht bei Sasuke im Bett. Und sie konnte sich in seinem Armen immer schneller entspannen.
 

Am Montag in der Schule beantwortete er ihre unausgesprochene Frage danach, ob er jetzt ihr Freund war damit, dass er mit ihr zu Fuß zur Schule ging und dass er nach ihrer Hand griff, sobald sie sich dem Schulgelände näherten.
 

Kurz wollte sie ihre Hand wegziehen, aber er ließ es nicht zu.
 

"Ich will, dass es alle sehen. Alle sollen sehen, dass wir zusammen gehören!", sagte er entschieden.
 

Also ließ sie es zu. Sie hielt auf dem Weg zum Klassenraum ihren Kopf gesenkt. Sie hatte das Gefühl, dass sie der Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit waren. Aber Sasuke ging so stolz und aufrecht neben ihr her, dass es sie beruhigte. Er schien das zu genießen. Vielleicht war auch das etwas, was er sich schon öfter vorgestellt hatte.
 

Und auch in den kommenden Wochen wurde alles immer einfacher. Sakura unternahm sogar zweimal etwas mit Hinata, Tenten und Temari und sie mochte diese beiden Nachmittage.
 

Tenten hatte sich schließlich doch getraut Neji zu sagen, dass sie gerne eine richtige Beziehung hätte. Sie erzählte, dass er sie bloß überheblich angesehen hätte und mit einer hochgezogenen Augenbraue erwidert hätte, dass sie doch längst eine Beziehung hätten und dass er bloß vergessen habe, sie darüber zu informieren. Das hatte sie gleichermaßen verärgert und erfreut und sie sprach nur einen halben Tag lang nicht mit ihm. Danach schienen beide noch zufriedener zu sein, als zuvor schon.
 

Sasuke war glücklich. Und das sagte er ihr auch. Mittlerweile genoss sie alle seine Berührungen und sie hatte nicht ein einziges Mal mehr das Bedürfnis gehabt ihm auszuweichen. Im Gegenteil. Mittlerweile suchte sie auch von sich aus seine Nähe. Auch ohne, dass dabei Sex herauskommen sollte.

Sie tat es zunächst gar nicht richtig bewusst. Aber sie berührte manchmal vorsichtig mit ihrem Finger seine Hand, weil sie wollte, dass er sie nahm. Sie strich manchmal leicht über seine Arme, in der Hoffnung, dass er sie dann umarmen würde. Und schließlich küsste sie ihn auch von sich aus. Sie war nach wie vor sehr scheu und vorsichtig und ein bisschen würde sie das wohl immer sein. Aber sie wollte zu ihm hin, das spürte sie ganz deutlich.
 

Das Einzige, was ihr nach ein paar Wochen richtig Angst machte, war, dass Sasuke es ihren Eltern erzählen wollte. Das überforderte sie. Sie hatte Angst, dass es Probleme geben würde. Sie war sich sicher, dass keinem von beiden das gefallen würde. Und sie hatte Angst, dass dann irgendwas passieren würde, das sie trennen würde.
 

Aber Sasuke ließ in diesem Punkt nicht mit sich reden. Sobald er hörte, dass sie bloß Angst hatte, dass sie voneinander getrennt werden könnten, gab es für ihn überhaupt keine Zweifel mehr.
 

Er entschied, dass es am besten sein würde, das bei einem gemeinsamen Familienessen in einem Restaurant zu tun, weil Itachi dabei sein würde und weil er sich sicher war, dass es dann keine Szene geben würde, weil sowohl sein Vater, als auch ihre Mutter sehr auf ihr Benehmen und ihre gesellschaftliche Stellung bedacht waren.
 

Sakura war an diesem Tag schrecklich nervös. Aber Sasuke und Itachi strahlten beide so viel Ruhe aus, dass sie es ertragen konnte.
 

Sasuke wartete bis zum Nachtisch. Vielleicht weil er glaubte, dass die Nachricht besser mit einem vollem Magen zu verkraften war. Und dann machte er es ziemlich kurz und schmerzlos.
 

Er wartete nicht einmal, bis es eine geeignete Pause im Gespräch gab. Er sagte es einfach so.
 

"Sakura und ich sind übrigens zusammen."
 

