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Marriage

von

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Widerwillen

Sie wollte das nicht. Sie wollte dieses Kleid nicht tragen. Sie wollte nicht in diesem hübschen Hotelsaal auf diesem hübschen Hocker sitzen, vor diesem teuren Schminktisch mit dem wunderschönen, in den goldenen Rahmen eingearbeiteten floralen Muster.
 

Sakura unterdrückte ein Seufzen.
 

Alles hier war wunderschön, stilvoll, klassisch, verwunschen. Fast schon magisch. Ihr Kleid war traumhaft, ebenso wie ihre Frisur, ihr Make-Up, die Blumendekoration, die Location in diesem alten, zu einem Hotel umgebauten Schloss.
 

Und dennoch wünschte sich Sakura, dass sie an einem völlig anderen Ort wäre. Sie wäre bereit gewesen auf all die Privilegien zu verzichten, die einem zuteil wurden, wenn man in eine reiche Familie geboren wurde. Sie wäre bereit, all das herzugeben, wenn sie dafür nur das Eine bekommen könnte, was sie nie wirklich gehabt hatte. Und zwar die Freiheit, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.
 

Natürlich, gewissermaßen war es ihre freie Entscheidung. Sie hätte sich schließlich auch weigern können. Aber wie hätte sie das ihrer Familie antun können? Wenn sie nur an ihre Mutter dachte, löste sich diese Option sofort in Luft auf. Sie hatte kein Recht etwas derart Selbstsüchtiges zu tun und damit alle zu enttäuschen. Es hing zu viel davon ab.
 

"Du stellst dich wirklich an!", hatte ihre Mutter ihr gesagt, als sie vor einem halben Jahr versucht hatte ihr ihre Gefühle zu erklären. "Du tust so, als ob wir dich zu etwas Schrecklichem zwingen würden! Dabei würden fast alle Frauen dieses Landes nur allzu gerne mit dir tauschen wollen! Du solltest dich wirklich über dieses Arrangement freuen und dankbar sein! Du wirst ein luxuriöses und sorgenfreies Leben führen! Er ist wie du fünfundzwanzig Jahre alt und noch dazu ist er so derart gut aussehend! Wie kannst du da nur Bedenken haben? Sei nicht undankbar Sakura! Das ist alles, was man sich nur wünschen kann! Und noch dazu das Ansehen, dass du als Teil dieser Familie gewinnen wirst! Du solltest dich wirklich glücklich schätzen!"
 

So wie ihre Mutter schienen alle darüber zu denken. Sakura hatte gehört, wie die Hausangestellten auf ähnliche Weise darüber gesprochen hatten.
 

"Sie kriegt alles, was man sich wünschen kann, wieso sieht sie so unglücklich aus?", hatte sie eine der Angestellten sagen hören. "Wie kann man derart verwöhnt sein?"
 

War sie das? War sie so verwöhnt, dass ihr das nicht genügte? Sie wusste keine Antwort darauf.
 

"So!", sagte die Frau, die nun endlich erfolgreich den Schleier an ihrer Frisur befestigt hatte und sie klatschte zufrieden in die Hände, während sie einen Schritt zurück trat, um ihr Werk zu betrachten.
 

"Wunderschön!", sagte Sakuras Mutter glücklich und voller Stolz.
 

Sie hatte die ganze Zeit daneben gesessen und beobachtet, wie ihre Tochter für ihren großen Tag zurecht gemacht worden war.
 

Sakura blickte wieder in den hübschen Spiegel vor sich und musterte sich. Sie sah wirklich schön aus. Und traurig. Sie versuchte sich zusammen zu reißen und sich ein Lächeln abzuringen.
 

'Sei nicht so undankbar!', ermahnte sie sich selbst in ihren Gedanken.
 

Während sie mit ihrer Mutter, der Stylistin und ihrer Tante die Gänge entlang zu dem Saal ging, in dem ihre Trauung stattfinden würde, kam sie sich vor, als wäre jeder Schritt eine mühevolle Aufgabe für deren Bewältigung sie sich sehr anstrengen musste.
 

Sie wurde in einen kleinen aber hübschen Warteraum direkt neben dem Eingang zum Saal geführt, wo sie die letzten Minuten verbringen würde, bis ihr Vater kommen und sie nach vorne führen würde. Zu ihm.
 

Ob er wohl auch derartigen Widerwillen gegen diese Verbindung verspürte? Oder war es ihm egal? Sie hatte keine Ahnung, was er darüber dachte. Kein Wunder. Sie hatten sich erst ein paarmal gesehen und sie hatten noch nie wirklich miteinander gesprochen. Er war ein völlig Fremder. Sie wollte ihn nicht heiraten.
 

'Reiß dich zusammen Sakura Haruno', sagte sie in Gedanken zu sich selbst, bestimmt zum hundertsten Male an diesem Tag.
 

Sakura Haruno. Dieser Name klang merkwürdig dramatisch in ihren Ohren. So würde sie gleich nicht mehr heißen. Gleich würde sie seinen Nachnamen tragen. Gleich würde sie einen Ring an ihrem Finger tragen müssen, den er ihr anstecken würde. Beides kam ihr so vor, als würde das bedeuten, dass sie dann ihm gehören würde. Und zwar so, dass das auch für jeden ersichtlich wäre.
 

"Der Ring ist so unglaublich schön!", schwärmte ihre Mutter genau in diesem Moment und schenkte ihr ein begeistertes Lächeln. "Ich habe ihn vorhin ansehen können! Er wird dir gefallen! Er muss ja so unglaublich teuer gewesen sein! Aber so gehört sich das auch! Schließlich sind sie die reichste Familie des ganzen Landes!"
 

Sakura rang sich mit viel Mühe ein Lächeln ab. Wie teuer der Diamant in ihrem Ring war, war ihr vollkommen egal. Sie wollte diesen Ring nicht, egal was er wert war.
 

"Du bist nur nervös!", sagte ihre Mutter aufmunternd und Sakura fragte sich, ob sie damit ihr eigenes Gewissen beruhigen wollte. "Das ist normal! Mach dir keine Sorgen, alles wird gut gehen!"
 

Aber genau das war Sakuras Sorge. Ihr wäre es lieber gewesen, dass nun irgendwas vollkommen Unvorhersehbares passieren würde, was all das hier im letzten Moment verhindern könnte. Vielleicht eine Naturkatastrophe oder etwas Derartiges.
 

Aber nichts passierte. Also stand sie da, sitzen sollte sie jetzt nicht mehr, damit ihr Kleid auch ja nicht knitterte und wartete bis schließlich ihr Vater herein kam.
 

Er lächelte, als sein Blick auf sie fiel und als er vor sie trat und sie musterte, hatte sie das Gefühl ihn noch nie so stolz erlebt zu haben. Nichtmal, als sie ihr Studium früher als erwartet und mit Bestnoten abgeschlossen hatte. Dabei war das etwas gewesen, für das sie sich wirklich total bemüht hatte. Das war etwas, worauf sie selbst wirklich stolz war. Aber für ihn hatte diese Verbindung mit den Uchihas wohl eine größere Bedeutung. Er war stolz auf sie, obwohl sie dafür eigentlich gar nichts leistete. Dennoch, es war schön endlich einmal seine Anerkennung für etwas zu bekommen.
 

"Wie haben wir nur eine so schöne Tochter bekommen können?", fragte ihr Vater, ohne es an jemand Bestimmten zu richten. Sakura sah ihre Mutter milde Lächeln.
 

"Ich bin sehr stolz auf dich!", sagte ihr Vater und es klang tatsächlich so. "Und du kannst ebenso stolz auf dich sein! Immerhin will er dich! Für uns ist diese Verbindung deutlich wichtiger als für sie. Er hätte sich für eine andere entscheiden können."
 

Sakura rang sich mit aller Mühe ein Lächeln ab.
 

Ihr Vater sagte das, als ob es eine große Leistung wäre, die sie vollbracht hätte. Dabei kannten sie sich doch gar nicht. Sie hatte nichts getan, um ihn für sich zu gewinnen. Ihre einzige Leistung in diesem Falle wäre dann wohl gewesen hübsch genug zu sein. Und da hatte sie einfach Glück gehabt. Das war ja wohl kein Verdienst. Außerdem bezweiflte sie, dass er groß etwas entschieden hatte. Diese Ehe war von ihren Familien beschlossen worden, weil es Vorteile für alle hatte. Sie erfüllte bloß ihre Pflicht und sie war sich ziemlich sicher, dass er das gleiche tat.
 

Und obwohl sie am liebsten kehrt gemacht hätte und einfach davongerannt wäre, legte sie ihren Arm in den ihres Vaters, als er ihn ihr reichte, um sie in den Saal und nach vorne zum Altar zu führen.
 

Die Masse an Gästen, darunter Bekannte, Mitglieder ihrer eigenen Familie, Kollegen ihres Vaters und andere wichtige Leute aus der Gesellschaft, nahm sie kaum wahr. Sie konzentrierte sich nur tapfer darauf einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie blickte geradeaus nach vorne, mit, wie sie hoffte, gefasstem, neutralen Gesichtsausdruck. Es wäre schließlich überhaupt nicht gut, wenn alle sehen würden, wie wenig sie das hier wollte.
 

Aber ihn sah sie an. Er sah wirklich gut aus, das musste sie zugeben. Das hatte sie immer schon gedacht, so wie jeder andere auch, denn das war nicht zu übersehen. In seinem perfekt sitzenden, teuren Anzug und mit seiner geraden, stolzen Haltung und seinem üblichen etwas überheblichen Gesichtsaudruck wirkte er in der Tat beeindruckend. Sie verstand, dass man sie beneidete. Und dennoch hätte sie gerne jemanden geheiratet, den sie liebte. Oder zumindest mochte. Oder zumindest kannte.
 

Sakura warf ihm einen vorsichtigen Blick zu, als sie schließlich vorne und ihm gegenüber stand. Sie versuchte sich an einem kleinen Lächeln. Aber sie wusste, dass er es nicht erwidern würde. Er war kalt. Genauso wie alle in seiner Familie.
 

Sie hatte befürchtet, dass ihre Ehe genauso unzufriedenstellend verlaufen würde, wie die ihrer Eltern. Und als er sie einen Moment kühl und ausdruckslos musterte und sich dann nach vorne zu Demjenigen wandte, der die Zeremonie abhalten würde, war sie sich sicher, dass es genau so laufen würde, wie sie befürchtete.
 

Sakura nahm sich erneut zusammen. Ihr drohte ständig ihre Fassung zu entgleiten.
 

'Du tust so, als ob wir dir irgendetwas Schreckliches antun würden', hatte sie die vorwurfsvolle Stimme ihrer Mutter im Kopf.
 

'Sei doch nicht immer so dramatisch!', hatte ihre Tante gesagt.
 

Also ermahnte sie sich in Gedanken, sich gefälligst nicht so anzustellen und wandte sich ebenfalls nach vorne.
 

'Viele würden liebend gerne mit dir tauschen, sei nicht so selbstsüchtig und verwöhnt!', sagte sie sich selbst die Worte, die sie ihr Leben lang immer gehört hatte, wenn sie es einmal gewagt hatte zu träumen und eigene Wünsche zu entwickeln.
 

'Ja, ich will' zu sagen, kostete sie alle Überwindung, die sie aufbringen konnte.
 

Es fühlte sich an, als würde sie damit ihr eigenes Unglück besiegeln.

Kälte

Leider schien es, dass sie mit dieser Gewissheit Recht behalten hatte. Sie war unglücklich.
 

In dieser Familie herrschte eine Kälte, die für sie kaum zu ertragen war. Es war schlimmer als das, was sie von der Ehe ihrer Eltern kannte. Das hatte sie erwartet. Aber es war schlimmer als das, was sie erwartet hatte.
 

Flitterwochen hatte es keine gegeben. Selbstverständlich nicht. Sie waren nicht verliebt und die Hochzeit war mehr eine Formalie gewesen und eine Gelegenheit in ihren gesellschaftlichen Kreisen die Verbindung ihrer Familien bekannt zu geben.
 

Sakura hatte die Feier an Sasuke Uchihas Seite tapfer durchgestanden, gelächelt, die Glückwünsche entgegen genommen, andere Frauen ihren teuren Ring bewundern lassen und neben ihm gesessen. Gesprochen hatten sie kaum mit einander.
 

Einmal hatte sie es versucht. Sie hatte ihn nach den Reden angelächelt und gesagt, dass sie hoffte, dass sie gut miteinander auskommen würden und dass sie sich richtig kennenlernen würden. Er hatte sie einen Moment angesehen. Dann hatte sein Bruder etwas zu ihm gesagt und er hatte sich zu Itachi Uchiha hinüber gebeugt, um ihm zuzuhören.

Das war während der Feier der einzige Moment gewesen, in dem sie kurz die Gelegenheit gehabt hatte, etwas zu ihm zu sagen, ohne, dass es jemand gehört hätte.
 

Dennoch ignorierte er sie nicht vollkommen. Er sprach nicht mit ihr, er beachtete sie auch nicht groß, aber er berührte sie manchmal. Ganz leicht. Er berührte ihren unteren Rücken mit seinen Fingerspitzen, wenn er sie in eine Richtung dirigieren wollte, oder er fand, dass sie sich zu weit von ihm entfernte. Er schien sie an seiner Seite halten zu wollen. Sie kam sich furchtbar eingesperrt vor und es kam ihr merkwürdig vor, dass er nun das Recht hatte, sie anzufassen.
 

Während der Zeremonie hatte er ihre Hand genommen, um ihr den Ring anzustecken und nachher hatten sie natürlich den obligatorischen Kuss ausführen müssen. Kurz und förmlich, vor all diesen wichtigen Gästen war das so auch richtig. Das waren ihre ersten wirklichen Berührungen gewesen.

Selbstverständlich wusste sie, dass jeder erwartete, dass es dabei zwischen ihnen nicht bleiben würde. Sie waren nun verheiratet. Dennoch, so richtig bereit fühlte sie sich nicht für mehr Intimität. Einfach weil sie ihn überhaupt nicht kannte und nicht das Gefühl hatte, sich ihm öffnen oder ihm vertrauen zu können. Und deshalb fühlten sich seine kleinen Berührungen so merkwürdig für sie an und sie hatte sich zusammenreißen müssen, ihm nicht auszuweichen.
 

Sie seufzte leise, während sie in ihrem Schlafzimmer in der Dunkelheit vor dem riesigen Flügelfenster stand und in die noch junge Nacht hinaus schaute. Der Mond war voll und leuchtete über den weiten, gut gepflegten Rosengarten unter ihrem Fenster. Dahinter waren die großen alten Eichen nur als tiefschwarze Silhouetten zu sehen. Ein leichter Wind kräuselte die Blätter und erschuf kleine wogende Bewegungen in den Baumkronen.
 

Sakura war fertig damit ihre langen Haare für die Nacht zu einem lockern Zopf zu flechten und sie unten mit einem feinen Gummi zu befestigen, wie ihre Mutter es ihr gezeigt hatte. Damals, vor so langer Zeit, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war.
 

Sie legte ihre Hand auf den Knauf und öffnete eine Hälfte des großen Fensters, um hinaus auf den Balkon zu treten. Es war Spätsommer und die Nächte waren noch warm. Dennoch, in dem feinen seidenen Stoff ihres kurzen Nachthemds fror sie. Es war eher ein dekoratives als ein praktisches Kleidungsstück. Auf ihrer Haut stellten sich aufgrund der Kühle die feinen Härchen auf, doch das war ihr egal. Sie wollte nur einen Moment den Wind spüren. Sie schloss die Augen, hielt ihr Gesicht in den Wind und genoss den Geruch des Sommers. Rosen, Blätter, Zweige, Gras...Freiheit...
 

Sie öffnete leicht die Augen, als sie die Schlafzimmertür hörte. Also musste es nun elf Uhr sein. Denn er kam meistens um diese Zeit in ihr gemeinsames Schlafzimmer. Geduscht und bereit zum Schlafen. Also fast. Schlafen würden sie erst danach.
 

Sie blieb dort stehen und wandte sich nicht zu ihm um. Er sprach sowieso nicht mit ihr. Seit beinahe vier Monaten waren sie nun verheiratet, doch daran hatte sich nichts geändert. Er war immer noch ein Fremder für sie. Abgesehen von den Berührungen.
 

Sie hörte, wie er wie immer die Tür abschloss und dann sein Smartphone und seinen Geldbeutel auf seinem Nachttisch ablegte. Dann kam er zu ihr auf den Balkon und trat hinter sie. Immer noch blieb sie so stehen. Sie mochte das Gefühl des Windes auf ihrem Gesicht.
 

Ein paar Sekunden stand er einfach nur hinter ihr, vielleicht sah er sich auch die Landschaft an. Was er wohl dachte? Sie hatte es ihn einmal gefragt, aber er hatte nicht darauf geantwortet. Also hatte sie es nicht wieder versucht.
 

Sie spürte hinter sich die Wärme, die von ihm ausging.
 

Schließlich hörte sie das leise Rascheln des Stoffs seines T-Shirts, weil er seinen Arm hob. Gleich darauf spürte sie seine Finger an ihrem Nacken. Er strich zärtlich ein paar Haarsträhnen beiseite, die nicht in ihrem lockeren Flechtzopf geblieben waren, der über ihrer Schulter lag und berührte mit seinen Lippen kurz ihre Haut dort. Dann griff er von hinten mit seinem Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Er legte auch seinen anderen Arm um ihren Oberkörper und griff mit seiner Hand um ihren Oberarm, kurz unter ihrer Schulter. Sein Griff war fest und sie fühlte sich wie immer gefangen.
 

Dennoch hatte sie nichts gegen die Berührung. Sie hatte sich an seine Nähe gewöhnt. Mittlerweile. Am Anfang war es schwierig gewesen. Sie erinnerte sich noch gut an die Nacht ihrer Hochzeit.
 

Bereits am Morgen dieses Tages war der Umzug erledigt worden. Also hatte man sie direkt nach dem Fest hier her gebracht. Auf das riesige Anwesen der Uchihas. In ihr neues Zuhause.

Es war schon Nacht gewesen. Sie hatte sich fremd gefühlt in diesem neuen Schlafzimmer und sich sehr unwohl gefühlt, obwohl alles wunderschön eingerichtet war. Den ganzen Tag über, wenn sie zwischen den Gesprächen, dem Smalltalk und den Glückwünschen einen Moment Zeit gehabt hatte, hatte sie sich gefragt, wie die Nacht verlaufen würde. Ob er erwarten würde, dass sie miteinander schliefen. Und das hatte er erwartet. In ihrer Unizeit hatte sie kurz einen Freund gehabt, sie war also nicht vollkommen unerfahren gewesen. Doch sie war auch mit fünfundzwanzig noch Jungfrau gewesen. Man hatte ihr früh klar gemacht, dass sie sich das für die Ehe aufheben sollte und sie hatte das akzeptiert. Also war sie sehr nervös gewesen. Und es war ihr schwer gefallen, seine Berührungen und das Intimste, was zwei Menschen miteinander teilen konnten, zuzulassen. Aber er war einigermaßen zärtlich gewesen und sie hatte es irgendwie geschafft es durchzustehen. Doch es war ihr so falsch vorgekommen zu akzeptieren, dass dieser fremde Mann ihr nun so nahe kommen durfte und dass sie hinzunehmen hatte, dass er ihren Körper anfassen durfte, wie es ihm gefiel. Doch darin hatte sie schließlich irgendwie eingewilligt, als sie vor allen Leuten 'ja, ich will' gesagt hatte.
 

Jetzt war es anders. Mittlerweile hatte sie sich an ihn gewöhnt. Mittlerweile genoss sie seine Berührungen sogar. War doch die Wärme, die von seinem Körper ausging, die Einzige, die sie in diesem Haus verspürte. Auch wenn es bloß körperliche Nähe war, war es Nähe. Und diese Nähe war das Einzige, das dafür sorgte, dass sie sich mit irgendjemandem hier verbunden fühlen konnte.
 

Sie wusste nicht, was er darüber dachte. Ob er es wollte, oder ob er bloß seine Pflicht tat. Aber wenn sie nicht ihre Periode hatte, dann wollte er sie jede Nacht bevor sie schliefen. Und sie freute sich beinahe auf diesen Moment des Tages. Es war der Moment, in dem sie sich am wenigsten unwohl fühlte.
 

Unten fuhr ein Auto auf den Hof vor den Haupteingang.
 

Sakura sah zu wie Madara Uchiha, der Chef des Geheimdienstes, ausstieg und mit ihm Sasukes älterer Bruder Itachi, der für Madara arbeitete. Es war nicht unüblich, dass die Männer dieser Familie lange arbeiteten und erst spät nach Hause kamen.
 

Sakura sah zu, wie die beiden in der Ferne über den Hof auf den Eingang zu gingen.
 

Als sie die Tür öffneten, fiel kurz Licht auf den Hof. In diesem Moment hob Itachi den Kopf und sah zu dem Balkon hinauf, auf dem sie standen. Wahrscheinlich hatte er den weißen, durchscheinenden Stoff ihres Nachthemdes in der Dunkelheit leuchten sehen und war aus dem Augenwinkel auf die Bewegung aufmerksam geworden, die der Wind verursacht hatte.
 

Im nächsten Moment hatte Sakura keine Gelegenheit mehr nach unten in den Hof zu schauen, denn Sasuke hatte sie losgelassen, sie am Oberarm gegriffen und nach drinnen gezogen. Vielleicht gefiel es ihm nicht, dass man sie so leicht bekleidet sah. Oder es war Zufall gewesen und ihm war zu kalt geworden.
 

Er schloss den Fensterflügel und wandte sich zu ihr um.
 

Nun, wo sie den Wind, den sie so liebte, nicht mehr spüren konnte, bemerkte Sakura, dass ihr schrecklich kalt war. Also drehte sie sich zu dem großen Bett und kroch unter die Decke. Sie beobachtete wie Sasuke um das Bett herum ging und auf seiner Seite ebenfalls unter die Decke stieg.
 

"Geht es wieder?"
 

"Ja", antwortete sie leise. "Es ist vorbei."
 

Er sagte nichts weiter dazu. Er sprach nur, wenn er eine Information brauchte. Das war nicht seine Schuld, glaubte sie. Sie nahm an, dass er das so gelernt hatte. So machten das alle hier. Vor allem die Männer. Es war einfach schrecklich.
 

Er griff nach ihr und zog sie zu sich. Er berührte sie und als er sie küsste, glaubte sie unter seiner ständigen Kontrolliertheit ein wenig Leidenschaft zu fühlen. Auch deshalb mochte sie diese Momente. Wenn er mit ihr schlief, dann zeigte er ihr ein bisschen mehr als das, was er sonst von sich preisgab. Sie glaubte zu fühlen, dass er sie wollte.
 

Doch vielleicht wünschte sie sich das auch bloß. Vielleicht wollte sie das glauben, damit sie das Gefühl hatte für jemanden hier einen Wert zu haben, einfach damit sie sich nicht vollkommen überflüssig vorkam. Sie stellte sich vor, dass auch für ihn dieser Moment etwas an seinem Tag war, auf das er sich freute. Sie hoffte wirklich, dass er nicht bloß seine Pflicht erfüllte.
 

Bei diesem Gedanken überkam sie ein schrecklich schlechtes Gewissen. Aber sie schob das Gefühl beiseite. Darüber konnte sie auch später nachdenken. Jetzt wollte sie einfach nur seine Zuwendung genießen. Und doch...sie wusste, dass sie nicht ewig so weiter machen würde können. Sie würde damit nicht ewig durchkommen. Was sie tat war nicht richtig.
 

Doch was er mit ihr machte vertrieb für eine Weile alle Gedanken aus ihrem Kopf.
 

Danach ging sie in ihr Bad, das direkt mit ihrem Schlafzimmer verbunden war. Sie machte sich frisch, zog sich wieder an und sie erledigte, was es zu erledigen gab. Dann ging sie zurück ins Schlafzimmer, legte sich wieder zu ihm und versuchte den Mut für das zu finden, was sie sich in den letzten Tagen fest vorgenommen hatte.
 

"Ich wollte etwas mit dir besprechen", sagte sie in die Dunkelheit.
 

Nach dem Sex lag immer jeder auf seiner Bettseite. Das Bett war groß, sie berührten einander nicht. Er lag still, aber sie hatte im Dunkeln erkennen können, dass er sie betrachtet hatte, als sie wieder aus dem Bad gekommen war. Er war also wach. Doch er antwortete nicht. Wahrscheinlich wartete er, dass sie ihm sagte, was sie wollte.
 

Sie räusperte sich leicht. Es würde nicht funktionieren. Aber sie musste es einfach trotzdem versuchen.
 

"Ich möchte gerne auch arbeiten gehen", sagte sie.
 

Er schwieg. Er würde dazu nichts sagen. Frauen in ihren Kreisen gingen für gewöhnlich nicht arbeiten. Was das anging war es beinahe wie im Mittelalter. Und in dieser Familie war es besonders schlimm. Frauen hatten hier ihre eigenen Aufgaben. Das hatte sie gewusst, als sie eingewilligt hatte ihn zu heiraten. Trotzdem. Sie wollte auch eine eigene Aufgabe. Etwas, das nichts mit dieser Familie zu tun hatte. Etwas, das nur ihr gehörte, in dem sie sich beweisen konnte, in dem sie gut sein konnte. Sie wollte nicht umsonst so viel Zeit und Energie in ihr Studium gesteckt haben. Sie hatte nicht nur studiert, weil es sich für ihre Schicht so gehörte. Sie hatte wirklich in diesem Beruf arbeiten wollen. Sie hatte gewusst, dass man es ihr nicht erlauben würde. Aber sie konnte einfach nicht so weiterleben wie in den letzten Monaten. Sie hatte es wirklich versucht, sie hatte sich bemüht sich einzufügen, aber es erstickte sie.
 

Sie war eingesperrt. Es gab keine Schlösser, aber sie konnte nirgendwo ohne Aufsicht hingehen. Sie wurde überall hingefahren, man brachte ihr alles, was sie haben wollte, man begleitete sie immer. Ihre Freiheit war bloß Schein.
 

"Können wir darüber sprechen?", fragte sie.
 

Aber sie wusste, dass er nicht antworten würde.
 

Und das tat er auch nicht.

Erwartungen

"Sakura, sei nicht albern!"
 

Ihre Mutter drückte ihr ein Glas Champagner in die Hand und schüttelte den Kopf, weil sie das scheinbar überhaupt nicht nachvollziehen konnte.
 

"Aber-"
 

"Das ist lächerlich! Wieso solltest du das wollen? Du hast doch alles! Das wäre anstrengend und belastend, für dich und deine Ehe! Kümmere dich stattdessen lieber gut um deinen Mann! Und überhaupt, es wäre vollkommen unpassend, wie sähe das denn aus!"
 

"Aber ich möchte etwas Sinnvolles tun! Es müsste doch nichtmal Vollzeit sein! Ich bin so nicht glücklich Mama!"
 

"Schhh", machte ihre Mutter und sah sich rasch um.
 

Aber niemand war in ihrer Nähe und hatte sie gehört. Sasuke stand mit Fugaku Uchiha und Sakuras Vater einige Meter entfernt und unterhielt sich. Niemand beachtete sie gerade und Sakura hatte endlich mal die Gelegenheit kurz alleine mit ihrer Mutter zu sprechen.
 

Gerade waren sie auf einem Empfang bei irgendeiner wichtigen Regierungssache, Sakura hatte keine Ahnung worum es eigentlich ging. Wahrscheinlich war es einfach nur eine Gelegenheit Kontakte zu knüpfen, mit wichtigen Leuten ins Gespräch zu kommen und Geschäfte einzuleiten.
 

"Ach Sakura", sagte ihre Mutter mitfühlend, nachdem sie sich ebenfalls versichert hatte, dass sie niemand hören konnte. "Es geht im Leben nicht darum glücklich zu sein. Es geht darum gut abgesichert zu sein und das Leben gut zu bewältigen. Du bist noch so jung und naiv, du verstehst das noch nicht."
 

Sakura senkte den Kopf. War sie naiv? Und verwöhnt? Wollte sie einfach zu viel?
 

"Aber es gibt durchaus etwas Sinnvolles, das du tun kannst!", sagte ihre Mutter leise und eindringlich. "Wende dich deinem Mann zu! Schlaft ihr miteinander?"
 

"Mama!", sagte Sakura und sie spürte wie sie errötete.
 

Ihre Mutter sah sie ernst an und Sakura nickte und sah auf ihr Glas.
 

"Tut er von sich aus etwas für Verhütung? Oder hat er das Thema angesprochen?"
 

Sakura schüttelte den Kopf.
 

"Dann möchte er, dass du schwanger wirst. Wahrscheinlich erwartet die Familie, dass er sich um Nachwuchs kümmert. Achte auf deine fruchtbaren Tage und-"
 

"Ich will das nicht!", sagte Sakura heftig. "Also, zumindest noch nicht gleich", fügte sie rasch hinzu, als ihre Mutter sie empört ansah.
 

"Aber du bist im besten Alter! Und dann hättest du eine sinnvolle Aufgabe! Und vor allem eine, die alle sehr begrüßen würden!"
 

"Um was geht es hier?"
 

Sakuras Vater hatte offenbar sein Gespräch beendet und war zu ihnen herüber gekommen.
 

"Um Frauenthemen!", sagte ihre Mutter mit einem gezierten Lächeln und das genügte, um ihrem Vater das Interesse an ihrer Unterhaltung zu nehmen.
 

"Wie läuft es?", fragte ihre Mutter.
 

"Sehr gut."
 

Sakura hatte ihren Vater selten so zufrieden gesehen. Er kandidierte gerade für den Posten des Innenministers und offenbar schien es gut zu laufen.
 

"Und das ist nicht zuletzt dein Verdienst", sagte er zufrieden und hob sein Glas in Sakuras Richtung, um ihr seine Zuneigung zu zeigen.
 

"Die Uchihas machen das Ganze zu einem Kinderspiel für mich. Unsere Familie profitiert wirklich von dieser Verbindung."
 

Sakura lächelte. Aber ein bisschen gezwungen. Ihr Vater hatte sie nie groß beachtet. Und obwohl sie dafür eigentlich kein Lob haben wollte, ertappt sie sich erneut dabei, dass sie glücklich über seine Anerkennung war. Seine Anerkennung zu bekommen war neu für sie. Es fühlte sich gut an. Es ging nicht nur darum egoistisch nach Glück zu suchen. Sie tat das Richtige für ihre Familie. Zumindest hatte man ihr das immer so beigebracht.
 

"Nun", fuhr ihr Vater fort, "der Wahlsieg ist auf jedenfall so gut wie sicher."
 

"Warum kandidiert eigentlich nicht einer von ihnen selbst?", fragte Sakuras Mutter und sah hinüber zu Fugaku, der nun mit Itachi und Shisui Uchiha sprach.
 

"Das müssen Sie gar nicht", sagte Sakuras Vater nachdenklich und sah ebenfalls hin. "Sie bleiben lieber im Hintergrund. Aber im Grunde kontrollieren Sie das Land."
 

Sakura wusste, was ihr Vater meinte. Sie hatte ihn sehr oft darüber reden hören. Madara Uchiha war der Chef des Inlands- und Auslandsgeheimdienstes. Fugaku Uchiha, Sasukes und Itachis Vater, war der oberste Polizeichef des Landes. Daher kam ihnen scheinbar auch die Verbindung zu Sasukes Vater gelegen, da sie dann beste Verbindungen ins Innenministerium haben würden. Und auch sonst schienen alle Uchihas in wichtigen Schlüsselpositionen zu sein. Izuna, Obito, sie alle hatten Positionen, die ihnen viel Einfluss verliehen, obwohl sie dabei nur bedingt in der Öffentlichkeit standen. Die Uchihas waren zweifellos gut vernetzt und ihre Familie war groß. Und sie hielten alle zusammen. Soweit Sakura das beurteilen konnte unter Madara Uchihas Führung. Ihn schienen sie alle zu respektieren. Dicht gefolgt von Sasukes Vater.
 

"Sie sind alle unheimlich", flüsterte Sakura.
 

Ihre Eltern schwiegen. Vielleicht, weil sie das auch ein bisschen fanden.
 

"Er spricht nicht mit mir", fügte Sakura leise hinzu. "Ich glaube ich bin für ihn nur eine abendliche Unterhaltung."
 

"Aber Mikoto und die anderen Frauen nehmen dich doch gut auf, nicht wahr?", fragte ihre Mutter aufmunternd. "Du hast erzählt, dass sie alle freundlich zu dir sind! Da wirst du deinen Platz schon noch finden. Gib dir etwas Zeit Sakura!"
 

Ihr Vater musterte sie nachdenklich.
 

"Gibst du dir Mühe mit ihm?"
 

"Ich-", setzte Sakura an.
 

Wieso musste nur sie sich Mühe geben? Konnte er nicht auch etwas auf sie zugehen? Sie versuchte es ja! Aber er sprach kaum mit ihr und wenn sie ihn etwas fragte, auf das er nicht antworten wollte, dann schwieg er einfach. Was sollte sie denn tun?
 

"Fugaku zieht Sasuke gerade zu seinem Nachfolger heran. Sein Bruder und er werden einmal alles erben und sehr mächtige Männer sein. Das sind sie jetzt schon. Und wenn du an seiner Seite bist, wenn du dich für ihn unentbehrlich machst, dann wirst auch du sehr viel Einfluss haben."
 

Sakura sah ihn verzweifelt an. Wieso verstand denn niemand, dass sie gar nicht mächtig und einflussreich sein wollte? Wieso war das denn allen so wichtig? Ihre Tante sagte, dass sie das bloß nicht verstehen konnte, weil es ihr immer gut gegangen sei. Wenn sie ärmer aufgewachsen wäre, hatte sie gesagt, dann würde sie sich solche Gedanken nicht leisten könnten.
 

"Du kannst ihn an dich binden, wenn du-", wollte ihr Vater fortfahren, aber ihre Mutter unterbrach ihn.
 

"Wir haben bereits darüber gesprochen!", sagte sie rasch und legte ihrem Mann beschwichtigend ihre Hand auf den Arm.
 

"Sowas klappt nicht sofort. Im Schnitt versuchen es die meisten Paare ein Jahr, bevor es klappt. Es ist noch viel Zeit. Und wenn weiter nichts passiert, dann gehe ich mal mit ihr zum Arzt. Aber ich bin sicher, dass alles in bester Ordnung ist!"
 

Ihr Vater sah besänftigt aus.
 

Sakura fühlte sich als wäre ihr etwas schlecht. Vielleicht hätte sie nicht von dem Champagner trinken sollen, ohne etwas zu essen.
 

Aber sie hatte nie viel Appetit. Meistens musste sie sich zum Essen überwinden. Während ihres Studiums war das einmal besser gewesen. Auch da hatte sie nicht viel gegessen, aber da hatte sie manchmal richtig Lust gehabt, wenn sie alle etwas Schönes zusammen unternommen hatten, oder wenn sie tanzen gewesen waren und sich dann nachts um vier irgendwo in der Stadt Pommes geholt hatten. Das war nicht oft vorgekommen, Sakura hatte auch während des Studiums bei ihren Eltern gewohnt und außerdem sehr konzentriert gelernt. Aber manchmal war sie mit ihrem Ex-Freund und dessen Freunden ausgegangen. Es war schön gewesen. Damals war sie manchmal kurz wirklich glücklich gewesen und-
 

Sie spürte, wie jemand leicht über die freie Haut an ihrem unteren Rücken strich, ihr Kleid war hinten sehr tief ausgeschnitten und sie erschauderte beinahe unter der leichten Berührung.
 

"Sasuke!", sagte ihre Mutter fröhlich. "Verläuft der Abend in deinem Sinne?"
 

"Ja", sagte Sasuke bloß, neutral und gefasst wie immer.
 

Seine Hand ließ er auf Sakuras unterem Rücken liegen. Sie hatte bei gemeinsamen Auftritten dieser Art öfter den Eindruck gewonnen, dass er sie gerne berührte. Nicht bloß, um den Schein einer glücklichen Ehe zu waren, glaubte sie. Sie hatte den Eindruck, dass er zu ihr kam, wenn es seine Verpflichtungen zuließen. Sie fragte sich warum. Denn immer, wenn sie dann versuchte mit ihm zu sprechen, wurde nichts daraus.
 

Aber mit ihrem Vater sprach er kurz über etwas Berufliches und dabei wirkte er so souverän und sicher, als würde der Altersunterschied zwischen ihnen gar nicht existieren. Und wie immer schien Sakuras Vater das in Ordnung zu finden, obwohl er sonst von jedem ein Übermaß an Respekt erwartete.
 

Nach ein paar Minuten verabschiedeten sich ihre Eltern fürs erste, weil es nichts mehr zu besprechen gab und sie 'das junge Glück' nicht weiter stören wollten, wie ihre Mutter sagte. Nachdem was Sakura ihr eben erzählt hatte, fand sie das ziemlich unfair.
 

Da sie nun alleine waren, wandte sich Sakura ihm zu und Sasuke nahm gezwungenermaßen seine Hand weg.
 

Er sah sie an und sie fragte sich mal wieder, was er wohl dachte.
 

"Du siehst sehr schön aus", sagte er schließlich, nachdem er sie einen Moment gemustert hatte.
 

Das wollte sie eigentlich nicht hören. Denn offenbar hielten das alle für ihre einzige erwähnenswerte Qualität. Das und die Tatsache, dass sie eine Frau war und Kinder kriegen konnte. Und für beides konnte sie nichts. Auf beides konnte sie nicht stolz sein.
 

Aber sie lächelte ihn an. Denn er hatte etwas zu ihr gesagt und das war gut. Das tat er fast nie. Und sie wünschte sich wirklich, dass sie mehr miteinander sprechen würden.
 

"Danke", sagte sie also mit einem vorsichtigen Lächeln und sah zu ihm hoch.
 

Er legte seine Hand seitlich an ihre Hüfte und ließ sie dort liegen, während er sie weiter musterte. Er strich mit seinem Daumen leicht über den Stoff ihres Kleides.
 

Sakura empfand es ein bisschen so, als würde er denken, dass man sie ihm nur gegeben hatte, damit er was Hübsches zum Anschauen hatte. Und zum Vergnügen. Naja. Und wenn ihre Mutter recht hatte, dann wahrscheinlich vor allem auch zur Fortpflanzung. Ob man mit ihm auch schon so ein Gespräch geführt hatte, wie mit ihr eben? Wurde er unter Druck gesetzt? Wollte er deshalb jeden Abend mit ihr schlafen?
 

Sasuke schien damit zufrieden sie mit seiner Hand zu berühren und sie sich in aller Ruhe genau anzusehen, als wäre das ein vollkommen normaler Zeitvertreib, aber sie wollte diesen Moment mit ihm alleine nutzen, um es nochmal zu versuchen. Nun konnte er schließlich nicht vorgeben zu schlafen.
 

"Ich würde gerne über das Thema sprechen, das ich letztens erwähnt habe. Ich würde gerne-", setzte sie an.
 

Aber weiter kam sie nicht, denn er unterbrach sie.
 

"Nein", sagte er schlicht.
 

Es klang endgültig. Und so, als ob er vollkommen überzeugt wäre, dass es sein Recht wäre, dazu 'Ja' oder 'Nein' zu sagen.
 

"Aber-", setzte sie an.
 

Es ärgerte sie, dass er so mit ihr umging, als wäre sie sein Eigentum.
 

"Du kannst mehr Geld haben, wenn du das möchtest", sagte er. "Ich erhöhe die monatliche Summe."
 

Sakura fühlte sich schrecklich. Wieso nur konnte sie niemand verstehen? Wusste er nicht einmal, dass sie das Geld, dass er ihr zur Verfügung stellte, noch nie angerührt hatte?
 

"Ich werde meiner Mutter sagen, dass du dir eine Aufgabe wünschst", sagte er. "Sie wird dir eine geben. Belass es dabei. Das Thema ist hiermit erledigt."
 

Dann kam Madara zu ihnen und sprach mit Sasuke und weil Sakura Madara am unheimlichsten von allen fand, traute sie sich nicht mehr auf dem Thema zu beharren. Und auch danach gab es keine gute Gelegenheit mehr.
 

Und wenn sie ehrlich war, dann wusste sie eigentlich nicht mal genau, was sie diesbezüglich überhaupt von ihm erwartete. Wenn sie arbeiten wollte, dann musste sie sich schließlich selbst eine Stelle suchen. Aber sie wünschte sich, dass sie das mit seinem Einvernehmen würde tun können. Es würde sie auch so schon unendlich viel Mut und Überwindung kosten, sie wollte nicht auch noch gegen seinen Widerstand handeln müssen.
 

Überhaupt hatte sie keine Übung darin sich zu widersetzen. Sie wusste gar nicht, wo sie anfangen müsste. War sie selbst schuld, dass er sie nicht ernst nahm? War sie wirklich einfach naiv? Konnte sie diesen Job denn überhaupt ausführen oder bildete sie sich das bloß ein? Sie wusste es nicht. Aber sowas fand man doch auch nicht heraus, wenn man es nicht einmal ausprobieren konnte, oder?
 

Als er sie an diesem Abend vor dem Schlafen anfassen wollte, schob sie seine Hände weg. Sie war wütend auf ihn. Sie fand, dass er doch wenigstens versuchen könnte sie ernst zu nehmen und mit ihr einen Kompromiss zu finden. Er sagte nichts dazu, aber er ließ sie in Ruhe, nachdem sie ihn dreimal weggeschoben hatte.
 

Er schien jedoch wirklich, wie er gesagt hatte, die Summe erhöht zu haben, die ihr überwiesen wurde. Und zwar großzügig. Und er schien mit seiner Mutter gesprochen zu haben.
 

Mikoto band sie in den nächsten Tagen in die Umgestaltung mehrerer Räumlichkeiten auf dem Anwesen ein und so kam sie wenigstens mal hinaus in die Stadt, wo sie Läden besuchten und Tapeten, Teppiche und Möbel anschauten.
 

Sakura kam das alles total sinnlos vor. Das war doch eine bloße Beschäftigungtherapie. Sie wollte etwas Sinnvolles tun. Trotzdem war es nett mal aus dem Haus heraus zu kommen.
 

Shisui Uchihas Frau begleitete sie ebenfalls und Sakura verstand nicht, wieso sie und Mikoto so zufrieden und glücklich mit ihrer Rolle schienen. Es wirkte so, als fänden sie ihr Leben eigentlich gar nicht so schlecht. Kamen sie sich denn nicht eingesperrt vor? Doch sie schienen es zu genießen teure Dinge zu kaufen, im Laden wie Königinnen behandelt zu werden und alle zwei Stunden in irgendeinem schicken Café Pause zu machen, Kaffee zu trinken, kleine Pralinen zu essen und über gemeinsame Bekannte zu reden. Sie scheinen stolz darauf zu sein, wer sie waren. Und vielleicht war das auch gar nicht so schlecht, dachte Sakura. Aber ihr wurde immer mehr deutlich, dass dieser Lebensstil zu ihr einfach nicht passte.
 

Die beiden sprachen freundlich mit ihr und verhielten sich zugewandt, aber immer blieb alles sehr formvoll und oberflächlich. Sakura bemühte sich ebenfalls freundlich zu sein, sie war froh, dass sie so nett zu ihr waren und sie wenigstens nicht die ganze Zeit im Haus war, wo sie nicht viel mehr tun konnte, als zu warten, bis Sasuke Abends zu ihr kommen würde, aber sie war dennoch nicht besonders glücklich.
 

"Hallo", sagte sie an diesem Abend freundlich, als er in ihr gemeinsames Schlafzimmer kam.
 

Sie hatte sich mal wieder vorgenommen zu versuchen mit ihm zu sprechen. Vielleicht konnte sie versuchen einen Zugang zu ihm zu finden und das Thema 'Arbeit' dann irgendwann später nochmal anzusprechen. Vielleicht musste sie sich einfach noch mehr bemühen an ihn heranzukommen, damit er ihr zuhören würde. Sie brauchte ihn auf ihrer Seite. Sie würde mit diesem Wunsch ohnehin schon alle gegen sich haben. Sowohl in seiner als auch in ihrer eigenen Familie. Sie musste versuchen, zumindest ihm ihren Wunsch richtig erklären zu können. Aber erst einmal musste sie überhaupt erreichen, dass er mehr mit ihr sprach.
 

Sasuke schloss wie immer die Tür hinter sich ab und ging dann zu seinem Nachttisch, um sein Smartphone und seinen Geldbeutel dort abzulegen.
 

"Wie war dein Tag?", versuchte sie es weiter.
 

"Gut."
 

Er ging zu ihr und blieb vor ihr stehen. Er sah auf sie hinab. Und sie hob den Kopf, um von der Bettkante, auf der sie saß, zu ihm hinaufsehen zu können.
 

Das sagte er immer, wenn sie ihn das fragte. Und sie bezweifelte stark, dass alle seine Tage 'gut' verliefen.
 

"Wie schön!", sagte sie lächelnd. "Meiner auch. Ich war viel im Garten."
 

Er hob schweigend die Hand und strich ihr über ihre Wange, während er sie musterte, wie er es ständig tat, als wäre das seine Lieblingsbeschäftigung. Er strich mit seinem Daumen über ihre Lippen.
 

Sakura ließ ihn. Sie hatte es nur diese eine Nacht geschafft, ihm die Berührungen zu verwehren. Seine körperliche Nähe und Wärme war doch das Einzige, was sie hatte. Ohne das konnte sie die Kälte hier unmöglich ertragen. Sie schaffte es einfach nicht. Und außerdem hatte sie keine Lust gehabt herauszufinden was passieren würde, wenn sie das länger durchzog.
 

"Ich mag den Rosengarten am liebsten", sagte sie tapfer und sah weiter zu ihm hoch.
 

Er strich mit dem Daumen über ihre Unterlippe.
 

"Ich weiß", sagte er.
 

Das überraschte sie ein wenig. Sowohl dass er etwas dazu gesagt hatte, als auch der Inhalt des Gesagten.
 

"Du bist oft dort", sagte er, wahrscheinlich weil man ihr ihre Überraschung angesehen hatte.
 

Er strich mit seinen Fingern über ihren Hals und fuhr fort sie zu mustern, wie er es immer tat.
 

Auch diese Aussage überraschte sie. Hatte er das beobachtet?
 

"Magst du einen Ort hier besonders gerne?", versuchte sie es mit einer Frage, obwohl sie befürchtete, dass er darauf nicht antworten würde. Diese Frage war nicht zweckdienlich. Sie glaubte, dass er solche Gespräche für bloße Zeitverschwendung hielt. Aber irgendwas musste sie doch versuchen!
 

Sie sah ihn aufmerksam wartend an, um zu zeigen, dass sie eine Antwort wollte und ignorierte, dass er sanft über ihr Dekolleté strich, hinunter zu dem hübsch verzierten Rand ihres seidigen Nachthemds. Er sah dort hin und nicht in ihr Gesicht.
 

"Hast du keinen Ort hier, den du magst?", fragte sie noch einmal. Er verunsicherte sie so! Aber sie wollte nicht schon aufgeben.
 

Nun sah er ihr doch wieder ins Gesicht.
 

"Dieses Zimmer."
 

Ihr Herz machte einen kleinen freudigen Hüpfer. Vielleicht hatte sie bisher immer zu schnell aufgegeben!
 

"Dieses Zimmer?", fragte sie neugierig nach.
 

Sie wollte so gerne den Grund erfahren! Oder hatte er einfach bloß irgendetwas geantwortet, damit sie zufrieden war?
 

"Ja."
 

Er umgriff entschieden mit beiden Händen ihre Taillie, er spannte sich an und hob sie ein Stück hoch, um sie richtig auf das Bett zu bekommen. Er zog sich sein T-Shirt aus und kroch über sie.
 

"Warum denn?", fragte sie neugierig und ignorierte, dass er offenbar etwas anderes wollte, als sich zu unterhalten.
 

"Warum magst du den Rosengarten?", fragte er zurück.
 

Er drückte sie an den Schultern in die Kissen. Dann öffnete er das feine Band, dass ihr Nachthemd oben zusammenhielt und zog es auf, während er sie betrachtete.
 

"Ich finde Rosen wunderschön", sagte sie. "Sie duften so gut. Und es gibt so viele Sorten dort!"
 

Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste ihren Hals, während er seine Hände über ihren Körper gleiten ließ.
 

"Und dieser Teil des Gartens ist ein wenig wilder. Es ist so verwunschen dort. Es hat etwas Magisches."
 

"Hmm", machte er bloß und zog ihr den Stoff von den Schultern. Er bedeckte ihren Oberkörper mit sanften Küssen. Es fühlte sich schön an.
 

"Warum magst du dieses Zimmer?", flüsterte sie. Er lenkte sie ziemlich ab mit seinen Berührungen.
 

Aber er schwieg. Er griff nach ihrem Kiefer und küsste sie, während er mit der anderen Hand seine Hose öffnete.
 

Als sie fertig waren, ging sie wie immer ins Bad, um sich frisch zu machen und das zu tun, weswegen sie so ein schrecklich schlechtes Gewissen hatte.
 

Als sie schließlich wieder neben ihm in der Dunkelheit lag, entschied sie, es noch ein allerletztes Mal zu versuchen. Auch wenn sie glaubte, dass er es bloß gesagt hatte, weil er ihr irgendeine Antwort hatte geben wollen, damit sie still war.
 

"Warum magst du dieses Zimmer?", flüsterte sie in die Schwärze.
 

Ob er überhaupt noch wach war? Er hatte sich schon eine Weile nicht mehr bewegt.
 

Doch er war noch wach. Und er antwortete sogar auf ihre Frage.
 

"Weil du hier bist."
 

Sie lag in der Dunkelheit und spürte wie ihr Herz klopfte.
 

"Sind Rosen deine Lieblingsblumen?", fragte er.
 

Sie konnte es kaum glauben, dass das passierte.
 

"Nein. Ich mag sie sehr. Aber am liebsten habe ich Maiglöckchen", flüsterte sie.
 

Er schwieg.
 

Ganz ganz vorsichtig richtete Sie sich wieder auf. Sie nahm ihren Mut zusammen und rutschte ein kleines Stück zu ihm herüber. Sie legte sich wieder hin.
 

Sie lag da und hörte dem Klopfen ihres Herzens zu. Dann hörte sie, wie er sich bewegte.
 

Im nächsten Moment spürte sie, wie er seine Hand auf ihren Unterarm legte.
 

"Gute Nacht", flüsterte sie.
 

"Ja", sagte er.
 

Es war das erste Mal, dass er etwas darauf erwidert hatte.

Ein bisschen Freiheit

"Ich verstehe!", sagte Sakura eifrig.
 

"Rosen benötigen einen sonnigen und luftigen Standort, das schützt vor Pilzkrankheiten", erklärte ihr der junge Gärtner weiter. "Aus diesem Grund empfiehlt es sich, nie direkt über die Blätter zu gießen, da sich sonst leicht Pilzsporen darauf ansiedeln."
 

"In Ordnung!", sagte Sakura.
 

"Und wenn man bei praller Sonne gießt, riskiert außerdem, dass die Blätter verbrennen", fuhr er ein wenig wichtigtuerisch fort.
 

"Ich werde es mir merken!", versicherte Sakura.
 

In den letzten Tagen hatte sie es sich zum Hobby gemacht im Rosengarten bei der Pflege zu helfen. Irgendwie musste sie sich ja beschäftigen, wenn man erwarte, dass sie den ganzen Tag hier blieb.
 

Der Sommer neigt sich langsam dem Ende zu und wenn sie an den Winter dachte, graute ihr. Dann würde sie sich erst so richtig eingesperrt vorkommen. Nun konnte sie wenigstens in den Gärten herumspazieren, aber wenn es erst richtig kalt werden würde, würde das nicht mehr so angenehm sein wie jetzt.
 

Darum hatte sie beschlossen den Spätsommer draußen zu genießen und diese Zeit voll auszukosten. Und weil sie am liebsten im Rosengarten war, hatte sie sich ein ganz klein wenig mit dem Gärtner angefreundet, der für diesen Teil des Gartens zuständig war. Am Anfang hatte sie ihn nur vorsichtig angelächelt, wenn er vorbeigegangen war, dann hatte sie ihn irgendwann gegrüßt und nun half sie ihm manchmal ein bisschen, wenn sie hinaus kam und ihn bei der Arbeit antraf.
 

Jetzt goss sie gerade ein paar ihrer Lieblingsrosen und versuchte genau auf das zu achten, was er ihr gesagt hatte.
 

"Sehr gut!", sagte der junge Mann lobend und sah ihr dabei zu.
 

Sakura unterdrückte ein belustigtes Schmunzeln.
 

Er musste sie für komplett naiv und verwöhnt halten. Wahrscheinlich wirkte sie vollkommen unfähig auf ihn. Er sah nur, wie sie hier in hübschen Kleidern herumschlenderte, im Garten saß und las oder Vögel und Blumen anschaute. Dabei beneidete sie ihn darum, dass er einen normalen Job und eine richtige Aufgabe hatte, der er offen und frei nachgehen konnte. Er wusste nicht, dass sie auch versuchte, sich mit dem Beruf zu beschäftigen, den sie gewählt hatte, denn das tat sie nur heimlich.
 

Doch sie konnte sich auch nicht die ganze Zeit nur damit beschäftigen, sie brauchte Pausen, weil ihr sonst irgendwann total der Kopf schwirrte. Und diese kleinen Aushilfsarbeiten im Garten waren wunderbar, um den Kopf wieder freizubekommen.
 

Gerade sah sie dabei zu, wie ein kleiner Marienkäfer über eines der Rosenblätter krabbelte.
 

"Stimmt es, dass Marienkäfer nützlich sind?", fragte sie neugierig.
 

Der junge Mann trat näher an sie heran und beugte sich zu ihr, um den Käfer ebenfalls zu betrachten. Er streckte seine Hand aus und ließ den Käfer auf seinen Finger krabbeln.
 

"Ja, richtig! Die Larven fressen Blattläuse. Daher ist es gut, wenn sie hier sind. Sie schützen die Rosen."
 

Er hielt ihr seine Hand hin.
 

"Hier, nimm ihn mal! Es fühlt sich witzig an, wie er krabbelt."
 

Sakura hatte ihn gestern gebeten, sie nicht mehr förmlich anzusprechen. Sie waren in etwa gleich alt und es war ihr so merkwürdig vorgekommen.
 

Sie hielt ihren Finger an seine Hand, damit der Käfer zu ihr hinüber krabbeln konnte. Ein paar Mal ändere das kleine Tier entschieden seine Richtung und sie fingen beide an zu lachen, weil er offenbar partout nicht die Hand wechseln wollte.
 

"Ich glaube er mag mich nicht", kicherte sie.
 

Schließlich schafften sie es doch und sie kicherte gleich weiter. Es fühlte sich wirklich total witzig an, wie er mit seinen kleinen Beinchen über ihre Haut krabbelte. Die Berührung war so leicht, dass man sie kaum spürte, aber doll genug, dass es ein wenig kitzelte.
 

"Natürlich mag er dich!", sagte der Gärtner leise und beinahe liebevoll. "Wie könnte jemand dich nicht-"
 

Dann brach er abrupt ab und trat einen Schritt von ihr zurück.
 

"Mr Uchiha", sagte er höflich und es klang verunsichert. "Guten Tag!"
 

Sakura drehte sich erschrocken um. Sasuke stand hinter ihr, die Hände in den Hosentaschen und wie immer mit der kühlen Überlegenheit, die er für gewöhnlich ausstrahlte.
 

Er sah nicht besonders zufrieden aus.
 

Er trug wie beinahe immer einen seiner teuren Anzüge, aber sein Hemd war oben ein wenig offen und er trug keine Krawatte. Es war Sonntag. Wochenende kannten die Männer in dieser Familie eher nicht, meistens fuhren sie trotzdem in ihre Büros oder wohin auch immer. Aber heute schien Sasuke früher als gewöhnlich nach Hause gekommen zu sein.
 

"Hallo!", sagte Sakura und lächelte ihn an.
 

Seit er ihr vor zwei Wochen das erste Mal etwas auf ihr "Gute Nacht" erwidert hatte, an dem Abend, als sie tatsächlich ein bisschen miteinander gesprochen hatten, versuchte sie es hartnäckiger und ließ sich auch nicht so schnell abschrecken oder verunsichern, wenn er ihr nicht sofort antwortete. Sie wusste nicht, ob sie ihn damit nervte, aber manchmal schaffte sie es, dass er dann doch ein bisschen mit ihr sprach. Bisher über nichts relevantes, aber alles war besser als nichts. Sie konnte geduldig sein.
 

Aber Sasuke erwiderte ihre Begrüßung nicht. Er musterte schweigend den Gärtner. Sakura sah ebenfalls zu ihm hinüber.
 

Er schien sich sichtlich unwohl fühlen und abzuwarten, was nun passierte. Sakura empfand die Stimmung als angespannt und sehr unangenehm.
 

"Sieh mal", sagte sie und streckte Sasuke ihren Finger mit dem Käfer entgegen. "Wusstest du, dass Marienkäfer die Rosen vor Blattläusen schützen?"
 

Sasuke sah sie nicht an.
 

"Sie wollte gerne etwas helfen", sagte der junge Gärtner schließlich zögerlich. "Ich mag meinen Job, ich wollte niemandem zu nahe treten."
 

Sakura sah zwischen ihnen hin und her. War sie einfach Luft für die beiden? Sie konnten sie doch nicht einfach ignorieren! Sie ärgerte sich extrem über Sasuke.
 

"Dagegen habe ich nichts", antwortete Sasuke dem Gärtner kühl. "Ich habe etwas gegen Komplimente und Berührungen."
 

"Das wird nicht wieder vorkommen!", sagte der Gärtner rasch und senkte leicht den Kopf.
 

In diesem Moment verachtete sie Sasuke. Reichte es ihm nicht, dass sie hier mehr oder weniger eingesperrt war? Sie hatte gerade etwas gefunden, was ihr ein wenig Freude bereitete und nun machte er ihr das kaputt.
 

Sie war so froh gewesen, zumindest einen Menschen hier gefunden zu haben, der ungezwungen mit ihr sprach. Der sie eben sogar ein wenig zum Lachen gebracht hatte. Sie hatte nie etwas, worüber sie lachen konnte! Wieso nahm er ihr das weg? Der junge Mann würde nun aus Sorge um seinen Job anders mit ihr umgehen. Und daran war allein Sasuke schuld!
 

Sakura drehte sich zu einer der Rosen um und ließ den Käfer auf ein Blatt krabbeln. Dann wandte sie sich wortlos ab, ging zu dem Buch hinüber, in dem sie gelesen hatte, bevor sie den Gärtner getroffen hatte und nahm es von der steinernen Bank, auf der sie es abgelegt hatte.
 

Sie presste es an sich und ging wortlos auf das Haus zu.
 

Sie konnte jetzt nichts sagen, sie war so schrecklich verärgert und würde sich nicht benehmen können.
 

Sie hörte an seinen Schritten auf dem Kiesweg, dass er ihr folgte.
 

An der Terassentür begegnete sie Itachi Uchiha, der sie mit diesem merkwürdigen, undefinierbaren Blick musterte, der ihr schon so oft aufgefallen war.
 

"Hallo", murmelte sie und huschte an ihm vorbei.
 

Sie blieb erst stehen, als sie oben ihn ihrem Schlafzimmer angekommen war. Sie öffnete ihre Komode und legte das Buch dort hinein. Dann schob sie die Schublade wieder zu.
 

Sasuke war ebenfalls hereingekommen. Er hatte ihr einen Moment schweigend zugesehen und nun trat er hinter sie.
 

"Warum hast du das getan?", fragte sie, leise und ohne sich umzudrehen. "Ich war glücklich und du hast es mir kaputt gemacht."
 

Sie spürte, wie er leicht mit seinen Fingern ihnen Rücken berührte.
 

"Er hat es falsch verstanden", sagte er schließlich ruhig. "Er hat dein Lachen und dein Interesse auf sich bezogen."
 

War das so gewesen? Sie hatte keine Ahnung. Aber selbst wenn er recht hatte, selbst wenn der junge Mann sie ein wenig interessant gefunden haben sollte, war sie sich ganz sicher, dass ihm zu jedem Zeitpunkt vollkommen bewusst gewesen war, dass sie verheiratet war und mit wem. Und dass es Grenzen gab, an die sich jeder hier zu halten hatte.
 

"Er wollte bloß nett sein", sagte sie leise.
 

Sasuke schwieg. Er strich mit seinen Fingern von ihrem Rücken zu ihrer Seite und schlang dann von hinten seinen Arm um sie, zog sie an sich.
 

"Ich möchte das gerade nicht", sagte sie, als er sie seitlich auf ihren Hals küsste.
 

Er nahm seine Lippen von ihrer Haut, aber seinen Griff um sie lockerte er nicht.
 

"Ich möchte, dass das keine Konsequenzen für ihn hat", sagte sie deutlich.
 

"Wir werden sehen."
 

Sakura verkrampfte ihre Hände an dem Rand er Komode, vor der sie immer noch stand.
 

"Was soll das heißen?", fragte sie und sie nahm wahr, dass nun doch etwas Wut in ihrer Stimme mitschwang. "Willst du ihn etwa entlassen, weil dir nicht gefallen hat, das er mich zum Lachen gebracht hat?"
 

"Wieso ist es dir wichtig, ob er hier bleibt?", fragte er ruhig. "Bedeutet er dir so viel?"
 

Was war los mit ihm? Hatte er das Gefühl, das jemand seine Besitzansprüche und damit seinen Stolz verletzt hatte? Oder ging es darum, dass er tatsächlich eifersüchtig war? In ersterem Fall verhielt er sich einfach ekelhaft. In Letzterem könnte er auch einfach ein bisschen mehr mit ihr sprechen anstatt bloß seine Macht zu demonstrieren und Druck auszuüben!
 

"Lass mich bitte los!", sagte sie.
 

Er rührte sich nicht.
 

"Ich möchte deine Berührung nicht. Zwing sie mir nicht auf, dazu hast du kein Recht, nur weil du es kannst!"
 

Sie hörte, dass ihre Stimme vor Zorn leicht zitterte.
 

Endlich nahm er seinen Arm weg und trat ein Stück zurück.
 

Sie drehte sich zu ihm um.
 

"Ich möchte meine Mutter besuchen", sagte sie. Sie wandte sich ab und griff nach ihrer Handtasche und einer Jacke.
 

Er sah ihr dabei zu, wie sie ihr Smartphone in ihre Tasche steckte.
 

"Ich sage unten bescheid, dass sie einen Wagen vorfahren lassen sollen", sagte er.
 

Dann drehte er sich um und ging.
 

Als sich die Tür hinter ihm schloß atmete sie einmal tief ein und aus. Er erstickte sie. Alles hier erstickte sie! Sie musste hier raus. Wenigstens kurz.
 

Als sie hinunter kam, traf sie Sasuke nicht an und sie war froh darüber. Aber im Hof wartete tatsächlich ein Chauffeur mit einem der Wagen auf sie.
 

"Sie möchten also zu Ihrer Mutter?", fragte der Mann höflich, nachdem er ihre Tür geschlossen hatte, um den Wagen herumgegangen war und sich hinter das Steuer gesetzt hatte.
 

Sie lächelte freundlich.
 

"Ja, bitte!", sagte sie.
 

Das wollte sie nicht. Sie wollte nicht zu ihrer Mutter. Sie würde ihr bloß Vorwürfe machen. Sie würde ihr sagen, dass sie selbst schuld war, dass sie dem Gärtner schöne Augen gemacht hätte. Dass es Sasukes Recht gewesen wäre für Ordnung zu sorgen. Und im schlimmsten Fall, würde ihr Vater alles mitbekommen.
 

Nein, sie würde nicht zu ihrer Mutter gehen, aber das konnte sie dem Chauffeur nicht sagen.
 

Einmal hatte sie es probiert. Kurz nach ihrem Einzug. Sie war hingegangen und hatte darum gebeten, dass jemand sie in die Stadt fahren würde. Doch man hatte ihr gesagt, dass das leider nicht autorisiert sei. Da hatte sie verstanden, dass sie nicht frei war. Dass sie nicht kommen und gehen konnte, wie es ihr gefiel.
 

Als sie in diese Ehe eingewilligt hatte, hatte sie nicht erwartet, dass es so schlimm sein würde. Hätte sie es dennoch getan, wenn sie es gewusst hätte?
 

Sie saß hinten im Wagen und betrachtete traurig ihre Finger.
 

Ja, wahrscheinlich schon. Sie war nicht besonders mutig. Vielleicht lag das nicht nur an ihr. Vielleicht wäre sie mutiger geworden, wenn sie anders aufgewachsen wäre. Wenn sie gelernt hätte, dass man für seine Wünsche kämpfen durfte, dass man auch egoistische Träume haben durfte.
 

Wenn sie noch leben würde, dann hätte diese Hochzeit vielleicht nicht stattgefunden. Aber sie war fort, schon viele Jahre. Es war nun wie es war.
 

Und sie würde das Beste daraus machen.
 

Morgen wieder.

Ein bisschen Glück

Eigentlich hatte sie gehofft einfach vor der Haustür kehrt machen und verschwinden zu können. Aber daraus wurde nichts, denn der Chauffeur wartete im Auto bis sie zur Tür ging und klingelte. Erst als man ihr öffnete, startete er den Motor und fuhr weg.
 

Aber für diese Möglichkeit hatte sie einen Plan gemacht.
 

"Hallo!", sagte Sakura lächelnd zu der Bediensteten, die geöffnet hatte. "Sind meine Eltern da?"
 

Sie wusste genau, dass sie nicht da waren. Sonntag Nachmittags waren sie fast immer in ihrem Club.
 

"Leider nicht Mrs Uchiha!", sagte die Frau und Sakura störte sich wie immer daran. Sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt. Ihr Leben lang hatte diese Frau sie mit 'Fräulein Haruno' angeredet.
 

"Das hatte ich befürchtet, aber das macht nichts", sagte Sakura. "Ich wollte meiner Mutter nur schnell Schmuck zurückbringen, den sie mir geborgt hatte."
 

Sie hielt der Bediensteten ein kleines Stoffbeutelchen mit Ohrringen von sich hin.
 

"Würden Sie das vielleicht einfach oben in ihr Schmuckkästchen tun? Ich muss leider gleich wieder gehen, mein Mann wartet!"
 

"Oh! Ja! Natürlich!"
 

Die Frau nahm ihr das Beutelchen ab.
 

"Wunderbar!", sagte Sakura mit einem strahlenden Lächeln. "Dann bis bald! Es war schön Sie wiederzusehen!"
 

Damit zog sie rasch wieder die Haustür auf und trat nach draußen, bevor die Frau noch etwas sagen konnte. Sie eilte über den Hof und durch das Tor und ging dann zügigen Schrittes den Bürgersteig entlang.
 

Sie hatte es eigentlich gar nicht vorgehabt, sie hatte gar nicht genau gewusst, wo sie eigentlich hin gewollt hatte. Sie hatte einfach irgendwohin abhauen wollen. Sie hatte einfach ein wenig Freiheit haben wollen.
 

Doch seit sie im Auto an sie gedacht hatte, hatte sie entschieden, dass sie zum Friedhof gehen würde.
 

Zu Fuß brauchte sie dorthin fast eine ganze Stunde, doch das Wetter war gut und das Gehen brachte sie endlich wieder etwas runter. Sie nahm ein paar tiefe Atemzüge. Endlich war sie wieder frei. Und zumindest für die nächsten Stunden würde sie auch niemand vermissen.
 

Sie war sich nicht ganz sicher, ob das Ärger geben würde. Doch dann müssten sie alle zugeben, dass sie sie kontrollierten und einsperrten. Bisher war das immer auf subtile Weise geschehen, es war nie wirklich ausgesprochen worden, dass ihr untersagt war zu tun, was sie wollte und zu gehen wohin sie wollte.
 

Und eigentlich durfte man ihr das auch nicht verbieten. Sie war ein freier Mensch und sie lebten in einem Rechtsstaat. Es stand ihr gesetzlich zu, sich frei bewegen zu dürfen.
 

Am besten wäre, sie würde zurückkommen können, ohne, dass es überhaupt auffiel, dass sie abgehauen war. Aber falls das nicht klappen sollte, war es ihr auch egal. Dann würde sie wenigstens erfahren, woran sie eigentlich war und was sie zu erwarten hatte, wenn sie sich eigenmächtig über diese unausgesprochenen Regeln hinwegsetzte.
 

Der Friedhof war alt und schön. Er war groß, aber sie fand den Weg natürlich sofort. Sie war oft hier gewesen.
 

Das Grab ihrer Großmutter war ein wenig verwildert. Gut eine Stunde beschäftigte Sakura sich damit herabgefallenes, trockenes Laub zwischen den Efeuranken herauszusammeln. Sie zupft auch sie kleinen Löwenzahnpflänzchen ab, sie sich irgendwie hier und dort angesiedelt hatten.
 

Danach kniete sie sich zufrieden in das Meer aus Maiglöckchenpflanzen, dass das Grab umgab. Natürlich blühten sie um diese Jahreszeit nicht. Doch sie liebte es auch einfach die hübschen, festen, elegant geformten großen Blätter der Pflanzen anzusehen.
 

Beide hatten sie diese Pflanzen geliebt.
 

"Du fehlst mir", flüsterte sie und spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie wischte sie weg. Sie war kein Kind mehr!
 

Stattdessen lächelte sie nun.
 

"Du hattest recht. Wie immer. Niemand außer mir kommt, um dein Grab zu pflegen. Sie hielten dich wirklich immer für einen Sonderling, weil du nichts auf ihre blöden Regeln und gesellschaftlichen Verpflichtungen gegebenen hast!"
 

Sie strich mit ihren Fingern sanft über die Steinplatte vor sich.
 

"Ich werde öfter herkommen!", versprach sie, hauptsächlich wohl sich selbst. "Wenn ich mir dir geredet habe, habe ich mich immer mutiger gefühlt. Du warst einen tolle Frau und sehr eigenständig. Ich habe dich immer bewundert!"
 

Sie blieb lange dort sitzen. Irgendwann taten ihr ihre Beine einfach zu sehr weh und außerdem fror sie mittlerweile ziemlich. Es wurde schon dunkel.
 

Ohne rechtes Ziel schlenderte sie zur Innenstadt. Auch dort hin brauchte sie fast eine Stunde zu Fuß.
 

Dort kaufte sie sich in einem Café, das bis zwanzig Uhr geöffnet hatte, einen Becher heißen Kaffee. Das war totaler Unsinn um diese Uhrzeit. Aber sie fühlte sich heute ziemlich rebellisch.
 

Eine Weile saß sie damit auf einer Bank.
 

Sie spürte, wie sie des öfteren neugierig betrachtet wurde. Zweimal flirtet sie jemand an, aber sie sagte jedes Mal rasch 'ich bin verheiratet und möchte niemanden kennenlernen' und dann wurde sie in Ruhe gelassen.
 

Um 21 Uhr fror sie langsam wirklich. Ihr Kaffee war leer, obwohl sie ihn sich lange eingeteilt hatte. Und sie wurde richtig hungrig. Sie sah wieder auf ihr Smartphone, als es klingelte.
 

Ihre Mutter hatte sie dreimal angerufen, sie musste also ihre Lüge mittlerweile entdeckt haben und wunderte sich wahrscheinlich, warum sie die Ohringe ihrer Tochter in ihrem Schmuckkästchen hatte.
 

Jetzt war es Sasuke.
 

Wollte er bloß wissen, wie lange sie bleiben würde, oder hatte ihre Mutter bei den Uchihas angerufen? Sie hoffte, dass sie das nicht getan hatte. Aber möglich war es.
 

Sollte sie rangehen? Lust hatte sie keine. Aber ihr war durchaus bewusst, dass sie sich ein wenig wie ein kleines trotziges Mädchen verhielt, dass von zuhause weggelaufen war.
 

Das mit 'unbemerkt zurückkommen' würde wohl nichts mehr werden. Und eigentlich, so wurde ihr nun klar, hatte sie das auch nie gewollt. Sie wollte herausfinden, was sie tun würden, wenn sie sich über ihre Regeln hinwegsetzte. Sie musste herausfinden, was sie in solchen Fällen zu erwarten hatte. Nur wenn sie das einschätzen konnte, konnte sie für sich entscheiden, wie sie sich in Zukunft verhalten würde.
 

Sie lächelte bitter, als ihr klar wurde, dass sie bisher zum Teil deshalb so passiv gewesen war, weil sie vollkommen in Ungewissheit gelebt hatte. Alle waren so subtil. Nichts war konkret.
 

Sie wurde immer begleitet. Alleine wegzufahren war 'nicht autorisiert'. Dem Gärtner drohte entlassen zu werden, weil sie mit ihm lachte. Sasuke weigerte sich mit ihr darüber zu sprechen, dass sie arbeiten wollte. Er schlief ohne Verhütung mit ihr, beinahe täglich, aber niemand hatte je gesagt, dass sie Nachwuchs erwarteten. Niemand hatte ihr jemals deutlich etwas erlaubt oder verboten.
 

Sie würde versuchen die Grenzen auszutesten. Langsam und behutsam, ganz vorsichtig, aber sie würde es tun. Und sobald sie wusste woran sie war, würde sie sich handlungsfähiger fühlen. Dann würde sie vielleicht irgendwann eine mutige Frau sein, so wie ihre Großmutter es gewesen war. Ja, sie hatte in diese Ehe eingewilligt. Sie war bereit für ihre alte und neue Familie zurückzustecken. Aber sie würde versuchen sich aktiv darum zu bemühen, das Kompromisse gemacht werden würden!
 

Zumindest nahm sie sich das fest vor. Hoffentlich würde sie das schaffen. Wahrscheinlich nicht gleich. Aber sie würde darauf hinarbeiten.
 

"Sakura?"
 

Sie hob überrascht den Kopf.
 

"Hallo!", sagte sie völlig verdutzt.
 

Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit sie vor über einem halben Jahr ihr Studium abgeschlossen hatte. Doch sein offenes und freundliches Strahlen war immer noch so ansteckend, wie sie es in Erinnerung hatte. Also strahlte sie zurück.
 

Sie konnte einfach nicht anders. Sie hatte ihn nie so lieben können, wie er sie geliebt hatte. Aber dennoch war er ihr unglaublich wichtig gewesen. Und gerade wurde ihr klar, dass das immer noch so war.
 

"Warum sitzt du hier alleine im Dunkeln?", fragte Naruto neugierig. "Wartest du auf etwas?"
 

"Nein", sagte sie lächelnd. "Ich möchte bloß nicht nach Hause. Eigentlich weiß ich nicht wo hin mit mir."
 

Es war immer schon so leicht gewesen vollkommen ehrlich zu ihm zu sein. Sie vertraute ihm. Warum wusste sie nicht. Wahrscheinlich war es, weil er immer so derart ehrlich war, dass man sich sicher sein konnte, dass er einen niemals belügen oder hintergehen könnte.
 

"Naja, dann gibt es bessere Plätze!", grinste er. "Ich komme gerade vom Campus. Ich wollte mit Kiba, Shino und Lee Ramen essen gehen! In dem Restaurant wo wir öfter waren! Komm doch mit! Wie früher!"
 

Sie sah ihn sehnsüchtig an. Das klang wundervoll. Es wäre wunderschön Zeit mit ihm zu verbringen und seine Freunde wiederzusehen. Aber konnte sie das tun?
 

"Das wäre toll, aber ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee ist."
 

"Wieso?"
 

"Naja, weil wir mal zusammen waren und du-"
 

Er grinste.
 

"Ich bin seit ungefähr zwei Monaten endlich über dich hinweg!", sagte er zufrieden. "Ich habe nämlich jemand neues kennengelernt und sie ist toll! Es ist noch ganz frisch, aber ich glaube wir passen wirklich gut zusammen! Wir müssen also nicht mehr Abstand halten, damit ich mich entliebe. Wir können wieder befreundet sein, wenn du das noch möchtest!"
 

"Ohhh", entfuhr es Sakura begeistert. "Das ist toll Naruto! Ich freue mich wirklich sehr darüber!"
 

Er grinste. "Klar tust du das! Jetzt brauchst du nämlich kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, weil ich so absolut wunderbar bin und du trotzdem meine Gefühle nicht richtig erwidern konntest!"
 

Sakura musste lachen.
 

"Du bist wirklich absolut wunderbar!", sagte sie glücklich. "Und ich bin froh, dass du jetzt offenbar jemanden gefunden hast, der das auch entsprechend zu würdigen weiß! Wie ist sie so? Erzählst du mir von ihr?"
 

Naruto wollte gerade damit anfangen, doch dann tauchte sein Freund Kiba bei ihnen auf, der auch auf dem Weg zum Restaurant gewesen war.
 

Auch er schien sich ehrlich zu freuen Sakura wiederzusehen, denn in den drei Monaten, in denen sie mit Naruto zusammen gewesen war, hatten sie öfter etwas gemeinsam unternommen.
 

Die beiden hatten zwar einen anderen Studiengang gehabt, aber ihren Anatomie Kurs hatten sie gemeinsam gehabt, so hatte Sakura Naruto kennengelernt.
 

Sakura stellte ihr Smartphone auf lautlos, als sie beim Restaurant ankamen, weil Sasuke sie wieder anrief. Sie wollte wenigstens für eine Stunde in glücklichen Erinnerungen schwelgen. Dann würde sie sich bei ihm melden.
 

Das bisschen Trotz, fand sie, stand ihr zu, bei dem, was sie in den nun fast sechs Monaten ihrer Ehe bisher ausgehalten hatte. Er schwieg ständig. Das konnte er nun auch mal kurz ertragen. Heute war sie wirklich rebellisch. Sie konnte einfach gerade nicht anders. Sie wollte nun um jeden Preis kurz die Gegenwart von Leuten genießen, bei denen sie sich wohl fühlte.
 

Und sie genoss es. Shino und Lee freuten sich auch sie zu sehen und sie alle aßen gut und lachten über ihre kurze aber schöne gemeinsame Zeit auf der Uni.
 

Die drei hatten sich mehr Zeit gelassen als sie, sie standen jetzt erst kurz vor den Prüfungen, aber sie waren schließlich alle noch jung. Und Sakura erinnerte sich daran, dass auch sie immer noch fünfundzwanzig und damit noch ziemlich jung war. Normalerweise studierten Leute in diesem Alter noch, oder sie hatten gerade ihre Ausbildung beendet und ihren Beruf begonnen.
 

Während sie hier mit ihnen saß und lachte, denn in Narutos Gegenwart gab es immer etwas zu lachen, wurde ihr so richtig klar, in was für einer Parallelwelt sie eigentlich lebte.
 

Eine halbe Stunde später stießen noch ein paar Leute dazu, die auch mit ihnen befreundet waren und die Sakura nicht kannte. Und auch sie waren sehr nett. Es war toll mal wieder jemanden kennenzulernen, der völlig normal war und auch sie völlig normal behandelte.
 

Sakura kam aufgrund der geselligen Runde nicht dazu sich richtig mit Naruto über irgendetwas auszutauschen, aber sie verabredeten, dass sie sich mal wieder treffen würden. Und dann würde sie vielleicht auch seine neue Freundin kennenlernen. Naruto schien unglaublich stolz auf sie zu sein. Es machte Sakura richtig glücklich, wie er über sie sprach.
 

"Sag mal", sagte die junge Frau namens Tenten schließlich, die Sakura erst heute Abend kennengelernt hatte und sie deutete auf Sakuras Hand, "ich frage mich das die ganze Zeit schon, ich muss es jetzt aussprechen, ist der Ring da echt?"
 

Das holte Sakura ein wenig in die Realität zurück.
 

"Ja", sagte sie und zog rasch ihre Hand von Tisch. "Also, das nehme ich zumindest an."
 

"Bist du verheiratet? Es sieht nach einem Ehering aus!", fragte Lee gerade heraus.
 

"Ja", sagte Sakura.
 

"Was? Echt?", fragte Naruto völlig überrascht und neugierig. "Und das erwähnst du nicht?"
 

Sakura lächelte verlegen.
 

Alle hier waren unverheiratet. Viele heirateten heutzutage zumindest in Studentenkreisen erst ab dreißig.
 

"Tja, wenn man sich sicher ist, wieso warten!", sagte Kiba gut gelaunt.
 

"Trotzdem schade, dass du nicht mehr zu haben bist!", fügte Lee ein wenig enttäuscht hinzu.
 

Sie lachten alle und Sakura merkte, wie sie ein wenig rot wurde.
 

Sie wünschte sich so sehr, dass sie auch unverheiratet wäre, dass sie gerade erst fertig studiert hätte, dass sie sich nun einen Job suchen könnte, dass sie abends nach der Arbeit mit Freunden etwas essen gehen könnte, wie sie es gerade tat.
 

Wahrscheinlich romantisierte sie das gerade. Sie war sich sicher, dass sie auch alle ihre Probleme hatten, die sie bewältigen mussten. Trotzdem war es schön gerade ein wenig davon zu träumen. Von Leichtigkeit, Liebe und Freiheit. Doch das tat wahrscheinlich jeder Mensch und niemand konnte alles haben.
 

"Aber nochmal zu dem Ring!", sagte Tenten beharrlich, zog Sakuras Hand kurzerhand unter dem Tisch hervor und vor ihre Augen.
 

"Der kann nicht echt sein! Unmöglich! Sowas könnte niemand bezahlen! Dafür könnte man problemlos ein Haus kaufen!"
 

"Was?", fragte Naruto ungläubig lachend.
 

"Woher willst du das denn eigentlich so genau wissen Tenten?", fragte Kiba belustigt. "Jetzt rede der Armen doch nicht ein, dass ihr Hochzeitsring gefälscht ist!"
 

"Aber meine große Schwester hat gerade Hochzeitsringe ausgesucht und die hat mich ewig damit vollgejammert und daher weiß ich jetzt-"
 

"Ach Sakuras Familie hatte immer viel Geld. Und du hast wahrscheinlich jemanden aus deiner Schicht geheiratet, richtig?", fragte Naruto. "Erzähl mal was, wie ist er so?"
 

"Aber wenn der echt ist, wie kannst du damit einfach so rumlaufen?", fragte Tenten verwirrt. Das schien sie richtig fertig zu machen. "Ich hätte mega krasse Angst ausgeraubt zu werden!"
 

Sakura zog wieder ihre Hand unter den Tisch. Sie hatte keine Ahnung was dieser Ring wert war. Sie hatte sich nie für so etwas interessiert. Jetzt, wo Tenten so darauf reagiert hatte, kam es ihr tatsächlich irgendwie riskant vor mit diesem Ring herumzulaufen. Was wenn sie ihn verlor, oder man ihn ihr klaute? Bisher hatte sie darüber nie nachgedacht. Bisher war sie ja auch nie alleine unterwegs gewesen.
 

"Wie ist er so?", fragte Naruto nochmal. "Dein Mann?"
 

Er lachte und schüttelte den Kopf, da das für ihn wohl ziemlich merkwürdig klang. Sakura konnte das bestens nachvollziehen. Selbst für sie war es ja immer noch komisch. Obwohl sie nun fast sechs Monate gehabt hatte, um sich daran zu gewöhnen.
 

"Er ist ganz anders als du", sagte Sakura abwehrend.
 

Sie hatte keine Lust über Sasuke zu reden.
 

Sie zog kurz ihr Smartphone aus der Tasche. Ihre Mutter hatte noch dreimal angerufen. Sasuke noch einmal. Sie musste sich so langsam wirklich melden.
 

"Also wohnst du gar nicht mehr bei deinen Eltern?", fragte Naruto ungewöhnlich ernst und runzelte die Stirn. "Wenn du also vorhin sagtest, dass du nicht nach Hause möchtest und nicht weißt wo hin mit dir, meintest du dann-"
 

"Ohhh ist der vielleicht heiß!", flüsterte Tenten begeistert, aber so laut, dass sie alle am Tisch hören konnten.
 

Alle folgten ihrem Blick zur Tür und auch ein paar anderen im Restaurant war er aufgefallen. Wieso war er hier? Sie verstand das nicht.
 

Neben den anderen seiner Familie fiel ihr das gar nicht mehr so sehr auf. Sie hatte sich daran gewöhnt, dass sie alle unheimlich, gut aussehend, dunkel, mysteriös, überheblich und erhaben wirkten und dass sie diese beeindruckende Präsenz ausstrahlten. Jetzt fiel ihr das seit Langem mal wieder sehr deutlich auf.
 

Wie hatte er sie hier finden können?
 

Sasuke ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und entdeckte sie fast sofort. Er kam auf ihren Tisch zu. Das schien alle ziemlich zu verwirren. Tenten starrte ihn immer noch fasziniert an.
 

Sasuke blieb vor ihrem Tisch stehen. Alle schwiegen und sahen zwischen ihm und Sakura hin und her.
 

Sakura versuchte seine Stimmung abzuschätzen, aber er war undurchschaubar wie immer.
 

"Ich habe dich dreimal angerufen", sagte er ruhig. "Hast du das mitbekommen?"
 

"Ja", sagte sie. "Ich hätte mich auch gleich bei dir gemeldet."
 

Er musterte sie schweigend.
 

"Ist er das? Mit dem bist du verheiratet?", fragte Naruto entsetzt und sah sie schockiert an. "Jetzt ernsthaft?"
 

"Und du bist wer?", fragte Sasuke, zog leicht eine Augenbraue hoch und musterte Naruto unfreundlich.
 

"Naruto Uzumaki", sagte er und verschränkte die Arme.
 

"Sollte mir das irgendwas sagen?", fragte Sasuke desinteressiert.
 

"Keine Ahnung", sagte Naruto sarkastisch. "Ich war vor dir mit ihr zusammen. Redet ihr nicht miteinander oder hat sie mich einfach nur nie erwähnt?"
 

"Wir haben nie über frühere Partner gesprochen", sagte Sakura rasch.
 

Sie wollte nicht, dass Naruto glaubte, dass sie ihn nie erwähnt hatte, weil er ihr so unwichtig war. Er bedeutete ihr viel.
 

Sasuke musterte Naruto einen Moment. Dann wandte er sich wieder an sie.
 

"Es ist Zeit nach Hause zu kommen", sagte er ruhig aber entschieden. "Gehen wir."
 

Sakura zog ihr Portemonnaie aus ihrer Tasche und legte einen Zwanzig-Euro Schein auf den Tisch, um für ihr Essen und ihr Getränk zu bezahlen. Dann stand sie auf und griff nach ihrer Jacke und der Tasche.
 

Es würde niemandem etwas bringen, wenn sie jetzt anfing zu diskutieren. Vor allem war sie nicht sicher, wie Sasuke reagieren würde und sie wollte auf gar kein Fall, dass Naruto oder sonst jemand Probleme bekam. Sie wollte niemanden in ihre Probleme mit hineinziehen. Außerdem hatte sie ja ohnehin gerade vorgehabt, sich bei ihm zu melden.
 

"Es war schön dich wiederzusehen!", sagte sie lächelnd zu Naruto, der unschlüssig wirkte, ob er sich einmischen sollte.
 

Sie schob sich an den anderen vorbei und ging zu Sasuke hinüber.
 

Er nahm ihr ihre Jacke aus dem Arm und hielt sie wie immer für sie auf. Und weil beinahe alle im Restaurant sie beobachteten, ließ sie sich von ihm in die Jacke helfen. So wie immer.
 

Dann ging Sasuke wortlos die drei Schritte zur Tür und hielt sie ihr auf. Er sah sie an und wartete. Es war merkwürdig still im Restaurant.
 

"Es war schön euch alle wiederzusehen, beziehungsweise kennenzulernen!", sagte Sakura lächelnd in die Runde.
 

"Wir treffen uns bald mal!", sagte Naruto und musterte sie immer noch, als wäre er unsicher, ob er sie einfach gehen lassen sollte.
 

"Ja, das machen wir!", sagte sie. "Habt noch einen schönen Abend!"
 

Damit drehte sie sich um und ging durch die Tür, die Sasuke noch immer für sie aufhielt.
 

Sie war gespannt, was nun passieren würde. Sie war entschlossen zu versuchen mutig zu sein.

Mut

Sasuke trat zu ihr hinaus und ließ die Tür zufallen.
 

Sakura merkte, dass sie ein wenig nervös war. Seit fast sechs Monaten schlief sie mit diesem Mann in einem Bett. Beinahe jede Nacht war er ihr so nahe, wie es ein Mann einer Frau nur sein konnte. Und dennoch konnte sie ihn überhaupt nicht einschätzen.
 

Sie sah kurz zur Seite.
 

Durch die Glasfront des Restaurants konnte sie sehen, dass die anderen ihnen noch nachsahen. Sie begegnete kurz Narutos Blick. In seinen Augen konnte sie Besorgnis erkennen.
 

Rasch wandte sie sich ab.
 

Hoffentlich würde ihn das nun nicht beschäftigen! Das wollte sie nicht. Scheinbar hatte er es vor kurzem erst geschafft seine Gefühle für sie zu überwinden und neue Gefühle für eine andere Frau zu entwickeln. Sie wollte da auf keinen Fall irgendwie für Durcheinander sorgen. Sie wollte, dass er glücklich war!
 

Sie erinnerte sich daran, wie er über diese Frau gesprochen hatte. Nein. Seine Sorge um sie war nur noch freundschaftlicher Natur. Sie war sich sicher. Naruto hatte einfach ein großes Herz.
 

Sie sah zu Sasuke.
 

"Ich habe oben an der Straße geparkt", sagte er in neutralem Ton und machte eine leichte, höfliche Handbewegung zu der steinernen Treppe neben ihr, wie um ihr den Vortritt zu lassen.
 

Also stieg sie die Stufen hinauf, die weg von der Fußgängerzone führten.
 

Sie empfand es als unangenehm, dass er hinter ihr her ging anstatt neben ihr zu laufen. Platz wäre genug gewesen. Machte er das mit Absicht, um sie einzuschüchtern? Falls ja, dann funktionierte es.
 

Sie hatte keine Ahnung, ob er wütend auf sie war oder nicht. Seine Präsenz zu spüren und seine Schritte zu hören, ohne, dass sie ihn sehen konnte, fühlte sich bedrohlich an. Sie dachte daran, dass ihre Tante sie nun wieder als 'dramatisch' bezeichnen würde.
 

Sie kam oben an und sah sein Auto. Also ging sie darauf zu. Er stand mitten im absoluten Halteverbot. Aber da sein eigener Vater der oberste Polizeichef war, galten solche Regeln vielleicht nicht für ihn. Es war wohl an der Zeit wieder in ihre merkwürdige Parallelwelt zurückzukehren.
 

Sasuke ging zur Beifahrerseite und hielt ihr die Tür auf. Also stieg sie ein.
 

Während er um das Auto herum ging, nahm sie einen tiefen Atemzug, um sich ein wenig zu wappnen.
 

Am wichtigsten war nun nicht zu streiten. Dann würde sie verlieren. Sie musste es schaffen ruhig und möglichst konstruktiv zu bleiben.
 

Sie schnallte sich an, als er das auch tat. Offenbar wollte er mal wieder nicht reden. Er startete den Motor, fuhr auf die Straße und reihte sich in den Verkehr ein. Hier, mitten in der Innenstadt, war auch spät am Sonntagabend noch viel los.
 

"Woher wusstest du, wo ich bin?", stellte sie die Frage, die sie aktuell am meisten beschäftigte.
 

"Ich arbeite bei der Polizei", sagte er schlicht. "Es ist kein Problem für mich ein Smartphone zu orten."
 

Das hatte sie befürchtet. Hatte er nicht mal ein schlechtes Gewissen dabei, das so offen zuzugeben?
 

"Das ist, glaube ich, illegal", sagte sie leise. "Das hättest du ohne mein Einverständnis nicht tun dürfen, nicht wahr? Gegen mich liegt doch nichts vor. Das war keine Ermittlung."
 

"Ja", sagte er bloß.
 

"Aber du hast es dennoch getan?", fragte sie.
 

"Ja."
 

'Ruhig bleiben!', ermahnte sie sich selbst in Gedanken.
 

"Wieso?", fragte sie geduldig.
 

Sie war gespannt wie lange er dieses Fragespiel weiter mitmachen würde.
 

"Ob ich das per Gesetz darf oder nicht ist egal. Ich habe bei sowas keinerlei negative Konsequenzen zu befürchten."
 

"Und ob das moralisch fragwürdig ist, ist dir auch egal?"
 

"Ja."
 

Es war beachtlich. Obwohl er kaum etwas sagte, glaubte sie gerade eine Menge über ihn zu lernen. Nur gefiel ihr nicht besonders, was sie erfuhr.
 

"Und wie sich das für mich anfühlt ist auch egal?", fragte sie, immer noch so ruhig und behutsam wie sie konnte.
 

Sie wollte wirklich mit ihm reden. Es war nicht ihre Absicht ihn zu provozieren. Das war wahrscheinlich auch keine gute Idee.
 

Er warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann wieder nach vorne auf den Verkehr.
 

"Ich wollte nicht mit dir sprechen", fuhr sie ruhig fort. "Ich hätte mich gleich bei dir gemeldet, aber ich brauchte etwas Zeit. Doch du hast das nicht respektiert, du hast mich aufgespürt und mich einfach abgeholt. Es verletzt mich, dass du dich so übergriffig mir gegenüber verhälst."
 

Er schwieg.
 

"Was wäre passiert, wenn ich nicht mitgekommen wäre?"
 

Auch dazu schwieg er.
 

"Heute Mittag im Garten, da hast du dich auch sehr übergriffig verhalten", fuhr sie fort. "Auch da hat es mich verletzt, dass du einfach über mich verfügt hast."
 

Er schwieg, aber er sah noch einmal kurz zu ihr herüber. Wütend wirkte er noch nicht, also konnte sie wohl noch etwas weiter machen.
 

"Ich habe mich gefragt, ob du denkst, dass ich dir gehöre", sagte sie leise und sah ihn an.
 

Die Lichter der Ampeln, Geschäfte und anderen Autos huschten über sein perfektes ausdrucksloses Gesicht. "Ob du denkst, dass du mit mir machen kannst, was immer du willst."
 

Er warf ihr wieder einen kurzen Blick zu.
 

Sie sah ernst zurück. Sie wollte darauf eine Antwort haben.
 

Er blickte wieder nach vorne.
 

"Das kann ich", sagte er schließlich nüchtern.
 

Ihr wurde ein wenig übel.
 

Er hatte es auf eine Art gesagt, die deutlich gemacht hatte, dass er zumindest selbst von dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage überzeugt war. Was hatten ihre Eltern ihr bloß angetan, als sie sie gedrängt hatten in diese Familie einzuheiraten? Sie fühlte sich langsam, als wäre sie in irgendeinen surrealen Mafiafilm geraten.
 

'Bleib ruhig und konstruktiv', ermahnte sie sich in Gedanken. Angst zu haben war nicht konstruktiv. Es half nicht, wenn sie sich von ihren Emotionen überwältigen ließ und hysterisch wurde.
 

Auf Recht und Gesetz schien er wenig zu geben. Dort war er ganz offensichtlich in einer Machtposition ihr gegenüber. Oder zumindest war er selbst überzeugt davon. Vielleicht stimmte es. Vielleicht hatte er die Macht mit ihr zu machen, was er wollte, ohne Konsequenzen für sich befürchten zu müssen. Aber wie emotionslos war er wirklich? Wie egal war sie ihm?
 

Das war wohl die Frage, die für sie entscheidend war. Und sie musste den Mut aufbringen die Antwort darauf herauszufinden.
 

Doch erstmal schwieg sie, denn sie musste neue Energie sammeln. Es erschöpfte sie, ihm diese Fragen zu stellen, weil sie die Antworten eigentlich lieber nicht hören wollte.
 

Fünfzehn Minuten später waren sie bei dem Tor zum Uchiha Anwesen angekommen.
 

Wie immer wurde an der Schranke Sasukes Gesicht gescannt, dann öffneten sich die Tore und er fuhr auf den Hof. Er parkte neben dem Auto seines Bruders.
 

Schweigend ging sie neben ihm über den Hof und trat durch die Haustür, die er ihr aufhielt. Sie durchquerten die Eingangshalle.
 

Madara, Izuna, Shisui und Itachi saßen im Wohnzimmer und sahen auf, als sie dort vorbeikamen.
 

"Ah, sehr schön", sagte Madara bloß beiläufig, als er sie erblickte und sah dann wieder auf sein MacBook.
 

"Sieh mich nicht so an", sagte Sasuke kühl zu seinem Bruder.
 

Madara hob wieder den Kopf und warf Itachi einen Blick zu.
 

"Ich verstehe dich", sagte Madara an Itachi gewandt. "Aber es ist entschieden. Du musst dich damit abfinden."
 

"Ja", sagte Itachi.
 

Sakura verstand gar nichts. Als sie ihn irritiert ansah, begegnete er kurz ihrem Blick. Wieder konnte sie seinen Ausdruck nicht einordnen.
 

Dann spürte sie Sasukes Griff an ihrem Oberarm. Er zog sie weiter in Richtung der großen Treppe und dann waren sie am Wohnzimmer vorbei.
 

"Worum ging es da gerade?", fragte sie tapfer. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Mut gleich aufgebraucht sein würde.
 

Er antwortete nicht.
 

Also ging sie ins Bad und duschte lange. Es war ein gutes Gefühl kurz die Tür abschließen zu können.
 

Als er schließlich auch geduscht aus dem Bad kam und sich zu ihr ins Bett legte, wog sie gerade ab, ob sie einfach vorgeben sollte zu schlafen. Doch dann dachte sie daran, wie sie heute lange zwischen den Maiglöckchen gesessen hatte.
 

Sie wollte eine mutige Frau werden. Und ein bisschen Kraft hatte sie noch für heute. Vielleicht konnte sie mit dem Fragespiel noch ein wenig weiter machen. Auch wenn er auf Einiges nicht antwortete, tat er es auf manche Fragen doch. Das hieß, dass er nicht generell nicht mit ihr sprechen wollte, sondern, dass er bloß über bestimmte Dinge nicht sprechen wollte, oder? Bisher war er nicht wütend geworden, wenn sie das probiert hatte. Also konnte sie es doch weiter versuchen?
 

"Hat meine Mutter dich angerufen?", fragte sie schließlich.
 

"Ja. Gegen einundzwanzig Uhr. Sie war besorgt, weil sie dich nicht erreichen konnte und du gelogen hast. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich darum kümmern würde."
 

Sakura ärgerte sich ziemlich über ihre Mutter. Sie war sicher, dass Sorge nur ein Teil ihres Antriebs gewesen war. Sie hatte verhindern wollen, dass Sakura Ärger machte und sie an ihn verraten.
 

"Bist du verärgert, weil ich dich angelogen habe?", fragte sie weiter.
 

Offenbar hatte sie gerade Glück, denn er antwortete wieder.
 

"Ja", sagte er. "Aber ich verstehe dich. Es ist in Ordnung."
 

Das war gut. Also musste sie sich zumindest darum aktuell keine Sorgen machen. Sie entspannte sich etwas.
 

Sie dachte an Madara und daran, wie er auf ihren Anblick reagiert hatte. "Wissen sie alle, dass ich abgehauen bin?", fragte sie leise.
 

"Ja. Ich war bei Ihnen, als deine Mutter angerufen hat, sie haben es alle mitbekommen. Aber es wird keine Konsequenzen für dich haben, du brauchst dich deswegen nicht zu sorgen."
 

Das war auch gut. Sie entspannte sich bei seinen Worten noch ein wenig mehr.
 

"Und was ist mit dem Gärtner?", flüsterte sie.
 

Er schwieg lange und sie dachte schon, dass er darauf nicht antworten würde. Doch dann tat er es.
 

"Er kann bleiben, wenn dir das so wichtig ist. Du kannst Zeit mit ihm verbringen, wenn es dich glücklich macht. Ich habe überreagiert, das tut mir leid. Ich wollte bloß sicher gehen, dass es keine Missverständnisse gibt."
 

"Danke", sagte sie erleichtert.
 

Eigentlich fand sie nicht, dass sie sich bei ihm bedanken musste. Was hier passierte war nicht normal. Wie sie sie behandelten war nicht rechtens, es war nicht in Ordnung. Aber sie musste langsam und in Ruhe herausfinden woran sie war. Sie hatte das Gefühl, dass es sehr unklug wäre vorschnell zu handeln, bevor sie alles besser überblicken konnte.
 

"Ich danke dir auch", sagte er.
 

"Was?", fragte sie überrascht.
 

"Dafür, dass du um Diplomatie zwischen uns bemüht bist. Dafür, dass du ruhig bleibst und dich vernünftig verhälst."
 

Also hatte er verstanden, warum sie sich eben bedankt hatte? Dass sie es nicht wirklich im eigentlichen Sinne so gemeint hatte? War er wirklich froh darüber oder war das eine Drohung? Was war hier nur los? Das war alles so verrückt, so surreal! Machte sie es größer, als es war? Machte es ihm vielleicht einfach Spaß sie zu verunsichern? Spielte er bloß mit ihr? Kam ihr das alles hier nur so komisch vor, oder war es das wirklich?
 

Sie überlegte gerade, was sie ihn noch fragen könnte, als er von sich aus sprach.
 

"Ich bitte dich, nicht noch einmal wegzulaufen. Lass das nicht zur Gewohnheit zwischen uns werden. Dann muss ich vielleicht Dinge tun, die ich nicht tun möchte. Bitte zwing mich nicht dazu. Ich verstehe wirklich, dass du weg wolltest. Von mir, von diesem Ort. Aber bitte lass uns in Zukunft anders damit umgehen. Es geht dabei auch um deine Sicherheit. Ich verspreche dir, dass ich versuchen werde dir etwas entgegenzukommen, wenn du Abstand brauchst und weg möchtest. Aber komm zu mir. Lauf nicht weg."
 

Sakura merkte, wie ihr nun Tränen in die Augen stiegen. Sie hatte keine Ahnung wovon er sprach. Und er würde es ihr auch nicht erklären. Sie wischte sich über ihre Augen, um die Tränen abzuwischen, aber es kamen bloß noch mehr. Zum Glück war es vollkommen dunkel und er konnte es nicht sehen. Einmal schluchzte sie ganz leise, sie hoffte, dass er vielleicht eingeschlafen war und es nicht gehört hatte.
 

Doch er war offenbar noch wach.
 

"Du bist sehr tapfer", sagte er ruhig. Täuschte sie sich, oder klang er etwas traurig?
 

Sie konnte nicht antworten, denn sie war damit beschäftigt sich zusammenzureißen und mit dem Weinen aufzuhören.
 

"Ich würde dich gerne trösten", sagte er immer noch mit dieser Ruhe. "Aber ich weiß nicht, wie man das macht. Und ich weiß nicht, ob du das möchtest. Ich bin überfordert mit dir. Du bist anders als die Frauen, die ich gewohnt bin. Ich würde dir Blumen schenken, Schmuck, teures Parfüm, schöne Kleider und Gegenstände. Aber das tue ich nicht, weil ich glaube, dass du das nicht möchtest."
 

Seine Worte verwirrten sie so sehr, dass sie tatsächlich aufhörte zu weinen. Öffnete er sich ihr gerade in bisschen? Ja, oder? Er hatte gerade vor ihr eine Schwäche und seine Verunsicherung eingestanden. Und scheinbar war es ihm auch nicht egal, dass sie traurig war. Verstand sie das richtig?
 

"Was kann ich tun?", fragte er leise. "Ich sollte das nicht dich fragen. Aber die anderen sind nicht besonders hilfreich. Itachi wäre es vielleicht, aber ihm kann ich diese Frage nicht stellen."
 

Täuschte sie sich, oder schwang in seinen Worten nun ein ganz klein wenig Verzweiflung mit? Sie war vollkommen verwirrt. Aber das war eine Verbesserung, oder? Das war ein Fortschritt.
 

"Kannst du mich vielleicht einfach in den Arm nehmen?", fragte sie ganz vorsichtig. War seine Frage ernst gemeint gewesen? Hatte er sie wirklich gebeten ihm zu sagen, was sie sich wünschte?
 

Sie hörte, wie er sich in der Dunkelheit aufsetzte und zu ihr herüber rutschte. Er legte sich neben ihr wieder hin. Er griff nach ihr und zog sie in seine Arme. Sie legte vorsichtig ihre Stirn an seine Brust. Das war okay. Das war besser. Es fühlte sich gut an.
 

Sie spürte, wie er ihr ganz leicht über den Rücken strich. Sie war vollkommen erschöpft. Sie schlief fast sofort ein.

Ein anstrengender Tag

"Oh nein!", sagte Mikoto und schlug die Hände zusammen! "Du siehst ja ganz verweint aus!"
 

Aber niemand schien zu finden, dass man sie fragen könnte, ob alles in Ordung war. Offenbar stellte das bloß ein Problem dar, weil heute Wahltag war.
 

"Du solltest wirklich mit auf das offizielle Familienfoto, wenn dein Vater zum Minister ernannt wird! Deine Familie wird es erwarten! Und du bist ja so unglaublich hübsch, es wäre eine Schande, wenn du nicht mit drauf wärst! Die PR-Agentur hat es ausdrücklich gewünscht!", sagte Amata Uchiha und eine der anderen ging hinaus und kam mit einem feuchten, kühlen Tuch zurück.
 

"Hier, drück dir das auf die Augen, davon geht die Schwellung schneller wieder weg! Das wird schon!"
 

Sakura schob ihre Kaffeetasse beiseite und nahm ihr vorsichtig das feuchte Tuch ab.
 

Gerade saßen sie alle in dem großen Saal beim Frühstück. Normalerweise standen die Männer in dieser Familie früh auf und die meisten der Frauen ließen sich morgens Zeit. Sakura tat es ihnen gleich, ihr Tag war auch so schon lang genug, weil sie nicht wirklich etwas zu tun hatte.
 

Aber heute war sie vor sieben Uhr mit Sasuke aufgestanden. Er hatte sie sogar etwas früher geweckt, da er mit ihr hatte schlafen wollen. Und weil sie sehr froh über das war, was gestern Abend zwischen ihnen passiert war, hatte sie sich seinem Wunsch gefügt. Es war wie immer angenehm gewesen. Sie hatte den Eindruck, dass er sich bei dieser Sache viel Mühe mit ihr gab.
 

"Ich habe gehört dir ist die Frau weggelaufen, aber du hast sie scheinbar direkt wieder eingefangen!", sagte Obito, der gerade in den Saal kam, belustigt zu Sasuke und warf einen beiläufigen Blick auf Sakura, die sich rasch damit beschäftigte ihre Augen mit dem kühlen, feuchten Tuch zu betupfen, um niemanden ansehen zu müssen.
 

Obito setzte sich auf seinen Platz und griff nach der Kaffeekanne, die ihm am nächsten stand.
 

Einer der anderen grinste. Sakura meinte sich zu erinnern, dass er Tekka Uchiha hieß. "Ja, er hat sie gestern Abend gleich wieder zurückgeholt. Aber er hat sie offenbar heute Nacht zum Weinen gebracht und nun ist sie nicht perfekt für das Foto. Was hast du mit ihr gemacht Sasuke? Warst du wütend, dass sie dir weggelaufen ist und hast es an ihr ausgelassen?"
 

Ein paar von ihnen lachten. Sasuke nahm seelenruhig einen Schluck aus seiner Tasse und schwieg.
 

"Das reicht jetzt!", sagte Mikoto laut und ärgerlich. "Schämt euch!"
 

"Genau!", sagte eine der anderen und hob ihr kleines Kind auf ihrem Arm zurecht. "Hör nicht hin Sakura! Manchmal benehmen sie sich wirklich unmöglich!"
 

"Bist du eifersüchtig?", fragte Sasuke kühl an Tekka gewandt. "Das tut mir leid für dich, aber sie ist meine Frau."
 

Wieder lachten ein paar und Tekka machte verärgert 'tss'.
 

"Ja, aber das ist nicht dein Verdienst, nicht wahr Sasuke?", fragte Itachi leise und alle verstummten abrupt.
 

Sakura, die eben noch froh gewesen war, ihr Gesicht hinter dem feuchten Tuch verstecken zu können, lies es ein wenig sinken und sah verwirrt und verunsichert zu Itachi.
 

Sasuke neben ihr starrte Itachi wütend an, der ihm gegenüber saß und genauso wütend zurück blickte.
 

"Das reicht", sagte Fugaku ein paar Plätze entfernt. "Vertragt euch!"
 

Madara, am Kopfende des Tisches, ließ seine Zeitung sinken und sah zu ihnen herüber.
 

"Itachi, ich denke du brauchst eine Woche Urlaub", sagte er in seinem befehlsgewohnten Tonfall. "Dein Projekt wirst du dann allerdings nicht selbst abschließen können. Du wirst es abgeben. Und Sasuke, du wirst für eine Woche getrennt von deiner Frau schlafen."
 

"Nein!", sagten Itachi und Sasuke wie aus einem Mund. Sie klangen beide wütend.
 

Sakura beobachtete die Szene gebannt. So wie alle anderen auch. Es war sehr still. Alle sahen Madara an, der sich einen Moment Zeit ließ mit einer Reaktion.
 

"Na, wenn ihr das nicht wollt, dann schlage ich vor ihr gebt euch ein bisschen mehr Mühe miteinander auszukommen", sagte er schließlich und hob seine Zeitung wieder. "Ich gebe euch noch eine Chance mir zu beweisen, dass ihr erwachsen seid."
 

Alle nahmen ihre Gespräche wieder auf. Sasuke und Itachi sahen auf ihre Teller und mieden den Blick des jeweils anderen. Sakura sah zu Sasuke. Aber ihren Blick mied er auch.
 

"Ist es eigentlich sicher, dass mein Vater Minister wird?", fragte Sakura vorsichtig an Sasuke gewandt.
 

Er sah auf. "Ja, selbstverständlich."
 

"Die Partei, die wir unterstützen, gewinnt", sagte Obito, der wohl ebenfalls zugehört hatte. "Immer. Madara, Izuna und Fugaku wissen ganz genau, was sie tun, dein Vater hat den Posten sicher."
 

"Tja, er hat Glück eine Tochter wie dich zu haben!", sagte Tekka schulterzuckend und nahm sich ein Brötchen.
 

Sakura sah ihn verwirrt an. War sie denn nicht mit Sasuke verheiratet worden, weil die Uchihas beste Kontakte zum Innenminister hatten bekommen wollen? Aber nun klang es irgendwie so, als ob sie nicht wegen ihres Vaters verheiratet worden wäre, sondern als ob ihr Vater diesen Job ihretwegen bekäme. Aber das ergab nun wirklich keinen Sinn. Wahrscheinlich verstand sie alles falsch. Sie war schon wieder total überfordert und verwirrt.
 

"Das reicht Tekka", sagte Sasuke kalt neben ihr. "Sprich nicht darüber!"
 

Itachi schaubte verächtlich. Er stand auf und verließ den Raum.
 

"Er braucht noch etwas Zeit", sagte Fugaku entschuldigend zu Madara, der immer noch die Zeitung las.
 

"Ich weiß", antwortete Madara beiläufig. "Ich bin nicht böse auf ihn. Du weißt doch am besten, dass ich ihn gut verstehe."
 

Fugaku stand auf, legte seine Hand für einen Moment auf Madaras Schulter und drückte sie kurz wie zur Aufmunterung. Madara las unbekümmert weiter.
 

"Nun denn!", sagte Fugaku laut in die Runde. "Ein paar von uns haben heute einiges zu tun! Ihr wisst, was eure Aufgaben sind! Und Mikoto! Kümmert euch darum, dass Sakura vorzeigbar und bereit für den Tag ist! Sasuke, du wirst sie nicht begleiten, dich wollen wir auf den Familienfotos mit unserem neuen Innenminister nicht. Mr Haruno wird das zwar enttäuschen, aber du wirst ihm sagen, dass dir bei der Arbeit etwas dazwischen gekommen ist und du nicht kommen kannst. Wir halten uns raus aus der Politik, was die Öffentlichkeit angeht. Und ich möchte, dass du heute zum Arzt gehst!"
 

"Verstanden", sagte Sasuke.
 

Er stand auf, um aus dem Raum zu gehen. Als er an ihrem Stuhl vorbei ging, strich er ganz kurz sanft über ihren Arm.
 

Sakura war erleichtert, als Mikoto sie aus dem Saal führte. Sie würde alles tun um nach Möglichkeit in Zukunft wieder länger zu schlafen. Sie hatte das Gefühl diese Gespräche mitzuerleben, hatte bereits ihre komplette Energie für den Tag verbraucht.
 

Sie machten sie hübsch zurecht und dann sollte sie zu den Regierungsgebäuden gebracht werden, um dort ihre Familie zu treffen.
 

"Nehmen wir noch diesen Lippenstift!", sagte Shisui Uchihas Frau zufrieden. "Oder ist das zu viel?"
 

"Mach nur!", sagte Mikoto. Sie lächelte Sakura an. "Dich zurecht zu machen ist wirklich eine Freude!"
 

Warum ist Itachi denn wütend auf Sasuke?", fragte Sakura, die sich für ihr Aussehen nicht besonders interessierte und die seit etwa zwanzig Minuten zu entscheiden versuchte, ob sie diese Frage stellen sollte oder nicht.
 

"Ach", sagte Mikoto lächelnd. "Sie haben gerade eine schwere Phase. Das gibt sich schon wieder mit der Zeit, manchmal ist das zwischen Brüdern eben so. Mach dir keine Gedanken darüber!"
 

Doch das warf nur noch mehr Fragen in Sakura auf. Sie resignierte für den Moment und nahm sich vor sich erstmal darauf zu konzentrieren diesen Tag gut herumzubekommen. Und das klappte auch.
 

Es war sehr anstrengend, sie musste mal wieder ständig Hände schütteln und Glückwünsche entgegen nehmen, dieses mal nicht für sich und ihre Ehe, sondern für ihren Vater. Doch alle schienen zu finden, dass man seine Familie wegen seines neuen Postens ebenfalls beglückwünschen musste. Wie ihr beim Frühstück angekündigt worden war, wurde ihr Vater tatsächlich zum Innenminister ernannt, seine Partei gewann mit Abstand.
 

Ihre ganze Familie war sehr glücklich darüber und ihr Vater schien sehr zufrieden mit sich.
 

"Ich bin sehr stolz, dich als Tochter zu haben!", sagte er ihr sogar.
 

Allerdings war er sehr enttäuscht, dass Sasuke ihn angerufen und sich wegen einer dringenden beruflichen Angelegenheit entschuldigt hatte.
 

Als Sakura kurz in einer ruhigen Minute zum Nachdenken kam, beobachtete sie ihn und grübelte darüber nach, wie merkwürdig es war zu erleben, dass Sasukes An- oder Abwesenheit ihren Vater derart beschäftigte. Ihr ganzes Leben lang, hatte es ihrem Eindruck nach kaum jemanden gegeben, den er als sich übergeordnet wahrgenommen hätte. Zumindest nicht, dass sie viel davon mitbekommen hätte. Doch Sasuke musste wirklich irgendwie wichtig sein und offenbar hätte ihr Vater ihn gerne benutzt um sein Image weiter zu verbessern und seine Machtposition zu untermauern. Er hatte sich einen Moment regelrecht geärgert, dass Sasuke nicht mit ihm fotografiert worden war.
 

"Ich hätte gedacht als mein Schwiegersohn würde er das tun!", hatte er verärgert zu Sakuras Mutter gesagt.
 

Obwohl ihre Mutter sie danach fragte, als sie später noch auf der Wahlsiegparty waren, erzählte Sakura nicht, was Fugaku zu dem Thema beim Frühstück gesagt hatte.
 

Es war mit Sicherheit kein Geheimnis, ihr Vater hatte ihr ja selbst schon bei dem Empfang vor einigen Wochen erklärt, dass die Uchihas gerne im Hintergrund blieben. Aber dennoch. Sie ärgerte sich immer noch, dass ihre Mutter sie Sasuke quasi sofort wieder ausgeliefert hatte und sie fühlte ihr gegenüber daher aktuell nicht besonders viel Loyalität.
 

Bedeutete das, dass sie langsam aufgab und sich in die Welt einfügte, die Sasuke und seine Familie ihr aufzwangen?
 

Es war ihr vor Naruto und den anderen zutiefst unangenehm gewesen, dass Sasuke sie auf diese zwar gefasste und einigermaßen höfliche, aber doch keinen Widerspruch duldende Art abgeholt hatte.
 

Was dachten sie jetzt wohl alle über sie?
 

'Nur die Wahrheit', dachte sie bei sich selbst. 'Naruto und seine Freunde denken, dass du eine Frau bist, die sich von ihrem Mann ihr Leben diktieren lässt. Und das bist du auch.'
 

Ja, das musste sie akzeptieren. Das war ihre Realität. Zumindest für den Moment. Vielleicht würde es nicht für immer so sein, wer wusste das schon? Noch war sie jedenfalls nicht bereit, das für immer einfach vollkommen hinzunehmen.
 

Ihre Mutter hatte auch nicht wirklich nachgefragt, ob sie ein Problem hatte. Sie hatte bloß wissen wollen, ob Sasuke wütend auf sie gewesen war. Vielleicht befürchteten ihre Eltern, dass er heute nicht mitgekommen war, weil er unzufrieden mit Sakura war und er ihre Eltern mit seiner Abwesenheit nun bestrafte.
 

"Er ist nicht wütend auf mich", versicherte sie ihrem Vater erschöpft, als ihre Eltern sie danach fragten. "Er hat gesagt, dass es in Ordnung ist und er ist freundlich zu mir!"
 

"Sehr verständnisvoll von ihm!", sagte ihr Vater streng. "Dein Verhalten war wirklich kindisch!"
 

Sakura sah auf ihr Champagnerglas und bemühte sich um Fassung. Sie waren alle so schrecklich ungerecht!
 

"Sakura, wann warst du eigentlich zuletzt beim Frauenarzt?", fragte ihre Mutter beiläufig. "Du gehst doch regelmäßig zu Kontrollen, nicht wahr?"
 

"Zuletzt vor sechs Monaten", sagte Sakura.
 

"Dann wird es ja bald mal wieder Zeit, nicht wahr?", sagte ihre Mutter mit einem gezierten Lächeln. "Machen wir doch demnächst mal zusammen einen Termin! Am besten gleich morgen! Dann können wir beide uns auch mal wieder einen schönen Tag in der Stadt machen!"
 

"Na, das klingt doch gut!", sagte ihr Vater.
 

Und Sakura wusste ganz genau, dass er nicht das mit dem 'schönen Tag in der Stadt' meinte.
 

"Mrs Uchiha!"
 

Sakura brauchte länger als ihre Eltern um zu verstehen, dass damit sie gemeint war. Sie hatte sich immer noch nicht an diesen neuen Namen gewöhnt.
 

Als sie sich umdrehte, sah sie einen großen Mann im schwarzen Anzug.
 

"Ich bin hier um Sie abzuholen und nach Hause zu bringen. Es ist Zeit", sagte er höflich.
 

Und obwohl sie sich wieder traurig fühlte, dass sie keinerlei Freiheit mehr hatte, verspürte sie Erleichterung darüber, endlich von ihren Eltern wegzukommen und dadurch auch dieses Thema abbrechen zu können. Außerdem war sie unendlich müde, es war schon beinahe Mitternacht.
 

Also verabschiedete sie sich von ihren Eltern, und folgte dem Mann nach draußen. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie im Begriff war zu jemand Fremdem in den Wagen zu steigen. Sie dachte an ihren teuren Ring und plötzlich fühlte sie sich schrecklich verunsichert.
 

'Du bist so dramatisch', hatte sie mal wieder die Stimme ihrer Tante im Kopf.
 

Sie zog rasch ihr Smartphone aus ihrer kleinen Handtasche. Erleichtert sah sie, dass sie eine Nachricht von Sasuke bekommen hatte, in der er ihr mitteilte, dass er jemanden schickte, der sie abholen würde. Das war vor einer halben Stunde gewesen. Also war alles in Ordnung. Sie war wohl langsam so verunsichert, dass sie vollkommen paranoid wurde.
 

Ein bisschen mulmig war ihr dennoch alleine hinten in dem großen schwarzen Wagen. Doch sie stand es tapfer durch und bald waren sie wieder auf dem Uchiha Anwesen.
 

Man brachte sie bis zur Haustür und nachdem man ihr geöffnet hatte, durchquerte rasch die Halle.
 

Wieder saßen ein paar der Männer in dem Wohnzimmer, das an die Eingangshalle angrenzte. Sie sahen ihr nach, als sie zügig vorbei und nach oben ging, sobald sie festgestellt hatte, dass Sasuke nicht unter ihnen war.
 

So spät war sie lange nicht mehr irgendwo gewesen und als sie das Schlafzimmer betrat, saß Sasuke schon fertig zum Schlafen auf dem Bett. Sie stellte fest, dass es sich gut anfühlte, dass es heute mal anderes herum war. Dass er mal auf sie gewartet hatte und sie nach Hause gekommen war.
 

"Hallo", sagte sie und schloss die Tür behutsam hinter sich.
 

"Schließ die Tür ab", sagte er und schloss die flache schwarze Mappe, in der er gelesen hatte. Vielleicht ein Fall von der Arbeit, der ihn beschäftigte.
 

Sakura schloss die Tür ab und wandte sich ihm zu, weil er aufstand und ihr entgegen kam. Er betrachtete sie mal wieder zufrieden.
 

"Du siehst toll aus", sagte er und blieb vor ihr stehen.
 

"Danke", sagte sie ausweichend.
 

Sie wollte jetzt nicht mit ihm schlafen, sie war total erschöpft von diesem Tag. Also versuchte sie einfach an ihm vorbei in Richtung des Badezimmers zu gehen.
 

Er streckte seinen Arm aus und strich über ihre Schulter. Sie wich rasch aus, als er nach ihr greifen wollte.
 

"Ich bin sehr müde", sagte sie. "Ich würde gerne duschen und schlafen."
 

Er zog seinen Arm zurück.
 

"In Ordnung", sagte er und sah ihr nach, als sie ins Bad ging.
 

Als sie zurück ins Zimmer kam, saß er wieder auf dem Bett und las er in der Mappe. Sakura ging zum Bett, hob auf ihrer Seite vorsichtig die Decke an, um ihn nicht zu stören und legte sich hin.
 

Sie nahm ihr Smartphone aus der Tasche und blickte auf ihre Nachrichten.
 

"Wie lief es?", fragte er ohne von seinen Unterlagen aufzusehen.
 

Sie hob den Kopf. "Es lief alles so wie ihr gesagt habt."
 

Nun sah er sie doch an. "Das weiß ich. Ich wollte wissen, wie der Tag für dich war."
 

"Oh", sagte sie überrascht und erfreut. "Es war anstrengend. Und mein Vater war sehr enttäuscht, dass du nicht kommen konntest."
 

Sasuke nickte. "Verstehe", sagte er bloß.
 

"Und bei dir?", fragte sie vorsichtig.
 

"Mein Tag war gut."
 

"Warum solltest du zum Arzt?", fragte sie, unsicher, ob er das beantworten würde. Doch das tat er.
 

"Eine Routineuntersuchung. Alles ist bestens."
 

"Oh, gut!", sagte sie.
 

Sie hob leicht ihr Smartphone. "Meine Mutter hat vor mich morgen abzuholen, ich müsste mal wieder zum Frauenarzt und dann würden wir gerne den Tag in der Stadt verbringen."
 

Sasuke klappte die Mappe zu und legte sie auf seinen Nachttisch.
 

"Dagegen habe ich nichts, das kannst du jederzeit tun. Danke, dass du es mir mitteilst."
 

In diesem Moment summte ihr Smartphone in ihrer Hand und sie zuckte leicht zusammen, weil sie damit nicht gerechnet hatte.
 

Sie sah auf das Display. Dort stand:
 

'1 neue Nachricht: Naruto'

Ehrlichkeit und Lüge

Sakura sah auf die Nachricht und überlegte, was sie nun tun sollte.
 

Aber Naruto war jetzt einfach nur noch ein Freund. Er hatte kein Recht ihr den Kontakt zu verbieten. Und sie hatte nichts Falsches getan.
 

Trotzdem wollte sie nicht, dass das nun für Spannungen zwischen ihnen sorgen würde, es wurde doch gerade alles ein bisschen besser.
 

Sie wollte nicht zu ihm hinsehen, aber sie war sich auch so ziemlich sicher, dass er sie beobachtete. Das tat er schließlich immer und die Mappe hatte er ja gerade weggelegt.
 

'Du hast nichts Falsches getan!', sagte sie sich in Gedanken. Also drückte sie einfach auf die Nachricht, um sie zu öffnen.
 

Sie war recht lang und sie konnte nicht auf den ersten Blick erkennen, ob es ungünstig war, sollte Sasuke gerade mitlesen.
 

'Hey Sakura! Naruto hier. Kein Plan, ob das noch deine aktuelle Nummer ist. Falls ja: Sorry, dass ich mich jetzt erst melde, aber da dein Kerl dich so merkwürdig abgeholt hat, konnten wir ja keine Nummern mehr austauschen. Und in einem Anflug von 'ich muss jetzt endlich über sie hinwegkommen', habe ich vor nem halben Jahr deine Nummer gelöscht, was ich seit Sonntag Abend krass bereue. Ich bin mit so nem ziemlich faulen, aber sehr intelligenten Typen befreundet und er hat es irgendwie geschafft den Nummernspeicher wieder herzustellen oder sowas. Jedenfalls wollte ich einfach mal nachfragen, ob es dir gut geht. Sorry, dass ich das sage, aber dein Mann kommt mir vor wie ein komplettes Arschloch. Und du hast so bedrückt gewirkt, ich mache mir ein bisschen Sorgen. Falls du diese Nachricht bekommst, dann melde dich! Lass uns mal treffen und reden!'
 

Nun sah sie doch zu ihm auf.
 

Leider saß er genau neben ihr, sodass er wunderbar auf ihr Display hatte sehen können.
 

Seit einigen Tagen, seit sie ihn gebeten hatte sie zu umarmen, um sie zu trösten, hielt er nicht mehr so viel Distanz im Bett wie er es früher getan hatte, wenn sie nicht gerade miteinander schliefen. Er legte sich ein wenig näher zu ihr oder berührte sie beiläufig, ohne dann auf Sex aus zu sein. Sie fand das schön. Aber gerade war das Pech.
 

Sie war sich ganz sicher, dass er es gelesen hatte, aber sein Gesicht war gefasst und neutral wie immer.
 

Er beugte sich hinüber zu seinem Nachttisch und machte die Lampe aus. Da das die einzige eingeschaltete Lichtquelle gewesen war, wurde es sofort dunkel im Zimmer.
 

"Zeit zu schlafen", sagte er ruhig. "Es ist schon spät und ich muss morgen früh aufstehen."
 

Sakura legte sich neben ihn.
 

"Tu das bitte nicht", sagte sie.
 

"Was?", fragte er.
 

Er klang das erste Mal etwas gereizt. Das kannte sie noch nicht von ihm und sie fühlte sich promt noch unsicherer.
 

"Schweigen", flüsterte sie. "Bitte sag etwas."
 

"Was willst du von mir hören?", fragte er.
 