Fugaku, der gerade etwas zu Itachi gesagt hatte, verstummte und starrte ihn an.
 

"Wie bitte?", fragte Sakuras Mutter schwach und blickte Sakura so entsetzt an, dass sie sich sehr zusammenreißen musste, um nicht beschämt den Blick zu senken.
 

Aber das tat sie nicht mehr. Seit Sasuke sie so liebte und sie das annehmen konnte, hatte sie es nicht mehr nötig um die Liebe ihrer Mutter zu betteln. Also hielt sie den Blick aus ohne ihren Kopf zu senken.
 

"Ich hatte dir gesagt, dass du die Finger von ihr lassen sollst!", sagte Fugaku kalt und verächtlich. "Ich will keinen Skandal in dieser Familie, nur weil du deine Triebe nicht-"
 

"Ich liebe sie", unterbrach ihn Sasuke entschieden. "Und zwar schon seit vielen Jahren. Ich verstehe, dass das jetzt viel für euch ist und dass es etwas plötzlich kommt. Aber nichts, was ihr sagt, wird mich davon abhalten mit ihr zusammen zu sein."
 

"Ach ja?", fragte Fugaku. "Und du glaubst, du bist hier in der Machtposition? Ist es dir plötzlich also doch egal, ob du Geld von mir bekommst?"
 

Sasuke lächelte.
 

"Ja", sagte er ruhig. "Ich bin nämlich jetzt soweit das zu tun, was du immer von mir wolltest. Ich werde jetzt Verantwortung übernehmen. Wenn auch nicht so, wie du dir das vorgestellt hast."
 

"Und wie?", fragte Fugaku verächtlich. "Sasuke, das ist lächerlich!"
 

"Ist es nicht", sagte Itachi ruhig. "Er hat es gut durchdacht. Seit Jahren."
 

Fugaku sah irritiert zwischen seinen Söhnen hin und her. Sakuras Mutter saß einfach nur völlig fassungslos neben ihm.
 

"Seit ich zehn bin habe ich jeden Monat mehrere Hundert Euro Taschengeld von dir bekommen", sagte Sasuke. "Ich habe davon so gut wie nichts ausgegeben. Ich habe alles gespart. Mittlerweile ist es genug, um für Sakura und mich eine kleine Wohnung zu kaufen. Das Auto wollte ich nicht nur aus Spaß. Klar, ich mag es. Aber ich wollte bloß, dass du mir etwas möglichst Teures kaufst. Es ist auf mich eingetragen, ich kann es verkaufen. Wir wohnen mitten in einer Großstadt, ich brauche kein Auto. Ich werde mit dem Geld Sakuras komplettes Studium bezahlen. Itachi ist jetzt fertig und fängt in drei Tagen an zu arbeiten. Er wird gut verdienen. Er ist bereit sein Auto ebenfalls zu verkaufen und damit mein Studium zu bezahlen. Sakura wird morgen achtzehn. Du kannst ihr nicht verbieten, mit mir zusammen auszuziehen. Rechtlich gesehen ist sie ab morgen befugt solche Entscheidungen alleine zu treffen. Es ist egal, ob ihr beide diese Beziehung billigt oder nicht. Ihr habt keine Macht über uns."
 

Es herrschte Schweigen. Das schien sowohl Sasukes Vater als auch Sakuras Mutter ihre Sprache verschlagen zu haben.
 

"Wo wir ja gerade so offen und ehrlich reden", unterbrach Itachi schließlich die Stille, "wollte ich dich gerne etwas fragen Vater."
 

"Lass es!", sagte Sasuke verärgert und warf ihm einen wütenden Blick zu.
 

"Nein, ich will das jetzt wissen", sagte Itachi entschieden.
 

"Vater, hasst du Sasuke, weil du denkst, dass er deine geliebte Frau umgebracht hat, indem er geboren wurde? Das glaubt er nämlich."
 

Sasuke senkte den Blick.
 

Rasch griff Sakura unter dem Tisch nach seiner Hand. Sie hielt den Atem an. Sie konnte es kaum ertragen, wie er da saß, als würde er auf ein schreckliches Urteil warten.
 

Sie hatte sich in den letzten Wochen immer wieder gefragt, ob er sowas denken könnte. Sie hatte versucht mit ihm über seine Mutter zu sprechen. Aber er hatte immer auf cool gemacht und das Thema ganz abgeklärt abgetan.
 

Sie sah vorsichtig zu Fugaku. Der sah schockiert aus.
 

"Was?", fragte er schwach.
 

Sasuke hob den Kopf. Nun wirkte er wütend.
 

"Du bist viel strenger mit mir als mit Itachi!", zischte er und drückte unter dem Tisch fest Sakuras Hand. "Jedes Mal, wenn du mich ansiehst, dann denkst du daran, oder? Dann denkst du, dass du sie gegen mich eintauschen musstest! Und du bereust diesen Tausch!"
 

Alle schwiegen und Sakura wünschte sich so sehr, dass Fugaku irgendwas sagen würde. Aber offenbar konnte er das nicht. Er sah einfach nur Sasuke an, der wütend und enttäuscht und verletzt zurück sah.
 

Und dann kam der Moment, in dem Sakura so richtig klar wurde, dass ihre Mutter Fugaku wirklich liebte. Dass sie ihn nicht nur wegen seinens ganzen Geldes oder seines Einflusses mochte. Ihr wurde klar, dass die beiden, so unfähig sie auch sonst waren Gefühle zu zeigen, das miteinander vielleicht doch taten. Dass sie miteinander sprachen.
 

"Das ist nicht wahr Sasuke", sagte sie leise und legte Fugaku ihre Hand auf die Schulter.
 

Sasuke sah sie an, als wäre er sich nicht sicher, ob er wollte, dass sie sich einmischte.
 

"Dein Vater liebt dich", sagte Sakuras Mutter. "Genauso sehr wie deinen Bruder. Er ist bloß so streng mit dir, weil du keine Mutter hattest. Er macht sich Sorgen um dich."
 

Fugaku räusperte sich. Jetzt schien er doch etwas sagen zu wollen.
 

"Ja", sagte er schließlich. "Itachi hatte immerhin fünf Jahre lang eine liebende Mutter, die ihm Zuneigung geschenkt hat. Wie ihr ja wisst, kann ich das nicht besonders gut. Beziehungsweise fast gar nicht. Ich fühle mich schlecht, weil du das nicht bekommen hast Sasuke. Ich vermisse Mikoto. Ich wünschte, dass sie auch ein Teil deines Lebens gewesen wäre. Und ich bin so streng mit dir, weil ich mich überfordert fühle. Du warst in den letzten Jahren ständig nachts weg und hast zu viel getrunken. Auch unter der Woche. Ich wusste nicht was ich-"
 

"Das war nur, weil er seit Jahren unglücklich in Sakura verliebt war", unterbrach ihn Itachi. "Er war total frustriert, weil sie ihn nicht beachtet hat."
 

Wieder herrschte Schweigen.
 

"Das war alles?", fragte Fugaku schwach an Sasuke gerichtet. "Liebeskummer?"
 

"Ja", sagte Sasuke. Es klang fast ein bisschen trotzig und Sakura musste ein Lächeln unterdrücken. Sie sah, dass er eigentlich glücklich war. Und das machte auch sie glücklich.

Glück

Das Licht schien durch die feinen weißen Vorhänge in den schönen hellen Raum und bildete schillernde Flecken auf dem Boden, als Sasuke wieder das Zimmer betrat.
 

Als er aufgewacht war, war er so glücklich gewesen, dass er einfach nicht wieder hatte einschlafen können. Er hatte höchstens fünf Stunden Schlaf bekommen, aber das reichte ihm. Sie brauchte immer mehr. Darum hatte er sie schlafen lassen.
 

Und um die Zeit schneller rum zu bekommen, bis sie aufwachen würde, war er schonmal duschen gegangen.
 

Sasuke trat an das Bett, in dem sie die Nacht verbracht hatten.
 

Es war ziemlich kitschig. Zwar auf die elegante, zurückhaltende Art, aber es war kitschig. Alles in diesem Hotel und an dem gestrigen Abend war kitschig gewesen. Aber das störte ihn nicht. Sie liebte sowas. Und er liebte sie.
 

Er spürte es in seinem ganzen Körper, während er so da stand und auf sie hinab sah.
 