Er schien sich um Ruhe zu bemühen, aber nun war sie sich sicher. Er klang ganz eindeutig gereizt.
 

Sie schwieg auch kurz. Aber sie wollte nicht aufgeben. Wahrscheinlich überschritt sie dieses Mal seine Grenze. Dieses Mal würde er wütend werden, wenn sie nun weiter nachhakte. Doch sie wollte lernen ihn zu verstehen und versuchen ihn kennenzulernen. Wenn sie das nicht schaffte, dann würde es für immer so bleiben zwischen ihnen.
 

"Ich will doch nur-", setzte sie an, aber er ließ sie nicht ausreden und fuhr ihr mit kalter Stimme über den Mund.
 

"Hör auf!", sagte er. Jetzt war er wütend.
 

"Aber-"
 

Wieder unterbrach er sie.
 

"Du willst meine Absolution und von mir hören, dass alles gut ist, dass du dich mit ihm treffen kannst und dass ich nicht verärgert bin, damit du dir keine Sorgen machen musst", sagte er sehr hart. "Aber ich werde dich sicher nicht auffordern, dich mit deinem Ex zu treffen, der offenbar bis vor Kurzem noch total in dich vernarrt war. Sehr wahrscheinlich ist er es immer noch. Und du empfindest scheinbar auch etwas für ihn, sonst wärst du nicht direkt zu ihm gegangen, als du vor mir weggelaufen bist. Entscheide selbst, was du tust und dann werde ich entscheiden, wie ich mit deiner Entscheidung umgehen werde. Mehr kann ich nicht tun. Aber ich rate dir keine dumme Entscheidung zu treffen!"
 

Sie erschrak aufgrund der Heftigkeit seines Ärgers.
 

Unter anderen Umständen wäre sie viel mutiger gewesen in so einer Situation, aber nach dem Frühstück heute morgen hatte sie endgültig verstanden, dass sie ihm ausgeliefert war. Und das war beängstigend. Sie hatten bloß darüber gelacht, dass sie abgehauen war, dass sie von diesem Ort hatte verschwinden wollen. Tekka hatte sogar andeutungsweise nachgefragt, ob Sasuke sie bestraft hätte, weil er offenbar geglaubt hatte, dass sie deswegen geweint hatte. Der Gedanke, dass Sasuke das getan haben könnte, schien ihm nicht besonders verwerflich vorgekommen zu sein. Was, wenn das wirklich so gewesen wäre? Dann hätten sie auch bloß gelacht und niemand hätte ihn dafür zur Rechenschaft gezogen. Und nach dem, wie sie den heutigen Tag erlebt hatte, war sie sich ziemlich sicher, dass ihre Eltern ihr auch nicht helfen würden. Wenn er ihr etwas antun würde, würden sie es wohl eher so drehen, als hätte sie ihn bloß unnötig provoziert. Sie wusste wirklich nicht, was sie tun sollte.
 

"Du machst mir Angst", sagte sie leise.
 

"Dann sei jetzt besser still und schlaf", sagte er kalt.
 

So hatte er noch nie mit ihr geredet. Das passierte also, wenn sie es übertrieb. Sie lag in der Dunkelheit, hatte ihre Hände in die Decke geklammert und fragte sich völlig überfordert, was sie nun tun sollte.
 

"Ich verstehe nicht, warum du jetzt so wütend bist", versuchte sie es nochmal. "Ich habe nichts getan!"
 

Er schwieg.
 

Was war nur los mit ihm? War er einfach nur wütend, weil sie nicht aufgehört und weiter nachgefragt hatte? War er eifersüchtig? Oder einfach sauer, weil Naruto ihn so schlecht gemacht hatte?
 

"Es tut mir leid", sagte er nach ungefähr einer Minute. Sein Ton war wieder vollkommen neutral. "Ich hätte nicht die Beherrschung verlieren dürfen."
 

Er setzte sich auf, dann stand er aus dem Bett auf.
 

"Ich wollte dir keine Angst machen", sagte er ruhig. "Du bist mir hier vollkommen ausgeliefert und ich bin grob geworden. Das war nicht in Ordnung. Ich werde in einem der Gästezimmer schlafen."
 

Sakura hatte sich auch aufgesetzt.
 

Er wollte sich zur Tür wenden, so viel konnte sie im Dunkeln gerade noch erkennen. Ohne groß darüber nachzudenken, beugte sich rasch vor und griff nach seiner Hand.
 

"Nein!", sagte sie. "Bitte geh nicht! Ich habe keine Angst mehr!"
 

Er wandte sich wieder halb zu ihr um.
 

"Doch, das hast du", sagte er.
 

"Ich sehe es jeden Tag in deinen Augen. Du bist schrecklich verunsichert und du hast Angst. Vor mir und vor diesem Ort. Du willst hier nicht sein, aber du kommst hier auch nicht weg und musst das Beste daraus machen. Du duldest meine Berührungen, aber du musst es hassen hier zu sitzen und darauf zu warten, dass ich zu dir komme. Ich bin mir dessen sehr wohl bewusst. Und dennoch, obwohl ich das weiß, bin ich derart egoistisch, dass ich mich darauf freue abends hierher zurück zu kommen. Dein Ex hat recht, was mich angeht."
 

Sakura wusste überhaupt nicht mehr wohin mit ihren Gefühlen, sie war so durcheinander! Aber eines störte sie so derart dolle, dass sie einfach etwas dazu sagen musste.
 

Sie ließ seine Hand wieder los und ließ die Ihre auf das Bettlaken sinken.
 

"Ich hasse deine Berührungen nicht", sagte sie. "Ich finde es schön wie du mich anfasst."
 

Er drehte sich wieder ganz zu ihr um.
 

"Das musst du nicht sagen."
 

"Das ist die Wahrheit", sagte sie. "Ich weiß, ich bin nie von mir aus auf dich zugegangen, aber du tust das nicht gegen meinen Willen. Du zwingst es mir nicht auf. Das nicht."
 

Einen Moment stand er einfach vor ihr in der Dunkelheit und sah zu ihr, wie sie vor ihm auf dem Bettlaken kniete.
 

"Bitte geh nicht", widerholte sie. Sein Schweigen und ihre Einsamkeit waren es, was sie schlimm fand. Alles andere konnte sie besser bewältigen.
 

Eine Weile rührten sie sich beide nicht und keiner sagte etwas.
 

"Sasuke, bedeute ich dir etwas?", fragte sie vorsichtig.
 

Er schwieg.
 

"Ich glaube oft, dass du mich bloß als deinen Besitz betrachtest", sagte sie leise. "Ich glaube oft, du lebst da draußen dein Leben und kommst dann hierher und findest es bestenfalls praktisch, dass du hier vor dem Zubettgehen eine Frau hast, mit der du jederzeit schlafen kannst, wenn dir danach ist. Du bist nicht viel hier und ich kann kaum glauben, dass du wirklich immer arbeitest. Ich frage mich oft, was du spät abends so tust und vor allem an den Wochenenden. Ich stelle mir vor, dass du mit anderen zusammen bist, dass du mit anderen Frauen schläfst. Frauen, die du interessanter findest als mich. Ich glaube, dass es dir einigermaßen gleichgültig ist, was mit mir passiert, solange es nach außen so aussieht, als wäre alles in Ordnung. Ist das so?"
 

"Das denkst du?", fragte er leise.
 

"Ich weiß nicht, was ich denken soll!", sagte sie und sie hörte, dass sie verzweifelt klang.
 

Er setzte sich langsam auf die Bettkante.
 

"Ich wusste nicht, dass du sowas denkst", sagte er beinahe sanft. "Ich arbeite wirklich immer, wenn ich nicht hier bin. Ich war dir nie untreu. Und es ist mir nicht egal, dass du unglücklich bist. Ich fühle mich schuldig, denn ich habe in zweierlei Hinsicht eine sehr egoistische Entscheidung getroffen und ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Ich würde es auch nicht wollen. Ich will dich behalten. Und ja, vielleicht betrachte ich dich tatsächlich ein bisschen als meinen Besitz. Wenn du ich wärst, wenn du in dieser Familie aufgewachsen wärst, dann würdest du das besser verstehen. Es gefällt mir, dass du das Eine bist, was mir allein gehört."
 

"Ich gehöre dir aber nicht", sagte sie leise.
 

Er schwieg.
 

"Bitte rede mehr mit mir", flüsterte sie.
 

"Ich versuche es", sagte er.
 

"An dem Tag, als ich verschwunden bin, da bin ich nicht zu ihm gegangen", sagte sie und sie hoffte, dass er jetzt ruhig zuhören würde. "Ich bin zum Grab meiner Großmutter gegangen. Dort war ich lange. Und dann bin ich in die Innenstadt gelaufen und wusste nicht wohin mit mir. Ich brauchte etwas Zeit, daher bin ich nicht an mein Smartphone gegangen. Naruto ist mir zufällig über den Weg gelaufen und hat mich gefragt, ob ich mitkommen möchte und mit seinen Freunden etwas essen. Er hat nun eine Freundin, seine Gefühle für mich sind nur noch freundschaftlich. Und meine waren es wohl immer, deswegen hat es ja nicht funktioniert mit uns. Falls du eben eifersüchtig gewesen sein solltest, dann gibt es dafür keinen Grund! Bitte glaube mir das! Und nach dem Essen hätte ich dich wirklich zurückgerufen. Ich weiß, dass ich nicht einfach abhauen kann. Ich wollte bloß etwas Zeit! Vertrau mir doch ein bisschen!"
 

Sie konnte sehen, wie er im Dunkeln ein wenig freudlos lächelte.
 

"Vertrauen ist schwierig, wenn man genau weiß, dass die eigene Frau nur bei einem bleibt, weil sie dazu gezwungen ist."
 

Und dieses Mal war sie es, die schwieg.
 

"Lass uns jetzt schlafen", sagte Sasuke und sie nickte, denn er musste morgen früh aufstehen und auch sie selbst war schrecklich erschöpft von diesem Tag.
 

Als sie am nächsten Tag erwachte, war er schon lange fort.
 

Und sie hatte unbedingt etwas anderes zu erledigen. Etwas sehr Wichtiges.
 

"Ich denke, ich werde mal rasch die Toilette benutzen!", sagte ihre Mutter und Sakura fiel ein großer Stein vom Herzen.
 

Den ganzen Tag über hatte sie sich nervös die verschiedensten Pläne zurechtgelegt und alle schienen sie ihr zu sehr auf Glück zu beruhen. Doch diese Gelegenheit nun war absolut perfekt. Das war genau das, worauf sie gehofft hatte. Noch bevor ihre Mutter ganz auf dem Gang verschwunden war, eilte sie erneut zur Rezeption der Frauenarztpraxis.
 

Dort hatte sie sogar noch mehr Glück, denn ihre Ärztin stand gerade bei der Sprechstundenhilfe und sagte etwas zu ihr.
 

"Verzeihen Sie", unterbrach Sakura sie einfach. "Ich weiß, ich bin noch nicht dran, aber ich brauche dringend Hilfe. Ich kann vor meiner Mutter nicht frei sprechen."
 

Die Ärztin sah sie nur irritiert an, aber die Sprechstundenhilfe schaltete schneller. "Sie ist mit ihrer Mutter hier und die ist gerade zur Toilette", erklärte sie.
 

"Bitte!", sagte Sakura eindringlich. "Sie wird mit reinkommen wollen, ich muss aber alleine-"
 

"Kommen Sie mit!", sagte die Ärztin entschieden und ging um die Rezeption herum und auf eines der Behandlungszimmer zu. Sakura folgte ihr erleichtet.
 

"Ich brauche die Pille!", sagte Sakura sofort, bevor ihre Ärztin die Tür ganz geschlossen hatte.
 

Sakura hielt ihr ihre fast leere Packung hin. Sie hatte nur noch zwei Stück.
 

"Diese hier nehme ich. Ich brauche bitte eine neue Sechsmonatspackung. Und ich werde nicht ohne Aufsicht in die Apotheke können. Bitte geben sie mir diese dort!"
 

Sakura deutete auf die Auslagen in dem kleinen Glasschränkchen hinter dem Schreibtisch der Ärztin. Das waren nur Ausstellungsstücke, aber die Ärztin ging sofort hinüber und nahm eine Packung der Pille heraus, die Sakura brauchte. Sie kontrollierte rasch das Haltbarkeitsdatum und Sakura holte ihren Geldbeutel heraus, aber die Ärztin winkte ab und reichte ihr die Packung. Sakura verstaute sie sofort sicher in ihrer Tasche.
 

"Danke", flüsterte sie erleichtert. "Danke!"
 

In diesem Moment klopfte es an der Tür. Sie hatte es gerade so geschafft, bevor ihre Mutter gekommen war.
 

Ihre Mutter wartete in dem kleinen Nebenraum, während Sakura untersucht wurde.
 

"Wunderbar!", sagte ihre Mutter zufrieden, als nach der Untersuchung alles in Ordnung zu sein schien. "Also kann sie ganz normal schwanger werden? Wir machen uns etwas Sorgen, Ihr Mann und sie versuchen es schon seit sechs Monaten beinahe täglich und es passiert nichts."
 

Doch nachdem ihr versichert worden war, dass ihre Tochter vollkommen gesund war und auch nochmal Blut abgenommen worden war, um die Hormone zu untersuchen, war sie zufrieden, als die Ärztin ihr versichterte, dass es manchmal einfach dauern konnte.
 

Ihre Mutter zahlt sogar den sehr teuren Aufpreis, der dafür sorgte, dass die Laboruntersuchung innerhalb von einigen Stunden abgeschlossen werden würde. Offenbar wollte sie das Ergebnis unbedingt sofort.
 

Sakura fiel auf, dass die Ärztin sie mittlerweile besorgt musterte.
 

Unter dem Vorwand, dass eine Unterschrift vergessen worden sei, rief die Sprechstundenhilfe Sakura nochmal zurück. Sie steckte ihr unaufällig einen Zettel zu.
 

"Eine Nummer von einem Frauenhaus. Die helfen Ihnen dort, gehen sie dort hin und dann mit deren Unterstützung zur Polizei!"
 

"Danke!", sagte Sakura und dann musste sie sich umdrehen und zurück zu ihrer Mutter gehen.
 

Das war sehr nett gewesen, doch natürlich würde sie das nicht tun. Sie konnte damit nicht zur Polizei gehen. Dann konnte sie Sasuke oder Fugaku ja genauso gut gleich alles beichten.
 

Die Erleichterung, die sie wegen der kleinen Packung in ihrer Handtasche verspürt hatte, verwandelte sich innerhalb von Sekunden in das quälende schlechte Gewissen, dass ihr jeden Abend seit sechs Monaten Übelkeit bereitete, wenn sie im Bad vor dem Schlafen die kleine Tablette herunterschluckte.
 

Aber sie wollte es einfach nicht. Sie wollte nicht, dass er sie schwängern würde. Zumindest wollte sie so viel Zeit wie möglich herausholen. Sie schämte sich, dass sie sie alle hinterging, am meisten Schuldgefühle hatte sie wegen Sasuke.
 

Aber es war ihr Körper! Es sollte auch ihre Entscheidung sein. Und alle taten so, als hätte sie nicht das geringste Mitspracherecht. Auch wenn niemand offen darüber sprach, war ihr doch vollkommen klar, dass sie alle wollten, dass sie Sasuke Nachwuchs schenkte. Sie wusste nicht, was er darüber dachte. Aber sie nahm an, dass er zum Arzt hatte gehen sollen, weil langsam alle ungeduldig wurden. Wenn es ging, dann schlief er jeden Tag unverhütet mit ihr. Also versuchte er es ganz offensichtlich. Sie hoffte sehr, dass das nicht der einzige Grund für seine Zuwendung und sein Interesse war. Sie hatte keine Ahnung, ob er sie links liegen lassen würde, sobald er sein Ziel erreicht hatte. Sie wollte ihm gerne vertrauen, denn er war dort alles, was sie hatte. Sie wollte ihm glauben, was er ihr gestern mehr oder weniger gesagt hatte. Dass sie ihm etwas bedeutete. Aber sie war sich sicher, dass er sehr gut lügen konnte, dass er sehr kalt und berechnend sein konnte.
 

Aber die beiden eigentlichen Gründe für diese Maßnahme von ihr waren schwerwiegender als die Tatsache, dass man sie nicht gefragt hatte, ob sie das überhaupt wollte.
 

Zum Einen war es, dass sie glaubte, dass sie jede Chance auf Freiheit für immer verlieren würde, wenn sie ein Kind von Sasuke bekommen würde. Dann würden sie sie endgültig in der Hand haben. Sie würde, so dachte sie, das Kind lieben und bei ihm sein wollen. Aber die Familie Uchiha würde das Kind niemals hergeben und ihre Chance darauf bei einem Rechtsstreit das Sorgerecht zu bekommen war gleich Null. Da machte sie sich keine Illusionen.
 

Zum Zweiten wollte sie es keinem Kind antun, in diese Familie geboren zu werden. Wenn es ein Junge werden würde, dann würde er sehr wahrscheinlich genauso kalt, überheblich und berechnend erzogen werden wie alle Männer, die sie dort bisher kennengelernt hatte. Und wenn es ein Mädchen werden würde, dann würden sie mit ihrer Tocher sicher genauso frauenverachtend umgehen wie mit ihr. Das konnte sie einfach nicht zulassen.
 

Sie hoffte, dass sie sie vielleicht einfach gehen lassen würden, wenn sie weiterhin nicht schwanger werden würde. Dass Sasuke sein Interesse an ihr verlieren würde. Dass er dann eine andere Frau bekommen würde. Sie hoffte bitterlich, dass das dann eine wäre, die sich dort wohlfühlen würde. Sie hatte durchaus nicht den Eindruck, dass die Frauen dort alle unglücklich waren. Eher im Gegenteil. Sie waren abgesichert, wurden behandelt wie Prinzessinnen, hatten viel Gesellschaft und eine ganze Menge Geld für Vergnügungen und schöne Dinge zur Verfügung.
 

Aber Sakura wollte doch bloß ihre Freiheit. Sie wünschte sich ein normales Leben, dass sie selbst gestalten konnte. Das hatte sie sich schon immer gewünscht. Und schon immer hatte ihre Familie alles getan, um ihr den Mut zu nehmen oder auch die Möglichkeiten. Und sie hatte es einfach nicht geschafft dagegen anzukommen.
 

Sie verbrachte den Nachmittag mit ihrer Mutter in der Stadt. Sie kauften einige Klamotten, tranken Kaffee und gingen zum Friseur.
 

Gegen siebzehn Uhr rief die Praxis an und teilte mit, dass alle ihre Blut- und Hormonwerte ganz wunderbar waren und einer gut verlaufenden Schwangerschaft nichts im Wege stand. Die Ärztin hatte selbst angerufen und sie war so großartig nicht zu erwähnen, dass dafür natürlich die Pille abgesetzt werden müsste. Sakura war unendlich dankbar für die Hilfe, die sie dort in der Praxis bekommen hatte und für diese Geistesgegenwärtigkeit der Ärztin, denn ihre Mutter hatte ihr einfach ihr Smartphone aus der Hand genommen, um mithören zu können.
 

"Dann bringe ich dich jetzt zurück nach Hause!", sagte sie fröhlich. Sie war ganz euphorisch, weil es keinen Grund gab, warum Sakura nicht doch in Kürze schwanger werden können sollte.
 

"Sakura?", fragte sie irritiert, weil Sakura stehen geblieben und zwei Meter zurückgefallen war.
 

"Dort arbeitet Sasuke, glaube ich", sagte Sakura und betrachtete das riesige Polizeipräsidium.
 

Sie waren gerade mitten in der Hauptstadt. Das Uchiha Anwesen lag ein wenig abgelegen, in einem der reichen Vorort Gebiete, aber arbeiten taten sie alle in ihren Büros hier in der Hauptstadt. Und Sasuke war wie sein Vater bei der Polizei. Wahrscheinlich war er also nun hier in diesem Gebäude. Sie wusste gar nicht, was er dort eigentlich genau arbeitete.
 

Ihre Mutter kam zu ihr.
 

"Ja, er arbeitet hier, das weiß ich von deinem Vater. Aber du solltest ihn nicht stören!"
 

Doch Sakura, die erleichtet war, weil sie die Packung mit der Pille sicher in ihrer Handtasche hatte, verspürte gerade ein gewisses Maß an Neugierde. Ob sie ihn dort wohl würde besuchen können? Würde er sich darüber ärgern oder nicht?
 

Sie wollte noch nicht zurück auf das Anwesen, da würde sie früh genug wieder eingesperrt sein. Sie wollte noch ein wenig hierbleiben und etwas Abwechslung genießen.
 

Ihre Mutter reagierte sehr ungeduldig auf ihren Wunsch. Sie erwartete Gäste zum Abendessen und wollte fahren. Doch sie brachte Sakura noch nach drinnen, wo sie an dem schicken Empfangsschalter nachfragten, ob Sasuke Uchiha da sei.
 

"Ja, er ist im Haus", sagte der Mann. "Aber wenn Sie keinen Termin haben-"
 

"Sie ist seine Ehefrau", sagte ihre Mutter wichtigtuerisch.
 

Das schien auch der Mann als einen ausreichenden Grund zu empfinden, um sie nach oben führen zu lassen, zumindest, sobald er ihren Ausweis gesehen hatte.
 

Erneut merkte Sakura, dass es ihr nicht besonders leid tat, sich von ihrer Mutter zu verabschieden und ihrer Gesellschaft zu entkommen.
 

"Hier entlang, Mrs Uchiha!", sagte der Polizist, der sie führte, sehr höflich. Er musterte sie bewundernd.
 

Sakura folgte ihm und fragte sich, wie Sasuke wohl darauf reagieren würde.

Ein bisschen Wärme

Es war ein sehr großes und scheinbar gut abgesichertes Gebäude und alles schien sehr modern zu sein. Es gab sogar viele Glasflächen und Pflanzen, die eine helle, angenehme Atmosphäre erschufen.
 

Es war ein schöner Arbeitsplatz, zumindest was die Räumlichkeiten anging und Sakura hatte das Gefühl, dass alle Mitarbeiter, sowie auch die Polizisten und Polizistinnen, die ihr auf ihrem Weg begegneten, in positiver Stimmung zu sein schienen.
 

"Hier entlang", sagte der Mann, der sie führte, noch einmal höflich, als sie aus einem Fahrstuhl in einem der oberen Stockwerke ausstiegen.
 

Sakura folgte ihm und ein paar Männer in Uniform sahen sie bewundernd an, als sie vorbei ging.
 

Sie wirkte völlig fehl am Platz, mit den drei teuren, hübschen Papiertüten, die sie wegen des Shoppings mit ihrer Mutter mit sich herumtrug und mit dem hellen, fließenden Kleid, mit ihren hohen Schuhen mit den dünnen Absätzen und ihrem langen Haar, über dessen Gesundheit sich der Friseur beim Spitzenschneiden vor ein paar Stunden so begeistert ausgelassen hatte, dass es ihr schon ganz unangenehm gewesen war.

Die meisten hier trugen Uniformen und auch die anderen schlichte, funktionale Anzüge oder Kostüme. Sie fiel total auf.
 

"Starr nicht so hin, dass ist ja peinlich!", hörte sie eine Polizistin verächtlich zu ihrem Kollegen sagen, als sie an ihnen vorbei ging.
 

Sie war sich nach wie vor ziemlich unsicher, ob Sasuke verärgert sein würde. Sie war generell nach gestern Nacht noch verunsicherter, als ohnehin schon. Zwar hatte er sich entschuldigt und war dann sogar für seine Verhältnisse offen und einfühlsam gewesen, aber dennoch, so ganz vergessen hatte sie noch nicht wie hilflos und ausgeliefert sie sich neben ihm gefühlt hatte, als er wütend geworden war.
 

Und doch fand sie, dass es sich zwischen ihnen ein wenig gebessert hatte.
 

Immerhin sprach er mehr mit ihr als noch vor ein paar Monaten. Und er gab sogar teilweise zu, dass er Schwächen hatte, dass auch er sich nicht immer beherrschen konnte, dass er Dinge wie Schuld empfand und doch moralische Bedenken hatte, auch wenn er dann nicht unbedingt danach handelte. Vor allem hatte sie gelernt, dass er scheinbar sehr streng gegen sich selbst war. Das alles waren Dinge, die neu für sie waren und sie empfand es als Verbesserung, dass sie so etwas nun über ihn wusste. Das machte ihn für sie menschlicher und zugänglicher.
 

Sie gingen jetzt an einem Konferenzraum vorbei, auch hier waren überall Glastüren und der Raum war von der anderen Seite her durchflutet von dem goldenen Abendlicht, dass nur diese Tage zwischen Sommer und Herbst so hervorbringen konnten.
 

"Hier ist er", sagte der Mann und deutete durch die Glasscheiben in den Raum.
 

Aber sie hatte ihn längst gesehen. Und nun war sie plötzlich überzeugt, dass es eine dumme Idee von ihr gewesen war hier herzukommen.
 

Sie war davon ausgegangen, dass er, vielleicht mit ein paar anderen Leuten, in einem Büro an seinem Schreibtisch sitzen würde, dass sie ihn nicht groß stören würde, dass sie einfach kurz 'Hallo' würde sagen können. Aber die Situation war vollkommen anders als das, was sie sich vorgestellt hatte.
 

Durch die Glasscheiben konnte sie sehen, dass ungefähr zwanzig ernst aussehende Leute in dem Raum waren, teils in Uniform, teils in Anzügen oder Kostümen. Und Sasuke, wie immer in einem seiner teuer aussehenden dunklen Anzüge, stand ganz vorne und sprach und alle hörten ihm konzentriert zu. Und es sah nicht so aus, als würde er nur einen Bericht abliefern, es sah so aus, als würde er Anweisungen verteilen.
 

Aber er war doch, wie sie selbst auch, erst fünfundzwanzig! In diesem Alter war man doch sicher noch gar nicht so qualifiziert. Man hatte doch gar keine Erfahrung. Hatte die Position seines Vaters so einen Einfluss auf sein Leben?
 

Auf jeden Fall wurde ihr nun klar, dass sie hier nicht einfach stören konnte. Wenn sie nun störte, war sie sich sicher, dass er verärgert sein würde. Und der Mann, der sie herführte, dachte wahrscheinlich es gäbe irgendeinen Notfall und deshalb war er bereit sie hier herauf zu bringen.
 

Schnell wandte sie sich ihm zu, um ihm zu sagen, dass es nicht wichtig sei und dass sie warten würde, aber es war zu spät, denn genau in diesem Moment klopfte der Mann einmal laut an die gläserne Tür, vor der sie gerade angekommen waren und er öffnete sie.
 

"Mrs Uchiha möchte Sie sprechen Sir!", sagte er laut und alle wandten sich zu ihnen um.
 

Alle außer Sasuke, der gerade eine Mappe durchblätterte, die ihm soeben jemand gereicht hatte.
 

"Sie soll warten, ich komme gleich", sagte er beiläufig und schien auf den Inhalt der Mappe konzentriert.
 

"Verstanden!", sagte der Mann und wollte gerade wieder die Tür schließen.
 

"Das ist Ihre Frau?", fragte derjenige, der neben Sasuke stand und der ihm eben die Mappe gegeben hatte. Er blickte fasziniert zu ihr herüber und hatte ziemlich beeindruckt geklungen.
 

Sasuke hob den Kopf und sah nun doch zur Tür. Einen Moment hatte er seinen Gesichtsausdruck nicht unter Kontrolle, man sah ihm ganz deutlich seine Überraschung an.
 

"Sakura", sagte er und er klang verblüfft. In der nächsten Sekunde war er wieder gefasst wie immer.
 

Kurz war sie verwirrt, dann wurde ihr klar, dass er wahrscheinlich davon ausgegangen war, dass mit 'Mrs Uchiha' seine Mutter gemeint gewesen war. Sie kam bestimmt manchmal hier her, schließlich war Fugaku der oberste Chef der Polizei und arbeitete auch hier.
 

Sasuke hielt dem Mann neben sich die Mappe hin und der nahm sie ihm rasch wieder ab.
 

"Was ist passiert?", fragte Sasuke sie scharf.
 

"Ich-", setzte sie überfordert an. Es war ihr furchtbar unangenehm, dass sie gestört hatte. "Es ist nichts passiert, ich bin bloß hier vorbeigekommen und wollte dich besuchen."
 

Er sah sie an, als würde ihn das irritieren.
 

Sie schämte sich. Sie mussten sie alle für unglaublich naiv halten. Und das war sie ja auch. Sie hatte nie Arbeitserfahrung sammeln können und wusste nicht genau, was üblich war und was nicht. Und sie hatte auch keine Ahnung davon, was Sasuke eigentlich arbeitete.
 

"Es tut mir leid!", sagte sie rasch. "Ich wollte nicht stören! Ich habe es falsch eingeschätzt, ich-"
 

Sie brach überfordert ab. Ihre Mutter hatte wohl recht gehabt. Das war eine dumme Idee gewesen.
 

"Nein, schon gut", sagte Sasuke langsam und sah sie immer noch ein wenig verwundert an.
 

Dann riss er sich wieder zusammen und sah in die Runde.
 

"Wir machen Schluss für heute!", sagte er mit beiläufiger Autorität. Morgen um neun Uhr machen wir hier weiter. Sie können Feierabend machen."
 

Ein paar von den Leuten tauschten erstaunte Blicke.
 

Eine Frau lachte.
 

"Können Sie nicht öfter herkommen Mrs Uchiha?", fragte sie gut gelaunt durch den Raum. "Normalerweise machen wir Überstunden!"
 

Ein paar von ihnen lachten.
 

"Das genügt", sagte Sasuke entschieden, aber er sah nicht besonders verärgert aus.
 

Alle erhoben sich nach und nach und Sakura trat vorsichtig ein paar Schritte in den Raum hinein, als der Mann, der sie nach oben begleitet hatte, sie mit einer höflichen Geste dazu aufforderte.
 

Die anderen verließen alle den Raum und sie warfen Sakura neugierige Blicke zu, als sie an ihr vorbeigingen.
 

Sasuke kam auf sie zu und sie sah ihn unsicher an.
 

"Es tut mir leid", sagte sie. "Ich war mit meiner Mutter in der Stadt und beim Arzt und dann sah ich das Gebäude und-"
 

"Wie war es beim Arzt?", unterbrach er sie.
 

"Gut", sagte sie rasch. "Alles ist in Ordnung."
 

"Schön."
 

Er stand mal wieder vor ihr und musterte sie schweigend, wie er es immer tat und wie immer fragte sie sich, was wohl in seinem Kopf vorging.
 

Sie sah sich vorsichtig im Raum um.
 

"Ich wusste nicht, dass du so eine wichtige Position hast", sagte sie und sah ihn wieder an. "Du bist doch auch erst fünfundzwanzig und ich nahm an-"
 

"Sechsundzwanzig."
 

"Was?", fragte sie verwirrt.
 

Als sie vor einem halben Jahr geheiratet hatten, war er auch fünfundzwanzig gewesen, das hatte man ihr gesagt.
 

"Ich hatte vor kurzem Geburtstag", sagte er. "Jetzt bin ich sechsundzwanzig."
 

"Was?" Sie fühlte sich immer verwirrter. "Wann?" Wieso hatte sie denn gar nichts davon gewusst?
 

"Letzten Sonntag", sagte er sachlich.
 

Sie sah ihn entgeistert an.
 

Das war der Tag gewesen, an dem er früher nach Hause gekommen war. Er war in den Rosengarten gekommen. Sie erinnerte sich daran, dass sie das überrascht hatte, weil er meistens auch am Wochenende arbeitete. Dann hatten sie wegen des Gärtners gestritten. Und sie war abgehauen.
 

War er etwa an diesem Tag zu ihr gekommen, weil er Zeit mit ihr hatte verbringen wollen? Konnte das sein? Nun fühlte sie sich schrecklich.
 

"Du hast gar nichts gesagt", flüsterte sie.
 

"Weil es keine große Sache ist", sagte er schlicht. "Bei uns feiert man Geburtstage nicht."
 

"Aber-", sagte sie verwirrt, "Aber Amata hat doch letzens-"
 

"Wer es unbedingt möchte, kann es natürlich trotzdem tun", sagte er. "Es ist ja nicht verboten."
 

Das musste sie nun erstmal verdauen.
 

"Es tut mir leid, ich habe dir nicht gratuliert oder dir etwas geschenkt, stattdessen bin ich-"
 

Sie brach ein wenig traurig wieder ab. Sie konnte sich selbst bei ihm nicht so richtig vorstellen, dass es ihn völlig kalt ließ, dass sie ausgerechnet an diesem Tag weggelaufen war.
 

"Ich brauche keine Geschenke", sagte er bloß. "Ich habe alles."
 

Sie hob ihren Blick wieder und sah ihm vorsichtig in die Augen. Das tiefe Schwarz unter seinen für einen Mann ziemlich langen Wimpern kam ihr gerade ein wenig wärmer vor als sonst.
 

Sasuke hob langsam seine Hand und strich mit seinen Fingerkuppen ganz sachte seitlich über ihren Hals. Sie sah seinen Blick zu ihren Lippen wandern und fühlte seine Finger zu ihrem Nacken gleiten.
 

Ganz ganz langsam senkte er seine Lippen zu den Ihren. Doch kurz bevor er sie berühren konnte, zuckte sie zusammen, weil ihr Smartphone in ihrer Tasche klingelte.
 

Sasuke ließ sie los und richtete sich wieder auf.
 

Sakura zog ihr Smartphone aus ihrer Tasche, sorgsam darauf bedacht, dass die kleine Verpackung mit den Tabletten unsichtbar und sicher verstaut blieb.
 

'Eingehender Anruf: Naruto', zeigte das Display an.
 

Sie drücke den Anruf weg.
 

Sie sah wieder zu ihm auf. Er musterte ihr Gesicht und sie konnte wie immer nicht abschätzen, was er dachte.
 

"Ich habe dir gestern Nacht viel Angst gemacht", sagte er. Es war keine Frage, mehr eine Feststellung.
 

Aber deswegen hatte sie den Anruf nicht weggedrückt. Sie hatte es einfach gerade nicht für eine gute Idee gehalten einen Anruf von ihrem Ex-Freund anzunehmen, wenn er sie gerade hatte küssen wollen.
 

Aber war es nur das gewesen? Überrascht stellte sie fest, dass sie es schade fand, dass er es nicht zu Ende hatte bringen können. Das war neu für sie.
 

"Nein, ich-", sagte sie, verwirrt ob dieser neuen Erkenntnis. "Ich dachte bloß-"
 

Warum konnte sie heute eigentlich keine zusammenhängenden Sätze sprechen? Offenbar war sie doch ganz schön durcheinander und verunsichert.
 

Sie sah ihm vorsichtig wieder in die Augen. Sein Blick war aufmerksam und fokussiert.
 

Sie hatte ihn noch nie von sich aus berührt. Das konnte sie einfach nicht. Es hätte sich für sie falsch angefühlt, in ihrer Situation, in der sie sich so gefangen fühlte. Sie konnte sich nicht vorstellen ihn jetzt einfach zu küssen. So war ihre Beziehung nicht. So leicht und locker und entspannt, so fühlte sie sich nicht. Sie war nicht mit ihm verheiratet, weil sie das gewollt hatte. Aber sie hatte es gerade schade gefunden, dass er unterbrochen worden war.
 

"Also-", sagte sie sehr leise, "Also, wolltest du nicht gerade-"
 

Sie brach verlegen wieder ab.
 

Zum zweiten Mal an diesem Tag sah sie für einen ganz kleinen Moment einen Ausdruck von Überraschung in seinem Gesicht. Dann legte er wieder seine Hand in ihren Nacken und beugte sich erneut langsam zu ihr.
 

Er berührte ihre Lippen nur ganz sanft und gab ihr nur einen kurzen Kuss, dann nahm er seine Hand weg und richtete sich wieder auf.
 

Er sah zu dem Smartphone in ihrer Hand.
 

"Was hast du ihm geantwortet?", fragte er sachlich.
 

Sie sah ebenfalls kurz auf das Smartphone und dann wieder zu ihm.
 

"Noch nichts", sagte sie. "Ich hatte gehofft, dass wir doch noch darüber reden könnten. Du hast gesagt, ich muss eine Entscheidung treffen und dann triffst du die Deine. Aber können wir nicht einen Kompromiss finden? Ich würde mich wirklich gerne mit ihm treffen, aber er ist nur ein Freund für mich. Und ich bin auch nur eine Freundin für ihn."
 

"Wir werden sehen", sagte er bloß und sie wusste nicht, was das nun zu bedeuten hatte. Sie fand es schrecklich, dass er so mit ihr umgehen konnte, dass die Umstände ihm das einfach erlaubten.
 

"Sasuke!"
 

Er sah auf und sie wandte sich um.
 

Fugaku war an dem Raum vorbeigekommen und an der offenen Tür stehengeblieben.
 

"Was gibt es?", fragte Sasuke.
 

"Was macht sie denn hier?", fragte Fugaku, und warf Sakura einen beiläufigen Blick zu. Mit einem 'Hallo' hielt er sich gar nicht erst auf.
 

"Sie war mit ihrer Mutter beim Arzt, danach kam sie her, um mich zu besuchen."
 

Fugaku sah Sasuke fragend an.
 

"Alles in Ordnung", sagte Sasuke.
 

"Schön", antwortete sein Vater. "Ich brauche deine Auswertung, hast du sie fertig?"
 

"Ja, sie ist in meinem Büro. Wir können sie holen gehen."
 

Sakura ging hinter den beiden her durch die Gänge, und sie kamen zügig voran, weil alle ihnen ziemlich respektvoll auswichen.
 

Sasukes Büro war groß und sie sah sich neugierig um. Das Uchiha Anwesen war so uralt und trotz der schlossartigen, hohen Fenster düster, irgendwie hatte sie gar nicht erwartet, dass alles an ihrem Arbeitsplatz so hell, modern und lichtdurchflutet sein würde.
 

"Sehr gut", sagte Fugaku.
 

Er klang zufrieden. Er blätterte einmal kurz durch die Seiten, die Sasuke ihm gegeben hatte.
 

Sakura war ein wenig im Raum herumgegangen, um sich umzusehen und sich die Zeit zu vertreiben, während sie über die Arbeit sprachen. Sie strich mit ihren Fingern über die großen Blätter einer Zimmerpflanze, die sie noch nie gesehen hatte. Der Raum war nüchtern und rational eingerichtet, aber es herrschte trotzdem eine angenehme Atmosphäre.
 

Nach wie vor beneidete sie sie um ihren Job und ihre Aufgabe. Aber sie konnte wohl gerade nichts an ihrer Situation ändern und sie musste sich wohl einfach vorerst damit abfinden, dass sie nichts tun konnte, außer hier in ihrem hübschen Kleid und ihren teuren Absatzschuhen herumzuwandeln und dekorativ zu sein. Es war schrecklich frustrierend. Aber es wäre ja schon ein halbes Wunder, wenn sie sich wenigstens mit Naruto würde treffen können. Sasuke oder seine Familie dazu zu bringen, dass sie sich einen Job suchen durfte, hielt sie aktuell für vollkommen aussichtslos. Nicht, wenn sie wirklich alle wollten, dass sie diese gewisse andere Aufgabe übernehmen sollte, gegen die sie sich so gut sie nur konnte sträubte.
 

Sie ging gerade ein Stück um Sasukes Schreibtisch herum, um einen Blick auf den Bilderrahmen zu erhaschen, der dort stand und den sie gerade entdeckt hatte. Er war so hingestellt und gedreht, dass man das Foto darin nur sehen konnte, wenn man auf seinem Platz saß.
 

Sie war neugierig, was ihm wohl so wichtig war, dass er sich ein Bild davon hinstellen würde. Vielleicht war der Rahmen aber auch einfach nur irgendein Geschenk gewesen und er stand zwar dort, aber war einfach leer. Das würde wohl eher zu ihm passen.
 

Sie streckte neugierig ihre Hand aus, um den Rahmen vorsichtig zu berühren und ein Stück zu sich zu drehen, damit sie Sasuke und seinem Vater nicht zu nahe kommen musste.
 

Doch gerade bevor sie das Metal mit ihren Fingern berühren konnte, streckte Sasuke ganz plötzlich seine Hand aus.
 

Sie zuckte aufgrund seiner schnellen Bewegung zusammen.
 

Ohne das Gespräch mit seinem Vater zu unterbrechen griff er nach der Oberkante des Rahmens und klappte ihn um, sodass er nun mit der Vorderseite auf der Schreibtischoberfläche lag und das Foto nicht mehr zu sehen war.
 

Fugaku hatte dafür nicht mehr als einen beiläufigen, desinteressierten Blick über, aber Sakura zog verletzt ihre Hand zurück.
 

Wieso hatte er das getan?
 

Warum?
 

Was war auf diesem Bild, von dem er nicht wollte, dass sie es sah? Ihr fiel nichts ein, was das sein könnte. Nichts, das man sich in einem Bilderrahmen auf den Schreibtisch stellen würde, konnte sonderlich geheim sein. Andererseits konnte auch niemand, der nicht auf Sasukes Schreibtischstuhl saß, das Bild sehen. Und dort saß mit großer Wahrscheinlichkeit niemand außer ihm. Und niemand, der in sein Büro kam, würde wohl, so wie sie gerade, einfach danach greifen, um es sich anzusehen.
 

Ihr drängte sich ein schrecklicher Gedanke auf.
 

"Gut!", sagte Fugaku gerade. "Dann bringe ich das morgen persönlich beim Justizminister vorbei. Damit kommen sie um die Freiheitsstrafe nicht mehr herum."
 

Sasuke nickte knapp. "Ich muss sagen, es belustigt mich ein wenig, dass sie dachten, sie würden mit dieser Sache tatsächlich durchkommen."
 

"Ja", sagte Fugaku. "Mich auch."
 

"Ich mache heute früher Schluss und fahre nun mit Sakura nach Hause", sagte Sasuke.
 

"Mach das. Bis nachher", sagte Fugaku, den Blick schon wieder auf den Unterlagen.
 

Und damit verließ er das Büro, ohne Sakura auch nur irgendwie zu beachten. Sie hasste es, wie diese Familie mit ihr umging. Besonders die Männer.
 

"Gehen wir!", sagte Sasuke entschieden zu ihr.
 

Er war hinter seinem Schreibtisch hervorgekommen und trat auf die Tür zu. Dort blieb er stehen und sah sie abwartend an.
 

Sie kam zu ihm, aber sie wich seinem Blick aus.
 

Sie wollte durch die Tür gehen, weil er sie ihr aufgehalten hatte, doch dann blieb sie rasch stehen. Er hatte plötzlich seinen Arm ausgestreckt und mit seinen Fingern den gegenüberliegenden Türrahmen berührt, sodass sie nun nicht mehr hindurchgehen konnte.
 

"Jetzt siehst du wieder traurig aus", stellte er in seinem üblichen neutralen und gefassten Tonfall fest.
 

Das war sie auch. Weil sie sich verletzt und zurückgewiesen fühlte.
 

"Sieh mich an."
 

Sie sah zu ihm und er blickte sie abwartend an. Er wollte scheinbar eine Erklärung.
 

Sakura wich seinem Blick wieder aus.
 

Eines der Bänder ihrer honigfarbenen Einkaufstüte hatte sich mit den anderen in ihrer Hand total verheddert und sie legte sie wieder ordentlich zurecht.
 

Er wartete. Immer noch versperrt er ihr mit seinem Arm den Weg. Das hieß wohl, dass sie antworten musste, denn er machte keine Anstalten sich zu rühren.
 

"Nun denke ich wieder, dass du vielleicht doch eine Affäre hast", sagte sie schließlich, ohne ihn anzusehen. "Ich kann nicht verstehen, warum ich das Foto in dem Bilderrahmen nicht anschauen durfte. Du hast gestern Nacht gesagt, dass es nicht so ist und ich will dir glauben, aber das ist schwer, wenn du sowas tust. Du bist den ganzen Tag hier und erlebst spannende Dinge und du hast hier Kolleginnen, die sicher sehr klug und beeindruckend sind, du hast viele Kontakte und bist reich, jung und gutaussehend und solche Gedanken kommen mir, wenn du dich so verhälst."
 

Sie sah ihn nun doch an, weil er mal wieder bloß schwieg.
 

Wieso? Konnte er ihr nicht einfach ihre Bedenken nehmen? Oder traf ihre Befürchtung am Ende zu?
 

Sein Schweigen ärgerte sie so sehr, dass sie sich einfach umdrehte und entschiedenen Schrittes zurück zu seinem Schreibtisch ging. Sie streckte die Hand nach dem Bilderrahmen aus und warf ihm einen Blick zu, um zu sehen, ob er ruhig bleiben oder wütend werden würde.
 

Er hielt sie nicht auf.
 

Stattdessen wandte er den Blick ab und sah durch die offene Tür über den Flur hinweg zu einigen seiner Kollegen, die miteinander sprachen.
 

Also griff sie mit klopfendem Herzen nach dem Bilderrahmen, hob ihn hoch und hielt ihn so, dass sie sich das Foto ansehen konnte.
 

Es war ein sehr hübsches Bild. Es war klein und quadratisch und zeigte sie bis zu den Schultern.
 

Sie hatte im Schlaf ein leichtes Lächeln im Gesicht, vielleicht weil sie etwas Schönes träumte. Ihre Haare lagen in hübschen Strähnen auf dem weißen Kissen verteilt, der lockere Flechtzopf, den sie sich jeden Abend machte, hatte sich über Nacht beinahe ganz aufgelöst. Ein paar kleine Sonnenflecken, wie sie früh morgens im Sommer oft entstanden, zierten das Kissen und ihren nackten Hals.
 

Sie starrte verwirrt auf die Fotografie.
 

Sie bekam die ganzen unterschiedlichen Gefühle, die sie bei dem Anblick dieses Fotos durchströmten, kaum sortiert. Da war Verärgerung, weil er einfach ein Foto von ihr gemacht hatte, während sie schlief. Da war Unwohlsein, weil das unglaublich übergriffig war, es hatte beinahe etwas von Besessenheit. Da war Erstaunen darüber, dass er sich tatsächlich ein Foto von ihr auf seinen Schreibtisch stellte. Da war etwas Freude, weil das ein Beweis dafür war, dass sie ihm wohl wirklich etwas bedeutete. Wenn vielleicht auch nur, weil er sie als seinen Besitz betrachtete. Aber vor allem fühlte sie Erleichterung. Bei allem, was er, seine Familie und ihre eigene Familie ihr antaten, hätte sie es nicht auch noch ertragen können, wenn er sie belogen hätte und sie eine andere Frau auf diesem Bild hätte sehen müssen.
 

Sie stellte den Bilderrahmen langsam zurück.
 

Er hatte bereits den Raum verlassen und er sah sie nicht an, als sie durch die Tür zu ihm auf den Gang trat. Sie sah ihm zu wie er seine Bürotür per Daumenabdruck abschloss. Sie sagte nichts zu dem Bild, denn das wollte er ganz offensichtlich nicht. Er hatte ja nicht mal gewollt, dass sie es sah.
 

Sie warf ihm im Gehen kurz einen Blick zu. Sie hatte es gerade mit eigenen Augen gesehen, doch sie konnte kaum glauben, dass er sich wirklich ein Bild von ihr hingestellt hatte. Das hätte sie nicht erwartet. Was dachte er wohl, wenn er es ansah?
 

Als sie in den Fahrstuhl nach unten gestiegen waren, streckte er seine Hand aus und nahm ihr die Einkaufstüten ab, offenbar mit dem Vorhaben sie für sie zu tragen.
 

Sobald sich die Türen geschlossen hatten und sie für sich waren und nach unten fuhren, fragte er: "Würdest du mit mir essen gehen?"
 

Sie schaute vollkommen überrascht zu ihm, aber er blickte stur geradeaus auf die Türen des Fahrstuhls. Offenbar wollte er sie zur Abwechslung einmal nicht ansehen.
 

Eigentlich war das ein Wort, von dem sie niemals gedacht hätte, dass sie es mit ihm in Verbindung bringen könnte, aber gerade kam ihr der Gedanke, dass Sasuke in Bezug auf Frauen vielleicht unsicher war. Konnte das wirklich sein? Die Vorstellung kam ihr verrückt vor.
 

"Ja, das würde ich sehr gerne", sagte sie vorsichtig.
 

Dann musste sie noch nicht gleich wieder zurück. Dann konnte sie noch etwas in der normalen Welt bleiben.
 

Sowas hatte er sie in all der Zeit noch nie gefragt. Sie war die ganze Zeit auf dem Anwesen gewesen, entweder im Garten oder ihrem gemeinsamen Schlafzimmer und hatte darauf warten müssen, dass er abends zu ihr kam. Wieso fragte er sie das plötzlich?
 

Versuchte er nett zu ihr zu sein? Oder wollte er das selbst? Sie hatte keine Ahnung.
 

Wie immer sprach er nicht, wenn es nicht nötig war, aber er brachte sie in ein sehr schönes Restaurant, das sie noch nicht kannte. Es war etwas außerhalb der Stadt und mit Blick auf das Seeufer. Sie konnten aufgrund des schönen Abends draußen sitzen und überall hingen Lichterketten in den Bäumen ringsum.
 

Vielleicht war dies einer der letzten warmen Abende, bevor es richtig Herbst werden würde und sie entschloss sich an diesem Abend einmal das wertzuschätzen, was sie hatte und nicht immer nur daran zu denken, was sie nicht haben konnte.
 

Und daher, obwohl ihr das eigentlich nicht so viel bedeutete und sie bereit gewesen wäre das alles sofort einzutauschen, versuchte sie es an diesem Abend einfach mal zu genießen, dass sie in einer Situation war, wo sie alles bestellen konnte, was sie wollte, denn er würde es einfach bezahlen. Sie versuchte zu genießen, dass er so viel Form hatte und sich nicht wie der Mann am Nachbartisch total unbeholfen verhielt. Sie versuchte zu genießen, dass er sich ihr gegenüber immer wie ein perfekter Gentleman verhielt und sie nahm wahr, dass andere weibliche Gäste ein wenig neidisch zusahen, wie er ihr Türen aufhielt, ihr mit ihrem Stuhl half, ihr Wasser nachschenkte, bevor ihr Glas richtig leer war und ihr seine Hand reichte, wenn sie mit ihren dünnen Absätzen die rauen Steinstufen der Treppe im Außenbereich bewältigen musste.
 

Sie bemühte sich um ein wenig oberflächliche, höfliche Konversation mit ihm und sie war auch dafür dankbar, dass er sich darauf ein wenig einließ.
 

Sie vermied es Themen anzuschneiden, die irgendeine Relevanz gehabt hätten, um nicht den Abend zu verderben und das klappte sogar ganz gut.
 

Sie sprach einfach über das Essen. Sie teilte ihm einfach mit, dass sie es liebte, wie die Sonne über dem See unterging. Sie erzählte ihm einfach, dass sie dieser Sonnenuntergang an einen Urlaub in ihrer Kindheit erinnerte, wo sie als kleines Mädchen ganz fasziniert vom Muschelsammeln gewesen war und dass sie oft an diesen Abend am Meer zurückdachte.
 

Er hörte zu und fragte sogar, wo sie gewesen waren und sie sagte ihm, dass sie das nicht mehr wisse, weil sie zu klein gewesen war.
 

Er fragte sie von sich aus, ob es einen Grund gebe, warum sie Maiglöckchen liebte und sie erzählte ihm, dass sie manchmal sehr früh morgens mit ihrer Großmutter einen Waldspaziergang gemacht hatte und dass sie dort in einem Frühling zusammen auf einer steinernen Bank in mitten von Maiglöckchen gesessen hatten und sich Geschichten erzählt hatten und dass das eine ihrer liebsten Erinnerungen war.
 

Und obwohl er nicht viel sagte, hatte sie doch das Gefühl, dass er es mochte ihr zuzuhören. Er sah sie die ganze Zeit aufmerksam an und gab ihr damit das Gefühl, dass in diesem Moment nur sie allein von Bedeutung für ihn war. Und auch das versuchte sie zu genießen.
 

Sie fragte ihn auch nach seinem Job und ob er ihr sagen könnte, was er genau arbeitete und er antwortete ihr, dass er seit zwei Jahren Leiter der Staatspolizei war. Das sagte ihr nichts und er erklärte, dass es bei der Polizei verschiedene Abteilungen gebe, wie zum Beispiel die Kriminalpolizei, die Bereitschaftspolizei, die Hubschrauberstaffel und seine Abteilung sei eben für sonderpolizeiliche Aufgaben zuständig. Dazu gehörten offenbar der grenzpolizeiliche Schutz des Staatsgebietes und die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität, die Gefahrenabwehr im Bereich der Bahnanlagen, Luftsicherheitsaufgaben zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs sowie den Schutz von Staatsorganen. Seine Beamten, sagte er, seien schwerpunktmäßig im Grenzraum im Einsatz, auf dem Gebiet der Bahnanlagen, an den Küsten und auf Flughäfen. Auch Großeinsätze sowie internationale Polizeimissionen gehörten zu den Hauptaufgaben. Landesweit gebe es 350 Standorte und er sei für alles verantwortlich.
 

Das beeindruckte sie und ihr lag die Frage auf der Zunge, wie er das in seinem Alter denn überhaupt schaffen konnte, selbst wenn er über seinen Vater in diese Position gekommen sein sollte, was sie für sehr wahrscheinlich hielt. Aber sie entschied, diese Frage lieber nicht zu stellen und heute einfach oberflächlich zu bleiben, damit nichts ihr den Abend verderben konnte.
 

Und als Sakura schließlich mit ihm zurück zum Anwesen fuhr, fühlte sie sich so gut, wie sie es an noch keinem Tag dieser Ehe bisher getan hatte.
 

Ihre Situation war nach wie vor sehr schwierig. Aber zwischen ihm und ihr war es besser geworden. Zumindest ein wenig. Und das gab ihr Hoffnung.
 

Als er am Abend mit ihr schlief, merkte sie sogar, dass sie sich ein bisschen einfacher entspannen konnte, als bisher. Er kam ihr nach diesem Tag ein ganz kleines bisschen vertrauter vor und sie war froh, dass sie mutig gewesen war und ihn auf der Arbeit besucht hatte.
 

Ihre kleine abendliche Tablette schien ihr allerdings beim Einschlafen an diesem Tag besonders schwer im Magen zu liegen.

Bemühen

Sie wusste, dass sie sich endlich bei ihm melden musste.
 

Und das wollte sie auch. Das wollte sie so sehr! Sie wollte ihn so gerne sehen und etwas Normales erleben, etwas abseits von ihrer merkwürdigen Realität hier. Und sie wollte selbstverständlich auch nicht, dass er sich um sie sorgte. Und so wie sie ihn kannte, tat er das ganz sicher. Naruto waren seine Freunde sehr wichtig.
 

Und da ihr Sasukes "wir werden sehen" nicht weiter half, hatte sie nun entschieden, was sie tun wollte. Aber das musste wohl bis heute Abend warten. Und sie war nervös, wie das laufen würde.
 

Sie hatte sich nicht auf ihre übliche tägliche Lektüre konzentrieren können und daher hatte sie akzeptiert, dass sie das Ziel, was sie sich für heute gesteckt hatte, nicht erreichen würde und da das ja ohnehin nur ihr persönlicher Ehrgeiz war und davon nichts abhing, weil sie nunmal keine Job hatte, hatte sie ihr Zimmer verlassen und wollte nun nach draußen in den Garten gehen, um sich bis zum Abend etwas abzulenken.
 

Auf dem Weg nach draußen wäre sie beinahe Madara über den Weg gelaufen, aber sie hatte sich gerade noch rechtzeitig hinter eine Säule in der Eingangshalle stellen können.
 

Ihr Vater würde ihr wieder vorwerfen, dass sie sich absolut kindisch verhielt. Aber Madara war es, der ihr am allermeisten Angst von ihnen allen machte. Schon sein Blick war beängstigend. Sie wollte mit ihm nichts zu tun haben. Und immer wenn sie konnte, wich sie ihm aus. Das klappte auch. Er beachtete sie nicht und wie die anderen Männer hier schien er ständig zu arbeiten, jedenfalls war er oft nicht da.
 

Sie atmete auf, als sie es in den Garten geschafft hatte ohne jemanden zu treffen.
 

Während sie zwischen den Rosen herumwandelte, fror sie ein wenig. Es schien nun wirklich langsam kälter zu werden. Dass die schöne Jahreszeit nun bald vorbei war, half ihr nicht gerade sich besser zu fühlen.
 

In diesem Moment erblickte sie den jungen Gärtner, der immer so nett zu ihr gewesen war und sie ging ein wenig unsicher auf auf ihn zu.
 

Seit Sasuke ihn zurechtgewiesen hatte, hatte sie keine Gelegenheit mehr gehabt ihn einmal alleine zu sprechen. Er war oft in Begleitung eines Kollegen gewesen und sie hatte auch den Eindruck gehabt, dass er ihr auswich.
 

Er sah auf, als er sie kommen hörte.
 

"Hallo", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln.
 

Er richtete sich auf und runzelte leicht die Stirn, als würde er überlegen, was er tun sollte.
 

"Warum tust du das?", fragte sie und deutete auf die feinen Holzspähne, die er um die Rosen auf dem Boden verteilte.
 

"Ich mache die Rosen winterfest, aber damit bin ich nun fertig", sagte er ausweichend.
 

Bevor Sasuke mit ihn zurechtgewiesen hatte, hätte er ihr das nun mit Begeisterung genau und in alle Einzelheiten erklärt.
 

"Hör mal", sagte er, richtete sich auf und sah sie an. "Es tut mir leid, aber ich denke dein Mann möchte nicht, dass wir miteinander reden und ich habe weder den Mut noch die Kraft mich mit jemandem wie ihm anzulegen. Das mag dir feige vorkommen, aber-"
 

Er brach ab und zuckte hilflos mit den Schultern.
 

"Das verstehe ich!", sagte sie rasch. "Aber ich habe mit ihm gesprochen, er hat gesagt er habe überreagiert und dass es in Ordnung ist. Dein Job ist nicht in Gefahr!"
 

Er sah sie zweifelnd an.
 

"Wirklich!", beteuerte sie. "Es war ihm nur wichtig, dass alles freundschaftlich bleibt."
 

"Nein", sagte er entschieden. "Es war nicht nur das. Es hat ihn gestört, dass du gelacht hast. Weil er weiß, dass du zwar mit ihm verheiratet bist, aber er war eifersüchtig, weil ich dich zum Lachen gebracht habe und er das offenbar nicht kann. Zumindest nehme ich das an. Ich denke er ist ein Typ, der andere mit Macht und Geld beeindruckt und der gut darin ist Leute dazu zu bringen das zu tun, was er will, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht gerade seine Stärke ist seine Frau zum Lachen zu bringen. Und das weiß er und das stört ihn. Und ich will ehrlich gesagt nicht herausfinden, wie sehr ihn das stört."
 

Sakura versuchte zu verarbeiten, was sie gehört hatte. Ob das stimmte? War es das gewesen, was Sasuke so verärgert hatte?
 

"Ich weiß nicht, ob es so ist wie du sagst", sagte sie vorsichtig. "Doch er hat mir später am Abend gesagt, dass ich Zeit mit dir verbingen kann, wenn es mich glücklich macht und dass du nicht entlassen wirst. Aber selbstverständlich akzeptiere ich, wenn du das lieber nicht möchtest."
 

Er lachte frustriert auf. "Klar möchte ich! Du bist-"
 

Er brach ab und setzte dann erneut an.
 

"Also gut...alles freundschaftlich! Und wir halten uns an das, was er gesagt hat. Keine Komplimente und keine Berührungen und vielleicht am besten auch ein wenig Sicherheitsabstand, ja?"
 

"Ja!", sagte Sakura erfreut. Sie musste lächeln. Sie freute sich, dass er wieder mit ihr sprach und dass sie ihr Hobby zurück bekam.
 

Er nickte mit dem Kopf in Richtung Hof und sagte: "Ich habe keine Ahnung wieso, aber vorhin ist eine ganze Ladung Maiglöckchenpflanzen angekommen und ich wurde angewiesen sie alle um die Bank dort hinten unter den großen Bäumen zu pflanzen. Dort wo du immer sitzt und ließt. Also hoffe ich, dass du Maiglöckchen magst, ansonsten wirst du wohl in Zukunft woanders sitzen müssen."
 

"Oh", sagte sie bloß überrascht, weil ihr dazu mehr gerade vor lauter Verblüffung nicht einfiel.
 

Hatte Sasuke das für sie veranlasst? Weil sie ihm gestern Abend in dem Restaurant von ihrer Erinnerung an ihre Großmutter und die Maiglöckchen erzählt hatte? Zufall konnte das bestimmt nicht sein, oder?
 

"Verrückt, ich weiß", sagte er bloß, weil er ihre Gedanken ja nicht lesen konnte. "Es ist zwar eine gute Zeit, um sie jetzt zu pflanzen, aber ich frage mich wirklich, wo sie die herbekommen haben. Ist ja nicht so, dass das Pflanzen wären, die es einfach in jeder Gärtnerei zu kaufen gäbe! Noch dazu sind sie natürlich giftig, deswegen soll ich sie wahrscheinlich so fernab von allem pflanzen. Da hinten ist ja nie jemand außer dir, die Kinder spielen auch nie dort. Aber pass auf. Immer gut Hände waschen, falls du vorhast sie anzufassen! Ich pflanze sie so, dass sie nicht zu nahe an der Bank sind, sodass du dort weiter sitzen kannst."
 

"Danke!", sagte sie. Sie war immer noch total erstaunt.
 

Aber selbstverständlich wusste sie, dass Maiglöckchen giftig waren. Ihre Großmutter hatte ihr das erklärt.
 

Er fuhr beruhigend fort: "Aber falls du doch mal zu viel von ihnen abbekommen solltest, ist das wohl kein Problem. Heute morgen beim Tagesbriefing für die Angestellten wurde erklärt, dass im Vorratsraum und in allen Badezimmern und Medizinschränkchen Fläschchen mit Gegengift verteilt wurden. Maiglöckchengift wirkt erst nach Stunden und das Gegengift funktioniert wohl sofort, also ist es nicht wirklich gefährlich. Schon gar nicht, wenn man sowas im Haus hat."
 

Sie verbrachte ein paar Stunden mit dem jungen Mann im Halbschatten der großen Bäume und gegen Abend hatten sie alle Maiglöckchen gepflanzt.
 

Dann half sie ihm beim Aufräumen und Entsorgen der Handschuhe, die sie zum Schutz getragen hatten. Schließlich verließ er sie gut gelaunt. Er hatte gesagt, dass sie ihm einen schönen Nachmittag geschenkt hatte und auch sie hatte die gemeinsame Arbeit genossen. Er war sehr darauf bedacht gewesen ihr nicht zu nahe zu kommen, aber er hatte sich schnell wieder seine etwas besserwischere Art angeeignet und ihr alles genaustens erklärt. Und sie hatten auch etwas zusammen lachen können und das war schön für sie gewesen.
 

Eine ganze Weile saß sie noch dort auf der Bank, in dem Meer aus Maiglöckchenpflanzen.
 

Sie dachte an den gestrigen Abend. Es schien, dass sie ihm wirklich etwas bedeutete. Und das vielleicht schon länger. Auf dem Foto in seinem Büro war es dem Licht nach wohl irgendwann im frühen Sommer gewesen, zumindest glaubte sie das. Es war dieses Licht gewesen, das sie von den sehr frühen Waldspaziergängen mit ihrer Großmutter im Frühling und Sommer in Erinnerung hatte. Also hatte er dieses Bild vermutlich schon länger dort stehen und sie hatte ihm vielleicht schon länger etwas bedeutet.
 

Wieso war er vorher nie mit ihr essen gegangen oder hatte ihr ein Geschenk gemacht?
 

Aber das hatte er ihr einmal gesagt. Dass sie anders war, als die Frauen, die er gewohnt war und dass er glaubte, dass sie seine teuren Geschenke nicht wollen würde. Und damit hatte er auch recht. Teure Handtaschen oder Schmuck, Kleider, Parfüm, so etwas bedeutete ihr nichts.
 

Hatte er ebenfalls, wie sie auch, das Gefühl sie langsam etwas besser kennenzulernen?
 

Aber wieso hatte er vorher nie mit ihr gesprochen oder hatte versucht Zeit mit ihr zu verbringen? Es war doch seine Schuld, dass das nicht passiert war. Er war es doch, der ständig schwieg und er war derjenige, der entscheiden konnte, wann er kam und ging. Er konnte das doch tun, wie es ihm gefiel.
 

Ihre Hände waren nun eiskalt. Sie musste langsam reingehen.
 

Ein letztes Mal ließ sie ihren Blick über das grüne Meer aus Pflanzen um sich herum schweifen.
 

Und wie war es bei ihr? Bedeutete er ihr etwas?
 

Sie wünschte sich, dass sie sie von hier fortgehen lassen würden. Sie wollte nicht mehr hier sein, wenn diese kleinen hübschen Pflanzen im nächsten Frühjahr blühen würden. Aber etwas in ihrem Herzen stach ein wenig, wenn sie daran dachte, dass sie es dann nicht würde miterleben können. Und das lag nicht nur an den Pflanzen.
 

Sie erinnerte sich daran, dass es ihr gestern ganz besonders starke Gewissensbisse bereitete hatte, die Pille herunterzuschlucken. Je netter er zu ihr war, desto schwerer war es ihn so zu hintergehen.
 

Als es schon dunkel wurde, ging sie rein. Sie bemühte sich wieder allen auszuweichen und huschte in ihre Räumlichkeiten, doch dort blieb sie überrascht an der Tür stehen. Es war erst kurz nach zwanzig Uhr, aber er war schon da.
 

Er saß wieder auf dem Bett, offenbar war er sogar schon geduscht. Er las wieder in irgendwelchen Unterlagen.
 

"Hallo", sagte sie, als er aufsah.
 

"Hallo Sakura", sagte er und auch das überraschte sie. Er sah wieder auf seine Unterlagen und für einen Moment stand sie etwas hilflos im Raum.
 

Er las weiter.
 

"Ich habe dein Geschenk bekommen", sagte sie schließlich, immer noch ohne zu ihm zu gehen. Sie war überfordert.
 

Er schwieg und sah nicht auf. War ihm das peinlich? Dass er etwas Romantisches für sie getan hatte? Sie hatte nicht den Eindruck, dass er wirklich las.
 

"Es sieht sehr hübsch aus. Nun gefällt mit dieser Platz dort noch viel mehr. Ich danke dir."
 

Er schwieg und sah auf seine Dokumente.
 

"Ich habe sie gemeinsam mit dem Gärtner eingepflanzt", fuhr sie fort. "Das hat Spaß gemacht. Er war sehr freundlich und er war sehr darauf bedacht, dass es keine Missverständnisse zwischen uns gibt."
 

Er hob den Kopf und sah sie an. Dazu schien er nun doch etwas sagen zu wollen.
 

"Es wäre mir wichtig, dass niemand aus meiner Familie denkt, dass meine Frau sich von unserem Gärtner verführen lässt", sagte er. "Ein paar der Männer hier beneiden mich um dich. Es ist unangenehm für mich, mir ihre Sticheleien anzuhören."
 

Sie nickte. "Wir haben Abstand gehalten. Es war ihm wichtig, dich nicht zu verärgern."
 

"Danke für dein Verständnis."
 

Sie lächelte ihn an.
 

Dann ging sie Duschen und machte sich auch fertig für das Bett. Anschließend nahm sie sich ihr Smartphone und setzte sich neben ihn. Er las immer noch in den Unterlagen.
 

Sie nahm ihren Mut zusammen und öffnete den Chat mit Naruto.
 

Sie schrieb:
 

"Hallo Naruto! Es ist toll von dir zu hören und danke, dass du dich um mich sorgst, das ist schön zu wissen! Du hast recht, wenn du die Situation zwischen meinem Mann und mir als merkwürdig wahrgenommen hast. Wir haben auf den Wunsch unserer Familien hin geheiratet und manchmal ist alles nicht ganz einfach. Ich verstehe, dass du dich über sein Verhalten geärgert hast, aber er gibt sich Mühe gut zu mir zu sein und ich würde dich bitten ihn nicht mehr so zu bezeichnen, wie du es in deiner Nachricht getan hast. Ich würde dich sehr gerne treffen und ich hoffe, dass es bald möglich sein wird. Vielleicht möchte deine Freundin ja mitkommen? Das wäre sehr schön! Ich würde sie gerne kennenlernen!"
 

Sie schickte die Nachricht ab. Dann nahm sie ihr Smartphone und legte es zwischen sie auf die Bettdecke. So, dass er die Nachricht ganz einfach lesen konnte.
 

Sie beugte sich zu ihrem Nachttisch hinüber und nahm eines ihrer dünnen Haargummies heraus. Dann fing sie an durch ihre Haare zu streichen und behutsam Strähnen abzuteilen.
 

Sie hoffte, dass ihr Kontakt mit Naruto vielleicht in Ordnung für ihn sein würde, wenn sie ganz offen damit umging und er sehen konnte, dass es weder einen Grund für Eifersucht noch für Besorgnis gab.
 

Sie sah nicht zu ihm hin. Sie schaute nicht nach, ob er es las. Sie würde ihn auch nicht um seine Erlaubnis bitten, denn nur weil er scheinbar durch diese ganze merkwürdige Situation hier Macht über sie hatte, sah sie trotzdem nicht ein, wieso er das Recht dazu haben sollte ihr diesen Kontakt zu erlauben oder zu verbieten.
 

Sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Und so wie er es gesagt hatte, musste er nun entscheiden wie er damit umgehen wollte.
 

Ihr Smartphone summte und sie ließ ihre Haare los und nahm es wieder in die Hand. Naruto hatte zurückgeschrieben.
 

"Jo, um ehrlich zu sein, das klingt ziemlich scheiße Sakura. Aber sowas habe ich fast erwartet, ich habe deine Familie und deine Eltern noch gut in Erinnerung. Aber wie du willst. Ich bin bereit von 'komplettes Arschloch' zu 'Mistkerl' zu wechseln. Leiden kann ich ihn nämlich trotzdem nicht, nur weil er 'sich Mühe gibt gut zu dir zu sein'."
 

Sakura unterdrückte ein Lächeln. So war Naruto eben. Wenn er jemanden nicht leiden konnte, dann sagte er das einfach frei heraus. Das hatte sie immer an ihm bewundert. So wie sie aufgewachsen war, mit dem ständigen sich Benehmen und all den Regeln, war seine Art herrlich erfrischend.
 

Er schickte direkt noch eine Nachricht hinterher und sie las weiter.
 

"Ich treffe mich morgen mit meiner Freundin in der Innenstadt. Wir sind um 16 Uhr in dem Café verabredet, in dem Kiba mal gearbeitet hat. Vielleicht kannst du ja auch dort hinkommen. Sie ist fantastisch! Du würdest sie mögen!"
 

Sie lächelte. Das wäre wirklich schön.
 

Sie schrieb:
 

"Das wird vielleicht nicht gehen, aber ich werde sehen, ob es sich machen lässt! Auf jeden Fall wäre das sehr schön! Bis hoffentlich bald!"
 

"Bis bald Sakura!"
 

Sie schob den Chatverlauf auf dem Display so zurecht, dass man alles gut lesen konnte und legte das Smartphone wieder zwischen sie.
 

Dann griff sie wieder nach ihren Haaren, teilte sie Strähnen erneut auf und fing an sich für die Nacht ihren lockeren Flechtzopf zu binden. Sie hatte ihre Tage bekommen, also würde er nicht mit ihr schlafen, sodass ihre Haare heute nicht mehr durcheinander geraten würden. Aber eigentlich tat sie das nur, weil sie ihn nicht ansehen wollte.
 

Sie hörte wie er sich zu seinem Nachttisch beugte und sein eigenes Smartphone nahm. Er schien jemanden anzurufen.
 

"Mr Uchiha?", hörte sie die Person am anderen Ende höflich fragen.
 

"Meine Frau möchte morgen um Fünfzehn Uhr Dreißig in die Stadt gefahren werden", sagte er. "Veranlassen Sie bitte, dass ein Wagen für Sie bereit steht."
 

"Selbstverständlich!", sagte der Mann am anderen Ende und Sasuke legte auf und legte sein Smartphone wieder weg. Ebenso wie die Mappe.
 

Sakura war nun fertig damit ihr Haargummi zu befestigen und sie sah nun doch zu ihm. Er betrachtete sie mal wieder.
 

Sie lächelte ihn leicht an.
 

Innerlich platze sie fast vor Freude. Es war lange her, dass sie einmal abends eingeschlafen war und sich auf den nächsten Tag hatte freuen können. Und heute würde das so sein.
 

Er griff nach ihr, aber sie sagte ihm, dass sie ihre Periode bekommen hatte und er zog eine Hand wieder zurück.
 

"In Ordnung", sagte er bloß und sie fragte sich, ob ihn das wohl enttäuschte.
 

Wieso war es ihnen allen bloß so wichtig, dass sie schwanger werden würde? Und wieso sprach niemand darüber? Aber sie selbst konnte unmöglich darüber sprechen. Sie hatte Angst. Angst, dass sie dann würde lügen müssen oder von der Pille erzählen. Und das wollte sie schließlich nicht. Und sie hatte Angst davor, dass aus diesem subtilen, unterschwelligen Druck dann vielleicht sogar etwas anderes werden würde. Etwas, dass sie nicht einfach ignorieren würde können. Etwas, dass man ihr dann vielleicht aufzwingen würde. Denn sie hatte bisher nicht den Eindruck gehabt, dass das, was sie wollte, hier irgendeine Rolle spielte. Für sie alle nicht. Außer in letzter Zeit ein bisschen für ihn. Aber Sasuke schien gegenüber seiner Familie sehr loyal zu sein. Er würde sich für seine Familie entscheiden, sollte er zu einer Entscheidung gezwungen werden. Und warum auch nicht? Er würde sie ja nicht verlieren. Er konnte machen, was er wollte und er würde sie trotzdem einfach behalten können, denn sie konnte hier nicht weg. Sie konnte sich an niemanden wenden, um Hilfe zu bekommen. Was konnte sie schon tun? Ihre Eltern um Hilfe bitten? Die mochten ihre neuen Kontakte zu den Uchihas. Sie würden ihr nicht helfen. Einen Anwalt aufsuchen? Das klang selbst in ihren Gedanken total lächerlich. Denn sie hatte noch genau im Kopf wie Fugaku gestern gesagt hatte, dass er die Unterlagen, die Sasuke ihm gegeben hatte, persönlich beim Justizminister vorbeibringen würde. Also hatten sie selbst auf die Gerichte einen Einfluss. Oder sie würden einfach jedem Anwalt so viel Geld bezahlen, dass er sie nicht vertreten wollen würde. Und zur Polizei konnte sie schließlich erst recht nicht.
 

Sasuke hatte ihr gesagt, dass er sie behalten wollte. Also kam sie hier nur weg, wenn er sie nicht mehr wollte. Und so wie er sich momentan verhielt, wurde das gerade nicht wahrscheinlicher.
 

Sie war hilflos und sie konnte nur darauf hoffen, dass er sie nicht mehr wollen würde, wenn sie weiterhin nicht schwanger werden und damit den Zweck erfüllen würde, den man ihr offenbar zugedacht hatte. Also konnte sie einfach nur abwarten.
 

Doch vielleicht gab es auch die Chance, dass sie beide sich mit ein wenig Zeit noch besser verstehen würden. Dass sie einen wirklichen Zugang zu ihm würde finden können. Und dass er sich dann vielleicht doch irgendwann für sie einsetzen würde und er vielleicht doch irgendwann die Wünsche seiner Familie nicht mehr so sehr über sie stellen würde, dass er sie nicht einmal fragte, ob sie überhaupt von ihm schwanger werden wollte.
 

Sie nahm ihr Smartphone, stellte es aus und legte es auf ihren Nachttisch. Dann hob sie die Decke an und legte sich hin. Auf die Seite und ihm zugewandt. Er betrachtete sie noch einen Moment, dann tat er es ihr gleich.
 

Sie sahen sich an.
 

"Das Essen gestern war sehr schön", sagte sie mit einem leichten Lächeln. "Würdest du das noch mal mit mir machen?"
 

"Ja."
 

"Vielleicht am Wochenende?"
 

"In Ordnung."
 

"Das ist schön", sagte sie. "Ich freue mich darauf."
 

Er schwieg, aber er streckte seine Hand nach ihr aus und umfasste sie an der Taille. Er zog sie zu sich.
 

"Ich habe meine Periode", wiederholte sie.
 

"Ich weiß."
 

Er zog sie dennoch an sich. Und dann küsste er sie. Zärtlich und beinahe liebevoll.
 

Es war schön. Also legte sie ihre Hände an seinen Arm und seine Brust und ließ sich darauf ein.
 

Eine ganze Weile machte er damit weiter, scheinbar ganz ohne auf mehr aus zu sein. Er strich ihr zwar über den Rücken und ihren Po, aber er machte keine Anstalten sie auszuziehen.
 

Sie genoss diese Zuwendung, die nicht den Zeck erfüllte sie zu schwängern oder ihm Befriedigung zu verschaffen. Es war schön, dass er das einfach tat, weil er ihr scheinbar nahe sein wollte.
 

Als es schließlich doch Zeit war zu schlafen und er das Licht gelöscht hatte, lagen sie auch nicht wie sonst immer nebeneinander auf dem Rücken, sondern er hielt sie immer noch im Arm und er schien so einschlafen zu wollen.
 

"Sasuke?", flüsterte sie.
 

Er schwieg.
 

"Warum tust du das plötzlich?", fragte sie. Sie konnte nicht anders. Sie war so neugierig. "Warum gehst du mit mir essen, machst mir ein so schönes Geschenk und nimmst mich in den Arm? Wieso jetzt? Wieso in all den Monaten davor nicht?"
 

Er schwieg. Und sie dachte schon, dass er darauf wieder nicht antworten würde, aber dann tat er es doch. Sie war schon fast eingeschlafen und schreckte wieder auf, als er sprach.
 

"Ich konnte nicht", sagte er leise. "Ich habe mich aufgrund meiner Schuldgefühle gelähmt gefühlt. Du bist nicht hier, weil unsere Familien diese Ehe gewollt haben, wie du eben deinem Ex-Freund geschrieben hast. Du bist hier, weil ich es gewollt habe. Es ist meine Schuld. Ich wusste, du würdest hier unglücklich sein. Aber ich habe dennoch darauf bestanden. Das war sehr egoistisch von mir. Ich habe mit meiner Entscheidung dich unglücklich gemacht und meinen Bruder auch. Ich hatte das Gefühl, dass ich unter diesen Umständen kein Recht hatte, das hier zu genießen. Und außerdem bin ich nicht gut in diesen Dingen. Im Reden und Emotionen zeigen. Aber es ist nun wie es ist. Ich dachte die ganze Zeit, dass du bloß Angst vor mir hast und dich deshalb fügst. Ich wollte mich dir nicht mehr aufdrängen als unbedingt nötig und wollte dir Raum für dich lassen. Aber seit gestern ist es anders. Du bist mich besuchen gekommen, obwohl du mich hättest meiden können. Das hatte ich nicht erwartet. Das hat mich gefreut. Ich möchte deine Nähe."
 

Sie lag da, mit kopfendem Herzen und versuchte sich zu sortieren und all die neuen Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.
 

"Aber ich dachte, wir wurden verheiratet, weil mein Vater eure Kontakte für seine Karriere nutzen wollte und ihr bessere Kontakte ins Innenministerium bekommen wolltet", sagte sie verwirrt und ein wenig hilflos.
 

"Nein", sagte er bloß.
 

"Ich verstehe das nicht richtig!", sagte sie.
 

Er schwieg.
 

"Ich verstehe nicht, was du damit meinst, wenn du sagst, dass du deinen Bruder unglücklich gemacht hast."
 

Er schwieg.
 

"Dein Schweigen ist schrecklich für mich", sagte sie müde und traurig.
 

"Schlaf jetzt bitte."
 

Sie legte ihre Stirn an seine Brust. Dann musste sie sich wohl weiter gedulden. Aber immerhin hatte er sich ihr weiter geöffnet als je zuvor. Das war auch schon etwas.
 

Also war es seine Schuld, dass sie hier sein und das alles ertragen musste?
 

"Hasst du mich?", fragte er schließlich in die Stille. "Jetzt, wo du weißt, wer dafür verantwortlich ist, dass du hier bist?"
 

Hatte er deshalb vorher geschwiegen? Weil er Angst gehabt hatte, dass sie ihn dafür hassen würde?
 

Hasste sie ihn dafür? Dafür, dass er ihr ihre Freiheit genommen hatte? Und was bedeutete das überhaupt? Hatten ihre Eltern sie einfach hergegeben, als seine Familie das gefordert hatte? War er mit diesem Wunsch an ihre Eltern herangetreten? Sie hatte immer geglaubt, dass das von ihrem Vater und von ihrer Familie ausgegangen war. Wie war er überhaupt auf sie aufmerksam geworden? Wegen der paar Events in der hohen Gesellschaft, bei denen sie sich manchmal gesehen hatten, einfach weil ihre Familien beide anwesend gewesen waren?
 

Sie war überfordert. Sie wusste nicht, was sie empfand.
 

"Hass ist ein starkes Wort", sagte sie deshalb bloß. "Ich möchte es nicht für diese Situation verwenden."
 

Dann schwiegen Sie beide und sie lag noch eine ganze Weile wach bevor sie schlafen konnte. Sie glaubte an seinem Atem zu hören, dass er auch nicht schlief.
 

Trotz all dem, was er ihr eben erzählt hatte, fand sie es schön in seinen Armen zu liegen.

Die Familie Uchiha (Teil 1)

Sakura konnte nicht anders, als Naruto einfach um den Hals zu fallen, als er grinsend die Arme ausbreitete.
 

"Ich bin so froh, dass wir uns sehen!", sagte sie glücklich und ließ ihn dann aber rasch wieder los.
 

Naruto griff sie an ihren Schultern und hielt sie auf Armeslänge von sich, um sie gut ansehen zu können.
 

"Und ich erst! Maaaann, ich war echt besorgt kann ich dir sagen! Erst weil du nicht geantwortet hast und dann auch wegen dem was du geantwortet hast! Ich dachte er verbietet dir vielleicht herzukommen oder sowas!"
 

Sakura wusste nicht, was sie dazu sagen sollte und daher sagte sie nichts.
 

Naruto sah umgehend noch besorgter aus.
 

Also fragte sie ihn rasch nach seiner Freundin, um ihn abzulenken und da die ihm wohl gerade geschrieben hatte, dass sie keinen Parkplatz fand und ein paar Minuten später kommen würde, suchten sie sich schonmal einen Tisch aus und bestellten sich etwas zu trinken. Naruto bestellte seiner Freundin auch direkt etwas mit, da er offenbar schon ganz genau zu wissen schien, was sie wollte.
 

"Ich dachte, ihr kennt euch noch nicht lange", sagte Sakura. "Und trotzdem sagst du, dass ihr schon total vertraut miteinander seid?"
 

Naruto lachte bloß und sagte, dass es ihm vorkäme, als würde er sie schon ewig kennen. Und Sakura wurde ganz glücklich, als sie sah wie er aussah, wenn er von ihr sprach. Er schien sie wirklich total zu lieben und sie hoffte sehr, dass sie ihn genauso sehr liebte. Naruto hatte es verdient glücklich zu sein. Er hatte es verdient, weil er ständig jeden um sich herum glücklich machte und es schön war, dass es nun offenbar eine Person gab, die das auch bei ihm schaffte.
 

Aber dann ließ Naruto sich nicht mehr von ihren neugierigen Fragen ablenken. Leider. Denn sie hatte sie zum Teil mit Absicht gestellt, damit sie nicht über ihre Ehe reden würden. Sie hatte sich vorgenommen, dieses Thema nach Möglichkeit einfach zu meiden.
 

Sie schaffte es einfach nicht unehrlich zu Naruto zu sein. Doch sie konnte ihm unmöglich alles erzählen, dann würde er sich Sorgen um sie machen. Und das wollte sie nicht. Er würde ja doch nichts tun können.
 

Und das sollte er auch nicht. Er hatte eine Freundin, er sollte sich um sie sorgen und wenn nötig ihr strahlender Held sein. Sakura wollte auf keinen Fall, dass seine Freundin am Ende etwas falsch verstand und vielleicht dachte, dass er noch etwas für seine Ex-Freundin empfand, weil er sich zu viel um sie sorgte.
 

Und das sagte sie ihm auch, um seine Fragen nach ihrer Ehe abzuwürgen.
 

Aber das brachte ihn bloß zum Grinsen.
 

"Vergiss es Sakura", sagte er. "Sie ist gutmütiger, freundlicher und hilfsbereiter als jeder andere Mensch, den ich kenne! Auf so Gedanken käme sie auf gar keinen Fall. Und ich habe ihr auch längst alles von dir erzählt, auch von dem Auftritt deines Typen im Restaurant. Ich habe ihr sogar deine Nachrichten gezeigt. Sorry, aber ich fürchte in Zukunft wird sie absolut alles erfahren, was du mir sagst, also stell dich da besser drauf ein. Wir haben keine Geheimnisse voreinander!"
 

"Das klingt toll", sagte Sakura und sie nahm wahr, dass ihre Worte ein wenig wehmütig und sehnsüchtig klangen. Keine Geheimnisse klang toll. Ihre ganze Ehe bestand aus Geheimnissen.
 

Naruto sah plötzlich ernst aus.
 

"Sie fand auch, dass deine Nachrichten sehr gefasst klangen. Als ob du dich sehr zusammenreißen müsstest oder als ob du nicht wirklich frei sprechen könntest. Sie ist auch besorgt. Wir wollen dir helfen!"
 

"Ich brauche keine Hilfe!", sagte Sakura sehr rasch. "Es ist alles in Ordnung!"
 

Aber Naruto blieb ernst, was selten der Fall bei ihm war.
 

"Sakura", sagte er. "Ich bin echt kein Genie. Aber ich habe ein gutes Gespür für Menschen. Und dich kenne ich gut. Du versuchst es zu verbergen, aber du fühlst dich hilflos und ängstlich. Das ist für mich nicht zu übersehen. Und ich bin ziemlich sicher, dass zumindest zu einem großen Teil er daran schuld ist!"
 

Sakura sah ihn einen Moment nachdenklich an.
 

"Selbst wenn es so wäre Naruto, ihr könnt mir nicht helfen", sagte sie ruhig und entschieden.
 

"Willst du diese Ehe?", fragte er.
 

"Also nein", sagte er trocken, als sie noch überlegte, was sie sagen sollte.
 

"Hinata - so heißt sie übrigens - hat gesagt, dass wir dir mit der Scheidung helfen können. Ihre Familie ist ziemlich wohlhabend und einflussreich. Noch mehr als deine. Sie sagte sie hätte gleich ein ganzes Büro voller Anwälte, die uns helfen könnten. Zu dritt und mit professioneller Hilfe bekommen wir dich sicher wieder aus dieser Sache raus in der du da steckst, auch wenn du das vielleicht selbst gerade nicht glauben kannst. Aber es gibt für alles Lösungen und Hinata ist wirklich entschlossen dir ihre Hilfe-"
 

"Naruto!", rief in diesem Moment jemand hinter ihnen und Sakura hatte sofort das merkwürdige Gefühl diese hübsche junge Frau mit den hellen Augen, den dunklen Haaren und dem zierlichen Gesicht schon einmal gesehen zu haben.
 

Doch sie konnte ihre Erinnerung nicht richtig zuordnen. Und das obwohl sie ziemlich lange Zeit hatte darüber nachzudenken, denn Hinata war Naruto direkt um den Hals gefallen und nun begrüßten sie sich und schienen nur noch Augen füreinander zu haben. Dabei strahlte Hinata genauso wie Naruto und Sakura war promt davon überzeugt, dass sie ihn mindestens so sehr liebte wie er sie.
 

"Hinata, das ist die Freundin, von der auch dir erzählt habe!", sagte Naruto schließlich, als ihnen wieder einzufallen schien, dass die Welt nicht nur aus ihnen beiden allein bestand. "Ich habe ihr gerade gesagt, dass wir ihr dank dir vielleicht helfen könnten!"
 

"Hall-", wollte Hinata gerade zur Begrüßung ansetzen, als sie sich ihr zuwandte, doch dann verlor sich ihr freundliches Lächeln sofort.
 

Sie sah entsetzt aus.
 

Sakura blickte sie verwirrt an.
 

"Was ist los Hinata?", fragte Naruto irritiert und musterte sie besorgt.
 

"Oh nein", sagte Hinata bloß leise und ließ sich neben Naruto auf eine Stuhl sinken, während sie Sakura ansah.
 

Sakura sah kurz irritiert zu Naruto, aber der sah nur Hinata an.
 

"Es tut mir echt leid Naruto", sagte sie leise. "Aber als ich dachte, dass wir helfen könnten, da wusste ich nicht, um wen es hier geht. Du hast nicht gesagt, dass es um sie geht. Wir können ihr nicht helfen. Wir können nichts tun."
 

Sie sah zu Sakura.
 

"Es tut mir leid, falls du dir nun Hoffnungen gemacht haben solltest, wirklich!"
 

Sakura war immer noch vollkommen irritiert und sie verstand gar nichts.
 

Naruto auch nicht und als er nachfragte, was sie damit meinte sagte Hinata bloß: "Sie ist mit Sasuke Uchiha verheiratet. Wir können uns mit den Uchihas nicht anlegen. Das geht nicht. Wir hätten keine Chance. Sie haben zu viel Macht, zu viel Geld und zu viele Beziehungen und sie halten immer alle zusammen. Es ist vollkommen aussichtslos!"
 

"Ernsthaft?", fragte Naruto ungläubig.
 

"Ja", sagte Hinata betreten.
 

Sie sah wieder zu Sakura. "Ich hätte wirklich gerne geholfen."
 

Sakura musste lächeln. Es klang so ehrlich betroffen, dass sie sich darüber freute.
 

Sie hatte ihr Leben lang nie wirklich Freunde gehabt, zumindest keine echten, keine von der Sorte, denen man jedes Geheimnis anvertrauen würde, denn erst hatte sie keine Gelegenheit und dann keine Zeit gehabt. Und Hinata sah so mitfühlend und voll von ehrlichem Bedauern aus, dass sie sich plötzlich fragte, ob es sich so anfühlte eine gute Freundin zu haben.
 

"Ihr seid wirklich toll", sagte sie dankbar. "Aber ich bin nicht hier hergekommen, weil ich Hilfe von euch wollte. Ich brauche keine Hilfe."
 

"Du hast Angst", stellte Naruto nüchtern fest. "Und du bräuchtest Hilfe." Er wirkte verärgert.
 

"Selbst wenn", sagte Sakura erneut. "Ihr könnt mir nicht helfen. Irgendwie werde ich schon damit fertig."
 

Hinata sah sie zweifelnd an und Naruto verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und sagte frustriert: "Maaaann, ich hasse es wenn man mir sagt, dass ich nichts tun kann!"
 

"So schlimm ist es auch wieder nicht!", beeilte sich Sakura zu sagen. "Ich möchte wirklich nicht, dass ihr eine falsche Vorstellung bekommt! Ich werde nicht geschlagen oder sowas. Es gibt Frauen, die in wirklich schwierigen Situationen sind. Bei mir ist das nicht so! Wirklich! Ich wäre bloß gerne frei und eigenständig und in dieser Familie geht das einfach nicht. Aber ich komme zurecht! Und Sasuke, er gibt sich Mühe. Er ist schwierig, aber es ist viel besser geworden in letzter Zeit."
 

Die beiden musterten sie zweifelnd.
 

"Ich danke euch jedenfalls wirklich, dass ihr mir helfen wolltet!", sagte sie und hoffte das Thema damit abzuschließen.
 

"Und es freut mich sehr dich kennenzulernen, Hinata!", fügte sie hinzu, um das Thema zu wechseln. Aber sie war auch wirklich neugierig, daher fügte sie hinzu: "Haben wir uns nicht auch schon mal irgendwo gesehen? Du kommst mir bekannt vor und du scheinst mich auch gleich erkannt zu haben."
 

Hinata lächelte matt.
 

"Ja, wir haben uns sogar schon öfter gesehen", sagte sie. "Ich stamme aus der Hyuga Familie und wir waren des öfteren gemeinsam auf irgendwelchen Events mit unseren Familien. Aber daran erinnerst du dich wahrscheinlich nicht genau, wir haben uns immer nur aus der Ferne gesehen. Du bist mir aufgefallen, weil du immer so unglücklich ausgesehen hast, als würdest du lieber woanders sein. Darin habe ich mich selbst wiedererkannt, darum ist mir das im Gedächtnis geblieben. Außerdem bist du natürlich wunderschön, du fällst einfach auf, mit diesen Haaren und Augen und allem."
 

Jetzt konnte sich Sakura auch wieder erinnern, dass sie Hinata ein paar Mal auf solchen Events gesehen hatte.
 

Sie war froh und dankbar, dass Naruto und Hinata ihren Wunsch, nun nicht mehr über ihre Ehe zu sprechen, zu akzeptieren schienen, denn in der folgenden halben Stunde, ließen sie sich alle gemeinsam darüber aus, wie wenig sie alle diese gesellschaftlichen Verpflichtungen und komplizierten Konstrukte in den höheren gesellschaftlichen Schichten fanden. Hinata erzählte, dass man auch sie schon zu einer Heirat hatte drängen wollen, aber ihr Cousin ihr netterweise beigestanden hatte, sodass sich das hatte abwenden lassen.
 

"Ahh, am Anfang konnte er mich nicht ausstehen!", sagte Naruto lachend. "Aber jetzt verstehen wir uns eigentlich ziemlich gut!"
 

Hinata kicherte. "Ja, weil dich jeder immer irgendwann mag Naruto! Sogar mein Vater redet mittlerweile nicht mehr so überheblich über dich und er hat dich erst vier mal gesehen und ist bei sowas normalerweise total verbohrt!"
 

Sie sah wieder zu Sakura. "Neji, mein Cousin, er hatte übrigens auch Interesse an dir. Ich glaube, er hätte auch nichts dagegen gehabt dich zu heiraten!"
 

"Oh", sagte Sakura überrascht.
 

War sie auf diesen Events und Veranstaltungen, die sie immer mit ihrer Familie hatten besuchen müssen wirklich so aufgefallen? Das konnte sie sich irgendwie gar nicht vorstellen.
 

Hatte Sasuke sie dort öfter beobachtet und dann entschieden, dass er sie haben wollte? Einfach so? Hatte er seiner Familie einfach gesagt, dass er sie wollte und dann hatte er sie bekommen? War das die Art wie es bei den Uchihas lief? Irgendwie würde das wohl passen, wenn man bedachte, wie die Männer dort sich verhielten. So, als ob ihnen die Welt gehören würde und als ob man sich jederzeit einfach nehmen könnte, was man wollte. Als ob alles andere außer ihnen eher Dinge als Menschen mit Gefühlen wären.
 

Sasuke hatte sogar mehr oder weniger zugegeben, dass er sie als seinen Besitz betrachtete. Und sie hatte den Eindruck, dass auch die anderen sie als seinen Besitz betrachteten, wenn sie daran dachte, wie sie sich beim Frühstück geäußert hatten, an dem Morgen, nachdem sie weggelaufen war. Es widerte sie an.
 

Doch sie dachte nur ein paar Sekunden darüber nach, denn Hinata und Naruto waren so eine gute Gesellschaft, dass sie keine Lust auf schwere Gedanken hatte und sie fühlte sich eigentlich ziemlich gut gelaunt. So gut, dass sie sogar Appetit verspürte und sich ebenfalls Kuchen bestellte, als die beiden es taten und sie blieben so lange, dass sie sich auch noch ein zweites Getränk bestellten.
 

Draußen war es kühl und windig an diesem Tag, denn der Herbst schien nun endgültig gekommen zu sein. Und daher war es drinnen umso behaglicher. Und Sakura war glücklich. Sie war in ihrem Leben nicht oft glücklich gewesen und sie hatte das Gefühl, dass das einer dieser perfekten Momente war, den sie in Erinnerung behalten würde. Sie war dankbar, dass sie ihn erleben durfte.
 

Als sie schließlich nach über drei Stunden entschieden zu zahlen, sagte Hinata sogar, dass sie das unbedingt wieder einmal machen müssten. Und darüber freute Sakura sich sehr.
 

Sie dankte ihnen für diesen Nachmittag und bat darum sie einladen zu dürfen. Sie gab nie etwas von dem Geld aus, das Sasuke ihr gab und hier hatte sie endlich mal das Gefühl, es tun zu wollen. Hinata schien zwar genug Geld zu haben, aber Naruto nicht, er wurde gerade erst mit dem Studium fertig. Und als sie sahen, wie wichtig ihr das war, nahmen sie es an.
 

Naruto grinste.
 

"Ja, wir sollten wirklich öfter was machen und am besten irgendwas Teures, dann kannst du ein bisschen sein Geld ausgegeben und ihn damit ärgern!"
 

Hinata kicherte. "Das merkt der doch nicht mal Naruto!"
 

"Umso besser für uns!"
 

Sie lachten.
 

Naruto konnte von hier aus zu Fuß zu seiner Wohnung gehen und Hinata hatte offenbar noch vor ihn zu begleiten.
 

"Bist du mit dem Auto hier?", fragte Naruto sie.
 

Sakura schüttelte den Kopf. "Ich wurde hergefahren. Und ich werde auch zurückgebracht. Ich habe eben schon Bescheid gegeben, ich werde gleich abgeholt."
 

Auf der Hinfahrt hatte der Mann ihr seine Nummer gegeben und sie darauf hingewiesen, dass er in der Nähe bleiben würde und sie sich melden sollte, sobald sie zurück wolle.
 

Sie war so glücklich gewesen, dass sie gar nicht mehr an ihn gedacht hatte, aber jetzt fragte sie sich, ob er nun die ganze Zeit im Auto gesessen und gewartet hatte. Das tat ihr ein bisschen Leid.
 

Naruto und Hinata tauschten einen Blick miteinander.
 

"Charmant", sagte Naruto unfreundlich. "Was musstest du eigentlich tun, dass er dich hier herkommen lässt Sakura? War es schwer ihn dazu zu bringen? Und dann hat er zwar zugestimmt, aber du kannst dich nicht frei bewegen und wirst hergebracht und abgeholt, oder wie? Du hast doch selbst einen Führerschein! Er lässt dich offenbar gut bewachen. Ich glaube, er kommt mir doch nach wie vor wie ein komplettes Arschloch vor! Ich denke, wenn ich ihn das nächste mal sehe, dann haue ich ihm eine rein. So ganz kommentarlos. Einfach nur so."
 

"Naruto, das hilft ihr doch nicht", sagte Hinata mit einem leichten Lächeln und legte sanft ihre Hand auf seinen Arm. "Ich weiß, du kannst Ungerechtigkeit sehr schwer ertragen, aber du kannst nicht immer alle retten! Sakura ist klug und ich denke sie schlägt sich sehr gut. Unterstützen wir sie doch einfach so gut wir können, ja?"
 

Sakura musste ebenfalls Lächeln.
 

Hinata war gut darin Naruto wieder runter zu bringen. Die beiden tauschten so einen liebevollen Blick miteinander, dass auch ihr ganz warm ums Herz wurde.
 

"Oh, da ist er", sagte Sakura und deutete auf einer der Wagen der Uchihas, der am Rand der Fußgängerzone hielt. Der Mann in dem schwarzen Anzug, der sie hergefahren hatte, war ausgestiegen und wartete wie ein Bodyguard neben dem Wagen.
 

Sie verabschiedete sich ein wenig wehmütig von den beiden und ging hinaus. Sie lächelte den Mann freundlich an, als er ihr die hintere Tür aufhielt und stieg ein. Natürlich lächelte er nicht zurück. Er verzog keine Mine.
 

"Es tut mit Leid, ich habe sie Sie wirklich sehr lange warten lassen!", sagte Sakura höflich nach vorne.
 

Teilweise, weil er ihr deswegen wirklich leid tat, teilweise, weil sie es so unangenehm fand schwiegend in diesem Wagen mit ihm zu sitzen.
 

"Es ist mein Job für Ihre Sicherheit zu sorgen Mrs Uchiha. Machen Sie sich darüber keine Gedanken", sagte er sachlich.
 

"Für meine Sicherheit?", fragte sie. "Oder dafür, dass ich nicht weglaufe?"
 

Im nächsten Moment wunderte sie sich über sich. Aber Narutos aufsässige Art färbte immer etwas auf sie ab, wenn sie Zeit mit ihm verbracht hatte.
 

"Es ist mein Job für Ihre Sicherheit zu sorgen", beharrte der Mann. "Ich bin bereit notfalls für Sie zu sterben Mrs Uchiha. Also wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie nicht weglaufen würden. Das würde mir meinen Job bloß erschweren."
 

Sie starrte auf das bisschen von seinem Gesicht, dass sie in der Spiegelung des Rückspiegels erkennen konnte. Er hatte keine Mine verzogen, aber das konnte doch nur ein Scherz gewesen sein, oder?
 

"Wie meinen Sie das?", fragte sie schwach.
 

"So, wie ich es gesagt habe."
 

"Aber...wieso sollte so etwas denn überhaupt nötig sein?", fragte sie.
 

Sie nahm war, dass sie plötzlich sehr erschöpft klang.
 

Eben hatte sie sich sehr belebt gefühlt. Aber es war laut im Café gewesen, die Wirkung des Koffeins nahm nun wahrscheinlich langsam ab und sie hatte sehr viel geredet. Nun fühlte sie sich müde.
 

"Können Sie mir erklären, wie Sie das gemeint haben?", fragte sie nach, als er nicht antwortete.
 

"Sprechen Sie mit Ihrem Mann darüber Mrs Uchiha", sagte er bloß. "Aber falls möglich bitte ich Sie nicht zu erwähnen, dass ich Sie vielleicht beunruhigt habe mit meiner Äußerung. Ich nehme an, dass das negative Konsequenzen für mich hätte."
 

"Ich verstehe", sagte sie matt. "Machen Sie sich bitte keine Sorgen darüber."
 

"Danke."
 

Den Rest der Fahrt schwieg sie gedankenversunken.
 

Hieß das, dass Sasuke sie gar nicht nur so kontrollierte, weil er sie als seinen Besitz sah, sondern auch um sie zu schützen? Sowas in der Art hatte er schon einmal gesagt. Hatten die Uchihas Feinde?
 

Das Wort 'Mafiafamilie' kam ihr erneut in den Sinn, doch sie schob den Gedanken ärgerlich weg. Das hier war kein Film. Das war die Realität. Sie war schon wieder dramatisch und steigerte sich in etwas hinein!
 

Als sie wieder auf dem Anwesen war, ging sie noch einmal bei ihren Maiglöckchen vorbei. Aber ihnen schien es genauso gut zu gehen wie gestern.
 

Sie mochte sie. Sie konnte nun immer hier sitzen und an ihre Großmutter denken. Und das machte sie glücklich. Ihre Großmutter war der einzige Mensch in ihrer Familie gewesen, den sie ehrlich, bedingungslos und abgöttisch geliebt hatte. Das Pflichtgefühl, das sie sonst immer mit den Mitgliedern ihrer Famile verbandt, hatte bei ihr keine Rolle gespielt.
 

Als sie schließlich nach drinnen ging, zeigte die große Wanduhr in der Eingangshalle bereits zwanzig Uhr an.
 

Hier war es wie immer dunkel, wegen des ganzen dunklen Holzes, mit dem die hohen Wände und Säulen vertäfelt waren. Und die kleinen, alten, kunstvoll gearbeiteten Lämpchen in den Nieschen waren zwar hübsch, aber sie hellten das alles nicht wirklich auf. Vielmehr erschufen sie eine zwar stimmungsvolle, aber eher unheimliche Atmosphäre.
 

Doch immerhin war es hier im Gegensatz zu draußen behaglich warm und sie öffnete ihren Mantel, zog ihn aus und legte ihn sich beim Gehen über ihren Arm.
 

Wie beinahe jeden Abend saßen ein paar der Männer in dem Wohnzimmer, das an die Eingangshalle offen angrenzte.
 

Sie erkannte Madara, Fugaku, Izuna, Obito und Itachi und noch ungefähr fünf andere von ihnen. Sasuke war nicht dabei. Vermutlich arbeitete er noch. Aber auch ihn hatte sie schon hier mit ihnen sitzen sehen.
 

Sie schienen diesen Ort zu mögen. Manchmal schienen sie dort Geschäftliches zu besprechen, aber vielleicht schienen sie es auch einfach zu genießen dort alle zusammen zu sitzen.

Manchmal, wenn sie vorbeigegangen war, hatte sie sie auch schon zusammen reden und lachen hören. Allerdings immer eher etwas überheblich als wirklich ausgelassen. Sie waren alle so reich und so mächtig, hatten so wichtige Jobs. Vielleicht gab es ihnen ein noch größeres Gefühl von Macht, dort alle zu sitzen und über andere zu lachen.
 

Wie immer ging sie rasch, um zu der großen Treppe und nach oben zu kommen und sie achtete wie immer darauf nicht zu ihnen hinzusehen. Sie wollte ihnen auf keinen Fall einen Grund geben sie anzusprechen. Und das funktionierte auch immer.
 

Nur heute nicht.
 

"Sakura."
 

Sie blieb wie angewurzelt stehen.
 

Madara hatte nicht einmal laut sprechen müssen. Seine Stimme hatte so viel Autorität, dass das nicht nötig war. Die Stimmen der anderen waren sofort verstummt und es herrschte nun Totenstille.
 

"Komm her", sagte Madara ruhig.
 

Ein paar Herzschläge lang blieb sie einfach dort stehen. Irgendwie hoffte sie, dass sie sich vielleicht verhört hätte. Doch dann wurde ihr klar, dass das nicht der Fall war. Aber sie wollte nicht. Sie wollte nicht zu ihm gehen. Sie hatte Angst vor ihm. Vor ihnen allen.
 

Langsam drehte sie sich von der großen Treppe weg und zur Seite. Alle saßen sie da, in ihren alten, teuren Sesseln und sahen zu ihr.
 

"Hast du nicht verstanden, was er gesagt hat?", fragte einer von ihnen ein wenig drohend. "Er sagte, du sollst herkommen. Also tu, was er dir sagt."
 

Also ging sie auf sie zu.
 

Irgendwie kamen ihr ihre hohen Absatzschuhe plötzlich so instabil vor. Sie hätte lieber ganz fest und sicher auf dem Boden gestanden. Sie hätte lieber ein längeres Kleid getragen. Warum hatte sie nicht wenigstens ihren Mantel angelassen?
 

Sie blieb an der Schwelle stehen, die die Halle mit dem Wohnzimmer verband. Es war wie eine Art Nebenraum, so als ob einfach nur eine Wand fehlen würde. Sie wollte diese Schwelle nicht übertreten.
 

"Komm her", sagte Madara noch einmal ruhig.
 

Also war das offensichtlich nicht nah genug. Sie nahm all ihren Mut zusammen und ging mit gesenktem Kopf zwischen ihnen hindurch auf Madaras Sessel zu.
 

Zwei Meter vor ihm blieb sie wieder stehen.
 

Sie spürte ihr Herz klopfen und das Muster des alten Teppichs kam ihr sehr interessant vor. Wie alt dieser Teppich wohl war? Wie viele Jahre lag er hier schon? Wie lange lebte diese Familie eigentlich schon auf diesem Anwesen?
 

Sie hörte wie Madara sich erhob. Er kam auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen.
 

Sie sah stur weiter auf den Boden. Immer noch war alles sehr still.
 

"Was hast du vor?", hörte sie Fugaku mit beiläufigem Interesse fragen.
 

"Ich will mir unseren Neuzugang nur mal genau ansehen", sagte Madara beinahe sanft. "Vielleicht war es ein Versäumnis, dass ich das bisher nicht getan habe."
 

"Sieh mich an", fügte er an sie gewandt hinzu.
 

Aber sie schaffte es einfach nicht. Sie fühlte sich vollkommen gelähmt. Sie konnte sich einfach nicht rühren. Es war schrecklich, wie sie alle so still da saßen und einfach nur zusahen, mit ihren schwarzen Haaren und Augen, ihrer hellen Haut, ihren teuren dunklen Anzügen und Armbanduhren. Sie hasste es!
 

"Ich gebe dir einen Tipp Mädchen", sagte einer von ihnen streng. "Es ist keine gute Idee sich trotzig zu verhalten, wenn Madara dich zu etwas auffordert."
 

"Sie ist nicht trotzig", hörte sie Itachi ruhig sagen. "Sie hat bloß Angst."
 

"Ja, das hat sie wohl", sagte Madara ruhig. "Diese Wirkung habe ich leider manchmal auf Leute."
 

Einige von ihnen lachten.
 

"Sasuke kommt", sagte Itachi beiläufig.
 

Durch die Fenster konnte man auf den Hof sehen und wahrscheinlich kam Sasuke gerade von der Arbeit.
 

Sie wollte auch nach draußen sehen, aber sie war immer noch zu verängstigt, um den Kopf zu heben. Also stand sie einfach weiter vollkommen erstarrt da.
 

Sie hatte nicht geglaubt, dass sie einmal so froh darüber sein würde, dass Sasuke nach Hause kam. Aber sie hatte keine Ahnung, was das für sie in dieser Situation bedeutete.
 

Würde er ihr helfen? Konnte er das überhaupt?

Die Familie Uchiha (Teil 2)

Madara überging Itachis Bemerkung, als wäre Sasukes Ankunft nicht weiter relevant. Er hob seine Hand und berührte Sakuras Kinn mit der Spitze seines Zeigefingers.
 

Das Geräusch der zufallenden Haustür hallte durch die Eingangshalle.
 

Sakura spürte, wie Madara leichten Druck ausübte, damit sie den Kopf hob und ihn ansah. Und das tat sie auch.
 

Ihr Instinkt sagte ihr, dass es dumm wäre, sich ihm zu widersetzen und das hatte sie ja auch gar nicht bewusst vorgehabt, aber sie hatte wohl diesen kleinen Anstupser gebraucht, um es zu schaffen endlich ihren Blick vom Boden zu heben und ihn anzusehen.
 

"Was ist hier los?"
 

Das war Sasuke. Sie hörte, wie er ein paar Schritte näher kam und dann ein Stück von ihr entfernt stehen blieb.
 

"Hallo Sasuke", sagte Madara ruhig und fuhr fort Sakuras Gesicht zu mustern, als würde dort etwas Interessantes geschrieben stehen.
 

"Was machst du mit ihr?", fragte Sasuke ein wenig unfreundlich. "Habe ich irgendwas verpasst?"
 

"Vielleicht", sagte Madara nachdenklich und fuhr fort sie zu mustern. Sie konnte seinem Blick kaum noch standhalten.
 

"Also entweder du erklärst mir das jetzt genauer oder du hörst auf meine Frau anzufassen", sagte Sasuke grob. Jetzt schien er verärgert zu sein.
 

"Bleib ruhig Sasuke", sagte Fugaku. "Er meinte, er wollte sie sich bloß einmal genau anschauen. Wir wissen auch noch nicht was er vorhat."
 

"Sakura", sagte Madara beinahe sanft. "Gibt es etwas, das du mir sagen möchtest?"
 

Sakura konnte ihn nur verstört ansehen.
 

Sie hatte keine Ahnung, was hier passierte. Was wollte er von ihr? Was sollte sie ihm denn sagen wollen? Das sie heimlich die Pille nahm? Nein, das 'wollte' sie ihm mit Sicherheit auf gar keinen Fall sagen! Sie 'wollte' ihm überhaupt nichts sagen! Sie wollte am liebsten überhaupt gar nichts mit ihm zu tun haben!

Warum sahen sie alle bloß tatenlos zu? Hatten sie auch alle so viel Angst vor ihm?
 

"Nein", sagte sie und sie nahm wahr, dass ihre Stimme leicht brüchig klang.
 

Madara nahm endlich seinen Zeigefinger von ihrem Kinn. Er trat sogar wieder einen kleinen Schritt zurück.
 

Sakura trat ebenfalls rasch einen Schritt zurück. Sie wollte weg von ihm.
 

Sie sah sich zu Sasuke um.
 

Er stand drei Schritte von ihr entfernt, ein wenig schräg hinter ihr und musterte Madara mit leicht gerunzelter Stirn.
 

"Sieh mich an Sakura", sagte Madara erneut. "Ich bin noch nicht fertig mit dir."
 

Sie versuchte immer noch Sasukes Blick aufzufangen und nun sah er zu ihr. Er wirkte verstimmt.
 

Aber er sagte bloß: "Tu was er sagt."
 

Sie warf ihm einen wütenden Blick zu und wandte sich wieder zu Madara um.
 

Der drehte sich um, ging wieder die zwei Schritte zurück zu seinem Sessel und setzte sich. Er lehnte sich entspannt zurück, legte seine Arme auf die Lehnen, legte leicht seinen Kopf schief und fuhr fort sie nachdenklich zu mustern.
 

"Warum haben wir jetzt eigentlich Giftpflanzen auf dem Grundstück?", fragte er beiläufig.
 

"Das war nicht ihre Idee", sagte Sasuke, bevor sie etwas sagen konnte. Wieso klang er so ruhig? Hatte er keine Angst? Ihr kam diese Situation schrecklich vor. Ihm nicht? Was war denn nur los?
 

"Sie verbindet bloß etwas Schönes mit diesen Pflanzen und ich wollte etwas Nettes tun", fuhr Sasuke fort, in einem Ton, der zeigte, dass es ihm nicht passte, dass er das jetzt erklären musste. "Überall im Haus ist Gegengift und sie hat nicht vor hier jemanden zu vergifteten. Aber das weißt du sicher, also sag mir jetzt, was dein Grund für dein plötzliches Interesse an ihr ist!"
 

"Hmmm", sagte Madara nachdenklich. Er hatte kurz zu Sasuke gesehen, während er gesprochen hatte, aber jetzt musterte er sie wieder.
 

"Sakura, läufst du weg vor mir? Ich habe kürzlich bemerkt, dass du alles tust, was du kannst, um mir auszuweichen. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?"
 

Sie sah ihn nur verstört an.
 

Was wollte er von ihr? Konnte er denn nicht verstehen, dass sie Angst vor ihm hatte? Dass diese ganze Situation hier sie schrecklich verunsicherte? Er entschied doch hier alles! Also wusste er doch ganz genau, dass sie sie alle zu einer Schwangerschaft drängen wollten. Durfte sie ihn deswegen jetzt nicht mal mehr verabscheuen?
 

"Sie läuft vor uns allen weg, nicht nur vor dir Madara", sagte Fugaku. "Sie will eben nicht hier sein."
 

Er sagte das vollkommen gleichgültig, als wäre es egal.
 

"Ja", sagte Madara langsam. "Das ist mir bewusst. Ich verstehe bloß nicht, wieso sie solche Angst hat. Sie versucht es zu verbegen, aber sie ist regelrecht verstört. Was machst du denn mit ihr Sasuke?"
 

Sakura konnte das alles nicht glauben. Waren sie etwa alle verrückt? Machten sie sich jetzt etwa über sie lustig? Genossen sie es einfach gerade, dass sie hier stand und so ausgeliefert war?
 

Sie wandte sich leicht verzweifelt wieder Sasuke zu. Alle anderen sahen nun ebenfalls zu ihm.
 

"Ich tue, was ich tun soll", sagte Sasuke gereizt. "Was erwartest du von mir Madara?"
 

"Bist du grob zu ihr? Ist sie deshalb so verstört?"
 

"Selbstverständlich nicht!", sagte Sasuke. "Ich versuche das Beste aus der Situation zu machen! Ich kann nichts tun, außer es jeden Abend zu versuchen, oder?"
 

"Nein", sagte Madara ruhig. "Das kannst du wohl nicht."
 

Er musterte sie wieder nachdenklich.
 

"Ich frage mich bloß gerade, ob wir da nicht etwas übersehen haben könnten", sagte er langsam und mehr zu sich selbst.
 

Sakura hatte das Gefühl gleich durchzudrehen. Wie konnten sie nur alle so über sie reden, während sie hier stand und zuhören musste? War es nicht schlimm genug, wie sie sie zu dieser Schwangerschaft drängten? Mussten sie das jetzt hier vor allen thematisieren? Das war so schrecklich demütigend!
 

"Kann ich jetzt gehen?", fragte sie. "Ich möchte nicht-"
 

"Nein", sagte Madara ruhig aber entschieden. "Du bleibst, bis ich sage, dass wir fertig sind."
 

"Madara, sie hat Angst!", sagte Sasuke.
 

Er trat einen Schritt näher zu ihr, als wollte er sie durch seine Nähe beruhigen.
 

"Ich denke, ich habe eventuell einen Fehler gemacht", sagte Madara plötzlich, als wäre er bei seinem Nachdenken zu seinem Ergebnis gekommen. "Ich denke, wir haben alle etwas übersehen."
 

Er beugte sich zu Fugaku hinüber, der in einem Sessel rechts von ihm saß und sich sofort ebenfalls zu ihm beugte. Madara sagte leise ein paar Sätze zu ihm.
 

Einen Moment sah Fugaku überrascht aus.
 

"Das ist ziemlich weit hergeholt Madara", sagte er. Er klang skeptisch.
 

"Aber es ist möglich, nicht wahr?", fragte Madara.
 

"Ja", sagte Fugaku sehr langsam. "Möglich ist es. Das würde natürlich auch erklären, warum es nicht klappt."
 

"Dann geh bitte hoch und überprüfe es", sagte Madara ruhig.
 

Fugaku erhob sich kommentarlos und ging an ihnen allen vorbei und auf die große Treppe zu, die nach oben führte.
 

"Es tut mir leid Sasuke und Sakura", sagte Madara und wandte sich ihnen wieder zu. "Aber ich muss ihn eure Räumlichkeiten durchsuchen lassen."
 

"Wie bitte?", fragte Sasuke überrascht.
 

Aber Sakura war plötzlich ein schrecklicher Verdacht gekommen.
 

'Er weiß es', dachte sie. 'Er weiß, dass ich heimlich die Pille nehme! Er hat es irgendwie erraten! Weil ich so eine Angst davor hatte, dass sie dahinter kommen, ist er nun auch dahinter gekommen!'
 

Und nun hatte er Fugaku nach oben geschickt, um danach zu suchen. Sie hatte die beiden Packungen, die nun leere alte und die neue, in einer alten Tamponschachtel in ihrem Kulturbeutel versteckt. Da hatten die kleinen Packungen perfekt reingepasst. Oben drauf hatte sie zur Tarnung wieder Tampons getan.
 

Das war das beste Versteck gewesen, das sie im Bad hatte finden können. Nun kam ihr das sehr dürftig vor. Aber etwas Besseres hatte es einfach nicht gegeben.
 

Würde Fugaku sie finden? Würde er so weit in ihre Privatssphäre eindringen?
 

Ja, das würde er wohl. Ein paar Frauenhygieneartikel zu durchsuchen war eigentlich weniger übergriffig, als seinen Sohn dazu zu bringen eine Frau zu schwängern, die das nicht mal wollte.
 

Aber vielleicht war er genauso wie ihr Vater? Ihr Vater war immer unangenehm berührt, wenn es um 'Frauenthemen' ging.
 

Doch irgendwas sagte ihr, dass Fugaku Uchiha nicht wie ihr Vater war. Er würde die Packungen finden und damit zurückkommen. Und dann? Was würden sie dann mit ihr machen?
 

"Madara was ist hier los?"
 

Jetzt klang Sasuke langsam richtig wütend, obwohl er nach wie vor bemüht schien ruhig zu bleiben.
 

"Gedulde dich noch einen Moment Sasuke", sagte Madara. "Ich habe einen Verdacht. Ich denke, dass wir alle hintergangen worden sind und es seit sechs Monaten nicht bemerkt haben."
 

"Was-", setzte Sasuke an, während ein paar der anderen unbehagliche Blicke miteinander tauschten.
 

"Setz dich hin Sakura", sagte Madara wieder mit dieser beinahe sanften Stimme, die ihr bloß noch mehr Angst machte. "Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen."
 

Sakura ließ sich sofort auf einen der samtbezogenen Hocker sinken, der direkt neben ihr stand.
 

Sie hatte keine Kraft mehr. Das letzte halbe Jahr, die Angst, dieser ständige subtile Druck, diese Erwartungen an sie, Sasukes Schweigen, die unheimlichen Andeutungen, die sie ständig von allen über diese Familie hörte, das alles war einfach langsam zu viel für sie. Sie hatte es lange ausgehalten, aber sie konnte nicht mehr.
 

"Ich habe wohl recht", sagte Madara und musterte sie wieder. Dass sie sich hatte setzen müssen schien ihn in seiner Vermutung zu bestätigen.
 

"Ich muss sagen, es ist etwas beschämend, dass ich mich derart an der Nase herumführen lassen habe. Selbstverständlich wäre das nicht passiert, wenn ich mich richtig mit dir beschäftigt hätte. Aber du bist Sasukes Frau, ich wollte dir einfach nicht zu nahe treten. Das war offenbar ein Fehler."
 

Einen Moment herrschte Schweigen und Sakura hörte deutlich wie ihr Herz in ihrer Brust schlug.
 

"Madara, was-", setzte Sasuke erneut an, doch er brach wieder ab. Sie alle hörten, wie Fugaku wieder die Treppe herunter kam und alle drehten sich zu ihm um.
 

Alle außer Sakura. Sie wusste, dass er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. Sonst wäre er nicht so schnell zurückgekommen. Also saß sie einfach da und blickte auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoß auf der Tasche und dem Mantel liegen hatte.
 

"Du hattest recht", hörte sie Fugaku sagen und nun hob sie doch wieder ihren Blick.
 

Fugaku ging auf Madara zu und hielt ihm die beiden Packungen hin.
 

"Sie nimmt die ganze Zeit eine Antibabypille. Die eine Sechsmonatspackung ist leer. Die zweite noch ganz voll. Sie muss es irgendwie geschafft haben ihrer Mutter kurz zu entkommen und sich eine neue Packung zu besorgen, als sie mit ihr beim Arzt war."
 

"Beeindruckend", sagte Madara bloß und nahm ihm die beiden Packungen ab. Fugaku setzte sich wieder neben ihm in seinen Sessel.
 

"Also dann Sasuke, hier ist die Erklärung, die du wolltest", sagte Madara und sah ihn an.
 

"Du schläfst seit über sechs Monaten mit deiner Frau und versuchst zu erreichen, dass sie von dir schwanger wird und sie nimmt eine Anibabypille, um das zu verhindern, weil sie das ganz offensichtlich nicht möchte. Und sie hat so eine Angst vor dir, vor uns und vermutlich auch vor ihrer eigenen Familie, dass sie sich nicht getraut hat mit jemandem darüber zu sprechen."
 

"Was?"
 

Sasuke klang schwach.
 

"Ich verstehe nicht", sagte er langsam.
 

"Oh, ich glaube du verstehst schon", sagte Madara. "Du bist schließlich ziemlich intelligent. Du findest den Gedanken bloß gerade derart abstoßend, dass du ihn nicht zulassen kannst."
 

"Toll gemacht Sasuke", sagte Itachi kühl. "Sie muss sich schrecklich gefühlt haben."
 

"Das reicht Itachi!", sagte Fugaku scharf. "Du bist dafür auch zu einem Teil mitverantwortlich! Wenn Sasuke deinetwegen nicht so ein schlechtes Gewissen hätte, dann wäre er sicher etwas zugänglicher gewesen und sie hätte sich vielleicht getraut mit ihm zu sprechen! Aber du lässt ihn absichtlich leiden und weil du ihm so wichtig bist, kann er sich seinen Egoismus selbst nicht verzeihen. Verzeih ihm endlich!"
 

Er wandte sich Sasuke zu. "Und du hör endlich auf Schuldgefühle zu haben! Du wolltest sie und du hast sie bekommen! Benimm dich wie ein erwachsener Mann und übernimm Verantwortung! Vertag dich mit deinem Bruder und lass nicht deine Frau darunter leiden, sie kann nun wirklich nichts dafür!"
 

Fugaku fasste sich mit zwei Fingern an die Stelle zwischen Nase und Stirn, als würde er Kopfschmerzen bekommen. "Aber am meisten sind wohl Mikoto und ich schuld an dieser Misere", seufzte er. "Vielleicht konnten wir uns als Eltern einfach nicht vorstellen, dass Sakura das nicht wollen könnte. Und darum sind wir darauf hereingefallen."
 

Madara hob die Hand, um für Schweigen zu sorgen.
 

"Nun, das ist alles sehr ungünstig gelaufen", sagte er. "Wie ich bereits sagte, es ist beschämend."
 

Sakura konnte ihn nur verstört ansehen, als er sich ihr wieder zuwandte. Sie hatte das Gefühl als wäre ein merkwürdiges Rauschen in ihrem Kopf. Irgendwie kam sie jetzt nicht mehr so ganz mit.
 

"Du wolltest also nicht von Sasuke schwanger werden?", fragte Madara.
 

"Nein", flüsterte Sakura.
 

"Aber du dachtest, wir zwingen dich einfach dazu, wenn du ganz offen sagst, dass du das nicht willst? Du dachtest er tut es dann einfach gegen deinen Willen?"
 

Sie nickte schwach.
 

"Und wegen eines Missverständnisses hast du nun sechs Monate diesen Psychoterror ausgehalten und ertragen, dass dein Mann unverhütet mit dir schläft, ohne dich auch nur einmal zu fragen, ob du das möchtest? Du dachtest also, was du willst, spielt für uns alle keine Rolle und daher hattest du solche Angst vor uns?"
 

"Ja", flüsterte Sakura. Was für ein Missverständnis? Wovon sprach er überhaupt.
 

"Nun", sagte Madara, "versteh mich nicht falsch. Du sollst von Sasuke schwanger werden. Das möchten wir alle. Es ist aus Gründen, die hier jetzt gerade keine Rolle spielen, wichtig für diese Familie, dass Sasuke Nachkommen zeugt. Allerdings sind wir alle die ganze Zeit davon ausgegangen, dass du das auch möchtest. Er ist die ganze Zeit davon ausgegangen, dass er das mit deinem Einvernehmen versucht."
 

"Was?", fragte Sakura verstört und sah Madara an.
 

"Aber mich hat doch nie jemand gefragt!", rief sie verzweifelt. "Ich habe nie gesagt, dass ich das will! Ich wollte das alles nicht! Ich wollte nicht heiraten, ich wollte nicht hier herkommen und ich will nicht schwanger werden!"
 

"Madara", sagte Itachi leise und er klang ein wenig traurig. "Gib Sasuke ein paar Sekunden. Er muss erstmal seine Wut unter Kontrolle bekommen."
 

Sakura wandte sich zu Sasuke um und auch alle anderen sahen zu ihm.
 

Er stand einfach nur da, den Kopf ganz leicht nach oben zur weit entfernten Decke gerichtet und er hatte die Augen geschlossen. An seinem Kiefer zuckte ein Muskel und er hatte seine Hände zu Fäusten geballt.
 