Ihre wunderschönen Haare lagen in hübschen Strähnen über dem Kissen verteilt. Ihr Gesicht war im Schlaf so friedlich. Vollkommen frei von der unendlichen Verunsicherung, die er so lange Jahre in ihren Augen hatte sehen müssen. Damals, in ihrer Schulzeit.
 

Das war nun schon lange her.
 

Vor ein paar Wochen hatten sie beide ihr Studium abgeschlossen. Sie hatten beide eine Stelle bekommen, die ihnen Sinn und Erfüllung gab. Aber eigentlich war sie seine Erfüllung. Er würde arbeiten und hoffentlich etwas Sinnvolles mit seiner Zeit tun. Aber eigentlich wollte er bloß, dass sie glücklich war. Er wollte bloß ihr Lachen sehen und wissen, dass er derjenige war, der dieses Lachen in ihr hervorrief. Sie brauchte Geld und Luxus nicht. Sowas war ihr nicht wichtig, um glücklich zu sein. Sie liebte lange Spaziergänge im Park oder im Wald. Sie liebte es mitten in einer Blumenwiese zu sitzen und ihm stundenlang etwas vorzulesen. Sie liebte es morgens ihren Kaffee zu trinken. Und er liebte es, wie sie dabei sanft ihre Hände um die Tasse legte. Sie liebte es Schmetterlinge oder Blütenblätter im Wind anzuschauen. Sie liebte es sich um ihn zu kümmern und ihn zu umsorgen. Sie liebte es ihre Arbeit gut zu machen. Sie liebte es Zeit mit ihren Freunden zu verbringen. Aber er wollte ihr dennoch ein luxuriöses Leben bieten. Zusätzlich zu alledem. Es konnte ja nicht schaden.
 

Sie regte sich, vielleicht spürte sie, dass er sie ansah und wurde davon wach. Die Decke rutschte ein Stück von ihr herunter und er musterte sie voller Genugtuung.
 

Gestern Abend hatte Neji gesagt, dass es schon verrückt war, dass sie die Einzige war, mit der er je geschlafen hatte und es je tun würde. Er wusste was Neji meinte. Mit seinem guten Aussehen hätte er so viele Möglichkeiten gehabt. Aber wozu? Sie war perfekt. Er wollte nur sie. Er fand keine andere Frau so wunderschön. So leidenschaftlich. So sanft und liebevoll. Und entschlossen. Er hatte in den letzten Jahren öfter festgestellt, dass sie sehr entschlossen sein konnte, wenn sie etwas für das Richtige hielt. Dann war sie eine ebenbürtige Gegnerin für ihn. Und dann wurde so lange diskutiert, bis sie einen guten Kompromiss gefunden hatten.
 

Sasuke setzte sich auf die Bettkante. Er beugte sich hinunter zu ihr und gab ihr einen Kuss.
 

"Guten Morgen", flüsterte sie.
 

Sie öffnete ihre strahlend grünen Augen mit diesen unglaublich langen Wimpern und wie immer hatte er das Gefühl sich darin zu verlieren.
 

"Guten Morgen", sagte er.
 

Mit der scheuen Anmut, die alle ihre Bewegungen inne hatten, setzte sie sich auf. Sie strich sich ihre Haare zurück und er genoss es dabei ihren nackten Körper betrachten zu können. Dann streckte sie die Arme aus, schlang sie um seinen Nacken und strahlte ihn an.
 

"Komm wieder ins Bett!", verlangte sie.
 

Ihm gegenüber hatte sie ihre Vorsicht fast gänzlich abgelegt. Sie war immer noch sehr sanft und zart, aber sie vertraute ihm vollkommen.
 

Sasuke hob die Decke an und legte sich wieder zu ihr. Sie schmiegte sich sofort an ihn und streichelte seinen Arm.
 

"Ich bin glücklich", sagte sie. Und es klang auch danach. "Du auch?"
 

"Ja", sagte er und strich mit seiner Hand über ihren Rücken.
 

Sie wich ein bisschen zurück, aber nur damit sie sich ansehen konnten. Die Zeiten, in denen Blickkontakt ein Problem gewesen war, waren schon lange vorbei.
 

Sasuke fühlte sich stolz. Er hatte ihr helfen können. Sie führte nun ein glückliches Leben, sie hatten ihre gemeinsamen Freunde und Sakura hatte sich sogar letztens mit ihrer Mutter aussprechen können. Vielleicht würde sie sie demnächst nochmal nach ihrem Vater fragen. Sie war viel mutiger geworden. Sein Vater und ihre Mutter waren immer noch zusammen, aber er ärgerte sich nicht mehr über diese Beziehung. Auf ihre etwas eigene Art schienen die beiden sich wirklich zu mögen. Und solange er Sakura haben konnte, war Sasuke das sowieso alles ziemlich egal. Ihre Eltern hatten nach seiner Ansage damals ein paar Tage gebraucht, um sich mit dem Gedanken anzufreunden, aber am Ende hatten sie sich damit abgefunden. Die Beziehung zu seinem Vater war sogar besser geworden, seit sie über seine und Itachis Mutter gesprochen hatten. Sie hatten nichtmal die Autos verkaufen müssen. Sein Vater schien sich so darüber zu freuen, dass er nicht mehr trank und sich herumtrieb, dass er ihm und Sakura tatsächlich die Wohnung und das Studium bezahlt hatte. Und nun waren sie erwachsen und konnten selbst für sich sorgen.
 

Als er sie vor ein paar Monaten gefragt hatte, war er nervös gewesen. Er hatte Sorge gehabt, dass sie vielleicht doch noch nicht so weit war. Dass es zu früh sein könnte. Aber sie hatte ohne zu zögern 'ja' gesagt und seit gestern Abend gehörte sie ihm. Nun war sie seine Frau. Sie trug nun seinen Nachnamen. Und jeder sah den Ring an ihrem Finger. Das gefiel ihm.
 

Es war ihm bewusst, dass das etwas albern von ihm war. Aber sie war so wunderschön, dass sich ständig alle nach ihr umdrehten. Und er fand es ganz gut, dass nun jeder sehen konnte, dass sie nicht mehr zu haben war.
 

"Worüber denkst du nach?", fragte sie fröhlich und strich mit ihrem Zeigefinger hauchzart über seine Lippen. Sie blickte ihn erwartungsvoll an. Sie war verspielt, wenn sie sich sicher fühlte. Dann lachte sie sehr viel. Er liebte das an ihr. Er würde dafür sorgen, dass sie sich immer sicher fühlen würde.
 

"Über nichts Bestimmtes", sagte er beiläufig und strich ihr ein paar Haare nach hinten.
 

"Sasuke?"
 

"Hm?"
 

"Ich liebe dich!"
 

Wie jedes Mal, wenn sie diese Worte sagte, machte sein Herz einen kleinen freudigen Hüpfer. Sie konnte das schon seit zwei Jahren sagen. Zumindest in dieser Selbstverständlichkeit und Unbefangenheit. Aber es machte ihn nach wie vor so glücklich wie damals, als sie es das erste Mal geschafft hatte diese Worte zu ihm zu sagen.
 

Er grinste.
 

"Ich weiß", sagte er bloß.
 