"Es tut mir leid, Sasuke", sagte Itachi leise. Er klang niedergeschlagen.
 

"Du musst dich schrecklich fühlen, weil du nun das Gefühl hast, ihr das ganze letzte halbe Jahr über jeden Abend etwas angetan zu haben. Aber es ist nicht alleine deine Schuld. Unser Vater hat recht, ich hätte dir früher verzeihen sollen! Und unsere Eltern hätten sich nicht täuschen lassen sollen. Wir sind alle Schuld daran."
 

Sasuke öffnete leicht die Augen und sah zu seinem Bruder hin.
 

"Lass uns wieder Frieden schließen", sagte Itachi. "Du fehlst mir."
 

"Ja", sagte Sasuke matt.
 

"Gut", sagte Itachi mit einem vorsichtigen Lächeln.
 

"Danke", sagte Sasuke leise.
 

"Setz dich hin Sasuke", sagte Madara. "Ich gebe Sakura noch die Erklärung, die sie braucht und dann kannst du sie wieder haben und ihr könnt nach oben gehen und euch ausruhen oder aussprechen."
 

Obito stand aus seinem Sessel auf, damit Sasuke dort Platz nehmen konnte und er ließ sich sofort in das dunkle Polster sinken, lehnte sich nach hinten, legte den Kopf zurück und sah an die Decke. Offenbar wollte er niemanden ansehen.
 

Obito legte ihm mitfühlend seine Hand auf die Schulter.
 

"Also dann Sakura", sagte Madara und wandte sich ihr wieder zu. "Ich muss dir leider mitteilen, dass deine Eltern offenbar wenig Skrupel haben dein Wohlergehen gegen einen Machtgewinn einzutauschen."
 

"Was?", frage Sakura schwach.
 

"Wir sind mit unserem Wunsch an Sie herangetreten, dass du Sasuke heiraten sollst", erklärte Madara. "Sie waren begeistert von dieser Idee. Sie haben sich dadurch einige Vorteile für sich versprochen, die wir Ihnen auch gewährt haben. Angefangen bei viel Geld bis hin zu dem neuen Amt deines Vaters. Fugaku und Mikoto haben klar zum Ausdruck gebracht, was wir von dieser Ehe erwarten. Nämlich Nachwuchs. Deine Eltern versicherten uns, dass das ganz in deinem Sinne wäre. Sie betonten, dass du es kaum erwarten könntest Kinder zu bekommen. Sie sagten, Mutter zu werden sei seit jeher dein größter Wunsch, du hättest gerne Sasuke als Vater und dafür wärst du bereit diese Ehe einzugehen. Sie stellten es vor Fugaku und Mikoto so dar, als würdest du dich geehrt fühlen, Sasukes Kinder austragen zu können. Das klang für uns nicht unplausibel. Sasuke sieht sehr gut aus, er ist jung und gesund und sehr reich. Die meisten Frauen hätten wohl gerne Kinder von ihm. Uns war bewusst, dass du diese Ehe nicht wolltest, das sah man dir an. Du wolltest nicht hier sein. Auch das haben wir dir alle angesehen. Aber deine Eltern haben beteuert - und das in den vergangenen Monaten immer wieder - dass das für dich alles in Ordnung wäre, weil du den Wunsch hast Mutter zu sein. Sie sagten, das sei alles was du wolltest. Sie haben uns gebeten mit dir nicht darüber zu sprechen. Zuerst, weil sie sagten du seist, was diese Dinge angeht, unerfahren und es wäre dir sehr unangenehm darüber zu sprechen. Sie sagten, Sasuke solle es einfach tun. Und später haben sie zu Mikoto gesagt, dass du sehr traurig seist, dass es nicht klappte und niemand von uns wollte es ansprechen, um es für dich nicht noch schwerer zu machen oder dich unter Druck zu setzen."
 

"Nein", flüsterte Sakura verzweifelt. "Das kann nicht sein!"
 

Das konnte alles nicht wahr sein! War sie ihren Eltern derart egal? Aber überraschte sie das wirklich? Hatte sie wirklich jemals das Gefühl gehabt, dass sie wirklich bedingungslos von ihnen geliebt worden war?
 

"Nun, ich fürchte doch", sagte Fugaku. Er klang müde.
 

"Offenbar denken deine Eltern, dass sie besser wissen, was gut für dich ist als du. Und offenbar bist du dein Leben lang so unterdrückt und manipuliert worden, dass du es gewohnt bist, solche schwierigen Situationen mit einer bewundernswerten Ausdauer stumm zu ertragen, obwohl du leidest. Ich bin sicher nicht immer der beste Vater, aber sowas seinem Kind anzutun ist schon heftig. Das habe ich mir nicht vorstellen können und deshalb ist es zu dieser Situation gekommen."
 

Alle schwiegen einen Moment.
 

"Selbstverständlich braucht Sasuke nach wie vor Nachkommen", sagte Madara schließlich in die Stille. "Und wie ihr wisst, habe ich meine Gründe, weswegen ich immer noch am liebsten Sakura für diese Aufgabe haben will."
 

"Ja", sagte Izuna. "Wir haben drei Möglichkeiten. Wir können sie zwingen. Aber nur wenn Sasuke dazu bereit ist ihr das anzutun. Es kommt wohl darauf an, wie gerne er sie behalten will. Wir können die Ehe auflösen und ihn neu verheiraten. Aber dann muss sie natürlich trotzdem hierbleiben. Oder wir können ein wenig abwarten und hoffen, dass er sie mit der Zeit überzeugen kann. Vielleicht gelingt ihm das, wenn sie jetzt nicht mehr dieser bisherigen Situation ausgesetzt ist und er besser auf sie eingehen kann, jetzt wo er und Itachi sich wieder vertragen haben. Allerdings können wir nicht ewig warten."
 

"Nicht mehr heute Abend Izuna", sagte Obito sanft zu ihm. Er hatte immer noch seine Hand auf Sasukes Schulter liegen. "Lasst es jetzt gut sein fürs Erste. Selbstverständlich müsst ihr dazu zeitnah eine Entscheidung treffen, aber für heute ist es genug, denkst du nicht?"
 

"Ja", sagte Madara. "Du hast wohl recht."
 

Wieder herrschte einen Moment Schweigen.
 

"Kann...kann ich die wieder haben?", fragte Sakura vorsichtig und deutete auf die Packungen mit der Antibabypille in seiner Hand.
 

Er sah sie nachdenklich an.
 

"Ja", sagte er.
 

Sie stand auf und wollte sie entgegen nehmen, als er sie ihr reichte, aber er zog sie ein Stück zurück, kurz bevor sie sie erreichen konnte.
 

"Vorerst", sagte er. "Ich nehme sie dir vielleicht wieder weg. Aber egal was ich entscheide, ich verspreche dir, dass du in Zukunft informiert und einbezogen wirst. Niemand wird einfach so über dich verfügen, ohne zumindest mit dir zu sprechen und sich deine Wünsche anzuhören."
 

Er gab ihr die Packungen und sie nahm sie vorsichtig an sich. Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich fühlen sollte. Das war alles zu viel. Dennoch hatte sie das Gefühl plötzlich nicht mehr ganz so eine große Angst zu haben. Sie fühlte sich nun handlungsfähiger. Ihr wurde klar, dass es für sie am schlimmsten gewesen war, dass einfach niemand mit ihr gesprochen hatte und sie in völliger Ungewissheit hatte Leben müssen. Jetzt war sie ihnen offenbar immer noch ausgeliefert. Und man hatte scheinbar nicht vor sie gehen zu lassen. Doch immerhin wusste sie nun woran sie war. Das war besser. Viel besser."
 

Sasuke stand auf. Er sah aus, als hätte er sich wieder vollkommen unter Kontrolle.
 

"Du hast dich gut geschlagen Sakura", sagte Madara mit einem leichten Lächeln. "Du hast sechs Monate unter einer physisch schwierigen Situation gut durchgehalten. Du hast es offenbar geschafft uns alle hinters Licht zu führen und du hast es auch geschafft beim Arzt deine Mutter lange genug loszuwerden. Aber letztenendes wirst du dich hier einfinden müssen. Denn du kannst hier nicht mehr weg."
 

"Warum nicht?", fragte sie leise.
 

Madara lächelte.
 

"Das erkläre ich dir irgendwann. Wenn ich mir ganz sicher sein kann, dass wir deine uneingeschränkte Loyalität haben. Nicht zuletzt deshalb hätte ich gerne gehabt, dass du Mutter bist. Das würde dich an diese Familie binden und ich könnte mich auf deine Treue verlassen, denn du würdest vielleicht nicht Sasuke, aber doch zumindest dein Kind lieben. Das würde dich kontrollierbar machen und ich könnte dir vertrauen."
 

Sakura hatte das Gefühl jetzt wirklich keine Kapazitäten mehr zu haben. Sie musste das alles erstmal in Ruhe verarbeiten. Sie war völlig durcheinander. Sie konnte nicht fassen, dass ihre Eltern sie derart hintergangen hatten.
 

"So", sagte Madara. "Jetzt bin ich fertig mit dir."
 

Er sah zu Sasuke, der einen Schritt auf sie zugetreten war.
 

"Du kannst deine Frau nun zurück haben Sasuke. Bring sie nach oben und lass sie sich ausruhen."

Erklärungen

Sasuke schloss die Tür hinter sich und drehte den Schlüssel im Schloss um, so wie er es immer tat.
 

Sakura wandte sich nicht gleich zu ihm um. Keiner von ihnen hatte das Licht angemacht. Aber die Vorhänge waren offen und etwas Mondlicht schien in den Raum.
 

Einen Moment stand sie einfach mitten im ihrem Schlafzimmer und versuchte zu verarbeiten, was gerade passiert war. Das hatte auf dem Weg hier hoch schon nicht richtig geklappt. Und jetzt klappte es auch nicht.
 

Also drehte sie sich doch um.
 

Sasuke stand noch vor der Tür und war damit beschäftigt seine Krawatte auszuziehen. Er warf sie neben sich auf eine Komode. Dann öffnete er die obersten zwei Knöpfe an seinem Hemdkragen. Vielleicht hatte er, wie sie auch, das Gefühl erstmal durchatmen zu müssen.
 

Dann hob er endlich den Kopf und sah sie an.
 

Einen Moment standen sie einfach so da und musterten sich. Und dann stellte Sakura die erste Frage. Die, auf die sie am allermeisten eine Antwort haben wollte. Nein. Auf die sie eine Antwort haben musste!
 

"Izuna hat gesagt, dass eine mögliche Option wäre mich zu zwingen, denn du bereit wärst mir das anzutun", sagte sie. "Ich kann dich überhaupt nicht einschätzen. Wärst du zu sowas bereit? Ich habe den Eindruck, dass du fast schon besessen von mir bist. Wie weit würdest du gehen, um mich behalten zu können und nicht neu heiraten zu müssen?"
 

Er schwieg. Aber davon hatte sie genug. Sie würde sein Schweigen nicht mehr einfach so akzeptieren. Sie war nicht mehr so verängstigt. Diese Ungewissheit und diese vage Situation, dieser subtile Druck, dieses Schweigen, das hatte sie fertig gemacht. Aber nun war es anders. Nun war sie das erste Mal in ihrem Leben ganz einfach wütend. Auf ihn. Auf sie alle. Auf ihre Eltern.
 

Auf die am meisten. Ihre Eltern waren an all dem hier schuld. Sie hatten sie ihr Leben lang klein gehalten, sie verunsichert, ihr immer wieder eingeredet, dass sie egoistisch wäre und schließlich hatten sie die ihr anerzogene Selbstlosigkeit und Verunsicherung benutzt, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
 

"Gib mir bitte eine Antwort darauf."
 

"Sehr weit", sagte er. "Ich würde sehr weit gehen."
 

Sie sah ihn an. Und wartete.
 

"Aber so weit nicht."
 

Er erwiderte ihren Blick ernst. Und sie glaubte ihm.
 

"Ich möchte wissen, warum du mit deinem Bruder verstritten warst", sagte sie.
 

Sasuke wich ihrem Blick wieder aus und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Wie ihr schien, einfach nur um irgendetwas zu tun.
 

Dann hob er den Blick wieder leicht zur Decke. Heute Abend schien er sie wirklich nicht ansehen zu können. Schämte er sich so sehr?
 

"Er hat Gefühle für dich", sagte er schließlich.
 

"Was?", fragte sie entsetzt.
 

"Wir haben dich all die Jahre auf diesen Veranstaltungen, Events, Treffen und Feiern immer beobachtet", fuhr er fort, immer noch ohne sie anzusehen.
 

"Jeder hat das. Jeder wollte dich. Und Itachi sollte dich bekommen. Er sollte dich eigentlich heiraten. Er hat sich darauf gefreut. Sobald du mit dem Studium fertig wärst, wollte meine Familie deine darauf ansprechen. Lange Zeit ist er davon ausgegangen, dass er bekommt, was ich am Ende bekommen habe. Und ich war schrecklich eifersüchtig. Ich wusste, ich würde es hassen, dich hier mit ihm sehen zu müssen. Zu wissen, dass du nur ein paar Räume weiter in seinem Bett liegen würdest. Aber dann hat sich die Situation verändert, Madara hat eine Entscheidung getroffen und die Wahl ist stattdessen auf mich gefallen. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Itachi wusste nichts davon, dass ich auch Gefühle für dich hatte. Und er hat darum gebeten, dass ich eine andere auswählen würde, damit er nicht die ganze Zeit ertragen muss, dass du hier bist, aber bei mir und nicht bei ihm, so wie es eigentlich vorgesehen war. Aber ich war egoistisch. Ich hatte mich bereits darauf eingestellt, dass ich leiden würde, wenn er dich bekommt. Ich hatte mich bereits damit abgefunden. Ich liebe ihn. Er ist mein Bruder, aber er war auch immer mein bester Freund. Und ich seiner. Doch plötzlich bekam ich einfach die Möglichkeit angeboten, das zu bekommen, was ich mir so sehnlichst wünschte. Und ich brauchte bloß eine kleine egoistische Entscheidung zu treffen. Es war so leicht, so einfach. Und das erste Mal in meinem Leben tat ich das, was ich wirklich wollte. Nicht das, was richtig war, sondern einfach das, was ich mir ganz privat für mich gewünscht habe. Madara, Fugaku und Izuna, sie hätten das eigentlich nie zugelassen. Streit wird in dieser Familie nicht geduldet und es war klar, dass das Streit zwischen uns provozieren würde. Aber Madara hatte einen Grund, weswegen er bereit war eine Ausnahme zu machen. Also habe ich mich gegen meinen Bruder und besten Freund und für eine Frau entschieden, die ich eigentlich gar nicht kannte. Ich machte damit ihn unglücklich und dich auch. Ich habe mir eingeredet, dass du vielleicht gar nicht so unglücklich sein würdest. Eigentlich sind die Frauen hier alle recht zufrieden, auch wenn es so viele Regeln und Einschränkungen gibt. Damit wollte ich mich selbst beruhigen und meine Entscheidung vor mir selbst legitimieren. Aber eigentlich war mir klar, dass du anders warst. Du wolltest frei sein. Richtig bewusst wurde mir das, als dich dein Vater an dem Tag der Hochzeit zu mir nach vorne geführt hat. Aber da war alles schon zu spät. Und ich wollte dich trotzdem. Ich sagte es bereits, ich war schrecklich selbstsüchtig. Und das bin ich noch. Ich will dich behalten. Ich fühlte mich die ganze Zeit schrecklich. Deinetwegen und weil ich Itachi verloren hatte. Er hat kaum noch mit mir gesprochen. Natürlich nicht. Es muss die Hölle für ihn gewesen sein und wahrscheinlich ist es das noch. Ich bin dankbar, dass er heute Abend bereit war auf mich zuzugehen. Man hatte mir gesagt, du möchtest ein Kind. Ich habe das einfach geglaubt. Ich bin davon ausgegangen, dass unsere Familien alles besprochen haben, dass du richtig einbezogen worden bist und zugestimmt hast. Ich bin davon ausgegangen, dass alles geklärt ist, dass ich mich darauf verlassen kann. Normalerweise ist das hier so. Solche Fehler gibt es hier normalerweise nicht. Und ich war so überfordert mit meinen Emotionen, dass ich überhaupt nicht mit dir umgehen konnte. Wenn ich überfordert bin, dann schweige ich. Das war schon immer so bei mir. Und ich dachte, dass du mich nicht ausstehen kannst. Jetzt weiß ich, dass ich mich richtig hätte bemühen müssen. Ich hätte meine Schuldgefühle überwinden müssen und mich um dich bemühen müssen, dann hättest du vielleicht nicht sechs Monate vollkommen verzweifelt heimlich verhüteten müssen. Aber ich verstand deine Angst als Ablehnung gegen mich und als Angst vor mir. Ich habe es einfach nicht geschafft mit dir zu reden. Und ich hoffte, wenn du schnell schwanger werden würdest, dann würdest du vielleicht glücklicher sein, weil man mir nun mal erzählt hatte, dass du Mutter sein wolltest. Ich dachte, das sei das Einzige, was ich für dich tun kann."
 

Er senkte nun doch wieder den Blick von der Zimmerdecke zu ihr und sah sie an.
 

"Ich will nicht sagen, dass ich unschuldig an all dem bin, das bin ich sicher nicht. Aber ich bin gerade so wütend auf deine Eltern, dass ich ihnen am liebsten irgendwas ganz Schreckliches antun würde, weil sie dich so behandelt haben. Doch selbstverständlich werde ich mich disziplinieren."
 

Sakura ging hinüber zu ihrem Bett und ließ sich langsam auf die Bettkante sinken.
 

"Das ist einfach alles zu viel", sagte sie und sah ihn erschöpft an.
 

Hatte sie wirklich noch vor ein paar Stunden mit Naruto und Hinata im Café gesessen? Das kam ihr nun schon so unendlich lange her vor.
 

"Ja", sagte Sasuke.
 

"Hinsetzen hilft ein bisschen", sagte sie mit einem matten Lächeln.
 

Er tat ihr leid. Sie fand nicht, dass er besonders viel Schuld an dieser Situation hatte. Er war auch einfach nur vollkommen überfordert gewesen. Und so wie sie aufgewachsen war, konnte sie seinen Wunsch, einfach ein Mal eine selbstsüchtige Entscheidung nur für sich zu treffen, einigermaßen nachvollziehen.
 

Er warf ihr einen Blick zu, in dem sie ein wenig Unsicherheit zu erkennen glaubte. Dann kam er langsam zu ihr und setzte sich neben sie auf die Bettkante.
 

"Es war einfach so verlockend", sagte er schließlich, nachdem sie eine Weile nebeneinander gesessen und an die gegenüberliegende Wand geschaut hatten. "Ich hatte keine Erfahrungen mit Frauen."
 

Sie sah ihn überrascht an.
 

"Gar keine?"
 

Er sah immer noch auf die Wand.
 

"Nein, gar keine. Er ist nicht ganz leicht sich so zu disziplinieren. Auch deshalb hatte ich überhaupt nichts dagegen zu heiraten. Hier gibt es strenge Regeln. Für alle. Nicht nur für dich. Wir ernähren uns gesund und machen viel Sport. Wir trinken keinen Alkohol oder wenn, dann nur selten und wenig. Und wir fangen keine Affären an. Andere Männer in unseren Positionen gehen einfach mal zu Prostituierten, das bekomme ich oft mit in meinem beruflichen Alltag oder bei irgendwelchen Geschäftsessen, weil sie sich damit brüsten. Offenbar gibt ihnen das ein Gefühl von Macht. Aber das ist erbärmlich. Sowas tun wir auch nicht. Weil sowas für alle Beteiligten entwürdigend ist. Also kann man sich als Mitglied dieser Familie nicht einfach mal so ausprobieren oder eine Zeit lang eine Freundin haben. Entweder man meint es ernst und man heiratet und der neue Partner zieht hier ein, oder man lässt es."
 

Sakura sah auch wieder nach vorne und schwieg einen Moment. Das musste sie nun ebenfalls erstmal verarbeiten. Sie hatte das Gefühl längst das Maß an neuen Informationen überschritten zu haben, die sie an einem Tag aufnehmen konnte. Sie war sich sicher gewesen, dass er andere Frauen vor ihr gehabt hatte. Sie hatte ihm sogar Affären während der Zeit ihrer Ehe zugetraut.
 

"Aber...wieso?", fragte sie schließlich. "Warum all das? Warum all diese Sicherheitsvorkehrungen und Regeln? Seid ihr sowas wie eine Mafia? Ist das der Grund, warum ich nicht mehr gehen darf? Und warum machst du das alles mit? Zwingen sie dich dazu?"
 

"Nein", sagte Sasuke leise. "Tun sie nicht. Ich mache das mit, weil ich es selbst für das Richtige halte. Es ist nicht immer alles ganz einfach, aber ich will es so. Ich tue, was ich tun möchte. Du hast eine falsche Vorstellung von uns. Und Madara vertraut dir noch nicht genug, um alles richtig zu erklären, aber wir sind nicht die Bösen."
 

Sakura konnte nicht anders als leicht aufzulachen. "Madara soll also nicht total skrupellos sein? Und Izuna? Bei dem, was er eben gesagt hat?"
 

"Ohne Erklärung kann man es nicht richtig verstehen", sagte Sasuke. "Natürlich können sie alle skrupellos sein, wenn sie es sein müssen. Das kann ich auch. Das bin ich auch, wenn nötig. Solche Situationen gab es bereits. Aber es macht keinen Spaß. Selbst Madara ist nicht so, weil ihm das einfach Spaß macht. Klar, er mag seine Macht, das mögen wir alle. Aber er ist sehr gut in dem was er tut. Er trifft kluge, rationale Entscheidungen. Er stellt das sogar über seine eigenen Bedürfnisse. Das hat er in der Vergangenheit bereits bewiesen. Wir alle respektieren ihn. Auch ich."
 

"Das verstehe ich alles nicht", sagte Sakura. "Madara ist der oberste Chef des Geheimdienstes dieses Landes, das hat mein Vater erzählt. Dein Vater ist der oberste Polizeichef. Du hast auch eine fast genauso wichtige Position. Shisui hat irgendwas mit der Armee zu tun. Und Obito hat irgendeine wichtige Stelle im Justizministerium, nicht wahr?"
 

"Ja. Er ist quasi das Justizministerium. Nur im Hintergrund, aber eigentlich hat er die Kontrolle."
 

"Und die anderen haben alle auch solche wichtigen Jobs", fuhr sie fort. "Was bedeutet das? Plant ihr irgendwas? Tut ihr irgendwas Geheimes? Wollt ihr die Regierung stürzen oder sowas? Hat das alles überhaupt etwas damit zu tun, was ihr arbeitet? Oder geht es um etwas ganz anderes? Bereichert ihr euch einfach? Seid ihr deswegen so reich? Ich verstehe das nicht!"
 

"Ich weiß."
 

"Aber wieso kann ich nicht mehr weg?", fragte Sakura. "Ich weiß doch gar nichts über euch, was ich jemandem groß erzählen könnte!"
 

"Jedes bisschen wäre zu viel. Und außerdem ist das zu deinem eigenen Schutz. Man hat dich mit mir gesehen. Wir sind verheiratet. Es gibt im Internet Fotos, auf denen wir zusammen sind. Man sieht mir vielleicht an, dass du mir viel bedeutest. Also kann man dich gegen mich verwenden. Und niemand weiß, wie viel du über uns weißt oder nicht weißt. Willst du, dass jemand versucht etwas aus dir herauszubekommen? Sowas wurde schon versucht. Sowas kann richtig schlimm werden. Daher kannst du dich einfach nicht mehr frei bewegen. Ich werde das nicht zulassen."
 

"Aber", sagte Sakura hilflos, "Aber Sasuke, wer? Wer hat denn so viel gegen euch? Und warum?"
 

"Das wird Madara dir erzählen, wenn er findet, dass der richtige Zeitpunkt da ist."
 

"Und deshalb soll ich schwanger werden? Damit man mir besser vertrauen kann und man mich einweihen kann?"
 

"Ja", sagte Saskue. "Der Gedanke spielt eine Rolle. Aber Hauptsächlich brauche ich wohl einen Erben. Itachi und ich werden irgendwann mal diejenigen sein, die wie Madara und Fugaku jetzt alles entscheiden. Und meine Nachkommen vermutlich nach mir. Diese Familie ist sehr alt. Die Hierachie hier ist streng geregelt. Und wir alle finden das richtig so. Es geht dabei nicht um einen Einzelnen, sondern um das große Ganze."
 

"Ich verstehe überhaupt nichts", sagte Sakura. "Und mehr kannst du mir nicht sagen?"
 

"Nein."
 

"Das klingt alles total verrückt! Ich weiß echt nicht, wie ich das alles verarbeiten soll! Ich komme mir vor, als wäre das hier ein seltsamer, surrealer Film und nicht mehr die Realität."
 

"Ich weiß." Er lächelte ein wenig gequält.
 

Wieder saßen sie eine Weile einfach nur da und sie versuchte herauszufinden, wie sie sich mit all dem nun fühlte. Sie war so verwirrt.
 

Sie hatte keine Ahnung wie jetzt alles weitergehen sollte und was noch passieren würde. Aber es war irgendwie besser. Irgendwie fühlte sie sich besser. Und sie fühlte sich auch mit ihm verbundener. Und weil sie feststellte, dass sie mit denken und analysieren gerade einfach nicht mehr weiter kam, tat sie zur Abwechslung mal das, was sie fast noch nie getan hatte. Sie gab einfach einem spontanen Impuls nach.
 

Sie lehnte sich leicht zur Seite und sie legte den Kopf an seine Schulter.
 

Sie spürte, wie er kurz vor Überraschung erstarrte. Vielleicht, weil sie das erste mal ganz von sich aus seine Nähe gesucht hatte. Dann, ganz langsam, zog er seinen Arm zwischen ihnen heraus und legte ihn um sie.
 

Es war schön für sie seine Nähe zu spüren. Seine Wärme. Überhaupt kam ihr alles hier plötzlich nicht mehr ganz so kalt vor. Nach wie vor merkwürdig und unheimlich, aber nicht mehr so kalt.
 

Irgendwie, so dachte sie, steckten sie nun beide zusammen in dieser Sache. Er hatte sie mit hineingezogen in seine komische Welt.
 

Sie dachte an das, was er von seinem Bruder erzählt hatte. Das machte sie traurig. Und dabei kannte sie Itachi ja nicht mal wirklich. Wenn es sie schon traurig machte sich vorzustellen, wie Itachi sich fühlen musste oder zumindest gefühlt haben musste, dann musste es Sasuke bei diesem Gedanken innerlich fast zerreißen. Sie fand es nachvollziehbar, dass er sagte, seine Schuldgefühle hätten ihn gelähmt. Und auch, dass er aus lauter Überforderung einfach geschwiegen hatte.
 

Er lebte wirklich ein sehr sehr merkwürdiges Leben.
 

Und sie nun mit ihm.
 

Eine Weile saßen sie so da. Dann gingen sie beide duschen. Erst sie und dann er.
 

Als er zu ihr ins Bett stieg, lagen sie wie schon so oft beide nebeneinander im Dunkeln auf dem Rücken, jeder auf seiner Seite.
 

Aber sie fühlte sich nicht mehr so unsicher. Denn scheinbar war sie hier nicht die Einzige, die es nicht immer leicht hatte. Also fragte sie einfach.
 

"Was denkst du gerade?"
 

Er schwieg kurz.
 

Dann sagte er: "Dass ich dich gerne im Arm halten würde. Aber ich weiß nicht, ob-"
 

Sie rutschte einfach zu ihm herüber, bevor er seinen Satz beendet hatte und er griff sofort nach ihr und zog sie an sich.
 

"Weckst du mich morgen, wenn du aufstehst?", fragte sie. "Ich möchte mit dir aufstehen. Und mit dir runter kommen und frühstücken."
 

Er schwieg.
 

"Was denkst du?", fragte sie wieder.
 

Vielleicht war er ja bloß wieder überfordert. Vielleicht war das gar keine Ablehnung.
 

"Ich", sagte er zögerlich, "wundere mich und frage mich warum du das möchtest."
 

"Ich höre auf mich zu verstecken", sagte sie bloß. "Stört es dich, wenn ich mit runter komme? Ich weiß, die anderen Frauen schlafen meist länger."
 

"Nein", sagte er langsam. "Es stört mich nicht. Im Gegenteil."
 

"Schön", sagte sie lächelnd. "Ich muss jetzt schlafen. Mein Gehirn muss das alles erstmal verarbeiten."
 

Sie kuschelte sich vorsichtig an ihn. Sie hatte keine Ahnung, ob das merkwürdig war. Ob sie eigentlich wütend auf ihn sein müsste. Ob sie ihn eigentlich hassen müsste. Und es war ihr auch egal. Seine Nähe war ihr vertraut. Seine Nähe war etwas, das sie mochte.
 

"Gute Nacht Sakura", sagte er leise.
 

Sie lächelte.
 

"Gute Nacht Sasuke."

Eine andere Wahrnehmung

"Sakura."
 

Sie drehte ein wenig den Kopf um den Kontakt zu dem zu behalten, was ihre Wange berührte. Es war angenehm. Sie wollte nicht, dass es aufhörte.
 

"Sakura."
 

Sie mochte den Klang dieser Stimme und das, was in der Tonlage mitschwang. Auch das war angenehm.
 

Sie wurde wach, weil die Berührung von ihrer Wange verschwand. Das störte sie und dieser Gedanke holte sie aus ihrem halb bewussten Zustand und weckte sie.
 

Sie öffnete ihre Augen und sah direkt in seine.
 

Das ließ sie leicht zurückzucken, einfach weil sie gerade erst wach wurde und er ihr so nahe war. Doch diesen Reflex bereute sie sofort, denn er zog seine Finger zurück, mit denen er gerade ihre Lippen hatte berühren wollen. Es kam ihr fast vor, als wäre ihm das nun peinlich.
 

"Du wolltest geweckt werden", sagte er, beinahe so, als ob er sich rechtfertigen wollte.
 

"Ja", sagte sie leise und lächelte leicht, während sie zu ihm hoch sah. "Danke."
 

Er hatte sich auf einen seiner Arme gestützt leicht aufgerichtet und sah ein wenig auf sie hinab.
 

"Wie viel Uhr ist es?", fragte sie.
 

"Halb sieben", sagte er.
 

"Stellst du nie einen Wecker?", fragte sie, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass sie nie einen gehört hatte.
 

Sie hatte immer einfach weiter geschlafen, wenn er morgens gegangen war. Nur ganz selten war sie überhaupt aufgewacht und auch dann hatte sie immer vorgegeben noch zu schlafen. Er war immer bloß leise aufgestanden, kurz zu seinem Schrank und dann ins Bad gegangen und dann hatte er seine Sachen von seinem Nachttisch genommen und leise das Zimmer verlassen. Früher hatte sie gedacht, dass sie ihn einfach nur am Abend interessierte, wenn er mit ihr schlafen wollte. Nun wusste sie, dass sie ihm offenbar etwas bedeutete und sie bewertete das anders.
 

"Nein", antwortete er. "Ich stehe beinahe schon mein Leben lang um diese Uhrzeit auf. Ich wache von alleine auf."
 

"Stehst du denn morgens gerne auf?", fragte sie neugierig. "Magst du deinen Job? Gehst du gerne zur Arbeit?"
 

"Ja."
 

"Ich würde das auch gerne tun."
 

"Ich weiß. Aber das geht nicht."
 

Ging es wirklich nicht, oder wollte er es bloß nicht? Das würde sie herausfinden müssen. Sie hatte nicht vor das einfach so zu akzeptieren. Nicht mehr. Doch für eine Diskussion darüber war nun sicher nicht der richtige Zeitpunkt.
 

"Ich gehe kurz ins Bad und gehe dann runter frühstücken", sagte Sasuke sachlich.
 

Er wandte sich von ihr ab und stand auf. Er nahm sich ein paar Klamotten aus seinem Schrank und verschwand in ihrem gemeinsamen Badezimmer.
 

Sakura setzte sich ebenfalls auf und fing an ihren Zopf aufzuflechten. Sie fuhr sich ein paarmal mit ihren Fingern durch ihre Haare, bis sie einigermaßen schön lagen und dann verließ sie auch die Wärme des Bettes und ging zu ihrem Schrank hinüber, um sich anzuziehen.
 

Als sie gerade ihre Bluse zuknöpfte, kam Sasuke fertig für die Arbeit wieder aus dem Bad. Er sah wie immer sehr gut aus in seinem Anzug und sie ertappte sich dabei, dass sie ein wenig länger zu ihm hinsah. Rasch wandte sie den Blick ab.
 

Er ging hinüber zu seinem Nachttisch, um sich Geldbeutel, Smartphone und Schlüssel einzustecken und sie bat ihn zwei Minuten zu warten und huschte ebenfalls für einen Moment ins Bad.
 

Zeit für Make-Up hatte sie sicher keine, wenn sie mit ihm nach unten gegen wollte, aber ein kurzer Blick in den Spiegel überzeugte sie davon, dass sie auch so ganz ansehnlich aussah.
 

Sasuke hielt ihr mit einer leichten, höflichen Verbeugung die Zimmertür auf und sie trat mit ihm hinaus auf den Gang.
 

Das Haus war morgens deutlich stiller als sonst am Tag, wenn ein paar der Kinder Lärm machten und ein paar der Frauen lachten und viele der Angstellten ihrer Arbeit nachgingen. Als sie letztens, am Tag der Wahl, mit ihm aufgestanden war, war ihr diese morgendliche Stille sehr bedrückend vorgekommen, heute nahm sie es nicht so negativ wahr.
 

Sasuke neben ihr wirkte entspannt und als sie die Treppe hinunter gingen, hörten sie aus dem Speisesaal auf der anderen Seite der Eingangshalle leise Gespräche und es duftete gut nach frischem Kaffee und Gebäck.
 

"Morgen!", sagte Sasuke beiläufig, als sie eintraten und die, die bereits beim Frühstück waren, grüßten zurück oder nickten ihm kurz zu.
 

Fugaku und Madara saßen bereits an ihren üblichen Plätzen am Kopfende des langen Tisches und besprachen etwas miteinander, aber auch sie sahen kurz auf und Fugaku nickte ihnen zu.
 

Zuvorkommend, wie er es immer war, zog Sasuke Sakura einen Stuhl vor und sobald sie saß, nahm er neben ihr Platz.
 

Shisui saß ihnen gegenüber und musterte sie, während er einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse nahm.
 

"Ich scheine ja gestern Abend einiges verpasst zu haben!", sagte er mit leicht gerunzelter Stirn.
 

"So ein Pech", sagte Sasuke sarkastisch und nahm sich eine Scheibe Brot aus dem Korb, den eine der Hausangestellten gerade vor ihm auf dem Tisch abgestellt hatte.
 

Shisui überging das. Er griff nach einer frischen Tasse, schenkte Kaffee ein und stellte sie dann vor Sakura ab.
 

"Danke", sagte sie lächelnd.
 

"Dieses wunderschöne Lächeln entlohnt mich für meine Mühen", sagte er charmant.
 

"Lass das nicht deine Frau hören!", erwiderte Sasuke. Aber so richtig ärgerlich klang er nicht.
 

Shisui lachte und erwiderte: "Sie war es ja, die mir gesagt hat, dass ich nett zu Sakura sein soll!"
 

Also hatte sich die ganze Sache wohl schon ziemlich herumgesprochen. Das hatte Sakura bereits befürchtet, aber das war wohl unvermeidlich gewesen.
 

"Ich bin nicht sicher, ob sie solche Kommentare mit 'nett sein' gemeint hat", sagte Sasuke und Sakura hatte den Eindruck, dass er das als Scherz gemeint hatte, obwohl er es total sachlich und trocken gesagt hatte.
 

Shisui lachte leise und zog seinen Teller ein Stück zur Seite, um Obito Platz zu machen, als er sich neben ihn setzte und auch 'Morgen' sagte, was die beiden mit einem beiläufigen Blick beantworten.
 

"Naja, jedenfalls war ich sehr froh zu hören, dass du und Itachi euch offenbar wieder zusammenraufen wollt", sagte Shisui. "Dieser Zwist zwischen euch hat mir auch ganz schön zugesetzt."
 

"Dito", gab Obito von sich und unterdrückte ein Gähnen.
 

"Shisui!", sagte Madara laut und Shisui sah zu ihm. "Ich will wegen dieser Waffenlieferungen nochmal mit dir reden. Das ist alles ein bisschen zu offensichtlich."
 

"Ja", antwortete Shisui über den Tisch zurück. "Ich gucke mir das heute nochmal an, lass uns heute Abend mit Indra darüber sprechen."
 

"In Ordnung", sagte Madara und setzte dann sein Gespräch mit Fugaku fort.
 

"Guten Morgen Sasuke, Sakura!", sagte Mikoto, die gerade herein kam.
 

Sakura lächelte sie leicht an und Sasuke erwiderte ihren Gruß.
 

Sie legte ihm ganz kurz die Hand auf die Schulter und beugte sich zwischen ihnen ein wenig hinab. "Ich habe gestern noch mit deinem Bruder gesprochen", sagte sie leise. "Ich bin ja so froh, dass ihr euch wieder versöhnen wollt!"
 

Dann sah sie Sakura an und sagte: "Ich möchte mich wirklich entschuldigen, es tut mir sehr leid, was mit dir passiert ist! Ich dachte, du magst uns einfach nicht und wir wollten uns nicht aufdrängen! Ich hatte ja keine Ahnung!"
 

Sie klang so ehrlich betroffen, dass Sakura lächeln musste.
 

"Bitte komm doch öfter mal zu uns und verbringe etwas Zeit mit uns, ja? Du kannst doch nicht immer nur alleine sein den ganzen Tag! Jedenfalls freut es mich sehr euch beide heute morgen hier zusammen zu sehen!"
 

Dann wandte sie sich ab und ging zum Tischende hinüber, um ihren Mann zu begrüßen. Fugaku streckte ihr sogar leicht seinen Arm entgegen, als sie zu ihm kam und Sakura hatte kurz den Eindruck ihm anzusehen, dass er sie wirklich mochte.
 

Lag es an ihr? Irgendwie nahm sie heute alles in einem etwas positiveren Licht wahr als bisher.
 

Trotzdem zuckte sie zusammen, als Madara ihren Namen rief.
 

Sie war nicht die einzige, die gespannt aufsah.
 

Aber Madara überflog irgendwelche Daten oder Informationen auf einem Tablet, das einer der anderen ihm gerade gegeben hatte und er sagte bloß beiläufig: "Wenn du möchtest, dass wir deine Eltern für ihr Verhalten dir gegenüber zur Rechenschaft ziehen, dann sag es mir. Wir können sie bestrafen. Du kannst es dir in Ruhe überlegen."
 

"Ich will das machen!", sagte Sasuke neben ihr sofort laut. "Lass mich-"
 

"Nein!", sagte Fugaku entschieden. "Du nicht. Du bist wütend und befangen. Du könntest überreagieren."
 

"Ich will nicht, dass jemand bestraft wird", sagte Sakura rasch und ziemlich erschrocken.
 

"Ich möchte aber, dass jemand bestraft wird", sagte Sasuke.
 

"Ja, das kann ich mir vorstellen", sagte Madara ruhig und sah nun doch auf. "Das wollen wir wohl alle. Du natürlich am meisten. Aber das ist Sakuras Entscheidung, also halte dich daran."
 

Er sah kurz zu ihr. "Sag mir bescheid, falls du es dir anders überlegen solltest."
 

"Ich-", sagte sie überfordert. "Danke." Was besseres fiel ihr dazu gerade nicht ein.
 

Aber er sah schon wieder auf das Tablet und auch die anderen nahmen ihre Gespräche wieder auf.
 

Sakura saß da, mit klopfendem Herzen und dachte, dass sie es nach wie vor nicht besonders mochte, wenn Madara sich mit ihr beschäftigte, auch wenn sie nicht mehr ganz so viel Angst vor ihm hatte wie gestern noch.
 

Einerseits war das irgendwie auf eine sehr merkwürdige Art nett gewesen. Andererseits aber vor allem auch extrem unheimlich und beängstigend.
 

Was meinte er denn mit bestrafen? Wie bestraften sie denn Leute, die etwas taten, was ihnen nicht gefiel? Es hatte so beiläufig und routiniert geklungen. Machten sie sowas öfter? Sie war sich gar nicht sicher, ob sie die Antwort auf diese Fragen überhaupt wissen wollte.
 

Sie sah vorsichtig zu Sasuke neben sich. Er aß sein Frühstück und wirkte eine wenig verstimmt.
 

Shisui musterte Sasuke nachdenklich.
 

"Gehen wir nach der Arbeit trainieren?", frage Shisui. "Es würde dir gut tun, dich ein wenig abzureagieren."
 

"Ja", sagte Sasuke immer noch etwas verstimmt. "Danke."
 

Obito grinste. "Bist du dir sicher, dass du dich dafür anbieten willst Shisui? Es ist besser als du und noch dazu wütend."
 

Shisui lachte.
 

"Stimmt", sagte er bloß. "Fragen wir Itachi, ob er mitkommt? Dann hättest du jemanden, der mit dir mithalten kann!"
 

Sasuke hob den Kopf.
 

"Ja", sagte er. "Das wäre vielleicht ein guter Anfang."
 

"Itachi ist vielleicht auch noch ein bisschen wütend", sagte Obito grinsend. "Pass bloß auf, dass sie es nicht übertreiben!"
 

"Mache ich", sagte Shisui belustigt. "Du kommst nicht mit?"
 

"Kann heute nicht", sagte Obito. "Ich habe viel zu erledigen."
 

"Verstehe", er wandte sich wieder an Sasuke. "Itachi ist eben schon weg", sagte Shisui. "Aber ich kann-"
 

"Ich rufe ihn nachher an und frage ihn", unterbrach Sasuke ihn. "Ich sollte mich wohl ein bemühen und sollte das selbst machen."
 

Sakura saß da und hörte zu. Sie war erstaunt. Sie hatte nicht erwartet, dass sie einen so entspannten und freundlichen Umgang miteinander hatten. War der Streit zwischen Itachi und Sasuke einfach der Grund gewesen, dass diese Lockerheit vorher nicht dagewesen war? Oder war sie sogar doch dagewesen und sie hatte bloß einfach nichts davon mitbekommen, weil sie sich aus lauter Angst und Überforderung so vollkommen zurückgezogen hatte?
 

Sie sah sich in dem Saal um und alle Gespräche schienen ihr so zu sein. Niemand wirkte wirklich unzufrieden oder besonders unfreundlich. Eher im Gegenteil.

Unheimlich waren sie alle nach wie vor. Und alle wirkten nach wie vor auf sie, als hätten sie eine sehr hohe Meinung von sich selbst und würden sich für etwas Besseres halten. Aber ihr Umgang miteinander war freundlich und irgendwie war es fast schön, dass so eine gemeinschaftliche Atmosphäre herrschte. Auch Mikoto sprach nicht nur mit ihrem Mann, sondern sagte gerade etwas zu Madara, der ihr irgendwas antwortete und Sakura hatte den Eindruck, dass er leicht belustigt wirkte, als hätten sie einen Scherz miteinander gemacht.
 

Trotzdem, so dachte sie, waren sie alle irgendwie extrem sexistisch. Die Rollenverteilung von Männern und Frauen hier kam ihr ein bisschen so vor wie es vielleicht vor hundert oder zweihundert Jahren noch normal gewesen war. Außer Mikoto und ihr waren nur Männer in dem Saal. Und wenn sie Abends in dem Wohnzimmer neben der Eingangshalle zusammen saßen, waren sie auch immer unter sich.
 

Sie wandte ihren Blick wieder zu Sasuke und fragte vorsichtig: "Was für Training macht ihr denn?"
 

Sie war nicht ganz sicher, wie sie reagieren würden, wenn sie sich einfach in ihre Unterhaltung einmischte.
 

"Kampfsport", sagte Obito und warf ihr einen beiläufen Blick zu.
 

"Das machen wir hier alle", sagte Sasuke und sah sie an. "Es ist sozusagen eine alte Familientradition."
 

Dann kam einer der anderen zu ihnen und fragte Sasuke etwas zu einem Fall, an dem Sasukes Abteilung offenbar momentan arbeitete und wie Shisui und Obito hörte sie interessiert zu, weil sie mehr darüber erfahren wollte, was hier so passierte, aber sie hatte bald den Eindruck, dass sie alle zwar ganz genau wussten, worüber sie sprachen, aber dass sie alles absichtlich so vage formulierten, dass sie nicht wirklich verstand, worum es eigentlich ging. Das einzige was sie verstand, war, dass es irgendein Problem gab und dass das alle zu ärgern schien.
 

"Warten wir noch ab und sehen wie es läuft", sagte Sasuke. "Eine Woche. Dann rede ich mit Madara und meinem Vater."
 

Darauf einigten sie sich und dann beendeten sie das Gespräch.
 

"Ich gehe noch meiner Frau 'Guten Morgen' sagen und dann fahre ich", sagte Shisui.
 

Obito sah auf seine Armbanduhr. "Du hast noch ne Menge Zeit!", sagte er. "Du willst wohl mal gucken, ob da noch was geht bevor du los musst, was?"
 

Er grinste.
 

Shisui grinste ebenfalls. "Mal sehen, wie sie drauf ist!"
 

Sasuke räusperte sich und nickte mit dem Kopf leicht in Sakuras Richtung, als sie ihn ansahen. Sie saß ein wenig peinlich berührt da.
 

"Ich bitte um Verzeihung", sagte Obito höflich zu ihr. "Ich habe wohl kurz vergessen, dass wir heute morgen nicht unter uns sind. Ich fürchte so reden Männer nunmal manchmal. Ich habe es nicht respektlos gemeint."
 

Shisui verzog belustigt den Mund und ging dann und auch Obito brach auf.
 

"Versteht ihr euch normalerweise immer gut? Ihr alle?", fragte Sakura Sasuke leise, sodass niemand sie hören konnte. Aber es achtete ohnehin gerade niemand in ihrem Umfeld auf sie. "Gestern hast du gesagt, dass Streit hier nicht gestattet sei. Aber gibt es denn keine Reibereien? Ich habe das Gefühl alle hier sind so überzeugt von sich. Konkurriert ihr denn nicht miteinander? Du hast gesagt, dass du und Itachi hier einmal die Positionen von Madara und eurem Vater haben werdet. Aber es gibt doch Viele, die viel älter sind als ihr. Akzeptieren sie das einfach?
 

"Ja", sagte Sasuke bloß. "Wir stammen aus der Kernfamilie ab. Wir sind fähig, alle akzeptieren das", sagte er bloß. "Und nein, wir streiten nie. Stärke beruht auf Zusammenhalt."
 

"Ich verstehe", sagte sie ein wenig beeindruckt, obwohl sie das eigentlich nicht tat.
 

Sie kannte die Leute in ihrer eigenen Familie und durch ihren Vater hatte sie auch viele andere reiche, mächtige Leute erlebt und bei den meisten hatte sie immer den Eindruck gehabt, dass sie einander ständig ausstechen und übertrumpfen wollten, um ja nicht ihre Stellung oder ihren Einfluss zu verlieren. Und sie hatte ständig die Erfahrung gemacht, dass Leute immer nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht waren, auch wenn alle ständig so taten, als ob es nicht so wäre. Und was ihre Eltern mit ihr gemacht hatten, schien ihr das nun endgültig bestätigt zu haben.
 

Als er aufbrechen musste, kam sie noch mit ihm bis zur Haustür. Sie war fest entschlossen ihn nun richtig kennenzulernen und dafür musste sie so viel wie möglich aus seinem Leben mitbekommen. Und außerdem hatte sie einfach Lust dazu gehabt.
 

Von Draußen wehte ein kalter Wind durch die nun offene Haustür herein, aber in der Eingangshalle war es wie immer schön warm, eigentlich sogar behaglich.
 

Sasuke drehte sich an der Tür zu ihr um und musterte sie mal wieder.
 

Sie legte die Arme um sich, weil sie in ihrer dünnen Bluse an der kühlen Herbstluft ein wenig fror.
 

"Verbinge etwas Zeit mit den anderen Frauen", sagte er.
 

"Sasuke", sagte sie leise und sanft und sah zu ihm auf, "du bist frei, du kannst nun einfach gehen und dein Ding machen und ich muss hier zurückbleiben und kann das nicht. Sag mir bitte nicht auch noch, wie ich meine Zeit zu verbringen habe. Es ist mir egal wie du das sehen magst, aber ich gehöre mir selbst und nicht dir."
 

Er schwieg und sah sie an. Dann nickte er.
 

"In Ordnung", sagte er.
 

Sakura legte leicht fragend den Kopf schief, als er sie einfach weiter schweigend musterte anstatt zu gehen.
 

"Worüber denkst du nach?", fragte sie.
 

Er hob seine Hand und ließ seine Finger langsam und beinahe vorsichtig durch eine ihrer Haarstähnen gleiten, die sich in dem Herbstwind leicht bewegte.
 

"Du hast gesagt, du würdest gerne am Wochenende wieder essen gehen", sagte er.
 

"Ja", sagte sie. "Das wäre sehr schön für mich. Kannst du doch nicht? Weil du wieder arbeiten musst?" Sie hörte selbst, dass sie ein wenig enttäuscht klang. Sie wäre gerne ein wenig hier raus gekommen.
 

Er zog seine Hand zurück.
 

"Ich muss nicht arbeiten", sagte er. "Ich kann mir jederzeit selbst freigeben. Ich könnte mir auch das ganze Wochenende frei nehmen, wenn du das möchtest. Ich weiß nicht, ob du es so lange an einem Stück mit mir aushälst, aber ich könnte mit dir wegfahren."
 

"Oh", sagte sie überrascht.
 

"Wir besitzen einige Hotels, die sehr schön sind", sagte er. "Dort ist es sicher, ich kann dich dort hinbringen dieses Wochenende. Dann wärst du mal woanders. Du kannst dir überlegen, ob du das-"
 

"Ja!", sagte sie sofort. "Das wäre wundervoll!"
 

Sie war begeistert von der Vorstellung. Auch wenn ihr die Aussage sie besäßen 'einige Hotels' noch zu schaffen machte. Wie reich konnte eine Familie eigentlich sein?
 

Er sah sie mit einem etwas eigenartigen Blick an.
 

"Was?", fragte sie verunsichert.
 

"Du hast dich richtig gefreut", sagte er bloß leise.
 

"Ich-", sagte sie verwirrt. Freute er sich darüber, dass sie sich gefreut hatte?
 

"Berge oder Meer?", fragte er.
 

"Berge", flüsterte sie glücklich lächelnd. Das stellte sie sich schön vor im Herbst.
 

Er drehte sich auf dem Absatz um und ging zu seinem Auto, ohne sich nochmal nach ihr umzusehen. Sie sah ihm verwirrt nach.

Wochenendpläne

Sobald sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte, fühlte sie sich ein wenig verloren.
 

Schon seit über sechs Monaten lebte sie nun hier und doch fühlte sie sich noch immer fehl am Platz. Auch wenn sie zugeben musste, dass es besser geworden war.
 

Ihre Hoffnung, dass man sie wieder gehen lassen würde, hatte sich jedoch zerschlagen. Sie glaubte nicht mehr wirklich daran, denn alles was man ihr sagte sprach dagegen. Doch da sie nun zumindest nicht mehr das Gefühl hatte, dass man sie abgesehen von diesem Punkt schlecht behandelte, wollte sie sich nun bemühen sich hier etwas einzufinden.
 

Dennoch ging sie zunächst noch einmal in ihr Zimmer, um ein wenig mit ihrer Lektüre voranzukommen. Sie hatte es sich nunmal vorgenommen und sie wollte das nicht schleifen lassen. Außerdem war es immer noch sehr früh und es waren ohnehin noch lange nicht alle aufgestanden.
 

Sobald sie nicht mehr in der Lage war sich gut zu konzentrieren, machte sie einen langen Spaziergang über das Gelände, sie traf den Gärtner und plauderte ein wenig mit ihm. Anschließend saß sie eine Weile auf der Bank zwischen ihren Maiglöckchen und dachte über Sasuke und das kommende Wochenende nach.
 

Passend zum Wochenende würde ihre Periode vorbei sein. Sie war entschlossen, nach der Pause auch ganz regulär die Antibabypille wieder einzunehmen. Es war nicht so, dass sie auf gar keinen Fall ein Kind haben wollte. Eher im Gegenteil. Sie mochte Kinder. Aber für sie war das alles immer noch viel zu früh.
 

Eigentlich hätte sie gerne ein paar Jahre gearbeitet und einen guten Einstieg in ihren Beruf gefunden, damit sie nach der Schwangerschaft wieder gut reinkommen würde. Dann hätte sie gerne ganz in Ruhe jemanden kennengelernt und vielleicht mit der Zeit dann jemanden geheiratet, den sie liebte. Und dann hätte sie gerne ein Kind bekommen, wenn alles gepasst hätte. Aber so perfekt, wie man sich das in seinen Träumen ausmalte, lief es wohl sowieso für die wenigsten Menschen ab.
 

Allerdings fragte sie sich doch ein bisschen, ob Sasuke wirklich mit ihr wegfahren wollte, einfach nur aus dem Grund heraus, dass er Zeit mit ihr verbringen wollte, oder ob er eher darauf aus war sie möglichst schnell dazu zu bringen es sich doch nochmal zu überlegen und die Verhütung abzusetzen.
 

Schließlich hatte er mehrfach deutlich gesagt, dass er sie behalten wollte. Er hatte aber auch gesagt, dass er Madara und seine Entscheidungen sehr respektierte und dass es um 'das große Ganze' gehe, was immer das heißen sollte. Also würde er in einem Zwiespalt sein, sollte man von ihm erwarten, dass er eine andere Frau heiratete, um das offenbar für diese Familie so wichtige Nachwuchsthema zu regeln.
 

Sakura versuchte sich vorzustellen, wie es für sie wäre, wenn er eine andere Frau hätte. Laut Izuna würde sie ja trotzdem hierbleiben müssen. Würde sie das einfach akzeptieren können? Würde sie eine andere Frau an seiner Seite einfach so akzeptieren können? So merkwürdig das in ihrer Situation und bei allem, was passiert war, vielleicht auch war, so störte sie sich an dieser Vorstellung doch ziemlich.
 

Irgendwie hatte sie sich daran gewöhnt, dass er da war. Sie hatte sich daran gewöhnt, dass er sie immer so ansah, wie er es tat, dass er sie berührte, dass er jeden Abend zu ihr nach Hause kam und dass er jeden Abend neben ihr einschlief. Es kam ihr sehr merkwürdig vor sich vorzustellen, dass das vielleicht einmal nicht mehr so sein würde. Die Vorstellung gefiel ihr irgendwie gar nicht.
 

Aber natürlich war das noch kein Grund ein Kind zu bekommen. Ein Kind sollte schließlich kein Mittel zum Zweck sein. Sie durfte kein Kind in die Welt setzen, nur damit er keine andere heiraten würde. Nein, ein Kind sollte doch das Ergebnis von Liebe und tiefer Verbundenheit zwischen zwei Menschen sein. Und natürlich sollte man auch darüber nachdenken, ob man sich in Umständen befand, in denen ein Kind gut aufwachsen können würde.
 

An materiellen Dingen würde es einem Kind hier natürlich nicht mangeln. Es würde finanziell so gut abgesichert sein, wie es überhaupt nur möglich wäre. Es würde andere Kinder um sich haben, die hier ebenfalls lebten. Soweit sie das mitbekommen hatte, gab es momentan vier Kinder und ein Baby hier. Und dazu gab es Männer und Frauen unterschiedlichen Alters und offenbar ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Das alles war eigentlich sehr positiv.
 

Nicht so positiv war, dass man hier nicht frei war. Dass der Lebensweg schon fest vorgezeichnet zu sein schien. Dass es eine starrte Hierachie und strenge Regeln gab, denen sich hier offenbar alle unterwarfen. Und es machte ihr große Sorgen, dass hier von unheimlichen Dingen wie Bestrafungen und Waffenlieferungen geredet wurde, dass andere entschieden, wen man daten oder heiraten durfte, dass hier wenn nötig sehr kalt und berechnend vorgegangen wurde. Sie hatte immer noch Izunas Worte im Kopf, als er ganz sachlich die drei Optionen aufgezählt hatte, die es für sie gab und niemand hatte das offenbar besonders schockierend gefunden. Außerdem hatte die Familie offensichtlich Feinde, oder zumindest erzählte man ihr das. Also war es vielleicht sogar gefährlich ein Teil dieser Familie zu sein. Und noch dazu war sie sich ziemlich sicher, dass hier nicht alles immer ganz legal ablief. Und auch das machte ihr große Sorgen. Diese Dinge sprachen ganz klar dagegen hier ein Kind in die Welt zu setzen.
 

Irgendwann würde man sie wohl zwingen sich zu entscheiden. Oder jemand anderes würde für sie entscheiden. Doch sie hoffte, das ihr bis dahin noch etwas Zeit bleiben würde.
 

Sie ließ den Blick über die Maiglöckchen schweifen und lächelte. Ihre Großmutter hatte sie gelehrt, dass Geduld eine gute Tugend war. Also würde sie sich gedulden und sehen, wie sich alles weiterentwickeln würde.
 

Auf jeden Fall freute sie sich sehr auf das Wochenende in den Bergen. Sie war nicht undankbar. Ihr war durchaus bewusst, dass sie es von einem materiellen Standpunkt aus sehr sehr gut hatte. Und man ging auch sehr höflich und zuvorkommend mit ihr um.
 

Sie dachte an die Hilfe, die sie beim Frauenarzt erhalten hatte und an die Nummer des Frauenhauses, die man ihr gegeben hatte. Sie war sich bewusst, dass ihre Situation nicht zu vergleichen war mit den Frauen, die dort hinkamen, deren Männer wahrscheinlich tranken und ihnen Gewalt antaten. Noch vor einen Tagen war sie nicht sicher gewesen, ob ihr das nicht auch passieren könnte, wenn sie sich offen verweigerte und das mit der Antibabypille herauskam, doch das war nicht der Fall gewesen. Nein, bis auf die Tatsache, dass sie nicht frei war, dass er für sie entscheiden konnte und sie dem ausgeliefert war und dass sie nicht wirklich genau wusste warum, bis auf diese Tatsache, ging es ihr hier sehr gut.
 

Sie freute sich sogar auf ein Wochenende mit ihm. Hoffentlich würde er dann ein wenig mit ihr reden. Sonst würde es wohl etwas merkwürdig werden. Aber in letzter Zeit schien er sich ja sehr Mühe zu geben.
 

Zur Mittagszeit ging sie in den Essenssaal zurück. Hier gab es feste Zeiten, zu denen am Morgen, am Mittag, zum Kaffee und zum Abendessen Mahlzeiten angeboten wurde. Die Zeiten waren lang ausgelegt, eigentlich gingen sie beinahe schon ineinander über und jeder konnte jederzeit kommen und gehen, wie es ihm gefiel.
 

Bisher hatte sie immer gewartet und dann rasch zu Zeiten etwas gegessen, wenn kaum jemand im Saal gewesen war. Sie war für sich geblieben und hatte sich möglichst nicht lange aufgehalten, sodass sie kaum Kontakt zu jemandem bekommen hatte. Vermutlich hatte man sie in Ruhe gelassen, weil es so gewirkt hatte, als ob sie für sich bleiben wollte. Und das war ja auch der Fall gewesen, weil sie so verängstigt und überfordert gewesen war. Doch nun entschied sie zu essen, wenn die meisten anderen es auch taten und sie nahm sich vor offener zu sein und sich nicht so abzusondern.
 

Und das klappte auch. Offenbar hatten alle Mitgefühl mit ihr, wegen dem, was ihre Eltern getan hatten und niemand schien ihr ihr Verhalten der letzten sechs Monate übel zu nehmen. Im Gegenteil. Ein paar der Frauen sprachen sogar ihr Mitgefühl dafür aus, dass sie diese Situation so lange hatte erdulden müssen und sie waren sehr freundlich zu ihr.
 

Sie saß auch beim Kaffeetrinken mit ein paar von ihnen zusammen und dann begleitete sie sie sogar noch auf einen Spaziergang.
 

Dadurch gewann sie keine neuen oder interessanten Informationen, aber alle schienen ganz zufrieden zu sein oder höchstens kleine banale Alltagsprobleme zu haben und Sakura fand es angenehm einfach ein wenig in Gesellschaft zu sein, über die spielenden Kinder zu lachen und über ein paar Belanglosigkeiten zu plaudern. Sie wurde sogar Madaras Mutter vorgestellt, die schon alt und auch sehr stolz war und sie freundete sich ein wenig mit einer der Katzen einer anderen älteren Frau an.
 

"Es ist gar nicht schlecht hier alt zu werden Kind!", sagte sie ihr mit kratziger Stimme, zwei andere alte Damen neben sich auf dem Sofa. "Man hat viel Trubel und junges Leben um sich. Das ist schön! Und es ist gut, dass du endlich mal zu uns kommst! Auf die Entfernung sehen wir nicht mehr so gut! Du bist so eine hübsche junge Frau! Da erinnert man sich gerne an die eigene Jugend und daran, wie die Männer einen selbst mal angesehen haben!"
 

Darüber lachten sie dann herzhaft. Und Sakura musste lächeln.
 

"Ach, dich hat dein Mann doch immer noch so angesehen, bis er gestorben ist!", lachte eine der anderen.
 

"Ja", sagte die alte Frau mit einem milden Lächeln. "Es war ein gutes Leben. Und das ist es noch. Die Zeit vergeht und man wird alt, aber es ist schön, hier sitzen zu können und euch jungen Leuten zusehen zu können und den Kindern, wie sie spielen. Und manchmal kann man mit seiner Lebenserfahrung sogar noch etwas Sinnvolles beisteuern, oder doch zumindest zuhören, wenn jemand mal reden muss oder jemand einen Rat braucht."
 

Sakura fand sie so nett, dass sie ihnen fast von ihrem Wunsch nach Freiheit und einem eigenen, von Sasuke unabhängigen sozialen Umfeld und einem Job erzählt hatte, doch dann kamen andere zu ihnen und der Moment erschien nicht mehr passend. Doch sie nahm sich vor, öfter mal mit den alten Frauen zu reden, sie strahlten so viele Ruhe und Gelassenheit aus, dass es sie ebenfalls beruhigte.
 

Sakura staunte wie am Morgen schon darüber, dass sie plötzlich so viele positive Dinge an dem Leben auf diesem Anwesen wahrnahm, die sie vorher in ihrer Angst und Beklommenheit offenbar einfach übersehen hatte.
 

Am Abend fragte sie Sasuke, wie sein Training gewesen war und er erzählte ihr ein bisschen davon, als sie vorsichtig nachfragte. Er sagte ihr, dass es gut gewesen sei, mal wieder Zeit mit seinem Bruder zu verbringen. Und er sagte ihr, dass er glaubte, dass sie sich wieder würden zusammenraufen können und dass er dankbar war, dass Itachi ihm wohl langsam verzeihen konnte.
 

Sakura erzählte ihm ein wenig von ihrem Tag hier und wen sie kennengelernt und was sie getan hatte und er hörte geduldig zu und sah sie dabei wie immer aufmerksam an.
 

Sie gingen beide duschen und - weil Sasuke erst spät gekommen war - auch gleich schlafen, aber er zog sie wieder an sich und sie genoss es wieder beim Einschlafen seine Nähe zu spüren.
 

Am Freitagmorgen stand sie erneut mit ihm auf, damit sie wieder genug Zeit für ihre tägliche Lektüre haben würde und trotzdem wieder Zeit mit den anderen Frauen würde verbringen können.
 

Beim Frühstück sagte er ihr, dass er von heute Abend bis Sonntag Abend für sie ein Zimmer in einem Hotel in den Bergen gebucht hatte und dass sie also heute nach seiner Arbeit gleich würden losfahren können.
 

Das freute sie sehr und sie machte sich noch bevor er zur Arbeit ging daran passende Klamotten und andere notwendige Dinge einzupacken. Sie hatte das Gefühl eine tolle Zeit vor sich zu haben, einmal wegen des Wochenendes und zum anderen würde sie sich vor ihrer Abreise nochmal mit Naruto und Hinata treffen.
 

Naruto hatte ihr geschrieben und gefragt, ob sie am Freitag Abend in der Stadt etwas zusammen essen wollen würden und als Sasuke gehört hatte, dass Hinata wieder dabei sein würde, hatte er nichts dagegen gehabt. Er hatte ebenfalls am Morgen direkt gepackt und ihre Sachen zusammen mit seinen gleich in sein Auto gebracht und ihr gesagt, dass er sie dann im Restaurant abholen würde, wenn er mit der Arbeit fertig sei.
 

Sakura wurde wieder von einem der Fahrer in die Stadt gebracht und während der Fahrt fühlte sie sich ein bisschen so wie als sie als Kind freudige Aufregung vor einem Urlaub verspürt hatte.
 

Naruto und Hinata fragten wieder ein wenig besorgt nach, wie es ihr ging und sie erzählte, ohne irgendwelche Details zu nennen, dass alles besser geworden war in den letzten Tagen. Erst schienen sie skeptisch zu sein, aber dann ließen sie es gut sein, vielleicht weil sie heute tatsächlich ein wenig glücklich wirkte und sie sprachen über andere Dinge. Sakura genoss es mit ihnen zu lachen.
 

Fast konnte sie es gar nicht fassen wie glücklich sie im Moment war. Sie wollte am liebsten, dass dieser Moment mit Naruto und Hinata ewig andauern würde und dass sie sich dadurch auch noch länger auf ihren Wochenendurlaub freuen können würde. Sie war sich noch nicht ganz sicher, wie es werden würde, doch die Vorfreude genoss sie mit Absicht in vollen Zügen, das konnte ihr schließlich niemand nehmen und daher hoffte sie fast, dass Sasuke sie nicht zu früh abholen würde.
 

Doch er kam früh. Sie waren noch nicht mal ganz mit dem Essen fertig, als er das kleine Restaurant betrat.
 

"Oh nein", sagte Hinata enttäuscht, als sie ihn eintreten sah und Sakura freute sich über ihre Reaktion, weil das wohl hieß, dass Hinata gerne Zeit mit ihr verbrachte und dass sie nicht wollte, dass sie schon ging.
 

Sasuke kam auf sie zu.
 

Wie immer sahen ihn beinahe alle an, in seinem Anzug und mit dem dunklen Mantel sah er sehr gut aus und er strahlte wie immer viel Erhabenheit und Präsenz aus.
 

"Hallo", sagte er in neutralem Ton zu ihr, als er bei ihrem Tisch angekommen war und sah kurz auf sie hinab. Dann legte er einfach seine Finger um ihren Kiefer, drückte ihr Gesicht nach oben, beugte sich zu ihr hinab und gab ihr einen Kuss. Er ließ sie los und richtete sich wieder auf.
 

In den letzten Tagen hatte er sie bloß beim Einschlafen umarmt oder vorsichtig ihre Haare oder ihre Wange berührt. So etwas wie das hier hatte er gar nicht mehr getan. Sakura vermutete, dass er sie vorsichtig behandelt hatte, weil es ihm unangenehm war, was er ihr unabsichtlich angetan hatte.
 

Doch nun hatte sie Eindruck, dass er allen im Restaurant - und vielleicht vor allem Naruto - hatte zeigen wollen, dass sie ihm gehörte. Dass er sie einfach so küssen konnte und sie es zuließ. Diese Geste hatte in ihrer Langsamkeit und der Art der Ausführung etwas ziemlich Besitzergreifendes an sich gehabt.
 

Naruto lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah vollkommen entspannt zu Sasuke hoch. Wie schon bei ihrem ersten Treffen schien er nicht zu finden, dass er Sasuke mit dieser unsicheren Vorsicht begegnen musste, die ihm die meisten Menschen normalerweise entgegenzubringen schienen.
 

"Hübsche Machtdemonstration", sagte Naruto gerade heraus.
 

Sasuke wandte sich ihm zu und Naruto fuhr fort: "Und jetzt? Muss sie jetzt sofort aufstehen und mir dir kommen oder darf sie noch aufessen?"
 

Sasuke verengte die Augen.
 

Sakura tauschte einen schnellen Blick mit Hinata und die legte Naruto rasch beschwichtigend ihre Hand auf den Arm.
 

"Naruto", sagte Hinata leise. "Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist-"
 

Aber sie konnte ihren Satz nicht beenden.
 

Naruto und Sasuke musterten sich konzentriert und Sasuke fragte kühl: "Hast du ein Problem damit, wie ich mit meiner Frau umgehe?"
 

"Sasuke, bitte...", versuche Sakura es leise, in dem Bewusstsein, dass mittlerweile alle im Restaurant die Szene beobachteten, aber auch sie wurde vollkommen ignoriert.
 

"Jaaaa, irgendwie schon, denke ich", sagte Naruto völlig uneingeschüchtert.
 

"Nun", erwiderte Sasuke, "ich würde vorschlagen, dass du für deine eigene Freundin den Held spielst und meine Frau in Ruhe-"
 

"Sakura", sagte Naruto.
 

"Wie bitte?", fragte Sasuke.
 

"Sie heißt Sakura", sagte Naruto. "Du könntest sie auch einfach beim Namen nennen. Oder musst du dich ständig selbst daran erinnern, dass sie dir gehört und dass sie dir nicht weglaufen kann?"
 

"Naruto!", sagte Sakura erschrocken. "Bitte hör jetzt auf, das bringt doch ni-"
 

Aber sie verstummte, denn Naruto sah nicht zu ihr hin und Sasuke hatte ohne sie anzusehen seine Hand leicht erhoben, um ihr zu signalisieren, dass er wollte, dass sie sich raus hielt.
 

"Du hast noch nicht beantwortet, warum du dich nicht um deine eigene Freundin kümmerst und stattdessen-"
 

"Ich kümmere mich nicht um Sakura", unterbrach Naruto ihn. Er wirkte immer noch vollkommen entspannt. "Ich kann solche Typen wie dich bloß einfach nicht ausstehen."
 

"Und du hälst es für eine gute Idee das 'Typen wie mir' einfach so ins Gesicht zu sagen?", fragte Sasuke und zog eine seiner perfekten Augenbrauen hoch. "Bist du dumm oder mutig?"
 

"Beides, schätze ich", sagte Naruto gleichgültig.
 

Sie sahen sich einen Moment an und Sakura tauschte wieder einen bangen Blick mit Hinata. Sie hatte keine Ahnung, was nun passieren würde. Es war merkwürdig still im Restaurant, alle sahen zu ihnen hin.
 

Ein paar Sekunden vergingen in Stille. Dann zog Sasuke schließlich den Stuhl neben Sakura unter dem Tisch hervor. Er zog in aller Ruhe seinen Mantel aus und setzte sich, sodass er nun neben ihr und gegenüber von Naruto saß. Er griff nach der Karte vor sich, schlug sie in Ruhe auf und sah sie sich an.
 

Naruto nahm seine Gabel in die Hand und schob sich - ebenfalls in aller Ruhe - einen Bissen von seinem Essen in den Mund. Dann fing er zufrieden an zu kauen, als ob nichts wäre.
 

Hinata nahm die Hand von seinem Arm, mit der sie versucht hatte ihn zu beruhigen und sah wieder zu Sakura, die an ihrem Blick erkannte, dass sie offenbar genauso irritiert und überfordert mit der Situation war wie sie.
 

Eine der Bedienungen kam vorsichtig zwei Schritte näher an ihren Tisch heran. Sie räusperste sich und fragte dann sehr behutsam an Sasuke gewandt: "Ähm, möchten Sie etwas bestellen?"
 

"Ja", sagte er ruhig und nannte ihr eine Nummer.
 

Sie notierte es eifrig und offensichtlich erleichtet, dass alles wieder normal abzulaufen schien.
 

"Etwas zu trinken auch?"
 

"Ein Wasser bitte", sagte Sasuke höflich, legte die Karte weg und sah zu ihr auf. Sie errötete promt, notierte auch das und wandte sich dann sofort ab und ging auf die Küche zu. Endlich nahmen auch die Leute um sie herum wieder ihre Gespräche auf, auch wenn sie immer noch teilweise zu ihnen hinsahen.
 

Im nächsten Moment wurde Sakura sehr bewusst, dass sie und Hinata in den gleichen Kreisen aufgewachsen waren, denn Hinata griff nun auch auf das zurück, was sie selbst gelernt hatte, um solche unschönen Situationen gekonnt zu überspielen, denn sie fragte höflich und ein wenig gekünstlet and Sakura gewandt: "Die Berge im Herbst stelle ich mir jedenfalls sehr schön vor. Wo fahrt ihr denn eigentlich genau hin?"
 

Sakura hätte das Spiel in diesem Moment liebend gerne mitgespielt, doch sie hatte das Thema bisher mit Absicht gemieden, um nicht zugeben zu müssen, dass sie keine Ahnung hatte, wo er sie hinbringen würde.
 

Aber Sasuke kam ihr zur Hilfe und nannte mit einem höflichen Blick zu Hinata den Namen des Ortes.
 

"Oh, da war ich auch schon, dort ist es traumhaft!", sagte Hinata immer noch ein wenig gekünstelt.
 

Sie hatte gleich wieder von Sasuke weg und zu Sakura gesehen und erzählte ihr nun ausschweifender als nötig, dass es dort viele hübsche Felsen, Kiefern und kleine Wasserfälle gebe und Sakura spielte mit und stellte einige Fragen zu Hinatas früherem Besuch dort.
 

"Das klingt wirklich traumhaft", sagte Sakura mit einem Lächeln und warf kurz einen Blick zu Sasuke hinüber. Er bekam gerade sein Essen hingestellt und bedankte sich bei der Kellnerin. Naruto saß ihm gegenüber und musterte ihn nachdenklich und mit leicht schiefgelegtem Kopf.
 

Sasuke fing seelenruhig an zu essen und ignorierte ihn. Eine Weile sah Naruto ihm dabei zu und dann aß er auch einfach weiter.
 

Sakura tauschte wieder einen überforderten Blick mit Hinata.
 

"Naja, jedenfalls würde ich da auch gerne mal wieder hin", sagte Hinata. "Ich beneide dich ein wenig Sakura!"
 

"Mit mir wird das nichts, das kann ich mir mit Sicherheit nicht leisten", sagte Naruto frei heraus und sah sie an.
 

Allerdings schien er sich deswegen kein bisschen schlecht zu fühlen. Sakura hatte das immer an ihm bewundert. Er akzeptierte sich selbst vollkommen, ganz genau so, wie er war. Sich schlecht zu fühlen, weil er sich etwas nicht leisten konnte, war nicht seine Art.
 

"Ja, das nehme ich auch an", sagte Sasuke ruhig und vollkommen neutral, ohne von seinem Essen aufzusehen.
 

Naruto sah wieder zu ihm hin und verzog ein wenig verärgert den Mund.
 

"Ich kann es mir aber locker für uns beide leisten", sagte Hinata mit einem vorsichtigen Lächeln zu Naruto. Dann hellte sich ihre Mine auf, als ihr ein spontaner Einfall gekommen zu sein schien.
 

"Sollen wir auch fahren?", fragte sie begeistert.
 

Sakura blickte sie überrascht an. Und im nächsten Moment schien Hinata selbst ein bisschen überrascht über das zu sein, was sie eben gesagt hatte.
 

Sasuke legte seine Gabel weg, richtete sich langsam auf, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und musterte sie und Naruto aufmerksam.
 

"Klar, wenn du das willst", sagte Naruto belustigt. "Ich kann mir zwar Besseres vorstellen, als mit nem Haufen eingebildeter, reicher Eisklötze in den Bergen festzustecken und eigentlich bin ich morgen mit den Jungs verabredet, aber sicher!" Er schenkte ihr ein charmates Lächeln. "Für ein romantisches Wochende mit dir sage ich gerne alles ab und bin auch bereit die fragwürdige Gesellschaft dort zu ertragen."
 

Sakura bemühte sich nicht zu lachen und Hinata kicherte.
 

Naruto wandte sich Sasuke zu, der ihn immer noch im Stuhl zurückgelehnt entspannt und abschätzig betrachtete.
 

"Nur scheint er hier was dagegen zu haben", sagte Naruto.
 

Alle sahen sie zu Sasuke.
 

"Aber du kannst Hinata ja nicht vorschreiben, wo sie hinfährt, oder?", fragte Naruto grinsend.
 

"Also eigentlich, Naruto, kann er das schon", sagte Hinata leise. "Das Hotel und das Anwesen dort gehören seiner Familie. Er könnte einfach dort anrufen und ihnen sagen, dass er nicht will, dass wir-"
 

"Kann er nicht", sagte Naruto grinsend.
 

"Was?", fragte Hinata verwirrt.
 

Sakura warf Sasuke einen schnellen Blick zu. Er musterte Naruto immer noch, aber seine Mine verriet nicht, was er dachte.
 

Wieso nicht?", fragte Hinata.
 

"Er meint damit", sagte Sasuke ruhig, immer noch ohne Naruto aus den Augen zu lassen, "dass ich das nicht tun kann, weil eine derart kleinliche Reaktion von mir bloß zeigen würde, dass ich ein Problem mit meinem Ego hätte. Es wäre ein Eingeständnis von Hilflosigkeit und Ohnmacht so etwas Albernes zu tun. Das wäre unter meinem Niveau."
 

Naruto grinste noch ein wenig breiter.
 

"Na dann", sagte er entspannt und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf. "Dann wird das wohl mehr oder weniger ein Wochenende zu viert."
 

"Komm mir bloß nicht in die Quere", erwiderte Sasuke trocken.
 

"Keine Sorge du Mistkerl", erwiderte Naruto beinahe liebvoll. "Ich will Zeit mit Hinata verbringen und nicht mit dir. Ich halte mich nach Möglichkeit von dir fern."
 

"Na dann", sagte Sasuke entspannt und fing wieder an zu essen.
 

Sakura tauschte wieder einen Blick mit Hinata. Sie war verwirrt und immer noch überfordert mit dieser Situation und Hinata schien auch nicht so ganz genau zu wissen, wie ihr eigentlich geschah.
 

Aber sie mussten nun beide ihr Lachen unterdrücken, was fast nicht gelang.
 

"Also dann", sagte Hinata ein wenig vorsichtig, als sie Sakura zehn Minuten später auf dem Parkplatz zum Abschied umarmte, "dann sehen wir uns vielleicht ja dieses Wochenende noch, wenn sie noch was frei haben. Ich werde gleich mal dort anrufen."
 

"Das wäre schön!", erwiderte Sakura lächelnd.
 

Naruto sparte es sich dieses Mal ausnahmsweise sie zum Abschied zu umarmen und Sasuke öffnete ihr die Beifahertür, damit sie in sein Auto einstieg.
 

"Bis dann Sakura!", rief Naruto gut gelaunt.
 

Sasuke schlug die Tür zu.

Autofahrt

Sakura schnallte sich an und sah ihm dabei zu wie er einstieg. Er sagte nichts, während er ausparkte und vom Parkplatz fuhr.
 

Sie sah kurz aus dem Fenster, Naruto hatte irgendetwas zu Hinata gesagt und sie stand da und kicherte. Naruto lachte ebenfalls.
 

Als Sasuke abbog und auf die Straße fuhr, konnte sie sie nicht mehr sehen.
 

Sakura beneidete Naruto irgendwie ein wenig um seine Art. Er schien nie Angst zu haben und hatte sich kein bisschen einschüchtern lassen. Und sie saß hier neben ihrem Mann und fühlte sich unsicher.
 

"Ich freue mich auf das Wochenende", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln. "Ich habe mich schon den ganzen Tag gefreut!"
 

Er warf ihr einen kurzen Blick zu.
 

"Ich freue mich auch", sagte er und sah wieder nach vorne.
 

"Wie lange fahren wir?"
 

"Zwei Stunden."
 

Sie schwieg kurz und sah zu wie er an der Ampel eine Adresse in die Navigation eingab. Dann entschied sie ihn einfach zu fragen.
 

"Bist du verärgert? Wegen Naruto?"
 

Er sah sie kurz überrascht an.
 

"Nein", sagte er ruhig. "Wirke ich verärgert?"
 

"Nein!", beeilte sie sich schnell zu sagen. "Ich-"
 

Sie brach ab. Sie war einfach unsicher und ein bisschen nervös wegen des Wochenendes. Sie erhoffte sich zu viel davon und war sich ziemlich sicher, dass ihre Wünsche ein bisschen zu groß für die Realität sein würden und dass sie dann enttäuscht sein würde.
 

Er warf ihr einen fragenden Blick zu, also nahm sie sich zusammen und antwortete ihm richtig.
 

"Du bist immer so gefasst, dass man oft nicht weiß, wie es in dir aussieht und das verunsichert mich manchmal."
 

"Ich verstehe", sagte er. "Ich bin jedenfalls nicht verärgert. Hab bitte nicht solche Angst vor mir. Ich tue dir nichts." Er lachte leise und ein wenig bitter. "Zumindest nicht mit Absicht."
 

Sie musste lächeln.
 

"Er ist ein seltsamer Typ", sagte er und sie hob überrascht den Kopf, weil er von sich aus ein Gespräch anfing. "Dein Ex."
 

"Kannst du ihn vielleicht einfach Naruto nennen?", fragte sie behutsam. "Er ist hauptsächlich ein Freund für mich. Zusammen waren wir ja nicht sehr lange. Wir waren länger befreundet als wir ein Paar waren."
 

"Verstehe."
 

"Aber ja, Naruto ist oft überraschend anderes als andere Leute", fügte sie lächelnd hinzu. Sie sah wieder zu ihm.
 

"Was hältst du von ihm?"
 

Er überlegte einen Moment, dann sagte er: "Ich bin mir nicht ganz sicher. Aber ich denke, dass ich es ganz interessant finde, dass er sich nicht einschüchtern lässt. Allerdings sollte er sich nicht bei jedem so verhalten."
 

"Tut er auch nicht", sagte Sakura. "Er hat ein gutes Gespür dafür, wie er mit Menschen umgehen muss. Das hat mich immer schon fasziniert an ihm."
 

"Aber du hast dich wieder von ihm getrennt?"
 

"Ja", sagte sie nachdenklich. "Ich war einsam, ich fühlte mich geschmeichelt durch sein Interesse und er ist einfach toll. Mit ihm ist es immer lustig und man hat automatisch Freunde, weil er so viele hat und er einen sofort mit integriert. Er ist immer ehrlich und man kann ihm vertrauen. Aber trotzdem habe ich ihn wohl nie so richtig geliebt. Ich weiß auch nicht wieso."
 

Er lachte ein wenig bitter. "Und nun bist du sogar mit jemandem verheiratet, den du nicht liebst. Und es ist nichtmal lustig und das Gefühl mir vertrauen zu können hast du wahrscheinlich auch nicht. Das einzige, was ich dir bieten kann, ist eine Menge Luxus."
 

Sie warf ihm einen raschen Blick zu, aber er sah nach vorne.
 

"Wie war dein Arbeitstag?", fragte sie, weil sie nicht so recht wusste, was sie darauf antworten sollte.
 

"Frustrierend", sagte er.
 

Sie waren nun aus der Stadt raus und er fuhr auf die Autobahn auf. "Wir sind an etwas dran, aber wir kriegen sie nicht richtig zu fassen, sie sind uns immer einen Schritt voraus. Und wir müssen das hinkriegen, weil viel davon abhängt."
 

"Darfst du konkreter werden?"
 

"Nein", sagte er. "Ich könnte es natürlich trotzdem tun", fügte er hinzu. "Du wirst es wohl kaum jemandem erzählen. Aber ich will dir nicht die Stimmung verderben. Es ist kein angenehmes Thema."
 

"Ich verstehe", sagte sie und beharrte nicht mehr darauf, weil sie dachte, dass er vielleicht selbst lieber seine freie Zeit genießen und nicht daran denken wollte.
 

Sie betrachtete durch die Scheibe die leuchtend orangenen und roten Streifen des beginnenden Sonnenuntergangs. Es war noch hell, aber die Bäume und Büsche am Rand der Autobahn waren langsam schon eher dunkle Silhouetten, als dass man noch viele Details hätte erkennen können. Sie mochte diese Herbstabende. Es war ein bisschen unheimlich, aber es hatte auch seine ganz eigene Ästhetik.
 

"Ich fühle mich sicher mit dir", sagte sie leise und eigentlich mehr zu sich selbst.
 

"Wie bitte?", fragte er.
 

Sie tauchte wieder aus ihren Gedanken auf und registrierte jetzt erst so richtig, dass sie es laut gesagt hatte.
 

"Ich dachte gerade darüber nach, was du eben gesagt hast", erklärte sie. "Darüber, dass du mir nichts außer Luxus bieten könntest. Aber das stimmt nicht, da ist noch etwas anderes. Bisher war ich so überfordert mit dieser ganzen Situation, die meine Eltern mit ihrer Lüge erschaffen haben, dass ich ständig verängstigt war und darum habe ich es noch nie so richtig wahrgenommen. Aber ich fühle mich immer sehr sicher, wenn ich in deiner Nähe bin. Das ist auch etwas Wertvolles. Es ist ein schönes Gefühl."
 

Er warf ihr einen schnellen Blick zu und sah dann wieder nach vorne.
 

Er schwieg und sie blickte auf ihre Hände.
 

Dann räusperte er sich leicht und sagte: "Danke."
 

Sie musste lächeln. Es hatte geklungen, als ob er sich etwas hätte bemühen müssen, um die Fassung zu wahren.
 

"Ich werde weiter die Worte 'meine Frau' benutzen", teilte er ihr nach einem Moment mit. "Ich weiß, ich habe nichts dafür geleistet, aber dennoch, bin ich stolz, dass du meine Frau bist. Ich sage das gerne. Ich mache das nicht nur wegen irgendwelcher Besitzansprüche."
 

"Nur weil ich hübsch bin", sagte sie leise und sah zu wie ein paar Vögel in einer beinahe perfekten pfeilartigen Form über den Abendhimmel zogen. "Sonst ist nichts an mir besonders toll oder faszinierend. Aber das scheint Männern vielleicht auszureichen."
 

Das war etwas, was sie immer schon gestört hatte. Sie hatte Glück mit ihrem Aussehen gehabt, und sie wollte auch nicht undankbar sein, aber sie wollte dennoch gerne etwas tun und erreichen, was nicht damit zusammenhing.
 

Er lachte leise.
 

"Ein bisschen komplexer ist das für mich schon", sagte er. "Selbstverständlich bist du mir hauptsächlich durch dein ansprechendes Äußeres aufgefallen. Mir und allen anderen. Aber es ist nicht nur das, was ich an dir mag."
 

Sie sah wieder zu ihm. Er blickte auf die Straße vor sich. Er wirkte entspannt und - wie sie glaubte - auch zufrieden. Sie fand es schön ihn so zu sehen.
 

Sein Smartphone in der Ablage zwischen ihren Sitzen klingelte und die Anzeige der Freisprecheinrichtung des Autos zeigte den Namen ihres Vaters an.
 

"Anruf annehmen", sagte Sasuke routiniert und einen Moment später sagte Sakuras Vater schon: "Guten Abend Schwiegersohn!"
 

"Guten Abend", erwiderte Sasuke bloß in seinem üblichen neutralen Tonfall.
 

"Störe ich dich gerade?", fragte ihr Vater.
 

"Ein wenig", erwiderte Sasuke. "Aber ich nehme an, es geht um meinen Antrag von heute Mittag."
 

"Nun, ja, das tut es wohl. Ich habe darüber nachgedacht, aber das ist mir zu riskant. Darin werde ich dich nicht unterstützen."
 

"Ich verstehe", sagte Sasuke kühl.
 

Einen Moment herrschte Stille.
 

"Du bist seit einigen Tagen sehr unterkühlt", sagte ihr Vater. "Gibt es ein Problem? Soll ich wegen etwas mit Sakura sprechen? Ich weiß, sie kann manchmal eigenwillig und störrisch sein. Wenn dich das stört, könnte ich-"
 

"Nicht nötig", unterbrach ihn Sasuke kühl. "Sakura verhält sich ganz wunderbar, es gibt nichts, worüber ich mich beschweren könnte. Und sie ist vielleicht deine Tochter, aber sie ist nun auch meine Ehefrau. Es ist nicht mehr angebracht, dass du ihr sagst, wie sie sich zu verhalten hat."
 

"Ja, das ist jetzt wohl deine Aufgabe."
 

Sakura verkrampfte ihre Hände in ihrem Schoß um den Stoff ihres Rocks. Es ärgerte sie so furchtbar ihren Vater so reden zu hören. Sie kannte ihn schon ihr Leben lang, sie kannte seine Sicht auf die Welt und auf Frauen. Aber irgendwie fiel ihr erst seit ihrem Auszug so richtig auf, wie schrecklich er war. Wieso hatte sie das eigentlich immer alles mit sich machen lassen?
 

'Weil sie dich die ganze Zeit manipuliert und unter Druck gesetzt haben', dachte sie. 'Und weil du viel zu hilflos und verunsichert warst, um ganz allein gegen deine Familie anzukommen. Und weil du sehr introvertiert bist. Und weil du geliebt werden wolltest und man dir Liebe immer entzogen hat, wenn du dich nicht wie gewünscht verhalten hast.'
 

"Wenn du den Antrag nicht unterzeichnen willst, dann finde ich einen anderen Weg", sagte Sasuke und sie war froh, dass er wieder das Thema wechselte.
 

"Sasuke, du bist mein Schwiegersohn und wir sollten zusammenhalten, aber tu nichts Unüberlegtes!", sagte ihr Vater warnend. "Ich bin schon lange Politiker, ich habe gelernt, dass man Dinge immer sorgsam abwägen muss. Du bist noch jung und ehrgeizig und-"
 

"Ich weiß was ich tue, danke", unterbrach ihn Sasuke ruhig aber entschieden, sodass ihr Vater verstummte.
 

"Als Innenminister bin ich der oberste Dienstherr der Polizei", sagte ihr Vater. Nun klang er verärgert. "Vergiss nicht, dass du mir unterstehst!"
 

Sasuke lachte leise und freudlos.
 

"Solange du Innenminister bist, ja", sagte er. "Aber sowas lässt sich ändern."
 

Es herrschte einen Moment Schweigen.
 

"Das war der Deal", sagte ihr Vater kühl. "Du hast dafür meine Tochter bekommen, das war dir ja offenbar sehr wichtig."
 

"Und du hast sie für diese Position und eine beträchtliche Summe Geld hergegeben", erwiderte Sasuke entspannt. "Ich habe bei dir um ihre Hand angehalten. Das ist soweit ich das sehe kein allzu verwerfliches Unterfangen. Du hättest 'nein' sagen können. Aber das hast du nicht. Du hast dich darüber gefreut, du hast deine Bedingungen gestellt und wir haben sie alle erfüllt. Wir sind beide keine Heiligen. Ich habe Sakura bekommen und du diese Position. Aber vergessen wir nicht, wie die Realitäten sind. Ich sehe nicht, was du tun könntest, um sie mir wieder wegzunehmen. Anders herum allerdings..."
 

Er beendete seinen Satz nicht, aber ihr Vater schien auch so zu verstehen. Sakura war froh, dass Sasuke nicht auch erwähnt hatte, dass ihre Eltern die Uchihas und sie selbst getäuscht hatten, was die Bedingungen für diese Ehe anging. Sie hatte, seit sie das erfahren hatte, noch nicht wieder Kontakt zu ihnen gehabt und sie wusste nach wie vor nicht, wie sie damit umgehen sollte.
 

"Drohst du mir?", fragte ihr Vater kalt. "Weil ich diesen Antrag nicht unterschreibe?"
 

"Nein", sagte Sasuke ruhig. "Du willst den Antrag nicht unterzeichnen und das akzeptiere ich. Ich weiß, es wäre riskant. Aber es hätte klappen können und ich hätte es aufgrund der schwierigen Situation gerne versucht. Mit meiner Aussage eben wollte ich dich lediglich daran erinnern, dass du in keiner Position bist, in der du mir sagen könntest, was ich tun oder lassen soll, nur weil du rein formal mein Vorgesetzter bist. Und ich würde es begrüßen, wenn du auch Sakura nicht mehr vorschreibst, was sie zu tun oder zu lassen hat. Sie gehört nun zu mir. Und es gefällt mir nicht, wie du über sie sprichst."
 

"Ich verstehe", sagte ihr Vater immer noch ein wenig kühl, aber auch versöhnlich. "Ich wollte dich nicht verärgern."
 

"Gut."
 

"Ich wünsche dir ein schönes Wochenende."
 

"Ja."
 

"Anruf beenden", sagte Sasuke und fast im gleichen Moment ertönte das Signal, das angab, dass die Sprachsteuerung die Verbindung unterbrochen hatte.
 

"Es tut mir Leid", sagte Sasuke und warf wieder kurz einen Blick zu ihr herüber. "Es war sicher sehr unschön, das mit anzuhören."
 

Sakura bemühte sich sich zusammenzunehmen und sie ließ ihren Rock los und strich den Stoff wieder glatt.
 

"Ich kenne ihn ja", sagte sie. "Aber es ist schwierig für mich. Immer befand ich mich in einem Umfeld, wo Männer mir sagen konnten, was ich darf und was nicht. Während des Studiums habe ich für eine kurze Zeit eine ganz andere Welt kennengelernt. Naruto und seine Freunde zum Beispiel, sie leben in einer ganz anderen Realität. Sie würden sich einer Frau gegenüber nie derart übergriffig verhalten. Während des Studiums habe ich erst gemerkt, dass meine Realiät so vollkommen rückschrittlich ist, was diese Dinge angeht."
 

"Du denkst, dass ich nicht besser bin als er."
 

"Nein", sagte sie. "Du bist etwas besser."
 

"Vielleicht kann ich mit der Zeit noch etwas dazulernen", sagte er. "Ich werde es versuchen. Ich bin einfach so aufgewachsen und habe das alles nie hinterfragt."
 

"Danke, dass du mich verteidigt hast", sagte sie. "Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob du das für mich getan hast, oder weil du fandest, dass er sich in etwas eingemischt hat, was deiner Meinung nach dir gehört.
 

Er schwieg einen Moment.
 

"Beides", sagte er schließlich.
 

Das hatte sie sich gedacht. Aber wenn sie geduldig war, dann würde er vielleicht wirklich ein wenig dazulernen können. Zumindest zeigte er Bereitschaft dazu. Oder gab das jedenfalls vor. Und immerhin war er ehrlich. Damit konnte sie deutlich besser umgehen, als mit diesem unterschwelligen subtilen Druck, den ihr Vater immer ausgeübt hatte, um sie in die Richtung zu manipulieren, die ihm gefiel.
 

"Ich muss noch einmal Madara anrufen", sagte Sasuke. "Danach war es das mit Arbeit, ich verspreche es."
 

Aber sie hatte nichts dagegen. Je mehr sie mitbekam, desto besser. Sie wollte endlich alles verstehen, was um sie herum vor sich ging.
 

"Sasuke", sagte Madara beiläufig zur Begrüßung.
 

"Hallo Madara", erwiderte Sasuke gelassen. "Sakura hört mit. Unser Innenminister stellt sich leider quer."
 

"Nun, das war zu erwarten", sagte Madara. "Es war trotzdem richtig, dass du es versucht hast. Aber selbstverständlich ändert sich dadurch nichts an der Situation."
 

"Nein."
 

"Dann schicke ich Izuna übers Wochenende nochmal zum Verhandeln. Aber das wird wohl auch erfolglos sein. Also werden wir in diesem Fall zu unschöneren Mitteln greifen müssen, um unsere Interessen durchzusetzten."
 

"Ja."
 

"Gut, danke für die Information Sasuke. Gibt es noch etwas?"
 

"Nein", erwiderte Sasuke. "Ich bleibe selbstverständlich erreichbar, aber bitte sag allen, dass ich nur in Notfällen angerufen werden möchte."
 

"Mache ich", erwiderte Madara. "Genießt euer Wochenende, ihr habt etwas schöne Zeit zu zweit verdient!"
 

"Danke."
 

"Was macht ihr denn?", fragte Sakura sofort besorgt, sobald Sasuke den Anruf beendet hatte. "Um was geht es denn bei all dem?" Aber sie wusste, dass sie umsonst fragte.
 

"Es geht in diesem Fall um meine Arbeit", sagte er bloß ausweichend.
 

"Ihr seid schrecklich!", sagte sie. "Das alles macht mir Angst. Ist es legal, was ihr tut?"
 

"Bisher ja", sagte er bloß.
 

Sie stöhnte.
 

"Du brauchst keine Angst zu haben", sagte er ruhig. "Du bist vollkommen sicher. Du hast eben selbst gesagt, dass du dich sicher fühlst in meiner Nähe. Und das kannst du auch."
 

"Ja", sagte sie verstimmt und eindringlich. "Unter normalen Umständen! Aber nicht, wenn ich denke, dass ihr irgendwelche merkwürdigen halb legalen Dinge tut! Dann fühle ich mich überhaupt nicht sicher! Dann mache ich mir Sorgen! Auch um dich! Und um alle anderen!"
 

"Das ist unnötig", sagte er. "Wir haben alles im Griff."
 

"Das sagt ihr Männer immer! Bis euch euer Größenwahn auf die Füße fällt und ihr es doch nicht mehr im Griff habt!"
 

"Wir haben alles im Griff", wiederholte er bloß.
 

"Das glaubt ihr!"
 

"Sakura, diese Diskussion dreht sich im Kreis und wird nirgendwo hinführen. Ich bitte dich damit aufzuhören", erwiderte er immer noch vollkommen ruhig.

"Wenn es an der Zeit ist, dann wird Madara dir alles erklären. Für den Moment hast du keine andere Wahl, als es zu akzeptieren und dich auf mich zu verlassen. Aber ich verspreche dir, dass ich gut aufpassen werde. Ich habe ebenfalls kein Interesse dran, dass dir oder mir selbst irgendetwas passiert, egal in welcher Form auch immer. Vertrau mir ein bisschen."
 

Sie drehte wütend den Kopf weg und sah aus dem Seitenfenster. Wieso hatte sie nicht einfach ein ganz normales Leben? Dieser Reichtum und ihr gutes Aussehen brachten nur Probleme mit sich! Eine Weile ärgerte sie sich und für die nächsten dreißig Minuten schwieg sie.
 

Er sagte auch nichts. Entweder war er nun ebenfalls verärgert oder er ließ ihr Raum für sich.
 

Dann wurde sie wieder ruhiger und empathischer und erinnerte sich daran, dass andere Leute auch Probleme hatten. Andere als sie vielleicht, aber in keinem Leben ging es problemlos zu. Mit Sicherheit hatten andere sogar viel schlimmere Sorgen und Probleme als sie. Sie saß hier auf dem Weg in ein schönes Wochenende, sie bekam beinahe alles, was sie wollte und ihr ging es zumindest momentan sehr gut. Also konnte sie nur versuchen die guten Momente zu genießen und sich den schlechen Dingen zu stellen, wenn es soweit war. So wie jeder andere Mensch auch.
 

"Können wir an der Raststätte dort anhalten?", fragte sie schließlich und deutete auf das Schild. Sie hatte im Restaurant ziemlich viel Wasser getrunken, als sie mit der Situation zwischen Naruto und Sasuke so überfordert gewesen war. "Ich müsste mich kurz entschuldigen."
 

"Selbstverständlich", sagte er höflich.
 

Er stieg mit ihr aus und sie fragte sich, ob er dachte, dass sie vor lauter Ärger am Ende abhauen würde. Aber im nächsten Moment fand sie sich für diesen kindischen Gedanken selbst albern. Sicher dachte er das nicht!
 

Einige Meter weiter war sie fast schon froh, dass er neben ihr her ging, weil ein paar Lastwagenfahrer der eher unangenehmen Sorte zusammen vor der Tür der Raststätte standen und sie sich bei ihren Blicken sicher war, dass sie einen blöden Spruch gemacht hätten, wenn sie alleine gewesen wäre.
 

Sasuke legte beinahe ohne sie zu berühren seinen Arm um sie, als sie zwischen ihnen hindurch gingen und er sah einen von ihnen so eindringlich an, dass er schließlich seinen Blick von ihr abwandte. Dann hielt er ihr die Tür auf und ging mit ihr bis zu den Toiletten.
 

"Ich warte", sagte er bloß und sie nickte.
 

Als sie zurück kam, fragte er höflich, ob sie etwas Essen oder trinken wollte und sie ließ es zu, dass er eine Flasche Wasser für sie kaufte, da sie sich wieder beruhigt hatte und versöhnlich gestimmt war.
 

Auf der Toilette war sie zudem zusätzlich daran erinnert worden, dass sie es eigentlich ziemlich gut hatte, da sie beobachtet hatte, wie eine erschöpfte Mutter ganz entnervt mit ihrem Kind umgegangen war und dabei wütend über ihren 'nutzlosen Mann' geschimpft hatte. Sakura hatte den Mann der Frau beim hineingehen gesehen und war sofort einfach nur froh gewesen, dass sie nicht mit ihm verheiratet war.
 

Also bedankte sie sich bei Sasuke mit einem Lächeln, als er ihr das Wasser reichte.
 

Er geleitete sie erneut durch die Gruppe der Männer vor der Tür und wollte ihr ein paar Meter weiter beim Auto auch wieder die Beifahrertür aufhalten, doch sie blieb stehen. Sie hatte nicht vor einzusteigen.
 

Er sah sie fragend an, während sie versuchte ihren Mut zu sammeln.
 

"Machst du jetzt eine Szene?", fragte er mit einem leichten Stirnrunzeln.
 

"Nein!", sagte sie rasch. "Ich habe mich längst wieder beruhigt!"
 

"Aber?"
 

"Ich wollte etwas fragen", sie zögerte. Dann sprach sie es einfach aus.
 

"Kann ich fahren?"
 

"Was?"
 

Die Frage hatte ihn offenbar so kalt erwischt, dass er es nicht geschafft hatte, wie sonst immer höflich 'wie bitte' zu fragen und er wirkte ein wenig perplex.
 

Sie riss sich rasch zusammen, weil sie bei seinem Gesichtsausdruck beinahe gelacht hätte. Allein um diese Verblüffung zu sehen, war die Frage schon gut gewesen.
 

"Darf ich nicht?", fragte sie. "Ich habe auch einen Führerschein."
 

Er sah sie an als wäre sie ein bisschen verrückt.
 

"Das ist mir bewusst", sagte er langsam und als käme er gerade nicht so ganz mit. "Allerdings ist das ein sehr teures Auto. Ich hänge daran. Und an meinem Leben auch."
 

"Denkst du Frauen können kein Auto fahren?", fragte sie empört.
 

"Das habe ich nicht gesagt."
 

Nun sah er ein wenig belustigt aus. "Selbstverständlich können Frauen Auto fahren. Vielleicht sogar besser als Männer. Frauen sind in der Regel weniger waghalsig. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass du besonders viel Fahrerfahrung hast. Bist du außerhalb der Fahrschule überhaupt gefahren?"
 

"Nicht viel", gab sie zu.
 

Er zog eine Augenbraue hoch.
 

"Fast gar nicht. Ein paar Mal."
 

Er öffnete den Mund, vielleicht um ihr mitzuteilen, dass in diesem Fall dann doch besser er weiterfahren würde, aber sie sagte rasch:
 

"Bitte lass mich fahren! Ich war gut in der Fahrschule! Und wenn ich es schlecht mache, dann können wir gleich wieder tauschen! Aber Sasuke, ich bin fünfundzwanzig und ich komme mir immer noch vor wie ein kleines Mädchen, weil mich alle ständig so behandeln. Und das verstehe ich sogar, ich habe in so vielen Dinge keine Erfahrung und keine Ahnung, wie etwas läuft! Aber das liegt daran, dass ich nie Erfahrungen machen darf! Wie soll ich denn Auto fahren lernen, wenn ich es nie tun kann? Niemand traut mir etwas zu!"
 

Er sah sie an und sie sah ihn an und hoffte, dass er es zulassen würde.
 

Sie war nervös. Ausgerechnet auf der Autobahn oder in den Bergen Fahrübungen zu machen, war vielleicht nicht die beste Idee. Und dieses Auto war ziemlich groß. Das ging ihm wahrscheinlich auch gerade durch den Kopf.
 

"Oder bist du zu sexistisch, um dich von deiner Frau fahren zu lassen?", fragte sie.
 

Sie hoffte, ihn damit ein wenig zu provozieren. Aus dem Augenwinkel nahm sie deutlich wahr, wie die Lastwagenfahrer sie interessiert beobachteten.
 

Sein Mundwinkel zuckte leicht. "Ich gebe zu, da ist vielleicht etwas dran."
 

"Du hast gesagt, du würdest versuchen etwas dazuzulernen!"
 

Er fing an leicht zu grinsen.
 

"Na schön", sagte er.
 

Er ging zu ihr und hielt ihr den Schlüssel hin. "Versuchen wir es. Aber bring uns bitte nicht um!"
 

"Du bist furchtbar!"
 

Nun grinste er richtig. Sie nahm ihm den Schlüssel aus der Hand und stolzierte um das Auto herum zur anderen Seite.
 

"Geht das in den Schuhen?", fragte er skeptisch, als er sich neben sie setzte und die Tür zu zog. Er grinste immer noch.
 

"Ja!", sagte sie ärgerlich. Sie hatte schließlich heute keine besonders hohen Absätze an. "Ich hatte in der Fahrschule auch solche Schuhe an."
 

"Na dann!", sagte er belustigt. "Ich hoffe allerdings, dass wir nicht von Polizeibeamten kontrolliert werden. Dann müsste ich zugeben, dass ich als einer ihrer höchsten Vorgesetzten mir gerade nicht ganz sicher bin, welche Absatzhöhe zum Fahren zulässig ist."
 

"Diese ist zulässig!", sagte sie entschieden und schnallte sich an. "Mein Fahrlehrer hat sich nicht beschwert."
 

Immer noch grinsend sah er ihr zu, wie sie den Sitz und die Spiegel sorgfältig richtig einstellte.
 

Sie tat zwar vor ihm so, als würde sie sich das hier vollkommen zutrauen, damit er sie fahren ließ, aber eigentlich war sie furchtbar nervös. Während sie die Rückspiegel prüfte, sah sie deutlich, dass die Lastwagenfahrer immer noch zu ihnen hinsahen, während sie aus ihren Kaffeebechern tranken. Sie hoffte bitterlich, dass sie nicht gleich beim Ausparken eine Schramme in sein Auto machen würde, vor allem nicht auch noch vor diesem Publikum! Das wäre wirklich am Rande dessen, was sie an Peinlichkeit würde ertragen können.
 

Aber sie wollte nicht bis in alle Ewigkeit nur sein hübsches Vorzeigepüppchen bleiben. Und daher musste sie anfangen Dinge zu tun, vor denen sie Angst hatte und die sie sich eigentlich selbst nicht zutraute. Er musste sehen, dass sie es schaffte Dinge zu bewältigen, die sie sich vornahm. Andernfalls würde er sie niemals ernst nehmen, wenn sie ihm sagte, dass sie einen Job wollte. Und alle anderen auch nicht. Aber vor allem wollte sie sich selbst beweisen, dass sie das schaffen konnte!
 

Also startete sie entschlossen den Motor.
 

'Ganz langsam!', sagte sie sich in Gedanken. 'Mach einfach alles ganz langsam und in Ruhe! Dann schaffst du es!'
 

Und so machte sie es auch. Beinahe zu ihrem eigenen Erstaunen stellte das Ausparken kein Problem dar und sie schaffte es wieder auf die Spur des Parkplatzes zu fahren.
 

"Da ist die Ausfahrt", sagte Sasuke neben ihr ruhig und deutete in die Richtung, weil sie gerade versucht hatte sich zu orientieren.
 

Sie blickte nochmal kurz in die Spiegel und fuhr dann los. Soweit schien es zu klappen. Trotzdem klopfte ihr Herz aufgeregt in ihrer Brust. Zuletzt hatte sie vor über zwei Jahren mal die Möglichkeit gehabt selbst zu fahren.
 

"Aarghh, mein Stolz!", sagte Sasuke immer noch grinsend, als sie vorsichtig an den Lastwagenfahrern vorbeifuhr, um zu der Ausfahrt zu kommen. "Ich weiß nicht, ob mein Ego sich davon je wieder erholt!"
 

"Hör auf, du bist furchtbar!", sagte sie. Sie wollte sich konzentrieren, aber irgendwie war ihr nun nach seinem Kommentar nach lachen zu Mute und sie musste sich bemühen ernst zu bleiben.
 

Die Lastwagenfahrer hatten auf jeden Fall ihren Spaß. Sie lachten und einer fing an ihr übertrieben zu applaudieren. Wahrscheinlich hatten sie ihr Gespräch eben mithören können und nun machten sie sich über sie lustig. Aber es war ihr egal.
 

Sasuke schwieg nun zum Glück, vielleicht weil er ebenfalls ein bisschen nervös war, weil sie nun auf die Autobahn auffahren musste, doch auch das klappte problemlos.
 

'Eigentlich ist es gar nicht schwer', dachte sie fast ein wenig überrascht.
 

Das Auto ließ sich gut fahren, obwohl es ziemlich groß war. Aber sie achtete darauf nicht schnell zu fahren und sicher auf der rechten Spur zu bleiben. Als ein Lastwagen sie am Berg ausbremste, überholte sie ihn. Auch das klappte problemlos.
 

Ein Blick auf die Navigation sagte ihr, dass sie nun einfach nur eine ganze Weile würde geradeaus fahren müssen. Sie entspannte sich ein wenig.
 

"Siehst du?" fragte sie lächelnd. "Wir leben noch!"
 

Sasuke hatte die ganze Zeit still neben ihr gesessen, vermutlich um ihr ihre Konzentration zu lassen. Anfangs hatte sie aus dem Augenwinkel wahrgenommen, dass er sehr konzentriert den Verkehr mit beobachtet hatte. Doch nach einer Weile hatte er sich in seinem Sitz bequem zurechtgesetzt und nicht mehr mit über die Schulter gesehen, wenn sie die Spur wechselte.
 

"Noch!", sagte er. "Ich koste jede Sekunde voll aus!" Aber es klang, als würde er einen Scherz machen und schon wieder grinsen.
 

Sie musste nun doch lachen.
 

"Du bist unmöglich!"
 

"Ja", sagte er beiläufig. "Macht es dir etwas aus, wenn ich aus deiner Wasserflasche trinke?"
 

"Ja!"
 

"Tatsächlich? Ich habe eigentlich nur der Höflichkeit halber gefragt!" Er klang verwundert.
 

Sie musste wieder lachen. "Das war ein Geschenk. Das Wasser gehört mir!"
 

Selbstverständlich machte es ihr nichts aus, sie wollte sich bloß etwas rächen, weil er sie so aufgezogen hatte. Das schien er nun auch zu verstehen und er griff sich die Flasche, die sie in die Halterung zwischen sie gestellt hatte.
 

"Hey!"
 

"Konzentrier dich lieber aufs Fahren!"
 

Sie lachte und er grinste wieder. Er öffnete die Flasche und trank einen Schluck. Dann schloss er sie wieder und stellte sie zurück.
 

Sie war froh, dass er einfach ruhig neben ihr saß und dass er nicht ständig an ihr herummäkelte oder ihr gut gemeinte Ratschläge gab, wie ihr Vater es getan hätte. Und so konnte sie sich entspannen und mit der Zeit fühlte sie sich immer sicherer. Sie schaffte es sogar die engere Straße hoch in die Berge zu bewältigen, auch wenn ihr das mehr abverlangte als die breite Autobahn.
 

Sie war so auf die Straße konzentriert, dass sie gar keine Gelegenheit hatte sich umzusehen und ihre Umgebung wahrzunehmen. Besonders da es nun dunkel war.
 

Als sie bei dem Hotel ankamen, war zwar alles hell und hübsch erleuchtet, aber sie stand nun vor der Hürde einparken zu müssen und das stresste sie etwas, sodass sie wieder darauf verzichtete sich umzusehen.
 

"Das passt", kommentierte Sasuke nun doch, als sie zögerte, weil sie nicht wusste, ob sie rückwärts so weiterfahren sollte und er griff nach dem Lenkrad, um ein bisschen nachzukorrigieren. Und weil sie sich die letzte Stunde über die ganze Zeit so sehr konzentriert hatte und sie nun ganz erschöpft war, ließ sie es zu, dass er ihr ein wenig half.
 

"Es ist angenehm mit dir zu fahren", sagte er höflich, sobald sie den Motor abgestellt hatte.
 

Sie sah ihn glücklich an. Sie fand das nett von ihm. Er hätte auch 'gut gemacht' oder so etwas sagen können. Aber was er gesagt hatte, klang nicht so überheblich und von oben herab.
 

Natürlich war Autofahren eine Kleinigkeit. Das war etwas, das jeder konnte. Aber dennoch war sie stolz auf sich. Einfach weil sie sich durchgesetzt hatte und sie sich ihrer Angst gestellt hatte.

Ein perfekter Moment

Sie hatte nicht erwartet, dass ihr das Fahren derart viel Konzentration und Energie abverlangen würde. Bis sie das ganz selbstverständlich und beiläufig können würde, würde sie wohl doch noch ein wenig Übung brauchen. Für den Moment war sie jedenfalls froh den Schlüssel wieder an ihn übergeben zu können.
 

Während er ihr Gepäck aus dem Kofferraum nahm, kam sie nun endlich dazu sich umzusehen und sich ihrer Umgebung wieder richtig bewusst zu werden.
 

Wegen der Schwärze der Nacht um sie herum konnte sie allerdings nach wie vor nicht weit sehen. Auf der Fahrt hier hinauf hatte sie bereits festgestellt, dass das Hotel abseits von anderen menschlichen Behausungen in der Natur lag. Das letzte Dorf, durch das sie gefahren waren, lag mindestens fünfzehn Minuten mit dem Auto entfernt.
 

Hier oben in den Bergen war es kälter, glücklicherweise hatte sie genug warme Klamotten eingepackt. Doch obwohl sie gerade ein wenig fror, fühlte sie sich sehr wohl. Selbst der Parkplatz war sehr idyllisch mit den vielen hübschen runden Lampen. Das Hotel schien gut besucht zu sein, beinahe alle Parkplätze waren belegt.
 

Sasuke hatte inzwischen das Auto abgeschlossen und kam mit ihrem Gepäck auf sie zu. Seine Reisetasche hatte er sich über die Schulter gehängt und ihren Koffer trug er in der Hand.
 

Als er bei ihr ankam, legte er wieder einen Arm um sie, wieder mehr als Geste und ohne sie richtig zu berühren, nur um sie dazu zu bringen mit ihm in Richtung Eingang loszugehen.
 

Das Hotel war groß und in Form und Bauweise sehr modern, fast waren die Formen ein wenig abstrakt, doch gleichzeitig war so viel Holz und Glas verwendet worden, dass sich die Architektur schön und beinahe natürlich in die Landschaft einzufügen schien. Und überall waren, so wie schon auf dem Parkplatz, gedämpfte, gelbliche Lichtkugeln, die alles auf eine behagliche, aber nicht aufdringliche Weise ein wenig erhellten.
 

Um die gewundenen Stufen hoch zum Eingang floss langsam das Wasser eines Wasserspiels, aber Sakura schaute neugierig in die Dunkelheit um das Anwesen herum, weil sie glaubte, dass dort irgendwo ein Wasserfall sein musste. Doch sie konnte nichts sehen. Trotzdem war das leise Geräusch des in die Tiefe stürzenden Wassers toll.
 

Am Eingang standen zwei Männer in schwarzen Anzügen, die vielleicht für die Sicherheit hier zuständig waren. Keiner von Beiden regte sich, als sie zwischen ihnen hindurch und durch die großen Glastüren in die Eingangshalle traten.
 

Drinnen war ihr Eindruck ähnlich wie der draußen. Moderne Formen, Glas, Holz, gedämpfte, gelbliche Lichtkugeln, ein paar kunstvolle Pflanzenarrangements, eher schon kleine Bäume, passend zur Bergvegetation und mit rötlichem Herbstlaub oder Nadeln. Alles hier strahlte Ruhe und Entspannung aus.
 

"Mr Uchiha!", sagte der Mann am Empfang sofort höflich, als sie durch die fast leere Eingangshalle auf den Empfangstresen zuschritten. "Wir haben Sie bereits erwartet, Ihre Räumlichkeiten sind selbstverständlich bereit! Dürfen wir Ihnen das Gepäck abnehmen und es gleich nach oben bringen?"
 

Sasuke bedankte sich mit einem höflichen Nicken und übergab einem weiteren Mitarbeiter ihr Gepäck, der damit davon ging.
 

"Ich habe soeben Bescheid gegeben, dass Sie angekommen sind", fuhr der Mann am Empfang fort, als sie sich ihm wieder zuwandten. "Die Direktorin möchte Sie selbstverständlich persönlich begrüßen!"
 

Während der Mann gerade ihre Schlüsselkarten zur Übergabe bereit machte und sie über den Tresen reichte, ging neben ihm eine Tür auf und eine schlanke, vornehm aber schlicht gekleidete Frau um die Fünfzig trat heraus, offensichtlich die Hoteldirektorin, von der der Mann geprochen hatte.
 

Sie kam mit einem strahlenden Lächeln auf sie zu und reichte Sasuke die Hand, der sich ihr höflich zuwandte und sie beteuerte, dass sie sich freue, ihn hier einmal wieder empfangen zu dürfen.
 

"Ja", sagte Sasuke, "es ist eine Weile her, dass ich zuletzt hier war."
 

"Beinahe drei Jahre! Sie überarbeiten sich Mr Uchiha!"
 

Sasuke nickte bloß höflich.
 

"Darf ich Ihnen meine Frau vorstellen?", fragte er. "Das ist Sakura."
 

Die Direktorin wandte sich ihr zu und strahlte auch sie an, während Sakura ihr kurz ebenfalls ihre Hand reichte.
 

"Nun", sagte die Frau, "ich hatte ja bereits erwartet, dass sie ganz zauberhaft sein müssten und ich muss sagen, dass sie alle Erwartungen noch bei Weitem übertreffen, wenn ich mir einmal die Freiheit herausnehmen darf!"
 

Sakura lächelte höflich und ein wenig verlegen.
 

"Aber genug der Höflichkeiten! Sie möchten sich sicher von der Reise ausruhen. Haben Sie bereits zu Abend gegessen?"
 

Sasuke bejahte das, aber er nahm das Angebot an ein Bad bereit machen zu lassen und die Direktorin nickte dem Mann am Empfang zu, der das sofort weitergab. Dann winkte sie jemanden heran, um sie zu ihrem Zimmer führen zu lassen.
 

"Eine Sache noch", sagte Sasuke. "Zwei Freunde meiner Frau wollen ebenfalls herkommen. Ich weiß nicht, ob sie schon angerufen haben. Da mir Ihre Wartelisten in Erinnerung sind, nehme ich an, dass nichts mehr frei ist. Falls Sie anrufen, dann geben Sie ihnen bitte eins der Zimmer, die für uns freigehalten werden. Zum normalen Preis."
 

"Um wen handelt es sich?", fragte die Direktorin.
 

Sasuke sah zu ihr und Sakura sagte rasch: "Um Hinata Hyuga und Naruto Uzumaki."
 

"Mrs Hyuga hatte bereits vor ungefähr zwei Stunden angerufen", sagte der Mann am Empfang. "Soll ich die Dame zurückrufen und bescheid geben, dass doch etwas frei geworden ist?"
 

"Ja", sagte Sasuke. "Tun Sie das."
 

"Das war sehr großzügig von dir", sagte Sakura leise, als sie einen Moment später dem Mann durch die Gänge folgten, der sie zu ihrem Zimmer brachte. "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du das tust."
 

Er warf ihr einen Blick zu.
 

"Du schienst dich bei der Vorstellung Zeit mit ihnen zu verbringen zu freuen", sagte er bloß. "Ich wollte dir eine Freude machen. Und dein Ex, ich meine, Naruto hat ja deutlich gemacht, dass er nicht gedenkt, die ganze Zeit mit uns zu verbringen. Also ist das für mich in Ordnung."
 

Sie merkte wie sie erneut glücklich lächelte. "Ich danke dir", sagte sie. "Ich freue mich darüber!"
 

Das tat sie wirklich. Sie wollte gerne Zeit mit ihm alleine verbringen. Aber sie war auch ziemlich nervös deswegen gewesen, weil sie noch nie so lange mit ihm alleine gewesen war. Auch wenn sie sich eingestehen musste, dass sie seit der Autofahrt sehr positiv gestimmt war. Niemals hätte sie erwartet, dass man mit ihm lachen konnte. Aber es war ganz leicht gewesen.
 

"Außerdem", sagte er und er warf ihr erneut im Gehen einen kurzen Blick zu und sie glaubte sogar ein leichtes Lächeln in seinem Gesicht zu erkennen, "habe ich gesagt, dass ich versuchen würde ein wenig dazuzulernen. Also sollte ich mir vielleicht mal ansehen, wie Naruto Frauen behandelt, da du sagtest, du hättest im Studium mit ihnen eine ganz andere Realität kennengelernt. Von allen in meiner Umgebung bekomme ich schließlich nur das mit, was ich auch mache."
 

Das rührte sie nun so, dass sie gar nicht wusste, was sie dazu sagen sollte, weswegen sie ihm einfach nur ein strahlendes Lächeln schenkte.
 

Die Art wie er sie ansah zeigte ihr jedoch, dass er sich vielleicht genau das gewünscht hatte.
 

Sie wurden zu einem der Zimmer ganz oben gebracht. Es war einfach traumhaft. Statt eines Zimmers war es eher eine geräumige Suit und nun verstand Sakura auch, was mit 'Bad bereit machen' gemeint gewesen war.
 

In der Mitte hinter der breiten Glasfensterfront gab es eine Art Balkon ohne Geländer, in den ein steinernes Becken eingelassen war. Ein paar steinerne Stufen führten hinab ins Wasser. Leichte Dampfschwaden stiegen in den klaren, kalten Nachthimmel empor.
 

Man sah von hier oben aus den Mond und die Sterne und riesige schwarze Silhouetten von Bergen, vor denen ein paar Nebel- oder vielleicht sogar Wolkenschleier vorbeizogen. Wahrscheinlich Wolken, dachte sie. Dafür waren sie wohl hoch genug.
 

Während Sasuke Trinkgeld übergab, schob Sakura die Glastür auf und trat hinaus auf das an drei Seiten frei schwebende steinerne Plateau und zu dem Becken. Sie konnte gar nicht anders. Alles sah einfach zu fantastisch aus und alles kam ihr seltsam surreal vor, sodass es sie geradezu anzog. Unten im Tal konnte man die entfernten kleinen Lichter von drei Ortschaften sehen, wahrscheinlich die, durch die sie auf dem Weg hier hoch gefahren waren.
 

Sie drehte sich wieder um und zuckte fast zusammen, weil sie nicht gehört hatte, dass er hinter sie getreten war und es sie überraschte, dass er ihr so nahe war. Sie warf kurz einen Blick an ihm vorbei in das Zimmer. Sie waren nun allein.
 

"Das ist einfach-"
 

Sie brach ab, weil ihr die Worte fehlten, um zu beschreiben, wie fantastisch sie es fand. Sie war Luxus aus ihrer Familie gewohnt, aber das hier war nochmal eine andere Liga. Und noch dazu hatte dieser Ort so viel Charme und Charakter, dass ihr alles ganz magisch vorkam.
 

"Es ist einfach wunderschön", hauchte sie bloß.
 

Er war ihr noch ein Stück näher gekommen und nun stand er so dicht vor ihr, dass sie seine Körperwärme spüren konnte.
 

"Und diese Aussicht!", flüsterte sie begeistert und sah zur Seite und hinauf in den Sternenhimmel. "Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll! Man kann gar nichts dazu sagen, weil einem die Worte fehlen, weil einen dieser Anblick allein so glücklich macht!"
 

Sie sah wieder zu ihm, aber er hatte nicht mit ihr hinauf in den Himmel gesehen. Er sah nur sie an.
 

"Ich weiß genau, was du meinst", sagte er leise. "Das geht mir ständig so."
 

Sie lachte. "Ständig? Du warst doch lange gar nicht mehr hi-"
 

"Ich rede nicht von dem Ausblick hier."
 

Sie sah ihn ein wenig überfordert an. Er musterte immer noch ihr Gesicht.
 

Meinte er etwa sie damit? Hatte er damit gerade gesagt, dass es ihn glücklich und sprachlos machte sie alleine einfach nur anzusehen? War das der Grund dafür, dass er das ständig tat?
 

"Sollen wir baden?", fragte sie leise.
 

"Ganz wie du möchtest", sagte er und gerade fragte sie sich, warum ihr seine Augen früher einfach nur schwarz und kalt vorgekommen waren. Sie waren kein bisschen kalt. Sie waren voller Emotionen. Vielleicht sah man es nur, wenn man ihm sehr nahe war und wenn man genau hinsah. Oder vielleicht musste man ihn ein wenig besser kennen, damit es einem auffiel.
 

"Du kannst diesen Moment auch alleine für dich haben, wenn du willst", sagte er. "So war es eigentlich gedacht."
 

Er war ihr so nahe, dass sie seinen Atem spüren konnte. Gerade so.
 

Das er ihr das anbot und dass er nicht an sich dachte und dass er das nicht bloß arrangiert hatte, damit er mit ihr schlafen konnte, rührte sie. Und es überforderte sie auch ein wenig.

Er verhielt sich so dermaßen perfekt, dass man fast schon den Eindruck bekommen konnte, dass er einfach ein gut ausgefeiltes Projekt verfolgte, bei dem er alles genau geplant hatte und das zum Ziel hatte, dass sie ihm verfallen und dann die Pille absetzen sollte. Tat sie ihm mit diesen Gedanken nun schrecklich unrecht? Aber ihre Welt war immer so voll von manipulativen Menschen gewesen, dass es kein Wunder war, dass sie direkt solche Gedanken hatte, oder?
 

Sie drehte sich einfach um, ohne etwas zu antworten und trat einen Schritt auf den Rand des Beckens zu.
 

Sie öffnete ihren Mantel und ließ ihn sich einfach von ihren Schultern auf den Boden gleiten. So machte sie weiter mit der Bluse, dem Rock und allem anderen, was sie am Leib trug. Sie fror an der kalten Luft und sie spürte, wie sich die feinen Härchen auf ihrer Haut leicht aufstellten. Sie zog vorsichtig auch ihre Füße aus ihren Absatzschuhen und berührte den kalten Stein mit ihren Fußsohlen.
 

Vorsichtig trat sie einen Schritt nach vorne und dann noch einen, bis sie die erste Steinstufe hinabsteigen und ihren Fuß in das Wasser setzen konnte.
 

Beinahe wäre sie zurückgezuckt. Es war heiß. Sie stellte auch ihren anderen Fuß ins Wasser und stieg dann langsam die Stufen hinab.
 

Es war zwar heiß, aber ihre Haut gewöhnte sich an die Hitze. Jetzt war ihr auch nicht mehr kalt, obwohl sie erst bis zum Bauch im Wasser stand. Die warme Luft, die von dem Becken aufstieg, verdrängte die Kälte auch oberhalb der Wasseroberfläche und der warme Wasserdampf, der um sie herum wirbelte, war ebenfalls angenehm.
 