Oh wie er es liebte, sie ein bisschen zu ärgern!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo! Dies ist das letzte Kapitel dieser Geschichte. Es folgt aber noch ein kleiner Epilog. Danke an alle, die mit ihren Kommentaren dafür gesorgt haben, dass ich diese Geschichte schreiben konnte! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Danke fürs Lesen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (219)
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Von:  Sanatosniva
2023-08-07T21:28:39+00:00 07.08.2023 23:28
Ich lese erst seit kurzem Fanfictions, aber ich muss sagen, deine gefallen mir richtig gut. Die Texte sind einfach gut geschrieben. Es liest sich flüssig, die Geschichten sind toll und jeder braucht einen Sasuke oder? Dank dir bin ich totaler Fan dieser Seite geworden und ich hoffe wirklich sehr, dass du noch mehr Geschichten schreibst!
Deine Texte besitzen wirklich Qualität! Ganz toller Schreibstil <3
Von:  stoffelfuchs
2023-06-09T00:05:47+00:00 09.06.2023 02:05
Richtig toll! Danke dir, für die Geschichte. Ich mag die Entwicklung zwischen Sakura und Sasuke, vor allem dass er derjenige mit den Gefühlen ist und sie sich erstmal darauf einlassen muss. Liest man nicht allzu oft und mir hat es richtig gut gefallen. =)
Antwort von:  writer
09.06.2023 08:29
Vielen Dank!! Ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut!!
Von:  -_Cherry-chan_-
2022-06-16T14:48:02+00:00 16.06.2022 16:48
Hallöchen :)
So jetzt habe ich auch diese Geschichte von dir gelesen :) und natürlich ist diese auch total klasse.
Es ist einfach unglaublich schön zu lesen, wie du immer diese ganzen Gefühle rüberbringst. Manchmal kam ich mir selber fast so vor als hätte ich gerade mega stress weil du das einfach so toll umschreibst, dass man sich richtig gut hinein fühlen kann :D
Das Thema an sich finde ich auch toll. Psychische Krankheiten werden ja leider in unserer Gesellschaft immer noch nicht wirklich ernst genommen, zumindest teilweise. Da ist es iwie "erfrischend" eine Geschichte zu lesen, die sich mit sowas beschäftigt. Das Thema hast du wohl sehr intensiv recherchiert und dementsprechend auch sehr toll rüber gebracht. Und die versteckte Message dahinter, dass man einfach auch solche "Probleme" bzw. Krankheiten überwinden kann, wenn man sich nur gut genug bemüht und Menschen um sich hat, die einem helfen, ist ebenfalls einfach klasse :)
Ich bin glücklich, dass die beiden nach der vielen Arbeit ihr Happy End bekommen haben und es endlich genießen können. Ich finde Geschichten mit Happy End einfach immer iwie besser. Klar, dass entspricht nicht immer der Wahrheit und dem echten Leben. Aber mal ehrlich, jeder hat seine Problemchen und ein Päckchen zu tragen, da kann man sich ja mal eine Dröhnung Glück in Form einer tollen Geschichte mit Happy End gönnen.
Kurz zusammen gefasst: wieder eine tolle Fanfiction mit viel Gefühl, Tiefsinn und einem unfassbar tollem Schreibstil. Ich freue mich darauf, sollte ich mal wieder in den Genuss kommen, eine weitere Geschichte von dir hier lesen zu dürfen.
Liebe Grüße ❤️
Antwort von:  writer
16.06.2022 18:39
Oh wie schön, dass du diese auch mochtest! Hier war viel Persönliches von mir drinnen, deshalb wirkt es vermutlich auch, als hätte ich viel recherchiert. Und ja, Happy End gibt es im Leben nicht immer. Ich habe mein persönliches Happy End zwar bekommen, aber das war harte Arbeit und viel zu oft ist das nicht so und aufgrund meiner eigenen Vergangenheit mag ich in der Fiktion lieber schöne Märchen. Das Leben kann auch so hart genug sein, das braucht man meiner Meinung nach nicht noch zusätzlich in seinem Medienkonsum.
Antwort von:  -_Cherry-chan_-
16.06.2022 19:05
Es freut mich, dass du dein eigenes Happy End bekommen hast :)
Ich bin voll bei dir, dass man nicht auch noch im Medienkonsum diese Negativität braucht. Das wäre zwar realitätsnah, aber mal ehrlich, wenn ich eine Geschichte lese, möchte ich der Realität eher entfliehen als noch mehr mit der Realität konfrontiert zu sein :D
Antwort von:  writer
16.06.2022 19:32
Genau! :)
Von:  exotically
2022-04-23T08:35:59+00:00 23.04.2022 10:35
Ich weiß nicht, ob es irrsinig ist, aber als ich auf diese FF gestoßen bin, musste ich sie in einem Zug durchlesen.

Es ist dir wirklich sehr gelungen - du hast einen tollen Schreibstil, kannst fesselnde Geschichten erzählen und es ist einfach schön, sich in deine Geschichten hineinzuversetzen.
Ich finde Sakuras Angst und Sasukes Vernarrtheit irgendwie passend. Für mich hat es sich nich nach einem komplett neuen Charakterzug angefühlt, auch wenn es sich hier natürlich um eine komplett andere Welt handelt als im Anime.
Und ich liebe einfach die Freundschaft zwischen den drei Jungs, das macht so richtig Spaß beim Lesen. :D

Großes Lob an dich! Mach weiter so - ich werde deine anderen Geschichten auf jeden Fall weiterverfolgen. ;)

Antwort von:  writer
23.04.2022 10:51
Hallo! Vielen Dank, dass du mir diesen lieben Kommentar geschrieben hast!! Das hat mich sehr happy gemacht! :)
Von:  Studio
2022-04-01T14:30:38+00:00 01.04.2022 16:30
Ahhhhhh so so schön!!!
Ich hab deine ganze FF sehr genossen und mich immer auf die neuen Kapis gefreut, bzw. extra nachgeschaut ob schon was neues da ist!!! Schade das die Story zu den ist, aber es war der perfekte Zetpunkt um abzuschließen!!!
Ich würde mich fruen von dir bald was Neues lesen zu dürfen!!!
LG Studio
Antwort von:  writer
01.04.2022 16:41
Vielen Dank für deine ermutigenden Worte!! Vielleicht bis bald! :)
Von:  Nadi21
2022-04-01T11:08:31+00:00 01.04.2022 13:08
Vielen lieben das für eine weitere wundervolle geschicht
Ich liebe das paar sasuke und sakura 😍
Ich hoffe du kannst dich irgendwann wieder dazu durchringen noch eine zu schreiben dann bin ich natürlich auch wieder mit am start😊
Lg Nadi
Antwort von:  writer
01.04.2022 13:31
Hallo! Ich habe schon gehofft, dass du mir noch schreiben würdest, danke! :)

Dir alles Gute und vielleicht bis bald!
Von:  LikeParadise
2022-04-01T08:49:58+00:00 01.04.2022 10:49
Hi. Vielen, vielen Dank für dieses Ende.
Schön dass die zwei geheiratet haben und glücklich sind.
Happy end. :D
Wie alt sind die beiden jetzt eigentlich? Da sie frisch ihr Studium abgeschlossen haben, würde ich sagen zwischen 21 und 23?
Also sind sie zwischen 3 und 5 Jahre zusammen?
Was haben sie eigentlich studiert?
Wenn du das irgendwo Mal erwähnt haben solltest, tut mir das leid, aber mir fällt es gerade nicht ein. 😅
Ich freue mich schon darauf, wenn du uns das nächste Mal wieder mit einer neuen Geschichte bereicherst.
Die genau so wundervoll ist, wie die beiden anderen.

Antwort von:  writer
01.04.2022 11:32
Danke für die lieben Worte! Ich glaube ich werde eure Kommentare vermissen!

Genau, sie haben früh geheiratet und sind wohl höchstens mitte zwanzig. Sasuke wollte das wohl schnell erledigen, damit ganz klar ist, dass sie zusammen gehören.

Was sie studiert haben, habe ich offen gelassen, da kann sich jeder selbst was ausdenken, was passt.

Vielleicht bis irgendwann! Alles Gute dir!!
Von:  Calista259
2022-03-31T20:54:12+00:00 31.03.2022 22:54
Ein wirklich wunderschöner Epilog 🥰 vielen Dank für die tolle Geschichte es war mir wirklich jedesmal eine Freude ein neues Kapitel zu lesen 🥰

Antwort von:  writer
31.03.2022 22:55
Danke!!! Vielleicht bis bald!
Von:  Rina2015
2022-03-31T20:09:19+00:00 31.03.2022 22:09
Es ist wirklich ein tolles Ende! Ist aber total schade keine Kapitel zu lesen! Es hat sooooo viel Spaß gemacht die Geschichte zu lesen😊😊😊 Ich werde es vermissen.... Muss ich ehrlich sagen 😘😁 danke dir! Ich wünsche dir alles Gute und freue mich auf den Tag x wenn du uns wieder mit einer Geschichte bereicherst😊
Antwort von:  writer
31.03.2022 22:30
Vielen lieben Dank auch dir für die Unterstützung. Ich sage es ständig, aber ohne eure tollen Kommentare hätte ich keine Motivation diese Geschichten zu schreiben. Dir auch alles Gute und vielleicht bis bald!
Von:  Zafier
2022-03-31T18:00:32+00:00 31.03.2022 20:00
Auf der einen Seite freue ich mich so unheimlich über das schöne Ende und zum anderen bin ich unfassbar traurig, dass es schon zu Ende ist. 😭💕
Vielen Dank, dass du meine Freizeit mit deiner Geschichte bereichert hast.
Antwort von:  writer
31.03.2022 20:01
Danke für deine lieben Worte!!!!


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