Sakura strich mit ihren Händen sanft über die Wasseroberfläche und sah sich die riesigen Wolkenschleier in den Bergtälern um sich herum an.
 

Sie schienen wirklich ganz oben im Hotel zu sein, zu beiden Seiten der Plattform war alles offen, aber dort war nichts. Niemand konnte sie hier sehen. Alles war so schön, still und friedlich, dass sie vor lauter Dankbarkeit diesen perfekten Moment erleben zu dürfen feuchte Augen bekam.
 

"Kommst du?", fragte sie leise in die Nacht, weil ihr gerade danach war.
 

Sie hatte sich nicht nach ihm umgedreht, doch sie hatte auch nicht gehört, dass er sich bewegt hätte, also stand er wahrscheinlich einfach noch dort, wo sie ihn zurückgelassen hatte.
 

Sie hörte Kleidung rascheln, wahrscheinlich weil er sich nun auch auszog. Einen Moment später sah sie die leichten Wellen auf der Wasseroberfläche.
 

"Eigentlich hatte ich vor dich in Ruhe zu lassen", sagte er dicht hinter ihr leise.
 

Sie drehte sich schwungvoll zu ihm um und lachte. Sie hatte gute Laune. Egal was noch passieren würde in ihrem Leben, dieser Ehe, dieser unheimlichen Familie, dieser Moment hier war perfekt. Sie wollte ihn einfach genießen.
 

"Aber?", fragte sie mit einem verführerischen Lächeln.
 

Er sah traumhaft aus, wie er so bis zum Bauch im Wasser stand, mit dieser makellosen hellen Haut, dem tiefen Schwarz seiner Haare und Augen und seinem trainierten Körper.
 

"Aber ich habe gerade sehr mit meiner Selbstkontrolle zu kämpfen", antwortete er ihr ruhig und ernst.
 

Sein Blick wanderte über ihren Oberkörper und dann zurück zu ihrem Gesicht.
 

Sie lachte wieder, drehte sich gut gelaunt und beschwingt wieder um und ging durch das Wasser bis zum Rand des Beckens.
 

Hinten reichte das Wasser ihr bis zu den Schultern und ihre langen Haare schwammen in hübschen Strähnen um sie herum. Sie legte ihre Hände über den steinernen Rand und sah in das dunkle Tal vor sich. Ein bisschen Wasser floß über den Rand, sodass ihre Hände warm blieben. Hier oben kam es einem so vor, als würde man über allem schweben, als wären alle Sorgen unwichtig.
 

Er war ihr offenbar nachgekommen, denn sie hörte das Wasser hinter sich plätschern und einen Moment später stützte er seine Arme links und rechts von ihr auf der steinernen Kante ab, allerdings ohne sie zu berühren. Und dieses Mal fühlte sie sich nicht gefangen.
 

"Sakura." Sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr. "Provozierst du mich gerade mit Absicht?"
 

Sein Tonfall klang etwas gefährlich und sie überlief ein Schauer. Sie drehte sich wieder um. Er musterte ihr Gesicht und immer noch waren seine Augen voller Gefühl.
 

Er war immer so gefasst, dass es schwer war in seinem Gesicht Emotionen zu lesen. Doch in letzter Zeit war sie vielleicht auch darin besser geworden. Sie hatte den Eindruck, dass er gerade Spaß hatte.
 

Das konnte sie verstehen. Wenn sie bisher miteinander geschlafen hatten, dann hatte sie kaum etwas getan. Er hatte sich Mühe mit ihr gegeben, aber sie hatte ihn kaum von sich aus berührt. Es war für sie bisher einfach keine Situation gewesen, in der sie sich so sicher und wohl gefühlt hätte, dass sie den Wunsch gehabt hätte von sich aus aktiver zu sein. Sie hatte einfach mitgemacht, was er vorgegeben hatte. Das war für ihn sicher nicht besonders interessant gewesen. Und nun gefiel es ihm vielleicht, dass sie ihn ein wenig reizte und damit zeigte, dass sie es auch wollte, anstatt wie bisher einfach nur keinen Widerstand zu leisten.
 

Ganz langsam hob sie ihre Hand aus dem Wasser, höher und höher, bis sie bei seinen Lippen angekommen war.
 

Gerade bevor sie sie mit ihren Fingerspitzen berühren konnte, griff er plötzlich in einer schnellen Bewegung nach ihrem Handgelenk, mit der anderen Hand in ihren Nacken und zog sie an sich, wie um sie zu küssen. Zwei Zentimeter bevor sich ihre Lippen berührten hielt er inne.
 

"Du bist so wunderschön, wenn du glücklich bist", flüsterte er.
 

Einen Moment rührten sie sich nicht.
 

"Mach mich noch glücklicher!", flüsterte sie zurück.
 

Und das tat er auch, dort in dem warmen Wasser, vor dieser traumhaften Kulisse.
 

Und dieses Mal ließ sie es nicht einfach nur geschehen. Es war wild. Es war wild und ungezügelt. Und zum ersten Mal in ihrem Leben erfuhr sie, was wirkliche Leidenschaft war.

Leidenschaft

"Ich wusste nicht, dass es so sein kann."
 

Sein Atem hatte sich noch nicht wieder richtig beruhigt und seine Stimme klang noch leicht gepresst.
 

"Ich auch nicht", flüsterte sie.
 

Sie hatte ihre Arme noch um seinen Hals geschlungen und stand an ihn geschmiegt vor ihm, ihre Wange an seinem Hals, während er offenbar auch nicht vorhatte sie loszulassen, denn seine beiden Hände lagen noch fest an beiden Seiten ihrer Taille.
 

Sie lockerte schließlich ihre Arme, wich mit ihrem Oberkörper ein Stück zurück und ließ ihre Hände erst über seine Schultern und dann über seine Oberarme gleiten. Sie streckte sich leicht und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen und er griff sofort mit einer Hand in ihre Haare und küsste sie noch einmal voller Leidenschaft. Das entfachte auch ihr gerade erst entdecktes Verlangen erneut und sie erwiderte seinen Kuss mit einer zwar sanften, aber ähnlichen Intensität.
 

Als sie sich wieder von einander lösten, lächelte sie ihn glücklich an und sie glaubte, in der Dunkelheit zu erkennen, dass auch er leicht lächelte. Sie zog sich los von ihm und wandte sich noch einmal der Kante des Steinbeckens zu, um in das Tal sehen zu können. Die gigantischen Nebelflächen faszinierten sie.
 

Sasuke stellte sich neben sie, legte seine Arme auf der Steinkante ab und sah sie an. Immer noch schien er sie faszinierender zu finden als den Ausblick.
 

"Warum?", fragte er. "Warum war es eben so anders? Mir hat es auch vorher immer sehr gefallen, aber das eben war einfach-" Er brach ab. "Was habe ich vorher falsch gemacht?"
 

Sie musste wieder lachen.
 

Sie hatte es auch ganz toll gefunden. Sie war auch noch überrascht von dem, was sie gerade neu in sich entdeckt hatte. Aber es belustigte sie, dass ihn das nun derart beschäftigte. Vielleicht hatte er es so toll gefunden, dass er nun wissen wollte, was er tun musste, damit es ab jetzt immer so sein würde.
 

"Du hast nichts falsch gemacht", sagte sie sanft und betrachtete weiter glücklich die Wolkenschleier. Obwohl sie hier, wo sie standen, kaum Wind spürte, zogen sie schnell und es bildeten sich immer neue Formen. Manchmal waren Teile eines Berges dann plötzlich ganz verschwunden.
 

"Du hast dir immer Mühe gegeben und es war immer angenehm für mich", erklärte sie. "Aber für mich hat sich das nie so wirklich wie etwas angefühlt, was ich von mir aus gewollt hätte. Ich wurde in die Ehe gedrängt. Nicht nur von meinen Eltern, meine ganze Familie hat mich monatelang bearbeitet und mir eingeredet, dass es meine Pflicht wäre, dass ich egoistisch wäre, wenn ich es ablehnen würde. Und dann, nach der Hochzeit, wurde ich einfach auf dieses Anwesen gebracht. Dort war alles so unheimlich und dann hast du in der Hochzeitsnacht einfach mit mir geschlafen, als ob es vollkommen selbstverständlich wäre und ich dachte, dann wäre es das wohl auch und ich würde mich bloß anstellen und auch das sei nun eben meine Pflicht als Ehefrau, schließlich hatte ich ja eingewilligt. Es hat mich verstört, dass du nicht mit mir über das Verhütungsthema gesprochen hast. Jetzt weiß ich, dass man dir gesagt hatte, dass ich unbedingt ein Kind will und dass das der Grund war, warum ich eingewilligt hatte. Ich verstehe jetzt, dass du mit deinem schlechten Gewissen zu kämpfen hattest, wegen mir und deinem Bruder. Und wahrscheinlich hat dich mein ablehnendes Verhalten verletzt und verunsichert, sodass wir keine Bindung aufbauen konnten. Ich dachte die ganze Zeit, dass ich dir nichts bedeute, dass du Affären hast und ich hatte furchtbare Angst allen zu sagen, dass ich nicht schwanger werden wollte, weil ich nicht verstanden habe, warum das jeder einfach so erwartete, ohne auch nur ein Wort zu sagen und ich hatte Angst, dass ich dazu gezwungen werde, wenn ich darüber spreche. Aber jetzt weiß ich, dass meine Eltern euch getäuscht haben und dass sie euch offenbar laut Madara sogar mehrfach gesagt haben, dass ihr nicht darüber mit mir sprechen sollt, mit der Begründung, dass ich zu schüchtern wäre, dass es mir unangenehm wäre und dass es mich unter Druck setzten würde. Und so scheu, wie ich mich die ganze Zeit verhalten habe, muss das auf euch alle plausibel gewirkt haben. Nachdem ich meinen Vater heute mit dir reden gehört habe, kann ich mir auch ziemlich gut vorstellen, wie das die ganze Zeit abgelaufen ist. Sie haben euch manipuliert und mich und wahrscheinlich erstaunt es sie selbst, dass es nicht früher aufgeflogen ist. Wahrscheinlich hofften sie einfach, dass ich gleich schwanger werden würde und das Thema dann sowieso erledigt sei. Wahrscheinlich denken sie, dass sie noch enger an euch gebunden sind, wenn ich Mutter deines Kindes bin. Dass man mich dann nicht mehr einfach austauschen kann und dass ihr sozialer Aufstieg nach ganz oben durch den Kontakt zu euch dann für immer gesichert ist. Diese ganze Ungewissheit über meine Situation hat mich jedenfalls so bedrückt, dass ich nie auch nur daran gedacht habe, was ich wollen könnte. Bis eben habe ich gar nicht gewusst, wie man sich beim Sex fühlen kann, oder dass ich diesbezüglich Bedürfnisse haben könnte. Es war also eben nicht anders, weil du vorher etwas falsch gemacht hättest. Dieser Moment hier ist so ein schönes Geschenk, das ist etwas, was nur sehr wenige Menschen in ihrem Leben erfahren können. Ich bin gerade glücklich und wollte das einfach genießen. Und seit alles rausgekommen ist, fühle ich mich verbundener mit dir. Du hast mich heute verteidigt, als mein Vater mich mal wieder bloß für seine Zwecke benutzen wollte und du hast mich fahren lassen, als du gemerkt hast, dass das wichtig für mich und mein Selbstwertgefühl war und das, obwohl es ein bisschen an deinem Stolz und deinem Weltbild gekratzt hat. Dadurch habe ich mich unterstützt gefühlt. Wir konnten sogar ein wenig zusammen lachen. Ich dachte du hättest überhaupt gar keinen Humor, aber das stimmt gar nicht. Und du hast sogar dafür gesorgt, dass Naruto und Hinata herkommen können, obwohl es dich immer noch ein bisschen stört, dass ich mal etwas mit Naruto hatte. Und du hast mich nicht bedrängt und gewartet bis ich zu dir komme. Das alles ist nun anders. Zwischen uns ist es nun anders. Und darum war auch das eben anders als vorher, verstehst du?"
 

Nun wandte er doch seinen Blick ab und sah in die dunkle Landschaft vor sich.
 

"Ich verstehe", sagte er. "Es tut mir wirklich Leid Sakura. Es wäre nicht so lange so gelaufen, wenn ich nicht so schwach gewesen wäre und mich von meinen Schuldgefühlen so sehr hätte lähmen lassen. Mein Vater hatte recht, als er sagte, dass ich ein erwachsener Mann bin und gefälligst Verantwortung für meine Entscheidungen zu übernehmen habe."
 

"Ich finde für dein Alter hast du ehrlich gesagt bereits sehr sehr viel Verantwortung. Mit deinem Job, dem was deine Familie von dir erwartet und allem."
 

Er schwieg einen Moment.
 

"Das ist nett von dir", sagte er schließlich leise ohne sie anzusehen.
 

"Ich finde, dass du dich sehr gut schlägst", sagte sie mit einem leichten Lächeln.
 

"Du dich auch", erwiderte er leise. "Trotzdem hätte ich mich einfach von Anfang an richtig um dich bemühen sollen. Auch schon vor der Hochzeit. Aber ich hatte wohl Angst, dass ich herausfinden könnte, dass du das alles doch nicht willst. Und ich dich dann noch nicht bekommen kann. So wie alles lief, war es so leicht für mich. Ich habe einfach den sicheren, einfachen Weg gewählt. Ich bin so aufgewachsen, ich bin es so gewohnt. Bei uns gibt es strikte Regeln. Einerseits. Andererseits konnte ich immer einfach sagen 'ich möchte das haben' und dann habe ich es bekommen. Und so habe ich das mit dir auch gemacht. Und jeder um mich herum schien das auch völlig normal zu finden."
 

"Ja, so hat man dir das beigebracht", sagte sie leise. "Ich verstehe es irgendwie. Ich habe mich bisher auch nicht besonders erwachsen verhalten und bloß so, wie ich es anerzogen bekommen habe. Ich bin wie ein kleines Mädchen, das alles mit sich machen lässt, stumm leidet und denkt, dass das so richtig sei."
 

"Weil man dich dein Leben lang unterdrückt hat", sagte er sofort. "Das ist nicht deine Schuld."
 

Sie lächelte. "Siehst du? Wir beide tun manchmal einfach Dinge, weil man sie uns so beigebracht hat. Deshalb verstehe ich gut, wieso alles so gelaufen ist. Und du hast recht, ich hätte in diese Hochzeit nicht eingewilligt, wenn du auf mich zugegangen wärst, anstatt bei meinen Eltern vorstellig zu werden. Dann wäre alles anders gekommen. Ich wollte ja eigentlich raus aus dieser Schicht mit ihren Pflichten und Verbindungen und Regeln und nicht noch weiter hinein. Ich wollte einfach ein normales Leben und nicht noch mehr von meiner Freiheit verlieren."
 

Sie sah ihn an und musste wieder lächeln. "Aber Sasuke", sagte sie sanft und sie streckte ihre Hand aus und strich leicht mit den Fingern über seinen Arm und er sah sie nun doch wieder an, "man muss eben mit dem umgehen, was man hat und das Beste daraus machen. Und gerade, in diesem Moment, haben wir hier etwas, das ich perfekt finde. Etwas, das nicht jeder erleben darf und das ich sehr zu schätzen weiß. Wenn alles anders gekommen wäre, dann wären wir beide jetzt nicht hier. Und ich finde es gerade in diesem Moment schön, dass wir das sind."
 

Er lächelte leicht und sie erwiderte es.
 

"Du siehst wirklich ziemlich gut aus, das lässt sich nicht abstreiten", fügte sie mit einem leichten Lachen hinzu.
 

Er sah sie ein wenig irritiert an, wahrscheinlich, weil er sich fragte, wo das plötzlich her kam. Aber der Gedanke war ihr eben einfach so gekommen und sie hatte ihn einfach so ausgesprochen.
 

Sie legte leicht den Kopf schief und überlegte. Ob er das wollen würde? Oder war der Abstand noch zu kurz? Sie hatte keinerlei Erfahrung, um sowas beurteilen zu können.
 

"Was denkst du gerade?", fragte er.
 

Er richtete sich ein wenig gerader auf und sah sie konzentriert an. Sein fokussierter Blick ließ sie wieder einen leichten Schauer verspüren.
 

Immer noch mit leicht schiefgelegtem Kopf strich sie ihre Haare zurück. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, um ihr Lächeln zu unterdrücken und weil sie immer noch ein wenig unschlüssig war. Aber es hatte ihr so gefallen, wie er sie eben angesehen hatte, als sie es getan hatten. Sie wollte ihn nochmal so sehen. Ihn nochmal fühlen. Wo waren diese Bedürfnisse eigentlich vorher gewesen? Sie spürte sie so stark, dass es ihr merkwürdig vorkam, dass sie sie vorher so gar nicht wahrgenommen hatte.
 

Er musterte sie immer noch konzentriert und richtete sich noch ein wenig gerader auf. Er nahm einen Arm von der steinernen Kante, ließ ihn wieder ins Wasser gleiten und wandte sich ihr ein wenig zu.
 

"Was denkst du?", wollte er erneut wissen.
 

Sollte sie es einfach ausprobieren und sehen was er tun würde?
 

"Ich denke", sagte sie und biss sich nochmal leicht auf die Unterlippe, dieses Mal um ein Grinsen zu unterdrücken, "dass ich mal reingehen und mir das Zimmer ansehen werde."
 

Er sah sie überrascht an und sie drehte sich einfach um, machte zwei Schwimmzüge, ging dann die letzten paar Schritte zur Treppe und die Stufen hinauf, wobei sie darauf achtete möglichst anmutig zu gehen. Sie lief einfach an ihren Klamotten vorbei, die immer noch vor dem Becken auf dem Boden lagen und nach Drinnen.
 

Sie hörte seine Schritte hinter sich und musste nun doch Grinsen. Das schien ja bestens zu funktionieren.
 

Sie würde wohl nie ein Mensch werden, den es nach Macht verlangte, so war sie einfach nicht. Dennoch war es gerade durchaus belustigend festzustellen, dass sie, bei aller Macht, die er über sie und über andere hatte, auch Macht über ihn zu haben schien. Männer waren manchmal schon merkwürdig. Sie musste sich also bloß ausziehen und sich nur ein ganz klein wenig aufreizend verhalten und dann folgten sie einem einfach so, als ob sie magisch angezogen werden würden? Sie musste ein Kichern unterdrücken. Allerdings sollte sie wohl nicht überheblich werden, eigentlich tat sie das hier ja gerade in erster Linie, weil sie es war, die ihn anziehend fand.
 

Sie ging ohne ihn zu beachten zum Bett hinüber, ließ sich darauf nieder und strich über den Stoff.
 

"Seidenbettwäsche", sagte sie. "Wie luxuriös!"
 

Immer noch ohne ihn anzusehen hob sie ihre Beine auf das Bett, rutschte ein Stück nach hinten, streckte sich bäuchlings auf dem weichen Bettzeug aus und legte ihre Wange auf das Kissen.
 

"Ich mag, wie es sich auf der Haut anfühlt", sagte sie leise und strich mit ihrer Hand über das Kissen. Sie spürte das Bett nachgeben, weil er über sie kroch. Er griff nach ihrem Kiefer, vermutlich weil er ihr Gesicht richtig sehen können wollte, also drehte sie sich mit einem leichten Lachen wieder auf den Rücken und sah zu ihm hoch. Sein Blick war immer noch fokussiert. Aber die Klarheit war nun gänzlich daraus verschwunden. Eher wirkte sein Blick jetzt ein wenig verschleiert. Nahm er außer ihr überhaupt noch irgendetwas um sich herum wahr?
 

Er beugte sich zu ihr herunter, um ihren Lippen näher zu kommen.
 

"Magst du das Gefühl auch?"
 

Er hielt inne.
 

"Was?", fragte er verständnislos und so, dass sie sich ganz sicher war, dass er sich nicht mehr auf das konzentrieren konnte, was sie sagte.
 

"Das Gefühl, wie sich die Bettwäsche auf der nackten Haut anfühlt!", antwortete sie mit einem unschuldigen Strahlen. Übertrieb sie es nun? Vielleicht. Aber irgendwie fühlte sie sich gerade bestens unterhalten. Es war zur Abwechslung mal ganz angenehm, dass nicht er es war, der Kontrolle über sie hatte.
 

"Ich- ja", sagte er bloß, als ob das Sprechen ihm schwer fallen würde. "Es fühlt sich gut an."
 

Er verlagerte sein Gewicht, sodass er sich nicht mehr auf beide Arme stützen musste und strich ihr mit seiner Hand seitlich über die Taille und Hüfte. Dann griff er außen an ihren Oberschenkel. Er sah von ihren Augen, zu ihren Lippen und dann wieder zu ihren Augen.
 

Sie hob in einer eleganten Bewegung ihre Hand und legte sie ganz sanft auf die Stelle wo sein Herz war. Es schlug schnell unter ihren Fingern.
 

Er beugte sich wieder zu ihren Lippen hinab.
 

"Die Matratze ist auch sehr angenehm!", sagte sie und tauchte gerade rechtzeitig seitlich weg, bevor er sie hatte küssen können. Sie schob seine Hand von ihrem Oberschenkel und rollte sich zur Seite, sodass sie nicht mehr unter ihm war.
 

"Leg dich auch mal hin und probiere es aus. Auf den Rücken."
 

"Sakura", sagte er. Es klang etwas gequält.
 

Sie drückte leicht mit ihrer Hand gegen seine Schulter und er ließ sich auf das Bett sinken und drehte sich tatsächlich auch auf den Rücken. Sie lächelte triumphierend, schwang ein Bein über ihn und ließ sich langsam und umsichtig auf seiner Hüfte nieder. Mittlerweile fragte sie sich nicht mehr, ob er das wollen würde, oder ob der Abstand zu kurz sein würde. Sein Körper gab ihr darauf eine ganz offensichtliche Antwort.
 

Sie war noch nie oben gewesen. Sie wusste auch nicht wie das ging, oder wie man das machte. Aber scheinbar war ihr heute einfach danach sich ein wenig auszuprobieren und irgendwie würde sie das dann schon hinbekommen, wenn es soweit war. Sie war glücklich und das mutig sein fiel ihr gerade ganz leicht, also wollte sie das ausnutzen.
 

Aber zunächst beugte sie sich einfach nur zu ihm hinunter und küsste ihn. Langsam und liebevoll. Er griff wieder in ihren Nacken, vielleicht, damit sie nicht wieder zurückweichen konnte. Seine andere Hand legte er wieder an ihre Hüfte. Sie spürte ganz deutlich seine Ungeduld, er konnte sich kaum noch beherrschen. Das gefiel ihr.
 

Sie wollte ihren Kopf zurückziehen, aber wie erwartet hielt er sie mit der Hand in ihrem Nacken bei sich.
 

"Lass mich", flüsterte sie gegen seine Lippen. "Dann bekommst du mehr als bloß einen Kuss."
 

Er nahm sofort seine Hand weg, sodass sie sich wieder aufrichten und endlich das tun konnte, wonach sie sich beide so sehnten. Es war tatsächlich nicht schwer. Sie schien ganz instinktiv zu wissen, wie sie sich bewegen musste und sie dachte überhaupt auch nur ein paar Sekunden darüber nach, weil sich dann auch ihre bewusste Wahrnehmung ein wenig verabschiedete und sie sich einfach von ihren Gefühlen treiben ließ. Es störte sie auch nicht, als er nach einer Zeit nicht mehr an sich halten zu können schien und er sich die Kontrolle zurück holte. Sie erfuhr, dass sich die Leidenschaft offenbar sogar noch steigen ließ, hauptsächlich vielleicht, weil sie nun nicht mehr im Wasser waren und man sich anders bewegen konnte.
 

Danach lagen einfach eine Weile erschöpft nebeneinander. Irgendwann umarmte er sie und sie wusste selbst nicht so richtig, wer damit anfing, oder ob es einer von ihnen eigentlich so richtig vorgehabt hatte, aber dann taten sie es einfach noch ein drittes Mal.
 

Danach fühlte sie sich nun allerdings so kraftlos und ausgelaugt, dass es ihr sogar egal war, dass sie nicht ihre Zähne geputzt hatte. Sie konnte sich nicht mehr bewegen, sie wollte nur noch schlafen und ihm schien es genauso zu gehen.
 

'Wie zwei Teenager', dachte sie. Aber sie hatte das damals schließlich nie getan, vielleicht hatte sie deshalb nun das Bedürfnis irgendwas nachzuholen. Und vielleicht ging es ihm genauso.
 

Sie schlief beinahe schon, als ihr etwas einfiel, das sie zusammenzucken und promt wieder wach werden lies. Ihr Körper schien regelrecht zu protestieren, als sie sich aufsetzte. Sie war so unendlich müde. Aber sie hatte etwas vergessen.
 

Sie kroch zum Bettrand, zog ihre Handtasche zu sich heran und fing an darin herumzuwühlen. Dann fand sie was sie suchte und sie zog die Packung mit der Antibabypille heraus. Fast hätte sie sie heute vergessen. Aber sie war einfach noch nicht soweit. In den letzten Tagen war so Vieles passiert, so Vieles hatte sich verbessert. Aber es gab auch noch viele ungeklärte Fragen, vor allem über seine Familie. Sie brauchte einfach Zeit um sich darüber klar zu werden, was das Richtige für sie war.
 

Sie hörte, wie er sich hinter ihr aufsetzte.
 

"Was machst du?"
 

Sie drehte sich zu ihm um und hielt die Packung leicht hoch, damit er es sehen konnte. Enttäuschte ihn das jetzt? Aber er konnte doch auch nicht erwartet haben, dass er sie einfach so mit einem schönen Wochenende überzeugen konnte sich so eine weitreichende Entscheidung einfach anders zu überlegen.
 

Er drehte sich von ihr weg zu seinem Nachttisch. Aber als er sich ihr wieder zuwandte, hatte er bloß die Wasserflasche in der Hand, die er ihr auf der Raststätte gekauft hatte und in der noch ein kleiner Schluck Wasser war. Er hielt sie ihr hin und sie fühlte wie Dankbarkeit sie durchstömte, die nichts mit dem Wasser zu tun hatte.
 

Sie nahm die Flasche, schraubte sie auf und schluckte die Tablette mit dem Wasser hinunter. Sie fühlte sich leicht und glücklich. Es war ein ganz anderes Gefühl, diese Tablette nicht heimlich nehmen zu müssen.
 

"Danke", flüsterte sie.
 

"Gut, dass du nochmal aufgewacht bist", sagte er bloß ruhig.
 

Er stand auf, ging zu der noch halb offenen Tür in der Glasfensterfront und nach draußen. Dort hob er ihre Klamotten auf und kam damit wieder herein. Dann schob er die Glastür richtig zu. "Sonst wäre uns wahrscheinlich beim Schlafen richtig kalt geworden."
 

Er legte ihre Klamotten auf einem Sessel ab und kam wieder ins Bett. Dieses Mal legten sie sich auch richtig unter die Decke.
 

"Ich glaube ich habe noch nie in meinem Leben abends nicht Zähne geputzt", sagte er. Er klang so unendlich müde, wie sie sich fühle.
 

"Ich auch nicht", murmelte sie.
 

Er zog sie an sich. Aber sie schlief schon fast.

Gefühle, Gedanken und Gespräche

Als sie erwacht war, hatte er noch tief und fest geschlafen. Das brachte sie direkt zum lächeln. Er wachte also doch nicht immer ganz automatisch um halb sieben auf, wie er behauptet hatte.
 

Eine Weile hatte sie einfach dagelegen, ihn betrachtet und sich an die vergangenen gemeinsamen Stunden erinnert. Sofort hatte sie sich etwas verlegen gefühlt. Aber seit gestern fühlte sie sich viel verbundener mit ihm.
 

In dem Morgenlicht, das durch die Glasfensterfront fiel, funkelte der Diamant an ihrem Finger in unendlichen Farben und sie betrachtete auch ihn eine Weile. Es erfüllte sie nicht mehr mit so viel Widerwillen ihn zu tragen. All die Zeit war ihr dieser Ehering wie eine Fessel vorgekommen. Doch auch diese Wahrnehmung hatte sich ein wenig geändert. Gerade fand sie den Ring einfach nur hübsch, anstatt ihn wie sonst immer als Symbol ihrer Unfreiheit zu sehen.
 

Schließlich hatte sie sich vorsichtig aufgerichtet, die seidene Bettdecke war von ihrem Körper geglitten, sie hatte vorsichtig ihre Beine aus dem Bett gehoben und war leise aufgestanden. Sie wollte ihn nicht wecken. Sie hatte während ihrer ganzen Ehe noch nicht erlebt, dass er einmal ausgeschlafen hatte.
 

Doch nun hatte sie dringend ins Bad gemusst. Und außerdem hatte sie das Gefühl gehabt unbedingt Duschen zu müssen.
 

Ihr Koffer mit ihren Sachen stand immer noch unausgepackt neben dem Bett, dort wo der Mitarbeiter des Hotels ihn abgestellt hatte, aber im Bad fand sie Duschlotion, Pflegeprodukte und frische Handtücher bereitliegen.
 

Sie drehte ihren Kopf ein wenig zur Seite und betrachtete in dem großen Spiegel überrascht ihren Hals. Sie fuhr mit den Fingern über den Fleck, den er dort hinterlassen hatte. Das war auch noch nie passiert. Doch obwohl ihr das eigentlich ein wenig unangenehm war, verspürte sie vor allem Belustigung darüber, dass er sich eben doch nicht immer kontrollieren konnte. Und sie empfand ein bisschen albernen Stolz darüber, dass sie ihn dazu gebracht hatte sich ein wenig gehen zu lassen.
 

"Wie kindisch von dir", sagte sie leise und ein wenig vorwurfsvoll zu ihrem Spiegelbild. "Du bist erwachsen und keine sechzehn!"
 

Trotzdem verschwand das Lächeln nicht von ihrem Gesicht und sie nahm die Finger wieder von ihrer Haut und wandte sich ab.
 

Sie gönnte sich eine ausgiebige Dusche, rasierte und pflegte wie jeden Tag ihre Haut und genoss den Moment für sich. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, war auch im Bad alles sehr luxuriös und komfortabel und heute konnte sie auch das einfach genießen, anstatt sich bloß über das zu ärgern, was sie nicht haben konnte.
 

Sie zog einen der beiden flauschigen weißen Bademäntel an, die dort bereit hingen und tupfte ihre Haare gründlich mit einem Handtuch ab, ganz behutsam, damit sie schön und gesund blieben. Sie wollte sie so trocknen lassen. Zum einen fielen sie dann immer schön und die Hitze des Föhns würde ihre Haare ohnehin bloß beschädigen. Zum anderen hoffte sie, dass er vielleicht immer noch schlief. Und von dem Geräusch des Föhns würde er wohl ganz sicher aufwachen.
 

Sie öffnete leise die Tür und trat wieder ins Zimmer. Er schlief tatsächlich noch, er schien sich nicht einmal bewegt zu haben. Er musste sehr müde sein.
 

Sie ging leise zum Bett hinüber, setzte sich auf der von ihm entfernten Seite auf die Bettkante und betrachtete ihn wieder. So wie er das vielleicht auch manchmal bei ihr getan hatte, kurz bevor er morgens gegangen war. Sie dachte an das Foto auf seinem Schreibtisch. Nach wie vor fand sie das etwas übergriffig und unpassend. Aber so souverän er auch immer auftrat, was sie anging schien er manchmal ein wenig unbeholfen zu sein.

Gestern schien es ihn wirklich gefreut zu haben, dass sie glücklich gewesen war. Vielleicht hatte es ihn manchmal traurig gemacht, dass sie immer so traurig ausgesehen hatte. Vielleicht war ihm das Lächeln, das ihr ihr Traum wohl auf ihr Gesicht gezaubert hatte, so wertvoll vorgekommen, dass er den Moment mit diesem Foto hatte einfangen wollen. Auf jeden Fall hatte sie in den letzten Tagen festgestellt, dass er sehr viel einfühlsamer sein konnte, als sie es ihm zugetraut hätte.
 

Sie war nicht so dumm zu glauben, dass nun einfach alles perfekt laufen würde, nur weil sie einen zauberhaften Abend und eine berauschende Nacht gehabt hatten. Aber sie hatte immerhin endlich einen Zugang zu ihm gefunden. Er ließ sie endlich an sich heran, er war bereit sich zu entschuldigen, Schwäche zu zeigen und ihr Zugeständnisse zu machen.

Das Gespräch gestern im Wasser hatte sie als sehr positiv empfunden. Er war ehrlich und offen gewesen und sie hatte seine Sichtweise und seine Standpunkte nachvollziehen können.

In Zukunft würde sie vielleicht besser mit ihm über Dinge reden können. Und das war die Basis, um Kompromisse finden zu können.
 

Während sie ihn so betrachtete, hatte sie das erste mal das Gefühl, dass er ihr Mann war und dass sie nun auf eine gewisse Weise zusammen gehörten.
 

Er regte sich nun doch und drehte sich vom Rücken auf die Seite. Aber er schlief weiter. Er hatte gesagt, seine Arbeit sei frustrierend gewesen. Vielleicht hatte er eine harte Woche gehabt. Und die Ereignisse der letzten Tage hatten vielleicht auch ihm zugesetzt.
 

Die Uhr an der Wand zeigte an, dass es nun viertel vor Elf war. Langsam war sie sehr hungrig.
 

Sie stand auf, öffnete leise ihren Koffer und nahm frische Klamotten heraus, die sie im Bad anzog. Ihre Haare waren nun fast schon trocken und sie band sie zu einem lockern Knoten hoch. Sie drehte prüfend den Kopf hin und her. Wenn sie den Kragen des Kleides ein wenig zurechtzupfte, konnte man den Fleck an ihrem Hals kaum sehen. Sie trug noch ein leichtes Make-Up auf und ging wieder zurück ins Zimmer.
 

Dort kniete sie sich vor dem Bett neben ihre Handtasche und zog vorsichtig ihr Smartphone heraus. Sie hatte es beinahe erwartet und war nicht überrascht eine Nachricht von ihrer Mutter zu sehen. Zweimal angerufen hatte sie auch. Doch Sakura kam nicht dazu die Nachricht ihrer Mutter zu öffnen, denn in diesem Moment schien Sasuke wach zu werden.
 

Sie hob den Kopf und sah ihm dabei zu, wie er sich aufsetzte.
 

"Guten Morgen!", sagte sie mit einem leichten Lächeln.
 

Die Decke war von seinem Oberkörper gerutscht und die nackte Haut und seine hübschen Muskeln ließen sie an die letzte Nacht denken. Sie fühlte sich promt ein wenig verlegen.
 

Er sah kurz zu ihr und dann zu der Uhr an der Wand.
 

"Guten Morgen", sagte er, immer noch ein wenig verschlafen. "Wie lange bist du schon wach?"
 

"Eine Weile, aber ich wollte dich ausschlafen lassen. Ich dachte, du kannst es vielleicht gebrauchen. Schließlich hast du endlich mal frei."
 

Er fuhr sich mit einer Hand einmal durch die Haare und betrachtete sie. Sie fand, dass er entspannt und zufrieden wirkte und das ließ sie wieder leicht lächeln.
 

"Nett von dir", sagte er und bewegte kurz seinen Kopf einmal zu jeder Seite, bis es leicht knackte. "Da du schon geduscht und angezogen bist, nehme ich an, du bist ebenfalls ziemlich hungrig und möchtest Frühstück?"
 

"Ja!", sagte sie lachend. "Ich verhungere!"
 

"Soll ich was bestellen oder möchtest du nach unten gehen?"
 

"Ich würde gerne nach unten gehen", sagte sie vorsichtig. "Und du?"
 

Sie wollte gerne mehr von diesem Ort hier sehen und sie hatte nun schon eine ganze Weile in diesen Räumlichkeiten verbracht, während er noch geschlafen hatte.
 

"Ich gehe duschen. Gib mir fünf Minuten."
 

Damit verschwand er mit seiner Reisetasche im Bad.
 

Sakura senkte ihren Blick wieder auf ihr Smartphone. Sollte sie ihre Mutter zurückrufen? Lust dazu verspürte sie keine. Sie glaubte zu wissen, was kommen würde. Sie drückte auf die ungelesene Nachricht. Dort stand bloß:
 

"Sakura, ruf mich bitte zurück."
 

Sie seufzte. Vielleicht war es ja wichtig? Aber eigentlich war sie sich ziemlich sicher, dass es das nicht war. Trotzdem drückte sie auf 'Anrufen'. So richtig wusste sie selbst nicht warum sie das tat. Vielleicht einfach, weil sie nie wirklich eine rebellische Phase gehabt hatte und sie aus Gewohnheit das tat, was man ihr sagte.
 

Einen Moment später bereute sie es schon, als ihre Mutter zwar fragte, wie es ihr ging, aber ihr das mehr wie eine Formalie vorkam.
 

"Dein Vater hat gestern mit Sasuke gesprochen und er meinte er sei ihm sehr kühl und kurz angebunden vorgekommen. Da habe ich mich natürlich gleich gefragt, ob es dir gut geht!", sagte ihre Mutter.
 

Sie klang ein wenig besorgt. Allerdings fragte Sakura sich, ob das nun Sorge um sie war oder Sorge um die gute Beziehung zu den Uchihas.
 

"Es ist alles in Ordnung", antwortete Sakura bloß.
 

Sie hatte darüber nachgedacht ihre Eltern auf ihre Lüge und ihr manipulatives Verhalten anzusprechen. Aber jedes Mal, wenn sie daran dachte, überforderte sie das so sehr, dass sie einfach aufhörte sich damit zu beschäftigen. Vielleicht weil sie sich immer noch so sehr nach der Liebe und Zuneigung ihrer Eltern sehnte, die sie nie bedingungslos bekommen hatte und nur, wenn sie sich wie gewünscht verhielt.

Einerseits ärgerte sie das. Sie hatte doch allen Grund wütend zu sein. Andererseits fühlte sie sich einfach nicht so sicher und oder zugehörig zu jemand anderem, dass sie bereit war ihr Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Familie zu riskieren, indem sie Streit anfing.

Doch vielleicht würde es mit Sasuke nun besser werden, vielleicht würde sie sich mit den Uchihas in Zukunft besser verstehen, wenn sie nun aufhörte sich dort zu isolieren und vielleicht würde sie sich auch sicherer fühlen, wenn sie ihre Freundschaft zu Naruto und Hinata würde ausbauen können. Dann vielleicht würde sie irgendwann die Kraft haben ihren Eltern zu sagen, wie enttäuscht sie von ihnen war. Und dann würde sie sich vielleicht endlich etwas lösen können und sich mutiger und erwachsener fühlen können.
 

"Sakura, wenn etwas nicht stimmt mit euch, dann kannst du es mir ruhig sagen", fuhr ihre Mutter fort. "Ich weiß doch selbst, dass es in einer Ehe nicht immer einfach ist! Ich könnte dir Tipps geben!"
 

'Ja', dachte Sakura sarkastisch, 'nur helfen dir deine Tipps ja nicht einmal in deiner eigenen Ehe!'
 

Aber sie sagte bloß: "Wir verstehen uns immer besser. Er ist für dieses Wochenende mit mir in die Berge gefahren. Es ist wunderschön hier. Du müsstest die Wolken sehen, wie sie-"
 

"Er ist mit dir übers Wochenende weggefahren?", unterbrach ihre Mutter sie überrascht.
 

"Wieso sagst du das so?", fragte Sakura, verletzt, dass sie ihr gar nicht zuhörte.
 

"Naja", sagte ihre Mutter. "Dann will er dich wahrscheinlich in guter Stimmung haben, weil er irgendwas mit dir besprechen will."
 

"Ich-", sagte Sakura überfordert. "Nein. Nein Mama, das glaube ich nicht, er wollte einfach nur nett sein, denke ich."
 

In diesem Moment kam Sasuke, bekleidet mit einer dunklen Jeans und einem eng anliegenden schwarzen Pullover wieder aus dem Bad. Das stand ihm gut, auch wenn es ungewohnt war, ihn einmal nicht in einem seiner Anzüge zu sehen. Er zog leicht eine Augenbraue hoch, vielleicht sie ihn gemustert hatte. Sakura sah rasch wieder auf ihre Beine.
 

"Männer mit so viel Geld und Macht sind selten einfach nur nett Sakura!", sagte ihre Mutter streng. "Du und deine Träumereien! Sei bitte einfach aufmerksam und bemühe dich gut um ihn! Das ist deine Aufgabe als Ehefrau!"
 

"Ich muss jetzt Schluss machen Mama", sagte Sakura bloß.
 

Wie sie erwartet hatte, hatte ihr dieses Gespräch nun ein wenig die Laune verdorben.
 

"Achte einfach darauf, dass du dich richtig-", fing ihre Mutter an, aber Sakura hatte gerade das Gefühl es einfach nicht mehr ertragen zu können. Und darum tat sie etwas, was sie noch nie getan hatte. Sie nahm einfach das Smartphone von ihrem Ohr und drückte mit ihrem Finger auf den roten Balken, um den Anruf zu beenden.
 

Sasuke war zu seinem Nachttisch gegangen, hatte sich seinen Geldbeutel und sein Smartphone in die Hosentasche gesteckt, seine Armbanduhr angezogen und sah nun zu ihr herüber, während er den Verschluss der Uhr schloss.
 

"Gibt es ein Problem?", fragte er sachlich, wie es seine Art war.
 

Sakura steckte ihr Smartphone zurück in ihre Handtasche und richtete sich rasch wieder aus ihrer knienden Haltung auf.
 

"Nein", sagte sie lächelnd.
 

Er kam auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Gestern Abend war alles so merkwürdig leicht und selbstverständlich gewesen. Nun, im Hellen und am Morgen, war der Zauber des Moments wieder verflogen und sie fremdelte ein bisschen und wusste nicht so recht wie sie sich verhalten sollte. Und der Anruf ihrer Mutter hatte sie bloß zusätzlich verunsichert.
 

"Um was ging es?"
 

Er versuchte ihren Blick einzufangen, also riss sie sich zusammen und sah ihn richtig an.
 

"Sie wollte bloß hören, wie es mir geht. Ich habe ihr erzählt, dass wir übers Wochenende weggefahren sind und dass es hier sehr schön ist." Sie bemühte sich um ein leichtes Lächeln. Sie wollte nicht darüber reden.
 

"Warum siehst du dann so traurig aus?", fragte er sachlich und musterte sie prüfend.
 

Das überforderte sie nun auch und sie machte unwillkürlich einen kleinen Schritt zurück. Er zog wieder leicht eine seiner perfekt geschwungenen Augenbrauen hoch.
 

Sakura riss sich zusammen. "Ich denke, dass sie bloß angerufen hat, weil mein Vater ihr nach eurem Gespräch gestern im Auto gesagt hat, dass sie überprüfen soll, ob wir beide ein Problem miteinander haben."
 

"Charmant", sagte er kühl.
 

Das brachte sie dazu nun wirklich leicht lächeln zu müssen.
 

"Sie hat gesagt, dass du vermutlich nur mit mir weggefahren seist, weil du mich in guter Stimmung haben willst, weil du irgendetwas von mir möchtest."
 

Sie bemühte sich ihm fest in die Augen zu sehen.
 

"Und?", fragte er. "Denkst du das auch?"
 

"Nein!", antwortete sie rasch.
 

Aber stimmte das überhaupt? Sie hatte den Gedanken ja eigentlich auch schon gehabt. Sie hatte sich auch schon gefragt, ob er bloß einfach erreichen wollte, dass sie sich in ihn verliebte, damit sie die Pille absetzen würde. Er hatte gesagt, dass er sie behalten wollte. Sie schien ihm wichtig zu sein, auf seine merkwürdige, besitzergreifende Art. Aber dass er sie behalten konnte war offenbar für ihn nur möglich, wenn sie das erfüllte, was Madara und die anderen erwarteten. Darin waren sie alle sehr deutlich gewesen. Sie glaubte ihm, dass er ihr nichts antun wollte. Aber das hieß für ihn dann, dass er sie irgendwie davon überzeugen müsste, die Antibabypille freiwillig abzusetzen. Und er glaubte vielleicht, dass sie das tun würde, wenn er sie nur genug umwarb.
 

"Gut", sagte er zufrieden und musterte mal wieder ihr Gesicht.
 

Dann hob er seine Hand, legte sie sanft an ihr Kinn, beugte sich zu ihr und gab ihr einen kurzen Kuss.
 

"Wir sind verheiratet", sagte er ruhig. "Du gehörst nun zu mir. Deine Mutter hat kein Recht sich in unsere Ehe einzumischen."
 

Sie nickte. "Ja, ich weiß."
 

Aber was war mit ihm? Mischte seine Familie sich nicht genauso übergriffig in ihre Ehe ein? Wenn nicht gar noch sehr viel mehr?
 

"Es war toll gestern", sagte er mit einem leichten Lächeln.
 

Sie musste ebenfalls lächeln, wenn auch ein wenig verlegen.
 

"Ja!", sagte sie.
 

Er legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie an sich, dann griff er mit seiner anderen Hand nach ihrem Gesicht und küsste sie noch einmal. Wieder ganz sanft, aber dieses Mal länger und sie ging darauf ein. Der Körperkontakt und die Berührung ließ das Fremdheitsgefühl wieder verschwinden, das sie eben noch verspürt hatte.
 

"Ich habe mehr Lust auf dich als auf Frühstück", raunte er in ihr Ohr und sie überlief wieder ein Schauer. Er zog sie noch fester an sich.
 

"Aber", murmelte er und er klang belustigt und gab ihr einen Kuss auf den Hals, "ich muss ganz dringend etwas essen, sonst kippe ich gleich um!"
 

Sie musste lachen. Seine Lippen kitzelten auf ihrer Haut.
 

"Ja!", sagte sie und sie hörte selbst, dass sie wieder fröhlicher klang. "Ich auch!"
 

Er richtete sich wieder auf und sah sie zufrieden an.
 

"Gut", sagte er. "Gehen wir."
 

Der Frühstücksaal hatte ebenfalls eine Glasfensterfront, allerdings waren die Scheiben hier durch die hohe Saaldecke viel größer als in der Suit. Auch hier war der Ausblick einfach atemberaubend.
 

Obwohl es schon beinahe Mittag war, war der Saal noch gut besucht. Sakura vermutete, dass es keiner der Gäste hier mit dem Aufstehen besonders eilig hatte. Wer hier her kam, der wollte wohl entspannen. Denn etwas anderes konnte man an diesem abgelegen Ort kaum tun.
 

Sie wurden direkt an der Tür von einem Mitarbeiter begrüßt und zu einem Tisch gebracht. Sie bekamen sogar einen Platz auf einem zwei Stufen hohen Podest direkt an den Fenstern.
 

Während Sasuke Kaffee für sie beide bestellte, sah Sakura fasziniert nach draußen. Im Hellen war der Ausblick beinahe noch fantastischer. Zwar fehlten so die Lichter und die damit einhergehende magische Stimmung, die der Ort bei Dunkelheit gehabt hatte, aber es war ein schöner, sonniger Herbsttag und man konnte nun weit sehen.
 

Überall gab es hohe, hellgraue, glatte Steinfelsen und auf den Felsvorsprüngen wuchsen knotige asiatische Kiefern und kleine Bäume mit rötlichem Laub von der Sorte, die sie schon in der Eingangshalle gesehen hatte. Von hier aus konnte sie zwei Wasserfälle sehen. Einer stürzte in einiger Entfernung in die Tiefe, ein anderer, etwas kleinerer, verzweigte sich über einem nahen Felsen in viele kleine Verästelungen und floss in einen kleinen Gebirgsbach in der Nähe des Parkplatzes.
 

Sie bestellten sich ein Frühstück von der Karte und Sakura war so hungrig, dass sie sich zumindest bei den ersten Bissen bewusst an ihre gute Erziehung erinnern musste, um langsam zu essen. Da sie sich zum Essen normalerweise eher überwinden musste, freute sie sich über ihren Appetit, aber vermutlich hatte sie in der letzten Nacht einfach viel Energie verbraucht.
 

Sasuke schien es ähnlich zu gehen. Sein Benehmen litt ebenfalls nicht, aber sie hatte den Eindruck, dass sie beide vorerst zufrieden damit waren, sich einfach nur auf ihr Essen zu konzentrieren.
 

Eigentlich wollte sie ihn etwas fragen, aber mit vollem Bauch war man ruhiger, also wartete sie, bis er ebenfalls mit seinem Frühstück fertig war.
 

Als man schließlich das Geschirr abgeräumt hatte, legte sie behutsam ihre Finger um ihre zweite Tasse mit heißem Kaffee und wandte ihren Blick weg von der fantastischen Aussicht und zurück zu ihm.
 

"Kann ich dich etwas fragen?"
 

"Selbstverständlich", sagte er. Er stellte sein Wasserglas weg und sah sie aufmerksam an.
 

"Möchtest du eigentlich Kinder?"
 

Das hatte sie sich die ganze Zeit schon gefragt. Was seine und ihre Familie wollten war klar. Dass sie selbst das zumindest aktuell nicht wollte, war auch klar. Aber sie hatte keine Ahnung wie er überhaupt zu diesem Thema stand.
 

"Ja, ich denke schon", sagte er und musterte sie prüfend. "Wieso fragst du mich das?"
 

Sakura zuckte ein wenig verlegen mit ihren Schultern. "Ich weiß nicht, einfach nur so schätze ich. Die Frage hat nichts zu bedeuten. Ich dachte nur, dass wir einfach noch nie darüber geredet haben."
 

"Ich dachte, das wäre klar, so wie ich mich seit unserer Hochzeit verhalten habe", sagte er mit einem leichten Stirnrunzeln.
 

"Ja", erwiderte sie zögernd. "Ich habe mich bloß gefragt, ob du das vielleicht nur tust, weil deine Familie das von dir erwartet."
 

"Ich verstehe", antwortete er, nun ein wenig nachdenklich. "Ja, ich denke das hat mit meiner Familie zu tun. Aber alle meine Entscheidungen haben irgendwie mit meiner Familie zu tun. Ich habe noch nie darüber nachgedacht, was ich tun würde oder wollen würde, wenn ich nicht diese Familie hätte. Denn ich bin Teil davon, also ist das irrelevant. Für meine Familie ist es wichtig, dass das Nachwuchsthema geklärt wird und für mich ist es das auch."
 

"Aber warum?", fragte Sakura. "Warum ist das für deine Familie so derart wichtig? Wir sind doch noch jung!"
 

"Madara hat seine Gründe", sagte er bloß. "Und ich muss sagen, dass ich die rein rational bestens nachvollziehen kann. Er wird uns nicht ewig Zeit geben. Ein wenig allerdings schon. Ich war bei ihm und habe ihn darum gebeten. Er hat keinen Zeitraum genannt, aber er hat mir zugesichert, dass wir Zeit bekommen, um uns richtig kennenzulernen."
 

"Oh", sagte sie. Es erleichtete sie das zu hören, denn das war wohl momentan das Beste, was sie würde bekommen können. "Das ist gut, schätze ich."
 

Er lächelte leicht. "Ja."
 

"Ich frage mich noch etwas", fuhr sie fort. "Stört es dich denn nicht, dass sie sich so in dein Leben einmischen? Du hast vorhin gesagt, dass meine Mutter kein Recht dazu hat. Aber deine Familie hat ein Recht dazu zu entscheiden wie dein Leben verlaufen soll und damit auch Meines? Warum? Weil ich nun deinen Nachnamen trage? Ist meine Familie nun unwichtig und nur Deine darf in meinem Leben eine Rolle spielen?"
 

Er musterte sie nachdenklich.
 

"Wenn du es so formulierst, klingt das nicht besonders schön", sagte er schließlich. "Aber ja, wenn ich ganz ehrlich bin, dann ist das für mich und meine Familie wohl ein bisschen so."
 

"Das ist nicht in Ordnung finde ich", sagte sie ruhig aber entschieden. "Damit tust du wieder so, als würde ich nun einfach dir gehören. Ich weiß, für viele vergangene Jahrhunderte war das nach einer Hochzeit auch mehr oder weniger so. Und irgendwie scheint ihr das alle ziemlich altmodisch zu sehen. Genau wie meine eigene Familie auch. Aber heutzutage, zumindest hier in diesem Land, in unserer aufgeklärten, modernen Gesellschaft, sollte das eigentlich nicht mehr so sein. Wie ich schon sagte, Naruto und seine Freunde und die Leute, die ich im Studium kennengelernt habe, würden das als sehr rückständig betrachten."
 

Er schien über ihre Worte nachzudenken, während er sie musterte.
 

"Vielleicht", sagte er schließlich ausweichend. "Aber ehrlich gesagt habe ich mir über sowas noch nie wirklich Gedanken gemacht. Einfach weil es für mich persönlich nicht nötig oder relevant erschien. Ich bin bisher auch niemandem begegnet, der solche Fragen aufgeworfen hat. Viele Frauen wären mit ihrer Rolle an meiner Seite einfach zufrieden. Der Luxus, die Annehmlichkeiten, die gesellschaftliche Stellung, vielen würde das gefallen. Und ich sehe gut aus, ich benehme mich höflich und respektvoll und ich bin treu. So schlimm bin ich nicht."
 

"Also findest du, dass ich einfach zu viel will?", fragte sie leise. Das war das, was ihr ihre Familie auch ständig sagte.
 

"Nein", sagte er ruhig. "Das wollte ich damit nicht sagen. Du willst nicht viel, du willst bloß etwas anderes. Das verstehe ich. Es ist meine Schuld, dass ich trotzdem unbedingt dich wollte, obwohl ich so etwas schon befürchtet hatte. Ich hätte mich einfach für eine Frau entscheiden können, die mit dieser Rolle zufriedener gewesen wäre. Aber ich sagte ja, ich war selbstsüchtig."
 

Sie schwiegen eine Moment. Sakura blickte in ihre Tasse und dachte, dass sie an diesem Punkt schon gewesen waren.
 

"Warum?", fragte sie leise. "Warum bist du denn so fixiert auf mich? Du hast gesagt ich wäre auch anderen aufgefallen, sogar deinem Bruder. Ist das alles wegen meinem guten Aussehen? Sind Männer so oberflächlich?"
 

Darüber schien er nachdenken zu müssen, denn er antwortete nicht gleich.
 

"Ich kann nur für mich sprechen", sagte er schließlich. "Ich weiß nicht, was in anderen vorgeht. Ja, irgendwo fand ich einfach, dass du die schönste Frau bist, die ich je gesehen hatte und ich wollte dich für mich. Aber ich sagte schon im Auto, dass es etwas komplexer ist. Ich kann es nicht richtig ausdrücken, fürchte ich. Aber ich wollte eben keine andere. Es war einfach ganz klar für mich, dass du es sein musstest. Ich entscheide normalerweise immer möglichst rational. Ich höre immer auf meinen Kopf. Und dieses eine Mal habe ich das nicht getan. Ich weiß nicht, ob das nun richtig oder falsch war. Es hat sich für mich richtig angefühlt. Und das tut es noch. Ich hätte bloß gerne, dass es für dich auch so wäre. Aber darauf habe ich wohl nur bedingt einen Einfluss."
 

Sie hatte während er sprach wieder ihren Kopf gehoben und ihn angesehen.
 

"Du bist wirklich merkwürdig", sagte sie einfach.
 

Das war ihr gerade so in den Sinn gekommen und wieder, genau schon wie am Abend zuvor im Pool, hatte sie ihren Gedanken einfach ausgesprochen. Sowas tat sie sonst nie. Sonst achtete sie immer genau darauf, was sie sagte und sie überlegte meist lange, ob sie überhaupt etwas sagte.
 

Er lachte leise.
 

"Du bist auch merkwürdig."
 

Fast gegen ihren Willen verzog sich ihr Mund zu einem Lächeln.
 

"Können wir einen Spaziergang zu dem Wasserfall dort machen?", fragte sie und deutete hin. "Er sieht so wundervoll aus!"
 

"Selbstverständlich", sagte er mit einem leichten Lächeln. "Es gibt hier noch mehr schöne Orte. Ich zeige sie dir, wenn du das möchtest."
 

Draußen führten viele schmale, verschlungene Pfade über die Felsen und an den hübschen Bäumen vorbei. Kleine Flechten und andere robuste Pflanzen wuchsen in den Spalten zwischen den Steinen und es gab viele Vögel.
 

Während sie neben ihm her ging und sich all das ganz verzaubert ansah, fühlte sie sich gut. Und weil ihr plötzlich gerade danach war, griff sie ganz vorsichtig nach seiner Hand.
 

Kurz warf er ihr einen überraschten Blick zu, aber dann schloss er sofort seine Finger um ihre Hand.
 

Er sah hinab auf die steinernen Stufen vor sich, ein leichtes Lächeln aufs seinem sonst meist so kontrollierten Gesicht. Das brachte auch sie zum Lächeln.

Prinzipien

"Das ist einer der Gründe, warum ich dich mag", sagte Sasuke ruhig.
 

Sakura sah überrascht zu ihm auf. Sie hatte sich eben hingehockt und erst eine hübsch gewachsene Pflanze betrachtet und dann einen kleinen schwarzen Salamander mit einem niedlichen Kopf in einer Felsspalte endeckt, wo er zwar halb versteckt war, sich aber dennoch ein wenig sonnen konnte.
 

"Was?", fragte sie verwirrt.
 

Sie sah nochmal kurz zu dem Salamander hin. Aufgrund ihrer schnellen Bewegung war er nun davongehuscht und in den Schatten zwischen den Felsen verschwunden. Also erhob sie sich wieder und wandte sich Sasuke zu.
 

"Was meinst du?", fragte sie.
 

"Du hast gefragt, was ich abgesehen von deinen optischen Vorzügen an dir mögen könnte und ich konnte es nicht beschreiben, aber das hier ist ein gutes Beispiel", erklärte er seine Aussage.
 

"Ich verstehe nicht, was du meinst", sagte sie verwirrt.
 

Er lächelte leicht.
 

"Ich sage ja, es ist schwer zu beschreiben. Ich meine damit einfach deine Art. Deine Begeisterung für solch kleine Dinge, die die meisten anderen Menschen einfach übersehen würden. Ich meine diese sanfte Anmut, mit der du dich niederlässt, um eine kleine Pflanze zu betrachten. Deine ehrliche Freude über einen Salamander. Die Dankbarkeit, die du empfindest, wenn du einen schönen Moment erleben darfst, oder du etwas betrachten kannst, was dir gefällt. Du willst es dann nicht einmal besitzen oder festhalten. Du siehst es dir einfach nur an und es macht dich glücklich. Das haben viele Menschen nicht. Ich habe es auch nicht. Für mich ist das einfach nur eine kleine Pflanze und ich sehe einfach irgendeine Echse. Ich frage mich höchstens noch, ob irgendetwas davon giftig ist. Aber du schaust dir alles genau an und fühlst dich in alles hinein und bringst allem Wertschätzung entgegen. Es macht einen glücklich, dir dabei zusehen zu dürfen."
 

"Oh", sagte sie verlegen.
 

Seine Worte schmeichelten ihr. Aber sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Das war doch ganz normal. So war sie eben. Sie war sogar eigentlich immer wegen dieser 'Träumereien' zurechtgewiesen worden.
 

"Vor ein paar Jahren, an dem sechzigsten Geburtstag unseres letzten Außenministers, da waren wir beide mit unseren Familien abends auf der Feier", fuhr er fort. "Wie immer habe ich dich aus der Ferne ein wenig beobachtet. Wie immer hast du so fehl am Platz gewirkt und so als wolltest du nicht da sein. Deine Mutter und deine Tanten wollten dich die ganze Zeit irgendwelchen Leuten vorstellen und dich für irgendwelche Dinge begeistern, die dich nicht interessiert haben. Dinge wie das Knüpfen von guten Beziehungen, Dinge wie Geld, Schmeicheleien, teure Handtaschen, Schuhe oder Kleider, das schien dir alles egal zu sein. Ihr habt nahe bei dem Säulengang zum Garten gesessen und ein kleiner Falter ist dort herumgeflogen. Deine Mutter empfand ihn offenbar als störend, sie hat ihn mit der Hand verscheucht und er ist auf der Blumendekoration neben dir gelandet. Du hast ihn lange beobachtet und dabei so wunderschön ausgesehen und ich weiß nicht warum, aber diesen Moment habe ich nie wieder vergessen. Ich hatte einen harten Tag gehabt, aber das war mir auf einmal alles egal. Dank dir war auch ich für einen Moment einfach glücklich."
 

Nun hatte sie das Gefühl, dass sie etwas rot geworden war. Sie fand es ein bisschen unheimlich, dass er sie so beobachtete hatte, aber sie hatte wohl einfach immer so viel geträumt, dass es kein Wunder war, dass ihr sowas nicht aufgefallen war. Für gewöhnlich bemühte sie sich immer Blickkontakt zu meiden.
 

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll", erwiderte sie schließlich vorsichtig.
 

Er lächelte wieder leicht.
 

"Du musst dazu auch nichts sagen. Ich habe nur versucht dir zu erklären, dass ich dich nicht einfach nur optisch anziehend finde. Bei dir zu sein macht mich glücklich. Du zeigst mir schöne Dinge, von denen ich eigentlich denke, dass sie mir völlig gleichgültig sind. Details, die ich sonst einfach übersehen würde oder als irrelevant betrachten würde. Du lässt mich Momente in einer besonderen Intensität wahrnehmen und wertschätzen, die ich sonst für selbstverständlich halten würde. Durch meinen Job habe ich täglich mit den eher unschönen Dingen im Leben zu tun. Aber du-"
 

Er brach ab.
 

"Ich will das nicht wieder hergeben", sagte er bloß. "Und das werde ich auch nicht. Ich brauche das."
 

Ein Windstoß ließ ein paar der hübschen Herbstblätter um sie herum wirbeln.
 

"Wenn du so etwas sagst, dann klingt das schön", sagte sie schließlich. "Und dennoch kann ich nicht verstehen, wie du dir einfach das Recht herausnehmen kannst, einfach so über mich zu entscheiden."
 

"Das würden die meisten Menschen an meiner Stelle tun", sagte er leise. "Du verstehst das nicht. Du bist anders. Du bist unglaublich selbstlos. Aber die meisten Menschen nehmen sich einfach das, was sie haben wollen, wenn sie es sich finanziell oder ohne moralische Verurteilung riskieren zu müssen leisten können. Der Unterschied zwischen mir und den meisten Menschen ist bloß, dass ich mehr Macht und Geld habe. Ich muss nicht höflich fragen oder mich bemühen. Ich kann einfach alles haben, was ich möchte. Jederzeit. Madara oder mein Vater sind ein paar der Wenigen, die mir überhaupt Vorschriften machen können. Und dafür, finde ich, halte ich mich ziemlich zurück. Andere wären weniger rücksichtsvoll. Ich habe immerhin gewisse Richtlinien und Prinzipien, an die ich mich zu halten versuche."
 

"Du und deine Familie, ihr seid merkwürdig", sagte sie bloß erneut.
 

Er trat einen Schritt auf sie zu und hob seine Hand. Mit seinem Zeigefinger schob er ihren Mantelkragen ein Stück zur Seite. Sie vermutete, dass er gerade den Fleck an ihrem Hals entdeckt hatte.
 

"Das tut mir leid", sagte er und strich sanft mit seinem Finger über ihre Haut. "Das war keine Absicht."
 

Sie musste wieder lachen, ein wenig ungläubig, ein wenig ärgerlich und ein wenig belustigt zugleich.
 

"Das tut dir leid?", fragte sie sanft. "Das ist nun wirklich nicht das, was ich an meiner Situation in dieser Ehe schwierig finde."
 

"Ja", sagte er bloß leise, trat noch einen Schritt auf sie zu und beugte sich zu ihr um sie zu küssen.
 

Aber bei dem, was er gerade gesagt hatte, fand sie eigentlich nicht, dass er nun einfach so bekommen sollte, was er gerade haben wollte. Er konnte ruhig sehen, dass er sich eben doch ein wenig anstrengen musste. Auch wenn sie nicht Madara oder sein Vater war. Also wich sie ihm aus.
 

Er ließ ihren Kragen los und fuhr mit seiner Hand in ihren Nacken, um sie dazubehalten.
 

Sie drehte das Gesicht zur Seite.
 

Das hier gerade war nicht wie gestern Nacht. Da hatte sie ihn etwas reizen wollen, weil es ihr Spaß gemacht hatte. Gestern Nacht war es ein Spiel gewesen. Das hier aber war kein Spiel. Das hier war gerade das ziehen von Grenzen.
 

Sie verharrte, das Gesicht zur Seite gedreht. Und er verharrte ebenfalls, seine Hand in ihrem Nacken und seine Lippen nahe an ihrer Wange.
 

Er verstärkte seinen Griff ganz leicht und beugte sich ein bisschen zur Seite, um trotz ihres zur Seite gedrehten Kopfes zu ihren Lippen zu kommen.
 

"Lass es", sagte sie leise.
 

Sie wusste, dass er vollkommen verstand, worum es hier gerade ging.
 

Er hielt kurz vor ihren Lippen wieder inne.
 

"Tu es nicht", sagte sie leise.
 

"Gestern mochtest du meine Berührungen, wenn ich mich recht erinnere", erwiderte er ebenfalls leise.
 

"Du weißt ganz genau, dass es darum gerade nicht geht."
 

Ein paar Sekunden vergingen. Sie spürte seinen Atem auf ihren Lippen. Das störte sie nicht. Es war nicht so, dass sie diesen Kuss nicht wollte. Sie wollte bloß, dass er akzeptierte, dass nicht er alleine derjenige war, der entschied, was zwischen ihnen passierte und was nicht.
 

Einen Moment hielt er sie noch fest und ganz kurz hatte sie den Eindruck, dass er sie nun einfach trotzdem küssen würde. Nur um ihr und vielleicht vor allem sich selbst zu beweisen, dass er es konnte, dass sie ihm gehörte.
 

Doch dann zog er seine Hand weg und trat einen Schritt zurück.
 

Sie sah zu ihm. Er wirkte ein wenig unzufrieden. Aber er reichte ihr seine Hand, um ihr ein paar Steinstufen hinunter zu helfen, die mit ihren Absatzschuhen nicht ganz leicht zu bewältigen waren.
 

"Danke", sagte sie mit einem Lächeln und legte ihre Hand in seine.
 

"Deine Hände sind kalt", sagte er. "Gehen wir zurück."
 

Am liebsten wäre sie noch länger draußen geblieben, aber langsam wurde ihr wirklich ziemlich kühl und sie waren weit gegangen und mussten also noch einige Zeit wieder zurückgehen und daher stimmte sie zu.
 

"Warst du früher mit deiner Familie oft hier?", fragte sie, als sie gerade wieder an dem Wasserfall vorbeikamen. "Ist das hier ein Ort, an dem du gerne bist?"
 

"Ja. Ich bin gerne hier."
 

"Allerdings", fügte er charmant hinzu, "brauchte ich wohl erst deine Gesellschaft, um mich daran zu erinnern, dass man auch etwas anderes tun kann als zu arbeiten."
 

Sie erwiderte seine Worte mit einem Lächeln und fragte sich mal wieder, ob der das alles wirklich ehrlich meinte, oder ob er bloß erreichen wollte, dass sie sich in ihn verblieben würde, damit er bekam, was er wollte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt wirklich seine Idee gewesen war hier herzukommen. Vielleicht hatte ihm auch jemand aus seiner Familie dazu geraten, damit sie sich schneller fügen würde.
 

Als sie wieder in der Eingangshalle ankamen, erwartete sie jedoch eine freudige Überraschung, denn Naruto und Hinata standen am Empfangstresen und nahmen gerade ihre Schlüsselkarten entgegen.
 

"Oh!", entfuhr es Sakura erfreut. "Gehen wir hin und begrüßen sie?"
 

Sasuke quittierte das mit einem knappen Nicken, also ging sie freudig durch die Halle auf die beiden zu, die sich zu ihr umdrehten, wahrscheinlich wegen dem Geräusch ihrer zügigen Schritte und dem klacken ihrer Absätze auf dem Boden.
 

"Hallo!", rief sie fröhlich, sobald sie nah genug war und Hinata sie anstrahlte. Sie umarmten sich zur Begrüßung.
 

Sie wandte sich auch Naruto zu, aber wie schon bei ihrer Verabschiedung nach dem Essen am Freitag schien er nicht besonders erpicht darauf sie zu umarmen, obwohl sie sich normalerweise immer so begrüßten und verabschiedeten. Eigentlich beachtete er sie nicht mal.

Er stand bloß da, lässig wie immer, mit den Händen in den Hosentaschen und sah Sasuke an, der ebenfalls einfach nur entspannt da stand und ihn musterte. Keiner von Beiden sagte etwas und Sakura tauschte wieder einen Blick mit Hinata, die sich ebenfalls 'das kann ja was werden' zu denken schien.
 

"Mit einer Umarmung kann ich wohl gerade so umgehen", sagte Sasuke schließlich ein wenig spöttisch, als hätten Naruto und er irgendwie kommuniziert und außer ihnen hätte das bloß niemand hören können.
 

Naruto grinste.
 

"Schön", sagte er zufrieden und wandte sich Sakura nun doch zu, um sie zur Begrüßung zu umarmen.
 

Sakura sah ein wenig verwirrt von Naruto zu Sasuke, aber der stand bloß da, nickte Hinata kurz höflich zu und musterte sie alle.
 

"Hattest du bisher eine gute Zeit?", fragte Hinata sie glücklich. "Es ist wirklich traumhaft hier, nicht wahr? Ich hatte gar nicht wirklich geglaubt, dass wir würden kommen können, normalerweise ist immer alles ausgebucht, aber scheinbar hatten wir großes Glück!"
 

Sakura sah wieder kurz zu Sasuke, aber der schien nicht die Absicht zu haben ihnen mitzuteilen, dass er ein wenig nachgeholfen hatte.
 

"Ja!", sagte Sakura also bloß. "Schön, dass es geklappt hat!"
 

"Mr Uchiha!"
 

Sie wandten sich alle um und sahen einem Mann mittleren Alters entgegen, der auf sie zugeschnitten kam und Sasuke seine Hand entgegenstreckte, sobald er bei ihnen angekommen war.
 

Sasuke nahm kurz seine Hand und sagte in seinem üblichen neutralen Tonfall: "Guten Tag."
 

"Ahhh und hier haben wir Ihre zauberhafte Gattin, um die wir Sie alle beneiden!", sagte der Mann und wandte sich Sakura zu.
 

Sie erinnerte sich den Mann schon gesehen zu haben, doch sie konnte ihn gerade nicht wirklich zuordnen. Sie glaubte, dass sie ihren Vater ein paar Mal mit ihm hatte sprechen sehen und wahrscheinlich waren sie einander sogar schonmal vorgestellt worden und sie hatte es sich bloß nicht gemerkt.
 

Er ergriff kurz ihre Hand und deutete einen Handkuss an, bevor er sie wieder losließ. "Sie sind wirklich eine Augenweide!"
 

"Hinata Hyuga und Naruto Uzumaki", sagte Sasuke, als der Mann sich mit fragendem Blick den beiden zuwandte. Er nickte Naruto und Hinata kurz höflich zu, sagte 'ahja' und wandte sich dann wieder an Sasuke.
 

"Genießen Sie ein ruhiges Wochenende?", fragte er.
 

"Ja", sagte Sasuke bloß.
 

"Nun denn, das hier ist wohl einer der schönsten Orte dafür!", fuhr der Mann fort. "Ich muss Ihnen ein Kompliment machen, ich komme immer gerne her."
 

"Das Kompliment müssen Sie der Hoteldirektorin machen", erwiderte Sasuke sachlich. "Nichts hiervon ist mein Verdienst."
 

"Ahhhh, Sie sind immer so bescheiden!", sagte der Mann. "Immerhin gehört Ihnen dieses Hotel hier, wenn ich richtig informiert bin."
 

"Sie sind richtig informiert."
 

Sakura sah überrascht zu Sasuke. Hatte er nicht gesagt, dass das Hotel seiner Familie gehören würde? Gehörte dieses ganze Hotel wirklich ihm? Wieder fragte sie sich, wie reich die Uchihas eigentlich waren.
 

"Wo wir uns beide schon hier getroffen haben, was halten Sie davon, wenn wir heute Abend zusammen einen Drink nehmen Mr Uchiha? Ich hatte sowieso vor Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen. Es wäre sehr vorteilhaft für uns beide, was meinen Sie?"
 

"Ich habe meiner Frau zugesagt, dass ich mich dieses Wochenende nicht mit Arbeit beschäftigen werde", sagte Sasuke höflich aber entschieden.
 

"Das wäre ja keine wirkliche Arbeit!", winkte der Mann ab, sah wieder zu Sakura und sagte mit einem Lächeln: "Ich würde mich selbstverständlich sehr freuen, wenn Sie uns Gesellschaft leisten würden Mrs Uchiha! Ich bin selbst in Begleitung, Sie würden sich nicht langweilen und Ihre Gesellschaft wäre für uns alle eine Bereicherung!"
 

Sakura hatte keine Ahnung, was sie nun darauf erwidern sollte und sie sah unsicher zu Sasuke.
 

"Nein", sagte Sasuke bloß ruhig.
 

Einen Moment herrschte Stille und die beiden sahen einander an.
 

"Nun, wie Sie meinen", sagte der Mann schließlich ein wenig kühl. "Es wäre zu Ihrem Vorteil gewesen! Aber dann werde ich mich vielleicht einfach direkt an jemand anderen wenden."
 

"Tun Sie das", sagte Sasuke ruhig.
 

"War das nicht einer der Generäle unserer Armee?", fragte Hinata leise an Sakura gerichtet, während sich Sasuke wieder zu ihnen umwandte und der Mann davon ging.
 

"Ohh, ja! Das kann sein!", erwiderte Sakura, der gerade klar geworden war, dass man ihn ihr tatsächlich schon vorgestellt hatte und dass sie ihn ohne seine Uniform nicht erkannt hatte.
 

Sie sah wieder vorsichtig zu Sasuke. Es kam ihr immer noch merkwürdig vor, dass er in seinem Alter mit Männern wie ihrem Vater und diesem General so reden konnte. Offenbar machte es ihn wohl wirklich ziemlich mächtig, dass er ein Teil der Uchiha Familie war. Oder hatte es ihm einfach bloß nicht gefallen, wie der Mann sie gemustert hatte? Würde er Schwierigkeiten bekommen, wenn er sich so kalt und überheblich benahm?
 

"Tja, unangenehmer Typ", sagte Naruto.
 

Er sah wieder zu Sasuke. "Warum hast du ihn abblitzen lassen?"
 

Sasuke wandte sich ihm ebenfalls wieder zu.
 

"Stellst du Leuten, die du kaum kennst, immer so persönliche Fragen?", fragte er und zog leicht eine Augenbraue hoch.
 

"Klar", sagte Naruto schulterzuckend. "Ich kann fragen, was ich will. Und die anderen können antworten, was sie wollen."
 

Sasuke musterte ihn einen Moment abschätzig.
 

"Er trinkt zu viel und er betrügt seine Frau", sagte Sasuke schließlich. "Ich hatte einfach keine Lust mit ihm Geschäfte zu machen. Und ich setze Sakura auch nicht solcher Gesellschaft aus, wenn es sich vermeiden lässt."
 

Naruto grinste. Vielleicht, weil er ihren Namen benutzt und sie nicht wieder 'seine Frau' genannt hatte. Oder weil ihm Sasukes Antwort gefallen hatte.
 

"Du bist mir doch nicht ganz so unsympathisch, wie ich am Anfang dachte", sagte Naruto.
 

Sakura sah wieder kurz zu Hinata, die die beiden gebannt beobachtete und schaute dann auch zu Sasuke, der Naruto immer noch musterte.
 

"Sollen wir heute Abend zusammen essen?", fragte Sasuke schließlich.
 

"Klar", sagte Naruto. "Falls Hinata und Sakura nichts dagegen haben."
 

Beide wandten sich um und sahen sie an.
 

"V-Von mir aus gern", sagte Hinata und sie klang ziemlich überrumpelt, aber auch erfreut.
 

Sakura ging es ganz genauso. Irgendwie hatten die beiden eine ziemlich merkwürdige Dynamik miteinander. Aber auf ihre Art schienen sie sich seltsam gut zu verstehen.
 

Wenn Sasuke sich mit Naruto und Hinata verstehen würde, dann würde sie die beiden viel öfter sehen können und sie fand, dass es sehr schön wäre als Paar gemeinsame Freunde zu haben. Hatte Sasuke eigentlich außerhalb seiner Familie Freunde? Sie hatte davon noch nie etwas mitbekommen.
 

"Sehr gerne!", sagte sie lächelnd.
 

Als sie losgefahren waren, war sie noch überzeugt gewesen, dass sie zu große Hoffnungen für dieses Wochenende haben würde. Aber nun hatte sie fast schon das Gefühl, dass sich alles viel besser entwickelte, als sie es sich erhofft hatte.

Streit

"Dieser Mann, dieser General", fragte Sakura vorsichtig, als sie gerade wieder den Gang entlang zu ihrer Suit gingen, "kannst du wirklich einfach so mit ihm umgehen, ohne, dass es dir Probleme bereiten könnte?"
 

"Ja", sagte er bloß, schloss mit seiner Schlüsselkarte die Tür auf und hielt sie ihr auf. "Solange ich damit keinem in meiner Familie irgendwie in die Quere komme, kann ich das machen."
 

Sie trat nach drinnen. Er folgte ihr und schloss die Tür hinter sich.
 

Sakura drehte sich zu ihm um und sah ihm dabei zu wie er seinen Mantel auszog und ihn neben sich auf einen Sessel legte. Er warf ihr einen prüfenden Blick zu, als wollte er ihre Stimmung abschätzen.
 

"Weil ihr immer alle zusammenhaltet?", fragte sie neugierig. "Ist das so eine Art Regel bei euch?"
 

"Hmm."
 

Er streckte einen Arm nach ihr aus, griff sie an der Taille und zog sie zu sich. Sie sah seinen Blick von ihren Augen zu ihren Lippen wandern.
 

"Und du bist dir vollkommen sicher, dass du niemandem in deiner Familie in die Quere kommst, wenn du dir diesen Mann zum Feind machst?"
 

"Was meinst du?", fragte er und zog mit der Hand, mit der er sie nicht hielt, den Gürtel ihres Mantels auf.
 

"Naja, deine Familie ist ziemlich groß", sagte sie und machte sich daran die oberen Knöpfe ihres Mantels zu öffnen. Er half ihr. Sie spürte seine Ungeduld an seinen Bewegungen. Sie wurde immer besser darin die kleinen Hinweise auf seine Emotionen unter all seiner Selbstkontrolle zu erkennen.
 

"Es ist nun auch deine Familie."
 

Sie überging das.
 

"Woher willst du denn genau wissen, dass keiner deiner Onkels, Cousins, dein Vater oder Madara gute Kontakte zu diesem Mann haben und vielleicht sogar Geschäfte mit ihm machen? Shisui arbeitet doch sogar beim Militär. Woher willst du wissen, dass du dir so ein Verhalten rausnehmen kannst, ohne Unmut bei jemandem zu provozieren?"
 

"Ich weiß es eben."
 

Er zog ihr den Mantel von den Schultern und er glitt zu Boden. Wieder sah sie seinen Blick zu ihren Lippen wandern. Hörte er ihr überhaupt richtig zu?
 

"Ich habe mich das auch schon gefragt, als du im Auto mit meinem Vater telefoniert hast", fuhr sie fort.
 

Er fing an ihr Kleid aufzuknöpfen. Seine Hand in ihrem Rücken wanderte ein Stück nach unten.
 

"Ich habe mich gefragt, wieso du in deinem Alter so mit ihm reden kannst. Ich verstehe ja, dass dein Vater und Madara das können. Aber deine berufliche Stellung alleine würde das doch nicht rechtfertigen, oder? Bist du so derart sicher, dass sie dich unterstützen, wenn dein Verhalten doch einmal zu Problemen führen würde?"
 

Sie spürte wie ihre locker hochgesteckten Haare sich aus der Frisur lösten, als er ihr in die Haare griff und ihren Kopf zu sich zog.
 

"Ja", raunte er gegen ihre Lippen. "Ich bin mir ganz sicher."
 

Sein Tonfall und seine Nähe verursachten ein in seiner Intensität kaum erträgliches Kribbeln irgendwo in ihrer Magengegend.
 

"Aber woher willst du das so genau-"
 

Er drückte seine Lippen auf ihre und sie konnte ihre Frage nicht beenden. Sie wollte es auch gar nicht mehr so dringend. Irgendwie wusste sie ohnehin gerade gar nicht mehr, was sie eigentlich hatte fragen wollen. Sie versuchte sich daran zu erinnern, aber sie konnte sich nicht richtig konzentrieren. Sein Mund, seine Hände und seine Ungeduld lenkten sie ab und ihr Kopf fühlte sich nun merkwürdig leer an. Ihre Klamotten störten sie. Seine Klamotten störten sie auch. Aber jetzt war da nicht mehr bloß seine Ungeduld. Es schien irgendwie auf sie übergegangen zu sein. Trotz der störenden Klamotten zogen sie sich schließlich nicht mal richtig aus und sie schafften es auch nicht mal bis zum Bett. Er hob sie schließlich einfach hoch, drückte sie mit dem Rücken gegen die Tür und hielt sie und sie schlang ihre Beine um ihn.
 

"Hoffentlich hat das keiner gehört", flüsterte kurze Zeit später ein wenig beschämt.
 

Nachdem er sie wieder abgesetzt hatte, waren sie nacheinander kurz im Bad gewesen, um sich wieder frisch zu machen und sie war gerade wieder herausgekommen und knöpfte noch ihr Kleid vorne wieder richtig zu.
 

Er grinste bloß, stand von dem Sessel auf, auf dem er sich niedergelassen hatte, um auf sie zu warten und kam zu ihr herüber.
 

"Und wenn schon. Es wird mir wohl kaum jemand einen Vorwurf machen."
 

Sie musste lachen, doch das verwandelte sich gleich darauf in ein überraschtes Aufkeuchen, als er nach ihr griff und sie auf seine Arme hob. Er trug sie durch den Raum und legte sie sanft auf dem Bett ab.
 

Erst jetzt fiel ihr auf, dass jemand hier gewesen war, das Bett gemacht und vermutlich auch die Räumlichkeiten gesäubert hatte.
 

Sasuke legte sich neben sie, seitlich auf einen Arm gestützt, sodass er ein wenig auf sie hinabsehen konnte.
 

"Hast du damit angefangen, damit ich mit den ganzen Fragen aufhöre?", fragte sie und sah zu ihm hoch.
 

"Nein. Ich wollte das schon seit dem Aufwachen. Und das war die erste Gelegenheit nach dem Frühstück."
 

Sie musste wieder lachen und drehte sich ebenfalls auf die Seite, um ihn besser ansehen zu können.
 

"Also kann ich weiter Fragen stellen?"
 

"Wenn es dir Spaß macht."
 

Er fuhr mit seinen Fingern durch ihre Haare. Ihre Frisur hatte er vollkommen durcheinander gebracht, also waren sie nun wieder offen.
 

"Ich wollte wissen woher du so genau zu wissen glaubst, was du dir herausnehmen kannst und was nicht", sagte sie.
 

"Wir reden darüber. Beinahe täglich. Wenn wir abends zusammensitzen."
 

"Ohhh", sagte sie. "Das macht ihr also immer, wenn ihr zusammen in diesem Wohnzimmer neben der Eingangshalle sitzt? Ihr sprecht euch ab?"
 

"Ja, meistens. Zumindest kurz. Jeder von uns ist immer im Bilde darüber, was für Interessen die anderen gerade verfolgen. Daher weiß jeder, in welchem Rahmen er sich bewegen kann und was günstig und was ungünstig wäre."
 

"Und was für jemanden ungünstig wäre, das wird dann nicht gemacht? Und daran haltet ihr euch alle?"
 

"Genau."
 

"Euer Gemeinschaftssinn ist wirklich beeindruckend", sagte sie und sie hörte selbst, dass sie tatsächlich beeindruckt klang. "Sowas habe ich noch nie erlebt bei einer Familie."
 

"Das hat seine Gründe."
 

"Die du mir aber nicht verraten kannst?"
 

"Genau." Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen kurzen Kuss. "Noch nicht. Madara entscheidet, wann es soweit ist."
 

Eine Weile lagen sie so da und sahen einander an und in seinen Augen glaubte sie in diesem Moment so viel Zuneigung zu sehen, dass sie sich fragte, wie sie jemals hatte glauben können, dass er eine Affäre haben könnte. Konnte man so etwas vorspielen? War das möglich?
 

"Was würdest du nun tun, wenn du alleine wärst?", fragte er, während er sie weiter betrachtete, als wäre sie etwas unglaublich Wertvolles für ihn.
 

"Lesen vermutlich", antwortete sie. Allerdings ein wenig zögerlich.
 

Sie war sich nicht sicher, ob sie dieses Thema nun ansprechen sollte. Gerade war alles so schön und sie wollte es genießen, aber sie andererseits war das eine gute Gelegenheit. Er war gerade entspannt, zufrieden und zugänglich.
 

"Du liest viel", sagte er. "Du sitzt immer im Garten und ließt. Tust du das auch, wenn du in unserem Zimmer bist?"
 

"Ja", sagte sie zögerlich.
 

"Du hast doch gar nicht so viele Bücher mitgebracht, als umgezogen bist. Liest du sie mehrmals? Das habe ich mich schon öfter gefragt."
 

Sie atmete einmal ein, um ein wenig Mut zu sammeln.
 

"Eigentlich lese ich gar nicht die Bücher", sagte sie. "Du hast recht, diese Romane mag ich zwar sehr gerne, aber die kenne ich natürlich alle schon."
 

Er verengte leicht die Augen und sah sie nun aufmerksamer an, konzentrierter.
 

Sie entschied sich, dass sie versuchen musste diesen Moment zu nutzen. So eine günstige Gelegenheit würde so schnell vielleicht nicht wieder kommen. Sie richtete sich leicht auf.
 

"Ich zeige es dir", sagte sie nach kurzem Zögern.
 

Er folgte ihr mit seinem Blick und sah ihr zu, wie sie zum Fußende des Bettes kroch. Sie kniete sich dort hin, beugte sich hinab zu ihrem Koffer und nahm ein Buch heraus. Sie klappte es auf und nahm das flache Tablet heraus, das sie zwischen die Seiten gelegt hatte.
 

Sasuke war aufgestanden und ging nun um das Bett herum, bis er vor ihr stehen blieb. Er sah zu ihr hinab.
 

Sie ärgerte sich. Er hätte auch einfach liegen bleiben können und warten, bis sie wieder zu ihm kam. Aber er musste ja unbedingt eine Position einnehmen, die ein Machtgefälle zu erzeugen schien und die sie zwang zu ihm hochschauen zu müssen.
 

Trotzdem entfernte sie die Bildschirmsperre und hielt ihm das Tablet hin. Er nahm es ihr ab.
 

"Was ist das?", fragte er.
 

"Das ist eine Seite auf der weltweit Studien im Bereich der medizinischen Forschung veröffentlicht werden", erklärte sie ein wenig vorsichtig. "Das sind alles geprüfte und qualitativ sehr hochwertig designte Studien zu den verschiedensten Themen und dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Studien, die dort veröffentlicht werden, werden vermutlich die Erkenntnisse der nächsten Jahre nachhaltig beeinflussen. Es gibt dort auch viele Metaanalysen und auch die Möglichkeit mitzuverfolgen, welche Teams und Forscher momentan woran arbeiten. Ich habe das letzte halbe Jahr die meiste Zeit damit verbracht mich weiterzubilden, weil ich gerne Arbeiten möchte. Ich will dieses Medizinstudium nicht vollkommen umsonst gemacht haben."
 

Oh wie sie es gerade verabscheute, zu ihm hochsehen zu müssen!
 

Er blickte immer noch auf den Bildschirm, auf dem gerade ein Text einer Studie im Themenbereich der menschlichen Immunantwort auf körpereigene Proteine geöffnet war, in der sie zuletzt gelesen hatte. Dann drückte er auf den Knopf, der die Bildschirmsperre wieder aktivierte und hielt ihr das Tablet wieder hin.
 

"Ich hatte gehofft, du hättest das mit dem Job aufgegeben", sagte er ruhig. Aber er sagte es so, dass sie sich sicher war, dass er nach wie vor nicht bereit war darüber zu diskutieren.
 

"Nein", sagte sie leise und legte das Tablet neben sich auf die Bettdecke.
 

"Ich habe nicht wie andere junge Frauen in meinem Umfeld einen Studiengang im Bereich Mode, Kunst oder Musik gewählt. Ich wollte nicht bloß wie die meisten Frauen aus reichen Familien irgendetwas studieren, nur weil es sich so gehört, dass man gebildet ist und einen hohen Abschluss hat, den man vorweisen kann. Ich habe mir diesen Studiengang bewusst ausgesucht und mich wirklich bemüht. Es war kein leichtes Studium. Aber ich glaube das liegt mir, ich bin gut darin und ich habe mich angestrengt und sehr sehr viel gelernt. Ich möchte etwas Sinnvolles tun und in diesem Bereich arbeiten. Und ich wollte, dass wir nochmal in Ruhe darüber sprechen. Ich verstehe nicht so richtig, warum das nicht möglich sein soll. Ich möchte, dass du-"
 

"Nein", sagte er bloß.
 

Sie konnte seinen Blick nicht deuten, obwohl sie versuchte etwas herauszulesen, aber er kontrollierte seinen Ausdruck absolut perfekt.
 

"Warum?", fragte sie leise. Sie fühlte sich so hilflos.
 

"Ich möchte das nicht."
 

"Das ist deine Antwort?", fragte sie und nun konnte sie ihren Ärger kaum noch unterdrücken. "Ich erkläre dir, dass mir etwas wirklich wichtig ist, aber das ist einfach irrelevant, weil du das nicht möchtest?" Sie merkte, wie sehr sie sich bemühen musste, um ruhig zu sprechen.
 

"Du hast keine andere Wahl, als das zu akzeptieren."
 

Sie konnte es nicht mehr ertragen so vor ihm knien zu müssen, also rutschte sie ein Stück zur Seite, sodass sie neben ihm ihre Beine über die Bettkante schieben konnte. Sie stand auf und wandte sich ihm zu. Er drehte sich ebenfalls zu ihr. Leider war er immer noch ein Stück größer. Aber es war etwas besser so.
 

"Das ist nicht deine Entscheidung!", flüsterte sie zornig.
 

"Doch Sakura, das ist es", sagte er ruhig und unbeeindruckt.
 

"So sollte es nicht sein!"
 

"Aber so ist es. Akzeptiere die Realitäten."
 

Sie hatte gewusst, dass dieses Gespräch genau so verlaufen würde. Deshalb hatte sie sich so lange davor gedrückt es zu führen. Deshalb hatte sie so getan, als würde sie bloß ihre Romane lesen, damit sie zumindest das würde behalten können.
 

"Und was", fragte sie leise und mit vor Zorn leicht zitternder Stimme, "würdest du tun, wenn ich mich einfach irgendwo bewerben würde? Und wenn sie mich nehmen würden? Schließt du mich dann ein, damit ich nicht hingehen kann?"
 

"Nein", sagte er ruhig. "Ich würde dort anrufen und deutlich machen, dass ich nicht möchte, dass du dort arbeitest. Und sehr wahrscheinlich würden dieser Anruf und mein Name ausreichen, damit man dich wieder entlässt. Und falls nicht, dann muss ich einfach nur eine ausreichend große Summe Geld überweisen. Und wenn selbst das nicht ausreichen würde, was es mit Sicherheit täte, würdest du keinen Anwalt finden, der den Mut hätte dich gegen mich oder diese Familie zu vertreten."
 

Sie starrte ihn einen Moment einfach nur an.
 

Sie hatte sich das alles schon gedacht. Es war keine Überraschung für sie. Aber es so klar und deutlich von ihm zu hören war dennoch nochmal etwas vollkommen anders.
 

"Und damit fühlst du dich gut?", fragte sie leise. "Damit kannst du Abends ruhig neben mir einschlafen? Schämst du dich nicht? Glaubst du wirklich, dass es in Ordnung ist, wenn du dich so verhälst?"
 

"Nein Sakura", sagte er leise aber entschieden. "Es ist nicht in Ordnung und es ist auch nicht fair. Aber die Welt ist eben nicht fair. Du bist völlig naiv, wenn du das glaubst. Und ehrlich gesagt wünsche ich dir, dass du dir diese Naivität erhalten kannst. Das mag dir ungerecht und grausam von mir vorkommen. Aber es gibt Dinge, die viel grausamer sind, glaube mir das. Damit habe ich in meinem Job jeden Tag zu tun."
 

"Was soll das heißen?", fragte sie.
 

Sie fühlte sich so erschöpft.
 

"Dass du das Thema abhaken solltest", sagte er bloß. "Es gibt anderes, worin du einen Sinn finden kannst."
 

Sie hatte das Gefühl nicht mehr stehen zu können, also ließ sie sich wieder auf die Bettkante sinken.
 

Er stand einfach weiter neben ihr und sie saß einen Moment einfach da und blickte aus der Fensterfront in die schönen Wolken draußen.
 

Er hob seine Hand und berührte ganz leicht ihre Wange. Aber das war nun wirklich nicht das, was sie gerade wollte.
 

Sie schob seine Hand entschieden zur Seite.
 

"Ich möchte nicht, dass du mich anfasst!", sagte sie sehr deutlich.
 

Er zog seine Hand zurück.
 

"Ich weiß, es ist schwer, aber du wirst es akzeptieren müssen", sagte er und nun klang er hart. Wahrscheinlich, weil sie ihn weggestoßen hatte und ihn das verletzte. Aber es war ihr gerade egal.
 

Sie stand entschlossen auf. Sie ging durch den Raum und zur Tür und hob ihren Mantel auf, der dort noch auf dem Boden lag. Sie konnte es nicht fassen, dass sie eben noch mit ihm geschlafen hatte. Sie war so unglaublich wütend auf ihn!
 

Sie hob auch ihre Schuhe auf und schlüpfte hinein.
 

Sie zog die Tür auf, trat hindurch und schlug sie hinter sich zu. Sie musste einen Moment alleine sein. Sonst würde sie durchdrehen!
 

Wenn er glaubte, dass sie das einfach so hinnehmen würde, dann täuschte er sich. Sie würde sich nicht von ihm und seiner Familie ihr Leben diktieren lassen!

Unangenehmes und Angenehmes

Sie ging zügig durch den Gang und sah sich nicht nochmal um. Doch er schien sie in Ruhe lassen zu wollen, denn sie hörte nicht, dass er ebenfalls die Suit verließ.
 

Sie nahm statt des Fahrstuhls die Treppen, weil es ihr gerade unerträglich vorgekommen wäre still zu stehen. Erst in der Eingangshalle verlangsamte sie schließlich ihre Schritte ein wenig.
 

Fast war sie ein bisschen überrascht, dass sie überhaupt bis hierhin gekommen war. Sie hatte eigentlich damit gerechnet, dass er sie aufhalten würde.
 

"Kann ich etwas für sie tun Mrs Uchiha?"
 

Sie wandte sich dem Mann am Empfang zu, der sie angesprochen hatte. Vermutlich weil sie hier etwas verloren stand, da sie gerade nicht so recht wusste wohin mit sich.
 

"Nein", sagte sie mit einem höflichen Lächeln. "Aber vielen Dank."
 

"Falls Sie es sich anders überlegen, lassen Sie es mich wissen", sagte er und neigte leicht den Kopf.
 

Sakura sah kurz zu den Türen am Eingang hinüber. Was würde passieren, wenn sie einfach alleine hinausgehen würde? Würden die beiden Männer in den schwarzen Anzügen dort sie dann aufhalten? Oder war sie nun wieder dramatisch? War sie überhaupt dramatisch? Oder war das auch etwas, was ihre Familie ihr bloß immer eingeredet hatte?
 

Aber sie würde nicht wieder weglaufen, das brachte sie nicht weiter. Eigentlich hatte sie ja auch damals nicht wirklich weglaufen wollen. Sie hatte bloß Zeit für sich gebraucht. Die brauchte sie nun auch. Aber obwohl sie so verärgert war, wollte sie ihn nicht unnötig provozieren. Ihn zu verärgern half ihr auch nicht weiter.
 

Sie wandte sich entschieden von der Eingangtür weg und stattdessen in die entgegengesetzte Richtung. Dort führte eine Tür in der Glasfront auf die große Terrasse vor dem Hotel hinaus. Sie ging dort hin. An der frischen Luft würde es ihr sicher besser gehen.
 

Kurz hatte sie überlegt, ob sie nachfragen sollte, in welchem Zimmer Naruto und Hinata wären, doch sie wollte lieber einen Moment alleine sein. Sie wollte sie auch nicht mit in ihre Eheprobleme hineinziehen. Und sie hätte ohnehin nicht so recht gewusst, wie sie ihre Situation hätte erklären sollen. Sie verstand sie ja nicht einmal selbst so richtig.
 

Sie schritt an den Gästen vorbei, die an den Tischen dort auf der Terrasse saßen, Kaffee tranken und den Ausblick genossen und sie ging die Stufen hinunter und bis zum Rand. Dort gab es eine große halbrunde Plattform aus felsigem Untergrund, umgeben von einer steinernen Mauer. Sie stellte sich vor die Mauer, sah sich die Landschaft an und atmete ein paar Mal tief durch. Das half etwas. Und die langsam ziehenden Wolken waren auch beruhigend.
 

"So schnell sieht man sich wieder", sagte eine Stimme hinter ihr.
 

Sie drehte sich rasch herum und trat sofort einen Schritt zurück, sodass sie an die Mauer stieß. Sie wollte sich nicht mit diesem Mann, diesem General unterhalten. Und außerdem war er ihr zu nahe.
 

Er lachte leise und sagte: "Verzeihung, ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich hätte vorsichtiger sein sollen. Sie waren schon immer sehr scheu."
 

"Bitte?", fragte sie in der Hoffnung ihm zu signalieren, dass ihr sein Gesprächsthema missfiel.
 

"Ich möchte Sie gar nicht lange belästigen", sagte er rasch und mit einem gewinnenden Lächeln. "Ich wollte sie bloß bitten nochmal mit Ihrem Mann zu sprechen. Er soll sich wegen dieses Geschäfts nochmal mit mir in Verbindung setzen. Ich scheine ihn ein wenig auf dem flaschen Fuß erwischt zu haben und-"
 

"Es tut mir Leid", unterbrach Sakura ihn entschieden, "aber Sie täuschen sich, wenn Sie annehmen, dass ich Einfluss auf seine Entscheidungen nehmen könnte."
 

Doch er lächelte bloß milde.
 

"Vielleicht täuschen Sie sich ja in diesem Punkt?", fragte er. "Eine Frau wie Sie hat eine Menge Einfluss auf jeden Mann. Vielleicht sind Sie sich dessen bloß noch nicht bewusst geworden?"
 

Sie sah ihn überfordert an.
 

Dann sagte sie: "Bitte, Sie müssen mich entschuldigen, ich bin gerade nicht in der Stimmung für eine Unterhaltung. Ich kam hier her in der Hoffnung einen Moment für mich zu haben."
 

Das verständnisvolle Lächeln des Mannes wurde noch etwas verständnisvoller.
 

"Sicher haben Sie es nicht ganz leicht mit Ihrer neuen Familie und in Ihrer Ehe, nicht wahr?", fragte er. "Wie Sie ja sicher wissen, bin ich ein Bekannter ihres Vaters und ich hatte ihn gewarnt, dass es schwierig für Sie sein würde. Aber ich kann ihm keinen Vorwurf machen, selbstverständlich hätte man eine vorteilhaftere Partie wohl nicht finden können."
 

"Es tut mir leid, aber ich weiß leider nicht wovon sie sprechen", sagte sie bloß höflich. "Und ich fürchte, mir fehlt gerade der Willen mich damit auseinanderzusetzen. Bitte sprechen Sie meinen Mann noch einmal selbst an, wenn das so wichtig ist."
 

"Nun, dann werde ich das wohl tun", sagte er. "Kann ich denn vielleicht stattdessen etwas für Sie tun? Sie sehen nicht allzu glücklich aus, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Wir alle machen uns ein wenig Sorgen um Sie."
 

"Wie bitte?", fragte sie überfordert.
 

Er lächelte.
 

"Sakura...ein wirklich passender Name für Sie. Sie sind wie eine wunderschöne, zarte Kirschblüte, die in ein Meer aus pechschwarzer Dunkelheit geraten ist. Man spricht über Sie. Denn Sie leuchten so strahlend hell zwischen all diesen Uchihas. Aber Sie sind nicht zu beneiden. Wenn Sie einmal jemanden zum Zuhören brauchen sollten, dann zögern Sie bitte nicht, sich bei mir zu melden. Ich besitze einen Gutshof. Mögen Sie Pferde? Sie können gerne einmal zu Besuch vorbeischauen. Sagen Sie einfach bescheid, ich würde mich jederzeit freuen etwas von Ihnen zu hören!"
 

Er griff in die Brusttasche seines Sakkos, zog seinen Geldbeutel hervor, nahm eine Visitenkarte heraus und hielt sie ihr hin.
 

Sakura trat noch einen Schritt zurück, obwohl das wegen der Mauer kaum ging. Er war ihr unangenehm. Vielleicht nur weil Sasuke gesagt hatte, dass er zu viel trank und dass er seine Frau betrog, aber sie fühlte sich unwohl in seiner Nähe.
 

Er trat noch einen Schritt näher und legte seine Karte vor ihr auf die Steinmauer.
 

"Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben Sakura-"
 

"Sir!", sagte jemand in scharfem Ton.
 

Der General wandte sich um und Sakura sah zwei der in schwarze Anzüge gekleideten Sicherheitsleute auf sie zukommen.
 

"Halten Sie bitte etwas Abstand Sir", sagte einer von ihnen, als sie angekommen und stehengeblieben waren.
 

Der andere wandte sich an Sakura. "Möchten Sie diese Gesellschaft Mrs Uchiha?"
 

Sie starrte ihn überfordert an.
 

"Sie können frei sprechen", informierte er sie sachlich.
 

Sie sah ihn immer noch verwirrt an. Würden sie etwa einfach auf das hören, was sie sagen würde?
 

"Ich denke das Gespräch ist ohnehin beendet", sagte sie möglichst diplomatisch, mit einem raschen Blick zu dem General hinüber, der verärgert das Gesicht verzog.
 

Einer der Securitymänner machte gegenüber dem General eine höfliche Geste, die ihn deutlich aufforderte zu gehen.
 

"Die Dame möchte offensichtlich alleine sein. Ich muss Sie bitten Ihrem Wunsch nachzukommen."
 

Der General verzog erneut verärgert das Gesicht. Aber er nickte Sakura knapp zu und ging dann tatsächlich. Die beiden Männer traten wieder ein paar Schritte zurück, aber blieben ein paar Meter entfernt von ihr wieder stehen. Vollkommen regungslos.
 

Sakura wollte sich gerade überfordert wieder nach vorne wenden, um einfach weiter die Landschaft anzusehen, als sie Naruto rufen hörte und in die Richtung sah. Er kam mit Hinata auf sie zugelaufen.
 

"Nein", sagte sie rasch, als die beiden Männer ihnen in den Weg treten wollten. "Bitte! Das sind Freunde von mir!"
 

Sofort traten sie wieder zur Seite, nach wie vor ohne eine Mine zu verziehen.
 

Naruto und Hinata warfen ihnen einen misstrauischen Blick zu, als sie zwischen ihnen hindurch und auf sie zu gingen. Sie erklärten ihr, dass sie sie von ihrem Balkon aus gesehen hätten und dann seien sie zu ihr herunter gekommen.
 

"Es sah aus, als bräuchtest du Hilfe mit diesem Kerl!", sagte Hinata.
 

"Aber offenbar wirst du gut bewacht, was?", fragte Naruto mit einem Stirnrunzeln und sah zu den beiden Männern hinüber. "Gehören die zum Hotel oder passen die speziell auf dich auf?"
 

"Ich weiß es nicht", antwortete sie leise.
 

"Hey ihr beiden!", sagte Naruto laut. "Gehört ihr zum Hotel oder passt ihr auf Sakura auf?"
 

Keiner der beiden rührte sich oder sagte etwas. Sakura musste lachen, als Naruto mit den Schultern zuckte.
 

"So ist es schon besser!", sagte Hinata zu ihr. "Eben hast du ganz schrecklich traurig ausgesehen!"
 

"Was hat er gemacht?", wollte Naruto wissen und steckte wieder seine Hände in die Hosentaschen.
 

"Wir hatten bloß eine kleine Meinungsverschiedenheit", sagte Sakura ausweichend. "Wir werden uns wieder vertragen."
 

Die beiden musterten sie mal wieder skeptisch.
 

"Soll ich-", setzte Naruto an, aber Sakura schüttelte rasch den Kopf, bevor er zuende gesprochen hatte.
 

"Ich werde das alleine klären. Aber ich danke euch! Eben war ich sehr verärgert, aber ich nehme an, es ist nicht nur allein seine Schuld. Seine Familie ist schwierig."
 

"Das glaube ich dir!", seufzte Hinata. "Sie sind ja alle so unheimlich! Als mein Vater mitbekommen hat, dass wir uns kennengelernt haben, hat er mir sogar von dieser Freundschaft abgeraten. Er meinte wohl, dass es nicht gut wäre, wenn ich absichtlich oder unabsichtlich den Unmut deines Mannes auf mich ziehen würde."
 

"Oh", erwiderte Sakura betreten.
 

Hinata lächelte. "Aber ich bin heute viel mutiger, als ich es früher war", sagte sie. "Und ich finde dich sehr nett. Und auf meinen Vater höre ich auch schon seit ein paar Jahren nicht mehr allzu sehr."
 

Sakura verspürte Erleichterung. "Ihr seid wirklich toll!", wiederholte sie, was sie schon einmal gesagt hatte.
 

"Da kommt er", sagte Naruto und nickte mit dem Kopf zu der Tür, die auf die Terrasse führte.
 

Sasuke kam auf sie zu und die beiden Männer gingen ihm ein paar Schritte entgegen und einer von ihnen sprach kurz mit ihm. Sasuke nickte und dann ging er weiter auf sie zu und die Männer zogen sich wieder ins Hotel zurück.
 

Sasuke blieb zwei Meter vor ihr stehen, streifte Naruto und Hinata kurz mit einem beiläufigen Blick und sah sie dann an.
 

"Möchtest du noch Zeit um dich zu beruhigen?", fragte er sachlich.
 

Sie schüttelte den Kopf.
 

"Nein, es geht wieder", sagte sie. "Aber ich bin dennoch nicht bereit meinen Wunsch aufzugeben."
 

"Damit quälst du dich bloß selbst", sagte er. "Je schneller du das akzeptierst, desto leichter wird es für dich."
 

"Ich möchte arbeiten."
 

"Ich lasse dich nicht."
 

Alle schwiegen einen Moment.
 

"Du verbietest ihr zu arbeiten?", fragte Naruto fassungslos. "Lebst du im Mittelalter?"
 

Sasuke sah zu ihm hin. Dann ging er zu der Steinmauer hinüber und nahm die Karte an sich, die der General dort abgelegt hatte.
 

"Was ist eigentlich los mit dir und deiner Familie?", fragte Naruto empört. "Das macht mich echt krank! Das ist doch nicht normal!"
 

"Naruto", sagte Hinata leise und warnend.
 

"Bitte streitet nicht!", sagte Sakura rasch und trat einen Schritt nach vorne.
 

"Ich streite nicht", sagte Sasuke ruhig, wandte den Blick von der Karte ab, steckte sie in seine Manteltasche und sah dann Naruto an.
 

"Ich auch nicht", sagte Naruto. "Aber ich habe eine Frage an dich Sasuke Uchiha."
 

"Und die wäre?"
 

"Ich will wissen, ob du dafür noch einen anderen Grund hast, als deine Eifersucht, dein Kontrollbedürfnis und deine Besitzansprüche."
 

Sasuke schwieg. Aber ein Muskel an seinem Kiefer zuckte.
 

"Dann stelle ich dir eine andere Frage", sagte Naruto ruhig, als klar wurde, dass Sasuke darauf nicht antworten würde. "Findest du, dass es gerechtfertigt wäre, wenn ich dir eine reinhauen würde für das, was du mit ihr machst?"
 

"Naruto!", riefen Hinata und Sakura wie aus einem Mund.
 

Sasuke zog bloß eine Augenbraue hoch.
 

"Du würdest mir eine reinhauen? Hier? In meinem Hotel? Umgeben von meinen Security Leuten? Wissend, dass ich einen der höchsten Ränge der Polizei dieses Landes innehabe?"
 

"Ja", sagte Naruto ruhig. "Das würde ich. Und weißt du auch warum?"
 

"Du wirst es mir sicher gleich mitteilen."
 

"Weil ich ziemlich sicher bin, dass ich das bei dir problemlos machen könnte, ohne befürchten zu müssen, dass du mich gleich verhaften lässt. Du hast deinen Stolz. Und das wäre etwas sehr Persönliches. Du würdest es als demütigend empfinden jemand anderen deine Kämpfe für dich austragen zu lassen. Habe ich nicht recht?"
 

Sasuke schwieg.
 

"Kriege ich eine Antwort auf meine Frage?", fragte Naruto. "Findest du, dass du es verdient hättest?"
 

Sasuke schwieg noch einen Moment. Dann sagte er zu Sakuras Überraschung ruhig: "Ja."
 

"Schön", sagte Naruto. "Dann scheinst du dir ja zumindest dessen bewusst zu sein, dass du dich wie ein sexistischer Arsch verhälst."
 

Sasuke musterte Naruto noch einen Moment.
 

"Sasuke", sagte Sakura leise. Er wandte sich ihr zu. "Wenn wir zurück sind", sagte sie, "dann werde ich zu Madara gehen und ihn um Erlaubnis bitten."
 

Sasuke verengte die Augen.
 

"Und wenn er es erlaubt, dann kannst du nichts dagegen tun, nicht wahr?", fragte sie.
 

Sasuke sah sie einen Moment regungslos an.
 

"Nein", sagte er langsam. "Das könnte ich dann wohl nicht. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ausgerechnet er dir helfen wird. Vor allem nicht gegen meinen Willen."
 

"Das kann ich dann ja selbst herausfinden, nicht wahr?", fragte sie. Irgendetwas musste sie schließlich probieren. Das war sie sich selbst einfach schuldig. Und das konnte er ihr immerhin nicht verbieten.
 

"Sicher", sagte Sasuke. "Ganz wie du möchtest."
 

"Gut."
 

Sasuke blickte sie noch einen Moment an und mal wieder war es unmöglich herauszufinden, was er dachte. Dann sah er zu Naruto.
 

"Nur zu deiner Information: Es ist nicht so leicht mir eine Reinzuhauen", sagte er. "Ich habe eine hervorragende Kampfsportausbildung."
 

"Gib mal nicht so an", sagte Naruto grinsend. "Das dachte ich mir bereits. Man sieht es dir an. Zumindest, wenn man sich auskennt. Und das tue ich. Ich habe ebenfalls eine hervorragende Kampfsportausbildung und ich bin ziemlich gut."
 

"Das habe ich ebenfalls bereits vermutet", sagte Sasuke. "Was machst du?"
 

Naruto teilte ihm das genauer mit und Sasuke stellte eine Nachfrage, wobei er Sakura sogar ehrlich interessiert vorkam. Sie tauschte mal wieder einen Blick mit Hinata, als die beiden tatsächlich anfingen mehr oder weniger ein Gespräch darüber zu führen.
 

"Es sieht so aus, als hätten sie gerade ein gemeinsames Thema gefunden", flüsterte Sakura verblüfft.
 

Hinata sah die beiden ebenfalls ein wenig perplex an.
 

"Die zwei machen mich total fertig Sakura", stöhnte sie sehr leise. "In einem Moment denke ich immer, dass die Situation gleich komplett eskalieren würde und im nächsten Moment verstehen sie sich plötzlich auf diese ziemlich merkwürdige Art und Weise."
 

"Ja", sagte Sakura bloß leise, weil ihr mehr dazu auch nicht einfiel.
 

"Da es nun schon beinahe Zeit ist, wollen wir vielleicht zusammen zu Abend essen?", fragte Hinata vorsichtig, als Sasuke und Naruto damit fertig waren sich zu erklären, welche Kampfsportstile sie ausprobiert hatten und was sie davon wie lange trainiert hatten.
 

"Was mich angeht können wir das machen", sagte Sasuke.
 

"Ich habe nichts gegen Essen", grinste Naruto.
 

Alle wandten sich Sakura zu.
 

"Ich- In Ordnung, ja, gerne", sagte sie, immer noch überfordert. Der Tag hatte ihr irgendwie zu viele Wendungen, sie kam gar nicht mehr damit hinterher ihre Emotionen zu verarbeiten.
 

"Gehört das ganze Hotel wirklich dir?", fragte Naruto Sasuke während sie im Speisesaal zu einem Tisch geführt wurden.
 

"Ja."
 

"Verrückt", sagte Naruto.
 

"Ich habe es geschenkt bekommen, als ich anfing zu arbeiten", sagte Sasuke. "Allerdings bin ich seit dem nicht hergekommen."
 

"Ihr seid echt nochmal ein ganzes Stück reicher als wir und ich hatte immer gedacht, dass das eigentlich kaum möglich sei", sagte Hinata. "So ein Geschenk zu bekommen klingt selbst für mich verrückt."
 

"Sie waren wohl alle ziemlich zufrieden mit meinen Leistungen", sagte Sasuke und nahm die Karte entgegen, die die Bedienung ihm reichte.
 

"Dann bist du wohl auch so intelligent wie Sakura", sagte Naruto und schlug seine Karte auf. "Nur schade, dass sie keine Gelegenheit bekommt das auch mal zu zeigen."
 

"Hör auf mich zu provozieren", sagte Sasuke ruhig.
 

Dann waren sie mit bestellen beschäftigt und erst als sie ihre Getränke vor sich stehen hatten, fragte Naruto: "Sakura, hast du ihm von deiner Studienzeit erzählt? Und warum dir das mit dem Arbeiten so wichtig ist?"
 

Sasuke sah auf und blickte sie aufmerksam an. Genau wie die anderen auch.
 

"Nein", sagte sie und schob ihr Wasserglas ein Stück zur Seite, einfach nur, um etwas zu tun zu haben und niemanden ansehen zu müssen.
 

Alle schwiegen, aber Sakura sah auf ihre Hände und betrachtete den Diamanten in ihrem Ring, der in dem Licht der Lampen und Kerzen funkelte, die gerade überall eingeschaltet wurden.
 

"Was meinst du damit?", fragte Sasuke an Naruto gewandt, als sie nichts weiter dazu sagte.
 

"Es ist nicht meine Aufgabe dir das zu erklären", sagte Naruto bloß.
 

"Ich nahm bisher an, dass sie einfach eine richtige Aufgabe möchte", sagte Sasuke mit einem kurzen Seitenblick auf sie, nachdem alle wieder kurz geschwiegen hatten.
 

Naruto warf ihr einen Blick zu. "Sie spricht nicht gern darüber, weil es keine leichte Zeit für sie war."
 

"Bitte hört auf über mich zu reden, als ob ich nicht anwesend wäre", sagte Sakura schließlich.
 

"Tut mir leid Sakura", sagte Naruto. "Das war übergriffig von mir."
 

Sie lächelte ihn an. "Danke."
 

"Aber denk darüber nach es ihm zu erzählen. Ich kann immer noch nicht fassen, dass du offenbar tatsächlich von seinem Verständnis abhängig sein sollst und wir offenbar alle keine andere Wahl haben, als das einfach so zu akzeptieren, aber da das nunmal so zu sein scheint, ist es wohl wichtig, dass er deinen Wunsch richtig versteht."
 

Hinata warf ihr einen kurzen Blick zu und war dann so nett irgendein unverfängliches Thema anzuschlagen und Sakura stieg rasch darauf ein, in der Hoffnung, dass Sasuke dann aufhören würde sie so zu mustern. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm davon überhaupt erzählen wollte. Andererseits hatte Naruto vielleicht recht. Vielleicht würde er ihr dann etwas mehr Verständnis entgegenbringen. Bloß glaubte sie nicht, dass bei ihm nur mangelndes Verständnis das Problem war.
 

"Was mich betrifft können wir die Förmlichkeiten sein lassen", sagte Sasuke schließlich höflich zu Hinata, nachdem sie bereits dreimal in die Situation gekommen war, Sätze geschickt umformulieren zu müssen, um ihn möglichst nicht direkt anzusprechen, denn offenbar wollte sich nicht so dreist sein wie Naruto und Sasuke einfach so ohne seine Erlaubnis Duzen. Sie hatte vermutlich die gleiche Erziehung bekommen wie sie, dachte Sakura, und war für so etwas zu höflich.
 

"Sehr gerne!", sagte Hinata lächelnd und sie klang etwas erleichtert.
 

Danach schien sie sich ein wenig entspannter zu fühlen und Sakura war froh darüber, denn sie gab sich zwar alle Mühe ihre Situation mit möglichst viel Fassung zu akzeptieren, aber in der Stimmung das Gespräch zu leiten war sie nicht und sie war dankbar einfach nur auf Hinatas und Narutos Themen eingehen zu müssen, ohne selbst wirklich aktiv werden zu müssen.
 

Sasuke war wie gewohnt recht schweigsam, aber er verhielt sich höflich und für seine Verhältnisse zugewandt. Naruto schien es sich nicht verkneifen zu können noch zweimal leicht bissige Kommentare in seine Richtung zu machen, aber er ließ sich glücklicherweise nicht provozieren und überging das einfach. Sie hoffte, dass er vielleicht ein kleines bisschen das Gefühl hatte es verdient zu haben.
 

Doch wie es immer in Narutos Gegenwart war es schwierig wirklich unglücklich zu sein und als sie mit dem Essen fertig waren, hatte sie sogar einige Male lachen müssen und Hinata war ebenfalls so gutmütig und rücksichtsvoll, wie sie es immer zu sein schien, sodass die Stimmung trotz der Spannung zwischen Sasuke und ihr sehr angenehm gewesen war. Die beiden schienen einfach wirklich ein Talent dafür zu haben richtig mit Leuten umzugehen.
 

Sie hörte Hinata zu, wie sie von ihrer Arbeit als Psychologin sprach und sie klang dabei so erfüllt und zufrieden, dass Sakura sich ganz sicher war, dass sie das Richtige für sich gefunden hatte. Und Naruto schien auch seit letzter Woche mit seinem Studium fertig zu sein.
 

"Was hast du studiert?", fragte Sasuke an Naruto gewandt.
 

"Sportwissenschaften", antwortete Naruto und stellte sein Glas weg. "Also viel Theorie darüber wie Bewegung sich genau physisch und psychisch auf den menschlichen Körper auswirkt und wie man Training optimieren kann. Ich hatte mit Sakuras Studiengang zusammen die Anatomiekurse, so haben wir uns kennengelernt. Das Studium war ziemlich interessant, allerdings muss ich mir jetzt wohl mal langsam überlegen in welche Richtung ich beruflich damit gehen will, Hinatas Vater wird schon ganz nervös."
 

Hinata musste lachen. "Der soll sich mal nicht so anstellen! Ist ja nicht so, dass ich verhungern würde, wenn du keinen gut bezahlten Job bekommst!"
 

Das brachte Sakura ebenfalls dazu leise zu lachen.
 

"Ich nehme an das weißt du bereits", sagte Sasuke höflich, "aber bei der Polizei brauchen wir Leute wie dich, um das Training der Truppen - vor allem der Spezialeinheiten - zu leiten, zu planen und zu strukturieren. Wir arbeiten ständig daran die Prozesse zu optimieren. Zusammen mit deiner langjährigen Kampfsporterfahrung könntest du dafür gut geeignet sein."
 

Naruto grinste. "Klingt gut, aber dann wärst du sowas wie mein Vorgesetzter, oder?"
 

Sasukes Mundwinkel zuckte leicht, als ob er ein Lachen unterdrücken würde.
 

"Bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass du auf Dinge wie Hierarchien besonders viel Wert legen würdest."
 

Narutos Grinsen wurde breiter und er sagte lachend: "Tue ich auch nicht! Ich habe mir dabei mehr Sorgen um dich als um mich gemacht. Wenn ich dich zu häufig sehe, dann könnte es am Ende doch passieren, dass ich zu dem Schluss komme, dass es dir mal ganz gut tun würde, wenn dir einfach mal jemand eine verpasst."
 

Nun grinste Sasuke doch.
 

"Wie gesagt, ich glaube nicht daran, dass dir das gelingen würde. Aber um das herauszufinden, müssten wir es wohl irgendwann mal darauf ankommen lassen."
 

Naruto lachte. "War das eine Herausforderung?"
 

Sasuke schien wieder ein Grinsen unterdrücken zu müssen.
 

"Also, wenn du willst, dann bewirb dich einfach", sagte Sasuke. "Ich halte mich da allerdings raus. Ich halte nichts davon, wenn Leute in Positionen kommen, die sie nur aufgrund ihrer guten Beziehungen bekommen und denen sie dann nicht gewachsen sind."
 

Naruto zog die Augenbrauen hoch. "Und das kommt von dem Typen, der mit Mitte zwanzig so ne Position hat? Sicher, dass das nichts damit zu tun hat, dass dein Vater der Polizeipräsident ist?"
 

"Selbstverständlich hat das etwas damit zu tun", sagte Sasuke. "Allerdings kann ich dir versichern, dass ich diese Position nicht hätte, wenn ich mit meinen Leistungen nicht überzeugen könnte. Mein Vater ist was das angeht sehr streng. Und mit mir ist er wahrscheinlich noch strenger, als er es mit anderen wäre. Ich kann dir versichern, dass ich meinen Aufgaben trotz meines Alters vollkommen gewachsen bin."
 

Naruto schnaubte ungläubig.
 

"Vielleicht komme ich mal vorbei und überzeuge mich selbst davon", sagte er grinsend. "Und dann frage ich mal bei deinen Mitarbeitern nach, wie die das so sehen."
 

"Mach das", sagte Sasuke ruhig.
 

"Das geht übrigens alles auf seine Rechnung", sagte Naruto grinsend und nickte mit dem Kopf zu Sasuke, als sie der Bedienung auf deren Nachfrage gerade alle gesagt hatten, dass sie keine Wünsche mehr hatten und fertig waren.
 

Die Bedienung sah überfordert zu Sasuke, der offenbar wieder ein Grinsen unterdrücken musste.
 

"Dann ist das wohl so", antwortete er leicht belustigt und die Frau neigte höflich den Kopf und zog sich zurück.

Überforderung

Durch Naruto und Hinata war es Sakura gelungen den Abend zu genießen, aber sobald sie sich voneinander verabschiedet hatten und sie neben ihm die Gänge entlang zurück zu ihrer Suit ging, wusste sie nicht mehr genau, wie sie sich gerade eigentlich fühlte oder was sie empfand.
 

Also schwieg sie einfach. Und bis sie schließlich im Fahrstuhl standen, sagte er auch nichts.
 

"Was hat er damit gemeint?", fragte er, sobald sich die Türen geschlossen hatten. "Was war in deiner Studienzeit, von dem Naruto meinte, dass du es mir erzählen sollst?"
 

"Ich bin gerade nicht in der Stimmung um darüber zu sprechen", sagte sie bloß leise. "Es würde ohnehin nichts an deiner Meinung ändern, oder?"
 

"Nein", erwiderte er nach einer kurzen Pause.
 

Sie schwieg. Nicht um ihn zu ärgern, sondern einfach, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Gerade verstand sie ganz gut, wieso er in den letzten Monaten so wenig geredet hatte. Wenn man überfordert war, dann war es tatsächlich leichter einfach zu schweigen.
 

"Ich würde es dennoch gerne hören", sagte er. "Es interessiert mich."
 

"Mir ist gerade nicht danach."
 

"Weil du wütend auf mich bist?"
 

Die Fahrstuhltüren glitten auf und er ließ ihr mit einer höflichen Geste den Vortritt.
 

"Nein", sagte sie und trat hinaus auf den Gang. "Ich-"
 

Sie brach ab und setzte dann erneut an. "Manchmal bist du sehr nett zu mir. Seit wir hier sind war ich sogar ein paar Mal wirklich glücklich. Aber dann behandelst du mich wieder so wie vorhin. So, als ob ich bloß ein nettes Spielzeug für dich wäre, als ob du finden würdest, dass du mich einfach zurechtweisen dürftest, wenn ich mich unerwünscht verhalte. Ich habe einfach nicht das Gefühl, dass ich dir vertrauen kann. Ich meine es nicht böse und ich will dich auch nicht verärgern, wenn ich das sage. Aber du bist für mich niemand, bei dem ich das Gefühl hätte, ich könnte zu dir kommen und darüber sprechen wie ich mich fühle."
 

Er schwieg.
 

"Das verstehst du sicher", sagte sie leise.
 

Sie waren vor der Tür ihrer Suit angekommen und sie blieb stehen. Er zog seine Schlüsselkarte aus seiner Manteltasche, aber er schloss nicht auf und sah sie bloß an.
 

"Ja, das verstehe ich", sagte er. "Aber ich hoffe, dass das vielleicht nicht für immer so sein wird."
 

Als sie dazu nichts sagte, öffnete er doch die Tür und hielt sie ihr auf.
 

Er legte seinen Mantel über eine Sessellehne und sie hängte ihren ordentlich auf einen Bügel und in einen Schrank. Hauptsächlich wohl um sich zu beschäftigen und ihn nicht ansehen zu müssen.
 

Sie drehte sich zu ihrem Koffer um. Sie war die ganze Zeit noch gar nicht dazu gekommen ihn auszuräumen. Aber morgen würden sie schon zurückfahren, also lohnte sich das wohl auch nicht mehr.
 

Nun hob sie doch ihren Blick und sah ihn an. Er hatte sich auf einen der Sessel gesetzt und ihr zugesehen, wie sie ihren Mantel aufgehängt hatte.
 

"Würdest du vielleicht mir die Frage beantworten, auf die du Naruto keine Antwort gegeben hast?", fragte sie schließlich ein wenig hilflos. Sie hatte keine Ahnung, wie sie nun mit ihm umgehen sollte.
 

"Du meinst seine Frage danach, ob ich noch einen anderen Grund habe als 'Eifersucht', 'Kontrollbedürfnis' und 'Besitzansprüche'?"
 

"Ja."
 

Sie blickte ihn wartend an.
 

Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Dann legte er wieder beide Arme auf den Sessellehnen ab, lehnte sich zurück und sah sie nachdenklich an. So wie er da saß, erinnerte er sie an Madara.
 

"Ich gebe zu, dass das alles eine Rolle spielt", sagte er schließlich ruhig. "Keine der anderen Frauen arbeitet. Es hat auch Keine jemals danach gefragt. Ich war nicht darauf vorbereitet, dass du das wollen würdest. Und ich gebe zu, es gefällt mir Abends nach Hause zu fahren und zu wissen, dass du dort sein wirst. Dass ich dein Lebensmittelpunkt bin. Dass dir niemand zu nahe kommen kann oder dass du dich nicht in jemanden verlieben kannst. Ich habe keinen Grund daran etwas ändern zu wollen. Ich finde es perfekt so. Aber ich kann verstehen, dass es für dich nicht so toll ist, weil du dich eingesperrt und abhängig fühlst und ich verstehe, dass das, was mir daran gefällt, genau das ist, was dir daran nicht gefällt. Wenn es nur das wäre, dann würde ich versuchen auf dich zuzugehen. Ich weiß, dass ich ungerecht bin und unfairerweise meine Macht dir gegenüber ausnutze. Aber ich tue das hauptsächlich, weil ich versuche dich zu beschützen."
 

"Aber du sagst mir nicht wovor!", sagte sie verzweifelt. "Und ich weiß nicht, ob das nur ein Vorwand ist, weil du es dir damit schön einfach machen kannst, weil es dir eigentlich gefällt, wie es ist! Ich weiß auch nicht, ob du es mir wirklich nicht sagen kannst, oder ob du es bloß einfach nicht willst! Das alles weiß ich nicht genau, weil mir niemand etwas erklärt! Aber wie es aussieht, ist Madara derjenige, der am Ende alles entscheidet. Und daher werde ich nun einfach ihn darauf ansprechen, dass ich arbeiten möchte. Ich finde es immer noch nicht richtig, dass ich überhaupt jemanden um Erlaubnis bitten muss für etwas, das vollkommen selbstverständlich sein sollte! Aber ich möchte selbst hören, was er dazu sagt!"
 

Sie hatte keine Ahnung, wie das laufen würde. Sie hatte nach wie vor ein wenig Angst vor Madara. Sie befürchtete, dass er sie nur komisch ansehen und ihr sagen würde, dass sie ihn nicht mit sowas belästigen sollte und dass sie das gefälligst mit Sasuke klären sollte. Aber sie hatte einfach das Gefühl es zumindest ein Mal versuchen zu müssen. Einfach um das Gefühl zu haben, dass sie auch handlungsfähig und nicht vollkommen abhängig war.
 

"Er wird es dir nicht erlauben Sakura", sagte er sanft.
 

Sie stand da und sah ihn wütend an.
 

"Aber dann erklärt er mir vielleicht wenigstens etwas! Du kannst oder darfst das ja scheinbar nicht! Aber er schon! Er könnte!"
 

Sasuke beugte sich nach vorne, stützte seine Ellenbogen auf seinen Knien ab und fuhr sich kurz mit beiden Händen über sein Gesicht. Dann stand er auf und kam auf sie zu. Er blieb vor ihr stehen.
 

"Tu es nicht", sagte er. "Lass es einfach."
 

"Warum?", flüsterte sie. "Warum Sasuke?"
 

Sie sahen sich an und auf einmal glaubte sie ein wenig Traurigkeit in seinen Augen zu erkennen.
 

"Dann lass mich dabei sein, wenn du ihn darauf ansprichst", sagte er.
 

"Warum? Damit du ihm gleich sagen kannst, dass du das nicht möchtest?"
 

"Das weiß er. Das muss ich ihm nicht erst sagen. Und ich könnte ihn auch einfach anrufen. Ich will nicht dabei sein, um es dir schwerer zu machen. Aber ich will hören, was er dir sagt, falls er dir etwas sagt."
 

Sie sah ihn zweifelnd an.
 

"Bitte", sagte er. "Sprich nicht ohne mich mit ihm."
 

Er hob ein wenig zögerlich seine Hand, vielleicht, weil er nicht wusste, ob sie es schon wieder zulassen würde, dass er sie berührte. Eigentlich wusste sie das selbst nicht so richtig.
 

"Es tut mir leid, dass ich eben so hart war", sagte er leise und er berührte mit seinen Fingern ihre Wange. Nur ganz zart. Sie spürte es kaum. Wollte sie diese Berührung? Sie war sich nicht ganz sicher.
 

Sie trat einen Schritt zurück, um ihm zu entgehen. Er zog seine Hand zurück.
 

"Ich war nur so zu dir, weil ich hoffte, dass du es vielleicht einfach gut sein lassen würdest, wenn ich so hart darauf reagiere. Ich verstehe nicht, warum das für dich so wichtig ist. Ich dachte, wenn ich mich so verhalte, dann bist du zwar wütend auf mich, aber belässt es dann dabei. Mir war nicht klar, dass du derart entschlossen bist."
 

"Es ist mir aber wichtig", sagte sie. "Ich möchte gerne etwas eigenes. Etwas, dass du nicht kontrollierst. Ich möchte eine Aufgabe, das würde mir ein Gefühl von Freiheit und Eigenständigkeit geben. Das ist wichtig für uns Sasuke! Für unsere Beziehung! Aber es geht für mich noch um etwas anderes."
 

"Um was?", fragte er und er klang beinahe drängend. Er schien es wirklich wissen zu wollen.
 

"Du wirst es bloß albern finden", sagte sie leise und wandte den Blick ab. Der Mond draußen leuchtete hell genug, um den Nachthimmel gerade genug zu erhellen, damit man noch die Wolkenflächen ziehen sehen konnte.
 

"Egal was es ist, ich werde es ernst nehmen", sagte er. "Ich verspreche es dir."
 

Sie warf ihm einen unsicheren Blick zu.
 

Ihm etwas so Persönliches zu erzählen würde sich irgendwie ziemlich merkwürdig anfühlen. Dann hätte sie das Gefühl ihm noch mehr von sich zu geben und das, wo er doch ohnehin schon so über sie verfügen konnte. Wollte sie das? Ihm das auch noch geben? Ihm vertrauen?
 

Er stand da und sah sie abwartend an.
 

"Du siehst aus, als würdest du gleich weinen", sagte er leise.
 

Sie drehte ihm rasch den Rücken zu. Sah man ihr das so deutlich an? Ihr war gerade alles zu viel. Und sie wollte jetzt nicht auch noch daran denken.
 

Sie schlang ihre Arme um sich.
 

"Sakura", sagte er leise und sanft.
 

Sie spürte, wie er hinter sie trat. Er berührte ganz leicht ihre Schulter.
 

"Du wirst es nicht ernst nehmen", wiederholte sie leise und entzog sich erneut seiner Berührung. "Vielleicht tust du so, aber ich glaube du willst mich bloß wieder anfassen können, weil dir das die letzten Male gut gefallen hat."
 

"Jetzt bist du unfair Sakura", erwiderte er ruhig hinter ihr.
 

"Vorhin, unten auf der Terrasse, als du vor Hinata und Naruto gefragt hast, ob ich 'noch Zeit möchte, um mich zu beruhigen', da hast du deutlich gemacht, dass du mich nicht ernst nimmst!", sagte sie. "Das klang, als wäre ich ein kleines trotziges Mädchen, das sich überdramatisch verhält! Ich hasse es, dass jeder ständig so zu mir ist!"
 

Sie drehte sich wieder zu ihm um, jetzt ärgerte sie sich wieder und war nicht mehr unmittelbar davor zu weinen.
 

"Du hast mich falsch verstanden", sagte er ruhig. "So habe ich das nicht gemeint. Ich wollte lediglich wissen, ob ich dich noch in Ruhe lassen soll. Das letzte mal als du weggelaufen bist, da hast du gesagt du hättest Zeit für dich gebraucht und ich hätte sie dir nicht gelassen, indem ich dich einfach abgeholt habe. Ich wollte bloß wissen, ob du meine Gegenwart schon wieder ertragen kannst. Ich nehme dich ernst und mir ist vollkommen bewusst, wie schwierig diese ganze Situation für dich ist."
 

Sie strich sich überfordert ihre Haare zurück und wandte sich wieder zum Fenster, weil sie sich so aufgewühlt fühlte und es sie beruhigte hinauszusehen.
 

"Und ja, das was in den letzten beiden Tagen zwischen uns war, hat mir sehr gut gefallen", fuhr er nach einer kurzen Pause fort. "Der Sex war großartig. Aber ich versuche gerade nicht dich anzufassen, damit ich mit dir schlafen kann, sondern, weil ich diese Distanz zwischen uns nicht mag."
 

Sie wandte sich ab und ging ein paar Schritte weg von ihm. Sie konnte gerade einfach nicht anders.
 

Er ging einen Schritt auf sie zu und blieb dann wieder stehen. "Bitte lauf nicht vor mir davon. Ich tue dir nichts!"
 

"Das behauptet jeder ständig!", sagte sie heftig. "Aber es stimmt nicht! Alle verhalten sich ständig übergriffig! Niemand akzeptiert meine Grenzen!"
 

"Ich habe immer akzeptiert, wenn du nicht wolltest, dass ich dich anfasse!"
 

"Willst du dafür jetzt meinen Dank?", fragte sie wütend. "Das sollte selbstverständlich sein Sasuke! Aber jeder kommt mir ständig zu nahe! Und wenn ich zurückweiche, dann wird das nicht akzeptiert!"
 

Er runzelte die Stirn.
 

"Für gewöhlich scheinst du meine Nähe zu mögen", sagte er langsam. "Reden wir hier gerade noch über mich? Oder sprichst du jetzt davon, dass dir General Hato zu nahe gekommen ist? Das scheint der Fall gewesen zu sein. Du musst dich unwohl gefühlt haben, sonst hätte die Security nicht eingegriffen. Was wollte er überhaupt von dir?"
 

"Ich weiß nicht, was er wollte", sagte sie. "Ich sollte dich überzeugen, dir das mit dem Geschäft mit ihm nochmal zu überlegen, denke ich. Ich habe ihm gesagt, dass er das mit dir besprechen soll und dass ich ihm da nicht weiterhelfen kann."
 

Sasuke runzelte erneut die Stirn.
 

"Das scheint mir bloß ein Vorwand gewesen zu sein, um dich anzusprechen", sagte er. "Ihm dürfte völlig klar sein, dass ein 'Nein' von mir auch 'Nein' bedeutet. Ich nehme an, er wollte, dass du dich unwohl fühlst, um sich an mir zu rächen. Und du gefällst ihm. Ich habe gehört, er hätte auch nichts dagegen gehabt dich zu heiraten. Aber dein Vater hat wohl auf eine bessere Partie für dich gehofft. Ich weiß allerdings nicht, ob da etwas dran ist."
 

"Kann ich baden?"
 

"Was?" Er klang ob dieser unvermittelten Frage ziemlich irritiert.
 

Aber ihr wurde gerade alles zu viel. Sie wollte nicht mehr darüber reden. Sie nahm einen tiefen Atemzug.
 

"Ich möchte nicht mehr reden", sagte sie. "Kann ich raus gehen und baden? Morgen müssen wir zurückfahren, dann geht das nicht mehr."
 

Er musterte sie einen Moment prüfend, dann ging er zu einer Schaltfläche an der Wand hinüber, wählte auf dem kleinen Bildschirm irgendetwas aus und im nächsten Moment sah sie draußen von dem heißen Wasser in der kühlen Herbstluft ein wenig Dampf aufsteigen.
 

"Gehören die Security Leute zu diesem Hotel oder passen die auf mich auf?", fragte sie, als ihr die Frage wieder einfiel, die Naruto gestellt hatte.
 

"Beides."
 

"Damit ich nicht weglaufe?"
 

"Nein. Damit dir nichts passiert. Du hast doch eben gesehen, dass man dir schnell zu nahe tritt, wenn du nicht in Begleitung bist. Das liegt an deinem Aussehen. Und leider auch daran, dass du mit mir verheiratet bist. Das macht dich beides sehr interessant."
 

Sie atmete wieder einmal tief ein. Fühlte man sich so, wenn man kurz davor war einen Nevenzusammenbruch zu bekommen?
 

"Sakura", sagte er sehr behutsam und trat wieder einen Schritt auf sie zu. Sein Tonfall ließ sie vermuten, dass er sich in Bezug auf sie vielleicht gerade das gleiche gefragt hatte.
 

"Lass mich!", sagte sie. "Komm nicht näher!"
 

"Ich glaube, dass du eigentlich möchtest, dass dich jemand in den Arm nimmt", sagte er ruhig.
 

"Nicht du!" Sie lachte auf und nahm selbst wahr, dass es etwas hysterisch klang. "Aber eigentlich ist es auch egal, nicht wahr? Wenn ich dich nicht geheiratet hätte, dann hätten mich meine Eltern einfach dazu gedrängt jemand anderen zu heiraten, oder? Dann wäre ich in genau der gleichen Situation und ich hätte es mit mir machen lassen! Ich bin eigentlich selbst schuld. Das ist nur, weil ich so schwach und so-"
 

"Nein!", sagte er laut und sie verstummte.
 

"Das ist nicht deine Schuld!", sagte er sehr deutlich und entschieden. "Dein Vater ist einfach ein schrecklicher Mensch! Das ist mir in den letzten Monaten klar geworden! Jedes Mal, wenn ich mit ihm zu tun habe, kann ich mich schlechter beherrschen! Deine ganze Familie ist absolut schrecklich! Du hattest keine Chance! Es liegt nicht an dir! Es ist absolut nicht okay, was wir alle mit dir machen! Gib dir nicht auch noch selbst Schuld daran!"
 

Sie legte wieder ihre Hände vor ihr Gesicht, weil ihr nun doch Tränen kamen.
 

Im nächsten Moment war er bei ihr und hatte sie umarmt und dann musste sie richtig weinen. Und es war schön, dass er sie hielt und sie nicht alleine war.
 

"Ich werde mich bessern Sakura", sagte er leise und strich über ihren Rücken. "Ich werde nicht mehr so zu dir sein, wenn du das nächste Mal mit mir über etwas reden möchtest! Ich will dich nur beschützen. Ich habe Gründe für mein Verhalten. Mir kommen sie richtig vor, doch vielleicht sind sie das nicht. Aber wir kriegen das alles irgendwie hin zusammen! Wenn wir zurück sind, dann reden wir mit Madara und dann sehen wir weiter."
 

Seine Worte hörten sich ehrlich an und sie zog sich ein Stück zurück und tupfte sich mit den Fingern die Tränen weg. Was er gesagt hatte, hatte sie wieder daran erinnert, dass sie vielleicht nicht die Einzige war, die unter dieser ganzen Situation litt.
 

"Willst du wirklich baden oder wolltest du nur weg?", fragte er mit einem leichten Lächeln und er ließ sie wieder los und trat einen Schritt zurück.
 

Sie sah hinaus zu dem nun vollen Becken, den Dampfschwaden und der hübschen, dunklen Landschaft dahinter.
 

"Ich denke ich wollte nur weg", sagte sie, ebenfalls mit einem leichten Lächeln und strich sich ihre Haare zurück.
 

"Aber vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee gewesen", fügte sie nach einem kurzen Moment hinzu. "Ich glaube, jetzt will ich wirklich baden."
 

Einen Moment sahen sie sich an.
 

"Sollen wir zusammen gehen?", fragte sie vorsichtig.
 

"Das wäre schön", antwortete er leise. Er sah aus, als wäre er dankbar.

Vergangenheit

"Danke."
 

Er sah fragend zu ihr und sie lächelte leicht.
 

"Danke für deine Rücksichtsnahme. Aber es geht nun wieder. Eben war mir einfach alles zu viel, ich konnte mich nicht mehr zusammenreißen. Aber du musst jetzt nicht mehr Abstand halten."
 

"Also, es sei denn, du willst es für dich", fügte sie rasch hinzu.
 

"Nein", sagte er. "Das will ich nicht."
 

Er stieß sich von der Steinmauer ab, an der er zwei Meter entfernt von ihr gelehnt hatte und kam durch das Wasser zu ihr herüber. Er stellte sich neben sie, legte ebenfalls seine Arme auf den steinernen Beckenrand und sah auch hinab in das dunkle Tal vor ihnen.
 

"Ich werde ab jetzt nicht mehr nachfragen, weil ich dich nicht bedrängen möchte. Aber ich würde wirklich gerne wissen, was Naruto mit seiner Andeutung gemeint hat. Also, falls du dich irgendwann bereit fühlen solltest mir das zu-"
 

Er brach ab und sah sie ein irritert an, weil sie ein wenig hatte lachen müssen.
 

"Was daran war bitte komisch?", fragte er.
 

Sie musste wieder lachen, weil er nun ein bisschen beleidigt klang.
 

"Entschuldige!", sagte sie rasch und unterdrückte ihr Lächeln so gut es ging.
 

"Ich glaube dir, dass du das gerade ernst gemeint hast! Aber ich musste lachen, weil ich auch glaube, dass es dich total wurmt, dass Naruto weiß worum es geht und du nicht. Und dann dachte ich an eure Unterhaltung beim Essen. Und jetzt, wo ich mich wieder besser fühle, finde ich die Erinnerung daran ziemlich witzig. Ich habe noch nie erlebt, dass dich jemand so aus der Reserve locken kann!"
 

Er verzog leicht das Gesicht.
 

"Du magst ihn, nicht wahr?"
 

"Ich respektiere ihn", sagte er bloß.
 

"Ich glaube du magst ihn!"
 

Er lachte leise.
 

"Ja, vielleicht", sagte er. "Ich hätte nichts dagegen, wenn er wirklich vorbeikommen und sich bewerben würde."
 

Sie lächelte und beobachtete ihn neugierig.
 

"Hast du eigentlich Freunde?", fragte sie vorsichtig.
 

"Ja", sagte er und sah sie ein wenig verwundert an. "Itachi, Shisui und Obito sind meine Freunde."
 

"Aber das sind auch deine Verwandten."
 

"Ist das schlimm?"
 

"Und sie sind alle mindestens fünf Jahre älter als du."
 

"Wir sind gut befreundet. Du hast das bisher nicht richtig mitbekommen. Und es war zuletzt schwierig, weil Itachi und ich Streit hatten. Obito und Shisui waren zwar bemüht neutral zu bleiben, aber sie fanden, dass ich ja schon dich bekommen hatte und waren daher in den letzten Monaten mehr für Itachi da. Aber das ist jetzt wieder in Ordnung. Für andere Freundschaften hatte ich nie die Zeit. Meine Ausbildung und das Training haben jede freie Minute in meinem Leben in Anspruch genommen."
 

"Ich verstehe", sagte sie nachdenklich und blickte wieder in die Wolken.
 

"Was ist mit dir?", fragte er. "Wieso hast du keine Freunde? Außer Naruto meine ich. Aber mit dem hattest du was. Und Hinata hast du gerade erst kennengelernt."
 

Sie schwieg einen Moment. Jetzt waren sie doch bei diesem Thema angekommen.
 

"Ich hatte wohl ebenfalls keine Zeit", sagte sie nachdenklich. Sie betrachtete ihre Hände und ihren Ring.
 

"Aber eigentlich stimmt das nicht", sagte sie schließlich und sie hob den Kopf und sah zu dem Mond hinauf. Der Nachthimmel war ganz klar und übersäht mit unendlich vielen Sternen.
 

"Wenn ich nun mit etwas Abstand darüber nachdenke, lag das wohl eher daran, wie ich von meiner Familie immer behandelt wurde. Sie haben mir eigentlich immer vorgeschrieben, mit wem ich befreundet sein sollte und alles andere unterbunden. Ich mochte diese Leute aber nicht. Daher blieb ich immer allein, wenn ich konnte. Und ich hatte ja meine Großmutter. Sie habe ich wirklich geliebt."
 

"Warum mochtest du sie so?", fragte er und er klang ehrlich interessiert.
 

Sakura merkte, wie sie nur bei dem Gedanken an sie lächeln musste.
 

"Sie war einfach immer für mich da. Und sie hatte mich gern und das ganz unabhängig davon, wie ich mich verhielt. Einfach nur, weil sie es wollte. Was sie anging hat es einfach gereicht, dass ich ich war, verstehst du?"
 

"So sollte es auch sein", sagte er und runzelte leicht die Stirn.
 

Sie sah zu ihm. Kurz hatte sie gedacht, dass er etwas merkwürdig geklungen hatte, aber sein Gesicht sah ganz normal aus.
 

"Und sie hat immer zu mir gehalten, wenn meine Familie wieder sehr streng war", sagte Sakura lächelnd. "Dafür war ich dankbar. Ich konnte immer zu ihr kommen, wenn ich traurig war. Und sie hat immer versucht mir zu helfen und meine Eltern zu besänftigen, wenn sie mich für irgendetwas bestraft haben."
 

"Bestraft?", fragte er, ohne den Blick von der Landschaft abzuwenden.
 

"Naja, das ist vielleicht das falsche Wort dafür", sagte sie schulterzuckend. "So hat meine Großmutter es genannt. Ich war immer schon sehr verträumt und habe mich meistens nicht so verhalten, wie es wohl angebracht gewesen wäre. Aber manchmal war mir einfach alles zu viel und dann habe ich mich eben sehr in mich selbst zurückgezogen. Jedenfalls war alles besser, als sie noch da war. Sie hat mich wirklich immer unterstützt. Meine Eltern waren dagegen, dass ich studiere, aber ich wollte es unbedingt. Und dann hat ihnen der Studiengang nicht gefallen. Sie hielten ihn für unangemessen, weil es nicht zu unserer Gesellschaftsschicht passte. Das Musikstudium hätten sie mir bezahlt, aber bei Medizin hat mein Vater sich quergestellt. Doch ich mochte Musik nie so sehr, ich sollte es bloß mögen. Ich fand es immer schrecklich, den Klavierunterricht, den Geigenunterricht. Ich war froh, als ich damit endlich aufhören durfte. Ich wollte das nicht studieren, das kam mir sinnlos vor. Meine Großmutter hat sich sehr für mich eingesetzt. Sie hat sich deswegen mit der ganzen Familie zerstritten. Ich fühle mich immer noch schlecht deswegen. Und sie hat ihr ganzes Erspartes genommen und damit mein komplettes Studium bezahlt. Einmal kam deswegen sogar ein Anwalt vorbei und erst dann hat mein Vater es akzeptiert. Mir war das alles furchtbar unangenehm, meine Familie hat mir die ganze Zeit vorgeworfen, dass ich schrecklich selbstsüchtig wäre und dass ich daran Schuld sei, dass es Streit gegeben habe. Aber ich wollte dieses Studium so gerne machen. Ich weiß nicht warum, ich fand es immer schon spannend. Doch ich hatte auch dann nicht viel Gelegenheit für Freundschaften. Ich wollte das Geld meiner Großmutter und ihren Einsatz für mich nicht verschwenden. Niemand von meiner Familie hat danach noch viel mit ihr gesprochen. Ich wollte also richtig gut sein, damit sie das nicht ganz umsonst für mich getan hatte. Daher habe ich sehr viel gelernt und mich sehr angestrengt. Und dann ist es leider schlimmer geworden mit ihrem Gesundheitszustand."
 

Sie schwieg einen Moment, und drehte nachdenklich ihren Ehering hin und her. Im Mondlicht glitzerte er auch wunderschön. Er war wirklich hübsch.
 

"Und dann?", fragte Sasuke schließlich und wieder warf sie ihm einen Blick zu, weil sie erneut den Eindruck gehabt hatte, dass er seltsam klang. Aber er sah immer noch ruhig in die Landschaft vor sich.
 

Sie wandte ihren Blick auf die steinerne Kante vor sich und strich sanft mit ihren Fingern über die raue, felsige Textur, während sie zusah wie stetig kleine Mengen des heißen Wassers an ihren Fingern vorbei und über den Rand flossen. Das Mondlicht hinterließ kleine leuchtende Lichtflecken auf der Wasseroberfläche.
 

"Sie war schon lange krank und mir ist klar, dass jeder irgendwann stirbt", fuhr sie leise fort.

"Aber es hat mich trotzdem schrecklich traurig gemacht, als sie nur noch im Bett liegen konnte. Ich wollte eigentlich gerade ausziehen. Ich stellte es mir so toll vor alleine zu wohnen und einmal alles ganz für mich alleine entscheiden zu können. Mein Vater sagte, ich würde das nicht hinkriegen, er hat mich bloß belächelt, aber meine Großmutter hatte mir geholfen eine Wohnung zu finden. Ich war so glücklich. Doch dann konnte ich es einfach nicht. Niemand von meiner Familie hat sie besucht. Sie lag die ganze Zeit ganz alleine in ihrem Schlafzimmer in ihrem Bett. Ich konnte sie einfach nicht alleine lassen. Also blieb ich. Sie war deswegen schrecklich wütend auf mich. Sie sagte es wäre wichtig, dass ich ausziehen würde. Aber irgendwann hat sie wohl akzeptiert, dass ich es einfach nicht über mich bringen konnte sie alleine zu lassen. Und immer wenn ich keine Kurse hatte, saß ich bei ihr und habe dort gelernt und ihr alles darüber erzählt. Wahrscheinlich hat sie das gar nicht interessiert und sie war jedes Mal wütend, wenn ich kam, weil ich bei ihr war anstatt mein Leben zu leben, wie sie es nannte. Aber ich liebte sie und ich wusste ganz genau, dass sie einsam war. Ich finde niemand sollte so ganz alleine sterben müssen. Ich bin traurig, dass es dann am Ende doch so war, denn da war ich gerade bei einer Prüfung und ich war nicht da."
 

Sie lachte leise. "Aber sie wäre wohl ohnehin schrecklich wütend gewesen, wenn ich die Prüfung verpasst hätte, nur um bei ihr zu sein. Sie war wirklich toll! Sie war so tapfer und mutig, selbst ganz am Ende."
 

Wieder schwieg sie gedankenverloren einen Moment, bevor sie fortfuhr.
 

"Nach ihrem Tod ging es mir nicht besonders gut. Zu der Zeit habe ich Naruto kennengelernt und er war toll zu mir und ich war so froh, dass er da war und dass ich sogar auch Zeit mit seinen Freunden verbringen konnte. Das waren wirklich schöne Momente für mich. Sie waren alle so nett und haben mich alle so selbstverständlich aufgenommen. Und niemand hat erwartet, dass ich irgendwie sein müsste. Ich konnte einfach ich selbst sein. Aber ich habe nach ein paar Wochen gemerkt, dass er mich wirklich liebte und ich bloß traurig und einsam war. Also habe ich es wieder beendet, weil ich das Gefühl hatte ihn bloß auszunutzen, weil ich irgendjemanden brauchte. Aber dann ging es mir noch schlechter, weil ich sie verloren hatte und Naruto und seinen Freundeskreis auch. Trotzdem habe ich die Abschlussprüfungen mit Bestnoten bestanden. Ich wollte mir sofort einen Job suchen, aber ich habe nicht gleich etwas gefunden und ich fühlte mich auch unsicher, weil niemand zu glauben schien, dass ich das schaffen würde. Meine Tante meinte, ich sei so verwöhnt aufgewachsen, dass ich doch niemals im Krankenhaus Nachtschichten schaffen würde und meine Mutter meinte ich sei einfach zu sensibel um in einer Notaufnahme zu arbeiten. Vielleicht haben sie damit ja auch nicht ganz unrecht. Mein Vater hat das nur abfällig belächelt und das hat auch nicht dazu beigetragen, dass ich mich ermutigt gefühlt hätte. Ich habe trotzdem drei Bewerbungen geschrieben. Aber ich wurde nie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen."
 

Sie seufzte ein wenig wehmütig und fuhr erneut mit ihrer Hand durch das über die Steinkante fließende Wasser.
 

"Zu der Zeit war das mit der Hochzeit schon ein Thema geworden", sagte sie leise.

"Sie sagten alle, ich hätte mit dem Studium meinen Willen bekommen und nun sei es an der Zeit, dass ich etwas für die Familie tat. Sie wollten diese Hochzeit unbedingt. Sie wollten unbedingt diese Verbindung und die Kontakte zu eurer Familie. Sie sagten es wäre wichtig, sie würden dadurch Vorteile haben und dann würden meine Eltern das Anwesen und das Haus behalten können, denn in letzter Zeit war es wohl schwierig geworden das zu finanzieren. Und ich war nach all der Zeit und dem vielen Lernen so erschöpft und entmutigt. Niemand war da mit dem ich hätte reden können. Zumindest niemand, der mich verstanden hätte. Und irgendwann wusste ich selbst nicht mehr so richtig, was ich wollte. Also habe ich nach ein paar Monaten einfach zugestimmt. Zum Teil wahrscheinlich nur, damit sie mich endlich in Ruhe lassen würden. Am Tag der Hochzeit hat sich alles so falsch angefühlt. Da war ich mir wieder sicher, dass ich das nicht wollte. Aber ich hatte zugestimmt, alle Gäste waren da, alles war vorbereitet, es war zu spät, um es sich anders zu überlegen. Und dann hast du mich zu euch gebracht. Und ein Teil von mir war einfach froh endlich nicht mehr bei meinen Eltern wohnen zu müssen."
 

Sie lachte ein wenig verlegen.
 

"Sowas sollte man wahrscheinlich nicht über seine Eltern sagen", flüsterte sie, während sie wieder ihren Ring betrachtete. "Ich stelle mich vielleicht wirklich total an, aber ich bin einfach nie so richtig mit ihnen klargekommen."
 

Sie warf ihm einen Blick zu.
 

Er sah immer noch regungslos in die Landschaft.
 

"Ist alles in Ordnung?", fragte sie vorsichtig. Irgendwie verunsicherte sein Verhalten sie. Sein Gesicht wirkte versteinert.
 

Er räusperte sich einmal kurz und sah sie dann doch an.
 

"Ja, sicher", sagte er.
 

"Ich will so gerne Arbeiten, damit das nicht alles umsonst war, verstehst du?", fragte sie.

"Das war das einzige, was ich jemals für mich getan habe und meine Großmutter hat so viel dafür gegeben und sie war so stolz auf mich. Ich war sogar selbst das erste Mal in meinem Leben richtig stolz auf mich. Ich möchte-"
 

Sie brach ab und sah ihn wieder prüfend an.
 

"Du siehst irgendwie merkwürdig aus", sagte sie.
 

"Nein, alles ist in Ordnung. Ich verstehe vollkommen."
 

"Du findest es nicht albern?"
 

Er wandte sich ihr zu.
 

"Nein Sakura", sagte er leise und deutlich. "Das ist kein bisschen albern. Es tut mir sehr leid, dass ich die ganze Zeit so darauf reagiert habe, wie ich es getan habe. Ich danke dir, dass du mir das erzählt hast."
 

"Aber du willst trotzdem nicht, dass ich arbeite?"
 

"So einfach ist das leider nicht", sagte er ruhig. "Wir reden gleich morgen Abend mit Madara. Dann sehen wir weiter."

Eine Erklärung

Nach ihrem Streit wegen ihres Wunsches Arbeiten zu gehen, hatte sie fast gar nicht mehr damit gerechnet, aber sowohl am Samstag Abend nach dem Baden, als auch am Sonntag fühlte sie sich glücklich.
 

Vielleicht hatte Naruto wirklich recht gehabt und es war gut gewesen, dass sie Sasuke erzählt hatte, warum ihr das so wichtig war. Jedenfalls fand sie, dass er seitdem ganz besonders zuvorkommend war.
 

Nach dem Baden und den Ereignissen dieses Tages war sie schrecklich erschöpft gewesen und sie waren beide früh schlafen gegangen. Er hatte keine Anstalten gemacht sie zu berühren und er hatte sie beim Einschlafen einfach nur im Arm gehalten und sie hatte sich darüber gefreut, denn alles andere wäre ihr zu viel gewesen.
 

Als sie aufgewacht war, war er schon wach gewesen. Wie er es immer tat, hatte neben ihr gelegen und sie betrachtet. Er hatte sie zärtlich behandelt und sogar von sich aus vorgeschlagen mit Naruto und Hinata zu frühstücken. Darüber hatte sie sich sehr gefreut. Sie hatte die beiden sofort gefragt und da sie auch schon wach gewesen waren und Lust gehabt hatten, hatten sie das auch getan.
 

Es war wirklich nett gewesen und auch entspannter als am Abend zuvor. Naruto und Sasuke waren einigermaßen zuvorkommend miteinander umgegangen und Sakura hatte nicht so viele bange Blicke mit Hinata tauschen müssen, weil die beiden zur Abwechslung nicht so gewirkt hatten, als ob akute Gefahr bestünde, dass etwas eskalieren würde.
 

Danach war sie mit ihm spazieren gewesen und er hatte sie zu einer Aussichtsplattform direkt über einem riesigen Wasserfall gebracht, der sie fasziniert hatte und sie hatte einen herrlichen Moment erleben können, als ein kräftiger Windstoß die Bäume rund um die Plattform aufgewirbelt hatte und sie sich auf einmal inmitten von diesen leuchtend roten, tanzenden Blättern befunden hatten.
 

Sie hatte lachen müssen, erst vor Freude darüber und dann, weil Sasuke ein Blatt mitten ins Gesicht bekommen hatte und dann auch darüber, dass er so ausgesehen hatte, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er sich ärgerte oder ob er lachen wollte.
 

Weil es sonnig gewesen war, hatten sie draußen auf der Terrasse ein spätes Mittagessen eingenommen und weil sie am liebsten gar nicht gehen wollte, hatte sie danach noch einen Kaffee bestellt und ihn ganz langsam getrunken, um ihren Aufbruch hinauszuzögern.

Gerade war alles so friedlich und sie brauchte das, um sich von der emotionalen Achterbahn der letzten beiden Tage zu erholen und etwas runter zu kommen. Und da keiner von ihnen irgendein schwieriges Thema anschnitt und sie sich bewusst bemühte eine oberflächliche Unterhaltung mit ihm zu führen, gelang ihr das auch.
 

Zumindest bis dieser General auch auf die Terrasse kam, denn das erinnerte sie wieder daran, wie unwohl sie sich am gestrigen Nachmittag und Abend gefühlt hatte und die kleine Illusion von Idylle, die sie sich selbst in ihrem Kopf erschaffen hatte, um ein wenig schöne Zeit genießen zu können, ließ sich nicht mehr aufrecht erhalten.
 

Sie wandte rasch ihren Blick ab und sah auf ihre Hände, als er an ihrem Tisch vorbei ging, da er sie ansah und sie seinem Blick ungern begegnen wollte.
 

"Mr Hato", sagte Sasuke kühl und sie sah ein wenig erschrocken auf.
 

Der Mann hielt inne, offenbar ebenfalls ein wenig überrascht, dass er angesprochen worden war. Er kam wieder die zwei Schritte zurück, die er bereits an ihrem Tisch vorbeigegangen war.
 

"Ja?", fragte er höflich, aber trotzdem fand sie seine Tonlage unangenehm.
 

Sie sah unsicher zu Sasuke. Der stellte sein Wasserglas ab, sah in aller Ruhe zu dem General auf und sagte: "Ihre Rechnung liegt am Empfang für Sie bereit."
 

"Bitte?", fragte Hato, als glaubte er sich verhört zu haben.
 

"Ich fürchte sie werden die nächsten Tage leider nicht mehr hier verbringen können", erwiderte Sasuke ruhig. "Und ich fürchte auch, dass Sie und Ihre Damen hier in Zukunft nicht mehr willkommen sein werden."
 

"Wie bitte?", fragte Hato erneut mit einem ungläubigen Lachen. "Wollen Sie sagen, dass Sie mich aus dem Hotel werfen, nur weil ich Ihre Frau angesprochen habe?"
 

Er sah zu Sakura, die die Szene ein wenig verstört beobachtete und dann wieder zu Sasuke, der ihn nach wie vor ruhig anblickte.
 

"Nein", sagte Sasuke. "Ich werfe Sie nicht aus meinem Hotel, weil Sie sie angesprochen haben. Ich werfe Sie aus meinem Hotel, weil sie ihr offensichtlich Angst gemacht haben."
 

"Vielleicht haben Ihre Leute auch einfach überreagiert?", fragte Hato gereizt.
 

"Meine Leute sind bestens ausgebildet. Ich vertraue ihrem Urteil vollkommen", erwiderte Sasuke, nach wie vor mit einer Ruhe, die ihn irgendwie unheimlich machte.
 

"Haben Sie sie gefragt?", zischte Hato und deutete auf Sakura, die zusammenzuckte. Sie wollte sich da eigentlich raushalten. "Hat sie sich beschwert?"
 

"Nein."
 

"Und trotzdem halten Sie es für nötig das zu tun?"
 

"Ja. Es ist nicht Sakuras Art sich über andere Menschen zu beschweren. Und ich denke, das wissen Sie ganz genau. Deshalb haben Sie sich ihr überhaupt aufgedrängt. Sie haben es ausgenutzt, dass Sie wussten, dass sie nicht zu mir kommen und sich bei mir beschweren würde."
 

Hato öffnete empört den Mund und starrte ihn an, offenbar unschlüssig, was er dazu sagen sollte.
 

"Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise", sagte Sasuke höflich. "Grüßen Sie Ihre Frau von mir."
 

Hato starrte ihn noch ein paar Sekunden an. Dann machte er einfach auf dem Absatz kehrt und ging über die Terrasse davon in Richtung Eingangshalle.
 

"Bitte entschuldige", sagte Sasuke höflich zu ihr.
 

"Das wäre wirklich nicht nötig gewesen!", sagte sie sofort. "So schlimm war es nicht!"
 

Er musterte sie liebevoll.
 

"Denkst du das nicht vielleicht ein bisschen zu oft Sakura?", fragte er ruhig.
 

Sie sah ihn verwirrt an.
 

Er streckte bloß seine Hand über den Tisch und strich ganz leicht über ihre Finger.
 

Danach waren sie bei Naruto und Hinata vorbeigegangen, um sich zu verabschieden. Die beiden wollten noch bis zum nächsten Morgen bleiben, sie hatten beide am nächsten Tag frei. Hinata, weil sie Urlaub genommen hatte und Naruto, weil er ja erstmal einen Job finden musste.
 

Sakura war ein bisschen wehmütig, als sie schließlich ihre Sachen packte, aber sie war froh, dass sie zusammen hergekommen waren. Sie hatte den Eindruck, dass in dieser kurzen Zeit so viel passiert war, hauptsächlich Gutes, fand sie.

Sie war dankbar für die schönen Momente, die sie hatte erleben können und dafür, dass sie sich näher gekommen waren. Sie war dankbar dafür, dass er so viel mit ihr gesprochen hatte, dafür dass sie Zeit mit Naruto und Hinata hatte verbringen können und auch dafür, dass er sich ebenfalls auf den Kontakt mit den beiden eingelassen hatte. Sie fühlte sich ihm nun auf jeden Fall viel näher als vor ihrer Zeit hier.
 

Sie war schrecklich hin- und hergerissen von dem Wunsch noch nicht wieder fort zu müssen einerseits und andererseits von der leichten Hoffnung von Madara vielleicht doch etwas erfahren zu können, was es ihr erträglicher machen könnte ihre Situation zu akzeptieren.
 

Aufgrund von Sasukes Reaktionen sah sie die Chance, dass sie sich eine Arbeit würde suchen können, bei beinahe Null, doch sie war nach wie vor entschlossen es trotzdem zu probieren.
 

Was Sasuke ihr dazu gesagt hatte und auch das, was er ihr dazu nicht gesagt hatte, verunsicherte sie und sie fühlte sich furchtbar nervös, als sie schließlich in sein Auto stieg. Seit dem Vorabend hatte keiner von ihnen das Thema nochmal erwähnt und sie fragte sich, ob er vielleicht einfach hoffte, das sie es doch nicht durchziehen würde. Doch falls dem so sein sollte würde er enttäuscht werden, denn sie war fest entschlossen.
 

Weil sie nervös war und auch weil sie Sorge hatte, dass ein Gespräch mit ihm sie bloß noch mehr verunsichern würde, schaute sie die meiste Zeit der Fahrt einfach aus dem Fenster. Und weil er auch nicht sprach, schwiegen sie.
 

Doch das fand sie in Ordnung. Sie fand sein Schweigen nicht mehr so schlimm wie vor ein paar Wochen noch, weil sie das Gefühl hatte ihn nun zumindest ein wenig besser einschätzen zu können, auch wenn er nichts sagte.
 

Als sie schließlich beinahe wieder bei der Hauptstadt angekommen waren, wandte sie den Blick vom Fenster ab und musterte ihn prüfend.
 

Obwohl er vordergründig entspannt zu sein schien, glaubte sie wieder das wahrzunehmen, was sie schon am Vorabend an ihm irritiert hatte, als sie ihn gefragt hatte, ob alles in Ordnung sei. Das hatte er mehrfach bejaht und sie hatte nicht nochmal nachgefragt, aber seitdem hatte sie manchmal das Gefühl, dass ihn etwas zu beschäftigen schien.
 

"Sasuke?", fragte sie nun doch.
 

"Hm?"
 

"Bist du wütend?"
 

Sie wusste nicht, wie sie das, was sie wahrnahm, richtig einordnen sollte. Er war höflich und nett zu ihr. Aber wenn man sie gezwungen hätte das zu benennen, was sie bei ihm wahrnahm, hätte sie es wohl als unterdrückte Wut bezeichnet.
 

"Ja", sagte er bloß. "Das bin ich. Aber nicht auf dich."
 

Er sah kurz zu ihr und sein Blick war warm.
 

"Also ist zwischen uns alles in Ordnung? Du bist nicht verärgert, weil ich immer noch mit Madara sprechen möchte?"
 

"Nein", sagte er ruhig. "Ich habe dir gesagt, dass wir das machen. Heute noch. Und das werden wir auch."
 

"Okay."
 

Sie fühlte sich erleichtert.
 

"Möchtest du erzählen warum du wütend bist?", fragte sie vorsichtig.
 

Er lächelte leicht.
 

"Lieb von dir", sagte er. "Vielleicht komme ich darauf zurück. Gerade im Moment lieber nicht."
 

"Okay."
 

"Das ist keine Zurückweisung", fügte er hinzu. "Ich muss mich bloß erstmal sortieren."
 

"Okay."
 

"Bist du traurig, dass du wieder zurück musst?", fragte er.
 

Sie lächelte. "Ich weiß nicht genau. Es war traumhaft dort. Aber etwas surreal. Vielleicht wird es auch schön wieder in unserem Bett zu schlafen."
 

Er lachte leise.
 

"Du hast eine bemerkenswerte Fähigkeit entwickelt in schwierigen Situationen etwas Positives zu empfinden. Das ist faszinierend."
 

Sie sah ihn kurz irritiert an, weil sie nicht wusste, was er damit hatte sagen wollen.
 

"Und du?", fragte sie daher einfach.
 

"Ich fand das Wochenende sehr schön", sagte er. "Aber ich komme auch gerne wieder zurück. Ich mag das Anwesen."
 

"Hattest du mal den Wunsch dort wegzugehen?", fragte sie neugierig.
 

"Nein", sagte er. "Überhaupt nicht. Es ist luxuriös, komfortabel und es ist der Ort an dem ich mich zuhause fühle. Und alle, die mir wichtig sind, sind dort."
 

"Oh", sagte sie überrascht. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er es dort als so positiv empfand.
 

"Aber", fragte sie vorsichtig, "findest du deine Familie denn nicht manchmal schwierig? So wie ich die Meine?"
 

Er warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann wieder auf die Straße um die Autobahnabfahrt zur Hauptstadt zu nehmen, die am nächsten an dem Anwesen war.
 

"Nein", sagte er. "Ich mag meine Familie. Das mit mir und meiner Familie ist eine völlig andere Situation als das mit dir und deiner Familie."
 

"Überrascht dich das?", fragte er, ihr verblüfftes Schweigen richtig deutend.
 

"Ich- Ja!", sagte sie irritiert. "Also ehrlich gesagt schon."
 

Sie schwieg kurz.
 

Dann musste sie es einfach aussprechen.
 

"Aber sie sind so streng und übergriffig und ich dachte, dass sie dir vielleicht auch Dinge auferlegen, die du nicht willst und-"
 

Sie brach wieder ab. Litt er denn nicht darunter?
 

"Nein, das siehst du falsch", sagte er ruhig. "Ich tue genau das, was ich tun will. Und das, was ich für das Richtige halte. Auch wenn es natürlich manchmal schwierig ist."
 

"Oh", sagte sie wieder bloß. Hatte sie vollkommen umsonst Mitgefühl mit ihm gehabt?
 

"Ich denke, dass du vielleicht ein etwas verzerrtes Bild von uns bekommen hast", sagte er.

"Das ist auch kein Wunder, bei dem, was du seit unserer Hochzeit alles durchmachen musstest. Du musst alles voller Angst und in einem Gefühl von Hilflosigkeit wahrgenommen haben. Für dich war wahrscheinlich überall nur Unsicherheit und dann gibt es auch noch Dinge, die dir niemand erklären will. Aber wenn deine Eltern wegen des Kinderthemas nicht so derart kaltherzig gelogen und manipuliert hätten, dann wäre sicher einiges ein bisschen anders gelaufen. Du brauchst jedenfalls nicht so viel Angst vor uns zu haben, wie du es offenbar immer noch hast."
 

Sie wollte eigentlich etwas antworten, aber sie wusste nicht was und daher sah sie bloß wieder auf ihre Hände. Wieso war nur alles so verwirrend?
 

Den Rest der Fahrt bis zum Anwesen konzentrierte Sie sich darauf ein wenig Mut zu sammeln und sich darauf vorzubereiten, dass ihre Hoffnungen sehr wahrscheinlich enttäuscht werden würden. Es war besser sich das vorher klar zu machen. Sie schämte sich ein wenig für ihren gestrigen Gefühlsausbruch und vor Madara wollte sie es unbedingt schaffen ganz ruhig zu bleiben.
 

Sie schwieg, während er durch das Tor auf den Hof fuhr und während sie ihm zusah, wie er ihr Gepäck aus dem Kofferraum nahm. Sie war ein bisschen dankbar dafür, dass er Ruhe und Souveränität ausstrahlte, denn sonst hätte sich ihre Nervosität wohl bloß noch gesteigert.
 

An der Tür übergab Sasuke das Gepäck an einen der Hausangestellten, der damit zügig in Richtung der großen Treppe davonging und sie folgten ihm durch die Halle.
 

Als sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, konnte man in das offen angrenzende Wohnzimmer sehen, in dem die Männer hier immer abends zusammensaßen und sich unterhielten und - wie sie von Sasuke erfahren hatte - sich absprachen, was ihre jeweiligen Interessen anging.
 

Wie jeden Abend waren sie auch heute da, Sakura hatte ihre leisen Stimmen bereits von der Tür aus gehört.
 

"Hallo Sasuke, Sakura", sagte Fugaku und sah auf, als sie auf der Höhe des großen Wohnzimmers angekommen waren. Madara war da und ungefähr fünfzehn der anderen.
 

"Izuna ist eben von den Verhandlungen zurückgekommen", sagte Itachi zu Sasuke, bevor Sasuke den Gruß seines Vaters hatte erwidern können.
 

Sasuke war auf sie zugegangen und über die Schwelle getreten und warf nun Izuna einen fragenden Blick zu.
 

"Wie erwartet", sagte Izuna bloß. Er klang müde. "Ich habe den Druck soweit erhöht wie es möglich war, aber es hat nichts gebracht."
 

"Wir müssen zu anderen Mitteln greifen", sagte Madara. "Leider."
 

"Ich verstehe", sagte Sasuke knapp.
 

Sakura war ihm ein wenig vorsichtig gefolgt und einen Meter hinter ihm stehen geblieben.
 

Sie räusperte sich leicht. Alle sahen zu ihr und Sasuke drehte sich leicht zu ihr um.
 

Aber sie konzentrierte sich darauf nur Madara anzusehen. Wenn sie sich auf mehr als ihn konzentrieren würde, dann würde sie das nicht schaffen.
 

"Es gibt offenbar ein Problem und ich möchte wirklich nicht stören", sagte sie mit so fester Stimme wie sie konnte. "Aber ich möchte gerne etwas fragen und wollte wissen, ob du dafür in den nächsten Tagen vielleicht Zeit hast."
 

Einen Moment war alles still. Ein paar sahen kurz zu Sasuke, aber der stand bloß ruhig da und blickte sie an. Und sie blickte Madara an.
 

"Ich habe auch jetzt Zeit", sagte Madara ruhig. Er warf Sasuke ebenfalls kurz einen Blick zu und sah dann wieder zu ihr.
 

"Frag ruhig", sagte Fugaku. "Oder geht es um etwas, was bloß Madara hören soll?"
 

Sakura nahm ihren Mut zusammen und trat zwei Schritte nach vorne. Sie hätte lieber mit Madara alleine gesprochen. Aber es wäre wohl auch irgendwie unangebracht jetzt so zu tun, als ob es um irgendetwas Geheimes ginge. Doch vor so vielen von ihnen zu sprechen kostete sie nun noch mehr Kraft. Da musste sie jetzt wohl durch.
 

"Ich möchte gerne Arbeiten", sagte sie so selbstbewusst, wie sie es konnte. Sie sah aus dem Augenwinkel, wie ein paar von ihnen Blicke tauschten. Aber sie konzentrierte sich weiter darauf nur Madara anzusehen, der mit ausdrucksloser Mine zurückblickte.
 

"Sasuke sagt, dass er das nicht möchte. Er sagt, dass das nicht geht", fuhr sie fort. "Und er erklärt mir nicht wieso. Also wollte ich fragen, ob du mir erklären kannst, wieso das nicht geht."
 

Es herrschte Schweigen.
 

"Und", fügte sie rasch hinzu, bevor sie am Ende noch ihr Mut verlassen würde, "ich finde es auch nicht in Ordnung, dass ich dafür um Erlaubnis bitten muss. Egal bei wem. Ich finde, dass ich das selbst entscheiden dürfen sollte."
 

Alle sahen zu Madara, der sich in seinem Sessel zurücklehnte und sie nachdenklich musterte.
 

"Sasuke hat recht", sagte er schließlich. "Das ist leider tatsächlich keine gute Idee. Du wirst dir das aus dem Kopf schlagen müssen."
 

Sie war nicht allzu überrascht. Auf diese Antwort hatte sie sich vorbereitet. Und deshalb schaffte sie es auch ruhig und mit fester Stimme zu antworten.
 

"Dann finde ich aber, dass ich dafür eine Erklärung verdient habe."
 

"Die würde dir nicht gefallen Sakura", sagte Fugaku neben Madara. "Belass es bitte dabei."
 

Sasuke trat einen Schritt vor, sodass er nun direkt neben ihr stand.
 

"Es ist ihr wirklich ernst", sagte er. "Sie hat mich im letzten halben Jahr bereits mehrfach darauf angesprochen."
 

Alle sahen nun ihn an und Sakura war überrascht, dass er immer noch so entspannt wirkte. Tat er bloß so? War ihm das hier denn nicht auch total unangenehm? Und versuchte er gerade ihr beizustehen? Was hatte er vor?
 

"Und du bist damit bisher wie umgegangen?", fragte Fugaku ihn stirnrunzelnd.
 

"Ich habe Druck ausgeübt und deutlich gemacht, dass ich nicht bereit bin ein Gespräch darüber zu führen", sagte Sasuke ruhig. "Ich dachte, es wäre bloß eine Laune von ihr. Ich dachte fälschlicherweise, es wäre vielleicht so eine Art Übersprungshandlung, weil sie enttäuscht wäre, das ihr angeblicher Kinderwunsch nicht erfüllt würde und dass sie es gut sein lässt, wenn ich sie auflaufen lasse. Gestern Nachmittag hat sie es wieder angesprochen und ich habe meine Machtposition ihr gegenüber ausgenutzt, um ihr klar zu machen, dass ich es nicht zulassen würde und dass sie keine Chance hat etwas gegen meinen Willen zu unternehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings noch nicht ganz verstanden, wie wichtig ihr das ist. Das habe ich erst ein paar Stunden später begriffen."
 

"Wie lange liebst du sie schon Sasuke?"
 

Itachi musterte Sasuke konzentriert. Er hatte ruhig und leise gesprochen, aber in der kurzen Stille, die auf Sasukes Worte gefolgt war, hatte es jeder ganz deutlich verstehen können.
 

"Lange", sagte Sasuke bloß und sah zu seinem Bruder hinüber.
 

"Also schon, als ich sie noch heiraten wollte?"
 

"Ja."
 

"Warum hast du nie etwas gesagt?", fragte Itachi.
 

"Ist das nicht klar?", erwiderte Sasuke leise.
 

Itachi musterte ihn einen Moment und lächelte dann ein wenig traurig.
 

"Ich verstehe", sagte er. "Es wäre wie eine merkwürdige Ausrede rübergekommen. Ich war wütend, weil du meine Bitte abgelehnt hast dich für jemand anderen zu entscheiden und ich hätte dir vermutlich nicht geglaubt, wenn du plötzlich behauptet hättest, dass du schon die ganze Zeit Gefühle für sie gehabt hast. Und vorher wolltest du es mir zuliebe einfach akzeptieren und hast deshalb nie etwas gesagt."
 

"Ja."
 

"Wieso hast du ihn das gefragt?", fragte Izuna mit einem Stirnrunzeln an Itachi gewandt.
 

"Weil ihm gerade klar geworden ist", antwortete Madara an Itachis Stelle, "wie viel Sakura Sasuke bedeutet."
 

"Ja", sagte Itachi und sah Izuna an. "Sie ist ihm so wichtig, dass er freiwillig hingenommen hat, dass sie ihn verabscheut. Er wollte lieber, dass sie denkt, er würde sie einsperren, kontrollieren und bevormunden, als sie in Angst leben zu lassen. Er hat lieber ertragen, dass sie ihn für den Bösen hält."
 

"Ja", sagte Sasuke. "Aber gestern Abend ist mir klar geworden, wie wichtig das für sie ist. Es ist nicht nur weil sie frustriert ist oder sich unbedingt selbst verwirklichen will, sondern weil sie ganz persönliche Gründe hat. Es hat sie viel gekostet dieses Studium gegen den Willen ihrer Familie durchzuziehen und sie hatte immer fest vor in diesem Beruf auch zu arbeiten."
 

"Das ist dann wohl noch etwas, worüber ihre Eltern uns belogen haben", sagte Fugaku. "Davon war nie die Rede. Das ist nicht gut."
 

"Aber was willst du jetzt genau von mir Sasuke?", fragte Madara nachdenklich. "Du weißt doch, dass wir das nicht zulassen können."
 

"Was hast du nochmal studiert Sakura?", fragte Izuna.
 

"Medizin", sagte sie rasch. Sie versuchte konzentriert zu bleiben, aber alles was sie hörte verwirrte sie gerade ganz schrecklich. Am liebsten hätte sie sich hingesetzt.
 

"Also würde sie in einer Praxis oder einem Krankenhaus arbeiten wollen", sagte Izuna zu Madara. "Das geht wirklich nicht. Auf gar keinen Fall."
 

"Aber warum?", fragte sie verzweifelt. "Ich verstehe nicht, was das alles bedeuten soll!"
 

"Das kannst du ohne Erklärung auch nicht verstehen", sagte Madara ruhig.
 

Er sah wieder zu Sasuke.
 

"Was willst du von mir?", fragte er erneut. "Hast du es dir jetzt anders überlegt?"
 

"Ja, das habe ich", sagte Sasuke. "Ich will, dass sie eine Erklärung bekommt. Ich hatte wie gesagt gehofft, es wäre bloß eine Laune und das würde vorbeigehen. Aber das ist nicht der Fall. Ich kann sie nicht weiter so behandeln."
 

"Die letzten sechs oder sieben Monate hast du es getan", sagte Fugaku. "Ich verstehe, dass du gehofft hattest, sie würde die Regeln einfach akzeptieren und sich so wie alle anderen zuvor hier einleben und du müsstest ihr nicht unnötig Angst machen. Aber wieso hast du deine Meinung geändert?"
 

"Weil ich jetzt wirklich verstanden habe, wie wichtig das für sie ist. Für sie und für ihre psychische Gesundheit. Ich habe verstanden, dass es für Sakura weit Schlimmeres gibt als Angst zu haben."
 

"Und das wäre?", fragte Madara.
 

"Sie hat mir gestern Abend zum ersten Mal von ihrer Vergangenheit erzählt", sagte Sasuke. "Von ihrer Familie, davon, wie sie zu diesem Studium gekommen ist und von ihrer verstorbenen Großmutter, die offenbar die einzige in ihrer Familie war, die sich je für sie eingesetzt hat. Ich möchte ihr Vertrauen nicht missbrauchen und das hier jetzt nicht im Detail wiedergeben. Aber ich habe dabei verstanden, dass sie von ihrer Familie offenbar systematisch unterdrückt und kleingehalten wurde, ohne dass irgendjemand auch nur ansatzweise Rücksicht auf ihre Gefühle genommen hätte. Soweit ich das sehe, ist das Misshandlung. Es muss traumatisierend für sie gewesen sein. Und unser Umgang mit ihr ist für sie wieder genau das gleiche. Sie beschwert sich nicht. Aber nicht, weil sie das so in Ordnung findet, sondern, weil sie es gewohnt ist, dass alle ständig über sie verfügen. Sie kennt es nicht anders. Sie hat gelernt sich an solche Situationen anzupassen, ihre Hilflosigkeit größtenteils zu akzeptieren und sie hat für sich bewundernswerte Wege gefunden um daran nicht zu zerbrechen. Ich denke, dass ihr nicht einmal selbst vollends bewusst ist, wie schlecht sie behandelt wurde, weil sie es nur so kennt. Ihr zuzuhören hat mich einiges an Kraft gekostet. Es war schwer für mich ruhig zu bleiben und mir anzuhören, wie sie noch Verständnis und Sanftmut für Leute aufbringt, auf die sie eigentlich unglaublich wütend sein sollte. Und leider bin ich für sie auch einer dieser Menschen geworden. Wahrscheinlich könnte ich sie schlagen und sie würde noch versuchen sich in mich hineinzuversetzen und auch mich zu verstehen."
 

Es herrschte wieder einen Moment Stille.
 

Sakura stand da und blickte auf den Boden vor sich. Sie war so unendlich überfordert. Sie wusste nicht, was sie fühlen und denken sollte. Sie spürte ihr Herz klopfen und sie hatte ein leichtes Rauschen in ihren Ohren.
 

"Tja", sagte Itachi schließlich, "es sieht ganz so aus, als hätte ihr Vater sie immer schon hauptsächlich als ein wertvolles Handelsgut betrachtet, das ihm einmal viel Geld einbringen würde. Ich bin sicher, dass ihm nicht entgangen ist, wie sie alle immer angesehen haben. Und wir haben auch noch mitgespielt. Das ist widerlich. Wahrscheinlich sind alle seine Träume wahr geworden, als wir ihretwegen auf ihn zugekommen sind."
 

Wieder schweigen alle einen Moment.
 

"Ja", sagte Fugaku. "Und zu unserer Entschuldigung kann ich wohl nur sagen, was ich schon einmal gesagt habe. Normalerweise sind Leute froh, wenn jemand aus unserer Familie sein Interesse bekundet und einen Antrag macht. Keiner von uns würde so etwas seinem Kind antun und deshalb haben wir an so etwas nicht gedacht. Wir hätten uns mehr mit dir beschäftigen sollen Sakura."
 

"Sakura."
 

Sie hob den Kopf und sah Sasuke an.
 

Er griff nach ihrer Hand und schloss seine Finger sanft um ihre.
 

"Es tut mit Leid, dass ich ihnen das erzählt habe", sagte er und wieder hatte seine Stimme etwas Liebevolles. "Ich weiß, das war übergriffig von mir und dass das alles gerade ein bisschen viel für dich ist. Aber es ist sehr wichtig, dass sie es verstehen."
 

Sie nickte. Kurz sah sie ihn noch an, dann blickte sie wieder zu Madara, der sie nachdenklich musterte.
 

"Sakura", sagte er und nun klang auch er beinahe sanft. "Möchtest du eine Erklärung haben, auch wenn sie dir Angst machen wird?"
 

"Ja!", sagte sie sofort. "Ich will eine Erklärung!"
 

"Sie ist mutiger, als es den Anschein hat", sagte Izuna mit einem leichten Lächeln. "Ich dachte immer sie wäre einfach ängstlich."
 

"Das dachten wir wohl alle", sagte Obito und wieder herrschte einen Moment Stille.
 

"Sie hat in ihrem Leben schon eine ganze Menge verkraften müssen", sagte Sasuke ruhig. "Das schafft sie auch. Es ist besser, als wenn sie weiterhin denkt, dass ich ihr aus rein egoistischen Gründen verbiete zu tun, was sie so unbedingt tun möchte."
 

"Das scheint mir auch so zu sein", sagte Madara. "Und es ist wohl auch nicht gerade förderlich für das Nachwuchsthema, wenn sie denkt, dass ihr Mann sie einsperrt und unterdrückt. Da kann ich irgendwie verstehen, dass sie auf Verhütung besteht. Also gut! Wer will es ihr erzählen?"
 

Das ist dann wohl meine Aufgabe", sagte Fugaku und er klang ein wenig müde. "Kommt her. Setzt euch."
 

Shisui und Tekka standen von dem Sofa auf, das gegenüber von Fugaku, Izuna und Madara stand und Sasuke ließ ihre Hand los und warf ihr einen aufmunternden Blick zu.
 

Also riss sie sich zusammen, richtete sich gerade auf und ging zwischen den Sesseln hindurch hinüber zu dem Sofa. Sie zog ihren Mantel aus, weil ihr irgendwie schrecklich heiß war und setzte sich vorsichtig. Sasuke tat es ihr gleich.
 

"Der Grund, warum du nicht arbeiten kannst, ist, dass es dich in Gefahr bringen würde", sagte Fugaku ruhig.
 

"In was für eine Gefahr?", fragte sie. Sie sah zu Sasuke. "Sowas wie mit dem General?"
 

Fugaku sah Sasuke fragend an, aber Sasuke schüttelte nur leicht den Kopf. "Es war nichts weiter. General Hato war auch im Hotel, er ist ein bisschen aufdringlich geworden und ich habe ihn rausgeworfen."
 

Ein paar von ihnen grinsten oder lachten leise.
 

"Er ist ein Idiot", sagte Shisui bloß.
 

"Nein Sakura", sagte Sasuke zu ihr. "Von so etwas redet mein Vater nicht. Das wäre wohl irgendwie geradeso zumutbar."
 

"Was dann?", fragte sie leise und sah wieder zu Fugaku.
 

"Ich rede davon", sagte er immer noch vollkommen ruhig, "dass Gefahr besteht, dass du entführt werden könntest. Wir haben Feinde. Und du bist Sasuke wichtig. Damit ist es dann nicht mehr dein Problem, sondern es würde uns alle betreffen. Was glaubst du, was Sasuke in so einem Fall tun würde?"
 

Sakura starrte Fugaku an.
 

"Alles", sagte Sasuke neben ihr ruhig.
 

"Und genau da haben wir das Problem", sagte Fugaku. "Wir brauchen Sasuke, wir können uns sowas nicht leisten."
 

"Und selbstverständlich will auch niemand von uns, dass dir etwas passiert", warf Itachi ein.
 

"Nein", stimmte Fugaku ihm zu. "Das will niemand. Und leider reden wir hier nicht von Leuten, die dich einfach entführen würden, ein paar Millionen von uns erpressen und dich dann wieder freilassen würden. Die gibt es natürlich auch. Aber wir reden von Leuten, die das tun würden, um mehr zu bewirken oder die das einfach nur tun würden, um uns zu quälen. Und um das zu erreichen, würde man dir wahrscheinlich schreckliche Dinge antun."
 

"Ich- was?", fragte sie schwach. "Aber- aber warum? Wieso sollte jemand-"
 

"Das hat seine Gründe", sagte Madara ruhig. "Gründe, die ich dir erst erklären werde, wenn ich mir sicher sein kann, dass du eine enge emotionale Bindung zu uns aufgebaut hast und du dich wirklich zugehörig zu dieser Familie fühlst. Aktuell ist das nicht der Fall. Du liebst Sasuke nicht, ihr habt kein gemeinsames Kind, das du schützen wollen würdest und du bist noch nicht lange genug hier um uns anderen gegenüber so etwas wie tiefe freundschaftliche Gefühle zu empfinden. Darum kann ich mich nicht auf dein Schweigen verlassen. Was das angeht, wirst du dich weiter gedulden müssen."
 

"Aber-", sagte sie verzweifelt. "Das klingt alles total verrückt! Woher weiß ich, dass ihr mir das nicht bloß sagt, um mir Angst zu machen? Wieso sollte ich euch so etwas Verrücktes glauben? Ihr könntet das auch einfach behaupten, weil ihr wollt, dass ich schön brav in diesem Haus bleibe, schwanger werde und keinen Ärger mache! Und selbst wenn das die Wahrheit ist, selbst wenn diese Angst aus eurer Sicht tatsächlich begründet wäre, wer sagt, dass das wirklich so ist? Ihr könntet auch einfach alle paranoid sein oder so etwas!"
 

Einen Moment herrschte wieder Stille.
 

Dann lachte Izuna leise. "Besonders ängstlich ist sie wohl wirklich nicht", sagte er belustigt. "Sowas hat sich noch niemand getraut zu uns zu sagen."
 

Madara lächelte leicht. "Du versuchst nur eine andere Erklärung zu finden Sakura, weil dir das leichter vorkommt, als diese Realität zu akzeptieren."
 

Sie sah zu Sasuke, in der Hoffnung, dass er ihr sagen würde, dass das irgendein merkwürdiger Scherz war. Aber er sah sie bloß mitfühlend an. Er legte seinen Arm hinter ihr auf die Sofalehne. Er berührte sie nicht, aber sie hatte den Eindruck, dass er das vielleicht getan hatte, um ihr ein bisschen ein Gefühl von Sicherheit zu geben.
 

"Leider ist das keine Paraoia", sagte Fugaku leise und sie blickte wieder zu ihm. "Das wissen wir so genau, weil das schon passiert ist. Zuletzt mit Mikoto. Vor zwanzig Jahren."
 

"Was?", fragte Sakura schwach und sah ihn vollkommen entsetzt an. "Mikoto- Sie wurde-"
 

"Ja", sagte Fugaku ruhig. "Sie wurde entführt. Es ist uns gelungen sie unversehrt zurückzubekommen, aber da war eine Menge Glück im Spiel. Und wir haben dabei auch etwas verloren. Für sie war es selbstverständlich schrecklich. Für Sasuke und Itachi auch, sie waren noch so jung. Wie ich mich gefühlt habe kannst du dir vielleicht vorstellen. Sie hat schließlich nichts getan, das ist nur passiert, weil sie meine Frau ist. Das waren für uns alle ein paar sehr schlimme Tage. Niemand von uns will das noch einmal durchmachen müssen. Daher sind gewisse Vorsichtsmaßnahmen nötig. Wenn du mir nicht glaubst, dann kannst du sie danach fragen. Aber bitte ganz behutsam. Sie spricht nicht gerne darüber."
 

"Meine Mutter hast du ja scheinbar letztens kennengelernt", sagte Madara ruhig zu ihr. "Aber dir ist vielleicht aufgefallen, dass Fugakus Vater und mein und Izunas Vater nicht hier sind. Das liegt daran, dass sie damals die Verantwortung übernommen haben. Wir haben sie verloren. Dafür konnten wir Mikoto zurückbekommen. Ein schwieriger Tausch, aber es war die richtige Entscheidung."
 

"Nein", sagte Sakura verzweifelt. Das durfte alles nicht wahr sein.
 

"Doch", sagte Fugaku ruhig.
 

"Und- Und das wissen alle hier?", fragte sie verstört. "Und das ist für alle in Ordnung? So zu leben? Warum? Warum lebt ihr auf eine Weise, die euch solche Feinde macht?"
 

"Ich sagte bereits, das erkläre ich dir erst, wenn es an der Zeit ist", sagte Madara.
 

"Jedenfalls kannst du deshalb nicht arbeiten", sagte Izuna in einem Ton, der das Thema wohl abschließen sollte. "Das Risiko ist zu groß."
 

"Aber", sagte sie verwirrt, "ich war doch auch schon mit meiner Mutter in der Stadt! Und mit Naruto und Hinata Kaffee trinken!" Sie sah zu Sasuke. "Wieso war das kein Problem?"
 

"Da hat jemand auf deine Sicherheit geachtet", sagte Sasuke. Mit der Hand des Armes, den er um sie gelegt hatte, berührte er sanft ein paar der Haarsträhnen, die über ihrer Schulter lagen. "Du hast es bloß nicht bemerkt."
 

"Und", warf Obito ein, "es ist etwas vollkommen anderes Sakura, ob du durch ein paar Geschäfte bummelst, einen Arzt aufsuchst oder in ein Café gehst, oder ob du irgendwo arbeitest. Das sind kurze Besuche ohne erkennbare Regelmäßigkeit. Nichts wo jemand Gelegenheit hätte etwas zu planen."
 

"Genau", sagte Izuna. "Wenn du zum Beispiel in einem Krankenhaus arbeiten würdest, dann könnte man an deine Schichtpläne herankommen. Man wüsste, zu welchen Zeiten du dort sein würdest und wann nicht. Man wüsste, wann du hin- und zurückfahren würdest. Man könnte Pläne machen, sich vorbereiten, dich in Ruhe beobachten. Und noch dazu würdest du ständig in Kontakt mit immerzu wechselnden fremden Personen sein, die man nicht vernünftig überprüfen könnte."
 

Wieder herrschte Schweigen.
 

"Okay", sagte sie schließlich. "Ich verstehe."
 

"Das ist alles?", fragte Tekka ein wenig überrascht. Er stand hinter Madara und sah sie mit leicht hochgezogenen Augenbrauen an. "Sicher, dass du nicht weinen willst? Oder uns anschreien, weil wir dich in sowas hineingezogen haben?"
 

"Nein", sagte sie ein wenig zögerlich. "Ich finde es nach wie vor verrückt. Und ich muss das jetzt erstmal verdauen. Und darüber nachdenken. Und mich an diese Umstände gewöhnen. Aber damit geht es mir besser als vorher. Glaube ich."
 

"Du bist mutig", sagte Shisui und er klang dabei ein wenig beeindruckt. "Wir haben dich offensichtlich wirklich alle vollkommen falsch eingeschätzt."
 

"Darf ich noch eine Sache fragen?"
 

"Selbstverständlich", sagte Madara.
 

Sie zögerte kurz. "Wenn mir etwas einfallen würde, das ich beruflich machen könnte, bei dem ich nicht zu vorhersehbaren Zeiten an einem bestimmten Ort wäre und wenn ich dabei nicht mit ständig wechselnden fremden Menschen zu tun hätte, würde das dann etwas ändern?"
 

Wieder schwiegen sie alle einen Moment.
 

"Falls dir dazu etwas einfällt, dann kannst du zu mir kommen und ich werde mir das anhören und dann darüber nachdenken", sagte Madara. "Mehr werde ich dir nicht zusagen. Und Sasuke müsste einverstanden sein. Ich will keinen Streit mit ihm."
 

Sie sah zu Sasuke.
 

Er nahm seinen Arm von der Sofalehne und sah sie nachdenklich an.
 

"Falls dir so etwas einfällt, dann können wir zumindest darüber reden", sagte er. "Aber das muss dann sorgfältig abgewogen werden."
 

"Okay", sagte sie und zog ihren Mantel und ihre Tasche enger an sich. Sie zögerte kurz. Dann stand sie auf.
 

"Danke für eure Offenheit", sagte sie. "Ich würde jetzt gerne nach oben gehen. Ich muss das erstmal verarbeiten. Und ihr hattet ja scheinbar irgendetwas Wichtiges zu besprechen."
 

Sie machte zwei vorsichtige Schritte und sah zu Sasuke. "Du musst hierbleiben, nehme ich an?"
 

"Ja, wir brauchen ihn hier", sagte Izuna.
 

"Bist du wirklich in Ordnung?", fragte Sasuke sie zweifelnd. Er stand auf und musterte sie prüfend. "Kannst du jetzt alleine sein?"
 

"Ja", sagte sie entschieden. "Ich würde jetzt sogar gerne alleine sein, ich muss mich erstmal sortieren."
 

Einen Moment schwiegen wieder alle. Sie nahm deutlich wahr, dass alle sie ansahen.
 

"Also", sagte sie ein wenig zögerlich, "dann bis später."
 

"Ja", sagte Sasuke. "Ich komme gleich."
 

Sie nickte, drehte sich um und ging zwischen den Sesseln, Sofas und Tischchen hindurch zurück zur Eingangshalle und auf die Treppe zu.
 

"Erstaunlich", hörte sie Shisui hinter sich leise sagen.
 

Als sie die Stufen hochstieg, dachte sie, dass sie vielleicht ein bisschen verrückt war. Denn das, was sie eben erfahren hatte, war schrecklich und verstörend und sie verstand nicht, wieso die Situation so war wie sie war. Und sie verstand auch nicht, dass offenbar alle bereit waren, das als notwendiges Übel zu akzeptieren.

Aber trotz all dem fühlte sie sich, als wäre eine schwere Last von ihr genommen worden.
 

Sie hatten sie ernst genommen und sich Zeit für sie genommen, obwohl sie eigentlich gerade etwas anderes hatten besprechen wollen. Sie hatten sie nicht so sehr wie ein kleines, unreifes Mädchen behandelt, wie man das normalerweise immer mit ihr machte. Und daher fühlte sie sich gerade das erste Mal in ihrem Leben ein bisschen wie die junge Frau, die sie ja eigentlich auch war.
 

Und sie war merkwürdigerweise sogar glücklich. Darüber, dass zwischen ihr und Sasuke jetzt vielleicht alles ein wenig einfacher werden würde.
 

Endlich hatte sie das Gefühl keine Angst mehr vor ihm haben zu müssen.

Verantwortung

"Hey Sasuke, da kommt deine wunderschöne Frau!", sagte Obito mit einem scherzenden Unterton.
 

"Guten Morgen Sakura!", sagte Shisui freundlich.
 

Sasuke drehte sich zur Tür des Speisesaals um und sah ihr entgegen, als sie auf die Stelle zuging, an der Sasuke, Itachi, Obito und Shisui zusammen am Frühstückstisch saßen.
 

"Hallo", sagte Sasuke und er stand auf, als sie bei ihm ankam.
 

Er nahm kurz ihr Gesicht in seine beiden Hände, betrachtete sie einen Moment und senkte dann seinen Kopf zu ihr um sie zu küssen.
 

"Hallo", sagte sie lächelnd, als er sie wieder freigab und ihr Gesicht losließ.
 

Sie blickte kurz zu den anderen und lächelte auch sie vorsichtig an, bevor sie wieder zu Sasuke sah.
 

Sie war ein bisschen unsicher gewesen, ob sie einfach herunter kommen könnte. Und sie hatte dafür ihren ganzen Mut aufbringen müssen. Denn wie sie vermutet hatte, war sie offensichtlich wohl wieder die einzige Frau, die schon wach, oder zumindest beim Frühstück war. Sie war ziemlich erleichtert, dass niemand so reagierte, als würde sie stören.
 

"Es tut mir leid, dass es gestern so lange gedauert hat, wir konnten uns nicht gleich auf das beste Vorgehen einigen", sagte Sasuke zu ihr. "Und dann wollte ich dich nicht wecken, weil ich dachte, nach allem, was du gehört hast, war das Einschlafen sicher schwierig genug. Ich dachte du brauchst dringend Ruhe."
 

"Das ist lieb von dir", sagte sie lächelnd.
 

"Danke", fügte sie verlegen hinzu, als Itachi mit seinem Kaffee einen Platz nach rechts rutschte, damit sie sich neben Sasuke setzten konnte.
 

"Willst du nicht ausschlafen Sakura?", fragte Shisui. "Mira weigert sich immer mit mir aufzustehen. Das ist ihr zu früh."
 

Obito lachte. "Mira ist verwöhnt."
 

"Alle hier sind verwöhnt", fügte Itachi belustigt hinzu. "Und das ist nur fair, sie haben es nicht immer leicht mit uns, dann sollen sie wenigstens alles bekommen, was sie haben wollen."
 

"Diese Worte könntest du bereuen Itachi", sagte Obito. "Helena will nun offenbar ein Pferd. Das habe ich zumindest gehört."
 

"Und?", fragte Shisui.
 

"Wir sind kein Gutshof, wo soll das Tier denn bitte hin?", fragte Obito. "Aber sie findet scheinbar wir könnten ja einfach hinten auf der Wiese einen Stall bauen lassen."
 

"Was?", fragten Sasuke und Itachi gleichzeitig.
 

Sie hatten so empört geklungen, dass Sakura beinahe losgelacht hätte. Schnell nahm sie einen Schluck Kaffee um das zu unterdrücken.
 

"Das ist unser Trainingsplatz!", sagte Shisui. "Die spinnt wohl! Es gibt kein Pferd!"
 

"Also ich sage ihr das nicht!", sagte Itachi grinsend.
 

"Hoffen wir einfach, dass sie die anderen nicht aufhetzt!", sagte Shisui nachdenklich. "Das letzte Mal, als Mira etwas wollte, gab es so lange keinen Sex bis ich nachgegeben habe."
 

"Du Ärmster!", sagte Obito lachend. "Immerhin hast du eine Frau! Es ist gar nicht so leicht jemanden zu finden, wenn man direkt heiraten muss! Das will dann nämlich sehr gut überlegt sein! Man muss sein Leben zusammen verbringen!"
 

"Lassen wir das Thema", sagte Sasuke mit einem Seitenblick zu seinem Bruder.
 

"Ja", stimmte Itachi zu. Aber er wirkte nicht sonderlich verstimmt.
 

"Willst du ein Pferd Sakura?", fragte Obito und sie musste ein Zusammenzucken unterdrücken, weil sie zwar neugierig zugehört hatte, aber nicht damit gerechnet hatte, dass man sie einbeziehen würde. Das war sie von Männern nicht gewohnt. Abgesehen von Naruto zu seinen Freunden.
 

"Nein", sagte sie rasch. "Ich möchte kein Pferd!"
 

"Glück gehabt Sasuke", sagte Itachi belustigt.
 

"Wollten wir das Thema nicht lassen?", fragte Sasuke. Aber er schien ebenfalls ein Lachen zu unterdrücken.
 

"Was willst du statt Pferden?", fragte Obito neugierig. "Giftpflanzen hast du ja schon."
 

"Einen Job und mehr Antworten", sagte sie mit einem leichten Lächeln.
 

Sie lachten alle leise.
 

"Dann frag etwas, das wir auch beantworten können", sagte Itachi und hielt ihr den Brotkorb hin, weil sie die Hand ausgestreckt hatte, um eines der frischen, warmen Brötchen zu nehmen.
 

Sie wäre auch so drangekommen. Trotzdem fand sie es nett von ihm. Er gab ihr damit das Gefühl, dass sie hier willkommen war.
 

"Ich fürchte, meine Frage würde euch die gute Laune verderben", sagte sie, nun mit einem etwas wehmütigen Lächeln.
 

Sie fand es total schön ihnen zuzuhören. Sie war überrascht, dass sie so viel miteinander lachten.
 

"Lass es darauf ankommen!", sagte Shisui ermutigend.
 

Sie sahen sie alle aufmerksam an und sie blickte etwas verlegen zu Sasuke.
 

"Das werdet ihr wahrscheinlich bereuen", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln.
 

Sie warteten.
 

"Ich frage mich seit gestern Abend die ganze Zeit was Madara genau gemeint hat, als er von eurem Großvater und seinem Vater gesprochen hat. Sind sie-"
 

"Ja, das hast du schon richtig verstanden", sagte Sasuke ruhig. "Sie sind tot."
 

"Oh", sagte sie kleinlaut. Das hatte sie befürchtet.
 

"Und jetzt willst du wissen, wie das genau passiert ist, nicht wahr?", fragte Itachi.
 

"Also- ja, schon", sagte sie verlegen.
 

"Sie haben ihr Leben eigenständig beendet", sagte Sasuke, nach wie vor vollkommen ruhig.
 

"Das war der Deal", sagte Itachi mit der gleichen Ruhe. "Das Leben unserer Mutter gegen ihre Leben."
 

"Was?", fragte sie tonlos und verstört.
 

Wie konnten sie so in aller Ruhe darüber reden? Sie sah zu Obito und Shisui, aber die wirkten auch vollkommen entspannt.
 

"Sie haben es selbst so entschieden", sagte Obito zu ihr. "Irgendjemand musste die Verantwortung übernehmen. Und sie waren unsere Anführer."
 

"Die Entführer haben das Angebot angenommen", sagte Shisui. "Für sie war es das Leben einer wertlosen Frau gegen die Leben der zwei Menschen, an denen sie sich rächen wollten."
 

"Du kippst gleich deinen Kaffee aus Sakura", sagte Sasuke und griff nach ihrer Tasse. Er nahm sie ihr aus der Hand und stellte sie wieder vor sie.
 

"Das ist schrecklich", flüsterte sie.
 

"Sie hatten ein erfülltes Leben", sagte Sasuke bloß. "Und sie sind gestorben um die Menschen zu schützen, die ihnen am meisten bedeuten haben. Sowohl emotional als auch rational war es die richtige Entscheidung."
 

"Ja", sagte Obito. "Sie konnten in Ruhe gehen. Madara und Fugaku waren da und sie waren längst bereit hier zu übernehmen. Und Fugaku hat seine Frau zurückbekommen."
 

"Und Sasuke und Itachi haben ihre Mutter zurückbekommen", sagte Shisui. "Auch das war wichtig. Die beiden sind nämlich nach Madara und Fugaku dran. Niemand von uns hier hätte es gebrauchen können, dass sie traumatisiert und ohne Mutter aufwachsen und am Ende emotional instabil werden oder sowas."
 

"Du siehst", sagte Itachi ruhig, "es war die richtige Entscheidung in jeder Hinsicht. Sie war leicht zu treffen."
 

"Leicht?", fragte sie tonlos.
 

"Ja", sagte Sasuke. "Unser Vater und Madara wären dazu auch bereit. Und Itachi und ich auch. Man muss an das große Ganze denken."
 

"Ich- Ich weiß nicht, was ich sagen soll", flüsterte sie.
 

"Allerdings hoffe ich, dass wir noch ein bisschen am Leben bleiben", sagte Itachi und grinste.
 

Sasuke lachte leise. "Wir haben doch Madara. Er ist ein Genie. Erstmal können wir uns noch zurücklehnen."
 

"Also ich habe noch meine gute Laune", sagte Obito grinsend. "Aber Sakura bereut glaube ich gerade, dass sie gefragt hat."
 

Sie lachten wieder.
 

"Nein!", sagte sie sehr entschieden. "Nein! Ich wollte es wissen. Ich bereue es nicht!"
 

"Ich muss es nur kurz verdauen", fügte sie kleinlaut hinzu.
 

"Madara!", rief Shisui laut über den Tisch und Madara und Fugaku sahen auf. Alle anderen auch.
 

"Was kann ich für dich tun?", fragte Madara ruhig.
 

"Nur für den Fall, dass hier irgendjemand rein theoretisch ein Pferd wollen würde, würdest du das erlauben?", fragte Shisui.
 

"Nein", sagte Madara ruhig. "Niemand bekommt ein Pferd. Das ist hier kein Streichelzoo."
 

"Das beruhigt mich!", sagte Shisui grinsend.
 

Madara schüttelte bloß ein wenig entnervt den Kopf und wollte sich wieder Fugaku zuwenden, aber Fugaku hatte gerade zu ihnen gesehen und sie bemerkt und Sakura zuckte zusammen, als er sie ansprach.
 

"Ah, Sakura", sagte er, "du bist schon wach. Gut. Ich habe eine Aufgabe für dich!"
 

Sie sah ihn nervös und aufmerksam an.
 

"Begleite bitte Sasuke heute Abend auf den Empfang."
 

"Ich habe dir gesagt, dass sie sowas nicht mag!", sagte Sasuke verärgert. "Ich frage sie mit Absicht so selten wie möglich!"
 

"Du willst sie doch dabei haben", sagte Fugaku ruhig.
 

"Selbstverständlich möchte ich das", sagte Sasuke leicht gereizt.
 

"Nun, bist du so nett und begleitest ihn heute Sakura?", fragte Fugaku. "Es ist deine Aufgabe darauf zu achten, dass er sich zusammenreißt. Er ist schrecklich wütend auf deine Familie und ich erwarte, dass er sich dennoch beherrscht. Er ist noch jung und bisweilen hitzköpfig. Du scheinst mir ein wenig vernünftiger zu sein. Also pass auf ihn auf!"
 

"O-Okay", sagte Sakura vollkommen überfordert, während ein paar der anderen wieder lachten.
 

"Dann kannst du ja auch heute meine Besprechung mit ihrem Vater übernehmen!", sagte Sasuke verärgert.
 

"Das mache ich auch", sagte Fugaku ruhig.
 

"Gut", sagte Sasuke, immer noch ärgerlich. "Apropos Besprechung, ich fahre jetzt los."
 

"Mach das."
 

Und plötzlich schien allen aufzufallen, dass sie langsam zur Arbeit aufbrechen mussten.
 

Sakura saß, verwirrt und etwas perplex auf ihrem Stuhl und versuchte die Eindrücke zu verarbeiten, die sie gewonnen hatte. Diese Familie machte sie fertig. In jeder erdenklichen Hinsicht. Was war nur los mit ihnen allen?

Ein entscheidender Unterschied

Sakura hatte wohl ein paar Minuten zu lange verwirrt auf ihrem Stuhl am Frühstückstisch gesessen, denn sie war von einem Hausangestellten angesprochen und gefragt worden, ob es ihr gut ginge.
 

Aber das tat es. Zumindest aktuell. Also hatte sie das Grübeln beendet, dem Mann versichert, dass es ihr ganz ausgezeichnet gehe und sie war wieder noch oben gegangen.
 

Dort hatte sie die Studie fertig durchgearbeitet, in die sie sich zuletzt vertieft hatte und dann hatte sie sich wie so oft ein paar Stellenanzeigen angesehen, sich bestimmt zum tausendsten Male gefragt, ob sie wirklich in der Lage war einen richtigen Job vernünftig zu bewältigen und dann hatte sie eine Weile darüber nachgegrübelt, bei was für einer Stelle sie vielleicht die Bedingungen würde erfüllen können, die man ihr als Voraussetzung genannt hatte, dass sie sich das mit dem Job nochmal überlegen würden.
 

Es war nicht so, dass sie nach dem, was sie ihr erzählt hatten, keine Angst gehabt hätte. Aber sie wollte das nach wie vor unbedingt und bisher hatte sie in ihrem Leben immer die Erfahrung gemacht, dass sie in der Lage war Lösungen für komplexe Sachverhalte zu finden, wenn sie nur dran blieb und ihren Kopf genug anstrengte. Daher war sie einfach noch nicht bereit das Thema aufzugeben.
 

Danach hatte sie das Thema für heute abgehakt und entschieden etwas zu versuchen. Hauptsächlich, weil sie lernen wollte ein wenig über sich hinauszuwachsen. Und daher nahm sie Mantel und Handtasche und ging über den Hof zu dem Nebengebäude hinüber, in dem die Chauffeure oder Securityleute waren.
 

Sie klopfte und trat ein. Hier war sie schon einmal gewesen. Damals, als sie es das erste Mal probiert hatte. Danach allerdings nicht mehr.
 

Aber alles sah noch aus wie vor ein paar Monaten. Man kam beim Eintreten direkt in eine Art Aufenthaltsraum, von dem eine Treppe in das obere Stockwerk führte und rings herum einige Türen in andere Räume. Drei der Männer mit den schwarzen Anzügen saßen an einem Tisch, tranken Kaffee und unterhielten sich.
 

Sie sahen sie einen Moment überrascht an. Dann standen sie alle auf.
 

"Entschuldigen Sie die Störung", sagte sie höflich. "Ich würde gerne zu einem Friedhof gefahren werden."
 

"Es tut mir Leid Mrs Uchiha", sagte einer der Männer. "Das ist nicht autorisiert."
 

Das überraschte sie nicht. Diese Antwort hatte sie schon einmal bekommen. Und damals war sie so verängstigt und verstört gewesen, dass sie das einfach so akzeptiert hatte. Aber seitdem war viel passiert. Sie fühlte sich inzwischen ein wenig anders.
 

"Das dachte ich mir schon", sagte sie. "Daher möchte ich gerne wissen, was ich tun muss, um das zu ändern."
 

"Jemand muss es erlauben und uns eine Anweisung erteilen", sagte der Mann. "Mr Sasuke Uchiha ihrem Fall nehme ich an."
 

"Das hatte ich befürchtet", sagte sie ein wenig resigniert. "Aber mir ist mein Vorhaben erst eingefallen, als er schon weg war und ich will ihn deswegen nicht bei der Arbeit stören."
 

"Jedenfalls vielen Dank für die Auskunft", fügte sie hinzu. "Ich versuche jemanden zum Fragen zu finden und komme dann vielleicht wieder."
 

"Selbstverständlich. Jederzeit.", antwortete der Mann.
 

Also ging sie wieder ins Haus. Im Speisesaal herrschte nun Trubel, aber keiner der Männer war noch da. Sie wurde von ein paar der Frauen kurz höflich angesprochen und Shisuis Frau Mira sagte ihr, dass sie auch mit zu dem Empfang gehen würde und sie gehört hätte, dass Sakura auch mitkommen würde und dass sie alle um 19 Uhr bereit sein müssten.
 

Sakura berichtete auf ihre Nachfragte hin kurz von ihrem Wochenende in den Bergen und entschuldigte sich dann, weil sie Mikoto erblickt hatte. Sie wurde scheinbar gerade mit Frühstücken fertig und hatte ihr Gespräch mit Madaras Mutter beendet, die sich erhob und den Tisch verließ, wobei sie Sakura kurz zunickte.
 

Als Sakura bei ihr ankam, lud Mikoto sie mit einem Lächeln und einem Wink ein sich zu ihr zu setzen.
 

"Möchtest du irgendwo hin Sakura?", fragte sie freundlich. "Weil du Mantel und Handtasche dabei hast?"
 

"Ja", sagte Sakura lächelnd. "Allerdings geht das wohl nicht. Ich wollte gerne zum Friedhof und das Grab meiner Großmutter besuchen. Sie hätte heute Geburtstag gehabt. Aber ich hatte diese Idee erst vor einer Stunde und nun weiß ich nicht, ob ich jemanden fragen kann und wenn ja wen."
 

"Ah ja", sagte Mikoto. "Ich verstehe. Da kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Ich werde nicht gerne mit den Details über den aktuellen Sicherheitsstatus behelligt. So halten es wohl die meisten hier. Manchmal ist es zuträglicher für die eigene psychische Gesundheit, gewisse Informationen nicht zu haben. Ruf doch einfach Sasuke an."
 

"Aber es kommt mir falsch vor ihn vielleicht bei etwas Wichtigem zu stören nur wegen meiner Freizeitgestaltung", sagte Sakura vorsichtig.
 

Das stimmte auch. Sie dachte an die letzte Besprechung, in die sie geplatzt war. Falls er gerade in einer ähnlichen Situation sein sollte, wäre so ein Anruf wohl irgendwie fehl am Platz.
 

"Also ich rufe immer einfach an", sagte Mikoto unbekümmert. "Wenn sie keine Zeit haben, dann gehen sie nicht ran und fertig. Wie du ja schon mitbekommen hast, ist es hier manchmal etwas kompliziert und ehrlich gesagt finde ich, dass man sich dann als Ausgleich ruhig ein bisschen etwas rausnehmen darf. Du kannst dich ihm ein bisschen zumuten Sakura. Er ist ganz vernarrt in dich! Er hat dir einiges zugemutet, indem er dich hier hergeholt hat. Jetzt ist das nicht mehr zu ändern. Also mach es dir selbst hier so angenehm wie möglich und sei nicht zu vorsichtig, wenn du kannst. Das ist wahrscheinlich schwierig für dich. Fugaku hat mir von gestern Abend erzählt und davon, was Sasuke über deine Familie und deine Vergangenheit gesagt hat. Das klang ja ganz grauenvoll!"
 

"So schlimm war es nicht!", sagte Sakura sofort. "Nicht so schlimm wie- also-"
 

Mikoto lächelte. "Eine Entführung ist natürlich etwas völlig anderes und nicht zu vergleichen. Es war grauenvoll. Aber es waren nur ein paar Tage. Abgesehen davon hatte ich immer ein sehr gutes Leben. Ich bin hier aufgewachsen, als Teil dieser Familie. Allerdings stamme ich nicht aus der Hauptfamilie, sondern aus einem der entfernteren Nebenzweige. Abgesehen von diesen paar Tagen ist mir nie was Schlechtes passiert. Ich habe den Mann bekommen, in den ich mich verliebt habe und bin stolze Mutter von zwei ganz wunderbaren Söhnen geworden. Ich habe wirklich ein gutes Leben. Bei dir scheint bisher eher das Gegenteil der Fall gewesen zu sein. Also versuche doch ein bisschen dir auch etwas zu gönnen, was du gerne tun oder haben möchtest. Und Sasuke ist durchaus in der Lage 'Nein' zu sagen. Du musst nicht von vorne herein Rücksicht auf ihn nehmen."
 

Trotzdem fühlte Sakura sich nicht wohl dabei ihn einfach anzurufen. Es stimmte, sie hatte wirklich Probleme damit jemanden um Hilfe oder einen Gefallen zu bitten. Und sie fand es auch nach wie vor schrecklich, dass sie ihren Mann um Erlaubnis bitten musste, wenn sie nur kurz das Anwesen verlassen wollte, auch wenn sie nun endlich den Grund dafür verstand.
 

Doch sie wollte heute zum Grab ihrer Großmutter. Und sie überlegte, dass sie anstatt ihn anzurufen ihm vielleicht einfach schreiben könnte. Dann konnte er es ganz einfach übergehen, wenn er dazu gerade keine Zeit haben sollte, weil er mit irgendetwas sehr Wichtigem beschäftigt war. Das kam ihr zumindest für sich selbst einfacher vor.
 

Sie wechselte noch ein paar höfliche Sätze mit Mikoto und sobald sie gegangen war, zog Sakura ihr Smartphone hervor und schrieb ihm, dass sie gerne zum Friedhof fahren würde und ob das möglich wäre.
 

Eine Minute später rief Sasuke sie an.
 

"Hallo", sagte er. "Selbstverständlich kannst du das tun. Ich habe eben Bescheid gegeben."
 

"Oh, das ist schön!", sagte sie erfreut.
 

Ein 'Danke' konnte sie nicht so wirklich über die Lippen bringen. Schließlich war er irgendwie Schuld daran, dass sie hier war und sich nicht frei bewegen konnte.
 

"Dann bis heute Abend", sagte er. "Ich freue mich, dass du mich begleitest."
 

"Bis heute Abend", sagte sie mit einem Lächeln. "Ich hoffe, du hast einen guten Tag!"
 

Er legte auf.
 

Beschwingt von dem Gefühl, dass heute alles ganz gut zu laufen schien, ging sie in den Garten, wo sie den jungen Gärtner traf, mit dem sie sich angefreundet hatte. Sie bat ihn sich ein paar Blumen für das Grab abschneiden zu dürfen und er half ihr einen hübschen Strauß zusammenzustellen.

Obwohl der Sommer vorbei war, fanden sie noch ein paar hübsche Blumen und Gräser und etwas Immergrün. Und als sie zurück auf den Hof kam und dort tatsächlich schon jemand mit einem Wagen auf sie wartete, fühlte sich sich beinahe glücklich.
 

Auf dem Friedhof war fast niemand.
 

Dennoch stieg der Mann in dem schwarzen Anzug mit aus. Er hielt Abstand. Aber es war ein merkwürdiges Gefühl für sie, dass er hinter ihr zwischen den Gräbern hindurchging und sie drückte ihre Blumen fester an sich und musste sich sehr zusammennehmen, um sich nicht nach ihm umzudrehen.
 

An dem Grab ihrer Großmutter angekommen, sah sie sich doch kurz zu ihm um.
 

Er war ungefähr zwanzig Meter von ihr entfernt stehengeblieben, mit ausdruckslosem Gesicht, die Hände hinter seinem Rücken und vollkommen regungslos wie eine Statue.
 

Der kühle Herbstwind streifte über den Boden und ließ ein paar trockene, braune Blätter um ihre Füße wirbeln. Sie kniete sich auf die Steinplatte vor dem Grab und legte die Blumen behutsam dort ab.
 

"Es hat sich viel verändert, seit ich zuletzt hier war", sagte sie leise und mit einem zaghaften Lächeln. "Dabei ist gar nicht so viel Zeit vergangen."
 

Sie streckte ihre Hand aus und zupfte ein vertrocknetes Blatt aus dem Efeu, wobei sie acht gab, keine der Maiglöckchenpflanzen zu berühren.
 

Sie verspürte das dringende Bedürfnis nun wieder aufstehen zu müssen. Doch eigentlich wollte sie das gar nicht. Eigentlich wollte sie hier eine Weile ganz in Ruhe knien und den Moment wertschätzen.
 

Wieder hatte sie den Drang sich nach dem Mann umzusehen, aber sie unterdrückte das Bedürfnis. Mit ziemlicher Sicherheit stand er nach wie vor so da und wartete geduldig. Es erschien ihr beinahe unmöglich hier egoistisch sitzen zu bleiben und ihn dazu zu zwingen mit ihr warten zu müssen.
 

Aber sie dachte auch an das, was Mikoto ihr vorhin gesagt hatte. Darüber, dass sie das Recht hätte, sich einfach ein paar Freiheiten herauszunehmen.
 

"Es fällt mir so schwer", flüsterte sie ganz ganz leise und strich sanft mit den Fingern über die Steinplatte vor sich.

"Aber eigentlich darf ich das, nicht wahr? Es ist sein Job. Ich bin nicht rücksichtslos und egoistisch, nur weil ich mir wünsche noch ein wenig zu bleiben. Ich darf mir das wünschen. Ich habe das bloß nie gelernt."
 

Sie schwieg eine Weile und kämpfte mit ihren beiden Bedürfnissen. Dem eigenen Wunsch und dem Bedürfnis, es anderen recht machen zu müssen.

Tief in sich hatte sie die panische Angst eines kleinen Mädchens, das wieder Liebesentzug bekommen und bestraft werden würde, wenn sie jetzt auf ihre eigenen Wünsche hören würde.
 

Doch obwohl sie sehr zu kämpfen hatte und obwohl es für sie keine angenehme Zeit war, blieb sie noch eine ganze Weile dort zwischen dem Efeu und den Maiglöckchen sitzen.
 

'Wenn ich das nicht kann, dann muss ich es üben!', dachte sie fest entschlossen. 'Ich kann es lernen! Früher ging das nicht. Aber ich bin nun fort von dort und so merkwürdig alles in meinem neuen Zuhause auch ist, so nimmt man mich doch etwas ernster als zuvor. Also habe ich nun endlich die Chance zu üben.'
 

Und irgendwie, so dachte sie, war die Situation in ihrer neuen Familie auch insgesamt eine ganz andere, als die in ihrer alten Familie.

Heute morgen, als sie Sasuke, Itachi, Obito und Shisui zugehört hatte, war ihr das erst vollends klargeworden. Und so richtig realisierte sie es gerade jetzt erst, in diesem Moment.
 

In ihrer Familie waren eigentlich alle sehr egoistisch. Es behauptete bloß jeder, dass er es nicht wäre. Aber beinahe die Einzige, die sich ständig zu unterwerfen gehabt hatte, war sie gewesen. Auf sie hatte man bei unerwünschtem Verhalten immer mit Druck und Bestrafung reagiert und ihre Wünsche waren nie berücksichtigt worden.
 

Bestraft worden, war sie bei den Uchihas noch nie. Auch nicht, als sie weggelaufen war.
 

Vielleicht hatte Itachi sogar recht mit dem, was er über ihren Vater gesagt hatte. Vielleicht hatte er immer schon darauf gehofft, sie gut verheiraten zu können. Auf eine Weise, die für ihn gewinnbringend sein würde. Eigentlich passte das genau zu dem, wie er immer mit ihr umgegangen war.

Und niemals - sie wusste nicht, ob sie ihm damit unrecht tat - aber unter keinen Umständen konnte sie sich vortellen, dass ihr Vater bereit gewesen wäre in so einer Situation wie der mit Mikoto eine derart selbstlose Entscheidung zu treffen, wie es Fugakus Vater und Madaras und Izunas Vater offensichtlich getan hatten.
 

Und wenn es stimmte, was ihr Sasuke und die anderen heute morgen erzählt hatten und auch Fugaku und Madara in einer entsprechenden Lage zu so etwas bereit wären, dann veränderte das für sie die ganze Situation.

Denn das würde dann bedeuten, dass nicht nur sie sich an Regeln und Vorgaben zu halten hatte, auch nicht nur jeder, der nicht die oberste Machtposition innehatte, sondern dass auch diejenigen, die alles entscheiden konnten, selbst bereit waren, sich ihren eigenen Regeln zu unterwerfen. Selbst dann, wenn es den eigenen Tod bedeuten würde.
 

Das war extrem. Sehr extrem. Und sie verstand nach wie vor nicht, wieso sie so lebten. Aber es war irgendwie fair. Und sie verstand nun, warum alle diese ganzen Regeln scheinbar so klaglos befolgten. Denn es gab niemanden, der sich und seine eigenen Bedürfnisse einfach über alles und jeden stellte. Madara und Fugaku schienen nicht so zu sein, wie ihr Vater und die anderen reichen, mächtigen Männer, die sie bisher kennengelernt hatte.
 

Und das machte es sehr viel leichter für sie. Sie konnte in diesem Wissen die Regeln, die für sie selbst galten, deutlich leichter akzeptieren.
 

Schon zweimal hatte Sasuke erwähnt, es gehe um 'das große Ganze'. Sie fragte sich wirklich, was das zu bedeuten hatte. War damit die gesamte Familie gemeint? Oder etwas anderes?
 

Wenn sie nun vor diesem Hintergrund darüber nachdachte, dann war es vielleicht nicht einmal wirklich als schlechte Behandlung zu verstehen, dass sie einfach alle so schamlos vor ihr über das Kinderthema oder die Verhütung sprachen.

Sicher, es war übergriffig. Aber scheinbar hatten sie alle ein derart ungewöhnlich starkes Gemeinschaftsgefühl, dass es so etwas wie Privatssphäre vielleicht nur bedingt gab. Und sie betrachteten sie vielleicht nun einfach als eine von ihnen. Also fanden sie möglicherweise, dass ihr Leben nun sie alle etwas anging.
 

Würde das dann auch bedeuten, dass sie bereit wären für sie Dinge zu tun, die nicht zu ihrem eigenen Vorteil wären?
 

War das so?
 

Bei Sasuke schien das vielleicht wirklich der Fall zu sein. Sie hatte noch ganz genau seine ruhige Bestimmtheit im Kopf, als er auf die Frage seines Vaters geantwortet hatte, was er bereit wäre zu tun, sollte ihr etwas zustoßen. Es war nur ein einziges Wort gewesen.
 

'Alles.'
 

Und das war nichts, was man einfach so dahersagen würde, oder? Zumindest nicht in der Art, wie er es gesagt hatte.
 

Sie überlief ein Schauer, als sie darüber nachdachte. Vor allem zusammen mit dem, was er heute morgen beim Frühstück über sich und seinen Bruder gesagt hatte.
 

Und ihr fiel auch wieder ein, was der Mann zu ihr gesagt hatte, der sie damals gefahren hatte, als sie mit Naruto und Hinata im Café gewesen war.
 

Er hatte gesagt, dass er notfalls bereit wäre für sie zu sterben.
 

Aber wieso? Wie schafften sie es, dass sogar das Security Personal derart loyal zu sein schien?
 

Würde der Mann, der dort hinten stand und auf sie aufpasste, auch so weit für sie gehen?
 

Das war alles so verrückt!
 

Mikoto hatte ihr gesagt, dass es manchmal besser für die eigene psychische Gesundheit sei, manche Dinge nicht zu wissen. Vielleicht stimmte das. Aber dennoch. Sie wollte die Antwort darauf irgendwann erfahren.
 

Egal, was es für eine Antwort sein würde.

Veränderungen (Teil 1)

"Du siehst traumhaft aus", sagte er.
 

Sakura lächelte und ließ sich von ihm in ihren Mantel helfen.
 

"Du siehst auch sehr gut aus", sagte sie ein wenig belustigt.
 

Obwohl sie normalerweise nicht gerne auf ihr Aussehen angesprochen wurde, freute sie sich gerade seltsamerweise über sein Kompliment.
 

Sobald sie im Auto saßen und das Anwesen verlassen hatten, fragte sie nach, um was es heute Abend eigentlich gehe.
 

"Es ist ein Empfang für die Botschafter verschiedener Länder", antwortete er. "Morgen sollen ein paar wichtige Verträge ausgehandelt werden und man möchte es wohl ein bisschen entspannt angehen, um für gute Stimmung zu sorgen und vielleicht heute Abend schon das ein oder andere Vorgespräch zu führen. Und selbstverständlich ist es wie immer eine Gelegenheit für die gesellschaftliche Elite Kontakte zu knüpfen und Geschäfte zu machen", fügte er hinzu. "Das kennst du ja."
 

"Ja", sagte sie nachdenklich.
 

Sie hatte dieses Geklüngel der Oberschicht - so hatte ihre Großmutter es immer abfällig genannt - nie besonders gemocht. Sie fand es unfair.

So vielen Menschen ging es nicht gut. Manche hatten Geldprobleme und andere kauften sich eine zweite Luxusjacht. Nicht, weil sie sie brauchten, sondern bloß, um zu zeigen, dass sie reicher und damit mächtiger waren, als die anderen. Sie verstand wirklich nicht, wie man sein eigenes Ego so derart wichtig nehmen konnte und wieso man seinen Wert als Mensch unbedingt über Besitz definieren musste.
 

"Gehst du dort heute auch hin um Geschäfte zu machen?", fragte sie ihn, als sie fast da waren.
 

"Hauptsächlich um ein paar Gespräche zu führen, von denen ich mir in Bezug auf meine Arbeit zukünftig erleichterte Bedingungen erhoffe", sagte er. "Aber sicher, wenn sich etwas anbietet, das mir gelegen kommt, dann werde ich mir das ansehen."
 

"Also machst du deine eigenen Geschäfte?", fragte sie. "Oder macht ihr das immer zusammen als Familie?"
 

"Manches schon, aber nicht alles", sagte er. "Meistens besitzen alle von uns Anteile bei größeren Unternehmen, die sind dann sozusagen in Familienbesitz. Solche Dinge wie Grundstücke, Immobilien oder Hotels, so wie das, in dem wir waren, gehören meistens einem von uns alleine."
 

"Ich verstehe", sagte sie.
 

"Ich finde es immer noch erstaunlich, dass du in deinem Alter schon all diese Dinge machst", fügte sie schließlich doch hinzu. "Erst deinen Job und dann auch noch diese Geschäfte!"
 

Er lachte leise, während er sich in die kurze Autoschlange einreihte, die vor einem der Regierungsgebäude wartete, das wohl ihr Ziel zu sein schien. Dort fanden häufig Festlichkeiten statt, Sakura wusste gar nicht mehr, wie oft sie dort schon gewesen war. Erst mit ihrer Familie und dann auch einige Male mit ihm.
 

"Ich bin ziemlich intelligent", sagte er sachlich. "Und du kannst zehn bis fünfzehn Jahre Erfahrung zu dem dazu addieren, was in meinem Alter normal wäre. Itachi und ich hatten keine allzu lange Kindheit. Und ich habe sogar noch früher angefangen als er. Obito, Shisui und Itachi sind schließlich alle älter als ich. Ich habe ihnen immer nachgeeifert. Es gab sonst niemanden bei uns, der ungefähr in meinem Alter gewesen wäre. Also hatte ich schon mit etwa zehn niemanden zum Spielen mehr und habe quasi da schon angefangen die anderen zu beobachten, Fragen zu stellen, mir anzuschauen, wie man sich in gewissen Situationen am besten verhält. Und als sie das bemerkt haben, haben Fugaku und Madara mich einfach direkt mit in die Ausbildung einbezogen."
 

"Wünschst du dir manchmal, dass du länger hättest Kind sein können?", fragte sie neugierig.
 

"Nein", sagte er. "Ich bin zufrieden."
 

"Du hast nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben?"
 

"Das habe ich mit Sicherheit", sagte er. "Aber jeder hat jeden Tag die gleiche Menge an Zeit zur Verfügung. Und jeder entscheidet, was er damit anfängt und was nicht. Und egal, für was man sich auch entscheidet, irgendwas verpasst man auf jeden Fall."
 

Er sah zu ihr und lächelte leicht. "Wirklich. Ich habe immer alles bekommen, was ich haben wollte."
 

Sie waren nun an der Spitze der Autoschlange angekommen und Sakura ergriff die Hand des Mannes, der ihr die Tür geöffnet hatte und ihr nun beim Aussteigen behilflich war, während Sasuke seinen Autoschlüssel übergab, damit man das Auto für ihn parken würde.
 

Er reichte ihr seinen Arm, sobald er um das Auto herumgegangen war und sie stiegen gemeinsam die mit rotem Teppich ausgelegten Steinstufen zum Eingang des Gebäudes hinauf.
 

Sobald sie ihre Mäntel losgeworden waren, man ihnen ein Getränk gereicht hatte und sie einen Moment Zeit hatten, um sich in dem großen Saal umzusehen, beugte er sich zu ihr und gab ihr einen Kuss.
 

"Danke, dass du mitgekommen bist", sagte er und musterte ihr Gesicht. Sie fand, dass er glücklich aussah.
 

"Das hier ist Arbeit und Pflicht für mich", fuhr er fort. "Durch deine Gesellschaft wird es zu etwas Schönem."
 

Sie lächelte verlegen. Irgendwie war er manchmal wirklich ziemlich gut darin Komplimente zu machen.
 

"Das sollte ich vielleicht nicht sagen, weil es so schrecklich egoistisch von mir ist", sagte er leise und er strich mit seiner Hand sanft ihren Unterarm hinab und schloss dann ganz leicht seine Finger um ihre, "aber du machst dir keine Vorstellung davon, wie glücklich es mich macht, dich an meiner Seite haben zu können, nach all den Jahren, in denen ich dich nur aus der Ferne habe anschauen können."
 

Er schwieg kurz.
 

"Macht es dich wütend und traurig, wenn ich so etwas sage?"
 

Sie musste wieder lächeln. Sie umschloss auch seine Hand ein wenig mit ihren Fingern.
 

"Nein", sagte sie sanft. "Ich habe in den letzten Tagen viel nachgedacht. Und ich denke, dass ich mir wohl eingestehen muss, dass ich nach dem anstrengenden Studium, dem Tod meiner Großmutter, der Trennung von Naruto und seinen Freunden und der erfolglosen Jobsuche in einem psychisch so labilen Zustand war, dass ich gegen die ständige Beeinflussung meiner Familie ohnehin nicht angekommen wäre. Ich denke mittlerweile, dass mein Vater mich unbedingt verheiraten wollte. Offenbar gab es ja viele Interessenten und er ist niemand, der sich eine für ihn günstige Gelegenheit entgehen lässt. Und ich denke, dass er es eilig hatte. Hätte ich einen Job gefunden, dann wäre ich vielleicht psychisch wieder stabiler gewesen und ich hätte das möglicherweise nicht mehr mit mir machen lassen. Ich will damit bloß sagen: Ich fürchte, dass ich in meiner Verfassung und wegen dem ständigen Druck aus meiner Familie ohnehin irgendeiner Hochzeit zugestimmt hätte. Und ich bin froh, dass du es geworden bist. Du gibst dir wirklich Mühe. Ich bin froh, heute Abend nicht an der Seite eines Anderen hier sein zu müssen."
 

Er sah sie an und sein Ausdruck, halb kontrolliert von seiner üblichen Beherrschung, war neu für sie. Sie konnte ihn nicht richtig einordnen.
 

"Was hast du?", fragte sie besorgt. "Haben dich meine Worte verletzt? Das war nicht meine Absicht, ich-"
 

"Nein!", sagte er rasch.
 

Er räusperte sich. "Ich bin dankbar, das ist alles. Deine Worte haben mir ein bisschen von meiner Last abgenommen, die ich aufgrund meiner Schuldgefühle dir gegenüber mit mir herumtrage."
 

Sie hob ein wenig zögerlich ihre Hand und berührte ganz leicht seine Wange mit ihren Fingerspitzen.
 

"Lass es gut sein", sagte sie sanft. "Ich werfe dir nichts vor."
 

Er griff rasch nach ihrem Handgelenk, als sie gerade ihre Hand hatte zurückzuziehen wollen und er berührte kurz mit gesenktem Blick ihre Finger mit seinen Lippen.
 

"Ich danke dir", sagte er sehr leise und nun war von seiner Kontrolliertheit nichts mehr da. Sie hörte ganz deutlich, wie sehr er gerade mit sich kämpfte.
 

"Du tust mir weh Sasuke", sagte sie lächelnd und er ließ sofort ihr Handgelenk los.
 

Sie zog ihre Hand zurück.
 

Er räusperte sich nochmal. Er hatte seinen Ausdruck nun wieder vollkommen unter Kontrolle. Und das offensichtlich gerade rechtzeitig, denn im nächsten Moment wurden sie von jemandem angesprochen. Aber Sasuke reagierte gewohnt souverän und er wirkte wieder wie jemand, der überhaupt keine Emotionen hatte.
 

Danach folgte wieder das, was Sakura schon kannte. Erst gab es den offiziellen Teil mit ein paar Reden von Mitgliedern der Regierungen beider Länder. Auch ihr Vater sagte in seiner Position als Innenminister ein paar Worte. Ihre Mutter stand weiter vorne bei einigen Kabinettsmitgliedern. Sie hob kurz grüßend ihr Champagnerglas in Sakuras Richtung, als sie ihrem Blick begegnete. Sobald die Reden vorbei waren, kamen wie immer der Smalltalk, die Komplimente ihr gegenüber in Bezug auf ihre Schönheit und die üblichen Schmeicheleien Sasuke gegenüber.
 

Dennoch stellte Sakura fest, dass sie diesen Abend als weit weniger unangenehm empfand, als alle davor. Sie war sich nicht ganz sicher, woran das lag. Vermutlich spielten dabei mehrere Faktoren eine Rolle.
 

Einer davon war, dass sie sich Sasuke mittlerweile so viel näher fühlte. Er war ihr nicht mehr so fremd. Und daher fühlte sie sich etwas geborgener und sicherer und nicht so verloren.

Ein anderer war, dass Shisui und Mira auch hier waren und sie sich ein wenig mit Mira unterhalten konnte, während Sasuke und Shisui mit Gesprächen beschäftigt waren.

Zwar waren sie nicht die ganze Zeit zusammen, aber es war nett, auch mal kurz mit einem Menschen sprechen zu können, der sie nicht nur als Sasukes Anhängsel betrachtete. Immerhin wohnten sie zusammen, sie teilten einen ähnlichen Alltag und kannten die gleichen Leute, sodass es sehr einfach war sich ein wenig mit ihr zu unterhalten, weil sich immer ganz leicht ein paar unverfängliche Themen fanden. Das war neu, denn zuvor hatte Sakura sich so sehr zurückgezogen, dass man sie bisher in Ruhe gelassen hatte.
 

"Wie läuft es für dich?", fragte sie Sasuke schließlich, als sie gerade einen Moment Ruhe hatten und er ihr ein neues Getränk reichte, das er gerade von einem Tablet genommen hatte.
 

Da Sakura keine Ahnung hatte, womit er sich eigentlich genau beschäftigte, wusste sie das nicht einzuordnen. Sie konnte aus seinen Gesprächen nicht einmal genau heraushören, ob es dabei um seine Arbeit ging, oder ob er irgendwelche anderen Interessen verfolgte. Alles erschien ihr keinen besonderen Zusammenhang zu haben. Sie nahm bloß wie immer wahr, dass sich alle ihm gegenüber sehr höflich und respektvoll verhielten.
 

"Alles verläuft wie erwartet", sagte er bloß. "Keine negativen Überraschungen."
 

"Oh, das ist dann wohl gut", sagte sie mit einem Lächeln.
 

"Störe ich dich heute denn gar nicht?", fügte sie hinzu.
 

Aber in diesem Moment kamen Shisui und Mira wieder zu ihnen und Sasuke sah sie entschuldigend an und wandte sich Shisui zu.
 

"Hato ist übrigens ab Morgen kein General mehr", sagte Shisui leise. "Er weiß es allerdings noch nicht. Ich habe mich beim Ausschuss über ihn beschwert und er ist seinen Job los. Er war seit langem nicht mehr tragbar, das war überfällig. Aber pass ein bisschen auf Sasuke, er könnte auf den Gedanken kommen, dass das alles deine Schuld ist."
 

"Verstanden", sagte Sasuke bloß und wandte sich dann sofort wieder ihr zu.
 

"Wieso solltest du mich stören?", fragte er.
 

"Ich dachte ich sollte in der Vergangenheit nicht die ganze Zeit bei dir sein, damit ich deine Gespräche nicht störe", antwortete sie verwirrt. "Sonst hast du mich doch immer zu meiner Mutter gebracht."
 

"Aber doch nicht, weil du gestört hättest", sagte er ein wenig überrascht.
 

Sie sah ihn verwirrt an.
 

"Sakura, das habe ich getan, weil ich immer dachte, dass du Angst vor mir hast und dass du mich verabscheust. Ich dachte immer, du möchtest lieber den Abend mit deiner Mutter verbringen. Rückblickend betrachtet und mit dem, was ich heute weiß, scheint das allerdings vielleicht ein Trugschluss gewesen zu sein."
 

"Oh", sagte sie, nun ebenfalls überrascht. "Also, nunja, du hast damit wohl irgendwie recht gehabt. Am Anfang hatte ich viel Angst vor dir und da war das wohl so. Du warst mir so fremd. Ich verstehe, wie du darauf gekommen bist. Aber ich finde es schön, dass ich dich offenbar nicht störe. Ich bin lieber bei dir."
 

"Das ist gut", sagte er.
 

Er streckte seine Hand aus und strich ihr zärtlich über die Schulter.
 

"Allerdings", fügte er mit einem kurzen Blick zu einem Punkt hinter ihr hinzu, "müssen wir uns nun wohl mit deinen Eltern auseinandersetzen."
 

Sie wandte sich um und sah die ihren Vater und ihre Mutter auf sie zukommen.
 

Sie warf Sasuke rasch einen Blick zu, aber er wirkte vollkommen gefasst, als er ihrem Vater die Hand gab. Wie immer begrüßten ihre Eltern zuerst Sasuke und danach sie. Und ihr Vater fragte auch bloß Sasuke wie es ihm gehe. Bei ihr schien ihn nicht besonders zu interessieren.
 

"Hattet ihr ein schönes Wochenende zusammen?", fragte ihre Mutter. "Sakura hat erzählt, dass ihr in die Berge gefahren seid! Wie nett, dass du dir etwas Zeit für sie genommen hast Sasuke!"
 

"Es war sehr schön", antwortete Sakura, aber sie hatten beide bloß einen beiläufigen Blick für sie über, denn offenbar wollten sie lieber wissen, wie Sasuke das empfunden hatte.
 

Aber Sasuke schwieg beharrlich, obwohl ihn beide erwartungsvoll ansahen. Er legte bloß seinen Arm um sie und seine Hand an ihre Hüfte.
 

"Nun, das ist wohl auch eine Antwort", kommentierte ihre Mutter seine Bewegung lächelnd. "Es ist jedenfalls schön euch beide zusammen hier zu sehen. Ich muss sagen, wir waren nicht sehr erfreut Sakura, dass du ihn in letzter Zeit so wenig begleitet hast. Man spricht schon darüber, ob ihr vielleicht Eheprobleme hättet. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass so manch einer der Herren sich so etwas beinahe wünschen würde!"
 

"Wir haben keine Eheprobleme", sagte Sakura deutlich.
 

"Trotzdem solltest du an seiner Seite sein", sagte ihr Vater tadelnd.
 

"Das genügt."
 

Ihre Eltern sahen rasch zu Sasuke. Er hatte eindeutig kalt und verärgert geklungen. Und Sakura spürte, dass er sich angespannt hatte, weil sein Griff fester geworden war.
 

"Sakura verhält sich wunderbar. Sie braucht keine Zurechtweisung."
 

"Wie schön!", sagte ihre Mutter fröhlich.
 

Aber ihr Vater musterte Sasuke nachdenklich.
 

"Du bist doch verärgert, weil ich deinen Antrag von Freitag ablehnen musste", stellte er nüchtern fest.
 

"Du musstest ihn nicht ablehnen", erwiderte Sasuke kühl. "Du hast dich bloß dafür entschieden."
 

"Ich hätte dafür die Verantwortung übernehmen müssen Sasuke, die Beweislast war einfach zu-"
 

"Es hätte funktionieren können", sagte Sasuke. "Du hast bloß lieber das getan, was für deine Karriere am förderlichsten war, anstatt etwas zu riskieren."
 

"Willst du mir das wirklich vorwerfen?", fragte ihr Vater verärgert.
 

"Nein", sagte Sasuke. "Ehrlich gesagt hatte ich nichts anderes erwartet. Und das Problem hat sich ohnehin erledigt."
 

"Erledigt?", fragte ihr Vater rasch. "Was meinst du mit 'erledigt'?"
 

"Ich meine damit, dass der Fall nicht mehr aktuell ist", sagte Sasuke nüchtern.
 

"Aber- wie das?", fragte ihr Vater irritiert. "Wie kann das sein?"
 

"Beenden wir das Thema", sagte Sasuke bloß.
 

Sakura sah gespannt zwischen beiden hin und her. Was war los? Es ging um das, weswegen sie im Auto auf dem Weg in die Berge telefoniert hatten, so viel verstand sie. Und ihr Vater hatte nicht die Verantwortung für etwas übernehmen wollen, was mit Sasukes Job zu tun hatte. Als Innenminister war ihr Vater der oberste Dienstherr der Polizei. Vielleicht hatte er etwas absegnen müssen und hatte das nicht tun wollen? Im Auto hatte Sasuke gesagt, er würde eine andere Lösung finden. Und dann hatte er kurz mit Madara gesprochen. Aber sie konnte sich nicht mehr richtig erinnern.
 

Sie sah ihre Eltern an und die schienen nach wie vor genauso gerne wissen zu wollen, was das zu bedeuten hatte. Aber Sasuke wirkte vollkommen abgeklärt und schien nicht bereit oder gewillt irgendeine Erklärung zu geben.
 

"Beenden wir das Thema", wiederholte er seine Worte, weil ihn alle ansahen.
 

"Sasuke, du kannst nicht so mit mir-", setzte ihr Vater an.
 

"Kann ich nicht?", fragte Sasuke. Nun klang er sehr kalt.
 

"Was ist denn los Sasuke?", fragte ihre Mutter sehr behutsam.
 

"Bitte", sagte Sakura rasch und legte sanft ihre Hand an seine Schulter. "Bitte hör auf."
 

Ihre Mutter sah nun allerdings sie an. "Gibt es ein Problem Sakura?"
 

Sasuke verfestigte erneut seinen Griff um sie und zog sie noch ein Stück näher an sich.
 

Einen Moment überlegte Sakura ihren Eltern zu sagen, dass die Uchihas alles wussten. Dass sie nun alle wussten, dass sie gelogen und manipuliert hatten, was ihren angeblichen Kinderwunsch und ihre beruflichen Ambitionen anging. Sie dachte darüber nach ihnen zu sagen, dass Sasuke - es war für sie nach vor schwer das selbst richtig zu glauben, obwohl ihr das alle ständig sagten - sie wirklich mochte, und dass es ihn verärgerte, wie sie sie behandelten. Sie überlegte auch ihnen zu sagen, dass sie die ganze Zeit über verhütet hatte und dass sie ihre Mutter beim Frauenarzt hinters Licht geführt hatte.

Bestimmt, so dachte ein Teil von ihr, bestimmt wäre es befriedigend ihre schockierten Gesicher zu sehen, wenn sie ihnen das sagen würde.
 

Doch würde das nirgendwo hinführen.
 

Wenn sie das nun tun würde, dann würde sie das bloß tun, um sich zu rächen. Und dann würde es bloß noch mehr negative Gefühle in der Welt geben. Und das wollte sie nicht.

So etwas wie der Wunsch nach Rache und Bestrafung lag ihr fern. Auch ihre Eltern waren nur zwei Menschen, die ihre Probleme hatten und versuchten durchs Leben zu kommen. Dabei hatten sie sich sehr egoistisch verhalten und ihr sehr wehgetan. Doch vielleicht nur, weil man mit ihnen auch immer so umgegangen war. Sie konnte einfach nicht anders, als sich immer in andere Menschen und Lebewesen hineinzufühlen. Und zumindest ihre Mutter glaubte vielleicht wirklich, dass sie es besser wusste, dass sie das Richtige für sie getan hatten.
 

Deshalb sagte sie nichts von diesen Dingen.
 

Und doch war ihre Situation nicht mehr dieselbe wie früher. Nur weil sie sich nicht an ihnen rächen wollte, bedeutete das nicht, dass sie weiter erdulden musste, dass sie so mit ihr verfuhren, wie sie es gerade wollten.
 

"Selbst wenn es ein Problem geben sollte", antwortete sie daher auf die Frage ihrer Mutter und sah ihr fest in die Augen, "dann muss ich euch davon nichts erzählen. Denn das ist mein Leben. Das ist meine Ehe und Sasuke ist mein Mann. Es ist nicht nötig, dass ihr euch einmischt."
 

Sie starrten sie beide an.
 

"Aber", fügte sie leise hinzu und sah nun zu ihrem Vater, "seit einigen Tagen habe ich eine Frage an dich, auf die ich mir sehr eine Antwort wünsche."
 

"Was redest du da Sakura?", fragte er leise und er klang drohend. "Schämst du dich nicht für dein Benehmen?"
 

Doch zur Abwechslung tat sie das nicht.
 

Sasuke stand ruhig neben ihr und das gab ihr Sicherheit. Sie selbst gab sich Sicherheit, weil sie endlich einmal das sichere Gefühl hatte, nicht im Unrecht zu sein oder zu zweifeln.

Sie wusste dieses Mal, dass ihr Vater sie nicht wieder tagelang strafend und missbilligend würde anschauen können, bis sie sich so elend fühlte, dass sie sich bei ihm entschuldigte, nur, damit er und der Rest ihrer Familie wieder mit ihr sprechen würden. Das Schweigen war immer am schlimmsten für sie gewesen.

Er würde sie auch nicht wieder in ihr Zimmer zerren und sie einen ganzen Tag darin einsperren können, denn sie würde mit Sasuke nach Hause fahren und nicht mit ihm. Und Sasuke, das hatte sie mittlerweile verstanden, würde ihr so etwas nicht antun. Die Uchihas bestraften sie nicht. Das hatten sie nicht einmal getan, als sie weggelaufen war, oder als sie das von der Antibabypille erfahren hatten.

Sie war nach wie vor nicht vollkommen zufrieden mit ihrer Situation. Sie fand es nicht richtig, dass sie Sasuke erst um Erlaubnis bitten musste, um das Anwesen verlassen zu dürfen. Dafür wollte sie eine andere Lösung. Sie glaubte nicht, dass sie jemals in der Lage sein würde, so damit umzugehen, wie Mikoto es offenbar tat.

Aber Sasuke war vollkommen anders als ihr Vater. Das hatte sie nun wirklich verstanden. Und seine Familie war auch anders als die Ihre.
 

"Ich möchte wissen", fuhr sie also ruhig fort, ohne auf ihren Vater einzugehen, "ob du damals meine Bewerbungsunterlagen abgeschickt hast oder nicht."
 

Ihr Vater starrte sie an.
 

"Wie bitte?", fragte er und nun klang er ganz eindeutig drohend.
 

"Sakura!", sagte ihre Mutter entsetzt. "Was redest du denn da?"
 

Sie war am Wochenende auf diese Idee gekommen. Sie war darauf gekommen, nachdem Sasuke sich wegen ihres Wunsches Arbeiten zu gehen so schrecklich verhalten hatte und er ihr gesagt hatte, was er tun würde, um dafür zu sorgen, dass sie wieder entlassen werden würde, falls sie sich gegen seinen Willen bewerben würde.

In diesem Moment hatte sie verstanden, dass sie wirklich vollkommen naiv war. Wieder jeder andere Mensch auch neigte sie dazu von ihrem Verhalten auf das Verhalten anderer zu schließen. Und da sie so etwas niemals, unter gar keine Umständen, tun würde, wäre sie nie darauf gekommen, dass andere so weit gehen könnten.
 

Doch der Gedanke, der ihr mit dieser Erkenntnis gekommen war, hatte sie nicht mehr losgelassen. Und sie musste darauf unbedingt eine Antwort haben.

Sie hatte sich im Studium so sehr bemüht, sie hatte überall Bestnoten gehabt. Und sie hatte auf keine ihrer drei Bewerbungen auch nur eine Reaktion bekommen. Nicht einmal eine Absage. Dabei war sie sich so sicher gewesen, dass es gute Bewerbungen gewesen waren.
 

Und das, mehr als alles andere, hatte sie so sehr verunsichert, dass sie schließlich zugelassen hatte, dass sie sie in diese Ehe gedrängt hatten.
 

"Ich wollte die Umschläge zur Post bringen", sagte sie leise, ohne ihren Vater aus den Augen zu lassen. "Und dann hast du gesagt, dass du du ohnehin etwas wegschicken müsstest und du hast sie mitgenommen. Du hast gesagt, dass es albern von mir wäre, sie unbedingt selbst abgeben zu wollen. Und ich habe es zugelassen, weil ich dir vertraut habe. Aber jetzt frage ich mich, ob das sehr naiv von mir war."
 

"Sakura! Was ist denn nur in dich gefahren?", fragte ihre Mutter nun vollkommen entsetzt. "Was für eine schreckliche Unterstellung! Wie kommst du nur auf so etwas? Das passt gar nicht zu dir! Schämst du dich denn gar nicht?"
 

"Hast du die Bewerbungen abgeschickt?", fragte Sakura noch einmal leise und sah einfach weiter ihren Vater an, der sie kalt musterte.
 

"Du blamierst gerade dich selbst und auch uns vor Sasuke", sagte ihr Vater kalt. "Dein Verhalten ist beschämend Sakura."
 

"Kannst du mir nicht einfach antworten?", fragte sie traurig. "Ich muss das wissen. Das ist wichtig für mich."
 

"Sakura", sagte ihre Mutter beschwichtigend. "Es sollte eben einfach nicht sein. Du bist nun verheiratet und brauchst keinen Job. Das Thema ist doch längst passé. Wieso sich mit so etwas grämen! Bestimmt waren deine Bewerbungen gut, du hast dir sicher Mühe gegeben. Sie haben sich halt einfach für jemand anderen entschieden und das muss man akzeptieren. Du solltest wirklich-"
 

"Ich möchte, dass sie eine Antwort bekommt."
 

Alle sahen sie Sasuke an. Er musterte ruhig ihren Vater.
 

"Sasuke, dieses Drama tut mir wirklich Leid!", sagte ihre Mutter rasch. "Es ist mir sehr unangenehm, dass du das gerade mitbekommen musst! Sakura, du hättest dafür wirklich einen anderen Zeitpunkt-"
 

"Lasst mich etwas deutlicher werden, damit ihr mich auch richtig versteht", sagte Sasuke kalt.
 

"Wir wissen von euren Lügen über ihren Kinderwunsch. Wir wissen, dass ihr sie bewusst auf eine Art erzogen habt, dass sie zu verängstigt und verunsichert sein würde, um mir zu erzählen, wie sie sich fühlte. Wir wissen seit kurzem, dass sie aus lauter Verzweiflung heimlich seit der Hochzeit verhütet hat. Meine Familie ist sehr verärgert. Ich bin sehr verärgert. Und der einzige Grund, warum ihr dafür bisher keine Konsequenzen erfahren habt, ist, dass Sakura so bewundernswert sanft, gutmütig und großherzig ist. Und deshalb solltet ihr euch sehr gut überlegen, ob ihr ihr die Antwort auf ihre Frage wirklich verweigern wollt. Denn ihr seid ihr gegenüber nicht mehr in einer Machtposition. Sie hat nun Macht über euch. Seit dem Moment, in dem ich ihr diesen Ring angesteckt habe, ist sie eine von uns. Sie ist nun meine Frau. Und wenn ihr euch ihr gegenüber in Zukunft nicht anders verhaltet, dann werdet ihr es vielleicht sehr bereuen. Denn Sakura muss bloß zu mir kommen und nur einen einzigen Satz sagen. Wenn sie das tut, dann werde ich euch das ganze Ausmaß meiner Wut spüren lassen."
 

Seine Worte waren kalt und vollkommen frei von Emotionen gewesen.
 

Und das erste Mal erlebte Sakura, dass ihr Vater vollkommen sprachlos zu sein schien.

Veränderungen (Teil 2)

Niemand sagte ein Wort.
 

Sasuke sah immer noch ihren Vater an, der ihn ebenfalls anblickte. Ihre Mutter sah einfach nur völlig entsetzt aus. Und Sakura selbst fühlte sich verwirrt und überwältigt und bekam sich gerade kaum sortiert.
 

Sie empfand zum einen tiefe Dankbarkeit, weil er sie unterstützte. Denn darum schien es ihm zu gehen. So wie er sich ausgedrückt hatte, glaubte sie wirklich, dass es ihm um sie ging.

Sie war zudem ein wenig erschrocken und verstört wegen der Heftigkeit seiner Worte.

Und sie war auch besorgt. Und zwar befürchtete sie, dass Fugaku so etwas zu verhindern gehofft hatte, als er sie dazu aufgefordert hatte, Sasuke heute Abend zu begleiten. Aber sie hatte es wohl eher schlimmer gemacht.
 

Würde das nun Probleme geben?
 

Sasuke hatte seinen Standpunkt gerade sehr deutlich gemacht. Aber sie hatte keine Ahnung wie der Rest seiner Familie dazu stand. Sie war sich ziemlich sicher, dass Sasuke seine Familie hinter sich brauchte, um so mit ihrem Vater umgehen zu können. Doch hatte er sie hinter sich? Wären sie und ihr Seelenfrieden für Fugaku und Madara wirklich ein Grund Streit oder Probleme zu tolerieren? Irgendwie konnte sie das nicht so recht glauben.
 

Ihr Vater sah Sasuke immer noch an. Es kam ihr so vor, als versuchte er abzuschätzen, wie ernst es ihm war. Aber Sasuke sah mit festem Blick zurück, er wirkte vollkommen selbstsicher.
 

Und dann, immer noch ohne seinen Blick von Sasuke abzuwenden, sagte ihr Vater schließlich: "Nein Sakura. Ich habe sie nicht abgeschickt."
 

Sie brauchte einen kurzen Moment, bis die Worte zu ihr durchdrangen. Doch so richtig überrascht war sie wohl nicht mehr. Sie spürte, wie Sasuke seinen Arm um sie noch ein wenig mehr anspannte.
 

"Ich verstehe", sagte sie leise und niedergeschlagen. Sie fühlte sich wirklich schrecklich traurig. Sie schien ihrem Vater überhaupt nichts zu bedeuten.
 

"Sakura", sagte ihre Mutter rasch und ein wenig flehentlich, "das war doch nur zu deinem besten! Bitte versteh doch, du bist immer so emotional und zart besaitet, du könntest doch gar nicht-"
 

Aber Sakura wollte das einfach nicht mehr hören.
 

"Mama", sagte sie leise, "ich möchte nicht mehr, dass du mir sagst, was ich in der Lage bin zu tun oder nicht zu tun. Ich möchte das ab jetzt ganz alleine herausfinden."
 

Ihre Mutter verstummte und sah zu ihrem Mann, aber Sakuras Vater musterte immer noch Sasuke.
 

"Wenn ich das nicht getan hätte", sagte ihr Vater leise und kalt, "dann hätte sie dich nicht genommen Sasuke. Das weißt du, oder? Du wolltest sie unbedingt, das habe ich dir immer deutlich angesehen. Überlege dir also gut, ob du mich jetzt wirklich dafür verurteilen willst. Wir beide haben bekommen, was wir wollten."
 

"Ich hätte es anders versuchen können", sagte Sasuke ebenso kalt und leise. "Ich habe es so gemacht, wie meine Familie das schon immer gemacht hat. Bisher gab es nie Probleme. Aber in diesem Fall war das falsch."
 

"Du hättest sie nicht überzeugen können!", zischte ihr Vater.
 

"Das werden wir wohl nie herausfinden, nicht wahr?", erwiderte Sasuke eisig.
 

"Bitte hört auf", sagte Sakura leise.
 

Sasuke sah zu ihr und ihr Vater endlich auch.
 

"Ich fühle mich schrecklich!", sagte sie und sah ihren Vater an. "Offenbar bin ich dir wirklich vollkommen egal. Du hast mein Vertrauen missbraucht. Einfach so. Hattest du vor mir jemals vor die Wahrheit zu sagen? Oder hättest du mich für immer in dem Glauben gelassen, dass es einfach niemand für nötig gehalten hat mir zumindest eine Absage zu schreiben?"
 

"Sakura...", sagte ihre Mutter vorsichtig.
 

"Ich bin schrecklich traurig", sagte Sakura ohne ihre Mutter zu beachten, "aber ich bin auch froh. Denn das bedeutet, dass ich nicht abgelehnt wurde. Das bedeutet, dass nicht alles umsonst war und dass ich mich trauen und es wieder versuchen kann. Und ihr könnt dieses Mal nichts dagegen tun, weil ich das nun nicht mehr mit euch zu klären brauche."
 

Sie schob Sasukes Hand von ihrer Hüfte und er nahm seinen Arm weg.
 

"Sakura", sagte er behutsam, "bitte lass mich-"
 

Aber sie wollte nicht, dass er irgendetwas unternahm.
 

"Ich möchte nicht mehr reden, außer, es gibt etwas Berufliches zu besprechen", sagte sie deutlich. "Ist dem so?"
 

"Nein", antwortete Sasuke. "Und ich bin auch fertig für heute Abend."
 

"Dann lass uns bitte gehen", sagte sie.
 

"Wie du möchtest", sagte er höflich und machte eine Geste mit seinem Arm, um ihr den Vortritt zu lassen.
 

"Sakura...", sagte ihre Mutter wieder.
 

Aber sie drehte sich einfach um und ging. Sie musste nicht mehr zuhören. Und sie wollte es auch nicht mehr. Sie wollte Abstand zwischen sich und ihre Eltern bringen. Sowohl emotional als auch physisch. Also ging sie einfach entschlossen, wenn auch ziemlich ziellos, durch die Halle.
 

Sie hörte, dass Sasuke hinter ihr her ging.
 

In der Nähe des Eingangs blieb sie schließlich stehen. Ein Kellner hielt ihr ein Tablet mit Getränken hin und sie griff sich einfach ein Glas, zwang sich als Dank kurz zu einem Lächeln und trank einen großen Schluck. Es war Champagner.
 

"Hast du nun vor dich zu betrinken?", fragte Sasuke und blieb mit einem leichten Lächeln vor ihr stehen. "Ich bin mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist, um zu damit umzugehen, dass du verletzt bist."
 

Sie trank noch einen Schluck. Dann stellte sie das Glas zur Seite. Eigentlich hatte sie das nur getan um einfach irgendetwas zu tun. Sie hatte gar nicht unbedingt etwas Alkoholisches erwischen wollen.
 

"Ich bin nicht verletzt", sagte sie ruhig.
 

"Was dann? Wütend?", fragte er. "Ich bin schrecklich wütend. Ich möchte, dass du zulässt, dass ich-"
 

Aber irgendwie fand sie, dass es hier gerade nicht um ihn ging.
 

"Nein", sagte sie leise. "Ich möchte das nicht Sasuke. Ich möchte nicht, dass jemand bestraft wird. Und ich bin auch nicht wütend. Also schon. Und verletzt bin ich natürlich auch. Aber vor allem bin ich wohl-"
 

Sie brach ab und er sah sie aufmerksam an, während sie darüber nachdachte, wie sie sich eigentlich fühlte.
 

"Erleichtert", flüsterte sie. "Ich bin erleichtert!"
 

Sie sah ihn an und lächelte.
 

"Danke, dass du zu mir gehalten hast", sagte sie. "Das war sehr schön für mich. Es hat mich wirklich glücklich gemacht!"
 

"Auch wenn dein Vater wohl gar nicht erfreut sein wird", fügte sie ein wenig besorgt hinzu.
 

Er sah sie fragend an.
 

"Er hat doch heute morgen gesagt, dass du nichts Unüberlegtes-"
 

"Sakura", unterbrach er sie, "Mein Vater hätte genau das Gleiche getan. Und Madara auch. Mein Vater hatte bloß ein bisschen Sorge, dass ich irgendetwas tun könnte, das nach außen so wirkt, als hätte ich mich nicht unter Kontrolle. Soetwas darf nicht passieren. Und ich muss gestehen, ich hatte auch ganz schön mit mir zu kämpfen."
 

"Denkst du das wirklich?", fragte sie und sie hörte selbst wie verwirrt und hoffnungsvoll sie klang.
 

Außer ihrer Großmutter hatte sich noch nie jemand vor ihrem Vater für sie eingesetzt. Und nun hatte er das für sie getan. Und er glaubte sogar, dass sein Vater und Madara das auch für sie getan hätten?

Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass sie vor lauter Glück und Erleichterung gleich anfangen müsste zu weinen. Schnell versuchte sie sich wieder zusammenzunehmen. Offenbar gab es ja schon Gerüchte darüber, dass sie Eheprobleme hätten und wenn sie nun hier anfing zu weinen, würde das wahrscheinlich eine Art Skandal geben.
 

"Du brauchst dir darüber wirklich keine Sorgen zu machen", sagte Sasuke ruhig. "Ich nehme an, mein Vater hat dich hauptsächlich mitgeschickt, weil er weiß, dass ich mich vor dir niemals gehen lassen würde. Und wohl auch um mich daran zu erinnern, dass es allein deine Entscheidung ist, ob deine Familie Konsequenzen befürchten muss oder nicht. Denn wenn es nach mir ginge, dann wäre dein Vater seine Position los und deine Familie ihr Anwesen. Und am liebsten würde ich noch Schlimmeres tun. Es ist unerträglich für mich mit anzusehen wie sie dich-"
 

Sakura trat einfach einen Schritt vor, hob ihre Hand und legte behutsam ihren Zeigefinger auf seine Lippen.
 

Er verstummte überrascht.
 

"Ich danke dir", flüsterte sie und nahm ihren Finger langsam wieder weg.
 

Seine dunklen Augen waren so schön und so voller Emotionen.
 

Sie wusste nicht warum, aber gerade verspürte sie ein so starkes Bedürfnis danach. Also trat sie vorsichtig noch einen kleinen Schritt an ihn heran, sodass sie sich nun beinahe berührten. Sie streckte sich ein wenig. Nur ein ganz klein wenig. Wegen ihrer hohen Schuhe war er kaum größer als sie. Seine Lippen waren nun nur noch ein paar Millimeter von ihren entfernt.
 

Sie hob kurz ihren Blick und sah in seine Augen und nun schienen in dem tiefen Schwarz noch mehr Emotionen zu sein.
 

Sie schloss ihre Augen, sie legte eine Hand an seine Brust, überwandt das letzte kleine bisschen Distanz und ganz ganz zaghaft gab sie ihm einen Kuss.
 

Er rührte sich nicht.
 

Sie legte vorsichtig auch ihre andere Hand an seine Brust und küsste ihn nochmal ganz kurz. Und nochmal.
 

"Hör auf."
 

Sie nahm sofort ihre Hände weg, wich einen Schritt zurück und sah ihn verlegen und verwirrt an.
 

"Sakura", sagte er. "Das geht nicht."
 

"Bitte entschuldige!", sagte sie rasch und senkte ein wenig beschämt ihren Blick.
 

Sie war gerade so dankbar gewesen, sie hatte sich ihm gerade so verbunden gefühlt und sie hatte gerade einfach vergessen, dass sie mitten in einem riesigen Saal voller wichtiger Menschen waren. Wahrscheinlich war das furchtbar unangebracht gewesen. Bestimmt war es das! Ihre Eltern waren hier irgendwo. Und Menschen, vor denen Sasuke seriös erscheinen musste, Menschen, die mit ihm arbeiteten und mit denen er Geschäfte machte! Er hatte sie zwar auch geküsst. Aber nicht so, wie sie es getan hatte. Er hatte es kurz und beinahe förmlich getan. Sie eben war voller Gefühle und tiefer Hingabe an ihn gewesen, sie hatte für einen Moment alles außer ihm einfach vergessen.
 

Sie sah ihm prüfend ins Gesicht. Allerdings wirkte er nicht verärgert. Vielmehr hatte sie wieder das Gefühl, dass er ein wenig mit sich zu kämpfen hatte, um seine Fassung zu wahren.
 

"Gehen wir", sagte er ruhig und entschieden.
 

Er setzte sich ohne Umschweife in Richtung Ausgang in Bewegung und sie folgte ihm rasch. Am Eingang zum Saal blieb er stehen, um auf sie zu warten. Er legte seine Hand an ihren Rücken und dirigierte sie in Richtung Gaderobe, wo man ihnen die Jacken reichte und an den Parkservice durchgab, dass sein Auto vorgefahren werden sollte.
 

"Bist du verärgert?", fragte sie, als er ihr in ihren Mantel half.
 

"Nein. Ganz und gar nicht. Komm."
 

Er stieg mit ihr die Stufen vor dem Gebäude hinunter und keiner von ihnen sagte etwas, bevor sie im Auto saßen. Sie warf ihm einen vorsichtigen Blick zu.
 

"Willst du dich nicht anschnallen?", fragte sie unsicher. War er doch verärgert und sagte es bloß nicht?
 

"Nein."
 

Sie warf ihm einen irritierten Blick zu, aber sie schwieg.
 

Allerdings fuhr er bloß um die Ecke und hielt auf der Hälfte der nächsten Seitenstraße schon wieder an, direkt neben einer steinernen Mauer, die, wie sie wusste, auf der anderen Seite eine kleine Grünfläche mit einem Springbrunnen umschloss.
 

Alles hier war dunkel, abgesehen von dem Licht der Straßenlaternen. Alles war vollkommen ausgestorben. Niemand war zu sehen.
 

"Was tust du?", fragte sie verwirrt.
 

Aber er löste bloß ihren Gurt wieder und dann öffnete er seine Tür, stieg aus und schlug sie zu.
 

Irritiert zog sie sich den schon gelösten Gurt von ihrem Körper und ein wenig zögerlich und unsicher stieg sie nun ebenfalls aus.
 

Er stand bloß da, die Hände in den Taschen seines teuren dunklen Mantels und sah ihr dabei zu, wie sie um das Auto herum ging, zu ihm kam und unsicher vor ihm stehen blieb.
 

"Sasuke, ich verstehe nicht was-"
 

Er zog eine Hand aus seiner Manteltasche, griff an ihren Hinterkopf und zog sie ein wenig zu sich, sodass sie noch einen Schritt auf ihn zumachen musste und ihre Gesichter wieder nah beieinander waren.
 

"Tu das nochmal", verlangte er leise.
 

"Was?", fragte sie verwirrt.
 

Was sollte sie tun?
 

"Du hast mich eben das erste Mal von dir aus geküsst. Es war- Das war-"
 

Er brach ab.
 

"Wir mussten dort weg", sagte er ruhig, während er ihr Gesicht musterte. Sein Blick wanderte von ihren Augen zu ihren Lippen.
 

"Wir mussten weg, weil ich kurz davor war doch etwas zu tun, was nach außen hin gewirkt hätte, als hätte ich mich nicht unter Kontrolle. Und das geht nicht. Diese Leute dort müssen mich für berechnend, kalt und unantastbar halten. Ein Teil unserer Macht beruht darauf, dass Menschen Angst vor uns haben und wir nicht einschätzbar sind."
 

"Es tut mir leid", flüsterte sie.
 

Er kam ihr ein Stück näher und verfestigte seinen Griff ein wenig.
 

"Das muss es nicht", sagte er leise. Seine Stimme klang angenehm.
 

Er grinste leicht.
 

"Eigentlich war das perfekt. Das hat mir ziemlich gut gefallen. Die Gerüchte um unsere Eheprobleme sollten damit wohl vom Tisch sein. Alle konnten sehen, wie hingebungsvoll du mir gegenüber warst. Ich wette, jeder Mann im Saal, der das gesehen hat, hat mich beneidet!"
 

Er zog sie noch ein kleines Stück näher zu sich.
 

"Du hast keine Ahnung wie glücklich du mich eben gemacht hast und wie leid es mir tat das zu unterbrechen", sagte er sehr leise. "Tu das nochmal."
 

Aber sie sah ihn bloß vollkommen irritiert an.
 

"Ich habe dich schon einmal von mir aus geküsst", sagte sie. "In der ersten Nacht in dem Hotel, als wir- ich meine, auf dem Bett- als wir an diesem Abend das zweite Mal-"
 

"Da hattest du Lust auf Sex. Du hast mich geküsst, weil du ein sexuelles Interesse an mir hattest", unterbrach er sie.
 

Nun klang er ungeduldig. Sein Blick wanderte erneut über ihr Gesicht.
 

"Das war etwas anderes. Eben hast du es das allererste Mal getan, weil du Gefühle für mich hattest. Das war-"
 

Er brach wieder ab.
 

"Tu es nochmal!", sagte er bloß.
 

Und obwohl er es so formulierte, klang es dieses Mal mehr nach einer dringenden Bitte, als nach einem Befehl.
 

Er lockerte langsam den Griff seiner Hand an ihrem Hinterkopf. Dann ließ er sie los. Offenbar wollte er, dass sie es ganz von sich aus tat.
 

Sie fühlte sich verwirrt und überfordert. Aber zur Abwechslung fühlte sich das nicht unbedingt schlecht an.
 

"Sasuke", flüsterte sie und sie hob zum zweiten Mal an diesem Abend ihre Hand und berührte seine Wange leicht mit ihren Fingerspitzen. Seine Haut fühlte sich warm und angenehm an. Sie betrachtete sein schönes Gesicht.
 

"Bedeute ich dir wirklich so viel?"
 

"Ja", sagte er ruhig. "Das tust du."
 

Er strich ihr eine ihrer Haarsträhnen nach hinten über ihre Schulter.
 

"Vertrau mir", sagte er leise. "Hab keine Angst mehr. Nicht mehr vor anderen und nicht mehr vor mir. Ich bin an deiner Seite. Bitte sei du auch an meiner. Das ist etwas, das ich nicht erkaufen und erzwingen kann. Aber ich will es unbedingt."
 

Und irgendwie hatte sie plötzlich das Gefühl, dass das einem Eheversprechen viel mehr gleich kam, als das, was sie beinahe sachlich während der Trauungszeremonie zueinander gesagt hatten.
 

Und weil sie nun wieder empfand, was sie schon eben im Saal empfunden hatte, überwand sie erneut den Abstand zwischen ihnen und küsste ihn noch einmal. Ein bisschen unsicher und vorsichtig und - wie er gesagt hatte - wohl tatsächlich ohne ein besonderes sexuelles Interesse dahinter. Sie tat es einfach nur, weil sie sich ihm nahe fühlte und weil sie es wollte.
 

Dieses Mal, anders als eben im Saal, küsste er sie zurück. Erst ebenso sanft wie sie, aber dann spürte sie sein Verlangen und nun verstand sie, warum er sie eben aufgehalten hatte. Denn dass sie ihn auf diese Art geküsst hatte, schien ihm unglaublich viel zu bedeuten. Sein Verlangen, das sie eigentlich schon zu kennen geglaubt hatte, fühlte sich plötzlich noch einmal ganz anders an. Plötzlich war da so viel mehr als nur Verlangen.

Er griff nach ihr und zog sie an sich und sie spürte plötzlich, dass er sich die ganze Zeit noch zurückgehalten hatte. Sie spürte, dass dort so viel Liebe und so viele Gefühle für sie in ihm waren. Das überraschte und faszinierte sie. Und noch viel überraschter und faszinierter war sie, als ihr klar wurde, dass das nicht nur ein Gefühl war, dass von ihm ausging. Denn so war es nicht.

Es war vielmehr so, dass dort etwas war, das zwischen ihnen beiden entstand und das für seine Existenz etwas von ihnen beiden brauchte, um vorhanden sein zu können.

Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und nun war sie sehr froh, dass er sie aus diesem Saal weggebracht hatte und dass sie nun hier ganz alleine und nur zu zweit in der Dunkelheit waren.
 

Sie wusste nicht, ob viel oder wenig Zeit vergangen war, als er sie schließlich sanft aber bestimmt von sich schob.
 

"Du zitterst", sagte er. "Dir muss sehr kalt sein mit diesen Schuhen und nur diesem dünnen, leichten Kleid unter dem Mantel."
 

Er hatte recht. Das war ihr bis eben gar nicht aufgefallen.
 

Sie lächelte. "Fahren wir nach Hause?", fragte sie.
 

Er griff wieder nach ihrem Gesicht, zog sie noch einmal kurz zu sich und gab ihr noch einmal einen kurzen Kuss.
 

"Ich freue mich, dass du 'nach Hause' sagst."
 

"Ein anderes Zuhause habe ich wohl nicht mehr", sagte sie ein wenig traurig. "Aber ich denke mittlerweile, dass ich nun ein sehr viel Besseres habe."
 

"Das hast du", sagte er voller Überzeugung. "Du wirst dich irgendwann wohl fühlen bei uns!"
 

Er ging um sein Auto herum, um ihr wieder die Beifahrertür aufzuhalten. Also stieg sie ein.
 

Im Auto wurde es schnell warm. Aus der Innenstadt zum Anwesen brauchte man nur gut zwanzig Minuten. Sasuke schwieg und sie sagte ebenfalls nichts. Sie wollte ein wenig zu sich kommen, die Ereignisse des Abends hatten sie emotional sehr aufgewühlt.

Doch das Schweigen zwischen ihnen hatte nichts mehr von dem Schweigen, das ihr einmal solche Angst gemacht hatte, weil sie es mit der Bestrafung verknüpft hatte, die sie von ihrem Vater und ihrer Familie immer erfahren hatte.

Nun fühlte sie sich dennoch verbunden mit ihm. Sie genoss sogar die Ruhe und dass sie aus dem Fenster schauen, sich alles ansehen und sich etwas sortieren konnte.
 

Und wieder einmal empfand sie, dass sie sich so vollkommen sicher fühlte in seiner Anwesenheit. Und eigentlich, so dachte sie, hatte sie es auf gewisse Weise gar nicht so schlecht getroffen, indem sie ihn geheiratet hatte.

Ihr Vater war ein mächtiger Mann. Sie selbst stammte aus einer ziemlich reichen und mächtigen Familie. Hätte sie jemand anderen geheiratet, dann wäre sie vielleicht nie in eine Situation gekommen, in der sie wie heute Abend ihren Eltern einfach hätte den Rücken zukehren können, als sie das gewollt hatte. Sasuke und seine Familie waren scheinbar so derart reich und mächtig, dass ihr das überhaupt erst den Raum gab, so etwas tun zu können.

Sicher hätte sie sich wohl mit der Zeit nach und nach ein wenig von dem Einfluss ihres Vaters befreien können. Aber er hätte vielleicht immer noch nach wie vor auf sie einwirken können. Entweder, weil ihr Mann ziemlich wahrscheinlich genauso gewesen wäre wie er und sie gemeinsam Geschäfte gemacht und sich bestens verstanden hätten, oder vielleicht wäre sogar das Machtverhältnis umgekehrt gewesen und ihr Mann wäre auf gewisse Weise abhängig von ihrem Vater gewesen. Aber so wie die Situation jetzt war, war sie offenbar wirklich frei von ihm.
 

"Sasuke?", fragte sie leise.
 

"Hm?"
 

"Wenn ich das nicht wollen würde, müsste ich dann je wieder mit meinen Eltern sprechen?", fragte sie.
 

"Nein", sagte er ruhig. "Falls du das nicht möchtest, dann würdest du das nie wieder tun müssen. Soll ich-"
 

"Nein!", sagte sie rasch. "Ich wollte für mein weiteres Verhalten ihnen gegenüber bloß wissen, wie die Situation ist."
 

Er lachte leise.
 

"Ich habe das nicht nur gesagt, um ihnen Angst zu machen", sagte er. "Was mit ihnen passiert, liegt vollkommen in deiner Hand. Darauf kannst du dich verlassen."
 

"Und du überschätzt dich da auch nicht?", fragte sie sehr behutsam. Männer schienen ihr manchmal ein bisschen zu Größenwahn zu neigen.
 

Er lachte wieder leise.
 

"Nein", sagte er. "Ich kenne meine Grenzen ganz genau. Und deine Familie wäre kein Gegner für mich."
 

"Für dich?", fragte sie vorsichtig. "Oder für deine Familie?"
 

"Für mich", sagte er ruhig. "Was meine Familie angeht, machst du dir gar keine Vorstellung."
 

Sie schwieg wieder und versuchte das zu verdauen und erneut fragte sie sich, wie sie nur so reich und einflussreich sein konnten. Vielleicht, weil das schon seit vielen Generationen so war? Vielleicht waren die Uchihas eine sehr alte Familie.
 

"Wenn du wirklich findest, dass meine Begleitung diese Abende für dich angenehmer macht", sagte sie schließlich, "dann kann ich dich gerne öfter begleiten."
 

Er warf ihr einen raschen Blick zu.
 

"Das wäre toll", sagte er und sah wieder nach vorne, wo man schon das Tor zum Anwesen sehen konnte. "Darüber würde ich mich sehr freuen! Dann werde ich dich nun öfter fragen."
 

Nach wie vor mochte sie diese Abende nicht besonders. Aber es war nun sehr viel besser als es früher für sie gewesen war. Und vielleicht, so dachte sie, fühlte er sich auch manchmal etwas verloren, selbst wenn er so etwas wohl nicht zugeben würde. Vielleicht fühlte er sich wohler in Begleitung. Und nach dem, was er heute für sie getan hatte, hatte sie den Wunsch gehabt auch etwas für ihn zu tun.
 

Als Sasuke auf den Hof fuhr und parkte, sagte er: "Ah, sehr gut!"
 

Sie sah zu ihm und dann auf den Hof, um herauszufinden, was er gesehen haben mochte, das ihn zu dieser Aussage bewegt hatte. Aber sie sah nichts Besonderes.
 

"Was ist sehr gut?", fragte sie ein wenig neugierig.
 

"Steig aus", sagte er. "Dann zeige ich es dir. Und es gibt auch jemanden, den ich dir vorstellen möchte."

Veränderungen (Teil 3)

"Wen?", fragte sie überrascht.
 

Aber er war schon halb ausgestiegen und antwortete nicht und sie beeilte sich, es ihm gleichzutun. Sie schloss die Tür und er schloss sein Auto ab und kam zu ihr herüber, weil ihre Seite näher an der Haustür war.
 

Er streckte ihr mit einem leichten Lächeln seine Hand entgegen und sie ergriff sie und folgte ihm an der Reihe der parkenden Autos der Uchihas vorbei. Sie hatten auf beiden Seiten des großen Hofes Garagen, aber einige der Autos standen trotzdem meistens draußen.
 

Doch Sasuke ging nicht weiter bis zur Haustür sondern blieb am Ende der Reihe stehen.
 

"Das ist für dich", sagte er und deutete auf eines der Autos.
 

"Für mich?", fragte sie ein wenig perplex. "Das Auto?"
 

"Ja", sagte er. "Du wolltest Fahrerfahrung sammeln. Und mein Auto habe ich immer mit bei der Arbeit. Außerdem ist das hier geeigneter, weil es kleiner ist. Wenn du damit in die Innenstadt fährst, ist es praktischer so. Du kannst dir aber gerne ein anderes aussuchen, dann tausche ich es um."
 

"Das- Das ist wirklich- Danke!", sagte sie und musste vor Überraschung und Verblüffung lachen. "Das ist toll!"
 

Sie freute sich wirklich. Dabei ging es ihr gar nicht so sehr um das Auto. Aber sie freute sich sehr darüber, dass er sich das gemerkt hatte und dass er offenbar versuchte ihre Wünsche und Bedürfnisse ernst zu nehmen.
 

Er lächelte kaum merklich. Es schien ihn zu freuen, dass sie sich freute. Er zog sein Smartphone aus seiner Tasche und tippte kurz eine Nachricht. Dann steckte er es wieder weg.
 

"Selbstverständlich hilft dir das nur bedingt weiter, wenn du das Anwesen eigentlich nur in Begleitung verlassen sollst", sagte er.
 

Sie sah ihn überrascht an. Das hatte sie sich eben auch gedacht, bloß hatte sie nicht so richtig damit gerechnet, dass er das nun von sich aus ansprechen würde.
 

"Es war dir heute morgen unangenehm bei mir nachfragen zu müssen, als du zum Friedhof wolltest, nicht wahr?", fragte er. "Deshalb hast du mir geschrieben anstatt anzurufen."
 

Sakura strich sich ihre Haare zurück und sah ihn nachdenklich an.
 

"Ich- ja", sagte sie langsam. "Hauptsächlich wollte ich dich wohl nicht wieder bei der Arbeit stören. Aber ja, es hat sich irgendwie merkwürdig angefühlt. Ich kam mir sehr abhängig vor. Ich habe mit deiner Mutter gesprochen. Sie scheint damit überhaupt kein Problem zu haben."
 

Er lächelte wieder.
 

"Das ist, weil du denkst, dass du fragen müsstest und eine Erlaubnis bekommen müsstest. Aber so macht das meine Mutter bei meinem Vater nicht. Und die anderen auch nicht, denke ich. Man kann es wohl so und so sehen. Aber meine Mutter sieht es eher so, dass sie irgendwo hin möchte, ihm diese Information gibt und dann erwartet sie, dass er es möglich macht. Sie will damit vermeiden im Detail über irgendwelche Dinge bescheid wissen zu müssen, die sie bloß beunruhigen würden. Du musst bedenken, dass meine Eltern schon lange verheiratet sind. Wenn sie etwas will, dann weiß sie, dass er alles tun wird, um ihr das zu geben. Und wenn die Sicherheitslage einmal so ist, dass das unklug wäre, dann sagt er ihr das und sie verlässt sich darauf. In gewisser Weise, hat sie also sogar die bequemere und angenehmere Position."
 

So hatte Sakura das noch nicht betrachtet. Wieder überraschte es sie, wie falsch sie die Situation hier manchmal einschätzte.
 

"Allerdings", fuhr Sasuke fort, "kennen wir uns noch nicht so lange, du vertraust mir noch nicht so wie meine Mutter meinem Vater vertraut. Und Madara hat dir noch nicht alles erklärt, daher verstehst du ohnehin nur halb, warum das alles nötig ist. Und weil ich dachte, du würdest vor Angst umkommen, wenn ich dir sage, was dir passieren könnte, habe ich dich hier mehr oder weniger monatelang eingesperrt. Aber du bist sehr viel mutiger, als wir alle dachten und es ist vollkommen verständlich, dass du dir etwas mehr Eigenständigkeit wünschst. Allerdings muss ich darauf bestehen, dass du aus Sicherheitsgründen begleitet wirst. Doch damit du nicht das Gefühl haben musste, dass du jedes Mal deinen Mann um Erlaubnis bitten musst, wird er hier dich in Zukunft begleiten."
 

Er hatte leicht seine Hand gehoben und hinter sie gedeutet und sie drehte sich ein wenig erschrocken um und zuckte zusammen, als sie bemerkte, dass jemand hinter ihr stand.
 

Dafür, dass er so groß war, konnte er sich offenbar unglaublich leise bewegen. Er schien einer der Security Leute zu sein, zumindest trug er den gleichen Anzug. Sein Gesicht war ausdruckslos und abgesehen von seiner Größe waren seine orangenen Haare das Auffälligste an ihm.
 

"Guten Abend", sagte der Mann zu ihr.
 

"Hallo", erwiderte sie ein wenig atemlos und überfordert.
 

Sasuke trat einen Schritt nach vorne, sodass er eben ihr stand.
 

"Sakura, das ist Juugo", sagte er. "Er ist ab sofort für deine Sicherheit verantwortlich. Er wird ab jetzt ebenfalls auf dem Anwesen wohnen. Wenn du also in die Stadt fahren möchtest und dich mit Freunden treffen möchtest oder wenn du zum Friedhof möchtest, dann schickst du ihm eine Nachricht und er wird dich begleiten. Du kannst ihn fahren lassen oder selbst fahren. Ich weiß, das ist nicht ganz das, was du dir wünschen würdest, aber ich habe versucht einen Kompromiss zu finden, damit du dich nicht ganz so abhängig fühlst von mir."
 

"Ich- Das ist wirklich nett von dir!", sagte sie überrascht und überfordert und warf erst Sasuke und dann dem Mann namens Juugo einen unsicheren Blick zu.
 

Sie freute sich einerseits sehr darüber, dass Sasuke sich so eine Mühe gab und dass er sich irgendwie ziemlich einfühlsam verhielt, andererseits würde sie sich an diese neue Situation wohl erst etwas gewöhnen müssen.
 

"Es freut mich sehr Sie kennenzulernen Sakura Uchiha", sagte Juugo höflich und neigte leicht den Kopf. "Sollen wir Nummern austauschen?"
 

"J-Ja!", sagte Sakura und zog rasch ihr Smartphone aus ihrer Tasche.
 

"Bitte sehr", sagte Juugo sobald das erledigt war höflich und er hielt ihr einen Autoschlüssel hin.
 

Sie nahm ihn ihm zögernd ab.
 

"Danke Juugo, das war alles", sagte Sasuke.
 

Juugo nickte ihnen zu, drehte sich dann auf dem Absatz um und ging davon, vermutlich zu einem der Nebengebäude, in denen die Angestellten wohnten, die nicht nur zu regulären Arbeitszeiten auf dem Anwesen waren.
 

Sakura sah ihm einen Moment überfordert nach, dann wandte sie sich zu Sasuke zu.
 

"Ich danke dir", sagte sie. "Du hast mich etwas überrumpelt und ich glaube ich muss mich noch an all das gewöhnen, aber das ist wirklich sehr aufmerksam von dir!"
 

"Pass einfach auf, dass du Gegelmäßigkeiten vermeidest", sagte Sasuke.
 

Er trat einen Schritt an sie heran, berührte mit seiner Hand ihre Wange und musterte wieder ihr Gesicht.
 

"Also geh nicht allzu oft hintereinander an immer den selben Ort. Und möglichst immer zu unterschiedlichen Zeiten und Tagen. Daran musst du dich halten."
 

"Ja. In Ordnung!", sagte sie.
 

Nachdem sie den ersten Schock langsam verwunden hatte, sah sie darin ganz neue Chancen für sich. Das war eigentlich wirklich ein Fortschritt!
 

"Also...", sagte sie zögerlich, "wenn ich Regelmäßigkeiten vermeide und wenn ich mit ihm zusammen bin, dann kann ich mich frei bewegen, ohne dir vorher bescheid sagen zu müssen?"
 

"So ziemlich", sagte er nach kurzem Zögern. "Er wird sich aus allem heraushalten, was du tust. Aber wenn er aus irgendeinem Grund etwas von dir möchte, dann will ich, dass du auf ihn hörst. Und zwar sofort, ohne erst Zeit mit Nachfragen zu verschwenden. Wirst du das tun?"
 

"J-Ja!", sagte sie. Das war alles ziemlich merkwürdig, aber sie wollte diese neue Möglichkeit der Freiheit unbedingt behalten.
 

Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen kurzen Kuss. Dann wich er zurück und musterte sie wieder. Seine Finger wanderten zärtlich über die Haut an ihrem Hals.
 

"Gut", sagte er leise. "Dann werde ich mal versuchen mich daran zu gewöhnen und meinen Wunsch nach Kontrolle ein wenig hintenanzustellen. Schließlich bist du mit mir auch unterwegs und mit ihm ist es für dich mindestens genauso sicher wie mit mir. Er ist bestens ausgebildet."
 

"Und- und du vertraust ihm?", fragte sie vorsichtig.
 

Er war für sie ein völlig fremder Mann und es verunsicherte sie, dass sie nun mehr Zeit mit ihm verbringen würde. Bisher hatte sie mit Männern einfach immer eher unschöne Erfahrungen gemacht.
 

"Ja", sagte Sasuke leise und schob seine Hand ein wenig weiter unter ihren Mantelkragen, damit er mehr von der Haut an ihrem Hals berühren konnte.
 

Sein Blick hatte schon wieder dieses leicht Verschleierte, das sie glauben ließ, dass er eigentlich gerade an etwas ganz anderes dachte.
 

"Ich vertraue ihm vollkommen", sagte er ruhig und sein Blick wanderte wieder zu ihren Lippen. "Er würde dir niemals etwas antun. Und er würde genau wie ich alles tun um dich zu schützen."
 

Sie überlief ein Schaudern. Teils, weil das alles so unheimlich war und teils wegen der Art wie er sie gerade ansah.
 

Wieder gab er ihr einen kurzen Kuss.
 

"Lass uns nach oben gehen", sagte er leise ihn ihr Ohr.
 

In der Eingangshalle wurden sie allerdings kurz aufgehalten, als sie an dem Wohnzimmer vorbeikamen, in dem die Männer immer zusammensaßen.
 

"Schon zurück?", fragte Madara beiläufig und alle sahen zu ihnen hin.
 

Sasuke ging zu ihnen hinüber, trat über die Schwelle und setzte sich dann einfach entspannt in einen der freien Sessel.
 

Sakura war ihm nachgegangen und dann zögernd an der Schwelle stehen geblieben.
 

"Komm ruhig", sagte Itachi aufmunternd zu ihr. "Falls du möchtest."
 

Sasuke streckte seinen Arm nach ihr aus.
 

"Nur zwei Minuten", sagte er mit einem leichten Lächeln. Also ging sie zu ihm und setzte sich ein wenig zaghaft auf den gepolsterten Hocker, der neben seinem Sessel stand.
 

"Shisui ist noch dort?", fragte Izuna.
 

"Ja", sagte Sasuke entspannt, "ich war mit allem durch, was es zu erledigen gab und Sakura wollte gehen, nachdem sie erfahren hat, dass ihr Vater ihre Bewerbungen, die sie damals nach dem Studium geschrieben hat, einfach absichtlich zurückgehalten hat. Offenbar um sie einfacher dazu bringen zu können in die Hochzeit mit mir einzuwilligen.
 

"Wie bitte?", fragte Itachi.
 

"Ich hoffe du hast dich dennoch beherrscht?", frage Fugaku mit gerunzelter Stirn.
 

"Selbstverständlich", erwiderte Sasuke ruhig. "Auch wenn es unerträglich war mir das anzuhören. Als Sakura sie mit dieser Frage konfrontiert hat, haben sie tatsächlich versucht sie wieder zu verunsichern und zu unterdrücken anstatt ihr eine Antwort zu geben. Also habe ich ihnen klar gemacht, dass sie sie nicht mehr so behandeln können. Ich habe ihnen gesagt, dass wir alles wissen und dass sie es nur Sakura zu verdanken haben, dass ihr Verhalten bisher keine Konsequenzen hatte."
 

"Gut", sagte Fugaku.
 

"Möchtest du immer noch nicht, dass wir sie für ihr Verhalten dir gegenüber zur Rechenschaft ziehen Sakura?", fragte Madara ruhig an sie gewandt.
 

"Nein!", sagte sie sehr rasch.
 

"Aber ich bin wirklich dankbar, dass ihr so nett zu mir seid", fügte sie eilig etwas leiser hinzu. "Das ist ein sehr schönes Gefühl für mich."
 

Es herrschte einen Moment Stille.
 

"Ich habe nicht das Gefühl, dass wir bisher besonders nett waren", sagte Izuna schließlich. "Müsstest du nicht eigentlich finden, dass wir dir bisher ganz schön zugesetzt haben?"
 

Sie sah sie alle verwirrt an und fühlte sich nicht besonders wohl, weil sie alle sie nachdenklich betrachten.
 

"Sie ist anderes gewohnt", sagte Sasuke schließlich und irgendwie war sie froh, dass er damit ein wenig die Aufmerksamkeit von ihr nahm. "Ich sagte doch, sie ist misshandelt worden. Alle was besser ist als das, empfindet Sakura als positiv."
 

Sie warf ihm einen schnellen Blick zu und er streckte seinen Arm nach ihr aus und nahm ihre Hand.
 

"Ist es dir unangenehm, dass wir darüber reden Sakura?", fragte Itachi freundlich.
 

Sie sah ihn an.
 

"Ein bisschen", flüsterte sie leise.
 

"Du hast absolut nichts falsch gemacht, das muss dir nicht unangenehm sein", sagte Fugaku ruhig zu ihr. "Wir teilen hier immer alles. Für uns ist das normal. Wir haben hier keine Geheimnisse voreinander. Und du bekommst auch bald alles erzählt. Wir sind jetzt deine Familie. Und du kannst immer zu uns kommen, wenn du ein Problem hast."
 

Sie sah ihn vollkommen überfordert an.
 

"Danke", flüsterte sie.
 

So etwas hatte sie nicht erwartet. Von ihnen schon gar nicht. So etwas war sie nicht gewohnt und sie wusste überhaupt nicht, wie sie mit damit umgehen sollte.
 

"Tja, ich denke ich verstehe langsam was du meinst Sasuke", sagte Izuna. "Sie bedankt sich für Dinge, die vollkommen selbstverständlich sein sollten."
 

"Bevor wir noch mehr Schaden anrichten", sagte Madara, "würde ich ganz gerne wissen, wie ich mir die Situation genau vorstellen muss Sakura. Wie hat dich deine Familie denn misshandelt?"
 

Sie sah ihn vollkommen überfordert an und sagte rasch: "Sie haben mich nicht misshandelt!"
 

"Doch Sakura", sagte Sasuke neben ihr leise und verstärkte leicht seinen Griff um ihre Hand. "Ich glaube, das haben sie. Sie haben dich vorsätzlich unterdrückt und manipuliert. Sie haben dir vorgeschrieben, wie du sein sollst, was du tun darfst und zu wem du Kontakt haben darfst. Vorhin haben sie wieder versucht dir einzureden, dass du falsch wärst, nur um nicht auf deine Frage antworten zu müssen. Ich denke dein Vater hat früh gemerkt, was du für eine schöne Frau werden würdest und er hat dich bewusst kleingehalten, damit er irgendwann davon profitieren konnte. Was er mir vorhin gesagt hat bestätigt das."
 

"Wie hat denn deine Familie darauf reagiert, wenn du dich nicht so verhalten hast, wie sie das für richtig gehalten haben Sakura?", fragte Madara beinahe sanft.
 

Sie sah von Sasuke wieder zu Madara. Sie fühlte sich schrecklich durcheinander. Sie hatte solche Angst vor ihm gehabt und sie hätte nie damit gerechnet, dass er so sein könnte, wie er es gerade war.
 

"So schlimm war es wirklich nicht! Ich wurde nicht geschlagen oder so etwas", sagte sie rasch.
 

"Sondern?", fragte Madara freundlich.
 

"Ich musste auf mein Zimmer gehen", sagte sie leise. "Aber das ist doch normal oder?"
 

"Du wurdest dazu aufgefordert auf dein Zimmer zu gehen und dann hast du dem Folge geleistet?", fragte Madara ruhig.
 

Sie zögerte einen Moment und sah wieder zu Sasuke. Aber der blickte sie bloß ernst und aufmerksam an.
 

"Manchmal nicht."
 

Sie zögerte wieder.
 

"Nein, meistens nicht", sagte sie leise und sah wieder zu Madara. "Meistens fand ich den Grund sehr unfair. Dann habe ich versucht darüber zu reden und mich zu erklären. Aber das mochte mein Vater nicht. Dann hat er mich auf mein Zimmer gebracht."
 

"Er hat dich begleitet?", frage Madara ruhig.
 

"Ja", sagte sie vorsichtig.
 

"Wie lief das genau ab?"
 

Sie atmete ein. Sie verstand nicht, warum er das unbedingt wissen wollte. Aber sie riss sich zusammen.
 

"Er hat- also, er hat mich am Arm gefasst und dann ist er mit mir-"
 

Sie brach überfordert ab. An diese Momente dachte sie so selten wie möglich. Und das war schwierig genug, denn es hatte viele davon gegeben.
 

"Also ist er grob geworden?", fragte Madara ruhig und sachlich.
 

"Ja", flüsterte sie.
 

"Er hat dich gewaltsam auf dein Zimmer gebracht und dir dabei wehgetan?"
 

"Ja."
 

Sasukes Hand verkrampfte sich ein wenig um ihre. Aber sie achtete kaum darauf. Sie sah nur Madara an. Sein Blick war fesselnd und es schien auf einmal leicht ihn anzusehen.
 

"Und wie lange musstest du dort bleiben?", fragte Madara immer noch mit dieser Ruhe, die ihr das Gefühl gab antworten zu können.
 

"Lange", sagte sie leise. "Bis zum nächsten Morgen. Dann hat er immer aufgeschlossen und ich durfte zum Frühstück kommen."
 

"Aufgeschlossen?", fragte Madara. "Also warst du eingesperrt?"
 

"Ich- ja", sagte sie leise.
 

"Und dann?"
 

"Und dann habe ich mich entschuldigt. Weil ich frühstücken wollte."
 

"Hast du, während du in deinem Zimmer warst, etwas zu essen gebracht bekommen?", fragte Madara ruhig.
 

Sie spürte wie ihre Augen anfingen zu brennen. Sie schüttelte den Kopf.
 

"Also ist es vorgekommen, dass du auch mal bis zu vierundzwanzig Stunden keinen Zugang zu Lebensmitteln hattest?"
 

Sie nickte.
 

"Aber du hattest etwas zu trinken?"
 

"Ich konnte trinken", sagte sie leise. "Ich hatte ein eigenes Badezimmer."
 

Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr wie Fugaku sich in seinem Sessel zurechtsetzte. Sonst war alles sehr still und sie sah einfach weiter Madara an.
 

"Und wenn du dich am nächsten Morgen entschuldigt hast, dann war alles wieder in Ordnung?", fragte er weiter.
 

"Nein", flüsterte sie. "Meistens nicht "
 

"Meistens nicht?"
 

"Ich habe es manchmal nicht richtig gemacht", sagte sie leise und sah ihn immer noch wie gebannt an. "Eigentlich oft. Ich fand oft, dass ich nicht im Unrecht war und dann wollte ich mich nicht entschuldigen. Aber ich hatte Hunger. Doch wenn ich die Entschuldigung nicht ernst gemeint habe, dann hat niemand mehr mit mir gesprochen."
 

"Du konntest dann also frühstücken und dein Zimmer verlassen, aber niemand hat mit dir gesprochen?"
 

Sakura nickte. "Bis auf meine Großmutter."
 

"Wie lange?"
 

Sie sah ihn verständnislos an. "So lange bis ich mich richtig ernsthaft entschuldigt habe", antwortete sie leise.
 

"Und das hast du wann getan?", fragte Madara nach wie vor vollkommen ruhig und sachlich.
 

"Manchmal wollte ich es einfach nicht tun", antwortete sie leise. "Doch meistens konnte ich es nach einigen Tagen nicht mehr aushalten. Die Blicke und das Schweigen."
 

"Sasuke, lass ihre Hand los", sagte Madara.
 

Sasuke ließ sie sofort los.
 

"Entschuldigung", sagte er sehr leise. Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihre Hand ein wenig schmerzte.
 

"Sieh mich an Sakura", sagte Madara und sie hob wieder den Blick von ihrer Hand.
 

"Wie lange lief das so?", fragte er ruhig.
 

Sie sah ihn verständnislos an.
 

"Also schon immer? Und bis du hier her kamst?", fragte Madara.
 

Sie nickte.
 

"Und wie oft ist das vorgekommen?"
 

"Oft", sagte sie leise.
 

"Wie oft in einem Jahr?"
 

Sie sah ihn bloß ein wenig hilflos an.
 

"Wie oft in einem Monat?", fragte er.
 

"Einmal oder zweimal", sagte sie leise.
 

"Dein Vater hat jeden Monat deines Lebens einen Grund gefunden, dich so zu behandeln?"
 

Sie nickte langsam.
 

"Und niemand hat etwas dagegen unternommen?"
 

"Meine Großmutter hat immer versucht mir beizustehen, wenn sie es mitbekommen hat."
 

"Hat sie es oft mitbekommen?"
 

Sakura schüttelte den Kopf.
 

"Wollest du es ihr nicht erzählen?"
 

"Sie hat sich dann immer so aufgeregt und dann gab es Streit", flüsterte Sakura. "Ich wollte nicht, dass es ständig meinetwegen Streit gab."
 

Madara schwieg und musterte sie nachdenklich.
 

"Und du denkst so etwas wäre normal? Du denkst so etwas wäre keine Misshandlung?", fragte er schließlich.
 

"Ich- Ich weiß nicht", sagte sie überfordert. "Sie waren eben immer sehr streng und ich war eben nie so wie ich-"
 

"Das ist nicht streng Sakura", unterbrach Madara sie ruhig aber entschieden. "Das ist Misshandlung. Sasuke hat recht. Und niemand hier in diesem Raum ist anderer Meinung. Du musst versuchen das als Tatsache zu akzeptieren. Du bist von deinem Vater und deiner Familie misshandelt worden. Und dass du es trotzdem schaffst weiter zu funktionieren, bei dem, was du dann auch hier erfahren musstest, ist bewundernswert. Du kannst stolz auf dich sein. Doch du kannst dir ganz sicher sein, dass dir so etwas hier nicht passieren wird. Auch wenn es für dich vermutlich bisher ganz genau so rüber kam. Doch niemand wird dich hier auf dein Zimmer zerren und einschließen. Wir dachten du seist von Natur aus schüchtern und ängstlich und wir wollten dir nicht noch mehr Angst einjagen, indem wir dir unsere Gesellschaft aufzuzwingen und dir Geschichten über Entführungen erzählen. Aber dieser Versuch dich zu schonen war offensichtlich absolut kontraproduktiv."
 

"Du kannst stolz auf dich sein Sasuke", sagte Fugaku ruhig. "Du beherrschst dich sehr gut. Ich weiß wie viel sie dir bedeutet."
 

Sakura sah kurz zur Seite und blickte Sasuke an. Sein Gesicht war ziemlich versteinert, aber er lächelte leicht, als sie ihn ansah. Er streckte wieder seine Hand aus und strich ihr sanft über ihr Finger.
 

"Eigentlich sollten wir ihren Vater bestrafen", sagte Itachi verärgert. "Wir sollten ihm alles wegnehmen. Sakura ist verstört und deshalb viel zu nachsichtig!"
 

Madara lächelte leicht.
 

"Aber das wäre gegen ihren Willen und ich denke man hat wohl schon genug über ihren Kopf hinweg entschieden. Also werden wir alle nichts unternehmen, auch wenn wir das gerne würden."
 

"Allerdings", sagte Fugaku, "werden wir, nach dem, was wir eben gehört haben, ihren Vater und ihre Familie ab sofort wohl alle unsere Missbilligung spüren lassen. Dann bekommt er das zurück, was er mit ihr gemacht hat. Er ist abhängig von unserem und ihrem Wohlwollen und muss ertragen, dass er einfach nur ausharren und es ertragen kann, ohne zu wissen, ob Konsequenzen folgen werden oder nicht."
 

"Ja, das war auch mein Plan", sagte Sasuke.
 

"Gut", sagte Madara. "Danke für deine Offenheit und dein Vertrauen Sakura. Wir werden es dich nicht bereuen lassen. Du bist vollkommen sicher und niemand wird dir etwas antun. Und niemand hat vorsätzlich vor dich zu unterdrücken. Wenn du dich ungerecht behandelt fühlst, dann kannst du das äußern und wir werden versuchen eine Lösung zu finden."
 

"Erst war ich dagegen, dass du Juugo von seinen Aufgaben abgezogen hast Sasuke", sagte Izuna. "Ich fand wir könnten ihn weit sinnvoller einsetzen. Aber nach dem, was ich gerade gehört habe, sehe ich das anders. Sakura braucht dringend ein Gefühl von so viel Autonomie wie möglich und mit ihm kann man das riskieren. Das ist aus emotionaler Sicht das Richtige. Und rational betrachtet auch. Wenn Sakura sich hier nicht wohl fühlt, dann kommen wir mit dem Nachwuchsthema nicht weiter. Wir können es in ihrem Fall unmöglich mit Zwang lösen. Ich halte mich ja für ziemlich skrupellos, aber auch ich habe meine Grenzen."
 

"Ja", sagte Madara ruhig. "Sakura hat wirklich genug durchgemacht. Ich hätte das Thema gerne rasch erledigt gehabt, aber es ist noch nicht allzu dringend und unter diesen Umständen gibt es Wichtigeres. Normalerweise stellen wir das Glück eines einzelnen nicht über das Ganze. Aber hier machen wir vorerst eine Ausnahme.
 

"Ja", sagte Fugaku.
 

Alle schwiegen einen Moment.
 

"Shisui sagte eben zu mir, dass Hato ab morgen kein General mehr ist", sagte Sasuke schließlich. "Bringen wir einen von unseren Leuten in die Position?"
 

"Ja. Aktuell wäre es wohl ratsam unsere Kontrolle über die Armee auszuweiten", sagte Madara ruhig. "Wir besprechen das nochmal mit ihm sobald er kommt. Ich informiere dich dann morgen. Du möchtest jetzt sicher in Ruhe etwas Zeit mit deiner Frau verbringen."
 

"Ja", sagte Sasuke und stand auf.
 

"Oder möchtest du etwas anderes?", fragte Sasuke an sie gewandt.
 

"Nein", sagte sie rasch und erhob sich ebenfalls. "Ich würde gerne mit dir nach oben gehen."
 

"Versuch den Gedanken anzunehmen, dass dir Unrecht widerfahren ist Sakura", sagte Itachi zu ihr. "Es ist eine Sache, wenn du nicht willst, dass jemand bestraft wird. Es ist eine andere, wenn du dir selbst nicht eingestehst, dass du zu Unrecht dein Leben lang sehr sehr schlecht behandelt worden bist."
 

"Es gibt aber viel Schlimmeres", erwiderte sie leise und sah Itachi ein wenig unsicher an. Sie war es nicht gewohnt sich selbst so wichtig zu nehmen.
 

"Schlimmeres gibt es leider immer Sakura", sagte Madara. "Aber das vermindert nicht dein eigenes Leid. Versuch das anzuerkennen. Versprichst du mir das?"
 

Da hatte er wohl irgendwie recht. Einen Moment stand sie da und fühlte sich merkwürdig verwirrt, erleichtert und dankbar zugleich.
 

"Ja", sagte sie daher. "Ich werde es versuchen."
 

Dann ging sie mit Sasuke nach oben. Sie beeilte sich nicht besonders die Stufen hochzusteigen und den Gang entlangzugehen, da sie nicht so recht wusste, was sie sagen sollte, sobald sie ihm alleine sein würde.
 

Eigentlich, so dachte sie, fühlte sie sich ganz gut. Madaras Fragen waren sehr unangenehm für sie gewesen. Es war auch unangenehm gewesen, dass alle zugehört hatten. Doch irgendwie war auch genau das angenehm gewesen. Sie hatten sie und ihre Gefühle ernst genommen. Und es fühlte sich gut an, dass ihr einmal jemand so deutlich gesagt hatte, dass sie nicht 'dramatisch' war, wie man ihr das immer eingeredet hatte. Es fühlte sich gut an einmal von jemand völlig Unbeteiligtem eine Beurteilung der Situation bekommen zu haben. Es fühlte sich gut an, dass sie offenbar alle zu ihr hielten. Das war vollkommen neu für sie.
 

Sasuke hielt ihr die Tür. Er trat hinter ihr ein und schloss die Tür hinter sich.
 

Sie drehte sich zu ihm um und einen Moment standen sie da und sahen sich an.
 

"Wie fühlst du dich?", fragte er sie schließlich.
 

Sie lächelte ein wenig erschöpft.
 

"Ganz gut, denke ich", sagte sie. "Und du?"
 

Er lächelte ebenfalls ein wenig.
 

"Ich bin wütend", sagte er. "Und ich fühle mich machtlos."
 

"Machtlos?", fragte sie.
 

"Ich würde gerne etwas für dich tun, aber ich weiß nicht was."
 

Sie lächelte wieder. Sie legte ihre kleine Tasche auf der Komode neben sich ab. Dann zog sie ihren Mantel aus und schlüpfte aus ihren hohen Schuhen.
 

"Du hast heute eine ganze Menge für mich getan Sasuke", sagte sie und sah ihn an.
 

"Und machtlos ist kein Begriff, den ich für dich verwenden würde", fügte sie ein wenig belustigt und im Spaß hinzu, auch wenn sie natürlich verstanden hatte, was er damit hatte ausdrücken wollen.
 

"Ich würde nun gerne ganz in Ruhe eine heiße Dusche nehmen", sagte sie. "Der Tag war sehr auffwühlend."
 

Er nickte. "Mach das. Lass dir Zeit. Dann gehe ich kurz eine Runde trainieren, das bringt mich runter."
 

"Das klingt gut", sagte sie lächelnd. "Dann bis gleich?"
 

"Ja."
 

Als sie wieder aus dem Bad kam, war er noch nicht zurück. Sie hatte sich Zeit gelassen und sich ein wenig um sich gekümmert. Diese Zuwendung sich selbst gegenüber hatte ihr gut getan.
 

Als sie ihre kleine abendliche Tablette in der Hand gehalten hatte, hatte sie das erste Mal kurz gezögert. Kurz hatte sie erwogen sie einfach nicht zu nehmen.
 

Doch dann hatte sie sich im Spiegel betrachtet und sich gesagt, dass das nicht der richtige Moment für so eine Entscheidung war. Sie war sehr aufgewühlt und fühlte sich aufgrund der Ereignisse dieses Tages emotional instabil. Sie fühlte sich ein wenig entwurzelt und verloren. Und sie sehnte sich danach sich nun einfach in seine Arme zu flüchten, dorthin, wo es ihr momentan so sicher vorkam. Sie sehnte sich danach einfach alles ihm und seiner Familie zu überlassen, die Verantwortung abzugeben, sich fallen zu lassen und sich endlich irgendwo einmal sicher und geborgen zu fühlen. Ihm wäre das wohl recht. Das war es, was er am liebsten wollte.
 

Doch dann, so dachte sie, würde sie vielleicht nie herausfinden, wer sie wirklich war und was sie wirklich wollte. Sie würde von einer Abhängigkeit direkt in die nächste geraten sein, auch wenn diese wohl um einiges besser war.
 

Das wollte sie nicht. Also hatte sie die kleine Tablette doch hinuntergeschluckt.
 

Sie legte wie schon so oft ihre Hand auf den Griff der Balkontür und sie zog sie auf. Sie trug wie immer nur eines ihrer kurzen, seidenen Nachthemden, die wohl mehr Dekoration waren als sonst einen anderen Zweck zu erfüllen und Kälte umfing sie, als sie hinaus auf den Balkon trat.
 

Der Sommerwind war nun nicht mehr. Der Herbstwind war viel kühler.
 

Doch der Anbruch der kalten Jahreszeit erfüllte sie nicht mehr so mit Schrecken. Denn die Kälte, die sie einst in diesem Haus verspürt hatte, war nicht so real gewesen, wie sie geglaubt hatte. Hier draußen auf dem Balkon war es kalt. Drinnen war es warm. Warm und sicher.
 

Wie schon so oft, hörte sie die Tür, als er hereinkam. Sie hörte wie er abschloss und dann seine Sachen auf seinem Nachttisch ablegte. Sie drehte sich nicht nach ihm um. Aber dieses Mal nur, weil sie wollte, dass er zu ihr kam, so wie er es immer tat, wenn sie hier stand.
 

Und das tat er auch. Er trat hinter sie. Er strich ihre zu einem lockeren Zopf geflochtenen Haare zur Seite und küsste sie auf ihren Hals. Dann legte er von hinten seine Arme um sie. Er roch nach Duschgel. Wahrscheinlich hatte er eines der anderen Badezimmer benutzt. Heute fühlte sie sich in seinem Griff nicht gefangen. Heute fühlte sie sich geborgen.
 

"Komm rein", sagte er nach einem kurzen Moment. "Es ist kalt."
 

Er nahm seine Arme weg und zog sie nach drinnen. Dann schloss er die Balkontür und die schweren Vorhänge. Er trug bereits ein Shirt und eine seiner dunklen Stoffhosen, wie er es immer zum Schlafen tat.
 

Sie lächelte ihn an, als er sich zu ihr umdrehte.
 

"Hat das Training gut getan?"
 

"Ja. Hat es. Das Duschen auch?"
 

"Ja."
 

Sie trat wieder einen Schritt auf ihn zu. Sie hob ihre Hand, legte sie auf seine Brust und strich leicht über den Stoff seines Shirts.
 

Sie hob den Blick und sah ihm ihn die Augen. Dann streckte sie sich leicht und hauchte einen Kuss auf seine Lippen. Sie wich wieder ein kleines Stück zurück. Er musterte sie mal wieder.
 

"Bist du sehr müde?", flüsterte sie fragend und hob ihre andere Hand, um über seinen Oberarm zu streichen.
 

"Eben war ich es", sagte er leise. "Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob mich das noch interessiert."
 

Er hob seine linke Hand und berührte mit seinem Zeigefinger den Träger ihres Nachthemds. Er schob ihn langsam von ihrer Schulter.
 

Sakura lächelte und trat einen Schritt zurück. Sie drehte sich um und ging die drei Schritte zum Bett hinüber. Dabei schob sie sich auch den anderen Träger von ihrer Schulter.
 

Sie hörte, wie er sich hinter ihr sein Shirt über den Kopf zog und ihr nach kam.
 

Sie musste lächeln. Seit Samstag Mittag, seit sie wegen des Jobthemas gestritten hatten, hatten sie nicht miteinander geschlafen. Heute war Montag. Vielleicht war es auch schon spät genug um Dienstag zu sein. Eigentlich war nicht viel Zeit vergangen.
 

Doch sie spürte, dass sie sich sehr nach ihm sehnte. Und wieder, so wie vorhin, als sie sich in der Dunkelheit der Seitenstraße geküsst hatten, spürte sie auch jetzt, dass sich zwischen ihnen etwas verändert hatte. Da war mehr als nur Verlangen.
 

Da war nun noch etwas anderes. Etwas, das viel bedeutungsvoller war und das sich kaum fassen und schon gar nicht beschreiben ließ.
 

Sie war glücklich.

Ein schöner Morgen

Sie hatte die Grenze zwischen Traum und Bewusstsein noch nicht ganz überschritten und so schmiegte sie sich mit einem leisen wohligen Seufzen an die Wärmequelle neben sich.
 

Sie spürte Lippen auf ihren und weil es sich gut und vertraut anfühlte unternahm sie nichts dagegen. Vielmehr störte es sie, als die Berührung verschwand und sie gab einen leisen Protestlaut von sich. Sie spürte Finger durch ihre Haare fahren und öffnete leicht ihre Lippen, als er sie erneut küsste. Dieses Mal inniger und weniger sanft und davon wurde sie wach.
 

Er hielt sie mit einem Arm umschlungen, hatte seine andere Hand an ihren Hinterkopf gelegt. Er hielt sie fest an sich gezogen und hatte sich leicht über sie gebeugt, während er sie küsste.
 

"Guten Morgen", flüsterte sie, als er sie freigab.
 

"Du bist so wunderschön", sagte er ein wenig atemlos und er betrachtete sie liebevoll.
 

"Wie spät ist es?", fragte sie und berührte leicht mit ihren Fingern seine Wange.
 

Er war auch wunderschön.
 

"Kurz vor halb acht."
 

Er nahm seine Hand aus ihrem Haar und legte sie auf ihre Hand, mit der sie seine Wange berührt hatte und die sie gerade hatte zurückzuziehen wollen. Er drehte leicht seinen Kopf und berührte mit seinen Lippen sanft ihre Handfläche. Das kitzelte und sie musste ein wenig lachen.
 

Das schien ihn zu freuen, denn er lächelte.
 

"Musst du nicht zum Frühstück und dir anhören, was sie gestern Abend noch mit Shisui besprochen haben?", fragte sie und streckte sich ein wenig.
 

"Doch", sagte er, aber er betrachtete sie bloß in aller Ruhe. "Muss ich. Aber dieser Moment ist so kostbar und ich zögere es hinaus."
 

Sie blickte ihn ein wenig fragend an und er beugte sich wieder zu ihr und gab ihr noch einen kurzen Kuss.
 

"Du wirst immer zutraulicher", sagte er sanft und strich mit der Hand seines freien Armes über die Haut an ihrem Hals. "Du suchst von dir aus meine Nähe. Sogar im Schlaf. Das habe ich mir so lange gewünscht. In der Zeit vor der Hochzeit und auch in all den Stunden, die wir gemeinsam in diesem Bett gelegen haben."
 

"Hat es dich traurig gemacht?", fragte sie zaghaft.
 

Hatte er die ganze Zeit neben ihr gelegen und sich gewünscht, dass alles anderes wäre zwischen ihnen? Wahrscheinlich. Das machte sie nun auch traurig.
 

"Ja."
 

Sie musste sein Gesicht und berührte kurz und zärtlich mit ihren Fingern seine Lippen.
 

"Das war nicht meine Absicht", flüsterte sie. "Ich wollte dich nicht traurig machen."
 

"Das weiß ich", sagte er sanft. "Du hattest Angst. Und ich habe endlich auch in vollem Umfang verstanden warum. Ich habe dich teilweise behandelt wie dein Vater. Aus anderen Gründen. Aber ich habe dich unterdrückt und angeschwiegen. Das muss dich so verunsichert haben!"
 

"Aber du bist nicht wie er", flüsterte sie und sie betrachtete fasziniert sein schönes Gesicht. "Das habe ich jetzt verstanden. Ich habe keine Angst mehr vor dir."
 

Er lächelte und sie fand, dass er wunderschön aussah, wenn er so lächelte. Nicht auf eine wehmütige Art, sondern auf eine Art, die ihn glücklich aussehen ließ. Und irgendwie war sie ein bisschen stolz, dass sie ihn so sehen durfte. Dass sie ihn auf eine Art sehen durfte, auf die andere, vielleicht abgehen von seiner Familie, ihn nie sehen durften, weil er immer seine perfekt kontrollierte Maske trug.
 

Er griff nach ihrer Hand, verschränkte fest seine Finger mit ihren und betrachtete zufrieden den Ring an ihrem Finger.
 

"Was denkst du gerade?", fragte sie und sie musste wieder ein bisschen lachen, weil er so selbstgefällig aussah.
 

Er grinste leicht.
 

"Dass ich es gut finde, dass du mir gehörst."
 

"Ich gehöre mir selbst!", sagte sie ein wenig belustigt und ein wenig verärgert und zog an ihrer Hand.
 

Er verstärkte bloß seinen Griff und drückte ihre Hand neben ihrem Kopf in das Kissen.
 

"Selbstverständlich", sagte er mit einem unverschämten Lächeln. "Aber das ist ja nicht unbedingt ein Widerspruch. "Ich meine damit bloß, dass dich kein anderer haben kann. Ich mag es bloß, dass du diesen Ring trägst, dass du meinen Namen trägst und dass du in meinen Bett schläfst."
 

"Schau nicht so", sagte er besänftigend und mit einem leisen Lachen und er wollte ihr noch einen Kuss geben.
 

Sie drehte den Kopf weg und zog wieder an ihrer Hand. Er küsste stattdessen einfach ihren Hals und drückte ihre Hand noch ein wenig fester in das Kissen.
 

"Sei nicht verärgert", murmelte er belustigt gegen ihre Haut. "Das ist nur fair. Ich gehöre schließlich auch dir. Du hast doch viel mehr Macht über mich als ich über dich!"
 

Sie drehte überrascht ihren Kopf zurück und blickte ihn verwirrt an.
 

Er sah auf sie hinab und lachte wieder leise.
 

"Ich kann dich vielleicht festhalten", sagte er und strich mit seinem Daumen leicht seitlich über die Hand, die er immer noch verschränkt mit seiner hielt.

"Aber du entscheidest darüber, ob ich glücklich sein kann oder nicht. Denn ich kann nur glücklich sein, wenn du nicht unglücklich bist. Ich kann nur glücklich sein, wenn du bei mir sein möchtest und du dich bei mir wohl fühlst. Wenn ich dich bloß zwinge, dann kann dich zwar niemand anderes haben, aber dann bekomme ich trotzdem nicht, was ich mir wünsche. Ich bin dir vollkommen ausgeliefert, verstehst du das nicht?"
 

Sie konnte ihn nur verwirrt anblicken.
 

"Aber... aber wieso?", fragte sie. "Wieso bin ich dir nur so wichtig?"
 

Sein Lächeln verschwand. Er ließ auch ihre Hand los und er sah sie ernst an.
 

"Ich liebe dich Sakura", sagte er schlicht. "Ich habe schon versucht dir zu erklären warum. Aber solche Dinge haben mit Vernunft und Logik nichts zu tun. Man kann es nicht erklären. Es ist eben so."
 

Sie spürte wie ihr Herzschlag sich bei seinen Worten ein wenig beschleunigt hatte. Es war das allererste Mal, dass er so etwas zu ihr gesagt hatte. Sie zögerte kurz und überlegte, was sie dazu sagen wollte. Richtig erwidern konnte sie es nicht. Vielleicht, weil sie erst einmal lernen musste sich selbst richtig zu lieben.
 

Aber er war ihr nicht egal. Das war er nie gewesen. Selbst dann nicht, als sie sich noch sehnlichst gewünscht hatte von hier fortzukönnen. Doch das wünschte sie sich nicht mehr. Er war ihr Mann und irgendwie gehörten sie zusammen.
 

Und weil sie nicht wusste, was sie sagen wollte, tat sie einfach, was sie tun wollte. Also umschloss sie zärtlich sein Gesicht mit ihren Händen, zog ihn zu sich und küsste ihn. Ganz sanft und gefühlvoll.
 

Danach lagen sie einfach einen Moment da und sahen sich an.
 

"Sasuke?"
 

"Hm?"
 

"Irgendwie ist alles plötzlich anders. Findest du nicht auch?"
 

Er lächelte wieder auf diese Art, die ihn glücklich aussehen ließ und sie spürte wie ihr Herz einen kleinen freudigen Hüpfer machte.
 

"Ja", sagte er.
 

"Du bist anders", flüsterte sie.
 

"Es ist sehr viel einfacher für mich mich zugänglich zu verhalten und solche Dinge zu dir zu sagen, wenn ich weiß, dass du mich nicht verabscheust."
 

"Das habe ich nie!", sagte sie rasch.
 

Er lächelte wieder. "Du weißt, was ich meine."
 

"Ja", flüsterte sie und streckte ihre Hand nach der seinen aus. Für ihn waren die letzten Monate mit ihr sicher auch alles andere als leicht gewesen.
 

Eine arrangierte Ehe in etwas zu verwandeln, in dem es echte Zuneigung gab, war vermutlich ohnehin keine ganz leichte Aufgabe. Er hatte sehr mit seinem schlechten Gewissen seinem Bruder und ihr gegenüber zu kämpfen gehabt. Und sie hatte es ihm auch nicht gerade leicht gemacht. Sie hatte offenbar einiges aufzuarbeiten und erst seit gestern Abend hatte sie wirklich verstanden, dass sie ein wenig 'kaputt' war und dass sie sich wohl etwas Zeit geben musste um das anzuerkennen und sich dann vielleicht ein wenig verändern zu können. Wenn sie all diese Probleme nicht mitgebracht hätte, dann wäre es wohl für sie beide viel leichter gewesen.
 

Es fiel ihr schwer sich deswegen nicht direkt wieder so zu fühlen, als wäre sie einfach falsch und als würde alles an ihr liegen. Aber sie alle hatten ihr gestern gesagt, dass sie nichts Falsches getan hatte. Und sie hatte Madara versprochen, dass sie versuchen würde zu akzeptieren, dass sie schlecht behandelt worden war.
 

"Guten Morgen ihr beiden", sagte Madara beiläufig von seinem Platz am Ende des langen Tisches aus und sah kurz von seiner Zeitung auf, als sie gemeinsam den Frühstückssaal betraten.
 

Sasuke war schließlich doch aufgestanden, also hatte sie sich auch rasch angezogen und ihn nach unten begleitet. Wieder schien sie die einzige weibliche Person im Saal zu sein und wieder fragte sie sich, ob sie mit ihrer Anwesenheit die offenbar von allen akzeptierte Ordnung durcheinanderbrachte.
 

"Sasuke! Ich muss etwas mit dir besprechen", sagte Fugaku.
 

"Guten Morgen Sakura", fügte er freundlich an sie gewandt hinzu.
 

Sie lächelte höflich und Sasuke strich ihr kurz beiläufig über den Rücken und ging dann an dem langen Tisch entlang zu seinem Vater und Madara hinüber.
 

Sakura wandte sich zur Seite und sah ein wenig unsicher zu Itachi, Obito und Shisui. Sie schienen schon fertig mit Frühstücken zu sein, aber sie sahen noch nicht so aus, als ob sie unmittelbar davor waren aufzubrechen.
 

Itachi hob den Kopf und sah sie an.
 

"Komm ruhig her Sakura", sagte er freundlich und Obito schenkte ihr Kaffee ein und stellte ihre Tasse vor ihr ab, bevor sie sich richtig gesetzt hatte.
 

"Störe ich eure Gespräche, wenn ich hier herkomme?", fragte sie ein wenig vorsichtig. "Weil ich ja nicht alles wissen darf bisher?"
 

Shisui lachte. "Nein, keine Sorge. Wie geht es dir? Konntest du schlafen? Dein Leben ist ja momentan ein einziges emotionales Auf und Ab, was?"
 

"Ja", antwortete Sakura mit einem müden Lächeln. "Ich komme kaum hinterher mit dem Verarbeiten. Aber ich habe sehr gut geschlafen. Und ich wollte mich nochmal bedanken, ihr seid wirklich sehr nett zu mir! Ihr alle!"
 

"Das ist eigentlich normal in einer Familie Sakura", sagte Obito belustigt und dann streckte er seine Hand aus und tätschelte tatsächlich kurz zweimal ihren Kopf.
 

"Hey!", sagte sie verdutzt und musste ein wenig lachen, als er grinste.
 

"Guckt euch Sasuke an", sagte Itachi belustigt und Obito und Shisui taten das auch sofort.
 

Sakura sah auch rasch zu dem ein paar Meter entfernten Tischende hin. Sasuke saß neben seinem Vater und hörte ihm aufmerksam zu, aber er sah zu ihnen hinüber.
 

"Mann, ist der eifersüchtig!", sagte Obito grinsend.
 

Er streckte seine Hand aus und Sakura zuckte zusammen, als er einfach ihre Wange berührte. Sie erstarrte.
 

Dann fingen Itachi, Obito und Shisui an leise zu lachen, als Sasuke ihnen den Mittelfinger zeigte. Gerade so schaffte er es das rasch mit einer anderen Bewegung zu überspielen und seinen Vater aufmerksam anzusehen, als Fugaku von dem Tablet Bildschirm aufsah, über dessen Inhalt er wohl gerade gesprochen hatte.
 

Obito nahm seine Finger wieder von ihrer Wange.
 

"Tut mir sehr leid Sakura", sagte er höflich. Es klang überhaupt nicht so, als würde es ihm leidtun.
 

"Daran muss er noch ein bisschen arbeiten", sagte Itachi belustigt.
 

"Ja! Er würde sie am liebten einsperren, damit ihr niemand zu nahe kommen kann!", grinste Shisui.
 

"Er gibt sich Mühe! Er hat mir ein Auto gekauft und dafür gesorgt, dass ich ihn nicht mehr um Erlaubnis bitten muss, wenn ich irgendwo hin möchte!"
 

Es überraschte Sakura selbst, dass sie das gerade gesagt hatte. Aber sie war ein wenig ärgerlich, dass sie so über ihn sprachen, obwohl er wirklich alles für sie tat, was er konnte. Und sie ärgerte sich auch, dass sie schon wieder in der dritten Person von ihr sprachen, obwohl sie daneben saß.
 

Sie hörten auf zu lachen und sahen sie alle an.
 

Leider fing Obito direkt wieder an zu grinsen.
 

"Ich glaube deine Chancen Onkel zu werden stehen doch gar nicht so schlecht Itachi!", sagte Shisui belustigt. "Täusche ich mich, oder hat sie ihn gerade verteidigt?"
 

Sakura sah sie bloß alle irritiert an. Sie machten sie echt fertig. Sie alle! Wie konnten sie hier so entspannt sitzen und total albern sein und dann im nächsten Moment plötzlich wieder total ernst sein und über irgendwelche dubiosen und unheimlichen Dinge wie Waffenlieferungen reden? Irgendwie ging das in ihrem Kopf nicht zusammen.
 

"Au!", sagte Obito vorwurfsvoll und Sakura zuckte zusammen. Sie hatte nicht bemerkt, dass Sasuke hinter sie getreten war. Obito war das scheinbar auch erst aufgefallen, als er einen Klaps gegen den Hinterkopf bekommen hatte.
 

"Sakura ist kein Spielzeug!", sagte Sasuke verärgert.
 

"Reg dich ab Sasuke!", sagte Shisui. "War doch nur Spaß!"
 

Obito stand auf.
 

"Ich muss los", sagte er zu Sasuke. "Als Entschädigung kannst du meinen Platz haben, dann kannst du neben ihr sitzen."
 

Er sagte es, als meinte er es ernst, aber man sah deutlich, dass er ein Lachen unterdrückte.
 

"Du bist so gut wie tot mein Freund!", sagte Sasuke in einer Mischung aus Belustigung und Verärgerung und nahm auf dem Stuhl platz, von dem Obito gerade aufgestanden war. "Heute Abend beim Training lasse ich dich das bereuen!"
 

"Oje", sagte Obito halb ernst und halb sarkastisch und hob dann als Abschiedsgruß leicht die Hand bevor er ging.
 

Die meisten brachen nun auf und weil sie spät aufgestanden waren, blieb Sasuke nicht viel Zeit, sodass er sich mit dem Essen beeilen musste und ihr nur noch schnell einen kurzen Kuss gab, bevor auch er eilig den beinahe leeren Saal verließ.
 

Sakura nahm sich etwas mehr Zeit für ihr Frühstück.
 

Sie fühlte sich ein bisschen zurückgelassen. Sie hatten alle so wichtige Aufgaben. Sie wollte auch einen Job!
 

Was sollte sie nun unternehmen?
 

Sie dachte an ihr Auto und an den Mann namens Juugo. Er war ihr unheimlich.
 

Aber so Manches hier hatte sich im Nachhinein als weniger unheimlich entpuppt, als sie einmal gedacht hatte.

Neues

Eine Weile kniete sie auf ihrem Bett und blickte auf das Display ihres Smartphones.
 

Sie hatte sich fertig zurechtgemacht und nun versuchte sie sich zu überwinden den Mut aufzubringen dem Mann namens Juugo eine Nachricht zu schicken und zu fragen, ob er sie begleiten würde.
 

Bloß war sie sehr hin und hergerissen.
 

Einerseits wollte sie mutig sein und dazulernen und Autofahren üben. Andererseits kam es ihr etwas sinnlos vor nun einfach in der Gegend herumzufahren und ihn dafür extra zu bemühen. Ob er wohl noch andere Sachen zu erledigen hatte, von denen sie ihn dann abhalten würde? Das wäre ihr irgendwie sehr unangenehm.
 

Und vor dem Autofahren an sich hatte sie auch Respekt. Am liebsten hätte sie es alleine für sich und unbeobachtet versucht. Mit Sasuke war sie zwar auch gefahren, aber da war die ganze Situation anders gewesen. Und dadurch, dass er sie ein bisschen aufgezogen hatte, hatte es dem Ganzen auch ein wenig die Bedeutung genommen. Rückblickend stellte sie fest, dass er ihr dadurch ziemlich geholfen hatte mit ihrer Nervosität umzugehen. Juugo würde sicher wie die anderen Security Leute einfach die ganze Zeit schweigen. Und dann würde sie sich total blöd vorkommen.
 

Sie löschte die Nachricht wieder, die sie versucht hatte zu schreiben.
 

War sie nun feige?
 

Sie streckte sich auf dem Bett aus und kuschelte sich in eines der Kissen. Sie musste sich irgendwas überlegen, das ihr einen Grund geben würde zu fahren. Dann würde sie sich nicht so blöd vorkommen.
 

Sie strich leicht über das Kissen. Es roch nach ihm. Nach seinem Duschgel. Und einfach nach ihm.
 

Sie drehte sich auf den Rücken und sah an die weit entfernte Decke.
 

Was er wohl gerade tat? Hatte er heute einen guten Tag? Oder einen schwierigen?
 

Sie dachte daran, wie sie letzte Nacht miteinander geschlafen hatten. Es war toll gewesen. Mittlerweile liebte sie es, wenn sie das taten. Abgesehen von den ersten paar Malen hatte sie es nie unangenehm gefunden. Es hatte ihr immer gefallen. Aber in letzter Zeit - und besonders seit gestern - war auch das anders. Sie merkte sogar, wie sie schon wieder anfing sich nach ihm zu sehnen, wenn sie jetzt daran dachte.

Sie liebte es, wie er sie dabei ansah. Und sie liebte es, wie er sie anfasste. Und sie liebte es wie er sich anfühlte.
 

'Sakura!', ermahnte sie sich in Gedanken. 'Reiß dich zusammen! Heute Abend ist er wieder da und bis dahin musst deine Zeit sinnvoll nutzen!'
 

Denn sonst würde sie für immer nur darauf warten, dass er zu ihr zurückkommen würde.
 

Sie setzte sich entschieden wieder auf.
 

In diesem Moment gab ihr Smartphone ein Nachrichtensignal von sich und sie nahm es in die Hand um einen Blick darauf zu werfen. Es war eine Nachricht von ihrer Mutter. Schon wieder.
 

Ihr Vater hatte sich nicht bei ihr gemeldet seit der Sache auf dem Empfang am Vorabend. Ihre Mutter hatte sie dreimal angerufen, aber Sakura hatte keine Lust gehabt mit ihr zu sprechen. Sie hatte das Gefühl das alles dringend erst einmal verdauen zu müssen. Und nachdem Madara und die anderen ihr so deutlich gesagt hatten, dass es nicht in Ordnung war, wie sie sie ihr Leben lang behandelt hatten, wollte sie sich ein wenig Zeit geben richtig hinzufühlen und herauszufinden was sie eigentlich in Bezug auf ihre Familie und insbesondere ihre Eltern empfand.
 

Sie öffnete die Nachricht und sie war sofort froh, dass sie keinen der Anrufe angenommen hatte. Denn ihre Mutter hatte bloß geschrieben:
 

'Sakura, bitte sei nicht albern! Melde dich!'
 

Also dachten sie offenbar immer noch, dass sie einfach nur kurz Zeit brauchen würde und dass dann alles wieder gut wäre.
 

Doch das erste Mal hatte sie nicht das Gefühl, dass sie sich unbedingt vertragen wollte. Vielleicht war das so, weil sie sich bei den Uchihas in letzter Zeit um einiges wohler fühlte. Alle hier waren nett zu ihr. Niemand tat ihr weh oder redete ihr etwas ein. Und obwohl es hier Geheimnisse gab und manches sehr mysteriös und ein bisschen unheimlich war, hatte sie dennoch das erste Mal in ihrem Leben das Gefühl an einem Ort sicher zu sein. Das erste Mal hatte sie das Gefühl, dass nicht gleich etwas passieren würde oder sie sich falsch verhalten würde und ihr Gefühl von Sicherheit sofort wieder zusammenbrechen würde. Sie hatte nie gelernt sich auf emotionale Zuneigung verlassen zu können und einfach Vertrauen haben zu können. Aber das, was sie momentan hatte, fühlte sich zumindest sehr viel besser an als alles, was sie zuvor empfunden hatte.
 

Sakura stand entschlossen auf und ging zu dem Tisch hinüber, auf dem ihr Tabet lag. Sie setzte sich damit in einen der Sessel. Sie wollte noch einmal nach den Stellenanzeigen sehen und dann vielleicht eine Studie weiter durchgehen.
 

Routinemäßig checkte sie wie jeden Morgen kurz ihre Mails, doch sie erwartete nicht irgendwas außer Spam oder Newslettern vorzufinden. Und darum starrte sie einen ganzen Moment ungläubig auf die E-Mail, die in ihrem Posteingang war.
 

Nun hatte sie doch einen Grund, um in die Stadt zu fahren.
 

Sollte sie das wirklich tun?
 

Eigentlich sprach nichts dagegen, oder? Sie fühlte sich schrecklich nervös. Aber sie entschied nicht zu lange nachzudenken und einfach zu handeln.

Sie nahm eilig ihr Smartphone wieder in die Hand und schrieb eine Nachricht an Juugo, in der sie fragte, ob er um sechzehn Uhr mit ihr in die Stadt fahren würde.
 

Sie saß da und wartete mit klopfendem Herzen. Aber sie brauchte nur ein paar Sekunden zu warten, dann kam schon eine Antwort.
 

"Ich werde um sechzehn Uhr bei Ihrem Auto warten."
 

Und das tat er auch, wie Sakura feststellte, als sie schließlich auf den Hof trat. Die Zeit bis dahin war für sie zugleich sehr schnell und zugleich sehr langsam vergangen. Sie hatte sich eine ganze Weile inhaltlich vorbereitet. Dann hatte sie mit ein paar der anderen Frauen im Speisesaal zu Mittag gegessen und sich etwas mit Mira und Amaya unterhalten. Von ihrem Vorhaben hatte sie jedoch lieber nichts erzählt. Sie fühlte sich unsicher und sie hatte das Gefühl gehabt darüber zu sprechen hätte das bloß verschlimmert, da sie sich dann vermutlich mit skeptischen Nachfragen hätte auseinandersetzen müssen. Anschließend hatte sie ziemlich lange überlegt, was ein geeignetes Outfit sein würde und sich dann für etwas möglichst Seriöses entschieden. Sie hatte sich auch die Haare ordentlich hochgesteckt, um nicht zu mädchenhaft zu erscheinen.
 

"Guten Tag", sagte Juugo sachlich, als sie bei ihm ankam.
 

Es war ein kühler und regnerischer Herbsttag und er trug einen dunklen Mantel über seinem schwarzen Anzug. Ob er wohl bewaffnet war? Er war ihr unheimlich.
 

"Guten Tag!", sagte Sakura und sie versuchte es mit einem freundlichen Lächeln.
 

Der große Mann stand bloß da und sah sie abwartend an.
 

Das irritierte sie für einen kleinen Moment. Sie war es nicht gewohnt, dass jemand ihr die Führung überließ. Ihr Vater hatte das nie getan. Und Sasuke war ebenfalls nicht der Typ, der sich unterordnete. Genauso wie die anderen Männer, die sie bisher kennengelernt hatte. Selbst Naruto und seine Freunde ergriffen gerne selbst die Initiative.
 

Aber das sagte natürlich über Juugo absolut nichts aus. Außer dass er seinen Job ernst nahm. Sasuke hatte ihr gesagt, dass er sich nicht einmischen würde. Also entschied sie einfach zu tun, was sie wollte. Sicher würde er ihr sagen, falls etwas davon ein Problem sein würde.
 

"Ich habe noch nicht viel Fahrerfahrung", sagte sie höflich zu ihm. "Ich möchte gerne selbst fahren, um das zu ändern. Bitte entschuldigen Sie, dass es vielleicht noch ein bisschen braucht, bis ich das richtig kann."
 

Er nickte knapp, drehte sich um und ging zur Beifahrertür hinüber. Also holte sie rasch ihren Schlüssel aus ihrer Handtasche und schloss das Auto auf.
 

Während sie zur Fahrerseite hinüberging, fühlte sie sich schrecklich nervös. Im Auto hatte sie das Gefühl sich erst einmal alles in Ruhe ansehen zu müssen, aber alles sah so aus, wie man es erwarten konnte. Besser sogar. Sie hatte keine Ahnung von Autos. Aber rein optisch gefiel ihr sehr gut, was Sasuke für sie ausgesucht hatte. Sie war dankbar für dieses Geschenk.
 

Sie tat es Juugo gleich und schnallte sich an, sobald sie ihren Sitz und die Spiegel richtig eingestellt hatte.
 

"Okay", sagte sie ein bisschen nervös, vermutlich mehr zu sich selbst und startete den Motor. Soweit kein Problem.
 

Vor dem Tor hielt sie an, wie Sasuke es auch immer tat, fuhr kurz ihr Fenster herunter und sah in die Kamera, damit die automatische Gesichtserkennung sie registrieren konnte. Es klappte. Das Tor öffnete sich. Das erleichterte sie. Irgendwie hatte ein Teil von ihr beinahe erwartet, dass es 'nicht autorisiert' sein würde.
 

Als sie die Allee hinter dem Tor entlang fuhr, die noch zu dem Privatgelände der Uchihas gehörte, warf sie Juugo einen raschen Blick zu. Aber er saß bloß ruhig neben ihr und sah aufmerksam durch die Scheibe nach draußen.
 

Sollte sie sich mit ihm unterhalten? Sollte sie ihm sagen, wo sie hin wollte? Oder würde er das merkwürdig finden?

Sie hatte keine Ahnung, was das richtige Verhalten wäre. Und auch abgesehen davon hatte sie keine Ahnung was sie selbst eigentlich diesbezüglich wollte. Sie war immer noch sehr nervös wegen dem Fahren und sie hoffte, dass sie mit dem Parkhaus gut zurechtkommen würde. Das, was danach kommen würde, verunsicherte sie bloß noch mehr. Sie entschied sich zunächst einfach auf das Autofahren zu konzentrieren und sich über alles andere zu einem späteren Zeitpunkt Gedanken zu machen.
 

Aber sie schaffte es. Sie schaffte es in den engen, hektischen Straßen der Hauptstadt zu fahren. Und sie schaffte es auch im Parkhaus ordentlich einzuparken. Es war vielleicht nicht gerade perfekt, aber sie fand, dass sie so stehen bleiben konnte und dass sie niemanden behinderte.
 

Sie musste stark den Impuls unterdrücken vorsichtig zu Juugo zu sehen, um eine Bestätigung dafür zu bekommen, dass sie sich richtig verhielt. Denn das hatte sie sich ihr Leben lang so angewöhnt. Nach gestern Abend war ihr klar geworden, dass sie das ständig tat. Dass sie kaum in der Lage war eigenständige Entscheidungen zu treffen, ohne sich immer mit Blicken rückzuversichern, dass es in Ordnung war, was sie tat. Doch so sollte sich eine erwachsene, eigenständige Frau wohl nicht verhalten. Und darum versuchte sie nicht zu Juugo zu sehen, um zu überprüfen, ob er billigte, wie sie geparkt hatte.
 

Er stieg mit ihr aus, sah ich kurz beiläufig auf der Etage des Parkhauses um und sah ihr dann zu, wie sie das Auto abschloss und den Schlüssel sorgsam in ihrer Handtasche verstaute.
 

Sie warf ihm nun doch kurz einen vorsichtigen Blick zu.
 

Sie hatte die ganze Zeit das Gefühl ihm ihre Handlungen erklären zu müssen. Allerdings sah er nicht so aus, als würde er so etwas erwarten. Vielmehr schien er darauf zu warten, dass sie etwas tat.
 

Also lächelte sie ihn kurz an, ignorierte, dass er keine Mine verzog und wandte sich dann um, um auf die Tür zum Treppenhaus zuzugehen, um das Parkhaus in Richtung Fußgängerzone zu verlassen.

Sie hörte, wie er mit ungefähr einem oder zwei Meter Abstand hinter ihr her ging. Irgendwie kam sie sich ziemlich albern vor. Doch sie versuchte sich auf das zu konzentrieren, was vor ihr lag.
 

Es war nicht weit. Ihr Weg führte sie ein Stück die Fußgängerzone entlang. Aus der Ferne konnte sie sogar das Polizeipräsidium sehen. Dort war Sasuke wahrscheinlich jetzt gerade. Vielleicht saß er an seinem Schreibtisch.

Dachte er während seines Tages manchmal an sie? Hatte er noch dieses Bild von ihr auf seinem Schreibtisch stehen?

Das Bild kam ihr dort immer noch ein wenig fehl am Platz vor. Aber vielleicht mochte er es einfach sehr. Es war ein hübsches Foto, das ließ sich nicht leugnen. Und außer ihm bekam es vermutlich kaum jemals jemand zu Gesicht. Außer ihm und seinem Vater würden wohl nicht viele Menschen um seinen Schreibtisch herumgehen.
 

Was war heute mit ihr los? Sie hatte etwas Wichtiges zu erledigen, sie musste konzentriert bleiben. Wieso dachte sie heute ständig an ihn?

Bloß, weil sie sich gerade so unsicher fühlte und sie sich bei ihm in letzter Zeit so sicher und geborgen gefühlt hatte? Auf jeden Fall musste sie jetzt endlich aufhören über ihn nachzudenken!
 

Sie ging noch zwei Seitenstraßen entlang und dann war sie an ihrem Zielort angekommen. Das war nicht schwer gewesen. Sie hatte genau gewusst wo sie hin musste. Schließlich war sie schon einmal hier gewesen. Vor ungefähr zwei Jahren, als sie mit ihrem Semester dieses Institut besichtigt hatte.
 

Vor den Türen des Eingangsbereiches blieb sie stehen, um sich einen Moment zu wappnen. Sie sah zu Juugo hinüber.
 

"Ich bin wegen eines Vorstellungsgespräches hier", sagte sie ein wenig zaghaft. "Wäre es vielleicht möglich, dass ich alleine das Gespräch führe? Wäre es möglich das Sie draußen vor dem Raum warten?"
 

Irgendwie glaubte sie, dass sie sich besser anstellen würde, wenn sie nicht das Gefühl hatte, dass er sie beobachtete. Vielleicht würde sie es nicht gut machen. Dann würde sie gerne einfach aus dem Raum gehen, es hinter sich lassen und es woanders noch einmal probieren können. Aber wenn er alles mitbekam, dann ging das nicht. Dann würde sie es nicht einfach hinter sich lassen können. Und vermutlich würde er Sasuke alles berichten. Wahrscheinlich tat er das ohnehin.
 

"Nein", sagte Juugo sachlich. "Das ist leider nicht möglich."
 

"Ich verstehe", sagte Sakura.
 

Sie wandte sich wieder nach vorne zum Eingang.
 

Egal. Dann musste es eben so gehen.

Vorstellungsgespräch

Sakura fand, dass sie wirklich Glück gehabt hatte.
 

Am Montagmorgen, bevor sie sich zum Friedhof hatte fahren lassen, hatte sie nach Stellenanzeigen geschaut und überlegt, ob irgendetwas davon zu den Bedingungen, die Madara und die anderen ihr am Sonntagabend nach ihrer Rückkehr aus den Bergen genannt hatten, in Frage kommen würde.
 

Bei genau einer Stellenanzeige hatte sie das Gefühl gehabt, dass vielleicht die Möglichkeit bestehen könnte, dass das irgendwie hinzubekommen wäre. Und weil sie sich vorgenommen hatte mutiger zu werden, hatte sie ihre Bewerbungsunterlagen, die sie schon seit ihrem ersten Versuch vor der Hochzeit als Dateien fertig gehabt hatte, auf diese neue Stelle angepasst und weggeschickt. Denn bei der Stellenanzeige hatte gestanden, dass Bewerbungen entweder analog oder digital eingereicht werden konnten. Und nach dem, was ihr Vater getan hatte, was sie froh, dass sie nun sicher sein konnte, dass ihre Unterlagen auch wirklich ankommen würden.
 

Sie hatte dennoch nicht so richtig damit gerechnet, dass darauf jemand reagieren würde. Schon gar nicht nach nur einem Tag. Sie hatte einfach nur üben wollen sich Dinge zu trauen, vor denen sie Respekt hatte.
 

Und selbst wenn sie damit gerechnet hätte, dass sich jemand melden würde, dann hätte sie nicht damit gerechnet, dass sie zu einem Vorstellungsgespräch würde hingehen können. Denn das war vor dem Empfang gewesen. Und das war gewesen bevor Sasuke ihr das Auto gegeben hatte und sie erfahren hatte, dass sie nun mit Juugos Begleitung mehr Eigenständigkeit würde bekommen können.
 

Doch seit sie heute morgen die Einladung zu diesem Vorstellungsgespräch in ihrem Posteingang gefunden hatte und ihr klar geworden war, dass sie es wirklich würde versuchen können, wollte sie diesen Job. Sie war nicht bloß hierhergekommen um etwas zu üben.
 

Natürlich würde es darauf wohl am Ende hinauslaufen. Denn sie glaubte nicht daran, dass sie diesen Job bekommen könnte. Wahrscheinlich würden andere Kandidaten da sein, die weit flexibler oder erfahrener wären. Und wie sah es denn bitte aus, wenn man mit einem Bodyguard zu einem Vorstellungsgespräch kam? Ganz abgesehen von den anderen Einschränkungen, die sie hatte.
 

Unter diesen Umständen hierherzukommen, obwohl eigentlich alles dagegen sprach, kostete sie unglaublich viel Überwindung. Nicht zuletzt, weil ohnehin alle dagegen sein würden.

Sasuke hatte ihr deutlich gesagt dass er es am liebsten hätte, wenn sie weiterhin zuhause auf ihn warten würde. Und seiner Familie ging das mit Sicherheit auch so. Sie wollten einfach nur, dass sie Sasuke Nachkommen schenken würde.

Sie waren bereit gewesen ihr zuliebe Zugeständnisse zu machen. Aber selbst dabei hatten sie sehr verhalten reagiert und ihr lediglich zugesichert, dass sie sie anhören und es sich überlegen würden, sollte sie eine Stelle finden können, die ihre Bedingungen erfüllte. Dabei ging es um das Sicherheitsthema. Das hatte sie verstanden. Doch auch abgesehen davon hielt es niemand für eine gute Idee, wenn sie arbeiten würde.

Und es fiel ihr nicht leicht trotz alledem darauf zu bestehen. Noch dazu hatte sie ohnehin überhaupt keine Ahnung, wie ein Bewerbungsgespräch ablief. Sie hatte keine Erfahrung. Alles was sie wusste, hatte sie sich im Internet angelesen.
 

Und dennoch. Sie war es ihrer Großmutter schuldig. Sie wollte es versuchen. Und vorallem war sie es sich selbst schuldig.
 

Also ging sie entschlossen durch den Eingangsbereich auf den Empfang zu und sie versuchte Juugos Schritte hinter sich zu ignorieren.
 

Die Vorstellungsgespräche fanden offenbar im zweiten Stock statt. Sakura fand den Raum mit der richtigen Nummer. Doch sie wusste auch vorher schon, dass sie hier richtig sein würde, weil auf den Stühlen in dem kleinen Wartebereich davor noch ein junger Mann und eine junge Frau saßen, die ebenfalls so aussahen, als ob sie für ein Bewerbungsgespräch angezogen wären.

Vielleicht waren sie noch vor ihr dran? Oder sie hatten ebenfalls sicher gehen wollen, dass sie pünktlich waren und sie waren etwas zu früh gekommen?
 

"Guten Tag", sagte sie höflich.
 

Der junge Mann erwiderte das ebenso höflich und die Frau nickte ihr kurz zu.
 

Sakura versuchte zu ignorieren, dass sie sie und Juugo musterten und sie setzte sich auf einen der Stühle am Rand des Wartebereichs. Sie sah kurz zu Juugo.
 

Er schien sich nicht setzen zu wollen. Er war neben ihr stehen geblieben, die Hände hinter dem Rücken gefaltet. Er sah sich aufmerksam um und blickte kurz ebenfalls zu den anderen beiden Bewerbern.
 

Beide sahen rasch weg.
 

"Sind Sie beide auch hier, um sich auf die Assistenzstelle zu bewerben?", fragte der junge Mann.
 

Sakura hörte rasch auf ihre Hände zu betrachten, die sie auf ihrer Handtasche auf ihrem Schoß abgelegt hatte.
 

"Nur ich", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln.
 

Juugo schwieg.
 

"Ah", sagte der Mann. "Ich verstehe."
 

Es klang nicht danach, als ob er das tun würde. Und Sakura konnte ihm das beim besten Willen nicht verübeln. Sie mussten ein merkwürdiges Bild abgeben.
 

Eine Viertelstunde später öffnete sich die Tür zu dem Raum in dem scheinbar die Bewerbungsgespräche stattfanden.
 

Drei Leute kamen heraus, sahen kurz zu ihnen hinüber und entfernten sich dann den Gang entlang.
 

Ihnen nachgekommen war ein Mann mit Klemmbrett, der an der Tür stehen blieb, kurz auf seine Unterlagen sah und dann beschwingt sagte:
 

"So! Und dann hätten wir noch Kudo, Johnson und Uchiha. Sie sind dran!"
 

Sakura erhob sich rasch und die anderen beiden ebenfalls. Der Mann mit dem Klemmbrett lächelte ihnen freundlich zu und hielt ihnen die Tür auf.
 

Scheinbar wurden also gleich mehrere Bewerber auf einmal angehört. Das machte es für Sakura nicht gerade besser. Sie hatte auf Einzelgespräche gehofft.
 

"Das ist jetzt einer zu viel", sagte der Mann mit dem Klemmbrett stirnrunzelnd, als Juugo ihnen auch zur Tür gefolgt war.
 

Bevor Sakura etwas sagen konnte, sagte Juugo sachlich zu dem Mann: "Es ist meine Aufgabe auf Mrs Uchihas Sicherheit zu achten. Ich werde leider mit hereinkommen müssen."
 

Und damit ging er einfach an dem Mann vorbei nach drinnen.
 

"Wie bitte?", fragte der Mann und folgte ihnen verwirrt.
 

In dem hellen Raum, der wie alles in dem Gebäude etwas leicht Klinisches an sich hatte, saßen ein weiter Mann und eine Frau an einem langen Tisch, der gegenüber von einem weiteren langen Tisch aufgestellt war, an dem wohl die Bewerber Platz nehmen sollten. Aber niemand nahm Platz, alle blickten verwirrt Juugo an.
 

"Tun Sie einfach so, als wäre ich gar nicht da", sagte Juugo sachlich.
 

Er stellte sich neben die Tür, faltet mit ausdrucksloser Mine wieder die Hände hinter seinem Rücken und rührte sich nicht mehr.
 

"Was hat das zu bedeuten?", fragte die Frau mit einer hochgezogenen Augenbraue.
 

"Er sagt er sei für Mrs Uchihas Sicherheit zuständig", erwiderte der Mann mit dem Klemmbrett. Er wirkte immer noch ziemlich irritiert.
 

Die drei tauschten einen Blick miteinander. Ebenso wie die beiden anderen Bewerber.
 

"Haben Sie einen Stalker?", fragte die Frau ein wenig verdutzt an Sakura gerichtet.
 

"Nein, das nicht", sagte Sakura ein wenig hilflos.
 

"Können Sie ihn bitte draußen warten lassen Mrs Uchiha?", fragte die Frau.
 

"Es tut mir sehr leid für Unannehmlichkeiten zu sorgen", sagte Sakura möglichst selbstsicher. "Aber leider obliegt es nicht mir ihn wegzuschicken. Mein Mann hat ihn engagiert. Ich habe ihn bereits gebeten draußen zu warten, aber das scheint seinen Anweisungen zu widersprechen. Ich möchte sehr gerne an diesem Gespräch teilnehmen. Doch wenn das für Sie unter diesen Umständen nicht möglich sein sollte, dann werde ich selbstverständlich wieder gehen."
 

Sie sah sie alle möglichst gefasst und abwartend an.
 

Ein bisschen wunderte sie sich selbst über ihr sicheres Auftreten. Warum war sie gerade nicht total verschüchtert? Aber irgendwie hatte sie in letzter Zeit so oft vor Madara und den anderen Männern der Uchihas stehen und unangenehme Situationen ertragen müssen, dass das hier ihr gerade vergleichsweise leichter vorkam. Die drei hier waren nicht halb so beängstigend wie Madara, Fugaku oder Izuna.
 

"Es tut mir leid", sagte der Mann, der neben der Frau am Tisch saß, "aber vielleicht sollten Sie wirklich wieder gehen Mrs Uchiha."
 

"Wieso?", fragte die Frau, bevor Sakura irgendetwas tun oder sagen konnte. "Mrs Uchihas Bewerbung hat mir sehr gut gefallen!"
 

Der Mann drehte der Frau das Notebook hin, auf dem er eben kurz etwas eingegeben hatte.
 

"Shizune, sehen sie das?", sagte er leise aber so, dass es dennoch jeder hören konnte. "Die Dame ist Sakura Uchiha. Die Tochter unseres Innenministers. Sie ist mit Sasuke Uchiha verheiratet. Aus der Uchiha Familie. Sie hätten sie gar nicht einladen sollen! Ich denke nicht, dass-"
 

"Bitte entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche", sagte Sakura rasch. Alle sahen sie an.
 

"Ich würde gerne kurz etwas klarstellen", fuhr sie möglichst ruhig fort. "Ich möchte vermeiden, dass es ein Missverständnis gibt. Ich möchte betonen, dass ich wirklich sehr an dieser Stelle interessiert bin. Ich bin auf meinen persönlichen Wunsch hier. Mein Mann und seine Familie haben damit nichts zu tun. Sie werden sich hier also in keiner Weise einmischen. Hinter meinem Erscheinen hier steht keine andere Absicht, als mein Wunsch für diese Stelle vorstellig zu werden. Ich denke, dass ich dafür geeignet sein könnte. Ich möchte wirklich etwas zu diesem Forschungsprojekt beitragen. Und ich bitte Sie mich ganz normal zu behandeln und ein ganz normales Bewerbungsgespräch zu führen. Ist das möglich oder möchten Sie, dass ich gehe?"
 

Einen Moment herrschte Stille.
 

"Ich denke-", setzte der Mann am Tisch an.
 

Aber die Frau namens Shizune fuhr ihm einfach über den Mund und sagte laut und freundlich: "Also gut! Dann setzten Sie sich doch bitte alle!"
 

Der Mann mit dem Klemmbrett warf Juugo einen letzten skeptischen Blick zu und ging dann auch zum Tisch hinüber um dort neben seinen beiden Kollegen Platz zu nehmen.
 

"Shizune", sagte der Mann, den sie eben unterbrochen hatte leise, "ich weiß nicht ob die Führungsetage das für eine gute Idee-"
 

"Wir sind hier um die geeignetste Person für diese Stelle zu finden", sagte Shizune entschieden. "Also werden wir nun wie geplant ein fachliches Gespräch führen, um herauszufinden, ob einer unserer Bewerber hier in unser Team passen könnte. Und wie ich schon sagte, Mrs Uchihas Bewerbung hat mir aus fachlicher Sicht sehr gut gefallen! Fangen wir an!"
 

Sakura verspürte Erleichterung und Dankbarkeit. Sie mochte diese Frau. Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie ihr bloß aus Nettigkeit eine Chance geben wollte. Aber das war egal. Sie hatte diese Hürde überwunden und nun konnte sie versuchen sich fachlich zu beweisen. Darin fühlte sie sich viel sicherer. Und sie glaubte auch, dass sie sich auf das Thema gut vorbereitet hatte.
 

Das schien tatsächlich der Fall zu sein. Sie hatte das Gefühl, dass sie alle Fragen zufriedenstellend beantworten konnte und sie hatte auch den Eindruck, dass Shizune, die wohl für den fachlichen Teil des Gesprächs verantwortlich war, sich mit ihr ein wenig eingehender beschäftigte als mit den anderen beiden. Sakura hatte beinahe zu ihrer eigenen Überraschung den Eindruck, dass das Gespräch gut für sie lief.
 

Zumindest bis sie schließlich doch an einen Punkt kam, an dem sie zögerte. Sie war unentschlossen, ob sie sich nun höflich und diplomatisch verhalten sollte, oder ob sie ganz ehrlich sein sollte.
 

Shizune hatte gerade um die Beurteilung der letzten Studie ihres Forschungsteams gebeten und die beiden anderen Bewerber hatten die Arbeit gelobt.
 

In der Stellenanzeige war natürlich erwähnt worden, dass Voraussetzung für diese Position war, dass man sich mit der Forschungsarbeit vertraut gemacht hatte. Das hatte Sakura getan. Sie hatte sich auch diese letzte Studie im Bereich der Epigenetik angesehen.
 

"Haben Sie die Studie gelesen?", fragte der Mann neben Shizune, weil Sakura nicht gleich antwortete.
 

An seinen Fragen merkte sie, dass er nicht richtig verstand, wieso sie überhaupt hier war. Er schien zu denken, dass es seltsam war, dass sie arbeiten wollte, obwohl sie das Geld nicht brauchte. Er schien auch Sorge zu haben, dass die Uchihas sich hier einmischen könnten. Und es schien ihr auch, dass er ihr das nicht zutraute. Sie glaubte, dass er sie für eine verwöhnte Tochter aus reichem Hause hielt, die sich selbst verwirklichen wollte und die zurückschrecken würde, wenn es daran ging wirklich arbeiten und sich richtig bemühen zu müssen.
 

"Ich habe die Studie gelesen", antwortete Sakura langsam.
 

"Aber?", fragte der Mann mit dem Klemmbrett.
 

"Ich denke", sagte Sakura zögerlich, "dass ich mich meinen Vorrednern in ihrer Beurteilung nicht anschließen kann."
 

"Wie bitte?", fragte der Mann in der Mitte ein wenig irritiert.
 

"Ich denke", sagte Sakura nun etwas selbstsicherer, weil sie sich nun für eine Antwort entschieden hatte, "dass diese Studie nur bedingt aussagekräftig ist. Sie hat Schwächen im Studiendesign. Die Kontrollgruppe war nicht so gewählt, dass daraus ein eindeutiges Ergebnis abzulesen ist."
 

Der Mann hob die Augenbrauen.
 

"Sie kommen hierher und wollen, dass wir Ihnen einen Stelle geben und machen unsere Arbeit schlecht?"
 

"Nein!", sagte Sakura rasch. "Ich mache nichts schlecht!"
 

Sie blickte zu der Frau namens Shizune. Sie sah nicht so überheblich aus wie die beiden Männer. Es war einfacher sie anzusehen.
 

"Ich habe im letzten Jahr sehr viele Studien gelesen", sagte Sakura. "Selbstverständlich bin ich noch jung, ich komme frisch von der Universität und habe keine Erfahrung. Und ich kritisiere nicht ihre Arbeit. So wie ich das sehe, war es nicht möglich die Kontrollgruppe unter den gegebenen Umständen optimaler auszuwählen. Aber wissenschaftliche Arbeit ist immer ein Prozess, nicht wahr? Die Studie ist sehr nützlich. Man kann darauf aufbauend weitere Untersuchungen machen. Es ist ein Schritt im Prozess. Ich wollte bloß sagen, dass ich denke, dass sie Aussagekraft der Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten ist."
 

Die Frau lächelte leicht.
 

"Nun, da muss ich Mrs Uchiha zustimmen", sagte sie. Sie klang zufrieden. "Das wären von meiner Seite aus dann alle Fragen!"
 

"Gut", sagte der Mann mit dem Klemmbrett. "Dann noch eine letzte persönliche Frage an Sie alle. Sie haben mir schon beantwortet, warum Sie sich in Bezug auf diese Stelle für geeignet halten. Zum Abschluss würde ich gerne noch von Ihnen wissen wollen, warum Sie ausgerechnet diesen Job haben möchten."
 

Er sah Sakura an. "Wollen Sie anfangen Mrs Uchiha?"
 

Sie zögerte wieder einen Moment. Dann entschied sie sich noch einmal ganz ehrlich zu sein.
 

"Ich denke, dass es mir hier gefallen würde", sagte sie. "Aber ich möchte ehrlich sein. Ich will nicht ausgerechnet diesen Job. Ich will bloß überhaupt einen Job."
 

Sie sahen sie irritiert an, aber Sakura achtete nicht darauf und beeilte sich rasch weiterzusprechen. Sie hatten eine persönliche Frage gestellt. Also würde sie auch eine ganz persönliche Antwort darauf geben.
 

"Sie denken vielleicht, dass ich diesen Job nicht brauche", fuhr sie fort. "Und damit liegen Sie sicher auf gewisse Weise richtig. Ich bin finanziell abgesichert. Aber ich brauche diesen Job dennoch. Es ist sehr wichtig für mich. Mein Leben lang hatte ich gewisse Privilegen. Aber die andere Seite ist, dass mir nie jemand etwas zugetraut hat. Ich möchte beweisen, dass ich etwas kann. Ich glaube, dass ich diese Position gut ausfüllen könnte. Ich bin bereit ein großes Maß an Fleiß und Energie zu investieren, um den Aufgaben gerecht zu werden. Ich möchte meinem Vater, meinem Ehemann, Ihnen und vor allem mir selbst beweisen, dass ich das schaffe. Und sollten Sie mir eine Chance geben, dann werde ich alles tun, um Sie nicht zu enttäuschen."
 

Wieder herrschte einen Moment Stille.
 

Sakura nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie die beiden anderen Bewerber ihr einen ärgerlichen Blick zuwarfen. Sie nahm an, dass sie sich über sie ärgerten, weil sie sehr wohl das Geld brauchten. Und sie kam hierher und veranstaltete so einen Trubel mit ihrem berühmten Namen, ihrem Bodyguard und ihren merkwürdigen Antworten.
 

Sie blickte auf ihre Hände in ihrem Schoß, während sie die Antworten der anderen beiden anhörte. Gerade kam sie sich wieder ziemlich selbstsüchtig vor. Andere Leute brauchten wirklich einen Job, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
 

Doch sie brauchte diesen Job auch irgendwie. Sie konnte und wollte nicht für immer einfach nur Sasuke Uchihas hübsche Ehefrau sein.
 

Als sie schließlich mit Juugo und den anderen beiden Bewerbern im Aufzug nach unten fuhr, merkte sie wie viel Energie sie dieses Gespräch gekostet hatte. Sie war froh es nun hinter sich gebracht zu haben. Aber sie war auch froh hingegangen zu sein. Sie war ein kleines bisschen stolz auf sich.
 

Man hatte ihr gesagt, dass man sich in den nächsten Tagen bei allen Bewerben melden würde und dass es dann für zwei oder drei von allen, die heute dagewesen waren, Einzelgespräche geben würde.
 

Sakura glaubte nicht so richtig daran, dass sie eine dieser Personen sein würde. Die Frau namens Shizune schien ihr die Einzige gewesen zu sein, der ihr familiärer Hintergrund egal gewesen war. Aber ganz gleich wie es enden würde, sie hatte immerhin eine neue Erfahrung gewonnen.
 

Vor dem Gebäude nickten ihr die anderen beiden Bewerber knapp zu und gingen dann in verschiedene Richtungen davon.
 

Sakura stand einen Moment einfach nur da. Dann holte sie ihr Smartphone heraus. Er war kurz vor 18 Uhr.
 

Sollte sie nach Hause fahren?
 

Sie blickte kurz zu der Spitze des hohen Polizeipräsidiums hinüber.
 

Wenn sie ihn besuchen ginge, dann würde sie sicher wieder stören. Andererseits war es dieses mal schon etwas später. Im Gebäude war er wahrscheinlich noch. Er schien meistens Überstunden zu machen.
 

Juugo stand ruhig hinter ihr und wartete darauf, dass sie etwas tun würde. Wofür sollte sie sich entscheiden?

Besorgnis und Sehnsucht

Eigentlich hätte sie ja nach Hause fahren können. Er würde ohnehin bald kommen.
 

Aber Sakura fühlte sich nach der bewältigten Aufgabe leicht und fröhlich. So hatte sie sich in ihrem Leben bisher noch nicht allzu oft gefühlt. Sie wollte es genießen und das Gefühl noch etwas behalten. Sie wollte noch nicht zurück nach Hause.
 

Und darum durchquerte sie gerade beschwingt die Eingangshalle des Polizeipräsidiums und es war ihr zur Abwechslung nicht einmal besonders unangenehm, dass ihre hohen Absätze bei jedem ihrer Schritte ein lautes Klackern von sich gaben und sich viele der noch Anwesenden nach ihr umsahen. Es störte sie auch nicht, dass Juugo hinter ihr herging.
 

Natürlich war ihr bewusst, dass Sasuke nicht begeistert sein würde. Aber sie ging ohnehin nach wie vor nicht davon aus, dass sie diesen Job wirklich angeboten bekommen würde. Und selbst falls das tatsächlich so kommen sollte, würde sie ihn ja einfach ablehnen können und der nächste würde die Stelle bekommen. Damit richtete sie schließlich keinen Schaden an.
 

Sie hatte einfach das Gefühl, dass sie Madara, Sasuke und die anderen leichter überzeugen konnte, wenn sie schon etwas vorzuweisen hatte und wenn sie dann über ganz konkrete Umstände würden sprechen können.

Und sie wollte auch nicht erst zu ihnen kommen und sie bitten müssen sich bewerben zu dürfen. Dann würde sie sich wieder so abhängig fühlen.

Und außerdem würde sie sich schämen, wenn es nicht klappen würde und das dann alle mitbekamen.
 

Sie hatte keine Ahnung, ob das in Ordnung war, oder wie sie auf ihre unabgesprochene Eigeninitiative reagieren würden. Aber das würde sie wohl in Kürze herausfinden. Denn sie musste es Sasuke wohl oder übel erzählen.
 

Am liebsten hätte sie es ganz für sich behalten, bis klar wäre, ob sie überhaupt zu einem der Einzelgespräche würde kommen können. Aber sie ging nach wie vor davon aus, dass Juugo Sasuke darüber Bericht erstatten würde, was sie tat. Und sie wollte nicht, dass es zwischen ihnen Probleme geben würde.
 

Denn entweder würde Sasuke sonst sie darauf ansprechen und dann wahrscheinlich verärgert sein, dass sie nicht gleich etwas gesagt hatte, oder er würde es nicht tun und dann würde sie sich die ganze Zeit fragen, ob er es nun wusste oder nicht. Und dieser Zustand würde mit Sicherheit sehr unangenehm sein und sie verunsichern.
 

Sie würde es ihm also heute noch erzählen. Am besten gleich. Allerdings hoffte sie, dass sie dafür einen guten Moment würde abpassen können. Denn nach wie vor, auch wenn sie nun verstand wieso das nötig war, war es nunmal der Fall, dass Sasuke und seine Familie in einer Position zu sein schienen, wo sie die Entscheidungen trafen und es gab wenig, was sie dagegen tun konnte, außer ihre Sache möglichst geschickt zu vertreten.

Selbstverständlich wollte sie sich auch nicht irgendeiner Gefahr aussetzen. Sie wollte ja selbst auf gar keinen Fall, dass ihr so etwas zustoßen würde, wie es Mikoto passiert war. Und das schien auch nur mit Glück und zwei unvorstellbar großen Opfern ansatzweise 'gut' ausgegangen zu sein.

Trotzdem kam Sakura die Gefahr so merkwürdig und seltsam abstrakt vor, dass sie einfach nicht so richtig Angst haben konnte und daher erschien ihr persönlich das Thema mit dem Job nach wie vor wichtig zu sein. Sie wünschte sich, dass sie das hinbekommen würde.
 

"Guten Tag!", sagte sie fröhlich zu dem Mann am Empfang.
 

Es war der Mann, der sie bei ihrem letzten Besuch nach oben geführt hatte und er schien sie ebenfalls wiederzuerkennen.
 

"Mrs Uchiha", sagte er höflich und musterte sie wieder fasziniert. "Möchten Sie zu Ihrem Mann?"
 

"Ja", sagte Sakura lächelnd. "Wissen Sie vielleicht, ob er noch da ist? Aber es ist wirklich nicht wichtig, ich möchte auf keinen Fall stören!"
 

"Er hat uns angewiesen, dass wir sie jederzeit zu ihm hochlassen sollen, sollten Sie das wünschen!", antwortete der Mann. "Ich nehme also nicht an, dass Sie ihn stören. Zudem ist eigentlich ohnehin schon Arbeitsschluss. Gehen Sie ruhig nach oben. Ich kann Sie leider nicht begleiten, da ich hier Dienst habe. Ich kann aber gerne einen Kollegen rufen."
 

"Oh!", sagte Sakura erfreut. "Vielen Dank! Ich denke ich finde ihn sicher."
 

"Er wird irgendwo oben in der Etage bei seinem Büro sein", sagte der Mann mit einem höflichen Nicken. Versuchen Sie es doch am besten zuerst dort!"
 

Im Aufzug nach oben beobachtete sie kurz neugierig Juugo.
 

"Entschuldigung", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln zu ihm.
 

Er sah sie an.
 

"Sind Sie eigentlich auch Polizist?", fragte sie neugierig. "Mein Mann scheint Ihnen sehr zu vertrauen und deshalb dachte ich, dass sie vielleicht zusammen gearbeitet haben?"
 

Juugo sah wieder nach vorne zu den Aufzugtüren.
 

"Nein", sagte er bloß.
 

Sakura beließ es dabei. Er schien nicht gewillt mit ihr zu sprechen.
 

Sie fragte sich, ob er sich darüber ärgerte, dass er nun auf sie aufpassen sollte. Sie erinnerte sich daran, dass Izuna gesagt hatte, dass er dagegen gewesen sei, dass Sasuke Juugo 'von seinen Aufgaben abgezogen' hätte und dass er etwas davon gesagt hatte, dass man ihn sinnvoller hätte einsetzen können. Alles, was sie über Juugo gehört hatte, ließ sie glauben, dass er wohl ziemlich fähig sein musste.

Ob er sich ärgerte, dass er nun für sie den Aufpasser spielen musste? Sicher hatte er vorher wichtigere und sinnvollere Aufgaben zu erledigen gehabt. Das hier musste wie eine Degradierung für ihn sein, oder?
 

Die Aufzutüren glitten auf und Sakura trat in der Etage, in der Sasukes Büro war, nach draußen auf den Gang und sah sich um.
 

Es war etwas leerer als das letzte Mal, als sie hier gewesen war. Aber es waren immer noch einige Leute da, die ihr wie das letzte Mal auch neugierige Blicke zuwarfen.
 

Sakura war froh, dass sie dieses Mal immerhin etwas seriöser gekleidet war und nicht so auffällige Einkaufstüten vom Shopping mit ihrer Mutter dabeihatte. In den Sachen, die sie für das Bewerbungsgespräch ausgewählt hatte, wirkte sie nicht ganz so sehr fehl am Platz.
 

Sie bog in die Richtung ab, in der Sasukes Büro war und ging den Gang entlang. Hier war nun fast niemand mehr. Als sie schließlich vor seiner Bürotür stand, hob sie ein wenig zögerlich die Hand und klopfte vorsichtig.
 

Er schien da zu sein, denn sie hörte ihn 'Ja?' sagen. Also öffnete sie die Tür ein Stück.
 

Sasuke saß an seinem Schreibtisch. Und zwei Männer saßen ihm gegenüber.
 

"Sakura", sagte Sasuke überrascht, als er sie sah.
 

"Entschuldigung!", sagte sie eilig. "Ich werde draußen warten!"
 

Sie wollte die Tür wieder zuziehen.
 

"Nein", sagte Sasuke ruhig. "Komm rein. Wir sind hier ohnehin fertig."
 

"Ach ja?", fragte einer der Männer ärgerlich. "Sind wir das?"
 

Sakura zögerte überfordert.
 

"Gehen Sie rein", sagte Juugo hinter ihr leise und eindringlich.
 

Sakura musste sich sehr zusammenreißen, um sich nicht erschrocken zu ihm umzudrehen. Aber dann trat sie durch die Tür, machte zwei Schritte in den Raum und blieb ein wenig verunsichert stehen.
 

Juugo folgte ihr. Er schloss die Tür hinter sich und positionierte sich mit ausdrucksloser Mine daneben.
 

Sasuke schien es nicht weiter zu stören, dass die beiden Männer eindeutig verärgert zu sein schienen. Er antwortete auch nicht auf das 'Ach ja? Sind wir das?'.
 

Er saß bloß in seinem teuren Schreibtischstuhl zurückgelehnt da und sah zu ihr herüber.
 

"Komm her."
 

Sie fühlte sich ein bisschen vorgeführt. Sogar ziemlich. Und noch dazu verwirrt. Aber sie ging nach kurzem Zögern zu ihm hinüber und um seinen Schreibtisch herum, denn das schien er zu wollen.
 

"Hallo", sagte er und er betrachtete sie ein wenig selbstgefällig.
 

Sie blieb ein bisschen unsicher vor ihm stehen.
 

"Holst du mich ab?", fragte er.
 

Aber Sakura war total irritiert, weil er die beiden Männer einfach so ignorierte. Hatten sie eben nicht nicht eine Art Auseinandersetzung gehabt? Der Mann hatte für sie eindeutig verärgert geklungen. Sie warf den beiden einen vorsichtigen Blick zu.
 

Beide betrachteten sie ein wenig missmutig. Richtig verärgert sahen sie eigentlich nicht aus. Eher unzufrieden.
 

"Guten Tag Mrs Uchiha", sagte einer der beiden etwas brummelig und der andere nickte ihr knapp zu.
 

Sie waren beide um die vierzig und trugen Anzüge und keine Uniformen. Also waren sie entweder keine Polizisten oder sie waren in einer Position, in der sie keine Uniformen tragen mussten.
 

"Guten Tag", sagte sie verunsichert und lächelte die beiden kurz vorsichtig an.
 

Sie sah wieder zu Sasuke.
 

Er betrachtete sie immer noch voller Genugtuung. Dann erhob er sich, machte einen Schritt auf sie zu, beugte sich zu ihr und gab ihr kurz einen Kuss.
 

Sie merkte, wie sie rot wurde. Es sahen doch alle zu!
 

"Setz dich", sagte Sasuke höflich zu ihr und machte eine einladende Handbewegung zu seinem Stuhl hin, von dem er eben aufgestanden war.
 

Sakura blickte ihn etwas hilflos und überfordert an, aber dann entschied sie sich einfach genau das zu tun, was er ihr sagte. Das hier waren seine Leute und das war sein Büro. Er würde wohl am besten wissen, was er tat.
 

Also ließ sie sich vorsichtig auf seinem Stuhl nieder. Die beiden Männer sahen ihr dabei zu. Sie wirkten immer noch etwas missmutig.
 

Sie sah hilflos zu Sasuke.
 

Er wirkte vollkommen entspannt und selbstsicher. Sie fand, dass er ziemlich anziehend aussah, wie er da ruhig neben ihr stand, seine beiden Hände in den Taschen seiner perfekt sitzenden Anzughose und den Blick wieder auf die beiden Männer gerichtet.
 

Die beiden sahen nun zum Glück auch wieder ihn an.
 

"Wir sollen das jetzt also einfach so akzeptieren?", fragte der eine. "Wir arbeiten seit zwei Monaten an dem Fall und konnten das die ganze Zeit nicht in dem Griff bekommen, weil wir an die Kerle wegen dieser bescheuerten Landesgrenze einfach nicht rankommen konnten und nun hat sich das Ganze einfach von selbst 'erledigt'? Und Sie haben dazu nichts weiter zu sagen?"
 

"So ist es", sagte Sasuke ruhig.
 

Sakura sah gespannt zwischen ihnen hin und her. Worum ging es? Das klang irgendwie wie das, was auch ihr Vater gestern Abend auf dem Empfang zu Sasuke gesagt hatte.
 

"Kommen Sie!", sagte der andere Mann empört. "Sie wissen doch irgendetwas darüber! Was heißt 'es hat sich erledigt'? Sowas 'erledigt' sich doch nicht einfach so!"
 

"Das heißt, dass es uns nicht mehr zu beschäftigen braucht", erwiderte Sasuke ruhig und entschieden. Er wirkte immer noch vollkommen entspannt.
 

"Aber-", setzte der andere wieder an.
 

"Das genügt", sagte Sasuke nun deutlich und mit Autorität. Jetzt klang er weniger freundlich. Der Mann verstummte.
 

"Sie beide sind zwei meiner besten Leute", sagte Sasuke. "Ich schätze es, dass Sie weiter Fragen stellen, wenn andere sich das schon nicht mehr trauen. Aber nun habe ich eine Frage an Sie."
 

Sie sahen ihn beide aufmerksam an und warteten.
 

"War ich je ein schlechter Chef?"
 

"Nein-"
 

"Habe ich Sie je enttäuscht?"
 

"Nein-"
 

"Habe ich je eine Entscheidung getroffen, die Sie missbilligt haben?"
 

"Mr Uchiha!", sagte einer der beiden empört. "Sie wissen ganz genau, dass sie unser vollstes Vertrauen-"
 

Doch Sasuke ließ ihn nicht ausreden.
 

"Dann vertrauen Sie mir auch in dieser Sache", sagte er ruhig. "Belassen Sie es dabei. Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen. Sie bekommen beide eine Gehaltserhöhung. Konzentrieren Sie sich ab morgen früh auf Ihren nächsten Fall."
 

Einen Moment herrschte Schweigen.
 

"Und jetzt", sagte Sasuke mit einem leichten Lächeln, "würde ich mich gerne meiner Frau zuwenden. Das werden Sie mir sicher nicht verübeln können."
 

Die beiden Männer erhoben sich langsam. Sakura fand, dass sie zumindest einigermaßen besänftigt wirkten. Der eine Mann sah nun sogar ein wenig belustigt aus. Er warf Sakura einen raschen Blick zu. Der andere nickte höflich.
 

"Dann bis morgen Mr Uchiha."
 

"Bis morgen", erwiderte Sasuke immer noch vollkommen entspannt.
 

Und damit drehten sie sich um und gingen zur Tür hinüber, öffneten sie, traten dann hinaus und zogen die Tür hinter sich zu.
 

Sakura stand sofort auf, trat vor ihn und fragte gespannt: "Was hatte das zu bedeuten? Hast du sie eben mit einer Gehaltserhöhung bestochen, damit sie schweigen? Um was ging es da? Hast du Probleme? Das klang wie die Fragen, die mein Vater dir schon gestellt hat. Was ist denn los Sasuke?"
 

Sie hörte selbst, dass sie sehr beunruhigt geklungen hatte und sie sah ihn irritiert an, als er bloß leicht lächelte.
 

"Sorgst du dich um mich?", fragte er.
 

"Ich- was?"
 

Er trat einen Schritt auf sie zu und sie wollte reflexartig zurückweichen, aber sie spürte die Kante seines Schreibtisches hinter sich.
 

"Du siehst heute irgendwie anders aus", sagte er und musterte ihre Frisur und ihr Outfit. "Ich mag deinen üblichen Stil sehr. Du wirkst immer wie ein Engel. Anmutig und überirdisch."
 

Er hob seine Hand und strich leicht über den Kragen ihres Blazers.
 

"Aber dieser Look ist auch nicht schlecht. Das gefällt mir ebenfalls."
 

Sie hatte erneut das Gefühl zu erröten. Er war ihr noch näher gekommen und ihre Körper berührten sich fast. Und irgendwie war seine Stimme leiser und tiefer geworden. Er brachte sie ganz aus dem Konzept.
 

"Ich habe mich nicht so angezogen, um dir zu gefallen", sagte sie und legte rasch eine Hand auf seine Brust, um ihn etwas auf Abstand zu halten.
 

Es war nicht so, dass sie das nicht wollte. Eher im Gegenteil. Sie fühlte sich gerade ziemlich zu ihm hingezogen. Aber sie waren hier in seinem Büro und das war völlig unpassend. Und vor allem war ihr gerade wieder eingefallen, dass sie ja gar nicht alleine waren.
 

Umdrehen konnte sie sich nicht, weil er ihr zu nahe war und weil der Schreibtisch direkt hinter ihr war. Aber sie drehte leicht ihren Oberkörper und sah über ihre Schulter zurück zur Tür.
 

Juugo stand immer noch völlig unbeweglich dort und verzog wie immer keine Mine.
 

Sie zuckte leicht zusammen als sie Sasukes Finger an ihrem Kiefer spürte. Er drehte mit sanfter Gewalt ihren Kopf wieder zurück zu sich.
 

Er musterte zufrieden ihr Gesicht.
 

"Juugo", sagte er leise.
 

Juugo sagte nichts. Aber Sakura hörte zwei Schritte und einen Moment später wurde die Tür geöffnet und wieder geschlossen.
 

Alles war still.
 

Sasuke ließ sie los, legte seine Hand stattdessen an ihren Hinterkopf und kam ihren Lippen langsam näher.
 

"Warte! Was hast du-", setzte sie überfordert an.
 

Aber da küsste er sie schon. Und zwar so, dass sie vergaß, dass sie eigentlich etwas hatte sagen wollen. Sie vergaß auch, dass sie in seinem Büro waren, dass sie ein wenig verstört von der Situation war, die sich eben zwischen ihm und seinen Mitarbeitern abgespielt hatte und auch, dass sie eigentlich hergekommen war, um ihm von dem Bewerbungsgespräch zu erzählen. Plötzlich dachte sie nur noch daran, dass sie sich eigentlich den ganzen Tag halb unterbewusst schrecklich nach ihm gesehnt hatte.

Also küsste sie ihn zurück. Und sie nahm an, dass er ihr ihre Sehnsucht nach ihm anmerkte, denn er lachte leise und selbstgefällig. Er griff sie an der Taille, hob sie auf seinen Schreibtisch und bevor sie sich beschweren konnte, hatte er sie erneut geküsst.
 

"Warte!", sagte sie überfordert, als er ihre Beine ein wenig auseinander schob, um ihr näher sein zu können. Ihr enger Rock rutschte dadurch nach oben. Er küsste sie wieder und beinahe vergaß sie, dass sie ihn ja eigentlich aufhalten musste.
 

"Sasuke", flüsterte sie überfordert und gab sich Mühe seinen Händen auszuweichen. "Was wenn jemand kommt? Das geht nicht!"
 

"Niemand kommt", raunte er in ihr Ohr. "Juugo steht vor der Tür."
 

Nur war das für Sakura eher ein Argument dagegen als dafür. Wie sollte sie Juugo denn je wieder unter die Augen treten, wenn sie das nun zulassen würde? Was wenn er sie hören würde?
 

"Hör auf!", flüsterte sie und schob seine Hände weg. Allerdings kam das wohl nicht so richtig überzeugend rüber, denn sie fing an zu lachen.
 

"Ich meine es ernst!", sagte sie immer noch lachend, weil seine Lippen an ihrem Hals kitzelten.
 

Sakura legte ihre Hände an seine Schultern und drückte mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte.
 

Er lachte bloß leise. Dann ließ er zu, dass sie ihn wegschob.
 

Er ließ sich nach hinten auf seinen Stuhl sinken und betrachtete mit Genugtuung wie sie rasch ihre Beine wieder zusammenzog, ihren Rock ordnete und dann besorgt ihre Frisur befühlte. Aber es schien noch alles in Ordnung zu sein.
 

"Bist du nun enttäuscht?", fragte sie mit einem vorsichtigen Lächeln.
 

"Nein", sagte er ein wenig belustigt und er betrachtete sie immer noch, als würde ihm das irgendwie Befriedigung verschaffen. "Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass du das zulassen würdest. Und es ist wohl auch besser so."
 

Er grinste.
 

"Ich würde mich hier sonst nie wieder konzentrieren können. Die Bilder hätte ich dann ständig im Kopf."
 

Sakura spürte, wie sie schon wieder errötete. Wie konnte er so etwas immer einfach so sagen?
 

Er lachte leise. Vielleicht sah man ihr an, wie verlegen sie war.
 

"Wie war dein Tag?", fragte sie vorsichtig.
 

"Gut", sagte er. "Ich habe alles im Griff. Mach dir keine Sorgen wegen dem, was du gehört hast."
 

"Ich würde wirklich gerne mehr darüber wissen!", sagte sie sofort.
 

Er lächelte. "Ich werde dir aber nichts darüber erzählen."
 

Sie schwieg einen Moment.
 

Dann entschied sie sich es einfach hinter sich zu bringen.
 

"Ich muss dir etwas erzählen", sagte sie. "Und ich mache mir ein wenig Sorgen, dass du deswegen verärgert sein könntest."
 

Augenblicklich verschwand der entspannte Ausdruck von seinem Gesicht.
 

Er setzte sich in seinem Stuhl zurecht und sah sie aufmerksam an. Wieder strahlte er das aus, was sie schon von Madara kannte. Diese Präsenz und Konzentration waren sehr einschüchternd.
 

"Was könnte mich verärgern?", fragte er mit dieser Ruhe, die ihr immer furchteinflößender erschien, als alles andere.
 

Aber sie war nicht mehr so eingeschüchtert. Sie war ihm wichtig. Das hatte sie nun langsam verstanden. Und das auf eine Art, die über reine Besitzansprüche hinausging. Das hatte er ihr heute morgen im Bett gesagt. Und das bedeutete, dass sie mit ihm reden konnte. Das bedeutete, dass sie ihm nicht völlig ausgeliefert war.
 

Und weil sie das nun endlich verstanden hatte, fürchtete sie sich auch nicht mehr so vor ihm.
 

"Ich war eben bei einem Vorstellungsgespräch", sagte sie ruhig.

Ehrlichkeit und neue Fragen

"Wie bitte?"
 

Er klang tatsächlich ein wenig verärgert.
 

Sakura rutschte von seinem Schreibtisch herunter und berührte mit ihren Fingerspitzen sanft sein Knie. Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu.
 

Er musterte sie.
 

Sie strich leicht mit ihren Fingern ein wenig seinen Oberschenkel hoch und ließ sich dann behutsam auf seinem linken Bein nieder.
 

"Sei nicht böse", sagte sie sanft. "Ich hatte die Bewerbung nur so zum Üben weggeschickt. Gestern morgen. Und heute morgen kam die Einladung. Da warst du schon weg."
 

Er sah immer noch verärgert aus.
 

Er saß zurückgelehnt da, breitbeinig und mit beiden Armen auf den Lehnen. Und irgendwie dachte sie gerade nicht nur an seinen Gemütszustand, sondern auch an so unpassende Dinge wie dass sie fand, dass er wirkte wie ein ziemlich gutaussehender Herrscher auf seinem Thron. Das war so absurd, dass sie beinahe gelacht hätte. Aber sie unterdrückte es. Sie hielt es nach wie vor für keine allzu gute Idee zu lachen, wenn er verärgert war.
 

"Du hättest anrufen oder mir eine Nachricht schreiben können", sagte er kühl.
 

"Und dann?", fragte sie sanft. "Was hätte das gebracht? Außerdem hatte ich keine Lust dazu. Ich wollte das für mich entscheiden und mich einfach ein wenig ausprobieren. Wo ist der Unterschied, ob ich zum Shoppen in die Stadt fahre oder ob ich zu diesem Gespräch gegangen bin? Ich habe Juugo doch mitgenommen."
 

"Also wolltest du bloß Erfahrungen sammeln?", fragte er sachlich.
 

"Nein", antwortete sie ein wenig zögerlich. "Ich würde den Job wirklich gerne bekommen. Ich glaube, ich habe mich ganz gut angestellt. Allerdings gibt es wohl viele Bewerber. Also rechne ich nicht damit."
 

"Du weißt aber schon noch, was wir zu dem Thema gesagt haben, oder?", fragte er immer noch kühl.
 

"Ja", sagte sie lächelnd. "Ihr habt gesagt, dass ihr mich anhören würdet, wenn mir etwas einfällt, das zu euren Bedingungen passt. Und vielleicht ist mir etwas eingefallen. Wie gesagt, ich denke nicht, dass wirklich etwas daraus wird. Aber falls doch, dann werde ich euch erklären, was ich mir dabei gedacht habe und ihr müsst mich anhören. Das habt ihr mir zugesagt."
 

Sie legte leicht den Kopf schief und musterte ihn prüfend.
 

"Du hast gehofft, dass mir nichts einfallen würde, was die Bedingungen erfüllt, nicht wahr?", fragte sie leise.
 

"Vielleicht", sagte er ausweichend.
 

"Lass mir das doch", sagte sie besänftigend und strich leicht über seinen Oberkörper. "Es muss ja überhaupt erstmal klappen. Und wenn es klappt und es euch dann nicht recht ist, dann muss ich es eben wieder absagen. Aber man kann besser darüber reden, wenn es um etwas Konkretes geht. Das schadet doch niemandem. Ich habe nichts falsch gemacht, oder?"
 

Er sah immer noch unzufrieden aus. Aber nicht mehr verärgert.
 

Sie lächelte ihn an.
 

"Was stört dich Sasuke?", fragte sie. "Dass ich etwas eigenständig entschieden habe?"
 

"Das ist in Ordnung", sagte er. "Deswegen habe ich dir schließlich Juugo und das Auto gegeben. Allerdings muss ich mich an deine neue Eigenständigkeit wohl noch eine Weile gewöhnen. Ich mag es lieber, wenn ich alles unter Kontrolle habe. Besonders was dich angeht. Ich sagte es bereits. Mir hat es gefallen, wie es vorher war."
 

Was war dann sein Problem? Doch dann kam ihr plötzlich ein Gedanke.
 

"Du hast dich gefreut, dass ich hergekommen bin", sagte sie sehr leise und sah ihn prüfend an.

"Du dachtest, ich wäre hier, um dich zu besuchen und dann musstest du feststellen, dass ich bloß ohnehin hier war und nun denkst du, dass ich nur vorbeikam um dir das zu sagen, bevor Juugo es tut, nicht wahr?"
 

Er schwieg. Aber das kam wohl einer Bestätigung gleich.
 

Er räusperte sich leicht. "Also, wie war dein Gespräch?"
 

Sie lächelte.
 

"Gut, glaube ich!", sagte sie. "Ich denke ich habe mich gut geschlagen. Dass Juugo dabei war, hat ihnen nicht gefallen. Ich denke für einen Arbeitgeber klingt so etwas nur nach Problemen. Und es hat sie gestört, dass ich mit dir verheiratet bin. Sie schienen zu fürchten, dass sie Ärger mit euch bekommen könnten. Aber ich bin ganz gut damit umgegangen und inhaltlich war ich überzeugend denke ich."
 

Er nahm seinen Arm von der Lehne und strich leicht mit seiner Hand über ihre Wange.
 

"Das ist toll", sagte er. "Ich hätte zwar am liebsten, dass du sicher zuhause sitzt und dich nur mit mir beschäftigst, aber ich weiß, dass das sehr wichtig für dich ist. Ich freue mich für dich. Ich bin sicher, du hast das wunderbar gemacht. Und es tut mir leid, dass du meinetwegen und wegen Juugos Anwesenheit zusätzliche Schwierigkeiten zu bewältigen hattest."
 

"Ich danke dir", sagte sie lächelnd.
 

Er legte seine Hand auf ihren Oberschenkel und strich ein wenig über den feinen Stoff ihres enganliegenden Rocks.
 

"Es stimmt nicht", sagte sie leise und sie berührte leicht mit ihren Fingern über seinen Handrücken.
 

Seine Hände waren schön, so wie alles an ihm.
 

"Ich bin nicht nur hergekommen, um dir das zu sagen", erklärte sie leise. "Das hätte ich auch zuhause tun können. Ich wollte dich sehen. Ich habe heute mehrmals an dich gedacht, weißt du?"
 

Sie hätte gerne seine Reaktion auf ihre Worte gesehen. Aber sie war zu verlegen, um den Blick von seiner Hand zu heben.
 

"Ich habe mich nach dir gesehnt", fuhr sie leise fort. "Ich habe mich gefragt, was du wohl so tust und wie dein Tag wohl ist." Sie warf einen kurzen Blick zu dem Bild auf seinem Schreibtisch hinüber. "Und ich habe mich gefragt, ob du an mich denkst, wenn du hier bist."
 

Sie hob den Blick und sah ihn nun doch an. Er wirkte nicht mehr unzufrieden.
 

"Das ist gut", sagte er leise.
 

"Tust du es? An mich denken?"
 

Er lächelte kaum merklich und verfestigte ein wenig den Griff seiner Hand an ihrem Oberschenkel.
 

"Selbstverständlich", sagte er ruhig. "Ich denke oft an dich."
 

Sie fühlte wie ihr Herz einen kleinen, freudigen Hüpfer machte.
 

Sie stützte ihre beiden Hände vorsichtig auf seinem Oberschenkel ab, beugte sich zu ihm, was gar nicht so leicht war, weil er immer noch zurückgelehnt da saß, sie schloss ihre Augen und berührte leicht seine Lippen mit ihren. Sie gab ihm einen zarten Kuss. Und noch einen. Und noch einen.
 

Dann legte sie ihren Kopf an seine Schulter.
 

Es war schön, bei ihm zu sein.
 

Sie nahm wahr, wie er seine Arme bewegte und einen Moment später hatte er sie um sie gelegt und sie fester an sich gezogen.
 

Wieder fühlte sie sich so unendlich sicher und geborgen. Sie konnte seinen Herzschlag spüren.
 

"Wäre es in Ordnung, wenn ich dich hier manchmal besuchen kommen würde?", fragte sie leise und strich mit ihrer Hand über seine Brust. "Ich weiß, es ist albern, wir sehen uns ja morgens und abends, aber-"
 

Sie brach ein wenig verlegen ab. Wahrscheinlich verhielt sie sich gerade wieder viel zu verunsichert. Er tat ihr ein bisschen leid. Er hatte es nicht ganz leicht mit ihr.
 

Sie hatte ein wenig recherchiert, nachdem Madara, Fugaku und die anderen ihr gesagt hatten, dass sie misshandelt worden war. Dabei hatte sie herausgefunden, dass man ihr im Falle einer psychologischen Behandlung vermutlich ein Entwicklungstraumata diagnostizieren würde. So etwas entstand wohl, wenn Menschen beim Heranwachsen nicht das bekamen, was für eine gesunde Entwicklung benötigt wurde. Zum Beispiel ein Gefühl von Sicherheit und dauerhafter emotionaler Verbundenheit. Im Internet hatte gestanden, dass die seelische Verletzung, die daraus entsehen würde, auch im Erwachsenenalter die Lebendigkeit stark einschränken würde. So etwas konnte zwar ausheilen, aber das brauchte offenbar viel Zeit und vor allem ein sicheres Umfeld ohne Situationen, in denen die Betroffenen ständig erneut Verunsicherungen erfahren würden.

Sie fühlte sich in Bezug auf Sasuke zwar mittlerweile sehr viel sicherer, aber es gab immer noch so viele Geheimnisse um ihn und seine Familie, Dinge, über die niemand sprechen wollte und die ihr so unheimlich vorkamen, dass sie das Gefühl hatte, dass sie sich phasenweise nach wie vor schrecklich verloren fühlte.
 

Sasuke verstärkte seine Umarmung.
 

"Ja", antwortete er leise auf ihre Frage. "Ich würde mich sogar sehr darüber freuen."
 

"Ich bin immer wieder verwirrt, wenn ich hierherkomme", sagte sie nach einem kurzen Moment, nun mit einem leichten Lachen. "Ich finde es immer noch erstaunlich, dass du in deinem Alter schon so eine Position hast. Ich weiß, du hast das schon erklärt, aber es ist trotzdem beachtlich. Es beeindruckt mich. Alles, was du tust, beeindruckt mich ständig."
 

"Ach ja?", fragte er. Nun klang er ziemlich zufrieden.
 

Das brachte sie ein wenig zum Lächeln. Aber sie hatte es ernst gemeint. Sie hatte es nicht gesagt, um ihm zu schmeicheln.
 

"Ja", flüsterte sie.
 

Sie entzog sich ihm und setzte sich wieder auf.
 

"Mir tut Juugo leid, ich sollte ihn nicht so lange warten lassen", sagte sie und stand von seinem Bein auf. "Musst du noch arbeiten?"
 

"Nein", sagte er und er erhob sich ebenfalls. "Ich will, dass du mit mir nachhause fährst."
 

Sie lachte.
 

"Nein", widersprach sie belustigt. "Ich bin selbst hergefahren. Ich möchte auch selbst zurückfahren."
 

"Juugo kann dein Auto zurückfahren."
 

Sie lachte fröhlich und wich ihm aus, als er nach ihr greifen wollte. Sie nahm rasch zwei Meter Sicherheitsabstand ein.
 

"Fahr du doch mit mir nachhause. Juugo kann auch dein Auto zurückfahren!", erwiderte sie belustigt.
 

Er verzog das Gesicht.
 

Vielleicht, weil er sein Auto, wie er schon auf dem Weg in die Berge gesagt hatte, wirklich mochte und es nicht hergeben wollte. Oder weil es zu viel für seinen Stolz war sich von ihr fahren zu lassen und dann auch noch in ihrem Auto, das zu ihr zwar ganz wunderbar passte, zu ihm allerdings irgendwie nicht.
 

Er griff wieder nach ihr, aber sie lachte wieder und wich ihm aus.
 

Er grinste.
 

"Gib ihn her."
 

"Nein."
 

Sein Grinsen wurde breiter und er ging auf sie zu. Weil sie nun zu nah an der Sitzecke war, konnte sie nicht richtig ausweichen und dieses Mal erwischte er sie an der Taille und zog sie an sich. Er zog ihre Handtasche zu sich, steckte seine Hand hinein und holte ihren Autoschlüssel heraus.
 

"Gewonnen", sagte er mit einem ziemlich anziehenden Lächeln und sie musste wieder lachen, als er ihr einen kurzen Kuss gab.
 

"Juugo", sagte Sasuke laut und er ließ sie wieder los.
 

Juugo öffnete umgehend die Tür.
 

Sasuke warf ihm ihren Autoschlüssel zu und Juugo fing ihn auf.
 

"Fahr ihr Auto zurück."
 

Juugo nickte, drehte sich wieder um und schloss die Tür hinter sich.
 

Sasuke ging zu seinem Mantel hinüber und zog ihn sich an.
 

"Kennst du Juugo schon lange?", fragte Sakura neugierig und sah ihm dabei zu, wie er seinen PC ausmachte und sein Smartphone einsteckte. "Ihr scheint recht vertraut miteinander."
 

"Ein paar Jahre."
 

"Wie hast du ihn denn kennengelernt?"
 

"Durch die Arbeit."
 

Das verwirrte Sakura nun ein bisschen. Hatte Juugo nicht gesagt, dass er kein Polizist wäre?
 

"Aber er ist kein Polizist?", fragte sie neugierig und ging zu ihm hinüber, als er ihr die Bürotür aufhielt.
 

"Nein."
 

Draußen vor der Tür sprach jemand Sasuke an, der eine Frage zu einer Genehmigung hatte und Sakura kam nicht dazu weiter zu fragen. Und scheinbar scheinen sowohl Sasuke als auch Juugo ohnehin diesbezüglich nicht besonders auskunftsfreudig zu sein. Sie hatte den Eindruck, dass sie beide mit Absicht so vage geantwortet hatten.

Aber sie war wirklich neugierig. Vorhin, als Sasuke sie hereingebeten hatte, hatte Juugo offenbar auf Anhieb und noch vor ihr verstanden, dass Sasuke das mit Absicht getan hatte, um das Gespräch mit seinen Mitarbeitern zu beenden.

Juugo hatte ihr sofort und beinahe eindringlich gesagt, dass sie eintreten sollte, als sie leicht gezögert hatte, weil sie das Gefühl gehabt hatte zu stören. Offenbar verstand er Sasuke also sehr gut.

Wenn sie nun darüber nachdachte, dann hatte Sasuke sie wahrscheinlich sogar mit Absicht so vorgeführt, damit er das Thema, über das er sowohl mit ihrem Vater als auch mit diesen beiden Männern ganz offensichtlich nicht sprechen wollte, leichter beenden konnte.

Und danach, als die Männer gegangen waren, hatte er da vielleicht sogar zum Teil deshalb angefangen sie anzufassen, um auch sie davon abzuhalten weiter nachzufragen, was los sei. War denn etwas los? Hatte er ein Problem oder nicht? Sie konnte es überhaupt nicht einschätzen.
 

Bevor sie am Fahrstuhl ankamen, wurden sie wieder angesprochen.
 

"Mr Uchiha!", rief jemand hinter ihnen.
 

Sasuke nahm den Finger wieder von dem Schalter, mit dem er gerade den Aufzug hatte rufen wollen.
 

Eine Frau mittleren Alters in einem dunklen Hosenanzug kam auf sie zu.
 

"Sie hatten erwähnt, dass ein Naruto Uzumaki vielleicht eine Initiativbewerbung schicken würde. Das hat er soeben getan. Wollten Sie sich das persönlich ansehen?"
 

Sie hielt Sasuke ein Tablet hin.
 

Sasuke nahm es ihr ab und überflog kurz konzentriert das Bewerbungsdokument.
 

"Die Bewerbung sieht gut aus", sagte die Frau. "Ich würde ihn einladen. Aber eigentlich ist die Stelle natürlich schon besetzt."
 

Sasuke gab ihr das Tablet zurück.
 

"Schaffen Sie eine weitere Stelle. Ich will ihn hierhaben. Er ist fähig, hat Durchsetzungsvermögen, zeigt Eigeninitiative und hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Wir können ihn gebrauchen denke ich. Aber führen Sie ein reguläres Bewerbungsgespräch und sagen Sie ihm nicht, dass ich damit zu tun hatte. Das ist kein Gefallen. Sie werden selbst feststellen, dass er geeignet ist."
 

Sasuke drückte auf den Schalter des Aufzugs. Einen Moment später glitten die Türen auf.
 

"Selbstverständlich", sagte die Frau.
 

Sasuke bedeutete ihr einzutreten und Sakura betrat den Aufzug.
 

"Eine schönen Feierabend Mr Uchiha, Mrs Uchiha", sagte die Frau höflich.
 

"Ihnen auch."
 

"Wer war das?", fragte Sakura sofort, als die Türen sich geschlossen hatten.
 

"Die Leiterin der Personalabteilung."
 

"Und du denkst wirklich so positiv über Naruto? Du willst nicht bloß Macht über ihn haben und ihn kontrollieren können?"
 

Sasuke lächelte leicht.
 

"Ich kann Berufliches und Privates durchaus trennen Sakura", sagte er. "Und Naruto würde auch nicht in meiner Abteilung arbeiten. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass du dich um ihn sorgen musst. Er scheint ziemlich gut auf sich selbst aufpassen zu können."
 

In der Tiefgarage unter dem Gebäude hielt Sasuke ihr wie immer die Beifahrertür seines Autos auf.
 

"Danke", hauchte sie mit einem charmanten Lächeln und trat zu ihm heran, um ihm einen Kuss zu geben.
 

Das tat sie auch. Allerdings zog sie ihm dabei den Autoschlüssel aus der Hand und trat dann sehr schnell zwei Schritte zurück.
 

"Gewonnen", wiederholte sie mit einem strahlenden Lächeln, was er eben im Büro gesagt hatte und hielt den Schlüssel hoch. "Ich fahre!"
 

Er sah sie einen Moment verdutzt an. Dann grinste er wieder und sah ihr dabei zu, wie sie um das Auto herum zur Fahrerseite ging.
 

"Na schön", sagt er belustigt und stieg dann selbst auf der Beifahrerseite ein.

Verbundenheit

"Bist du in Ordnung Sasuke?", fragte Itachi laut über den Hof. Er klang ein wenig besorgt.
 

"Ja", rief Sasuke zurück.
 

Er ging um das Auto herum und nahm Sakura den Schlüssel ab, den sie ihm hinhielt.
 

Sie hatte Sasukes Auto gerade ordentlich neben ihrem eigenen geparkt. Juugo war also schon wieder da. Wahrscheinlich war er schneller gefahren als sie. Sie verhielt sich mit Absicht ein wenig übervorsichtig, weil sie sich noch nicht ganz sicher war, ob sie alle Situationen schon richtig einschätzen konnte. Und schließlich hatte sie Sasukes Auto auf gar keinen Fall eine Schramme zufügen wollen. Doch sie fand, dass sie es eigentlich recht gut gemacht hatte.
 

Itachi stand mit Obito, Shisui und Fugaku vor der Haustür, wo sie sich offenbar gerade unterhalten hatten. Doch seit Sakura und Sasuke ausgestiegen waren, sahen sie ihnen konzentriert entgegen.
 

"Wieso ist Sakura gefahren?", fragte Itachi Sasuke, sobald sie beinahe bei ihnen angekommen waren. Er wirkte ein wenig verwundert.
 

"Sie wollte fahren und ich versuche mich nicht wie ein 'sexistischer Arsch' zu verhalten", antwortete Sasuke sachlich und betonte den Begriff, den Naruto für ihn gebraucht hatte, dabei ein wenig sarkastisch.
 

"Wie bitte?", fragte Fugaku. "Was soll diese Ausdrucksweise?"
 

"Hat dich jemand so genannt?", fragte Itachi überrascht.
 

"Ja", sagte Sasuke ein wenig belustigt. "Ihr Ex. Letztes Wochenende. Er war auch im Hotel. Es gefällt ihm nicht wie ich mit Sakura umgehe."
 

"Und", fragte Obito langsam und er klang verblüfft, "das hat dich nicht gestört? Dir passt es nicht, wenn ich sie beiläufig berühre, aber wenn ihr Ex sich deinetwegen Sorgen um sie macht und dich beleidigt dann belustigt dich das? Das ist völlig untypisch für dich!"
 

Das schienen sie alle zu finden, denn sie sahen ihn an und schienen auf eine Erklärung zu warten.
 

"Er fängt übrigens ziemlich wahrscheinlich bei uns an", sagte Sasuke zu seinem Vater. "Er könnte nützlich sein. Vielleicht sogar in unserer Sache."
 

Sakura sah Sasuke erschrocken an. Was sollte das heißen? Nützlich wofür? Vorhin hatte er ihr noch gesagt, dass Naruto gut auf sich selbst aufpassen konnte. Das wusste sie. Trotzdem machte sie sich nun irgendwie Sorgen um ihn.
 

"Und jetzt willst du auch noch mit ihrem Ex zusammenarbeiten?", fragte Obito Sasuke. Nun klang er fassungslos.
 

Itachi und Shisui tauschten einen Blick. Sie schienen das ebenfalls sonderbar zu finden.
 

"Naruto ist eigentlich eher ein guter Freund von mir", warf Sakura rasch ein und alle sahen zu ihr. "Wir waren nur ganz kurz zusammen. Er ist sehr nett."
 

Alle schwiegen.
 

"Nur", fügte sie ein wenig kleinlaut hinzu, "ist er eben manchmal etwas impulsiv und sehr direkt."
 

"Er ist mit Hinata Hyuuga zusammen. Und das offensichtlich glücklich", sagte Sasuke. "Also ist sein Kontakt zu Sakura kein Problem für mich."

"Und er hat ja nicht ganz unrecht oder?", fügte er hinzu. Er klang immer noch ein wenig belustigt. "Es gibt hier eine ziemlich klare Aufgabenteilung und strikte Vorstellungen, wie sich jeder zu verhalten hat. Ich lasse einmal meine Frau fahren und ihr denkt sofort mir würde es nicht gutgehen."
 

Sie schwiegen alle einen Moment und sahen ihn nachdenklich an.
 

"Du weißt doch, dass es dafür Gründe gibt", sagte Fugaku schließlich.
 

"Selbstverständlich", sagte Sasuke höflich und immer noch ein wenig belustigt. "Aber wenn wir ehrlich sind, dann gefallen wir uns auch in dieser Rolle, oder?"
 

Shisui lachte leise. "Mira sagt, dass sie das anziehend findet. Sie steht auf dieses Gehabe. Für mich ist das also kein Problem."
 

Sie sahen alle zu Sakura, die ein wenig errötete. Wieso musste sie mit ihnen nur ständig in solche Situationen geraten?
 

Sasuke legte seinen Arm um sie und zog sie ein wenig an sich.
 

"Wo wir schon mal alle früh zuhause sind könnten wir eigentlich gleich vor dem Essen noch eine Runde trainieren", sagte er. "Sollen wir?"
 

Sie sahen alle wieder zu ihm und Sakura war heilfroh, dass er sie von diesem Thema abgelenkt hatte und sie sich dazu nun nicht zu äußern brauchte.
 

"Klar, warum nicht", sagte Shisui und zog sein Smartphone aus der Tasche. "Ich schreibe eine Gruppennachricht, dass wir rüber ins Dojo gehen. Vielleicht hat ja noch jemand Lust."
 

"Ich gehe rein, ich muss kurz mit Madara sprechen. Er müsste schon da sein", sagte Fugaku und damit wandte er sich zur Haustür um.
 

"Dann sehen wir uns später?", fragte Sakura an Sasuke gewandt.
 

"Ja", sagte er. "Es sei denn du möchtest mitkommen und zuschauen."
 

"Darf ich?", fragte sie überrascht.
 

Sie sah rasch zu Itachi, Shisui und Obito.
 

"Das sagt er nur, weil er weiß wie gut er ist", sagte Obito mit einem Grinsen. "Du bist ein Angeber Sasuke!"
 

Sasuke zog bloß eine Augenbraue hoch.
 

"Man sollte meinen, du hättest mich heute morgen beim Frühstück schon genug provoziert, als du meine Frau angetatscht hast. Zweimal. Du brauchst echt eine Abreibung, was?"
 

"Versuch's doch!", sagte Obito grinsend.
 

"Obito, vergiss nicht, dass es dir keinen Vorteil mehr bringt, dass du ein paar Jahre älter bist als er", sagte Shisui ebenfalls grinsend.
 

"Selbstverständlich kannst du mitkommen Sakura", sagte Itachi freundlich zu ihr, und hörte auf die Drei belustigt zu betrachten.
 

"Na dann los", sagte Sasuke und sie setzten sich alle in Bewegung.
 

Sasuke legte beim Gehen seinen Arm um ihre Schultern und Sakura warf ihm einen kurzen Blick zu.
 

"Wie hast du das eben mit Naruto gemeint?", fragte sie. "Zu was könnte er nützlich sein?"
 

"Machst du dir jetzt Sorgen?", fragte Sasuke mit einem Lächeln.
 

"Nun- also... ja! Ein bisschen. Das klang nicht sehr nett und ziemlich unheimlich!"
 

"Zerbrich dir nicht deinen hübschen Kopf", sagte Sasuke bloß, während sie das Hauptgebäude nun hinter sich ließen und auf ein paar der Nebengebäude auf dem Gelände dahinter zugingen. "Wir tun ihm nichts. Und es gefällt mir übrigens besser, wenn du dir Sorgen um mich machst, als um ihn."
 

"Du bist manchmal unmöglich!", sagte Sakura verärgert und sie wand sich aus seinem Griff.
 

"Hey! Komm zurück Frau!", sagte Sasuke.
 

"Spinnst du?", fragte sie empört.
 

Sasuke grinste und Itachi, Shisui und Obito fingen an zu lachen. Sakura sah sie alle irritiert an.
 

"Lass dich nicht ärgern Sakura, er meint das nicht ernst", sagte Itachi belustigt zu ihr.
 

Obito gab ihr im Gehen einen leichten Stups gegen die Schulter, um sie wieder in Sasukes Richtung zu bewegen und er legte sofort wieder seinen Arm um sie.
 

"War nur Spaß", sagte Sasuke besänftigend und lächelte sie an. "Sei nicht verärgert!"
 

"Wie könnt ihr nur so sein?", äußerte sie nun laut, was sie sich schon oft in Gedanken gefragt hatte.
 

"Was meinst du?", fragte Shisui.
 

"Ihr seid manchmal alle so schrecklich gruselig und sagt furchtbar unheimliche Sachen und dann im nächsten Moment seid ihr...seid ihr..."
 

Sie wusste nicht recht, wie sie es ausdrücken sollte, aber Itachi half ihr auf die Sprünge.
 

"Und im nächsten Moment sind wir einfach nur vier Freunde, die zusammen aufgewachsen sind und Späße miteinander machen", sagte er und lächelte. "Und das passt für dich nicht zu dem, was du sonst von uns kennst, was?"
 

"Ich- ja."
 

Das traf es wohl ganz gut.
 

"Wir tun, was wir tun müssen", sagte Shisui ernst. "Wenn es nötig ist, dann kann jeder von uns eiskalt, berechnend und erbarmungslos sein. Aber wir sind auch einfach nur Menschen mit Gefühlen Sakura."
 

"Ja", sagte Obito. "Und manchmal ist uns bei all dieser Ernsthaftigkeit eben danach ein bisschen herumzualbern, so wie wir es getan haben, als wir zehn waren."
 

"Du gewöhnst dich schon noch an uns!", sagte Sasuke und drückte sie beim Gehen kurz etwas fester an sich.
 

Sakura musste lächeln.
 

"Es macht mich glücklich", sagte sie fröhlich und auf einmal fühlte sich sich wirklich so. "Ich finde es toll, wie gut ihr euch versteht. Ich war immer alleine. So etwas hatte ich nie. Es macht mich wirklich froh euch zuzuhören."
 

Sie lachte, weil sie sich gerade leicht und gut fühlte.
 

Dann hörte sie rasch wieder damit auf, weil sie sie alle ansahen und sie das überforderte.
 

"Was ist?", fragte sie vorsichtig.
 

Itachi wandte den Blick ab.
 

"Du bist zu beneiden Sasuke", sagte er bloß.
 

"Ja", sagte Obito und sah auch wieder nach vorne.
 

Sasuke lächelte kaum merklich und wandte ebenfalls seinen Blick nach vorne.
 

"Also ich beneide niemanden", sagte Shisui belustigt. "Ich habe Mira und ich bin glücklich mit ihr."
 

Sakura sah verlegen auf den Boden vor sich.
 

Sie hatten nun auch die Gebäude hinter sich gelassen und überquerten nun noch eine Wiese in Richtung des Dojos, das hier inmitten von Gras und ein paar Bäumen stand.
 

"Ich bin froh, dass Helena die Sache mit den Pferden aufgegeben hat!", sagte Obito. "Hier sollte man nichts hinbauen. Es würde die ganze Atmosphäre zerstören. Ich mag diesen Ort genau so wie er ist und wie er schon immer war."
 

"Ja", stimmte Itachi zu.
 

Sakura kannte das Dojo. Die letzten Monate über war sie sehr viel draußen alleine auf dem Gelände des riesigen Anwesens umherspaziert. Sie wusste, dass alle Männer der Familie hier regelmäßig Kampfsport trainierten, um sich fit zu halten. Aber sie war noch nie mit drinnen gewesen und bisher war sie immer in einiger Entfernung an diesem Ort vorbeigegangen, besonders, wenn sie im Sommer draußen davor gesessen hatten. Sie war so verängstigt gewesen, dass sie jeden Kontakt zu ihnen allen vermieden hatte. Damals, als sie noch unbedingt wieder von hier fortgewollt hatte.
 

"Shisui!"
 

Sie hatten gerade nach drinnen gehen wollen, aber sie drehten sich alle um, als sie Mira rufen hörten.
 

Sie rannte über die Wiese auf sie zu. Hinter ihr kam Izumi Uchiha etwas langsamer nach, zusammen mit Tekka und ein paar anderen der Männer, die offenbar auch mittrainieren wollten.
 

Mira war bei ihnen angekommen und fiel Shisui sofort um den Hals. Er umarmte und küsste sie und Sakura sah weg, weil sie das Gefühl hatte etwas Intimes zu beobachten, das nicht für sie bestimmt war.
 

Aber im nächsten Moment stand Mira schon vor ihr und sagte gut gelaunt: "Hallo Sakura! Wo warst du heute Nachmittag? Ich habe dich gesucht!"
 

Aber Sakura konnte nicht mehr tun, als sie erfreut anzulächeln, denn die anderen kamen bei ihnen an und dann gingen alle nach drinnen.
 

"Kommt wir setzen uns hier an den Rand!", sagte Mira zufrieden und ergriff jeweils eine Hand von Sakura und Izumi und zog sie mit.
 

"Izumi und ich schauen immer zu, wenn wir können", sagte Mira kichernd. "Wir finden sie nämlich alle so heiß! Findest du nicht auch Sakura?"
 

"Oh", sagte Sakura und sie errötete.
 

Während sie sich neben Mira auf den Boden kniete sah sie zu Sasuke und den anderen hinüber, die alle damit beschäftigt waren ihre Mäntel, Anzugjacken, Uhren und Hemden auszuziehen und die Sachen ordentlich ringsum an den Rand des großen Raumes zu legen. Sasuke sah wirklich ziemlich heiß aus, nur seiner Anzughose, barfuß und mit einem Grinsen im Gesicht, während er sich zu Itachi beugte, der gerade etwas zu ihm sagte. Itachi sah genauso gut aus. Und auch alle anderen schienen total gut in Form zu sein, sogar die, sie schon etwas älter waren.
 

"Ja", antwortete Sakura leise mit einem verlegenen Lachen auf Miras Frage, weil sie sie erwartungsvoll anblickte. "Ziehen sie keine Sportsachen an?"
 

"Manchmal ja, manchmal nein", sagte Mira schulterzuckend. "Shisui hat mal gesagt, dass es wichtig für sie ist, sich auch ihn ihren Alltagsklamotten gut bewegen zu können. Sie machen das ja nicht aus Spaß. Sie machen das für ihre eigene Sicherheit. Madara sagt, dass es sie nach außen schwach und ängstlich aussehen lassen würde, wenn sie genauso bewacht wären, wie sie uns bewachen lassen. Und daher würde das nicht gehen. Also müssen sie sich selbst verteidigen können."
 

"Oh", sagte Sakura leise und sie fühlte sich promt wieder besorgt. Sie hatte sich auch schon gefragt, warum Sasuke so viel Wert auf ihre Sicherheit legte, aber dann selbst alleine unterwegs war.
 

Noch drei der Frauen kamen herein. Sie winkten ihnen durch den Raum kurz zu und Izumi hob neben Sakura grüßend die Hand. Die beiden setzten sich auf der anderen Seite der Halle hin.
 

Einen Moment später tauchten Madara, Fugaku und Izuna ebenfalls auf.
 

"Ohhhh, na wenn Madara hier ist, dann bekommen Itachi und Sasuke einen Gegner!", flüsterte Mira begeistert. "Fugaku, Izuna und Madara sind zwar schon über vierzig und nicht mehr so jung wie die beiden, aber dafür haben sie unglaublich viel Erfahrung. Das scheint viel wettzumachen."
 

"Ja, Madara ist wirklich beeindruckend", sagte Izumi leise. "Auch wenn ich finde, dass Itachi und Sasuke in letzter Zeit immer besser gegen ihn bestehen können. Da sind sie aber auch die einzigen neben Fugaku."
 

"Ja", sagte Mira leise zu Izumi. "Itachi und Sasuke werden immer noch besser! Das ist unglaublich!"
 

"Du solltest auch öfter mit uns herkommen und zusehen Sakura!", sagte Mira leise zu ihr. "Du musst doch total stolz auf Sasuke sein! Wir sind alle stolz auf ihn und Itachi! Und auf die anderen natürlich auch!"
 

Sakura lächelte sie ein wenig überfordert an und fragte sich wieder, wie sie eigentlich in den letzten Monaten so zurückgezogen hatte Leben können, dass sie so Vieles nicht mitbekommen hatte. Aber andererseits hatte sie ja auch mit Absicht nichts mitbekommen wollen, in der Hoffnung, dass man sie dann eher wieder gehen lassen würde.
 

"Ja, du hast recht", sagte sie leise zu Mira. "Es tut mir leid, dass ich mich so von euch allen ferngehalten habe."
 

Izumi schnaubte abfällig.
 

Sakura warf ihr einen raschen Blick zu.
 

Sie hatte schon öfter das Gefühl gehabt, dass Izumi irgendetwas gegen sie hatte. Ihr war es schon öfter so vorgekommen, als würde Izumi sie nicht besonders gut leiden können. Zweimal war sie gegangen, als Sakura sich zum Essen zu den anderen Frauen gesellt hatte und sie glaubte, dass sie ihr manchmal so merkwürdige Blicke zuwarf.
 

"Izumi!", sagte Mira vorwurfsvoll. "Sei doch nicht so! Sakura hat es offenbar auch nicht immer leicht gehabt, du hast doch auch gehört, was sie alles durchmachen musste!"
 

"Ich finde nicht, dass Sakura unbedingt auch hierherkommen muss", sagte Izumi kalt. "Sie frühstückt ja schon ständig mit ihnen."
 

Sakura sah sie ein wenig erschrocken an. Izumi hatte ganz eindeutig feindselig geklungen.
 

Izumi sah stur geradeaus und beobachtete, wie Madara seine Sachen zu den anderen Klamottenstapeln an die Wand legte.
 

"Ach komm schon!", sagte Mira. "Das macht Sakura doch nicht, um sich vor den Männern wichtig zu machen oder weil sie die Aufmerksamkeit genießt! Sie ist einfach nur bei Sasuke, weil er ihr von uns allen am vertrautesten ist!"
 

Izumi schwieg und sah weiter zu den Männern hinüber.
 

"Mach dir nichts draus Sakura", sagte Mira geradeheraus. "Izumi ist seit sie klein war heimlich in Itachi verliebt. Und sie ist wütend, weil seit Jahren alle nur noch Augen für dich haben und er sie vollkommen übersieht."
 

Izumi wandte nun doch ihren Blick von den Männern ab und sah Mira zornig an.
 

"Danke Mira", sagte sie kalt und fügte sarkastisch hinzu: "Ich freue mich total darüber, dass du das Sakura einfach so erzählt hast!"
 

"Bitte streitet nicht!", flüsterte Sakura leise und sie fühlte sich ob dieser neuen Informationen vollkommen überfordert. Aber das erklärte natürlich warum Izumi nicht gut auf sie zu sprechen war. Sasuke hatte ihr ja gesagt, dass Itachi sie eigentlich hatte heiraten sollen und dass er sogar Gefühle für sie gehabt hätte.
 

Izumi wandte sich ihr nun doch zu.
 

"Weiß du Sakura", sagte sie, "du hast es echt leicht. Mit deinen tollen Haaren, deinen großen strahlend grünen Rehaugen, mit diesem Gesicht und Körper! Alle behandeln dich hier wie die Prinzessin! Man lässt dir alles durchgehen, du bekommst ständig Zugeständnisse. Jeder sieht dir nach, wenn du vorbeigehst! Ich bin hier aufgewachsen, ich kenne Itachi schon ewig, aber seit sie dich alle immer auf diesen blöden Events und Empfängen gesehen haben, bist plötzlich nur noch du wichtig gewesen. Ich sehe auch gut aus und Itachi mag mich sogar, aber ich sehe nicht aus wie du! Und weißt du was das Schlimmste ist? Das Schlimmste ist, dass du es nichtmal darauf anzulegen scheinst, dass sie dir alle verfallen! Du machst das nichtmal extra! Darum kann ich dich nichtmal wirklich verabscheuen! Du bist bloß so hübsch und zart und sanft und zerbrechlich und scheu, dass sie alle für dich den Helden spielen wollen! Das ist echt frustrierend! Also entschuldige bitte, wenn mir nicht danach ist deine beste Freundin zu sein!"
 

Damit wandte sie sich wieder ab. Sakura sah sie entsetzt an.
 

"Aber Izumi, sie ist doch jetzt mit Sasuke verheiratet", flüsterte Mira beschwichtigend. "Das weiß Itachi doch. Du bist doch hier aufgewachsen. Du weißt doch am besten wie sie hier sind. Mit ihren Regeln und ihrem 'wir streiten nicht' und 'jeder lässt die Frau eines anderen vollkommen in Ruhe' und ihrem Ehrgefühl und alledem! Du hast doch überhaupt nichts mehr zu befürchten! Du und Itachi ihr seid nur sehr sehr entfernt verwandt. Es kann doch immer noch etwas aus euch werden, nichts spricht dagegen!"
 

"Trotzdem sieht er sie immer noch so an!", flüsterte Izumi verärgert zurück.
 

"Na und?", fragte Mira. "Shisui sieht Sakura auch an. Und ich schaue mir Sasuke und Itachi gerne an. Sie sind einfach heiß. Aber das ist doch bloß rein oberflächlich! Das heißt doch nicht, dass ich Shisui nicht ebenfalls total anziehend finde. Das heißt doch nicht, dass ich ihn nicht mehr lieben würde, als alles andere auf dieser Welt!"
 

Sie machte eine kurze Pause und lächelte dann.
 

"Wobei er vielleicht bald Konkurrenz bekommen könnte", flüsterte sie kichernd.
 

Izumi hörte sofort auf verärgert auszusehen und sie und Sakura sahen Mira gespannt an.
 

"Bist du schwanger?", flüsterte Izumi begeistert.
 

Mira vergrub kurz ihr Gesicht in ihren Händen, um ihr Strahlen zu verbergen. Dann riss sie sich zusammen.
 

"Ja", flüsterte sie. "Aber es ist vielleicht noch zu früh um darüber zu reden. Man kann es ja am Anfang noch schnell verlieren. Aber es ist nun schon der zweite Monat. Wenn alles gut geht, dann wird Shisui bald Vater. Er weiß es allerdings noch nicht."
 

"Ohhhh, das ist toll!", flüsterte Izumi begeistert und Sakura fühlte sich von der Freude der beiden ebenfalls ganz mitgerissen.
 

"Bitte sagt zu niemandem etwas!", sagte Mira rasch. "Ihr seid außer Mikoto die einzigen, die davon wissen!"
 

"Oh, seht, sie fangen an!", fügte sie hinzu und Sakura und Izumi wandten ihren Blick wieder nach vorne.
 

Sakura musste zugeben, dass Mira recht hatte. Es war wirklich faszinierend ihnen zuzusehen. Sie hatten sich alle nebenbeinander und hintereinander aufgestellt und durchliefen eine Weile völlig synchron offenbar gut eingeübte Bewegungsabläufe, die sie scheinbar alle auswendig kannten, denn niemand sagte irgendetwas an. Danach bildeten sie immer wechselnde Zweier-, Dreier- oder Vierergruppen. Soweit Sakura das beurteilen konnte, schienen sie sehr darauf bedacht sich nicht wirklich zu treffen. Oft berührten sie sich nicht einmal und sie stoppten ihre Schläge und Tritte immer gerade rechtzeitig ab. Ihre Schnelligkeit und Präzision war beeindruckend und wahrscheinlich konnte man sich so nur bewegen, wenn man das schon viele Jahre eingeübt hatte.
 

Aber das, was sie am meisten faszinierte, war nicht ihre Körperbeherrschung, sondern, dass sie erneut einen Moment beobachtete, den sie noch vor ein paar Monaten für unmöglich gehalten hätte.
 

Sie hatten Spaß zusammen.
 

Die meiste Zeit über waren sie still und konzentriert, wie sie es von ihnen kannte. Aber manchmal sahen sie einander zu und sagten dann scherzhaft etwas zueinander oder lachten über etwas. Aber es hatte nie den Eindruck von Auslachen oder Gehässigkeit. Sie schienen sich einfach alle rundum wohlzufühlen miteinander. Sie konkurrierten zwar ein wenig miteinander, aber sie schienen alle eher darauf bedacht sich gemeinsam zu verbessern, als darauf einander auszustechen.

Es machte glücklich dabei zuzusehen. So ein Gemeinschaftsgefühl kannte Sakura von ihrer Familie nicht. Überhaupt hatte sie so etwas noch nie erlebt. Sogar Madara schien lachen zu können. Plötzlich kam er ihr dadurch viel menschlicher vor.
 

"Das ist wirklich beeindruckend", flüsterte sie leise.
 

"Nicht wahr?", flüsterte Mira ein wenig schmachtend zurück.
 

"Manchmal habe ich irgendwie auch Lust mitzumachen", sagte Izumi leise. "Aber ich weiß gar nicht, ob man in dem Alter noch damit anfangen kann. Die Jungs lassen sie schon als kleine Kinder beginnen. Und ich glaube nicht, dass sie eine von uns unterrichten würden."
 

"Sie sind echt ein Haufen Machos", flüsterte Mira lachend. Aber es klang nicht so, als ob sie das als besonders störend emfinden würde.
 

"Ja", seufzte Izumi. "Das sind sie leider."
 

"Sie haben es aber auch nicht leicht, bei dem, was sie manchmal aushalten müssen. Also ich würde mit keinem von ihnen tauschen wollen! Es ist nicht einfach das alles gut zu verarbeiten denke ich", sagte Mira.
 

"Spricht Shisui mit dir darüber?", fragte Izumi neugierig.
 

Mira schüttelte den Kopf. "Nein. Er sagt, das hat zwischen uns keinen Platz. Er will, dass das ein Ort ist, wo alles gut und schön ist. Das hilft ihm, sagt er. Er mag es nach Hause zu kommen und sich anzusehen, was ich mir in der Stadt für Schuhe gekauft habe. Am Anfang hatte ich das Gefühl, dass ich mich doch so nicht oberflächlich verhalten kann und dass ich mehr für ihn da sein müsste. Aber mittlerweile denke ich, dass es vielleicht gut so ist. Ich bin für ihn jemand, mit dem er nur Gutes verbindet und wo er glücklich sein kann. Also frage ich gar nicht mehr nach. Das ist eben meine Art für ihn da zu sein."
 

"Ja", sagte Izumi nachdenklich. "Das klingt schön. Aber seit ein paar Tagen scheinen sie ohnehin wieder eine etwas ruhigere Phase zu haben, oder? Sie kommen alle früher nach Hause."
 

"Ja", sagte Mira. "Sie sind auch nicht mehr so angespannt."
 

"Ich wüsste so gerne, worüber ihr da sprecht", sagte Sakura leise. "Ich verstehe das alles nicht."
 

Mira seufzte mitleidig und verständnisvoll.
 

"Das dachte ich auch mal Sakura", sagte sie. "Im nachhinein würde ich es wohl manchmal lieber wieder nicht wissen."
 

"Man wird dir bald alles erzählen denke ich", sagte Izumi ohne sie anzusehen. "Du scheinst langsam eine Bindung zu Sasuke aufzubauen, oder?"
 

"Und das ist so wichtig?", fragte Sakura.
 

"Klar", sagte Izumi. "Wenn einem jemand wirklich wichtig ist, dann sind manche Dinge leichter zu verdauen."
 

Sakura schwieg und dachte nach. Bisher hatte man es immer so formuliert, dass sie es so verstanden hatte, dass es eher darum ging, dass sie nichts verraten oder bei jemandem ausplaudern konnte."
 

"Ich bin so durcheinander", sagte sie leise.
 

"Alles wird gut!", sagte Mira aufmunternd zu ihr. "Das wird schon!"
 

"Wollt ihr beide hier sein?", fragte Sakura neugierig. "Seid ihr glücklich hier?"
 

"Das ist mein Zuhause", sagte Izumi bloß. "Und Itachi ist hier. Er würde nie von hier fortgehen."
 

"Und ich liebe Shisui", antwortete Mira. "Alles andere ist mir egal."
 

Sie lächelte und legte ihre Hand auf ihren Bauch. "Fast alles."

Leichtigkeit

"Hey!"
 

Sasuke blieb vor ihr stehen, aber er küsste oder berührte sie zur Abwechslung nicht. Vielleicht, weil ihm bewusst war, dass ein feiner Schweißfilm auf seiner Haut lag.
 

Bevor sie etwas erwidern oder tun konnte fuhr er fort: "Wir haben hinten Duschen und Wechselklamotten. Wartest du noch ein paar Minuten auf mich? Dann gehen wir zusammen zurück."
 

"Ja!"
 

Sie freute sich, dass er nicht einfach mit den anderen duschen gegangen, sondern erst kurz zu ihr herübergekommen war. Shisui und Mira schienen bereits ein enges Band zu haben und sich sehr gut zu kennen. Aber Sakura hatte das Gefühl, dass es für ihre und Sasukes Bindung wichtig war, dass er ihr respektvoll begegnete und sie das Gefühl entwickeln konnte eine richtige Partnerin für ihn zu sein und nicht bloß etwas, mit dem er verfahren konnte, wie es ihm beliebte. Sie nahm wahr, dass er sich wirklich Mühe gab und das machte sie sehr froh.
 

"Soll ich deinen Mantel nehmen?", fragte sie und streckte leicht die Hände aus. Denn den wollte er ja vermutlich nicht mit zum Duschen nehmen.
 

"Danke", sagte er mit einem leichten Lächeln und sie nahm ihm den Mantel ab, als er ihn ihr hinhielt.
 

"Bis gleich."
 

"Ja!"
 

"Hach, du hast es gut Sakura!", sagte Mira schwärmerisch und sah Sasuke nach, als er durch die Halle davonging, hinüber zur der Tür in der gegenüberliegenden Wand, durch die die anderen verschwunden waren. "Seht euch diese Schultern an!"
 

"Du bist echt bescheuert Mira!", sagte Izumi mit einem unterdrückten Lachen und eindeutig belustigt. "Shisui sieht doch fast genauso aus!"
 

Mira kicherte. "Lass mich doch!", sagte sie fröhlich zu Izumi. "Dieses Pack ist manchmal unerträglich, also verhalte ich mich eben einfach auch ein bisschen machomäßig. Wenn sie ständig so herumstolzieren und sich für die Allergrößten halten können, dann können sie das ja wohl auch verkraften! Shisui hat mich hierhergeholt und mich in all das hier mit hineingezogen und nun mache ich das beste daraus und genieße mein Leben! Du verstehst das nicht Izumi, du warst immer hier, du kennst es nur so."
 

Das schien Izumi nachdenklich zu stimmen und sie sagte eine Weile nichts mehr. Und auch Mira schwieg, während sie ein bisschen versonnen auf ihren Bauch hinabblickte.
 

Dann sahen sie beide zu Sakura hinüber, weil sie plötzlich leise lachen musste.
 

"Was?", fragte Mira sofort neugierig.
 

"Ich dachte nur gerade, dass ich es gut finde, dass ich auch mal etwas weiß, das Sasuke nicht weiß", erklärte sie belustigt. "Es ist sonst immer andersherum. Aber nun weiß ich das mit deiner Schwangerschaft und-"
 

Sie warf Izumi einen vorsichtigen Blick zu. Sie hatte nicht richtig nachgedacht. Itachi vor Izumi zu erwähnen war taktlos von ihr.
 

"Also, ich fand es einfach nur lustig, dass Sasuke auch nicht alles weiß, er tut immer so überlegen", sagte sie rasch.
 

Izumi sah wieder zu ihr.
 

"Hör mal Sakura", sagte sie entschieden, "es tut mir leid wegen eben. Als ich vorhin mit Mira hierherkam und dich mit ihnen zusammen gesehen habe, hat mich das einfach genervt. Es nervt mich, dass du ihre ganze Aufmerksamkeit bekommst. Aber ich weiß, du kannst da auch nichts für und es tut mir leid, dass ich eben so unfreundlich war. Ich bin einfach frustriert. Natürlich weiß ich, dass du einiges durchgemacht hast, vermutlich gerade weil du so hübsch bist und für dich ist das wahrscheinlich mehr Fluch als Segen."
 

Sakura fühlte sich bei diesen Worten sofort erleichtert.
 

"Das ist wirklich nett von dir!", sagte sie glücklich. "Danke Izumi! Und ich verspreche, ich werde auch wirklich niemandem etwas davon erzählen wie du fühlst!"
 

"Müsstest du nicht eigentlich sauer auf mich sein?", fragte Izumi mit einem vorsichtigen Lächeln.
 

"Bin ich nicht!", sagte Sakura sofort und lächelte vorsichtig zurück. "Ich kann dich verstehen."
 

"Sehr schön!", sagte Mira fröhlich. "Was meint ihr, sollen wir die Woche mal zusammen in die Stadt fahren und ein bisschen Einkaufen gehen? Ich könnte mir schonmal ansehen, was es alles so an Umstandsmode gibt, davon habe ich bisher gar keine Ahnung. Ich möchte schließlich gerne trotzdem ein bisschen gut aussehen, auch wenn ich vermutlich bald ein Wal bin!"
 

"Willst du uns jetzt dazu zwingen uns miteinander anzufreunden?", fragte Izumi skeptisch. Aber sie lachte ein bisschen.
 

"Vielleicht", sagte Mira mit einem frechen Lächeln.
 

Izumi sah belustigt aus. "Von mir aus!"
 

"Das klingt toll!", sagte Sakura rasch, als sie sie ansahen.
 

Sie freute sich, dass Mira sie so einbezog und sie wollte sie und Izumi gerne besser kennenlernen. Andererseits war so etwas ganz neu für sie und darum fühte sie sich ein bisschen schüchtern.
 

"Dann ist das abgemacht!", sagte Mira glücklich.
 

Sakura legte sich Sasukes Mantel auf ihrem Schoß zurecht und strich mit ihren Fingern über den hochwertigen Stoff. Der Mantel stand ihm sehr gut. Dann stutzte sie, weil ihre Finger auf etwas trafen, das in seiner Brusttasche war. Natürlich sollte sie nicht in seinen Sachen herumwühlen. Aber am liebsten hätte sie jetzt ihre Hand in die Tasche gesteckt, um zu sehen, ob wirklich darin war, was sie gerade befürchtete. Sie blickte mit klopfendem Herzen auf den Mantel.
 

"Was ist los?", fragte Izumi, die offenbar bemerkt hatte, dass Sakura beunruhigt auf den Mantel geblickt hatte.
 

Aber genau in diesem Moment kamen Shisui und Obito vom Duschen zurück und sobald sie bei ihnen angekommen waren, erschienen auch Sasuke und Itachi in der Tür in der gegenüberliegenden Wand der Halle und kamen auf sie zu.
 

"Ist alles in Ordnung?", fragte Sasuke sie leise, als sie gerade zusammen mit den anderen über die Wiese zurück zum Hauptgebäude gingen und niemand so nahe bei ihnen war, dass sie jemand hätte hören können.
 

"Ja", sagte Sakura fröhlich.
 

"Es hat vorhin für einen Moment so ausgesehen, als hättet ihr Streit. Und dann habt ihr euch plötzlich total gefreut", sagte Sasuke mit einem leichten Stirnrunzeln.
 

Das verblüffte Sakura ein wenig. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass er zu ihr herübergeschaut hatte. Sie hätte nicht gedacht, dass er das mitbekommen haben könnte.
 

"Nein, es ist alles in Ordnung", sagte sie gut gelaunt. "Ich verstehe mich immer besser mit ihnen."
 

"Verschweigst du mir etwas?" Jetzt klang er streng.
 

Immer, wenn er nicht bekam, was er wollte, dann übte er Druck aus. So wie sie alle. Vielleicht tat er das manchmal nicht einmal mit Absicht. Wahrscheinlich hatte er dieses Verhalten seit jeher so stark verinnerlicht, dass er das ganz automatisch machte. Und wahrscheinlich, so vermutete sie, funktionierte das dort draußen in der Welt auch ganz hervorragend und sehr effektiv. Denn sicher konnte er all seine Aufgaben nur deshalb bewältigten, weil er so durchsetzungsstark war.

Aber irgendwie musste sie dafür Sorgen, dass ihre Ehe nicht von diesem Verhalten dominiert werden würde. Und vielleicht, so dachte sie gerade, war es ihre Aufgabe ihm etwas entgegenzusetzen, anstatt zu erwarten, dass er sich änderte.
 

"Du musst nicht alles wissen Sasuke", erwiderte sie freundlich. "Manches geht dich nichts an. Und gerade fragst du nicht aus Sorge, sondern weil du mich kontrollieren willst."
 

Für einen ganz kurzen Moment sah er überrascht aus, bevor er seinen Ausdruck wieder unter Kontrolle bekam. Vermutlich, weil sie ihm sonst so gut wie nie Widerworte gab. Aber sie fühlte sich in Bezug auf ihn mittlerweile sehr viel sicherer als zu Beginn ihrer Ehe. Sie musste sich zwar noch sehr überwinden, um so eine Antwort herauszubekommen, doch wenn sie sich vergegenwärtigte, dass er ihr nichts tun würde und dass nichts Schlimmes passieren würde, wenn sie sich so verhielt, dann konnte sie es schaffen, wie sie gerade zum ersten Mal erfreut feststellte.
 

Und es passierte auch nichts Schlimmes. Er wurde nicht grob wie ihr Vater es bei so einer Antwort geworden wäre. Und er tat ihr auch sonst nichts. Er sah einfach nur ein wenig unzufrieden aus.
 

Sakura spürte, wie sie ein Gefühl der Erleichterung durchströmte. Das war völlig neu für sie. Es war völlig neu für sie bei solchen Themen ganz ehrlich sagen zu können, was sie dachte, ohne sofort Konsequenzen wie Strafen oder Liebesentzug erfahren zu müssen. Denn auch das passierte nicht. Im Gegenteil.
 

Sasuke legte bloß wieder im Gehen seinen Arm um sie. Er zog sie näher an sich.
 

Dann beugte er sich ein wenig zu ihr und sagte leise und leicht belustigt und verärgert zugleich: "Da wird wohl jemand mutiger, was? Bist du sicher, dass du so frech sein willst? Beim Essen bist du vielleicht noch sicher, aber danach wirst du ganz alleine mit mir sein."
 

Es hatte ein wenig gefährlich geklungen, aber sein Tonfall hatte in ihr keinerlei Angst ausgelöst. Vielmehr verspürte sie so etwas wie freudige Erregung in ihrer Bauchgegend und sie musste ein wenig lachen.
 

Er richtet sich wieder gerade auf und grinste.
 

"Dann esse ich wohl besser ganz langsam!", erwiderte sie ein wenig provokant.
 

Er lachte und sie verspürte erneut Freude in sich.
 

Die Sonne war schon untergegangen und in der trüben Luft des kühlen Herbstabends waren einige Nebelschwaden aufgezogen, die dem Gelände und den verschiedenen Gebäuden etwas Unheimliches und zugleich Wunderschönes verliehen.
 

Sie liebte es gerade seine Körperwärme und seinen Arm um sie zu spüren und aus diesem wohligen Gefühl der Sicherheit heraus die rötlichen Steifen der untergegangen Sonne an dem dunklen Himmel zu bewundern.
 

Sie spürte seinen Blick auf sich und als sie zu ihm sah, betrachtete er sie stolz und liebevoll.
 

"Ich finde den Himmel und den Nebel wunderschön", sagte sie ein wenig verlegen.
 

"Ja", sagte er leise und sanft. "Ich weiß. Und ich finde dich wunderschön, wenn du dir etwas ansiehst, das du wunderschön findest."
 

Sie errötete leicht und wandte wieder ihren Blick ab.
 

"Izumi, Sakura und ich fahren vielleicht morgen in die Stadt ein bisschen shoppen!", sagte Mira zehn Minuten später im Speisesaal und reichte Shisui eine Schale voll Gemüsesuppe, die sie soeben für ihn befüllt hatte.
 

"Dann nehmt Juugo mit", sagte Sasuke.
 

"Wieso ist das wichtig?", fragte Mira. "Sonst reicht doch auch einer der Kerle, die die Autos fahren."
 

"Weil Juugo gerade ohnehin nichts besseres zu tun hat", antwortete Sasuke. "Wahrscheinlich ist ihm langweilig."
 

"Ohhh, na dann wird er sich sicher freuen drei verwöhnte junge Frauen beim Shopping begleiten zu dürfen!", sagte Izumi sarkastisch und schob ein bisschen Kohl in ihrer Suppe beiseite, den sie nicht zu mögen schien.
 

"Fahren wir mit deinem neuen Auto? Kann ich eine Strecke fahren Sakura?", fragte Mira, offenbar begeistert von dieser Idee, die ihr scheinbar gerade gekommen war.
 

"Oh", sagte Sakura überrascht, weil sie sich immer noch nicht richtig an den Gedanken gewöhnt hatte, dass dieses Auto nun ihr gehört und sie darüber entscheiden durfte. Überhaupt war sie es nicht gewohnt wegen etwas um Erlaubnis gefragt zu werden.
 

"Ja, natürlich!", antwortete sie fröhlich.
 

"Wieso habt ihr beide eigentlich einen Führerschein und ich nicht?", fragte Izumi plötzlich empört. "Ich wusste gar nicht, dass du einen hast Mira!"
 

Mira zuckte mit den Schultern. "Ich finde es ja auch eigentlich sehr bequem mich herumfahren zu lassen." Sie lachte. "Dann fühlt man sich so unglaublich wichtig. Aber jetzt habe ich eben auch mal Lust bekommen zu fahren, das habe ich ewig nicht gemacht!"
 

"Warum habe ich keinen Führerschein?", fragte Izumi nochmal und sah ein paar der Männer um sich herum an.
 

"Wozu solltest du den brauchen", sagte Tekka gleichgültig. "Draußen stehen ganz viele Wagen mit Fahrern für dich. Das war einfach nie nötig. Sakura und Mira haben den auch nur, weil man das heutzutage halt so macht. Sie brauchen auch keinen. Zumindest nicht mehr, seit sie Sasuke und Shisui geheiratet haben."
 

Izumi legte entschieden ihren Löffel weg und verschränkte die Arme.
 

"Ich mache jetzt auch den Führerschein", sagte sie.
 

"Wozu?", fragte Itachi stirnrunzelnd.
 

"Vielleicht einfach nur um dich zu ärgern", fauchte sie ihn an.
 

Obito grinste. "Dann sei mal nicht so frech Izumi. Da musst du nämlich erst einen von uns um Geld bitten. Oder hast du welches? Hast du dir nicht gerade diese unverschämt teure Handtasche gekauft und dafür alles von deinem Taschengeld ausgegeben?"
 

"Oder du könntest endlich einen von uns heiraten", sagte Tekka. "Dann hättest du auch mehr Geld. Optionen hast du doch genug, du bist bloß zu störrisch!"
 

Izumi warf Tekka neben sich einen überheblichen Blick zu.
 

"Ich heirate nicht, weil ich nur von Idioten umgeben bin!", sagte sie und strich anmutig ihre langen Haare zurück.
 

Mira lachte und Sakura konnte es ebenfalls nicht ganz unterdrücken.
 

"Dann such dir mal jemand anderen, der dir den Führerschein bezahlt", sagte Tekka belustigt. "Die Idioten haben keine Lust dazu."
 

"Na und?", gab Izumi zurück. "Mira! Gib mir was von dem Geld, das Shisui dir gibt!"
 

"Das geht nicht!", sagte Mira sofort und hörte auf zu lachen. "Ich werde demnächst einiges kaufen müssen, du weißt schon!"
 

"Was willst du denn kaufen?", fragte Shisui sie stirnrunzelnd.
 

"Das sage ich dir nicht!", sagte Mira zufrieden.
 

"Oh stimmt!", sagte Izumi, weil ihr Miras Schwangerschaft wohl wieder eingefallen war.
 

"Du kannst etwas von dem Geld haben, was ich jeden Monat von Sasuke bekomme", sagte Sakura ein wenig vorsichtig zu ihr. "Ich habe noch nie etwas davon ausgegeben. Das reicht bestimmt."
 

"Oh!", sagte Izumi und sah sie überrascht an. "Bist du sicher?"
 

Sakura lächelte und nickte.
 

"Okay!", sagte Izumi. "Danke! Übst du auch mit mir? Können wir dein Auto dazu nehmen?"
 

"Ja!", sagte Sakura begeistert. Sie hatte noch nie etwas gekonnt, was jemand von ihr hatte lernen wollen. "Auch wenn ich selbst noch Übung brauche."
 

"Oh ja!", sagte Mira begeistert. "Ich übe auch mit dir Izumi!"
 

"Da tut man alles, was man kann, um sie zu beschützen und dann wollen sie sich unbedingt beim Autofahren umbringen", sagte Obito belustigt zu den anderen und sie fingen alle an zu lachen oder zu grinsen.
 

"Ihr seid so bescheuert!", fauchte Izumi. "Ich frage mich echt, wie ihr überhaupt jemanden zum Heiraten findet!"
 

Das brachte Mira und Sakura wieder zum Lachen.
 

"Irgendwie habe ich das Gefühl, dass uns die Ladies in letzter Zeit ziemlich auf der Nase herumtanzen", seufzte Obito theatralisch.
 

"Komm damit klar du Macho!", sagte Izumi immer noch mit verschränkten Armen.
 

"Mir tut der Fahrlehrer leid", sagte Itachi belustigt. "Bei deinem Temperament!"
 

"Mein Temperament hat dir früher mal ganz gut gefallen Itachi", gab Izumi überheblich zurück. "Darf ich dich an die Zeit erinnern, als wir beide fünf waren und du tagelang davon überzeugt warst, dass ein Geist in deinem Schrank ist und ich ihn für dich verscheuchen musste?"
 

Sakura und Mira tauschten einen Blick. Mira schien diese Geschichte auch zum ersten Mal zu hören, denn sie sah ebenfalls so aus, als würde sie nun am liebsten laut loslachen und als wäre sie sich ebenfalls nicht so sicher, ob es gut wäre Itachis Stolz dadurch noch weiter zu verletzen.
 

"Kann ich mich nicht dran erinnern", sagte Itachi gleichgültig. Er sah in die Runde. "Ihr etwa?"
 

"Nein", sagte Sasuke.
 

"Nein", sagte Shisui.
 

"Das ist nie passiert", sagte Obito.
 

"Izumi erfindet gerne Geschichten", sagte Tekka.
 

Izumi knallte ihren Löffel auf den Tisch, schob ihren Stuhl zurück, erhob sich und stolzierte dann erhobenen Hauptes aus dem Saal ohne noch jemanden eines Blickes zu würdigen.
 

"Dafür wird sie sich irgendwie an euch rächen", sagte Mira. "Wetten, dass sie das mit dem Führerschein durchgesetzt bekommt?"
 

"Wahrscheinlich", sagte Itachi belustigt. "Mir unserem Verhalten haben wir gerade Öl ins Feuer gegossen."
 

"Tja", sagte Obito. "Die Zeiten ändern sich. Jetzt wollen die Damen plötzlich arbeiten und Auto fahren. Und du finanzierst das auch noch Sasuke."
 

Sasuke lachte leise.
 

"Nein", sagte er. "Sakura finanziert es. Sobald ich ihr das Geld gegeben habe, gehört es ihr. Sie kann damit machen, was sie will. Das geht mich nichts an."
 

Sakura fühlte in diesem Moment große Zuneigung zu ihm und sie lächelte ihn dankbar an.
 

"Damit hast du sie glücklich gemacht scheint es", sagte Obito belustigt. "Ich weiß wer heute Abend noch auf seine Kosten kommen wird."
 

Er grinste und die anderen taten es ihm gleich.
 

Sakura errötete wieder.
 

"Du bist super süß, wenn du verlegen bist", sagte Obito zu ihr.
 

"Und du bist ...blöd!", sagte Sakura zu ihm. Vielleicht, weil Izumis Verhalten ein bisschen auf sie abgefärbt hatte.
 

"Sasuke!", beschwerte Obito sich promt. "Deine Frau braucht eine Zurechtweisung!"
 

"Findest du?", fragte Sasuke unbeeindruckt. "Ich finde nicht. Ich bin vollkommen ihrer Meinung."
 

Er grinste.
 

Obito schnaubte empört.
 

"Tja...Frauen...", sagte Shisui und warf Mira einen liebevollen Blick zu. "Sie bringen einen dazu sogar seinen besten Freunden in den Rücken zu fallen."
 

Aber letztenendes behielt Obito wohl recht, denn Sakura hatte sich ja schon den ganzen Tag über nach Sasuke gesehnt und sowohl sein Interesse an ihr in seinem Büro, als auch ihn bei seinem Training zu sehen hatten ihre Sehnsucht nach ihm bloß verschlimmert. Also fing sie sogar von sich aus damit an ihn zu berühren.
 

Das schien ihm zu gefallen und eine Weile ließ er sich ein bisschen bitten, indem er vorgab, ihren Wunsch nach seiner körperlichen Zuwendung gar nicht zu bemerken. Allerdings hielt er das nicht besonders lange durch und so bekam Sakura am Ende dieses ereignisreichen Tages das, wonach sie sich schon am Morgen gesehnt hatte.

Ein Tag in der Stadt

Als Sakura am Abend des nächsten Tage die Eingangshalle betrat, war sie glücklich. Nach den ganzen aufwühlenden Ereignissen der letzten Tage schien sie nun gerade eine Glückssträhne zu haben.
 

Ihr Tag war toll gewesen. Sie war tatsächlich mit Mira und Izumi zum Einkaufen in die Stadt gefahren. Beziehungsweise Mira war gefahren. Sakura hatte Izumi vorne sitzen lassen, weil sie sie darum gebeten hatte. Scheinbar war Izumi tatsächlich ihr ganzes Leben lang nur herumgefahren worden und zumindest laut eigener Aussage hatte sie noch nie auf dem Beifahrersitz gesessen. Und auf einmal hatte sie Lust dazu bekommen. Also hatte Sakura mit Juugo auf der Rückbank platzgenommen.
 

Sakura hatte sich ein wenig Sorgen gemacht, dass Izumi nach ihrem Abgang beim Abendessen noch schlecht gelaunt sein könnte. Aber dem war nicht so gewesen. Ihr schien es, als wäre Izumi ein klein wenig verwöhnt und sehr direkt und temperamentvoll, aber genauso schnell schien sie sich auch wieder abzuregen oder sich sogar zu entschuldigen, wie sie es bei Sakura getan hatte.

Und so hatte Sakura hinten gesessen und glücklich zugesehen, wie Mira und Izumi vorne scherzten und lachten.
 

Izumi beschwerte sich halb ernst und halb im Spaß über Miras Fahrstil und Mira beschwerte sich darüber, dass sie es sich herausnahm sich zu beschweren, obwohl sie ja schließlich überhaupt nicht fahren konnte. Allerdings schien es Izumi wie offenbar allen Uchihas nicht an Selbstvertrauen zu mangeln und sie behauptete promt, dass sie sicher gut sein würde im Fahren, wenn sie es erst gelernt hätte. Auf Sakuras Frage, ob sie das nun wirklich durchziehen wollte, antwortete sie voller Zuversicht und sie sagte, dass sie es vielleicht nie brauchen würde, aber dass ihr gestern klar geworden sei, wie sehr es sie nervte, dass sie es nicht zumindest theoretisch konnte. Sie hätte, so sagte sie, keine Lust mehr darauf, dass die Männer ständig so tun würden, als würden sie alles besser können.
 

Für Sakura war es ein wenig neu mitzubekommen wie locker Mira und vor allem Izumi mit dem Rest der Familie Uchiha - vor allem mit dem männlichen Teil - umgingen.
 

"Selbstverständlich respektiere ich sie!", sagte Izumi. "Und ich höre auch auf das, was Madara und die anderen sagen. Manches können sie einfach besser beurteilen, weil sie wissen, was sie tun und ich einfach nicht in irgendetwas davon involviert bin. Aber du musst verstehen, dass ich mit Itachi, Obito, Shisui und Sasuke aufgewachsen bin. Ich kenne sie schon ewig. Ich habe Respekt vor dem, was sie tun, ihren Fähigkeiten, ihrer Disziplin und alledem, aber manchmal sind sie für mich eben bloß dumme Jungs. Ich habe einfach viel zu viele Albernheiten und Streiche im Kopf, die ich bei ihnen mitbekommen habe. Manchmal kann ich das nicht ausblenden und dann kann ich sie einfach nicht vollkommen ernst nehmen."
 

Am liebsten hätte Sakura Izumi auch nach Itachi gefragt, aber sie war sich nicht sicher, ob sie dazu schon vertraut genug waren und vorallem war es vielleicht nicht klug vor Juugo über Izumis Gefühle für Sasukes Bruder zu sprechen. Sie war sich nicht sicher, was er Sasuke erzählen würde und was nicht. Vielleicht würde er so etwas gar nicht für relevant oder erwähnenswert halten. Doch sie konnte Juugo nach wie vor kein bisschen einschätzen. Sie wusste bloß, dass er still, höflich und gewissenhaft zu sein schien.
 

Während ihres gemeinsamen Ausfluges beobachtete sie ihn ein wenig. Im Auto hatte er einfach still dagesessen und Sakura hatte sich erneut gefragt, ob er sich wohl ärgerte, dass er auf sie aufpassen musste. Gestern abend beim Essen hatte Sasuke gesagt, dass sie ihn mitnehmen sollten, da er sonst nichts anderes zu tun hätte. Würde er lieber etwas anderes tun? Wahrscheinlich. Sicher fand er es albern herumzusitzen und nur darauf zu warten, dass sie ihm eine Nachricht schreiben würde, weil sie irgendwo hinwollte.
 

Doch falls er deswegen Unmut empfinden sollte, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. Die einzige Regung, die sie an ihm beobachten konnte, war, dass sein Kiefermuskel einmal kurz zuckte, als Mira beim Parken beinahe an ein anderes Auto gestoßen wäre.
 

Sakura vermutete, dass er wahrscheinlich mehr Übung im Fahren hatte als Mira und sie. Bisher hatte sie noch keine Gelegenheit gehabt, das herauszufinden, denn sie war immer selbst gefahren. Aber sie nahm an, dass Juugo sie für drei verwöhnte und vollkommen naive Frauen halten musste, die ganz selbstverständlich das Geld ausgaben, das ihre Männer verdienten, für Dinge, die ihm vermutlich allesamt überflüssig vorkamen.
 

Mira hatte Juugo ein wenig misstrauisch beäugt, bevor sie sich in einer Boutique ein wenig in Sachen Umstandsmode hatte beraten lassen und sie hatte offengelassen, ob sie das nur aus Interesse tat, oder ob sie wirklich schwanger wäre. Denn scheinbar war sie sich auch nicht sicher, was Juugo Sasuke erzählen würde und was nicht. Und sie wollte wohl unbedingt zunächst die ersten drei Monate hinter sich haben, bevor sie Shisui die Neuigkeiten verkünden wollte. Also hatten Izumi und Sakura die Schwangerschaft ebenfalls nur dann erwähnt, wenn Juugo gerade zu weit weg gewesen war, um es hören zu können.
 

Sakura hatte sich auch ein paar neue Schuhe für den Winter gekauft. Sie hatte auf ihrem Konto nachgesehen und vorher recherchiert, was ein Führerschein kostete und dabei hatte sie festgestellt, dass sie mit dem Geld, das Sasuke ihr bisher gegeben hatte, locker mehrere Führerscheine hätte bezahlen können. Und da sie sich ihm nun näher fühlte, hatte sie auch nicht mehr so einen Widerwillen etwas von dem Geld anzurühren. Zumal er gestern Abend ganz klar gesagt hatte, dass es wirklich ihres war und dass es ihn nicht interessierte, was sie damit machte.
 

"Selbstverständlich kannst du das ohne schlechtes Gewissen ausgeben!", sagte Izumi, als sie mitbekam, dass Sakura etwas zögerlich war.
 

Mira war der gleichen Meinung. "Deine Ehe hat Vorteile und Nachteile. Du akzeptierst die Nachteile und nimmst für Sasuke eine Einschränkung deiner Eigenständigkeit in Kauf. Da solltest du es genießen, dass du dir Dinge kaufen kannst und er dir das einfach finanziert. Das ist nur fair! Er wollte dich unbedingt. Er hat bekommen, was er wollte. Also darfst du es dir auch ein bisschen auf seine Kosten gutgehen lassen, würde ich sagen!"
 

"Der hat echt genug Geld Sakura", winkte Izumi ab.
 

Aber Sakura fand, dass sie schon dieses neue Auto bekommen hatte. Und bestimmt musste Sasuke Tag und Nacht Juugo bezahlen, damit er auf Abruf bereitstand. Das war sicher sehr teuer. Und das nur, damit sie sich wohler fühlte, ansonsten hatte das schließlich keinen sinnvollen Nutzen.
 

"Ach, ich glaube du unterschätzt, wie wichtig du ihm bist", sagte Mira beiläufig. "Und er hat doch auch etwas davon, wenn du dich wohlfühlst."
 

"Ja", sagte Izumi lachend. "Du schläfst mit ihm, er kann jeden Abend neben dir einschlafen und er kann herumstolzieren und sich wie ein mega toller Typ fühlen, weil er die schönste Frau hat und alle anderen ihn beneiden. Sowas gefällt ihm. Ich finde er hat genug! Denk auch ein bisschen an dich Sakura!"
 

Und da hatten sie wohl zumindest ein bisschen recht mit. Also hatte sie die Schuhe gekauft und sie versuchte erneut sich klarzumachen, dass man es ihr anerzogen hatte, dass sie sich bei allem direkt selbstsüchtig vorkam, was sie nur für sich tat. Sie wollte auch irgendwann ein wenig mehr wie Izumi und Mira sein und ein bisschen weniger darüber nachdenken, ob es in Ordnung war, was sie tat oder nicht.
 

"Möchtest du auch etwas haben?", hatte Mira Juugo schließlich mit einem charmanten und ein wenig frechen Lachen gefragt. "Für deine Geduld mit uns?"
 

Aber er hatte sie bloß schweigend angesehen und nicht darauf reagiert. Also hatten sie ihn lieber wieder in Ruhe gelassen.
 

Nach dem Einkaufen waren sie in ein Café gegangen und dort hatte Sakura ihn vorsichtig gefragt, ob er sich nicht zu ihnen setzten wollte und ob sie ihm vielleicht wenigstens etwas zu trinken bestellen dürfte, aber er hatte bloß leicht den Kopf geschüttelt und war dann die ganze Zeit an der Wand neben ihrem Tisch stehengeblieben.
 

Sakura war es sehr viel schwerer gefallen das einfach hinzunehmen und sich zu unterhalten als wäre nichts, als das bei Mira und Izumi der Fall zu sein schien. Die beiden waren so etwas offensichtlich gewohnt.

Aber er tat Sakura leid. Besonders, da sie das Gefühl hatte, dass er nur ihretwegen überhaupt diese Aufgabe erfüllen musste. Wie lange würde das so sein? Sie hätte es lieber, wenn sie sich ein wenig mit ihm würde anfreunden können. Das wäre doch dann sicher angenehmer für ihn. Denn angenehm hatte er es bestimmt nicht. Er musste sich schrecklich langweilen. Er stand die ganze Zeit. Und was würde er tun, wenn er Hunger oder Durst bekam, oder wenn er einmal auf die Toilette musste? Ignorierte er das dann einfach?
 

Als sie selbst schließlich zur Toilette ging, begleitete er sie still ins obere Stockwerk und bis vor die Tür der Damentoilette. Doch als Izumi später ebenfalls nach oben ging, kam er nicht mit. Scheinbar schien er vor allem auf sie aufzupassen.
 

Sakura fragte sich, ob er immer alles, was er tat, so genau nahm, oder ob sie wirklich in Gefahr war. Sie hatte Mira leise danach gefragt und die hatte ihr geantwortet, dass sie das so genau auch nicht wisse, aber dass sie das doch einfach Sasuke fragen könnte. Und das wollte sie vielleicht auch tun. Bloß war sie sich nicht ganz sicher, ob Sasuke mit seiner Sorge um sie nicht auch ein bisschen übertrieb und ob sie von ihm eine neutrale Antwort bekommen würde.
 

"Auf dich wird auf jeden Fall momentan am meisten aufgepasst", sagte Mira. "Wahrscheinlich, weil du dafür sorgen sollst, dass Sasuke - und damit die Familie - einen Erben bekommt."
 

"Wisst ihr, warum Sasuke diese Aufgabe bekommen hat?", hatte sie mit einem vorsichtigen Blick zu Izumi gefragt, sobald sie wieder zurückgekommen war. "Er hat mir gesagt, dass Itachi mich eigentlich ursprünglich heiraten sollte."
 

"Nein, tatsächlich nicht", hatte Izumi geantwortet. "Da will keiner von ihnen drüber reden. Das hat Madara entschieden. Er wird irgendeinen Grund haben. Ich habe ehrlich gesagt auch nie verstanden, warum er keine Kinder hat und diese Aufgabe Fugaku übertragen wurde. Da will auch niemand drüber reden. Ich bin mir auch gar nicht sicher, wer das überhaupt alles so genau weiß. Manche Dinge bleiben in der Kernfamilie. Madara, Izuna und Fugaku wissen es natürlich. Und vermutlich Mikoto, Itachi und Sasuke. Wahrscheinlich noch ein paar der anderen. Ich habe meinen Vater und meine Mutter zweimal danach gefragt, aber entweder wollten sie nicht mit mir darüber reden oder sie wussten es selbst nicht. Ich habe jedenfalls keine Ahnung."
 

Danach hatten sie noch eine Weile über banalere Dinge gesprochen. Über Haare und über Sportübungen, die sie machten. Für Sakura war das etwas, das sie kurz auf täglicher Basis erledigte, beinahe so wie Zähneputzen. Ihr Mutter und ihre Tante hatten ihr früh beigebracht, dass eine Frau in ihrer Gesellschaftsschicht auf ihr gutes Aussehen zu achten hatte und daher absolvierte sie beinahe ihr Leben lang schon täglich für eine halbe Stunde ein paar Übungen. Sind fand das sogar angenehm und wenn sie es nicht tun konnte, dann fühlte sich sich schnell unausgeglichen. Sie dachte darüber normalerweise nicht besonders viel nach, aber dennoch hatte sie sich an Miras und Izumis Unterhaltung darüber beteiligt, was besonders effektiv und gut für die Figur sei. Hauptsächlich einfach nur deshalb, weil sie die Zeit mit den beiden genoss und sie hoffte, dass sie vielleicht Freundinnen werden würden.

Sie hatte zwar noch Naruto und Hinata, doch die hatten schließlich auch nicht ständig Zeit für sie. Und es wäre wirklich schön, wenn sie auch Freundinnen auf dem Anwesen würde haben können.
 

Kurz nach siebzehn Uhr war Juugo allerdings unerwartet erlöst worden, denn Sakura hatte einen Anruf bekommen. Ihr Herz hatte sofort schneller zu schlagen angefangen, als sie die fremde Nummer gesehen hatte. Und tatsächlich war es das Personalbüro des medizinischen Forschungsinstituts gewesen, bei dem sie zum Vorstellungsgespräch gewesen war. Man hatte sie gefragt, ob sie in den kommenden Tagen Zeit für ein Gespräch haben würde. Und weil sie nicht gewollt hatte, dass noch jemand vor ihn drankam, hatte sie gesagt, dass sie ohnehin gerade in der Nähe sei und theoretisch auch gleich würde vorbeikommen können. Und wunderbarerweise schien das gepasst zu haben.
 

Also hatte Mira einen Anruf auf dem Anwesen gemacht und bescheid gegeben, dass jemand kommen und sie und Izumi abholen sollte und fünfundzwanzig Minuten später war schon jemand dagewesen. In der Zwischenzeit hatten die beiden Sakura neugierig ausgefragt, denn sie hatten in Erfahrung bringen wollen, warum das mit dem Arbeiten so wichtig für sie war. Also hatte sie von ihrer Großmutter erzählt und davon, dass das schon immer das gewesen war, was sie hatte tun wollen.
 

"Ah, stimmt!", sagte Izumi. "Ich habe gehört, dass deine Eltern das schön hübsch verschwiegen haben. Ich verstehe, dass es dir wichtig ist, aber ich glaube nicht, dass sie das zulassen werden Sakura."
 

"Hingehen und herauszufinden, ob sie den Job bekommen würde, kann sie ja trotzdem", hatte Mira gesagt. "Das ist vielleicht einfach gut fürs Gefühl! Mit deiner Erklärung verstehe ich es auch, aber ich muss sagen, ich persönlich mag mein bequemes Leben. Ich hätte gar keine Lust zu arbeiten. Aber ich habe ja ohnehin hoffentlich bald anderes zu tun!"
 

Sie hatte Juugo wieder einen skeptischen Blick zugeworfen, aber der hatte vielleicht gerade gar nicht zugehört, denn er war damit beschäftigt gewesen dem Mann zuzunicken, der gekommen war, um Mira und Izumi abzuholen.
 

Und anderthalb Stunden später war nun auch Sakura wieder auf das Anwesen zurückgekehrt.
 

Juugo betrat nun ebenfalls hinter ihr die Eingangshalle und er schloss die Haustür hinter sich.
 

"Danke, dass Sie mich begleitet haben", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln zu ihm.
 

Denn vielleicht machte es die Situation etwas erträglicher für ihn, wenn sie zumindest signalierte, dass sie ihm dankbar war und dass sie das nicht für völlig selbstverständlich hielt.
 

"Selbstverständlich", sagte Juugo bloß sachlich.
 

Also entschied Sakura es für heute aufzugeben und sie ging durch die Halle auf die große Treppe zu.
 

Juugo folgte ihr. Offenbar hielt er seine Aufgabe heute noch nicht für erledigt.
 

Sobald sie die Halle weit genug durchquert hatte, um in das offene Wohnzimmer sehen zu können, stellte sie fest, dass wie erwartet einige der Männer zusammensaßen. Izumi und Mira schienen wirklich recht gehabt zu haben, als sie beim Training erwähnt hatten, dass sie offenbar gerade eine ruhigere Phase hätten, was immer das auch bedeuten mochte. Jedenfalls war Sakura auch schon aufgefallen, dass die meisten von ihnen seit ein paar Tagen pünktlich gegen achtzehn Uhr nach Hause kamen.
 

Madara, Izuna und Fugaku waren da und noch einige der anderen, zu denen Sakura bisher keinen wirklichen Kontakt gehabt hatte. Und Sasuke war da. Er saß in einem Sessel neben seinem Vater.
 

Sie alle sahen zu ihr und verstummten, als sie in ihr Sichtfeld kam.
 

"Sakura", sagte Sasuke leicht überrascht. "Wo warst du? Ich dachte, du wärst oben. Bist du nicht mit Mira und Izumi zurückgekommen?"
 

Sakura hatte sich von der Treppe abgewendet und war bis zu der Schwelle des Wohnzimmers gegangen. Das traf sich vielleicht ganz gut. Sie konnte es jetzt gleich erledigen.
 

"Komm her", sagte Sasuke, wie er es schon oft getan hatte.
 

Aber das hatte sie nicht vor. Das machte er ständig mit ihr. Sie vor anderen vorführen, weil es ihm offenbar gefiel, dass sie auf ihn hörte und dass das dann alle sehen konnten.

Gestern in seinem Büro war sie besorgt und überfordert gewesen, weil sie geglaubt hatte, dass er Streit mit diesen Männern, seinen Mitarbeitern, gehabt hätte und sie nicht gewusst hatte, ob sie störte und wie sie sich verhalten sollte. Da hatte sie dem Folge geleistet. Doch da hatte sie auch den Eindruck gehabt, dass er das zum Teil getan hatte, um das Gespräch mit ihnen zu beenden. Doch die Art, wie er diese Worte sagte, schien ihr deutlich zu zeigen, dass er es genoss so etwas zu sagen und dann zu sehen, dass sie tat, was er ihr sagte.
 

Aber sie wurde immer mutiger. Sie war nicht sein Eigentum. Sie musste nicht jedes Mal zu ihm kommen, wenn er das verlangte. Sie würde lernen ihm ein wenig Kontra zu geben. Und er würde lernen müssen, dass sie sich das nicht immer gefallen lassen würde, sondern nur dann, wenn sie das gerade auch wollte.
 

Doch sie nahm an, dass er auch darauf achten musste, dass er sich Respekt verschaffte, wenn er wirklich irgendwann mit Itachi zusammen Madaras und Fugakus Position übernehmen sollte. Also wollte sie ihn nun auch nicht vor allen demütigen, indem sie Widerworte gab.
 

Und daher entschied sie sich einfach über die Schwelle zu treten und ein paar Schritte auf ihn zu zu machen, sodass sie nun mitten zwischen den Sesseln und Madara, Izuna, Fugaku und Sasuke zugewandt stand. Das war vielleicht ein Kompromiss.
 

Sasuke verengte ein wenig die Augen. Also hatte sie ihn richtig verstanden. Er hatte ihr nicht bloß anbieten wollen näherzutreten. Er hatte gewollt, dass sie zu ihm kam.
 

"Habt ihr einen Moment Zeit für mich?", fragte sie höflich. "Falls es gerade passt, würde ich gerne etwas besprechen."
 

Erfreut nahm sie wahr, dass ihre Stimme selbstsicher klang. Und dafür hatte sie sich nicht einmal besonders zusammennehmen müssen.

Ein Kompromiss

"Wir sitzen gerade nur um der Geselligkeit willen hier", sagte Madara. "Also haben wir Zeit. Worum geht es?"
 

Das hatte Sakura gehofft. Und noch dazu schienen sie gerade alle in guter und entspannter Stimmung zu sein. Ihre Glückssträhne hielt also an.
 

"Ich habe gestern ein Bewerbungsgespräch geführt und hatte gerade ein Einstellungsgespräch", sagte Sakura möglichst sachlich und selbstsicher. "Ich würde diese Stelle sehr gerne annehmen und möchte euch darum bitten darüber nachzudenken, ob das möglich sein könnte."
 

Er herrschte Schweigen und einen Moment sahen sie sie alle an. Dann blickten sie alle zu Sasuke.
 

"Es freut mich für dich, dass du offensichtlich diesbezüglich gute Nachrichten bekommen hast", sagte er zu ihr, allerdings mit einem leichten Stirnrunzeln.
 

"Du bist also über alles im Bilde?", fragte Madara an ihn gerichtet.
 

"Nein", sagte Sasuke. "Sakura hat das für sich alleine gemacht. Sie wollte es erklären, falls daraus tatsächlich etwas werden sollte."
 

"Weil ich gerne über Konkretes sprechen wollte", warf Sakura rasch ein. "Ich nehme eure Sicherheitsbedenken ernst und ich möchte nicht störrisch oder undankbar erscheinen. Ich weiß, dass ich mit meinen Wünschen hier alles ein wenig durcheinanderbringe. Aber ich finde, dass ich das Recht haben sollte zu versuchen einen Kompromiss zu finden. Ich wollte für mich eigentlich ein anderes Leben. Aber da es nun ist wie es ist, möchte ich versuchen das Beste für mich herauszuholen. Und ich denke, dass ich vielleicht etwas gefunden haben könnte, zu dem ihr eure Zustimmung geben würdet."
 

"Du hast etwas gefunden, bei dem du keinen ständig wechselnden Patientenkontakt hast und bei dem du keinen vorhersehbaren oder regelmäßigen Schichtplan hast?", fragte Izuna leicht überrascht. "Du erinnerst dich, dass das die Bedingungen waren?"
 

"Ja, ich denke schon", sagte Sakura.
 

"Na, dann lass mal hören", sagte Madara. "Ich bin gespannt."
 

Sasuke musterte sie nachdenklich und er wirkte ein bisschen so, als ob er sich nicht ganz sicher wäre, ob sie sich nicht gerade etwas vormachte. Überhaupt sahen sie sie alle ein wenig so an, als würden sie nicht recht daran glauben, dass sie wirklich etwas zu den Vorgaben Passendes gefunden haben könnte.

Sakura musste selbst zugeben, dass sie großes Glück gehabt hatte. Und zwar in jeder Hinsicht. Nun musste sie es ihnen nur gut verkaufen.
 

"Ich habe mich auf eine Stelle bei einem Forschungsinstitut beworben", sagte sie. "Es ist direkt in der Innenstadt, nur ein paar Straßen vom Polizeipräsidium entfernt."
 

Sie hoffte, dass das vielleicht ein zusätzlicher positiver Aspekt sein würde. Vielleicht würde Sasuke sich besser fühlen, wenn er wusste, dass sie ganz in seiner Nähe sein würde. Das war reiner Zufall gewesen. Dennoch konnte es nicht schaden das zu erwähnen.
 

"Sie suchen dort eine Assistenzkraft für eine Forschungsgruppe im Bereich der Epigenetik. Damit habe ich mich ohnehin in meiner Abschlussarbeit an der Universität beschäftigt, deshalb wäre ich dafür besonders geeignet."
 

"Also Laborarbeit?", fragte Fugaku.
 

"Das würde zwar den Personenkreis einschränken, der in deine Nähe kommen könnte", sagte Izuna, "aber es bliebe dabei, dass du zu regelmäßigen Zeiten an einem bestimmten Ort sein würdest. So einer Gefahr müssen wir uns aussetzen und das tun wir, aber für dich ist das unnötig. Dazu kommt, dass das Nachwuchsthema keinesfalls vom Tisch ist. Es wäre längerfristig also keine Option. Schwanger kannst du auf gar keinen Fall in potentiell gesundheitsgefährdenden Bereichen arbeiten."
 

"Das ist mir bewusst", sagte Sakura rasch. "Bei dem Gespräch heute war jemand von der Personalabteilung dabei und die Professorin, die die Forschungsgruppe leitet, sowie die stellvertretende Leiterin."
 

Auch das betone sie mit Absicht. Vielleicht würde Sasuke sich besser fühlen, wenn er wusste, dass sie nicht nur mit Männern zusammenarbeiten würde.
 

"Ich habe ihnen erklärt, dass ich Einschränkungen habe", fuhr sie fort. "Doch es scheint, dass sie bereit sind, sich auf meine Situation einzustellen. Lasst mich bitte erklären, warum ich denke, dass diese Stelle geeignet ist."
 

Sie sahen sie alle aufmerksam an, also fuhr sie fort.
 

"Zunächst ist es keine volle Stelle sondern eine halbe", sagte sie mit einem Blick zu Sasuke. "Ich würde also nicht nur noch mit Arbeit beschäftigt sein."
 

Sie hoffte, dass ihm auch das gefallen würde.
 

"Weil ich nicht auf die finanzielle Sicherheit einer Vollzeitstelle angewiesen bin, bin ich den anderen Bewerbern gegenüber im Vorteil. Die meisten mit meiner Qualifikation würden sich nach einer besser bezahlten Vollzeitstelle umsehen. Sie meinten, ich wäre unter Umständen ein wenig überqualifiziert. Dass macht mir nichts. Ich möchte hauptsächlich das Gefühl haben einen sinnvollen Beitrag zu etwas zu leisten, das mir wichtig ist. Doch daher haben sie Interesse an mir und sind bereit mir entgegenzukommen. Für diese Stelle ist keine Laborarbeit erforderlich. Ich wäre für die Theorie zuständig. Es ist zeitaufwendig Studien korrekt anzulegen, zu designen, die Durchführung im Blick zu behalten, Prozesse zu dokumentieren, Schriftverkehr zu erledigen, Auswertungen zu erstellen und Berichte und Artikel für die Fachöffentlichkeit oder Präsentationen für potentielle Geldgeber zu erstellen. Selbstverständlich wäre ich dafür nicht ganz alleine verantwortlich, aber ich würde die ganze Vorarbeit leisten, sodass die Teamleitung nur noch drüber schauen muss. Und dann wäre da noch die Literaturrecherche. Das wäre meine Hautpaufgabe. Studien laufen oft über viele Jahre und weltweit entwickelt sich der aktuelle Erkenntnisstand ständig weiter. Das alles muss jemand im Blick behalten. Jemand muss ständig aktuelle Studien und Veröffentlichungen lesen, Bücher durcharbeiten und Informationen für die Diskussion im Team zeitsparend aufbereiten. Ich bin gut im theoretischen Arbeiten. Ich würde das gerne machen, denn ich hätte das Gefühl meine Fähigkeiten sinnvoll einsetzen zu können und zur Weiterentwicklung des Wissenstandes der Menschheit beizutragen, sodass vielleicht irgendwann einmal durch dieses Wissen jemand von etwas geheilt werden kann, bei dem das heute noch nicht möglich ist. Sie wären bereit mir für diese halbe Stelle flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen, solange ich die Deadlines für die jeweiligen Aufgaben einhalte. Ich könnte hauptsächlich von hier aus arbeiten, sodass ich nicht ständig dort vor Ort wäre. Ich müsste zwar regelmäßig, vielleicht zweimal pro Woche, dort hin und etwas präsentieren oder im Team meine Erarbeitungen besprechen, um weiteres Vorgehen zu planen und ständig anzupassen, aber ich wäre nicht immer an den gleichen Tagen oder zu gleichen Tageszeiten dort anwesend und auch immer nur für maximal ein bis drei Stunden."
 

Damit schloss sie und sie sah sie alle ein wenig nervös und abwartend an, in der Hoffnung, dass sie alles Wichtige bedacht hatte und dass sie sich darauf einlassen würden.
 

Einen Moment schwiegen alle nachdenklich.
 

Dann sagte Madara: "Ich für meine Teil bin beeindruckt. Du scheinst das gründlich durchdacht zu haben. Allerdings ist es wichtig, dass ich mich gut mit Sasuke verstehe. Du bist mit ihm verheiratet und nicht mit mir. Ich werde in dieser Sache nichts gegen seinen Willen entscheiden."
 

Sakura sah zu Sasuke, der sich einen Moment Zeit ließ, bevor er etwas antworte.
 

"Du weißt, ich bin kein Fan von der Vorstellung, dass du arbeitest", sagte er schließlich. "Aber du steckst für mich zurück, also sollte ich dir wohl auch entgegenkommen. Du hast eine sehr gute Lösung gefunden, mit der ich mir keine allzu großen Sorgen machen müsste. Daran könnte ich mich eventuell gewöhnen. Das Risiko scheint überschaubar."
 

Er sah zu Juugo und erst als er ihn ansprach, erinnerte sich Sakura, dass er ja noch immer still hinter ihr stand.
 

"Wie ist die Sicherheitslage vor Ort?", fragte Sasuke.
 

Juugo trat drei Schritte vor, bis er neben ihr stand.
 

"Die Situation ist gut bis sehr gut", antwortete er sachlich. "Das Gebäude hat einen Eingang und einen Notausgang. Der ist allerdings unbewacht. Das wäre zu ändern. Man braucht Ausweise um nach oben in die Räumlichkeiten zu kommen, es hat also nicht jeder Zutritt. Es gibt Sicherheitspersonal im Eingangsbereich. Allerdings nicht sehr viel. Man sollte es um zwei Personen aufstocken. Eine zusätzliche Person für den Eingangsbereich und eine zusätzliche Person, die den Notausgang im Blick hat. Das ließe sich jedoch vermutlich verargumentieren."
 

"Wir könnten die Firma, die dort das Sicherheitspersonal stellt, aufkaufen und ein paar Leute dort einsetzen, die unseren Qualitätsansprüchen genügen", sagte Fugaku an Sasuke gewandt. "Sicherheitspersonal können wir immer gebrauchen, dafür haben wir immer Einsatzmöglichkeiten. Das wäre kein Verlust und könnte sogar rentabel sein."
 

"Ja, das dachte ich auch gerade", sagte Sasuke nachdenklich.
 

Er sah wieder zu ihr. "Du müsstest nach wie vor Juugo mitnehmen, wenn du dort hingehst. Wird dein Arbeitgeber das akzeptieren?"
 

"Danach habe ich gefragt", sagte Sakura rasch. "Sie waren nicht allzu erfreut, aber sie würden sich darauf einlassen, wenn er die gleichen Geheimhaltungsklauseln unterschreiben würde wie ich. Sie wollen natürlich verhindern, dass Ergebnisse ihrer Forschung an konkurrierde Teams geraten könnten."
 

"Das sollte kein Problem sein", sagte Izuna. "Aber alles was einer von euch unterschreibt, müsste selbstverständlich von unseren Anwälten vorher geprüft werden."
 

"Ich denke von so etwas gehen sie bereits aus", sagte Sakura. "Ich musste mehrfach versichern, dass ich dort aus rein privatem Interesse bin und sich diese Familie dort in nichts einmischen wird. Aber ich nehme an, dass ihnen klar ist, dass jemand aus dieser Familie nicht einfach irgendetwas ungeprüft unterschreiben wird."
 

"Eine juristische Prüfung von Verträgen dürfen sie nicht ablehnen, dass steht dir rein rechtlich zu", sagte Sasuke. "Und wir können das Sicherheitsunternehmen so aufkaufen, dass dabei unser Name nicht fällt. Davon würden sie nichts mitbekommen. Darüberhinausgehend würden wir uns nicht einmischen müssen."
 

Einen Moment schwiegen alle wieder.
 

Dann sah Sasuke zu Madara und sagte: "Ich habe keine Einwände."
 

Madara blickte in die Runde.
 

"Haben wir sonst etwas übersehen?"
 

"Nein", sagte Fugaku schließlich. "Ich denke nicht. Das hast du sehr gut gemacht Sakura. Wir sind beeindruckt."
 

"Ja", sagte Madara. "Du kannst zusagen."
 

"Ich setzte direkt morgen meine Leute auf den Aufkauf des Sicherheitsunternehmens an", sagte Izuna. "Und ich werde alle Mitarbeiter dort und auch die Mitarbeiter des Instituts einer unauffälligen Überprüfung unterziehen lassen. Beides sollte jedoch kein Problem sein."
 

Sakura atmete erleichtert auf.
 

"Danke!", sagte sie. "Danke, dass ihr euch diese Mühe für mich macht! Das bedeutet mir sehr viel! Ich weiß das wirklich zu schätzen!"
 

"Du weißt ja, was wir dafür im Gegenzug gerne von dir hätten, nicht wahr?", fragte Izuna ernst.
 

"Das muss nicht unmittelbar passieren", fügte Fugaku hinzu. "Allerdings hoffen wir, dass du dir die Sache mit der Verhütung in den nächsten Monaten noch einmal gut überlegen wirst. Falls nicht, bekämen wir ein Problem. Sasuke bekäme ein Problem. Und auch du hättest ein Problem. Und jede Entscheidung, die dann eventuell zu treffen wäre, wäre für alle unangenehm."
 

"Kannst du dir rein theoretisch vorstellen, dass sich deine Haltung zu diesem Thema in den nächsten Monaten ändern könnte Sakura?", fragte Madara sachlich.
 

Sie schwieg einen Moment.
 

"Ja", sagte sie ein wenig zögerlich. "Das ist kein Versprechen und keine Zusage. Aber in der letzten Zeit hat sich für mich sehr viel verändert. Ich fühle mich sehr viel wohler hier. Rein theoretisch könnte ich mir vorstellen, dass meine Gefühle sich in diese Richtung entwickeln könnten."
 

Sie sah ein wenig zögerlich zu Sasuke, der sie konzentriert musterte.
 

"Ich will nicht mehr unbedingt fort von hier", sagte sie leise, weil das eigentlich hauptsächlich an ihn gerichtet war.
 

"Ich will auch nicht fort von dir", fügte sie noch leiser hinzu.
 

Er sah sie bloß ruhig an. Kontrolliert wie immer.
 

"Sehr schön", sagte Madara. "Mit dieser Entwicklung, vor allem in einem sehr kurzen Zeitraum, bin ich überaus zufrieden."
 

"Gut", sagte Fugaku. Auch er klang zufrieden. "Dann lasst uns jetzt zu Abend essen."
 

Und das taten sie auch.
 

Juugo ging und einen Moment später kam Itachi nach Hause und weil Sasuke scheinbar etwas Geschäftliches mit ihm zu besprechen hatte, hatte Sakura keine Gelegenheit mit ihm zu reden und sie saß beim Essen mit Mira und Izumi zusammen, die beide beeindruckt schienen, dass sie es geschafft hatte, das wirklich durchzubekommen.
 

"Nicht schlecht", kommentierte Izumi ihre Ausführungen. Sie klang ein wenig erstaunt.
 

Und Sakura selbst empfand Stolz. Vielleicht, so dachte sie, hatte sie das wirklich gar nicht so schlecht hinbekommen. Ihre Großmutter wäre wohl zufrieden mit ihr.
 

Und am wichtigsten war vielleicht, dass sie selbst zufrieden mit sich war.

Vertrauen

Sakura war nach dem Essen nach oben gegangen, hatte rasch ihre Übungen absolviert, um etwas runterzukommen und dann war sie duschen gegangen.

Sie hatte sich ein wenig Zeit für die Pflege ihrer Haut gelassen und sich eines ihrer seidenen Nachthemden und einen dünnen, dazu passenden Morgenmantel übergezogen. Danach fühlte sie sich erfrischt, entspannt und nach wie vor zufrieden.
 

Sie hatte eine E-Mail geschrieben, um ihre Zusage für die Stelle zu übermitteln. Dann war sie zu dem großen Balkonfenster gegangen und sah gerade ein wenig in die kalte, regnerische Herbstnacht hinaus, als Sasuke hereinkam.
 

Wie jeden Abend schloss er die Tür hinter sich ab und ging dann zu seinem Nachttisch, um seine Sachen dort abzulegen.
 

Sie sah ihm dabei zu.
 

Sasuke hob ebenfalls den Kopf und sah sie an.
 

Er zog sein Jackett und die Krawatte aus und legte beides vor sich auf das Bett. Dann steckte er seine Hände in die Taschen seiner Anzughose und betrachtete sie.
 

Sie lächelte ihn leicht an.
 

Einen Moment sah er sie bloß weiter an, dann kam er um das Bett herum und durch das Zimmer auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand. Er stützte eine Hand neben ihrem Kopf am Fensterrahmen ab und beugte sich leicht zu ihr vor.
 

"Ein Job also", sagte er leise. "Und du hörst scheinbar auch immer weniger auf mich, hm?"
 

Sakura drehte sich leicht, sodass sie ihm vollkommen zugewandt war. Im Rücken spürte sie den dicken, festen Stoff des Vorhangs hinter sich. Das war eigentlich recht bequem. Draußen war es nun wohl auch windiger geworden. Ein paar Regentropfen hinterließen leise Geräusche, wenn sie gegen die Scheibe des großen Balkonfensters trafen.
 

"Ich hatte keine Lust zu dir zu kommen", sagte sie ruhig. "Ich wollte nicht. Ich wollte über diese Jobsache sprechen."
 

Sie verspürte keine Angst. Selbst falls er ein bisschen verärgert sein sollte, er würde ihr nichts tun. Das hatte er nie und er hatte ihr nie einen Grund gegeben etwas anderes anzunehmen. Sie durfte ihre schlechten Erfahrungen nicht auf ihn projizieren.
 

Sein Blick glitt kurz über den dünnen Stoff, der ihren Körper nur dürftig verdeckte. Dann sah er ihr wieder ins Gesicht.
 

"Stört dich das?", fragte sie betont beiläufig, um zu signalieren, dass sie ihn gerade nicht besonders ernst nahm.
 

Er hob seine andere Hand und berührte mit seinen Fingern ihre Schulter. Er ließ sie unter die Kante des seidenen Stoffes gleiten und schob ihn zur Seite, sodass der Morgenmantel von ihrer Schulter rutschte und er mehr Haut zu sehen bekam.
 

"Ich bin mir noch nicht ganz sicher", sagte er leise und mit rauer Stimme.
 

Sakura griff langsam nach ihrem Morgenmantel und schob ihn ruhig wieder ihre Schulter hoch. Ihr war gerade nicht danach sich nun von ihm anfassen zu lassen. Das wollte er jetzt nur, weil er sich selbst beweisen wollte, dass sie sein war, dass sie ihm nicht entglitt.
 

Er verengte leicht die Augen. Aber immer noch verspürte sie keine Angst vor ihm.
 

"Du führst mich gerne vor, nicht wahr?", fragte sie ruhig. "Das gefällt dir."
 

Er fasste ihren Morgenmantel nicht noch einmal an, aber er hob seine Hand und ließ seine Finger zärtlich seitlich an ihrem Hals entlangwandern.
 

Es fühlte sich gut an. Trotzdem ließ sie sich nicht ablenken und sah ihm fest in die Augen.
 

"Ich gebe zu", sagte er, "dass mir deine folgsame Art bisher sehr gut gefallen hat. Nach aller der Zeit, in der ich dich nur aus der Ferne beobachten konnte, ist es ein berauschendes Gefühl dir etwas wie 'komm her' zu sagen und es befolgt zu sehen. Es ist befriedigend. Sehr befriedigend."
 

"Danke für deine Ehrlichkeit", sagte sie leise. "Aber ich mag es nicht besonders, wenn du das tust. Das, was dir daran gefällt, ist für mich demütigend. Besonders vor anderen Leuten."
 

"Und das soll heißen?", fragte er leise und er kam ihr etwas näher.
 

"Das soll heißen, dass du in Zukunft besser damit rechnest, dass ich nicht mehr jedes Mal auf dich hören werde, wenn du so etwas verlangst. Heute wollte ich dich nicht vor allen demütigen und ich habe es zumindest halb befolgt. Aber ich werde mir das in Zukunft nicht mehr immer gefallen lassen. Also achte besser darauf das nicht in Situationen zu tun, in denen du schlecht dastehen würdest, wenn ich mich weigere."
 

Sie hatte keine Ahnung wie weit sie gehen konnte und ob sie es nicht gerade ein wenig übertrieb. Aber das konnte sie wohl nur herausfinden, wenn sie es versuchte.
 

Seine Hand an ihrem Hals wanderte ein Stück nach oben, bis er ihren Kiefer umfassen konnte. Er drückte bestimmt ihren Kopf nach oben, bis ihre Lippen nahe vor seinen waren.
 

"Ist das so?", fragte er und seine Stimme löste ein nervöses aber nicht unangenehmes Gefühl in ihr aus.
 

"Ja", flüsterte sie mit fester Stimme.
 

Er lachte leise.
 

"Du wirst mutiger."
 

Er musterte ihr Gesicht.
 

"Wie gesagt, ich habe deine Folgsamkeit bisher genossen", sagte er leise. "Aber jetzt fragte ich mich gerade, ob mir das hier nicht sogar noch viel besser gefällt. Das ist interessant. Das macht es spannender. Es reizt mich."
 

Sie sah ihn belustigt an.
 

"Ist das so?", wiederholte sie seine Frage von gerade eben.
 

"Ja", wiederholte er ihre Antwort.
 

Er kam ihr ganz nahe und sie dachte, dass er sie nun küssen würde.
 

Doch er ließ sie mit einem Mal los und trat einen Schritt zurück.
 

"Ich gehe dann mal Duschen", sagte er beiläufig und beinahe desinteressiert.
 

Und sie sah ihm verdutzt dabei zu, wie er sich umdrehte, auf ihr Badezimmer zuging und dann einfach darin verschwand, ohne sie noch weiter zur Kenntnis zu nehmen.
 

Einen Moment stand sie ein wenig irritiert da. Hinter sich hörte sie die leisen Geräusche des immer stärker werdenden Regens.
 

Dann musste sie lächeln.
 

'Siehst du? Nichts ist passiert!', sagte sie sich in Gedanken leise selbst. 'Du kannst dich gegen ihn durchsetzen und sagen was dir nicht passt und er tut dir nichts!'
 

Sie atmete einmal erleichtert tief ein und aus, als ihr auffiel, dass sie eben vor Nervosität nicht richtig geatmet hatte. Nun fühlte sie sich sogar noch glücklicher.
 

Sie stand noch einen Moment einfach nur da. Dann ging sie langsam hinüber zum Bett und hängte sein Jackett und seine Jacke ordentlich in den Schrank. Danach ließ sie sich auf der Bettkannte nieder, so, dass sie zusehen konnte, wie der Regen an der Scheibe herunterlief.
 

Nun fing es sogar an zu blitzen und zu donnern. Scheinbar wurde aus dem Regen jetzt ein richtiges Gewitter. Doch hier drinnen, in der Wärme und hinter diesen dicken, alten Mauern, war das kein bisschen bedrohlich. Also saß sie einfach ruhig da und hörte zu.
 

Und sie dachte nach.
 

Sasuke war es gewohnt, dass alle taten, was er verlangte. So wie jeder in dieser Familie. Vor allem jeder Mann.

Er nahm sich was er wollte und er schien das zu genießen. Aber er mochte sie. Sie bedeutete ihm offenbar sogar mehr als sein Ego. Und sie war daher in der Lage auf ihn Einfluss zu nehmen. Und er war bereit ihr Zugeständnisse zu machen. Vielleicht nicht ganz freiwillig und immer erst, wenn sie vehement darauf bestand, aber wenn sie das tat, dann war er bereit sich zurückzunehmen und seine Wünsche hintenanzustellen.

So wie in der Jobsache. Da hatte er gegen seine eigenen Wünsche entschieden und getan, was für sie das beste gewesen war.

Natürlich hatte sie ihm auch keine wirkliche Wahl gelassen, da sie das vor den anderen angesprochen hatte. Es war schlicht logisch gewesen so zu entscheiden. Sie wollten in der Nachwuchssache weiterkommen. Und auch Sasuke wollte das. Weil er sie behalten wollte. Also hatte er sich so entscheiden müssen, sie alle hatten das tun müssen. Ihr Angebot war gut gewesen und wenn sie ihr nichts antun wollten - und das wollten sie scheinbar wirklich nicht - dann mussten sie erreichen, dass sie zufrieden war. Das war zwar sehr berechnend, aber solche Entscheidungen wurden hier wohl hauptsächlich auf logischer Basis getroffen. Jedoch nicht nur. Sie kalkulierten bis zu einem gewissen Grad Emotionen mit ein. Genau genommen war auch das logisch und rational. Denn Menschen hatten nun einmal Gefühle.
 

Und trotzdem. Zumindest was Sasuke betraf war sie sich sicher, dass das keine rein rationale Entscheidung gewesen war. Sie war sich sicher, dass er das auch für sie getan hatte.

Warum Sie das so genau wusste, konnte sie sich selbst nicht beantworten. Sie wusste es einfach.
 

Plötzlich war sie sich bei so manchem ganz sicher. Sie kannte ihn mittlerweile vielleicht doch ganz gut. Denn eines war ihr auf einmal sehr klar.
 

Sie musste noch ein wenig mutiger werden. Und das wollte sie auch. Nicht nur für sich. Auch für ihn. Sie glaubte, dass er das brauchte.
 

Eben hatte sie wirklich begriffen, dass er das vielleicht halb unterbewusst sogar wollte. Bisher schien er selbst geglaubt zu haben, dass er seine Macht über sie genoss. Auch sie hatte das geglaubt. Aber eben schien er vielleicht das erste Mal festgestellt zu haben, dass das gar nicht unbedingt stimmte. Und ihr war das soeben auch klar geworden.
 

Er brauchte eine richtige Partnerin. Jemanden, der ihm auch mal Kontra gab. Jemanden, der ihm auch mal Einhalt gebot und Grenzen aufzeigte. Und dadurch, dass sie ihm scheinbar so viel bedeutete, hatte sie diese Macht über ihn. Weil er sie ihr gab. Und dadurch konnte sie vielleicht in Zukunft auch ein wenig für ihn da sein. Denn das wollte sie. Sie wollte, dass sie so stark sein würde, dass auch er das Gefühl hatte schwach sein zu können. Zumindest bei ihr.
 

Doch zuerst musste sie ihm das noch richtig klar machen.
 

In diesem Moment kam er wieder ins Zimmer und die Art, wie er sie ansah, zeigte ihr ganz deutlich, dass sie damit richtig lag.
 

Sie lächelte ihn an, als er vor sie trat und auf sie hinabsah.
 

Sein Shirt hatte er sich gar nicht erst angezogen. Wann hatte sie angefangen ihn so gut zu verstehen? Sie schien plötzlich ganz genau zu wissen, was in ihm vorging.
 

Lag es vielleicht einfach daran, dass sie selbst mit sich mehr im Reinen war? Dass sie endlich nicht nur wusste, was sie wollte, sondern in einer Umgebung war, in der sie lernen konnte dafür auch einzustehen? Vielleicht ermöglichte ihr diese Tatsache, dass sie in der Lage war sich auch mehr in ihn hineinzufühlen.
 

Sie mussten reden. Sie musste es ihm nochmal sagen. Und zwar so, dass er es auch verstand.
 

Aber zunächst würde sie ihn einfach haben lassen, was er gerade brauchte. Es war schließlich nicht so, dass sie seine körperliche Zuwendung nicht genießen würde. Das war für sie mehr Vergnügen als ein Zugeständnis. Und ihm half es. Ihn würde es ruhiger machen. Danach wäre er entspannt und zugänglich und dann würde er ihr besser zuhören.
 

Und daher hatte sie nichts dagegen, als er ihr dieses Mal den Morgenmantel von den Schultern strich. Und auch nicht, als er mit beiden Händen ihre Taille umfasste, um sie richtig aufs Bett zu bekommen.
 

Dieses Mal überließ sie ihm wieder gänzlich die Führung. Sie ließ ihn sie ausziehen, sie ließ ihn oben sein und sie ließ ihn entscheiden, was er mit ihr machen wollte. Denn das brauchte er gerade. Gerade in diesem Moment war es wichtig für ihn, dass er ein Gefühl von Kontrolle über sie hatte. Das spürte sie an seinem Blick, an der Entschiedenheit seiner Berührungen und Bewegungen und daran, dass er sie die ganze Zeit festhielt, als hätte er Angst, dass sie ihm entgleiten könnte, wenn er sie loslassen würde.
 

"Das war schön", sagte sie leise und sanft, als sie schließlich ein wenig atemlos nebeneinander lagen.
 

Sie strich mit ihren Fingern sanft über seine Brust und spürte, dass sein Herz noch ganz schnell schlug.
 

"Du bist toll", flüsterte sie und sie richtete sich auf einen Arm gestützt leicht auf, beugte sich über ihn und gab ihm einen liebevollen Kuss.
 

Dann legte sie sich wieder neben ihn, drehte sich auf die Seite und sah ihn an.
 

Wie sie gehofft hatte, tat er es ihr gleich.
 

"Danke", sagte sie.
 

"Wofür?", fragte er betont beiläufig, aber sie wusste, dass er genau wusste, was sie meinte. Er wusste, dass sie meinte, dass sie dankbar war, dass er wegen des Jobs in ihrem Sinne entschieden hatte, obwohl es ihm schwergefallen sein musste. Darum machte sie sich nicht die Mühe es zu erläutern.
 

"Du brauchst keine Angst zu haben", sagte sie leise.
 

Wie sie erwartet hatte, verengte er sofort ein wenig die Augen.
 

"Angst?", fragte er mit einem leisen, überheblichen Lachen. "Wovor sollte ich Angst haben?"
 

Wie sie erwartet hatte, konnte er es nicht mehr ertragen still neben ihr zu liegen. Stattdessen stand er auf, um sich wieder seine Hosen anzuziehen.
 

Dann wandte er sich um und sah wieder zu ihr hinab.
 

Sie hatte sich ebenfalls aufgesetzt. Und dieses Mal fand sie es nicht schlimm, dass er erneut eine Position eingenommen hatte, die sie zwang zu ihm hochsehen zu müssen. Es war ihr auch egal, dass sie unbekleidet war und er nicht. Denn sie fühlte sich was ihn anging plötzlich vollkommen sicher. Sie fühlte sich nicht mehr abhängig und unterlegen.
 

Er war nicht nur aufgestanden, weil er Macht und Druck ausüben wollte. Das tat er zwar und das auch mit Absicht. Aber er tat es nicht aus bösem Willen, sondern weil das sein Schutzmechanismus war.

Er war gerade mit seinen Gefühlen überfordert und deshalb verhielt er sich so. So wie man ihm das beigebracht hatte. So wie er das schon immer gemacht hatte. Das war das, von dem er gelernt hatte, dass es funktionierte. Aber bei ihr funktionierte es nicht mehr. Dazu waren sie schon zu eng miteinander verbunden. Und sie war sich seiner Zuneigung mittlerweile zu sicher, um sich von so etwas noch beeindrucken zu lassen.
 

Sollte er sich eben so verhalten, wenn ihm das half. Es war ihr egal. Sie würde ihm nun trotzdem sagen, was er hören musste.
 

"Du hast Angst, dass ich dir entgleite", antwortete sie auf seine Frage. "Ich habe dich, was dieses Jobthema angeht, überrascht. Du denkst, dass du mich unterschätzt hast. Dir ist vorhin erst klar geworden, wie intelligent ich bin und dass ich mutig und sehr zielstrebig sein kann."
 

Er sah sie bloß schweigend an. Aber sie brauchte nichts von ihm zu hören. Sie wusste, dass es stimmte.
 

"Aber du musst dir nicht beweisen, dass ich zu dir gehöre", sagte sie lächelnd. "Ich habe dir doch vorhin gesagt, dass ich mir jetzt nicht mehr wünsche wegzukönnen. Von diesem Ort. Oder von dir."
 

Er schwieg kurz.
 

Dann sagte er: "Ja, das hast du gesagt. Aber-"
 

Er brachte wieder ab.
 

Sakura lächelte wieder und sie sah liebevoll zu ihm hoch. Wie süß kompliziert er doch manchmal sein konnte!
 

"Du denkst, dass ich das nur gesagt habe, weil ich mich verloren fühle, nicht wahr?", fragte sie. "Du denkst, dass ich bloß das Gefühl habe keinen Platz mehr auf der Welt zu haben, seit ich verstanden habe, wie schlecht mich meine Familie behandelt hat und dass ich nichts mehr mit ihnen zu tun haben möchte, nicht wahr Sasuke? Du denkst, dass ich mich dir notgedrungen zuwende, weil du alles bist, was ich habe. Weil du besser zu mir bist als mein Vater und weil du mich vor ihm beschützt. Du denkst, dass ich nur aus der Not heraus Gefühle für dich entwickle. Darum kannst du dich nicht über das freuen, was ich vorhin gesagt habe. Weil du das Gefühl hast, dass das bloß eine logische Konsequenz der Ereignisse ist. Dass ich mich nur an dich hänge, weil du mir Sicherheit gibst. Und du hast Angst, dass wenn ich etwas anderes finde, das mir diese Unabhängigkeit von meiner Familie und emotionale Sicherheit gibt, zum Beispiel ein Job und Kollegen, dass diese Gefühle für dich dann einfach nicht mehr notwendig sind. Dass sie dann wieder verschwinden. Und deshalb willst du nicht, dass ich arbeite."
 

Er schwieg.
 

"Ja", sagte er schließlich leise.
 

"Du irrst dich", sagte sie ruhig. "An dem Abend nach dem Empfang, als ich gerade erfahren hatte, dass mein Vater absichtlich meine Bewerbungen zurückgehalten hat, um mich in diese Ehe drängen zu können, da war es kurz so. Da hätte ich die Pille fast nicht genommen. Weil ich mich einfach in deine Arme flüchten wollte. Aber ich habe mich gegen diesen Weg entschieden. Ihr dürft mir nicht sagen, wann ich schwanger werden soll. Und du, Sasuke Uchiha, wirst mir auch nicht sagen, wann meine Gefühle für dich echt sind und wann nicht."
 

Er sah sie bloß an und öffnete leicht den Mund, um etwas zu sagen. Doch offenbar wusste er nicht recht was, also schloss er ihn wieder.
 

"Ich will nicht mehr weg von dir", sagte sie ruhig. "Ich weiß nicht, ob das Liebe ist, oder nicht. Aber du bist mir wichtig geworden. Ich möchte an deiner Seite sein. Und es ist mir egal, ob du mir das nun glaubst oder nicht. Denn ich weiß, dass es stimmt. Und es fühlt sich richtig an."
 

Eine Moment stand er einfach nur da und sah sie an.
 

Dann, ganz ganz langsam setze er sich neben sie auf das Bett, immer noch ohne sie aus den Augen zu lassen.
 

Ganz langsam hob er seine Hand und legte sie sanft an ihren Hinterkopf. Und beinahe vorsichtig zog er sie an sich und legte auch seinen anderen Arm um sie.
 

So hielt er sie einen langen Moment. Es tat ihr fast ein bisschen weh. Sein Griff war zu fest.
 

Aber sie sagte nichts und hielt es einfach aus.
 

Sie spürte seinen Herzschlag und sie wusste, dass sein Herz nicht mehr so schnell schlug, weil er eben mit ihr geschlafen hatte.
 

Dieses Mal war der Grund ein anderer. Dieses Mal war es einfach nur, weil er glücklich war.

Fragen und Antworten

Als er sie schließlich wieder losgelassen hatte, hatte sie sich auch wieder ihre Sachen übergezogen.
 

Er saß da, immer noch nur in seiner Hose, die Hände hinter sich auf der Bettdecke abgestützt und sah ihr dabei zu, wie sie ihre Haare für die Nacht zusammenband.
 

Ein Blitz zuckte draußen über den Gewitterhimmel und einen Moment später donnerte es. Das Gewitter schien nun direkt über ihnen zu sein.
 

"Wer hat hier Angst?", fragte er grinsend.
 

"Keiner", sagte sie lachend. "Du hast ja keinen Grund mehr und ich habe keine Angst!"
 

Er grinste noch ein wenig mehr.
 

"Du bist zusammengezuckt."
 

"Weil ich mich erschrocken habe!", sagte sie empört. "Das heißt ja wohl nicht, dass ich Angst hätte! Zumindest nicht hier drinnen."
 

Sie lächelte leicht. "Hier kommt es mir in letzter Zeit sehr sicher vor."
 

"Das ist es auch", sagte er ruhig. "Es ist wahrscheinlich sogar noch viel sicherer, als du denkst."
 

Sie schwieg einen Moment und dachte nach. Aber warum nicht? Wenn sie wegen des Kinderthemas irgendwann zu einer Entscheidung kommen wollte, dann musste sie Fragen stellen. Selbst wenn sie nur einen Bruchteil beantwortet bekommen würde, wäre das wohl besser als nichts. Sie brauchte jedes bisschen Information, das sie bekommen konnte.
 

"Was denkst du?", fragte er und er sah sie aufmerksam an.
 

"Kann ich mir deinen Mantel ansehen?", fragte sie.
 

Er ließ sich kurz Zeit, bevor er antwortete.
 

Dann sagte er schlicht: "Ja."
 

Also ging sie hinüber zu der Gaderobe neben der Tür, wo er wie immer beim Hereinkommen seinen Mantel aufgehängt hatte.
 

Sie griff vorsichtig nach dem festen, dunklen Stoff und sah sich die Innenseite an.
 

Sie hatte recht gehabt. Zumindest halb.
 

Als sie seinen Mantel zusammengelegt auf ihrem Schoß gehabt hatte, während er nach dem Training duschen gewesen war, hatte sie das nicht so genau feststellen können und daher hatte sie angenommen, dass sie innen in einer Brusttasche gewesen war. Aber das war nicht der Fall. Vielmehr war ungefähr auf Bauchhöhe und leicht seitlich eine speziell dafür gemachte Halterung in den Mantel eingearbeitet worden. Von außen sah man davon überhaupt nichts. Und weil alles schwarz war, musste man auch innen genau hinsehen. Es war sehr gut gemacht.
 

Sakura löste sehr behutsam und vorsichtig den Riemen und zog die Pistole heraus.
 

Die Waffe war vollkommen schwarz, klein und viel leichter, als sie gedacht hätte. Sie sah sehr modern aus, mit gerade verlaufenden Linien. Aber das schicke Aussehen änderte wohl nichts daran, was sie da auf ihren beiden Handflächen liegen hatte.
 

Sie hob den Blick und sah unsicher zu ihm.
 

Sasuke war aufgestanden und kam um das Bett herum auf sie zu, bis er vor ihr stehen blieb.
 

"Ist- Ist das eine Dienstwaffe?", fragte sie und sie hörte, dass sie ein bisschen zu hoffnungsvoll klang. "Hast du die, weil du bei der Polizei arbeitest?"
 

"Nein", sagte er ruhig. "Das ist Privateigentum."
 

"Und du- du hast die ganze Zeit eine Waffe bei dir? In deinem Mantel?", fragte sie entsetzt. "Ist das wirklich nötig?"
 

"Das haben wir alle", sagte er ruhig. "In der Regel ist es nicht nötig. Aber wenn es mal nötig sein sollte, dann ist es besser, wenn sie da ist, verstehst du?"
 

Er streckte langsam die Hand aus und nahm die Pistole von ihren Handflächen. Dann schob er sich an ihr vorbei und befestigte sie wieder in seinem Mantel.
 

"Du hast sie gespürt, als du für mich den Mantel gehalten hast?", fragte er und er wandte sich wieder zu ihr um.
 

"Ja", sagte sie ein wenig schwach und sah zu ihm hoch.
 

"Ist Juugo auch bewaffnet?", fragte sie nach kurzem Schweigen.
 

"Selbstverständlich. Hast du etwas anderes erwartet?"
 

Sie schüttelte langsam den Kopf. Das hatte sie wohl nicht so wirklich.
 

Wieder zuckte sie leicht zusammen, als es hell aufblitzte und es gleich darauf laut donnerte.
 

"Heute ist es wirklich heftig", sagte Sasuke und sah zu dem großen Balkonfenster hinüber. "Gut, dass ich früh nach Hause gekommen bin. Bei so einem Wetter zu fahren ist kein Spaß. Es scheint sehr windig zu sein. Hoffentlich bekommt keiner meiner Leute etwas ab. Nicht jeder sitzt gerade so gemütlich zuhause."
 

"Ja", sagte sie, immer noch ein wenig schwach. Dafür war sie auch dankbar. Sie hatte es wirklich gut hier.
 

Sie wandte sich ab und ging zum Bett hinüber. In ihren dünnen Sachen war ihr kalt, obwohl es im Raum warm war. Sie wollte unter die Bettdecke.
 

"Kommst du zu mir?", fragte sie, weil er kurz dastand und ihr einfach zusah und das tat er dann auch.
 

Sie legte sich ihm zugewandt auf sie Seite und wieder tat er es ihr gleich, sodass sie einander ansehen konnten.
 

"Hast du schon mal auf jemanden geschossen?", fragte sie ein wenig zögerlich. Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie die Antwort hören wollte.
 

"Einmal."
 

"Wegen deines Berufes?"
 

"Nein. Ich schicke Leute zu Einsätzen. Ich nehme in der Regel nicht selbst daran teil."
 

"Hast du jemanden... verletzt?", fragte sie und sie bemühte sich um Ruhe und Fassung.
 

"Quäle dich doch nicht mit so etwas", sagte er ruhig und ernst. "So etwas macht keinen Spaß. So etwas ist unschön. Aber das Leben ist wie es ist und man muss tun, was man tun muss."
 

"Und wann-"
 

"Das war vor zwei Jahren", sagte er. "Ich habe es getan, um jemand anderen zu schützen. Aber du darfst das niemandem erzählen. Dann würde ich vielleicht Probleme bekommen."
 

Sakura spürte ihr Herz aufgeregt in ihrer Brust schlagen. Das war so unheimlich und grausam und solche Dinge schienen ihr so fern und unreal. Und das war natürlich etwas Gutes. Was solche Dinge anging war sie vollkommen sicher und behütet aufgewachsen. Doch natürlich war ihr bewusst, dass es schreckliche Gewalttaten und Grausamkeiten in der Welt gab. Selbst in diesem hochentwickelten und sicheren Land, in dem sie lebten.
 

"Ich weiß wirklich nicht wie ich jemals etwas wegen dieses Nachwuchsthemas entscheiden soll Sasuke", flüsterte sie. "Alles kommt mir so ungewiss vor. Wie soll ich ein Kind in die Welt setzen, wenn ich nicht einmal weiß, was es erwarten würde."
 

"Tun Leute das nicht ständig?", fragte er leise. "Niemand weiß, was sein Kind im Leben erwarten wird."
 

"Ja, natürlich", räumte sie rasch ein. "Aber das hier ist etwas anderes, oder? Du hast auf einen Menschen geschossen und du hältst das für vollkommen in Ordnung, obwohl offensichtlich nicht einmal jemand davon wissen darf, weil es dann Probleme gäbe. Und so wie ich das verstehe, wollt ihr einen Nachfolger heranziehen. Das hieße doch, dass ich meinem Kind zumuten würde, dass es ebenfalls solche Dinge tun müsste, oder?"
 

Er schien einen Moment zu überlegen.
 

"Ja", sagte er langsam. "Aber es gibt Gründe, die selbst so etwas rechtfertigen."
 

"Und wer entscheidet ob etwas gerechtfertigt ist?", fragte sie. Nun fühlte sie sich aufgewühlt und es gelang ihr nicht mehr ruhig zu bleiben. "Das entscheidet ihr, oder? Ihr stellt euch einfach über das Gesetz. Das ist nicht richtig!"
 

"Das liegt wohl immer im Auge des Betrachters."
 

Wie konnte er nur so abgeklärt sein? Er war immer noch vollkommen ruhig.
 

"Du darfst keinen falschen Eindruck bekommen", sagte er. "Niemand wird hier zu etwas gezwungen. Ich sagte es bereits, ich tue, was ich tue, weil ich es für das Richtige halte. Und so etwas passiert hier auch nicht ständig. Das sind Ausnahmen. Daher ja die Sicherheitsvorkehrungen. Damit so etwas eben nicht nötig wird. Das Kind wäre sicher. Ich würde alles tun, um mein Kind zu schützen. Genauso wie ich alles tun würde, um dich zu schützen."
 

Sie schwieg einen Moment.
 

"Alles, außer mit diesen merkwürdigen teilweise illegalen Machenschaften aufzuhören?"
 

"Ja."
 

Sie stöhnte ein wenig verzweifelt auf und drückte ihr Gesicht in ihr Kissen. Sie konnten doch nicht wirklich erwarten, dass sie dass einfach so hinnehmen würde!
 

"Sakura", hörte sie ihn sanft sagen und als er leicht ihre Haare berührte, nahm sie wieder ihr Gesicht aus dem Kissen und sah ihn an.
 

"Ich werde Nachwuchs zeugen müssen", sagte er leise. "Es wird sowieso ein Kind geben. Ist es nicht besser, wenn du dann die Mutter bist? Du bist wundervoll. So sanft, ehrlich und einfühlsam und verständnisvoll. Du kannst meine Schwächen ausgleichen. Ein Kind braucht eine Mutter wie dich, wenn es einen Vater wie mich bekommt. Ich werde mich natürlich bemühen, aber ich glaube nicht, dass ich einem Kind in emotionaler Hinsicht alles geben würde, was es für eine gesunde Entwicklung braucht. Du könntest das."
 

"Ich habe nicht nur Sorge um ein mögliches Kind", flüsterte sie. "Ich habe auch Angst um dich! Du hast gesagt du und Itachi ihr würdet Madaras und Fugakus Platz einnehmen. Und du hast mir von Fugakus Vater und von Madaras und Izunas Vater erzählt und davon, dass sie ihr Leben beendet haben, um Mikoto zurückzubekommen und weil jemand die Verantwortung übernehmen musste. Du hast gesagt, du und Itachi ihr wärt dazu auch jederzeit bereit. Aber das macht mir Angst! Ich will nicht, dass du- dass du-"
 

"Sakura...", sagte er wieder sanft, vermutlich um sie zu beruhigen.
 

Sie hörte selbst, dass sie sich ein wenig aufregte. Aber wie konnte man denn bei so etwas ruhig bleiben?
 

"Heißt das es muss nur irgendeinem aus dieser Familie so etwas passieren wie Mikoto und dann hätte ich keinen Mann mehr und mein Kind keinen Vater mehr?", fragte sie verzweifelt.
 

"Du sorgst dich ja richtig um mich", stellte er mit einem zufrieden Lächeln fest.
 

"Es ist mir ernst!", sagte sie.
 

Er hörte auf zu Lächeln.
 

"Ich weiß, es tut mir leid", sagte er. "Nein Sakura, das war eine spezielle Situation und das vernünftigste Vorgehen. Sie hatten Madara und Fugaku bereits fertig ausgebildet. Sie waren bereit zu übernehmen. Und Itachi und ich sollten gesund und ohne traumatische Erfahrungen aufwachsen, damit wir keine psychischen Probleme entwickeln und daher brauchten wir unsere Mutter zurück. Und außerdem haben wir die Entführer dadurch glauben lassen, dass das Thema erledigt wäre. Sie haben sich sicher gefühlt. Und das gab Madara, Fugaku und Izuna die Gelegenheit das Problem mit ihnen aus der Welt zu schaffen. Alles hat für diese Lösung gesprochen. Aber wie gesagt, das war eine Ausnahmesituation. So etwas passiert in der Regel nicht. Und unter anderen Umständen wäre auch anders entschieden worden. Selbstverständlich kann sich jedes Mitglied dieser Familie darauf verlassen, dass jeder alles ihm mögliche tun würde, um jemandem aus einer Notlage zu helfen. Aber keiner würde erwarten, dass ich mich opfere, wenn nicht alles dafür sprechen würde. Im Gegenteil. Ich bin wichtig für diese Familie. In den meisten Fällen würden die anderen sich lieber selbst opfern, als das von mir zu erwarten. Wir treffen keine rein emotionalen und auch keine rein egoistischen Entscheidungen."
 

Sie brauchte einen Moment, um das zumindest alles ansatzweise zu verdauen, also sah sie ihn nur an und schwieg, weil sie nicht wusste was sie sagen sollte.
 

"Aber für dich oder für dein Kind würde ich dennoch jederzeit alles geben, notfalls auch mein Leben", sagte Sasuke ruhig. "Selbst dann, wenn es rational und aufs Ganze gesehen nicht die richtige Entscheidung wäre. Und das würde auch jeder verstehen. Denn auch wenn wir gelernt haben uns sehr gut zu beherrschen, haben wir Gefühle wie alle anderen auch. Es wäre schlecht, wenn so etwas passieren würde, aber dann wäre ja immer noch Itachi da."
 

"Ich verstehe das alles nicht", flüsterte sie. Mal wieder. Sie wusste nicht, wie oft sie das seit ihrer Hochzeit schon gesagt hatte.
 

"Ich weiß."
 

Wieder schwiegen sie einen Moment.
 

"Warum hat dein Bruder mich nicht geheiratet?", fragte sie. "Wieso musst du für Nachkommen sorgen?"
 

"Weil", antwortete er ein wenig zögerlich, "ich geeigneter bin."
 

"Was bedeutet das?", fragte sie flüsternd. "Oder ist das auch alles geheim?"
 

"Nein", sagte er nachdenklich. "Das nicht unbedingt. Ich weiß nur nicht, ob ich das Recht habe, dir das zu erzählen. Das ist Itachis Sache. Du müsstest ihn fragen. Allerdings weiß ich nicht, ob er darüber reden möchte. Vielleicht. Du könntest es versuchen."
 

"Ich verstehe", sagte sie ein wenig mutlos. Aber immerhin war sie an ein paar Informationen gekommen.
 

"Und würde unser Kind zur Schule gehen?"
 

"Nein, das wäre zu unsicher. Die Kinder hier bekommen Privatunterricht. Aber das ist nichts Schlechtes. Ich habe die bestmögliche Ausbildung bekommen, die man sich vorstellen kann. Und es war toll für mich mit Itachi, Obito, Shisui und Izumi aufzuwachsen. Ich hatte immer alles, was ich wollte. Mir hat es nie an etwas gefehlt. Ich hatte eine glückliche Kindheit. Und die würde unser Kind auch bekommen. Auch andere würden Kinder bekommen. Amata ist zum Beispiel auch gerade schwanger, wie du weißt."
 

'Und Mira auch', dachte Sakura und sie unterdrückte ein Lächeln, damit er nicht nachfragen würde.
 

"Ich habe noch eine Frage."
 

Er sah sie aufmerksam an.
 

"Es geht um Juugo. Ich frage mich, ob er sich ärgert, dass er auf mich aufpassen muss oder ob er einfach nicht mit mir reden darf."
 

Sasuke sah sie überrascht an.
 

"Selbstverständlich darf er mit dir reden", sagte er. "Aber wie kommst du darauf, dass er sich ärgert?"
 

"Dann mag er mich wohl einfach nicht", seufzte sie etwas niedergeschlagen. "Er ist so einsilbig. Wenn er überhaupt etwas sagt."
 

Sasuke lachte leise.
 

"Das glaube ich nicht", sagte er leicht belustigt. "Er spricht einfach nicht viel. Doch du kannst ruhig versuchen ihn dazu zu bringen." Er lachte noch einmal leise. "Darin scheinst du ja ziemlich gut zu sein."
 

Das brachte sie zum Lächeln. Sie rutschte ein wenig zu ihm hinüber und er zog sie in seine Arme. Eine Weile lagen sie einfach so da und lauschten dem Gewitter. Es schien langsam besser zu werden. Doch immer noch regnete es in Strömen. Sakura schmiegte sich etwas enger an ihn.

Gerade in diesem Moment war alles gut. Sie fühlte sich sicher, geborgen und glücklich. Und obwohl sie nicht mehr sprachen, fühlte sie sich verbunden mit ihm. Schließlich setzte er sich noch einmal auf und löschte das Licht, damit sie schlafen konnten.
 

"Ich hatte übrigens heute wegen der Arbeit einen Termin mit deinem Vater", sagte Sasuke, während er sich wieder zu ihr legte.
 

"Oh", sagte sie ein wenig vorsichtig. Ihre Mutter hatte sie noch dreimal angerufen, aber sie hatte immer noch nicht darauf reagiert.
 

"Er hat mich gebeten dir auszurichten, dass deine Mutter gerne mit dir sprechen möchte."
 

"Danke", sagte sie etwas zögerlich.
 

"Ich habe ihm gesagt, dass du dich melden wirst, solltest du Lust dazu haben und dass ich andernfalls erwarte, dass sie dich in Ruhe lassen. Er war nicht glücklich darüber, aber ich denke er ist darauf bedacht mich nicht noch weiter zu verärgern. Er wird sich daran halten."
 

"Ich danke dir", sagte sie und strich zärtlich über seinen Arm.
 

"Wie geht es dir damit?", fragte sie. "Zuletzt warst du sehr wütend auf ihn."
 

Er schwieg einen Moment, vielleicht weil er nachdachte. Dann sagte er: "Ich bin nicht mehr allzu wütend. Er leidet darunter, dass mein Vater und ich so kühl zu ihm sind. Das verschafft mir Genugtuung. Das macht es ein wenig besser für mich. Zumindest so weit, dass ich mich professionell verhalten kann."
 

"Danke, dass du so zu mir hälst", flüsterte sie leise.
 

"Das ist selbstverständlich Sakura. Du bist meine Frau."
 

Sie wünschten sich eine gute Nacht und Sakura war auch schon beinahe eingeschlafen, als er doch noch etwas in die Dunkelheit sagte.
 

"Ich wäre gerne der Vater deiner Kinder."
 

Sie hob wieder leicht den Kopf, um ihn besser zu verstehen, denn er sprach leise.
 

"Ich will nicht, dass du denkst, dass ich das alles nur aus Kalkül tue, oder weil ich es für das Richtige halte. Ich möchte sehr gerne ein Kind mit dir haben. Egal ob Junge oder Mädchen. Am liebsten beides. Unsere Kinder würden fantastisch werden."
 

Sie musste lächeln. Es war gut das zu hören. So hatte er das bisher noch nicht gesagt. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob er nicht vielleicht doch hauptsächlich eine Pflicht erfüllen wollte.
 

"Kinder sind aber nicht dazu da, um die Erwartungen ihrer Eltern zu erfüllen", sagte sie leicht belustigt. "Man muss sie lieben, ganz egal wie sie werden."
 

Er lachte leise und strich ihr über den Rücken.
 

"Siehst du?", sagte er. "Wenn ich ein Kind habe, dann braucht es eine Mutter wie dich."
 

"Ja, vielleicht", erwiderte sie belustigt. "Wir werden sehen."
 

Er zog sie noch fester an sich.

Alte und neue Bindungen

"Danke", sagte Sakura mit einem vorsichtigen Lächeln. "Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie mich immer begleiten."
 

"Selbstverständlich."
 

Sie unterdrückte ein Seufzen und betrat den Friedhof durch das alte Tor.
 

Seit Sasuke ihr gesagt hatte, dass sie ruhig versuchen konnte mit Juugo zu sprechen, war sie entschlossen sich darum zu bemühen. Immerhin würden sie wohl auch in Zukunft viel Zeit miteinander verbringen. Besonders, da er sie auch zur Arbeit begleitete. Und auch sonst überall hin.
 

Sie wollte zumindest herausfinden, ob es ihm tatsächlich lieber war diese professionelle Distanz zu wahren, oder ob es für ihn nicht auch angenehmer wäre, wenn sie ein bisschen offener miteinander umgehen würden.

Natürlich wollte sie ihm das nicht aufzwingen, falls er das nicht wollen würde. Doch es gab ja immerhin die Möglichkeit, dass er vielleicht nur ein bisschen gezeigt bekommen musste, dass sie sich darüber freuen würde.

Das hatte sie die letzte Woche über versucht. Bisher waren ihre Bemühungen allerdings ohne Ergebnis geblieben. Freundlichkeit alleine reichte wohl nicht. Sie musste etwas anderes probieren. Vielleicht musste sie sich ihm zuerst öffnen.
 

Aber hauptsächlich war sie an diesem Samstag Mittag hierhergekommen, weil sie ein wenig Mut sammeln wollte für das, was sie gleich vorhatte.
 

Es war kalt und ein wenig trostlos auf dem Friedhof. Der Herbst war nun schon lange nicht mehr schön und sonnig und das Laub war schon seit einer Weile nicht mehr bunt und farbenfroh. Und dennoch hatte sie sich noch nie so gut gefühlt, seit sie hierher kam. Sie fühlte sich glücklich. Wegen des Jobs. Und weil sie Sasuke hatte. Dieses Glücksgefühl verspürte sie in letzter Zeit immer öfter, wenn sie an ihn dachte.
 

"Das ist das Grab meiner Großmutter", sagte sie leise und mit einem Lächeln und wandte sich leicht zu Juugo um.
 

Er schwieg.
 

So lief das nun schon seit ein paar Tagen. Aber sie wollte es trotzdem weiter versuchen.
 

Sie stand eine Weile da und sah auf den Stein. Gerne hätte sie sich wieder für einen Moment auf die Steinplatte vor das Grab gekniet. Aber dazu war es zu nass. Sie würde ihre Kleidung ruinieren.
 

"Sie war sehr gut zu mir. Mit meinen Eltern war es immer etwas schwierig und ich bin sehr dankbar, dass ich sie hatte", sagte sie leise, ohne zu erwarten, dass er darauf reagieren würde. Und das tat er auch nicht.
 

"Es tut mir gut hierherzukommen", fuhr sie unbeirrt fort. "Es macht mir immer Mut."
 

Sie wandte sich zu Juugo um. "Haben Sie auch etwas, das Ihnen Mut macht, wenn sie sich unsicher oder ängstlich fühlen?"
 

Sie glaubte, dass sie es nun wohl etwas übertrieb. Aber sie hoffte ihn ein wenig zu provozieren. Vielleicht würde er ihr nun sagen, dass er nicht unsicher oder ängstlich wäre. Sie hatte bisher die Erfahrung gemacht, dass Männer nicht selten Schwierigkeiten hatten sich solche Gefühle einzugestehen.
 

"Sasuke Uchiha."
 

Sakura sah in verwirrt an. Zum einen, weil er etwas gesagt hatte und zum zweiten wegen des Inhalts.
 

"Er macht mir Mut. Er und seine Familie."
 

Jetzt war sie wirklich überrascht. Sie strich sich vorsichtig durch ihre Haare, um sie ein wenig zu bändigen, denn eine Böhe des kalten Herbstwindes hatte sie durcheinandergebracht.
 

"Wie meinen Sie das?", fragte sie vorsichtig.
 

Aber Juugo schien vielleicht das Gefühl zu haben, dass er genug gesagt hatte. Denn er sah sie nur mit neutralem Gesichtsausdruck an und schien darauf zu warten, dass sie etwas tat. Also fügte sie sich wohl oder übel und machte sich in seiner Begleitung auf den Rückweg über den Friedhof und zurück zu ihrem Auto, um zu erledigen, was sie erledigen wollte.
 

"Mrs Sakura Uchiha ist zu Besuch gekommen Mr und Mrs Haruno!", hörte sie die Hausangestellte ein paar Türen weiter im Wohnzimmer sagen, während sie mit Juugo im Eingangsbereich ihres Elternhauses wartete. Also waren ihre Eltern wohl beide zu Hause.
 

"Oh!", hörte sie ihre Mutter überrascht und erfreut antworten. "Dann bitten Sie sie sofort herein!"
 

Aber Sakura war schon durch den Flur gegangen und in den Türbogen zum Wohnzimmer getreten.

Das hier war nicht mehr ihr zuhause. Trotzdem, sie kannte alles hier sehr gut. Sie hatte beinahe ihr ganzes Leben in diesem Haus verbracht.
 

"Sakura", sagte ihre Mutter, als sie sie erblickte und sie wollte auf sie zueilen, aber bevor Sakura sie darüber informieren konnte, dass sie das nicht wollte, trat Juugo einen Schritt vor.
 

"Mr Uchiha wünscht, dass Sie beide Abstand zu seiner Frau halten", sagte er sachlich aber entschieden. "Halten Sie sich daran. Es sei denn sie geht von sich aus auf Sie zu."
 

Sakuras Mutter erstarrte und trat wieder einen Schritt zurück.
 

Aber Sakura sah zu ihrem Vater. Er war in seinem Sessel sitzen geblieben und musterte sie kühl. Ihre Mutter drehte sich ebenfalls kurz zu ihm um, dann sah sie wieder Sakura an.
 

"Aber- was?", fragte ihre Mutter schwach. "Was soll das heißen Sakura? Bist du nicht hergekommen, damit wir diesen albern Zwist endlich wieder aus der Welt schaffen können?"
 

"Nein Mama", sagte Sakura ein wenig traurig. "Ich denke nicht. Ich empfinde momentan nicht viel Gutes, wenn ich an euch denke. Ich wollte euch lediglich nicht länger im Unklaren lassen, denn das ist nie schön und ich finde das hat niemand verdient."
 

Ihre Mutter sah sie vollkommen irritiert an.
 

Das wunderte Sakura nicht. Ihre Eltern hatten sie noch nie so reden hören. Sie überraschte sich immer noch ein bisschen selbst, wenn sie sich so reden hörte. Man hatte ihr ihre Traurigkeit angehört, aber vorallem fand sie, klang sie selbstsicher. Nun klang sie beinahe schon wie jemand aus der Uchiha Familie. Nur vielleicht weniger kalt.
 

"Das soll heißen?", fragte ihr Vater kühl, aber mit einem leicht skeptischen Blick zu Juugo. Vielleicht weil er sich fragte, ob er aufpassen musste, was er sagte, weil Sasuke von allem erfahren würde.
 

"Das soll heißen", sagte Sakura ruhig, "dass es nicht nur darum geht, dass du meine Bewerbungsunterlagen nicht abgeschickt hast. Ich habe viel nachgedacht in letzter Zeit. Und ich musste zu dem Schluss kommen, dass ihr mich nicht besonders gut behandelt habt. Das ist mir in letzter Zeit klar geworden. Ihr habt mich benutzt um eure Ziele zu erreichen und eure eigenen Interessen waren immer wichtiger, als meine Wünsche."
 

Einen Moment herrschte Schweigen.
 

"Sakura", sagte ihre Mutter behutsam und sie trat vorsichtig einen Schritt auf sie zu. Mit einem Blick auf Juugo blieb sie jedoch wieder stehen. "Findest du nicht, dass du dich da gerade ein wenig in etwas hineinsteigerst?"
 

"Nein", sagte Sakura ruhig und traurig. Sie war nicht überrascht und deshalb konnte sie Ruhe bewahren. Ihr war klar gewesen, dass sie wieder so reagieren würden. "Das finde ich nicht. Das habt ihr mir mein Leben lang eingeredet. Aber mir ging es euretwegen schlecht. Und es ist nicht an euch mir zu sagen, ob ich ein Recht dazu habe so zu empfinden oder nicht. Für mich war es meistens schrecklich hier zu leben."
 

"Sakura...", sagte ihre Mutter gequält.
 

"Sind Sasuke und sein Vater etwa deshalb so verärgert?", fragte ihr Vater kalt. "Weil du dich bei ihnen über dein 'schreckliches' Leben hier beschwert hast?"
 

"Ich habe mich nicht beschwert", sagte sie leise und sah ihren Vater an. "Aber ja. Sie haben nachgefragt und sie sind der Meinung, dass ihr mich schlecht behandelt habt. Und das habt ihr auch. Das habe ich endlich verstanden. Ich hatte lange Angst vor Sasuke, weil ich immer Angst vor dir hatte. Und weil ich dachte er würde genauso zu mir sein. Du hattest kein Recht mich ständig einzusperren. Manchmal fast den ganzen Tag und die ganze Nacht und ohne etwas zu essen. Du hast mir dabei oft sehr wehgetan. Ich zuckte immer noch zusammen, wenn mich jemand am Oberarm fasst. Und du hattest auch kein Recht die ganze Familie dazu zu zwingen mich mit Schweigen zu bestrafen, wenn ich nicht getan habe, was du von mir wolltest. Diese Stille über mehrere Tage hinweg und diese missbilligenden Blicke haben mir sehr wehgetan. Und dann habt ihr mich auch noch mein Leben lang glauben lassen, dass ich selbst schuld wäre. Dass ich das verdient hätte. Dass es normal wäre mich so zu behandeln. Das war nicht richtig. Und es macht mich traurig, dass ihr immer noch nicht bereit seid einzusehen, dass ihr euch mir gegenüber schlecht verhalten habt. Und weil mir das wehtut, möchte ich keinen Kontakt mehr zu euch. Ich bin hergekommen, um euch das zu sagen."
 

Sie rechnete nicht damit, dass sie dazu etwas sagen würden. Und das passierte auch nicht. Sie sahen sie bloß vollkommen fassungslos an.
 

"Falls ihr irgendwann bereit sein solltet euch ganz ehrlich bei mir dafür zu entschuldigen, was ihr mit mir gemacht habt, dann würde ich mich freuen von euch zu hören. Ansonsten möchte ich, dass ihr mich in Ruhe lasst. Sasuke und seine Familie sind schlecht auf euch zu sprechen. Ich werde sie jedoch weiterhin bitten sich nicht einzumischen. Doch solltet ihr meinen Wunsch nach Abstand nicht akzeptieren, dann werde ich Sasuke um seine Hilfe bitten."
 

Sie starrten sie immer noch beide an, als hätte es ihnen die Sprache verschlagen.
 

"Ich habe nun einen Job", sagte sie mit einem leicht traurigen Lächeln an ihre Mutter gewandt. "Ich habe die erste Woche gut hinter mich gebracht. Es ist toll. Alle sind nett zu mir. Und ich scheine meinen Aufgaben auch vollkommen gewachsen zu sein. Vielleicht sogar mehr als das. Du hattest Unrecht mir zu sagen, dass ich das nicht schaffen würde. Ich schaffe es. Sehr gut sogar."
 

Damit wandte sie sich ab und wollte gehen, aber ihr Vater war nun doch aufgestanden.
 

"Sakura!", sagte er streng. "Eben war ich still und habe mir das angehört. Aber ich verbiete dir jetzt einfach zu gehen! Setz dich hin und-"
 

"Nein", unterbrach sie ihn sehr deutlich. "Das möchte ich nicht. Ich tue nicht mehr, was du mir sagst."
 

Sie drehte sich um und ging ein paar Schritte in Richtung der Haustür.
 

"Ich warne Sie noch ein letztes Mal Mr Haruno", hörte sie Juugo leise hinter sich sagen und nun klang es drohend. "Wenn Sie ihr nun nachgehen und sie anrühren, dann werde ich nicht tatenlos zusehen."
 

Sakura wandte sich ein wenig erschrocken um. Ihr Vater war ihr in den Flur gefolgt. Aber bei Juugos Worten war er scheinbar wieder stehengeblieben.
 

Juugo schob sich an ihrem Vater vorbei, der ihn beinahe hasserfüllt musterte und trat zu ihr. Er öffnete die Haustür und hielt sie ihr auf.
 

"Danke", sagte sie mit einem vorsichtigen Lächeln zu ihm und trat über die Türschwelle.
 

Dort wandte sie sich noch ein letztes Mal um. Ihre Mutter war ebenfalls in den Flur getreten.
 

"Ich wünsche mir wirklich", sagte Sakura leise, "dass wir vielleicht eines Tages wieder an unserer Beziehung arbeiten können. Aber das liegt nun ganz bei euch."
 

Damit wandte sie sich endgültig ab und Juugo trat ebenfalls hinaus und schloss die Tür hinter sich.
 

"Nun haben Sie es für heute überstanden", sagte Sakura mit einem müden Lächeln zu Juugo, während sie die Stufen vor der Haustür ihres Elternhauses hinabstieg. "Wir können nach Hause zurückkehren."
 

Juugo sagte nichts. Zumindest, bis sie den Hof überquert hatten und bei Sakuras Auto angekommen waren.
 

"Was meinen Sie mit 'überstanden'?", fragte er plötzlich.
 

Sakura, die gerade den Autoschlüssel aus ihrer Handtasche herausgesucht hatte, hob überrascht den Kopf.
 

"Ich- nun ja...", sagte sie ein wenig vorsichtig. "Sie können sich sicher Spannenderes vorstellen, als mich zu begleiten. Ich nehme an, dass ich Ihnen wie eine ziemlich verwöhnte junge Dame vorkomme und sicher würden Sie gerne etwas Sinnvolleres-"
 

"Nein", sagte er schlicht, bevor sie hatte zuende sprechen können. "Sie scheinen ein wunderbarer Mensch zu sein. Nicht, dass es mir zustehen würde, das zu beruteilen. Aber ich verstehe vollkommen, warum er sie so vergöttert."
 

Sie öffnete verwirrt den Mund und schloss ihn dann wieder. Sprach er von Sasuke?
 

"Ich begleite Sie gerne", sagte Juugo sachlich. "Ich fühle mich geehrt, dass er mir diese Aufgabe anvertraut. Es ist eine Ehre für mich auf den Menschen achtgeben zu dürfen, der für ihn am Wichtigsten ist."
 

"Ich-", setzte sie an, aber dann brach sie wieder ab.
 

Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Hatte Sasuke vor Juugo so über sie gesprochen? Das war schön, es machte sie glücklich. Aber etwas anderes faszinierte sie gerade noch viel mehr.
 

"Ist Sasuke Ihnen so wichtig?", fragte sie überrascht. "Ist das nicht einfach nur ein Job für Sie?"
 

"Ich werde gut bezahlt, falls Sie das meinen", sagte Juugo. "Aber das ist nicht der Grund, warum ich tun will, was ich tue. Das mache ich, weil ich Sasuke Uchiha etwas schulde. Er hat mir ein eigenes Leben gegeben. Und gerne gebe ich es im Notfall für den Menschen wieder her, der für ihn am wichtigsten ist."
 

Sakura starrte ihn an.
 

"Was bedeutet das?", fragte sie beinahe flüsternd.
 

"Nur, dass ich ihm sehr sehr dankbar bin", sagte Juugo. "Und mehr sollte ich wohl nicht sagen."
 

"Ich verstehe", sagte Sakura ein wenig schwach. "Ich danke Ihnen, dass Sie mir das gesagt haben. Es freut mich sehr, dass Sie meine Gesellschaft nicht unzufrieden stimmt. Ich hatte mir deswegen Sorgen gemacht."
 

"Sie sind eine wunderbare Gesellschaft."
 

Sie lächelte leicht und ein wenig unsicher. "Möchten Sie vielleicht auch einmal fahren?"
 

Nun sah er ein wenig überrascht aus. Aber nur ganz kurz.
 

"Wenn Sie das wünschen."
 

Also ging sie ein wenig zögerlich zu ihm und übergab ihm den Autoschlüssel.
 

Sie war erschöpft. Der Besuch bei ihren Eltern hatte sie aufgewühlt, auch wenn sie zufrieden mit sich war.

Aber vor allem hoffte sie ihm zu zeigen, dass sie ihn wertschätzte und vielleicht war es schön für ihn, wenn sie ihn um Hilfe bat. Und vielleicht hatte er genug davon dauernd nur auf dem Beifahrersitz oder der Rückbank zu sitzen.
 

Während sie neben ihm saß und versuchte sich etwas auszuruhen, dachte sie, dass sie zwar nun noch neugieriger war, wie Sasuke und er sich kennengelernt hatten, aber sie fühlte sich in Juugos Gegenwart nun wohler als zuvor.

Verzicht und Gewinn

"Ja, ich habe es ihm vorhin gesagt!", antwortete Mira strahlend.
 

"Ohhh hat er sich gefreut?", fragte Izumi begeistert und schlug die Hände zusammen.
 

"Selbstverständlich!", sagte Mira stolz. "Er ist überglücklich!"
 

Es war Sonntag und später Nachmittag und Sakura saß gerade zusammen mit Izumi und Mira in einem der vielen Wohnzimmer zusammen. Schon seit zwei Stunden. Eigentlich hatten sie bloß zusammen einen Kaffee trinken wollen, doch in letzter Zeit quatschten sie sich dann oft fest bis zum Abendessen, zumindest wenn sie Zeit hatten.
 

"Das ist toll Mira!", sagte Sakura glücklich.
 

"Willst du nicht auch ein Kind bekommen Sakura?", fragte Mira ein wenig verschmitzt. "Dann könnten wir alles zusammen erleben und sie könnten miteinander spielen!"
 

Nun setz sie doch nicht so unter Druck Mira!", sagte Izumi empört. "Sakura ist auch so schon in einer blöden Lage, weil ihre Eltern behauptet haben es sei ihr größter Wunsch Kinder zu bekommen und sie das offenbar gar nicht unbedingt will!"
 

"Nur weil du nicht so sehr auf Kinder stehst geht das doch Sakura nicht automatisch auch so!", gab Mira sofort empört zurück.
 

Sakura musste ein wenig lachen.
 

Die beiden konnten in einem Moment super harmonisch und glücklich miteinander sein und dann bekamen sie sich plötzlich in die Haare. Manchmal wirkte es fast so, als würden sie sich gerne ein wenig streiten. Allerdings vertrugen sie sich immer sofort wieder.
 

"Manche Leute haben eben auch noch andere Ambitionen als schwanger zu werden!", sagte Izumi. "Sakura hat zum Beispiel ihren Job! Und den macht sie ja offenbar sehr gut!"
 

"Also ich muss mich nun wirklich nicht entschuldigen, weil ich glücklich damit bin mich um meinen Mann zu kümmern und Kinder zu bekommen!", sagte Mira unbeeindruckt und nicht so, als würden Izumis Worte sie groß stören.
 

"Nein, musst du nicht", lenkte Izumi ein.
 

"Was hast du denn für Ambitionen?", fragte Sakura sofort neugierig, jetzt wo Izumi wieder friedlicher zu sein schien.
 

Mira kicherte. "Sie würde gerne Mikotos Position übernehmen und sich hier um alles kümmern. Sie will die Königin sein. Neben dir Sakura. Und an Itachis Seite."
 

"Tja, aber daraus wird wohl nie etwas", sagte Izumi niedergeschlagen. "Dabei könnte ich das so gut. Ich bin hier aufgewachsen und war immer in alles eingebunden. Ich könnte so gut dafür sorgen, dass hier jeder alles hat, was er braucht und alle ein behagliches, friedliches Zuhause haben, einen Ort, an dem sie sich entspannen können."
 

"Genug Temperament dir Gehör zu verschaffen hast du jedenfalls", lachte Mira. Dann wurde sie wieder ernst. "Aber ja, ich denke auch, dass du das sehr gut machen würdest Izumi."
 

"Ist das denn unbedingt an Itachi gebunden?", fragte Sakura interessiert. "Könntest du das nicht auch so tun?"
 

"Theoretisch", sagte Izumi. "Also...wenn du das nicht machen willst."
 

"Will ich nicht", sagte Sakura rasch.
 

Sie glaubte auch, dass Izumi das besser können würde. Sie war klug und fand kreative Lösungen und sie konnte sich sehr gut durchsetzen. Und sie kannte jeden hier schon ihr Leben lang. Sakura wollte sich Sasuke und ihrer Forschung widmen. Und vielleicht auch irgendwann Kindern. In letzter Zeit drifteten ihre Gedanken immer öfter in diese Richtung. Das freute und ärgerte sie gleichermaßen. Sie verspürte diesen Wunsch und sie wollte inzwischen tatsächlich, dass Sasuke einmal der Vater ihrer Kinder sein würde. Aber nur weil sie diese Gefühle hatte, verschwanden davon ja nicht ihre Bedenken bezüglich dieser Familie. Zwar fühlte sie sich in emotionaler Hinsicht mittlerweile mehr als nur wohl hier, doch ihr mulmiges Gefühle ob dieser Geheimnisse war schließlich nach wie vor da.
 

"Dann ginge das vielleicht", sagte Izumi nachdenklich. "Aber natürlich nur, wenn Itachi keine andere heiratet, die das dann machen will. Mikoto ist in der Hierarchie ganz oben und dann kommst du Sakura zusammen mit der Frau, die Itachi einmal heiraten wird."
 

"Oh", sagte Sakura. Obwohl das irgendwie logisch war, hatte sie darüber noch nie so richtig nachgedacht.
 

"Aber will Itachi denn überhaupt heiraten? Madara ist ja auch nicht verheiratet", fragte sie.
 

"Ich habe keine Ahnung", sagte Izumi ein wenig niedergeschlagen. "Das wüsste ich auch zu gerne. Wahrscheinlich will er schon. Wenn er erstmal richtig verdaut hat, dass er dich nicht bekommen konnte. Und Madara und Izuna sind eben ewige Junggesellen. Dadurch, dass sie beide nicht verheiratet sind, können die beiden immerhin total in ihrem Bruder-Ding aufgehen."
 

"Jaaa, das stimmt", sagte Mira nachdenklich.
 

"Seht mal wer da kommt!", fügte Mira hinzu und dann rief sie laut "Hallo Itachi!" durch den Raum.
 

Sakura und Izumi wandten sich eilig um und tatsächlich kam er durch das Wohnzimmer auf sie zu.
 

"Hallo!", sagte er freundlich.
 

"Fertig mit dem, was immer ihr auch getrieben habt?", fragte Izumi.
 

"Ich ja, Sasuke hat noch zu tun", antwortete Itachi ihr und dann wandte er sich Sakura zu.
 

"Darf ich dich auf einen kleinen Spaziergang entführen?", fragte er mit einem charmanten Lächeln.
 

Sakura sah ihn verdutzt an. Aber nur kurz, dann hatte sie eine Vermutung worum es gehen könnte.
 

"Ja, selbstverständlich", sagte sie rasch und erhob sich.
 

"Wir sehen uns gleich beim Abendessen?", fragte sie an Mira und Izumi gewandt.
 

Izumi wirkte überhaupt nicht glücklich. Aber sie bejahten das beide und sahen ihnen neugierig nach, als sie gemeinsam den Raum durchquerten.
 

"Es tut mir leid, dass du extra deinen Mantel von oben holen musstest", sagte Itachi freundlich zu ihr, als sie wieder bei ihm ankam und durch die Haustür nach draußen trat, als er sie ihr aufhielt. "Es ist nur besser, wenn wir draußen reden, wo wir zwar unsere Ruhe haben, aber uns jeder sehen kann."
 

"Wieso?", fragte sie sofort neugierig.
 

"Weil", antwortete Itachi geduldig, "wir alle immer darauf bedacht sind zu dafür zu sorgen, dass es keine Missverständnisse unter uns gibt. Ich habe mich gerade erst wieder mit Sasuke vertragen und auch generell achten wir darauf, dass wir niemandem zu nahe treten. Unser Zusammenhalt ist stark. Aber wenn es um unsere Frauen geht, dann reagieren wir manchmal doch nicht so rational wie wir es sonst tun oder wie es wünschenswert wäre. Man kann eben nicht alle Emotionen kontrollieren. Doch wir dürfen uns in dieser Familie nicht streiten. Das wäre gefährlich für alle. Wir müssen über so etwas stehen. Also sind wir lieber einmal zu viel vorsichtig, als einmal zu wenig."
 

"Oh", sagte Sakura bloß ein wenig niedergeschlagen, weil das schon wieder alles total unheimlich und mysteriös klang.
 

"Zeigst du mir deine Maiglöckchen?", fragte Itachi mit einem leichten Lächeln, um eine Route über das Gelände vorzugeben, also stimmte sie zu und ging langsam neben ihm her.
 

"Sasuke scheint zu glauben, dass du dich in letzter Zeit gedanklich mehr mit dem Nachwuchsthema beschäftigst", sagte Itachi. "Er will, dass dir so viele Fragen beantwortet werden wie möglich, daher hat er mich gebeten mit dir zu sprechen und dir zu erklären, warum ich am Ende doch nicht derjenige war, der bei deinem Vater um deine Hand angehalten hat."
 

"Und du wirst mir das jetzt einfach so erzählen?", fragte sie überrascht. "Ist das auch wirklich in Ordnung für dich? Ich will wirklich nicht, dass dir etwas unangehm ist! Aber ein Kind zu bekommen ist eine große Verantwortung. Und ich muss doch wissen, was ich diesem Kind zumuten werde. Und darum will ich alles über diese Familie wissen, was nur irgendwie möglich ist."
 

"Ja", sagte Itachi leise. "Das ist verständlich. Du bist eben sehr gewissenhaft. Sasuke und du, ihr hattet wegen all dieser Lügen einen schwierigen Start. Du hattest Schwierigkeiten Gefühle zu entwickeln und wegen deiner Vergangenheit hast du verständlicherweise Schwierigkeiten anderen einfach blind zu Vertrauen. Du bist sehr klug, willensstark und verantwortungsbewusst. Mehr als viele andere. Und das ist auch gut so. Du brauchst diese Antworten. Also werde ich dir diese Frage beantworten, auch wenn das nicht gerade mein Lieblingsthema ist. Und dir wird es vielleicht auch nicht unbedingt gefallen. Aber Sasuke hat offenbar vollstes Vertrauen darin, dass du einiges verkraften kannst und darum hat er nicht darauf bestanden dabei zu sein. Er muss sich ohnehin noch um ein kleines Problem kümmern."
 

"Was für ein Problem?", fragte sie sofort nervös.
 

Itachi sah belustigt aus. "Eins, was sich gleich in Luft aufgelöst haben wird, mach dir keine Sorgen. Wir haben alles im Griff. Eins nach dem anderen Sakura."
 

"In Ordnung", sagte sei ein wenig geknickt. Sie hoffte nur stark, dass die Problemlösung keine Schusswaffen beinhaltete.
 

Einen Moment gingen sie langsam schweigend nebeneinander her. Sie warf ihm einen Blick zu und es schien ihr, dass er überlegte, wo er anfangen sollte.
 

"Es ist ein bisschen schwer zu erklären warum es in dieser Familie so wichtig ist, dass die Erbfrage geregelt ist, wenn man die ganzen Zusammenhänge noch nicht versteht", sagte er schließlich. "Aber es geht nicht einfach nur darum wer Geld oder Besitz erben wird. Es geht im Grunde um Stabilität."
 

Sakura sah ihn bloß fragend an, also fuhr er fort.
 

"Wie du mitbekommen hast, ist unser Zusammenhalt im Vergleich zu anderen Familien ungewöhnlich stark und unsere Einigkeit sucht ihresgleichen. Das liegt zum einen daran, dass wir alle eine gemeinsame Aufgabe haben. Etwas, das diese Familie seit vielen Generationen verfolgt. Das ist das, was uns hauptsächlich verbindet. Eine gemeinsame Überzeugung. Wir alle haben das Gefühl das Richtige zu tun. Aber zum anderen braucht eine gut funktionierende Gruppe ein System in dem jeder seinen Platz kennt. Und genauso wie wir darauf achten niemals der Frau eines anderen zu nahe zu treten, achten wir auch darauf niemals jemandem seinen Rang innerhalb dieser Familie streitig zu machen. Doch Selbstdisziplin hat natürlich seine Grenzen. Und deshalb ist es unglaublich wichtig einen Anführer zu haben, der von absolut allen respektiert wird. Madara ist so jemand. Dicht gefolgt von Sasukes und meinem Vater. Madara ist so intelligent, klug, fähig, geschickt, findig und durchsetzungsstark, dass es niemanden gibt, der glaubt diese Position besser ausfüllen zu können als er. Darum ist jeder freiwillig bereit sich unterzuordnen. Und zugleich ist Madara durchaus in der Lage seine eigenen Grenzen und Schwächen zu erkennen und bestimmte Aufgaben an jemand Fähigeren zu delegieren, wenn das geboten ist. Er ist ein guter Anführer. Das sind wir aus der Stammfamilie meistens. Das liegt an unserer Erziehung. Aber vor allem hat das genetische Ursachen. Auch Fugaku, Sasuke und ich sind überdurchschnittlich intelligent, fähig, gesund und so weiter. Und das ist kein Zufall. Wir haben immer und seit Generationen darauf geachtet unser Erbgut zielführend weiterzugeben."
 

"Was bedeutet das?", fragte Sakura ein wenig schwach. Auch wenn sie befürchtete es bereits zu verstehen.
 

"Ich denke, das kannst du dir selbst beantworten", sagte Itachi. "Ich weiß du arbeitest im Bereich der Epigenetik und hast dich auch in deinem Studium damit auseinandergesetzt. Das ist nicht ganz das gleiche wie die Vererbungslehre, aber du weißt eine Menge über Menschen und ihre Gene, nicht wahr?"
 

"Ja", sagte Sakura sehr langsam.
 

Aber das war doch verrückt. Viel zu drastisch.
 

Trotzdem antwortete sie: "In der Forschung wird immer deutlicher, wie viel Einfluss die Gene auf einen Menschen haben. Mittlerweile wird sogar davon ausgegangen, dass selbst Dinge wie Depressionen oder psychische Krankheiten bis zu einem Gewissen Teil vererbt werden. Zumindest die Anlagen dafür. Wir Menschen können zwar mit unserem Verhalten einiges beeinflussen, aber wir haben nicht so viel Macht über unsere eigenen Handlungen, wie wir oft selbst glauben. Da ist sich die Wissenschaft mittlerweile ziemlich einig."
 

"Genau."
 

"Willst du damit sagen", fuhr sie langsam fort, "dass Sasuke sich um die Nachfolge kümmern soll, weil seine Erbanlagen besser sind als deine? Weil er bessere Gene hat?"
 

"Ja. Fast", sagte Itachi ruhig. "Er hat nicht unbedingt bessere Gene. Wir sind ungefähr gleich gut in allem. Genau genommen bin ich sogar meistens ein kleines bisschen fähiger, ein bisschen talentierter. Aber Sasuke hat mit seinen Erbanlagen unglaublich gute Chancen überdurchschnittlich gesunde, überdurchschnittlich intelligente Nachkommen zu zeugen. Besonders mit dir."
 

"Was?", fragte sie schwach. "Wie meinst du das?"
 

"Wie du weißt, kann man mit der richtigen Technik schon seit einigen Jahrzehnten das genetische Erbgut von einzelnen Menschen untersuchen. Das ist unglaublich komplex und unglaublich teuer. Aber das hat Madara getan. Und es kam heraus, dass Sasuke geeigneter ist, um sich fortzupflanzen. Denn bei mir besteht eine leider nicht allzu geringe Chance, dass ich meinen Kindern einen genetischen Defekt weitergeben könnte. Bei mir ist das nicht ausgebrochen. Ich bin vollkommen gesund und es besteht auch keine Gefahr, dass sich das ändern könnte. Aber das war Glück. Und meine Kinder würden vielleicht kein Glück haben. Und auf Glück können wir die Zukunft dieser Familie nicht aufbauen. Dazu ist das, was wir tun, zu groß und zu wichtig und - sollte etwas schiefgehen und zum Beispiel jemand ungeeignetes in eine Machtposition wie die von Madara kommen - schlicht zu gefährlich. Und daher werde ich keine Kinder bekommen. Ich werde darauf verzichten. Sasukes Nachkommen werden übernehmen. Und ich werde mich auf meine Aufgabe konzentrieren mit Sasuke zusammen ein guter Anführer zu werden. Ich werde Sasukes Kinder mit ausbilden und hoffentlich so für sie da sein, wie Madara und Izuna es auch immer für Sasuke und mich waren."
 

Sakura hatte keine Ahnung, was sie dazu sagen sollte.
 

Er musterte sie mit einem nachsichtigen Lächeln.
 

"Jetzt hast du bloß noch mehr Fragen, nicht wahr Sakura?"
 

Ihr habt also auch mein Erbgut überprüft", sagte sie schließlich. Denn das war die einzige Erklärung. "Madara hat vor der Hochzeit irgendwas von mir in die Finger bekommen und untersuchen lassen, um zu sehen, ob ich für diese Aufgabe geeignet bin."
 

"Du bist wirklich klug", sagte Itachi anerkennend. "Aber das wussten wir natürlich schon. Ja, das ist richtig. Und dabei kam heraus, dass deine Erbanlagen und Gene so dermaßen beeindruckend gut sind, dass Madara Sasuke erlaubt hat auf dir als seiner Frau zu bestehen, obwohl es für Streit zwischen ihm und mir gesorgt hat. Er wusste, dass wir uns wieder vertragen würden. Wir lieben einander. Aber ein derartiger Streit, besonders zwischen Sasuke und mir, wäre in dieser Familie niemals geduldet worden, wenn du nicht so beeindruckend wärst. Deine und Sasukes Kinder würden fantastisch werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas schiefgehen könnte, dass ein Kind krank sein könnte, dass du bei der Schwangerschaft Komplikationen bekommen könntest, ist einfach so unglaublich gering, dass es eine riesige Verschwendung von Potential gewesen wäre, wenn Madara Sasuke verboten hätte auf dir zu bestehen."
 

"Aber- aber warum das alles? Was tut ihr denn, das so wichtig ist? Wieso bist du dafür sogar bereit selbst auf Kinder zu verzichten?", fragte sie verzweifelt. "Ich will es so gerne verstehen Itachi! Wie kannst du Madaras Entscheidung einfach so akzeptieren?"
 

Itachi lächelte leicht.
 

Sie waren bei den Maiglöckchen angekommen. Er blieb stehen und betrachtete die Pflanzen nachdenklich.
 

"Ich kann Madaras Entscheidung akzeptieren, weil ich es auch selbst für das Richtige halte", sagte er ruhig. "Und weil Madara diese Entscheidung damals auch getroffen hat. Für sich selbst. Ebenso wie Izuna. Fugaku war geeigneter. Und Sasuke und ich sind genau so geworden, wie er es sich erhofft hat. Das ist für ihn Belohnung genug. Und Madara und Izuna waren auch immer wie Väter für Sasuke und mich. Sie lieben uns wie ihre eigenen Söhne. Und wenn du dich für Kinder entscheiden würdest, dann verspreche ich dir, dass ich auch deine Kindern lieben würde, als wären es meine. Ich würde sie beschützen, genau wie Sasuke."
 

"Ich weiß nicht was ich sagen soll", flüsterte Sakura leise und hob den Blick von den Maiglöckchen.
 

Itachi erwiderte ihre Blick mit einem leichten Lächeln.
 

"Und", flüsterte sie, "sie haben es so eilig weil-"
 

"Ja", sagte Itachi. "Das beste Alter für eine Frau um Kinder zu bekommen liegt zwischen Anfang zwanzig und Anfang dreißig. Und wenn man es ganz genau nimmt-"
 

"Wenn man es ganz genau nimmt", beende Sakura seinen Satz, "dann ist das beste Alter mit Mitte zwanzig. Das Alter, in dem ich gerade bin. Wenn ich jetzt Kinder bekäme, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass irgendetwas schief gehen könnte, so gering wie sie nur sein könnte."
 

"Ja."
 

Sie schwiegen.
 

"Du bist wundervoll Sakura", sagte Itachi schließlich. "Und ich bin froh, dass du in diese Familie gekommen bist. Ich denke, dass ich es nun wohl verwunden habe, dass ich dich nicht bekommen konnte. Es ist richtig so. Und es macht mich glücklich zu sehen, wie glücklich du Sasuke machst. So habe ich ihn noch nie erlebt."
 

Er lächelte wieder leicht.
 

"Wir sind immer gefasst und auf unsere Ziele konzentriert, aber denke nicht, dass wir keine Gefühle haben. Er kann manchmal vor Glück kaum sprechen, wenn er von dir erzählt. Er will nicht nur eine Aufgabe erfüllen. Er will wirklich Kinder mit dir. Er wäre unglaublich stolz. Und ich wäre auch glücklich Onkel zu sein. Ganz unabhängig von allen rationalen Überlegungen. Und auch Madara und mein Vater wären überglücklich. Ich verspreche dir, dass, falls du dich für ein Kind entscheiden solltest, wir alle es lieben würden. Die Ausbildung und das Erbe sind die eine Sache. Aber wir sorgen in dieser Familie immer so gut es geht dafür, dass jeder glücklich ist."
 

Er lächelte erneut. "Alleine schon, weil auch das rational die richtige Entscheidung ist. Denn unglückliche Menschen entwickeln negative Gefühle. Und dann passieren Fehler."
 

Sakura schwieg einen Moment in dem Versuch das zu verdauen.
 

"Ich danke dir Itachi", sagte sie schließlich ernst. "Danke, dass du mir all das erzählt hast. Es hat mir weitergeholfen denke ich."
 

"Das freut mich."
 

Sie musste nun ebenfalls lächeln. Wie anders doch alles geworden war. So vieles hatte sich verändert, seit ihrer Hochzeit.
 

"Gehen wir zurück?", fragte Itachi.
 

Sie nickte und sie machten sich auf den Rückweg zum Haus.
 

"Du verstehst dich in letzter Zeit besser mit Mira und Izumi, nicht wahr?", fragte Itachi.
 

"Ja", sagte Sakura glücklich. "Sie sind toll!"
 

"Das freut mich", sagte Itachi, wieder mit einem Lächeln und dieses Mal ein wenig gedankenverloren.
 

"Hat Izumi mal etwas über mich gesagt?", fragte er plötzlich und hob den Kopf und sah sie an.
 

Plötzlich wirkte er nicht mehr ganz so gefasst. Eher so, als hätte er schon länger überlegt diese Frage zu stellen und als wäre es jetzt aus ihm herausgeplatzt.
 

"Was meinst du?", fragte Sakura ein wenig vorsichtig.
 

Sie hatte das Gefühl sich jetzt nicht einfach einmischen zu können. Das wäre Izumi gegenüber wohl sehr übergriffig. Aber seine Frage hatte sie nun sehr neugierig gemacht.
 

Itachi sah wieder nachdenklich auf den Boden vor sich.
 

"Ich weiß nicht", sagte er langsam und nachdenklich. "Früher haben wir uns sehr gut verstanden. Sehr sehr gut. Und dann war sie irgendwann anders zu mir. Kühl und abweisend. Eigentlich besteht unsere Beziehung mittlerweile eher daraus, dass wir einander ärgern. Wie letztens, als es um den Führerschein ging. Und ich dachte vielleicht hat sie ja bei dir erwähnt, was das Problem ist. Ich würde es wirklich gerne wissen. Sie fehlt mir. Ich habe versucht sie zu fragen, aber sie ist unglaublich stolz und sie hatte wohl keine Lust mir mitzuteilen, was ihr Problem ist."
 

Jetzt hörte er sich beinahe schon ein wenig verzweifelt an. Zumindest, wenn man die Gefühle unter dieser gefassten Fassade wahrnehmen konnte. Und darin hatte Sakura wohl mittlerweile eine Menge Übung bekommen.
 

"Es gibt tatsächlich einen Grund", sagte sie schließlich. "Aber den sollte ich dir wohl nicht sagen."
 

Itachi blieb abrupt stehen, hob den Kopf und sah sie an.
 

"Was heißt das?", fragte er sofort.
 

"Das heißt", sagte Sakura mit einem Lächeln, "dass du die Antwort auf deine Frage selbst finden kannst."
 

Er starrte sie an.
 

"Aber vielleicht kann ich dir einen Tipp geben", fügte sie hinzu, weil sie es doch nicht schaffte sich ganz herauszuhalten.
 

Er wartete und schien beinahe ungeduldig.
 

"Vielleicht könntest du dich fragen, wann sie angefangen hat anders zu dir zu sein. Und was du zu dieser Zeit empfunden hast."
 

Das war vor ein paar Jahren", sagte Itachi langsam. "Es war seit-"
 

Er brach plötzlich ab und Entsetzen spiegelte sich in seinem Gesicht. Und Sakura glaubte, dass er es verstanden hatte. Dass Izumis Verhalten sich verändert hatte, seit sie offenbar alle angefangen hatten für eine gewisse fremde junge Frau mit grünen Augen und rosafarbenem Haar zu schwärmen, die sie immer auf diesen ganzen Events beobachtet hatten. Und seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, verstand Itachi das wohl nun auch.
 

"Ich dachte, sie sieht in mir nur so etwas wie einen Bruder", sagte er schwach. "Ich wusste nicht-"
 

Er brach ab. Er schien verwirrt.
 

"Du hälst mich da besser raus", sagte Sakura mit einem Lächeln. "Ich glaube, wenn du ihr sagst, dass ich etwas gesagt habe, dann wird sie mich umbringen."
 

Itachi sah sie bloß immer noch ein bisschen perplex an.
 

Sakura fing an zu strahlen. Sie konnte nicht anders. So wie er gerade aussah, waren Izumis Hoffnungen vielleicht doch alles andere als vergebens.
 

"Izumi würde übrigens sehr gerne auch Kampfsport lernen", sagte sie mit einem leisen, glücklichen Lachen.
 

Dann drehte sie sich beschwingt um und ging zurück zum Haus. Alleine.
 

Denn Itachi schien nun auch etwas zu haben, dass er erstmal verdauen musste.

Das große Ganze

Allerdings hielt ihr Glück nicht lange an. Denn schon als sie bei der Haustür ankam und sie Madara erblickte, wie er dort ruhig stand und ihr entgegensah, wusste sie, dass etwas nicht stimmte.
 

"Was ist los?", fragte sie daher sofort, als sie bei ihm ankam. "Ist etwas passiert?"
 

Er musterte sie einen Moment nachdenklich.
 

"Leider ja", sagte er schließlich. "Es ist etwas passiert. Und ich fürchte es geht um Sasuke."
 

Sakura hatte das Gefühl, als ob ihr Herz einen Schlag ausgesetzt hätte.
 

"Was heißt das?", fragte sie sofort. "Was ist passiert? Geht es ihm nicht gut? Er ist nicht verletzt oder? Bitte sag mir, dass es ihm gut geht. Bitte sag mir-"
 

Sie brach ab. Er sah viel zu ernst aus. Sie hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können.
 

Sasuke durfte nichts passiert sein. Das durfte einfach nicht sein. Er durfte nicht verletzt sein. Warum sah Madara sie nur an? Warum sagte er nichts? Aber Sasuke würde wieder gesund werden! Schlimmer konnte es nicht sein! Oder? Er war nicht-"
 

Sie spürte wie ihr schwindelig wurde. Sie würde gleich umkippen.
 

Das schien auch Madara zu denken, denn er trat einen Schritt auf sie zu und wollte sie am Arm fassen.
 

Aber in diesem Moment wusste sie plötzlich, dass sie das nicht wollte. Und zwar nicht deswegen, weil sie es nicht gut ertragen konnte, wenn sie jemand am Oberarm griff. Es war nicht, weil ihr Vater sie immer am Arm gegriffen hatte, wenn er sie in ihr Zimmer gezerrt und eingesperrt hatte. Das war nicht der Grund, warum sie das nun nicht wollte. Der Grund war, dass sie gerade einfach nicht schwach sein wollte. Sie wollte jetzt nicht vor lauter Angst um Sasuke ohnmächtig werden.
 

Sie wollte wissen was los war. Und zwar sofort.
 

Und darum fing sie sich wieder.
 

"Nein!", sagte sie rasch und sehr deutlich zu ihm.
 

Er zog seine Hand zurück und einen Moment sah sie Überraschung und seinem Gesicht. Und dann noch etwas anderes. War es...Anerkennung?
 

"Ich will", sagte sie sehr klar und deutlich, "dass du mir sagst, was mit Sasuke ist! Es ist mir vollkommen egal, was es für Geheimnisse gibt, die ich nicht wissen darf! Sag es mir! Wenn du es nicht tust, dann werde ich dir das niemals verzeihen!"
 

Ein Lächeln huschte über Madaras Gesicht. Jetzt sah er ganz eindeutig zufrieden aus.
 

"Sasuke geht es gut."
 

"Was?", fragte sie schwach. Aber noch während sie fragte und ihn ansah, glaubte sie langsam zu begreifen.
 

"Das war ein Test. Ich wollte bloß sehen, wie viel er dir mittlerweile bedeutet."
 

Sie starrte ihn an.
 

Da kommt er, falls du mir nicht glaubst!", sagte Madara ruhig und deutete auf den Hof hinter sie und als sie sich umdrehte, sah sie tatsächlich wie Sasukes Auto gerade durch das Tor fuhr.
 

Sie wandte sich zornig wieder zu Madara um.
 

"Er bedeutet mir mittlerweile so viel", sagte sie leise und deutlich, "dass du das nie wieder mit mir machen solltest. Wenn du mir noch einmal so eine Angst einjagst, ganz egal aus welchem Grund, dann werde ich dir auch das niemals verzeihen!"
 

Madaras Lächeln wurde breiter.
 

"Du bist eine starke und mutige junge Frau Sakura", sagte er nun mit deutlich hörbarer Anerkennung in der Stimme. "Und es tut mir leid, dass ich dir das eben zugemutet habe."
 

Doch Sakura hörte ihm gar nicht mehr richtig zu. Für den Moment war es ihr völlig egal, welchen Grund er dafür gehabt hatte. Noch während er sprach hatte sie sich schon wieder umgewandt, um Sasuke entgegenzulaufen.
 

Eben, als sie für einen ganz kurzen, unglaublich schrecklichen Moment geglaubt hatte, dass ihm vielleicht etwas wirklich Schlimmes zugestoßen hätte sein können, war ihr plötzlich vollends klar geworden, dass sie das nicht würde ertragen können. Ihr war in diesem Moment ganz deutlich bewusst geworden, wie viel er ihr mittlerweile bedeutete. Dass er ihr alles bedeutete! Sie hatte keine Ahnung, wann das eigentlich passiert war. Vielleicht war es auch schleichend gekommen. Doch sie wusste plötzlich ganz sicher, dass sie ohne ihn nicht leben wollte. Sie gehörte zu ihm. Und er gehörte zu ihr.
 

Sasuke war ausgestiegen und hatte sein Auto abgeschlossen. Er ging ihr zügig entgegen und wirkte irritiert, weil sie ihm entgegeneilte. Er schien vollkommen unversehrt zu sein und wirkte, als wäre alles wie immer.
 

"Sakura, was-", wollte er gerade zu einer Frage ansetzen.
 

Aber da war sie schon bei ihm und sie fiel ihm um den Hals und drückte sich an ihn.
 

"Was ist passiert?", fragte er überrascht und beunruhigt.
 

"Nichts", sagte Sakura glücklich. "Nichts ist passiert! Und das macht mich so froh!"
 

Sein Geruch war beruhigend und seine Nähe und seine Wärme waren beruhigend und alles fühlte sich vertraut und gut an. Seine Stimme, seine Haare, seine Schultern, seine-"
 

Sasuke griff sie mit beiden Händen an der Taille und schob sie von sich, um sie sich ansehen zu können.
 

"Sakura, was ist denn los?", fragte er und musterte sie besorgt. "Hat Itachi mit dir gesprochen? Ist es, weil-"
 

"Ja, hat er", sagte sie rasch und abwinkend. "Danke, dass du ihn darum gebeten hast."
 

"Warum-", setzte er verwirrt an, aber sie war gerade einfach so unglaublich glücklich, dass er existierte, dass er gesund war, dass er hier bei ihr war und dass sie ihm so wichtig war. Und wahrscheinlich konnte er all das gerade nur allzu deutlich in ihrem Blick sehen. Denn er wirkte trotz seiner Verwirrung auch ziemlich erfreut über diese Begrüßung und ihr hingabevolles Verhalten. Doch sie war gerade so mit ihrem Glücksgefühl beschäftigt, dass sie das alles nur so halb bewusst wahrnahm. Eigentlich wollte sie ihn einfach nur unbedingt küssen. Und das ging nicht, denn seine beiden Hände lagen fest an ihrer Taille und er hielt sie bewusst fest und auf Abstand, weil er sie prüfend mustern wollte, vermutlich um den Grund für ihr Verhalten herauszufinden.
 

Sie sträubte sich etwas gegen seinen Griff, er ließ sie nun doch los und sie legte sofort ihre Hände an seine Schultern, streckte sich und küsste ihn hingabevoll. Und obwohl sie ihm seine Irritation immer noch anmerkte, griff er mit einer Hand an ihren Hinterkopf und ließ sich darauf ein, offenbar immer noch hin- und hergerissen zwischen Verwunderung und Freude über dieses Verhalten von ihr. Sie war glücklich. Und es war ihr egal, dass Madara vielleicht immer noch ein paar Meter entfernt stand und ihnen zusehen konnte. Sie wollte einfach nur seine Nähe. Sie wollte alles von ihm. Und-
 

Sasuke griff sie fest an den Schultern und schob sie erneut von sich weg. Dieses Mal sehr entschieden. Er sah ihr mit festem Blick in die Augen.
 

"Sakura", sagte er und nun klang er beinahe ein wenig drohend, "wenn du so weiter machst, dann verliere ich gleich sämtliche Selbstbeherrschung! Sag mir jetzt was-"
 

"Ich liebe dich", sagte sie einfach, ohne ihn ausreden zu lassen.
 

"Was?"
 

Sie musste lachen, weil ihm das vollkommen die Fassung genommen hatte. Seine beherrschte Maske war verschwunden. Ganz deutlich sah sie Gefühle in seinem Gesicht und seinen Augen. Da war immer noch Verwirrung. Aber vor allem Unsicherheit, vielleicht weil er befürchtete sich verhört zu haben. Und da war ein Anflug von wildem Glück.
 

"Ich liebe dich", wiederholte sie flüsternd und weil er sie immer noch fest und auf Abstand hielt und sie zu ihm wollte, streckte sie ihre Hände nach ihm aus und strich zärtlich über den Stoff des Mantels auf seiner Brust, während sie voller Liebe sein Gesicht betrachtete. Sie liebte alles an seinem wunderschönen Gesicht. Seine Augen, seine Nase, seinen Mund, seine Kieferknochen, die schwarzen Haarsträhnen, die sie manchmal kitzelten, wenn er über ihr war, dann, wenn er mit ihr schlief. Er war so wundervoll. Wie hatte sie nur jemals Angst vor ihm haben können? Sicher, er war jemand, vor dem man Angst haben sollte. Aber sie nicht. Für sie hatte es niemals einen Grund gegeben.
 

"Du-", setzte er überfordert an und brach dann wieder ab.
 

"Es ist nichts passiert. Mir ist nur eben klar geworden, wie sehr ich dich liebe!", flüsterte sie lächelnd.
 

Und nun schien es richtig bei ihm angekommen zu sein, denn all die anderen Gefühle verschwanden aus seinem Gesicht. Und da war nur noch vollkommenes, allumfassendes Glück. Er strahlte regelrecht. Sie hatte nicht gewusst, dass er so aussehen konnte. Niemals, niemals in ihrem Leben, würde sie diesen Ausdruck von ihm wieder vergessen. Er war perfekt.
 

Jetzt wollte er sie offenbar nicht mehr auf Abstand halten, denn er zog sie in seine Arme, schloss sie fest um sie und drückte sie an sich. Sie spürte wie er sein Gesicht in ihren Haaren vergrub und sie spürte ihn tief einatmen, als wollte er alles von ihrem Duft aufnehmen, das er bekommen konnte.
 

Und als er sie schließlich wieder losließ und noch einmal nachfragte, erzählte sie ihm nun doch von dem, was Madara eben zu ihr gesagt hatte.
 

Sasuke verzog ein wenig verärgert das Gesicht und sah an ihr vorbei zur Haustür und auch sie drehte sich nun wieder zum Haus um.
 

Madara stand immer noch ruhig vor der Haustür. Mit den Händen in den Manteltaschen sah er geduldig und mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck zu ihnen hinüber. Itachi war nun auch zurückgekehrt. Sie sprachen drei Sätze miteinander, wobei sie zu ihnen hinüber sahen und dann nickte Itachi und ging nach drinnen.
 

"Na komm", sagte Sasuke und griff nach ihrer Hand. Die Verärgerung war wieder aus seinem Gesicht verschwunden. "Gehen wir zu ihm. Es sieht aus, als würdest du nun deine Antworten bekommen."
 

Sakura spürte leichte Nervosität in sich aufsteigen, während sie Sasukes Hand ergriff und mit ihm gemeinsam auf Madara zuging.
 

Sie blieben vor ihm stehen.
 

"Dafür, dass du ihr so einen Schrecken eingejagt hast, sollte sie nun etwas bekommen", sagte Sasuke zu ihm.
 

Madara musterte sie und Sakura blickte tapfer zurück.
 

Sie hatte keine Angst mehr. Nichtmal vor ihm. Aber seine Ausstrahlung war nach wie vor ein wenig einschüchternd. Eben war sie vor lauter Sorge um Sasuke sehr vorlaut zu Madara gewesen. Aber sie fand nach wie vor, dass er sich auch einfach unmöglich benommen hatte. Also hoffte sie, dass sie nun irgendwie quitt waren.
 

"Erinnerst du dich", richtete Madara sein Wort an sie, "dass ich gesagt habe, dass ich dich erst in alles einweihe, wenn ich glaube, dass du uns nicht verraten würdest? Ich nannte als Bedingungen, dass du dich entweder stark freundschaftlich mit uns verbunden fühlst, dass du Sasuke liebst oder dass du ein Kind hast, um das zu schützen du schweigen wirst."
 

"Ja", sagte Sakura langsam. Selbstverständlich erinnerte sie sich. Das Thema war schließlich ständig irgendwie präsent.
 

"Nun", fuhr Madara fort, "am liebsten hätte ich alle drei Kriterien erfüllt gehabt, aber ich denke ich gebe mich in deinem Fall mit zweien davon zufrieden. Du willst wohl unbedingt erst Antworten, bevor du bereit bist über ein Kind nachzudenken. Was ich eben mit dir gemacht habe war nicht nett, aber ich wollte einen Beweis haben. Dir zu vertrauen könnte die Sicherheit der ganzen Familie gefährden, also war das nötig. Aber ich würde sagen, dass du den Test bestanden hast."
 

"Also...", sagte Sakura langsam, denn sie konnte es kaum glauben, "erzählt ihr mir jetzt alles?"
 

"Ja", sagte Madara. "Itachi ist dafür. Sasuke versucht mich schon seit ein paar Tagen davon zu überzeugen. Und Fugaku und die anderen meinten zu mir, sie hätten nichts dagegen, falls du so reagieren solltest, wie du es gerade getan hast. Insofern spricht nichts dagegen. Du musst allerdings wissen, dass dir vielleicht nicht alles gefällt, was ich dir erzählen könnte. Willst du es trotzdem hören?"
 

"Ja!", sagte Sakura sofort.
 

Sie wollte keine Geheimnisse mehr. Sie wollte endlich wissen, was hier los war, was so wichtig für sie alle war.
 

Sie warf Sasuke einen Blick zu und er lächelte sie leicht an und drückte kurz ihre Hand, die er immer noch in seiner hielt.
 

Madara sah Sasuke an. "Ich nehme an du willst dabei sein?"
 

"Ja."
 

"Möchtest du dich erst etwas ausruhen? Du hast die ganze Woche gearbeitet und das halbe Wochenende auch. Wir können das nach dem Abendessen erledigen."
 

"Nein", sagte Sasuke. "Ich habe alles geklärt, es war kein Problem. Es lief so, wie wir erwartet haben. Ich muss mich nicht ausruhen. Bringen wir es jetzt hinter uns. Sakura hat fast ein ganzes Jahr geduldig gewartet. Es reicht jetzt."
 

"Gut", sagte Madara. "Gehen wir rein und vielleicht am besten rüber in die Bibliothek. Dort haben wir wahrscheinlich unsere Ruhe, die meisten werden gleich zum Abendessen gehen."
 

Sakura kam der Weg dorthin heute besonders lang vor. Und sie konnte es kaum erwarten den alten Bibliotheksaal zu betreten. Als sie ihre Mäntel ausgezogen und in ein paar Sesseln platz genommen hatten, fühlte sie sich richtig nervös.
 

Sie fühlte sich hier mittlerweile so wohl. Sie hatte so viele schöne Gefühle für Sasuke und sie hatte das erste Mal in ihrem Leben wirklich das Gefühl eine sie liebende Familie zu haben. Sie hatte das Gefühl endlich irgendwo angekommen zu sein. Alles war so gut. Und sie hatte einfach Angst davor etwas zu erfahren, das ihr diese positiven Gefühle kaputtmachen würde. Aber trotzdem wollte sie es unbedingt hören. Sie musste einfach die Wahrheit wissen. Erst dann konnte sie wirklich ein Teil dieser Familie werden.
 

"Du musst wissen Sakura", sagte Madara ruhig, "dass diese Familie schon sehr alt ist. Sehr sehr alt. Wir können unseren Staumbaum über beinahe eintausend Jahre zurückverfolgen. Und das lückenlos. Denn unsere Vorfahren waren genauso akribisch wie wir. Diese Familie lebt schon einigen hundert Jahren auf diesem Anwesen. Und in dieser Bibliothek gibt es unglaublich viele Aufzeichnungen und Schriftstücke, die uns unsere Vorfahren hinterlassen haben."
 

Sakura starrte ihn bloß fasziniert an. Sie hatte geahnt, dass diese Familie sehr alt war. Aber dass sie so alt war, dass über beinahe eintausend Jahre ein Stammbaum zurückverfolgt werden konnte, war geradezu schockierend. So etwas hatte sie noch nie gehört.
 

"Du kannst dir das gerne alles selbst ansehen, falls du mir nicht glaubst", sagte Madara mit einem leichten Lächeln. "Als Familienmitglied hast du ab jetzt zu allem in dieser Bibliothek freien Zugang. Ich würde dich nur bitten sehr sehr vorsichtig mit allem zu sein. Manches ist wirklich schon sehr alt und leicht zu beschädigen."
 

Sakura nickte bloß leicht. Wie es seine Art war, hatte sein Blick und seine Präsenz sie schon wieder in seinen Bann gezogen.
 

"Außer uns", fuhr Madara ruhig fort, "weiß das niemand mehr. Aber unsere Vorfahren waren einst gemeinsam mit einer lange vergessenen anderen Familie an der Gründung dieses Landes beteiligt. Das ist alles ordentlich belegt und gut nachvollziehbar."
 

Sakura sah ihn bloß weiter gebannt an.
 

"Und", sagte Madara, "seit es dieses Land gibt, hat die Familie Uchiha die Aufgabe gehabt, dieses Land zu beschützen. Das haben unsere Vorfahren seit jeher getan. Und wir tun es noch heute."
 

"Das Land beschützen?", fragte Sakura beinahe flüsternd, als er eine Pause machte.
 

"Ja", sagte Madara. "Wir alle haben Jobs in Positionen, die uns das erlauben. Zum Beispiel bekleiden wir die obersten Position beim In- und Auslandsgeheimdienst. Bei der Polizei. Der Armee. Wir haben wie du bereits weißt auch großen Einfluss auf die politische Führung dieses Landes. Wir können die Gerichte beeinflussen und besitzen die größten Unternehmen, das meiste Geld, die wichtigsten Patente, Unmengen an Land, wir besitzen Flughäfen, Häfen, Flugzeuge und Schiffe. Und wir haben Unmengen an uns treu ergebenem Personal. Menschen wie dein Vater wissen um unsere Macht und unseren Einfluss. Aber auch jemand wie er hat nur eine ansatzweise Vorstellung davon, wie weit unsere Macht und unser Einfluss in Wirklichkeit reichen. Und das muss auch so sein. Denn ohne diese Macht und diesen Einfluss könnten wir unsere Aufgabe nicht erfüllen."
 

Er machte wieder eine Pause und Sakura hatte das Gefühl trotz ihrer Faszination nun bloß noch mehr Fragen zu haben.
 

"Und- und warum muss das geheim sein?", fragte sie schließlich das, worauf sie am dringendsten eine Antwort wollte.
 

"Weil", sagte Madara, "die legalen Mittel und Wege nicht selten ihre Grenzen haben. Und dann greifen wir manchmal auf unschöne Methoden zurück und tun Dinge, die nicht legal sind. Dinge, die schrecklich und grausam sein können. Und davon darf niemand erfahren, denn das würde uns alle unnötig gefährden."
 

"Was bedeutet das?", fragte Sakura flüsternd.
 

Sie sah zu Sasuke, wie um von ihm eine Bestätigung dafür zu bekommen, dass das, was Madara ihr erzählte, auch wirklich der Wahrheit entsprach.
 

Sasuke musterte sie nachdenklich.
 

"Wir versuchen alles, was irgendwie möglich ist, ohne Gewalt zu lösen", sagte Madara. "Manchmal nutzen wir einfach unseren Einfluss und fälschen ein paar Dokumente."
 

"Du erinnerst dich vielleicht", sagte Sasuke zu ihr, "dass ich dir erklärt habe, dass meine Abteilung unter anderem auch für die grenzübergreifende Kriminalität zuständig ist. Und du erinnerst dich sicher an mein Telefonat mit deinem Vater, als wir im Auto auf dem Weg in die Berge waren. Und an seine Fragen auf dem Empfang letztens und die Fragen meiner Mitarbeiter in meinem Büro. Du wolltest wissen worum es dabei geht."
 

"Du sagtest, es würde um deine Arbeit gehen", antwortete Sakura leise und zögerlich.
 

"Ja", sagte Sasuke. "Und das stimmte auch. Wir haben seit Monaten versucht einen schweren Fall von organisierter Kriminalität in den Griff zu bekommen. Es geht bei sowas nicht selten um wirklich schlimme Dinge. Und hinter so etwas stecken echte Menschen und schwere Schicksale. In diesem Fall ging es um Menschenhandel. Hauptsächlich um junge Frauen wie dich, die massenweise ins Land gebracht wurden, um sie hier an Menschen zu verkaufen, denen sicher nicht an ihrem Wohl gelegen ist. Wir haben versucht das auf legalem Wege zu stoppen. Meistens gelingt uns das. Meistens müssen wir nicht zu drastischeren Mitteln greifen. Und wenn doch, dann reicht es oft ein paar Beweise geschickt zu fälschen. Aber in diesem Fall war das nicht so. Die Verantwortlichen haben Verbindungen zu der Regierung unseres Nachbarlandes gehabt. Und sie haben es immer geschafft sich durch die schwierigen Bedingungen im Grenzgebiet und wegen der unterschiedlichen Justizsysteme zweier Länder irgendwie aus der Affäre zu ziehen. Und schließlich haben wir beschlossen, dass wir es beenden mussten. Also haben wir ein paar Leute ausgeschaltet, beziehungsweise ausschalten lassen und die Sache so zerschlagen."
 

Sakura konnte ihn nur schockiert ansehen. Sie war völlig sprachlos.
 

"Es geht um das große Ganze", sagte Sasuke, wie er es schon öfter getan hatte. "Wir haben die Leben von ein paar Verbrechern gegen all die Leben der jungen Frauen aufgewogen, die zum Teil Schlimmeres als den Tod erdulden mussten. Wir konnten sie finden, betreuen lassen und werden ihnen hier auf die Beine helfen und ihnen ermöglichen sich ein normales Leben aufzubauen, wenn sie psychisch wieder so weit sind, das schaffen zu können. Manche sind es vielleicht nie. Für die werden wir irgendeine Form der Langzeitbetreuung finden und zahlen."
 

"Ich-", setzte Sakura an, weil sie beide schwiegen und sie ansahen.
 

Doch irgendwie wusste sie gar nicht so richtig, was sie sagen sollte. Das war volllommen wunderbar und unglaublich schrecklich zugleich.
 

"Und- und Juugo?", fragte die schließlich ein wenig schwach. Eigentlich hauptsächlich, weil sie das Gefühl hatte einfach irgendetwas fragen zu wollen.
 

"Juugo ist in einem Labor aufgewachsen, wo sie illegale Experimente an Menschen gemacht haben", sagte Sasuke ruhig. "Wir haben das vor einigen Jahren beendet und ihn da herausgeholt. Er ist mir sehr dankbar deswegen. Und er hat darum gebeten sich uns anschließen zu dürfen. Das passiert oft. Leute wie Juugo, die solche Dinge erlebt haben, könnten sich oft nicht einfach in einen Alltag einfinden, wie ihn die meisten Menschen erleben. Manche können und wollen es und manche nicht. Juugo wollte das nicht. Er möchte sein Leben nutzen, um dazu beizutragen, dass solche Menschen, wie die, die das mit ihm gemacht haben, aufgehalten werden. Immer wenn jemand darum bittet, dann lassen wir ihn für uns arbeiten, wenn er psychisch stabil und dafür geeignet ist. Daher haben wir gewissermaßen eine eigene Privatarmee. Aber auch davon darf natürlich niemand wissen."
 

"All das am Laufen zu halten kostet Geld", sagte Madara. "Aber wir tun all das für dieses Land und die Menschen in diesem Land. Deshalb fühlen wir uns auch nicht schlecht, wenn wir ab und an unsere Kontakte nutzen, um geschäftliche Vorteile zu haben und unseren Reichtum zu vermehren. Denn wir nutzen das meiste davon, um Menschen zu helfen, denen sonst niemand helfen könnte. Einfach weil es auf legalem Wege nicht immer möglich ist. Man muss sich den Realitäten stellen. Vor Gericht gewinnt ziemlich häufig nicht unbedingt derjenige, der recht hat, sondern meistens derjenige, der sich die besseren Anwälte leisten kann. Und gerade die grausamen und schlechten Menschen dieser Welt schrecken auch nicht davor zurück Leute zu bedrohen und einzuschüchtern, sie zu bestechen oder auszutricksen, um zu bekommen, was sie wollen. Also tun wir das auch. Nur eben nicht für uns selbst. Und wir sind sehr effektiv. Wir haben in den letzten Jahrzehnten zwei Kriege verhindert. Wir haben unzählige Organisationen zerschlagen, die die abartigsten Dinge mit Menschen anstellen. Und ja Sakura, manchmal, wenn es sich absolut nicht vermieden lässt, dann lassen wir dafür auch mal töten. Oder wir tun es selbst. Manchmal fügen wir einem Menschen Schmerzen zu, um unzählige andere zu retten. Wir tun manchmal das, was per Gesetz verboten ist, aber trotzdem in einem moralischen Sinne das Richtige ist."
 

"Und weil wir", ergänzte Sasuke, "uns so dermaßen erdreisten uns selbst über Recht und Gesetz zu erheben, müssen wir so streng mit uns selbst sein. Denn sonst wären wir einfach nur Tyrannen. Und niemand von uns will das sein. Und das dürfen wir auch niemals werden. Deshalb ist es so wichtig, dass all die Macht, die wir uns aufgebaut haben, nicht in die Hände von jemandem gerät, der dafür ungeeignet wäre. Denn der Schaden, den derjenige anrichten könnte, wäre unglaublich groß. Eine schlechte Entscheidung könnte mit Leichtigkeit einen Krieg auslösen. Und genau das zu verhindern ist seit jeher unsere Aufgabe. Wir genießen unsere Macht und unseren Einfluss. Warum auch nicht? Das sehen wir gewissermaßen als Belohnung für unsere Arbeit und für den Verzicht und die Risiken. Madara und Izuna haben auf eigene Kinder verzichtet. Itachi hat sich entschieden das gleiche zu tun. Mein Großvater und Madaras und Izunas Vater haben sogar ihr Leben gegeben. Meine Mutter musste die Entführung über sich ergehen lassen. Alle hier, besonders die Frauen, verzichten auf viel Autonomie und Freiheit. Wir alle verzichten auf Privatsphäre, denn wir sind nur als Einheit so mächtig. Ich habe beinahe ein Jahr dein Unglück aushalten müssen und du genauso. Wir alle verzichten. Und wir alle riskieren viel. Wir machen uns damit Feinde. Mächtige Feinde. Auch im Ausland. Wir müssen uns sehr gut schützen. Allein diese Abschreckung hilft schon Attentate zu verhindern. Dieses Anwesen ist wohl einer der am besten geschützten Orte der ganzen Welt. Wir haben hier sogar Luftabwehrsysteme, Bunker und all diese Dinge. Damit sind wir ziemlich sicher. Freunde und Feinde fürchten uns. Das schützt uns. Und auch dieses Mysterium, das wir um uns herum aufbauen, schützt uns. Und ich finde, dass es das wert ist. Ich finde - und alle hier sehen das genauso - dass wir das Richtige tun."
 

"Es funktioniert", sagte Madara ruhig, als Sakura wieder zu ihm sah. "Dieses Land hat im weltweiten Vergleich mit erheblichem Abstand die geringste Kriminalitätsrate. Nirgendwo auf der Welt leben die Menschen so gut und sicher wie hier. Das kannst du gerne im Internet recherchieren. Zahlen dazu werden ja von Regierungen veröffentlicht. Und du kannst auch gerne unsere Aufzeichnungen einsehen, wenn du willst. Du kannst ab jetzt alles fragen und nichts wird mehr vor dir verheimlicht werden."
 

"Aber", sagte Sasuke mit einem leichten Lächeln, "ich rate dir trotzdem nicht zu viel zu fragen. Es frisst einen auf. Diese ganze Negativität, dieser ganze Kontakt zu den schlechten Seiten der menschlichen Existenz, das ist psychisch belastend. Es ist manchmal nicht leicht all das zu ertragen. Sich von Menschen wie Juugo anhören zu müssen, was man ihnen angetan hat und so weiter. Daher machen es die meisten hier wie meine Mutter und fragen nicht. Es ist angenehmer manches nicht zu genau zu wissen. Und uns Männern tut das auch gut. Es ist schön hierher nach Hause zu kommen und einfach im Moment zu sein. Die Umarmung der geliebten Frau oder einer Mutter zu genießen, sich mit Alltäglichem zu beschäftigen, Kinder aufwachsen sehen zu können. Das heilt uns wieder. Denn jedes bisschen Grausamkeit, das wir anderen zufügen, zerreißt auch uns selbst immer ein bisschen. Man träumt manchmal davon. Und alleine dich zu umarmen und neben dir zu schlafen, lässt all das für mich verschwinden Sakura. Dass du bei mir bist, dass du eben gesagt hast, dass du mich liebst, das bedeutet mir unendlich viel mehr, als du dir vorstellen kannst. Und ich tue alles, wir alle tun alles dafür, dass jemand wie du nicht dafür bestraft wird, dass wir tun, was wir tun. Denn du hast das nicht entschieden. Aber ich hoffe inständig, dass du verstehst, dass ich auch nicht damit aufhören kann. Ich habe zu viel Schreckliches gesehen, um einfach die Augen zu verschließen. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich wirklich helfen kann. Dass ich Leute aus der Hölle befreien und ihnen ein Leben geben kann. Ich kann nicht wegsehen. Ich muss das tun. Wir alle müssen das. Und ich hoffe, du kannst es akzeptieren. Ich hoffe, du kannst mich dennoch lieben. Auch wenn du nun weißt, dass ich manchmal gezwungen bin schrecklich und grausam zu sein."
 

"Auch das war ein Grund", sagte Madara, "warum wir es dir jetzt erst sagen. Zum einen mussten wir sicher gehen, dass du nichts verraten würdest. Dass du zu niemandem auch nur ein Wort über all das sagen würdest. Und zum anderen ist es leichter zu akzeptieren, dass dein Mann anderen manchmal Schreckliches antut, wenn du schon Gefühle für ihn entwickelt hast. Liebe macht alles besser. Liebe macht vieles einfacher. Egal ob Liebe zur Familie, Liebe zu deinem Mann, liebe zu Freunden oder die Liebe einer Mutter zu ihren Kindern."
 

"Wir alle lieben dich Sakura", sagte Sasuke leise und ernst. "Und ich hoffe mit allem was ich habe, dass du mich -dass du uns - trotz dieses Wissens um unsere Taten, auch lieben kannst."

Harmonie

"Guten Abend!", sagte Sakura freundlich.
 

"Mrs Uchiha!", begrüßte der diensthabende Polizist am Empfang sie erfreut. Wie immer musterte er sie bewundernd. Er hatte sie nun schon so viele Male herkommen sehen. Aber das hatte sich nicht geändert.
 

"Ihr Mann ist im Haus", informierte er sie eifrig, bevor sie hatte fragen können.
 

"Vielen Dank, dann werde ich mal nachsehen, ob ich ihn in seinem Büro finde!", sagte sie lächelnd und unterdrückte ein belustigtes und geschmeicheltes Lachen, als er sogar eine halbe Verbeugung machte.
 

Juugo folgte ihr in den Aufzug nach oben und warf ihr einen freundlichen Blick zu.
 

"Ich glaube er ist ein bisschen verliebt in Sie Mrs Uchiha", sagte er belustigt, als die Türen sich geschlossen hatten und niemand sie mehr hören konnte, denn außer ihnen war niemand eingestiegen.
 

"Aber wer ist das nicht", fügte er noch ein wenig belustigter hinzu. "Alle sind ein bisschen verliebt in Sie. Das das lässt sich kaum vermeiden!"
 

Sakura lachte unbefangen.
 

Juugo sagte manchmal gerne solche Dinge. Und wahrscheinlich meinte er es auch wirklich ein bisschen so. Aber es war nie unangenehm, wenn er das tat. Er war ein ehrlicher, freundlicher Mensch. Und manchmal konnte er ziemlich charmant sein, wenn ihm danach war. Allerdings musste sie sich deswegen keinerlei Sorgen machen. Er vergöttete Sasuke. Und bei dem, was er erlebt hatte und was seine Befreiung für ihn bedeutete, war das wohl auch kein Wunder. Und weil sie der Mensch war, der Sasuke am meisten bedeutete, vergöttete Juugo wohl auch sie ein wenig.
 

Sie waren mehr oder weniger so etwas wie Freunde geworden. Sie waren immer noch beim 'Sie' und sie hielten immer eine Gewisse Distanz ein und das war wohl auch besser so, wenn man bedachte, wie viel Zeit sie miteinander verbrachten, aber sie scherzten manchmal ein wenig miteinander, sie sprachen auch manchmal über Dinge, die sie gemeinsam erlebt hatten und Sakura fühlte sich in Juugos Nähe wohl und entspannt. Und ihm schien es ebenso zu gehen, denn manchmal ließ er sich sogar von ihr dazu überreden etwas zu essen oder zu trinken anzunehmen und sich mit an einen Tisch zu setzen, anstatt wie eine Statue daneben zu stehen.
 

"Er wird sich freuen", sagte Juugo.
 

"Das hoffe ich!", antwortete Sakura lächelnd und dann verstummten sie wieder, weil sie Türen in der obersten Etage aufglitten.
 

Sakura schritt durch den Gang zu Sasukes Büro und mittlerweile fand sie es nicht mehr schlimm, dass sie aufgrund ihres Aussehens ständig der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit war. So richtig lieben würde sie das wohl nie. Aber sie wusste inzwischen wer sie war und sie war stolz auf sich. Es beschämte sie nicht mehr, wenn man sie ansah.
 

"Herein", ertönte Sasukes Stimme, als sie an seine Tür klopfte und sie öffnete die Tür und trat selbstsicher ein. Dass sie in solchen Situationen übermäßig zögerlich war, war schon lange nicht mehr so.
 

Wie immer, wenn sie ihn erblickte, durchströmten sie Glücksgefühle. Und ihm schien es genauso zu gehen. Und weil er gerade nicht den Chef spielen musste, denn außer Naruto war niemand im Raum, machte er sich auch nicht die Mühe seine Freude darüber sie zu sehen groß zu verbergen. Er stand sofort von seinem Schreibtischstuhl auf und kam zu ihr.
 

"Und?", fragte er drängend.
 

"Alles ist in bester Ordnung", sagte sie lächelnd, während Juugo auch in den Raum trat und die Tür hinter sich schloss.
 

"Hallo Sakura!", sagte Naruto gut gelaunt.
 

Er hatte sich ebenfalls von dem Sessel vor Sasukes Schreibtisch erhoben, auf dem er es sich eben noch bequem gemacht hatte.
 

Es war schon Arbeitsschluss und irgendwie hatten Sasuke und Naruto es sich zur Gewohnheit gemacht nach Feierabend noch ein bisschen zusammenzusitzen und sich zu unterhalten. Sie hatten sich in den vergangenen Wochen richtig miteinander angefreundet. Und so hatte es sich ergeben, dass sie vorhatten zu viert mit Hinata am übernächsten Wochenende wieder einmal in Sasukes Hotel in die Berge zu fahren. Sakura freute sich schon sehr darauf.
 

"Na, das sind doch schöne Neuigkeiten!", sagte Naruto erfreut zu Sakura. "Auch für mich. Sasuke war richtig nervös heute, das war kaum zu ertragen! Aber dann kann er sich ja jetzt vorerst wieder entspannen!"
 

"Halt den Mund!", zischte Sasuke verärgert, aber Naruto grinste bloß unbeeindruckt.
 

Er zog ihn gerne ein wenig auf. Und merkwürdigerweise ließ Sasuke das zu. Doch natürlich wussten sie alle, dass Sasuke sich vermutlich perfekt im Griff gehabt hatte. Wenn man ihn nicht sehr gut kannte, dann merkte man ihm keine Emotionen an. Allerdings schien Naruto ähnlich wie sie selbst gut darin zu sein Sasukes kaum merkliche Regungen lesen zu können.
 

"Hallo Juugo", sagte Naruto beiläufig und Juugo nickte ihm kurz freundlich zu.
 

Naruto und Hinata hatten sich irgendwie daran gewöhnt, dass Sakura immer in Begleitung war und seit Naruto gesehen hatte, dass Sakura sich in Sasukes Nähe nun pudelwohl fühlte, hatte er mit dieser Überwachung auch kein Problem mehr gehabt und es einfach akzeptiert.
 

Überhaupt akzeptierten Hinata und Naruto wunderbarerweise eine Menge. Sasuke hatte sich Sorgen gemacht, ob es bei all den Geheimnissen um seine Familie überhaupt möglich sein würde Freundschaften außerhalb seiner Familie zu haben, aber in Narutos und Hinatas Fall hatte er schnell festgestellt, dass das kein Problem war. Denn die beiden nahmen es einfach hin, dass es manchmal Dinge gab, die sie nicht ganz verstanden und die niemand erklärte, aber sie waren scheinbar zufrieden damit, dass sie sich mit ihrer Menschenkenntnis sicher zu sein glaubten, dass Sakura und Sasuke keine schlechten Menschen waren und das schien für sie das wichtigste zu sein. Über den Rest waren sie offenbar bereit hinwegsehen.
 

Sakura hatte Sasuke kürzlich zu seinem Vater sagen hören, dass er glaubte, dass Naruto manchmal ahnte, was sie taten. Aber Naruto schien damit kein Problem zu haben. Eher im Gegenteil. Also hatte Sasuke Fugaku gesagt, dass er ihn vielleicht irgendwann einmal hier und da ein kleines bisschen einweihen würde. Denn es schadete nie Verbündete zu haben, auf deren Unterstützung man sich verlassen konnte. Und daher taten sie das offenbar manchmal, zumindest ein bisschen.
 

Sakura hatte sofort besorgt nachgefragt, denn sie wollte nach wie vor auf gar keinen Fall, dass Naruto am Ende in irgendetwas mit hineingezogen werden würde, das ihm gefährlich werden könnte, aber Sasuke hatte ihr hoch und heilig versprochen, dass es eher um so etwas gehe, wie dass er Naruto mal bitten würde etwas zu bestätigen oder eine Aussage zu unterschreiben, an der sie ein wenig gedreht hatten. Er glaubte, dass Naruto Ungerechtigkeit und Grausamkeiten genauso wenig ertragen konnte und dass er dazu bereit sein würde, wenn das jemanden hinter Gitter bringen würde, der da ganz eindeutig hingehörte und den man nur wegen einer bürokratischen Formalie oder wegen eines geschickten Tricks des Anwalts andernfalls würde laufen lassen müssen. Sasuke hatte ihr versprochen, dass er dafür sorgen würde, dass Naruto dadurch keine Probleme bekommen würde und dann hatte sie es gut sein lassen. Denn Sasuke hatte recht. Naruto konnte ganz wunderbar auf sich selbst aufpassen.
 

"Gut ihr beiden!", sagte Naruto, nachdem er mit Juugo zwei Sätze ausgetauscht hatte. "Ich sehe nochmal nach, ob Kakashi noch da ist, ich wollte eigentlich noch etwas mit ihm besprechen. Wir sehen uns!"
 

Damit verließ er das Büro und auch Juugo ging, um Sakuras Auto zurück zum Anwesen zu fahren, denn wie immer, wenn sie ihn abholen kam, wollte Sasuke, dass sie zusammen mit seinem Auto zurückfahren würden.
 

Und Sakura hatte nichts dagegen. Sollte er das haben, wenn er wollte. Sie fand es etwas albern, aber manchmal schienen Männer einfach so zu sein. Manchmal wollte Sasuke ein bisschen mit ihr angeben und seine hübsche Frau in sein teures Auto setzen und sich stolz fühlen. Ihr war es egal. Sie fühlte sich nicht mehr eingesperrt oder bevormundet. Und wenn sie Lust hatte, dann spielte sie sogar manchmal mit Absicht ein bisschen mit. Dann verhielt sie sich manchmal ihm gegenüber mit Absicht besonders hingebungsvoll, wenn sie hier an seinem Arbeitsplatz oder bei irgendwelchen Empfängen oder Feiern waren. Denn das gefiel ihm. Und er hatte den Dreh mittlerweile raus auch ihre Stimmungen sehr gut lesen zu können. Wenn er sich sicher war, dass sie dazu aufgelegt war ein bisschen zu spielen, dann befahl er ihr manchmal immer noch 'Komm her' oder ähnliches. Und wenn ihr danach war, dann befolgte sie es. Jedoch war das nicht ganz selbstlos von ihr. Denn das schien ihm so gut zu gefallen, dass sie dann immer direkt Sex hatten, sobald wie wieder alleine waren. Und dann war er immer ganz besonders leidenschaftlich. Und da sie sich dann sogar noch mehr von ihm gewollt fühlte, als auch so schon, war es dann immer ganz besonders fantastisch.
 

Draußen auf dem Flur wartete sie einen Moment, weil Sasuke, wie beinahe immer, wenn sie versuchten zu gehen, von jemandem angesprochen worden war und er denjenigen nochmal kurz in sein Büro gebeten hatte.

Aber das machte ihr nichts. Es würde ohnehin nicht lange dauern. Sasuke ließ sie nie lange warten. Wenn er wusste, dass sie wartete, dann fasste er sich noch kürzer, als er es ohnehin schon immer tat. Und alle schienen sich auch bereits daran gewöhnt zu haben. Sasuke arbeitete viel, blieb freiwillig länger und arbeitete auch mal am Wochenende. Aber wenn sie hier auftauchte, dann schien sein Interesse daran immer sofort zu schwinden.

Sie war ein bisschen hin- und hergerissen zwischen Freude über seine Aufmerksamkeit einerseits und schlechtem Gewissen, weil sie immer das Gefühl hatte ihn dann vielleicht abzulenken. Aber sie vertraute darauf, dass er schon würde einschätzen können, was er tat. Er hatte ihr nie einen Grund gegeben etwas anderes anzunehmen. Er und seine Familie schienen tatsächlich immer alles im Griff zu haben.
 

Sakura schreckte aus ihren Gedanken auf, als sich ein paar Meter weiter die Tür zu Fugaku Uchihas Büro öffnete. Allerdings war es nicht Sasukes Vater, der heraustrat, sondern ihr eigener, der wohl wieder in seiner Funktion als Innenminister hier war.
 

Er blieb wie angewurzelt stehen, als er sie erblickte.
 

In den vergangenen Monaten hatte Sakura keinen Kontakt zu ihrer Familie gehabt. Sie hatten sich daran gehalten und sie in Ruhe gelassen. Doch natürlich bedeutete das leider auch, dass sie nach wie vor nicht einsehen wollten, dass sie sie schlecht behandelt hatten und dass sie sich nach wie vor nicht dafür entschuldigen wollten. Einige Male hatten sie sich kurz gesehen, wenn Sakura Sasuke auf irgendwelche gesellschaftlichen Events begleitet hatte. Aber dann war immer entweder Sasuke oder jemand aus seiner Familie an ihrer Seite gewesen. Einmal hatte Madara ihre Mutter dabei erwischt, wie sie eine Gelegenheit hatte nutzen wollen, um auf Sakura einzureden und er hatte sie so kalt angesehen, dass sie es nicht wieder versucht hatte.

Doch dieser Moment jetzt war das erste Mal, dass sie ihrem Vater ganz alleine begegnete. Doch natürlich war sie vollkommen sicher. Sie fühlte sich auch nicht unsicher. Sasuke war direkt hinter ihr in seinem Büro und außerdem war sie ihrem Vater nicht mehr ausgeliefert. Früher hatte sie aufgrund der Umstände keine Chance gehabt. Er war viel stärker gewesen und in der Machtposition und er hatte die ganze Familie auf seiner Seite gehabt. Aber nun war das anders.
 

"Hallo Sakura", sagte ihr Vater und er trat einen beinahe vorsichtigen Schritt auf sie zu.
 

Sie nickte ihm höflich zu, um seine Begrüßung zu beantworten.
 

Immerhin hatte er sich nicht einfach mit einem verächtlichen Blick abgewandt und war gegangen. Das hatte er auch schon fertig gebracht.
 

"Wie geht es dir?", fragte er.
 

Das erstaunte sie noch ein wenig mehr. Denn das hatte ihn zuvor nie besonders interessiert.
 

"Es geht mir sehr gut!", sagte sie lächelnd.
 

In diesem Moment trat Fugaku ebenfalls auf den Gang und gleichzeitig kam auch Sasuke mit seinem Mitarbeiter wieder aus seinem Büro. Beide musterten ihren Vater kühl und Sasuke legte sofort seinen Arm um sie.
 

Das schien für ihren Vater zu viel zu sein und er verabschiedete sich höflich und ging.
 

Doch die Frage nach ihrem Befinden und der Blick, den er ihr beim Gehen zugeworfen hatte, so wie die Tatsache, dass er sie beim Verabschieden nicht wie üblich einfach beiläufig übergangen hatte, als wäre sie nicht weiter wichtig, diese Tatsachen ließen sie beinahe hoffen, dass er in der vergangenen Zeit vielleicht doch ein bisschen nachgedacht hatte.

Es würde sich zeigen.

Ihr ging es mit ihrer neuen Familie bestens. Sie fühlte sich wohl und zugehörig. Es war sogar lustig. Wenn man keine Angst hatte und sie richtig verstand, dann konnten die Uchihas auf ihre Weise sogar ziemlich lebhaft und humorvoll sein.
 

"Lass mich ihn doch bitte einfach dazu zwingen-", fing Sasuke wie beinahe jedes Mal an, wenn sie ihren Vater trafen, aber Sakura gab ihm bloß rasch einen liebevollen Kuss und er verstummte.

Sie wollte das auf ihre Weise regeln.

Sie sah, wie Fugaku sie beide zufrieden betrachtete, ganz so, als würde es ihm Freude bereiten seinen Sohn und seine Schwiegertochter glücklich miteinander zu sehen.
 

"Wir sehen uns dann gleich zuhause", sagte er freundlich und ging.
 

Und weil sonst niemand mehr in diesem Gang zu sehen war, schlang Sakura kurz ihre Arme um Sasukes Hals und küsste ihn richtig und voller Liebe.
 

"Ich freue mich so", sagte er leise, als sie sich voneinander lösten und er strich mit seinen Händen über ihre Seiten. Vorsichtig. Seit sie es ihm gesagt hatte, war er sehr vorsichtig mit ihr. Fast ein bisschen zu sehr.
 

"Wie war deine Besprechung im Institut heute?", fragte Sasuke, während sie auf dem Weg nach unten zu seinem Auto waren.
 

"Gut!", sagte Sakura zufrieden. "Wir konnten uns auf das weitere Vorgehen einigen. Sie haben meinen Vorschlag tatsächlich angenommen."
 

Sasuke warf ihr einen liebevollen Blick zu. Er schien sogar ein wenig stolz. "Ich hoffe sie wissen dich zu schätzen! Aber ich nehme es an, immerhin haben sie dein Gehalt deutlich erhöht. Vielleicht haben sie Sorge dich zu verlieren!"
 

Sakura lachte gut gelaunt.
 

Sie mochte ihre Arbeit. Nach wie vor war es keine ganze Stelle und sie erledigte das meiste im Homeoffice. Aber es fühlte sich, wie sie es sich erhofft hatte, gut an ihre Intelligenz sinnvoll einzusetzen. Und auch wenn sie sie immer nur zu Besprechungen sah, gefiel es ihr Kollegen zu haben.

Mit Shizune konnte sie wunderbar zusammenarbeiten. Und ihre Chefin war zwar manchmal etwas exzentrisch, aber Tsunade war einfach genial auf ihrem Gebiet und Sakura hatte viel Respekt für sie übrig und schätzte sich glücklich ein Teil ihres Teams sein zu dürfen.

Die Gehaltserhöhung war natürlich schön, hauptsächlich weil sie sich wertgeschätzt fühlte. Doch Sasuke hatte so viel Geld, dass sie regelmäßig den größten Teil ihres Gehalts spendete. Hauptsächlich an Frauenhäuser.

Sie selbst hatte Glück gehabt. Ihr Leben war nicht ganz einfach gewesen, aber es war auch keine völlige Katastrophe gewesen. Und nun war es absolut perfekt. Doch die meisten Frauen, die mit Gewalt oder Unterdrückung zu tun hatten, konnten nicht auf so einen Ausgang hoffen. Und sie hoffte mit ihren Spenden vielleicht zumindest ein ganz klein wenig helfen zu können.
 

Sie fragte Sasuke auch nach seinem Tag, aber wie immer sagte er nicht viel darüber. Er schien zu finden, dass sie sein Ruhepol und sein Glück war und er wollte nichts Negatives an sie herantragen. Bisher schien es ihm damit gut zu gehen. Und solange das so war, würde sie das akzeptieren. Sie würde erst insitieren, wenn das einmal nicht mehr so sein würde. Und das würde sie mitbekommen. Denn er konnte ihr nichts mehr vormachen. Sie kannte ihn einfach zu gut. Das hatte er auch eingesehen. Er versuchte es gar nicht mehr. Und manchmal, wenn er erschöpft war, dann ließ er sie jetzt sogar auch mal ihn umarmen und nicht immer nur umgekehrt.
 

Auf dem Anwesen kamen ihnen in der Eingangshalle direkt Izumi und Mira entgegen, die unbedingt wissen wollten, wie Sakuras Termin gelaufen war.
 

Sie hatten eine richtig enge Freundschaft gebildet. Vor allem seit sie wirklich mit Izumi wegen des Führerscheins geübt hatten und ganz besonders seit Izumi mit Itachi zusammen war. Die beiden hatten sogar vor in diesem Frühling noch zu heiraten. Sakura freute sich unglaublich darüber und alle anderen offenbar auch.

Mira war nun hochschwanger und sie bewegte sich bereits sehr vorsichtig.

Und so stolz Sakura auf ihre eigenen Umstände auch war, so richtig freute sie sich nicht auf diese Phase. Vor allem, da es bei ihr wohl noch ein bisschen anstrengender werden würde. Sie hoffte ihr Bauch würde danach wieder richtig straff werden. Aber Izumi schien sich darüber keine Gedanken zu machen.
 

"Ach, du hast doch das perfekte Bindegewebe Sakura!", hatte sie beiläufig gesagt. "Deine Haut ist ein Traum! Und überhaupt werde ich dich danach zum Sport antreiben! Seit Itachi mir ein paar Sachen gezeigt hat, bin ich der Überzeugung, dass auch wir Frauen zumindest ein bisschen Selbstverteidigung lernen sollten!"
 

Und wie es ihre Art war, hatte sie das - genau wie bei dem Führerschein auch - vor Madara durchgesetzt bekommen. Die Männer hatten sich zunächst ein bisschen gegen diesen Gedanken gesträubt. Aber Izumi hatte ihnen ziemlich temperamentvoll klar gemacht, dass ihre Ansichten bisweilen ein bisschen veraltet waren und schließlich hatte Madara eingelenkt. Also konnte wer von den Frauen wollte, sich nun ebenfalls ein wenig im Kampfssport üben. Und Sakura hatte den Eindruck, dass die Männer das eigentlich doch gar nicht so schlecht fanden, sobald sie sich erstmal an die neue Situation gewöhnt hatten. Trotzdem bestanden sie auf ihren Zeiten, wo sie nur unter sich trainierten.
 

"Also können wir es nun allen sagen?", fragte Sasuke sie leise, als sie den Speisesaal betraten, wo scheinbar gerade fast die ganze Familie zusammen war.
 

Sakura kam nicht gleich dazu ihm zu antworten, weil noch mehr Begrüßungen folgten.
 

"Du hast gesagt, wenn die zwölfte Woche rum ist, dann können wir es allen sagen", raunte Sasuke selbstzufrieden in ihr Ohr, nachdem er kurz seinen Bruder begrüßt hatte und Itachi nun mit Izumi beschäftigt war.
 

Die beiden ärgerten sich immer noch ab und an. Aber auf eine Art, die alle eher in bisschen neidisch werden ließ, weil die Energie zwischen ihnen beinahe die Luft zum Knistern zu bringen schien. Itachi und Izumi waren toll zusammen.
 

"Sagen wir es ihnen jetzt gleich!", verlangte Sasuke leise.
 

Sakura hatte es wie Mira auch eine ganze Weile für sich behalten. Sie hatte es auch eigentlich Sasuke erst sagen wollen, wenn das anfängliche Risiko einer Fehlgeburt überstanden wäre. Aber Sasuke hatte es bemerkt. Und Sakura hatte sich gefragt, wie Mira das so lange vor Shisui hatte geheimhalten können, denn sie fand, dass man es ihrem Bauch relativ früh schon angesehen hatte. Mit den richtigen Klamotten fiel es noch nicht auf. Aber wenn sie nackt war, dann sah man es bereits deutlich. Allerdings hatte sie bereits nach einigen Wochen von ihrer Frauenärztin eine Erklärung dafür bekommen. Doch davon wusste außer Mira und Izumi noch niemand etwas. Sie hatte erst bis zu dem heutigen Termin bei der Frauenärztin warten wollen.
 

Sakura ging nach ihren positiven Erfahrungen nach wie vor gerne dort hin. Und dort schien man auch froh zu sein, dass sich für sie alles zum Besseren gewandt hatte. Trotzdem musterte die Sprechstundenhilfe, die ihr damals die Nummer des Frauenhauses gegeben hatte, Juugo immer sehr kritisch, wenn er sie dorthin begleitete.
 

"In Ordnung", sagte Sakura lächelnd. "Sagen wir es ihnen."
 

"Was wollt ihr uns sagen?", fragte Obito sofort aufmerksam, weil er in der Nähe gestanden und sie offenbar gehört hatte.
 

"Dass Sakura ein Kind bekommt", sagte Sasuke sachlich und ein bisschen lauter als nötig gewesen wäre.
 

Sakura unterdrückte ein Lachen. Er war so unglaublich stolz darauf. Aber natürlich wollte er dennoch gefasst wirken.
 

"Ich werde Vater", fügte Sasuke hinzu, als alle verstummten und ihn anstarrten.
 

Dann sahen alle zu Sakura, als ob sie eine Bestätigung haben wollen würden. Sakura hörte Izumi und Mira hinter sich leise Lachen.
 

"Nein", sagte sie gut gelaunt in die Stille, die sich im ganzen Saal ausgebreitet hatte.
 

Sie sah Sasuke an. "Nicht eins. Es werden zwei. Es sind Zwillinge. Vermutlich ein Junge und ein Mädchen, meinte meine Ärztin vorhin. Es kommen nicht immer beide durch, wenn man mit Zwillingen schwanger ist. Deswegen wollte ich noch diesen heutigen Termin abwarten, bevor ich dir das sage."
 

Sasuke starrte sie einen Moment bloß fassungslos an.
 

Und dann hatte sie die Gelegenheit ihn noch einmal so unglaublich glücklich zu sehen, wie damals vor ein paar Monaten, als sie ihm das erste Mal gesagt hatte, dass sie ihn liebte.
 

Und sie bekam die Gelegenheit auch Fugaku, Madara und sogar Izuna richtig glücklich zu sehen. Immer noch gefasst auf eine gewisse Weise, aber sie kannte sie mittlerweile alle so gut, dass sie ganz deutlich sah, wie sehr sie um diese Fassung ringen mussten.
 

Und während sie Sasuke beglückwünschten und ihm auf die Schultern klopften, als hätte er etwas enorm Schwieriges geleistet, tauschte Sakura einen belustigten Blick mit Mikoto, die ihr gerade überglücklich gratuliert hatte.
 

"Schau, wie wichtig sie sich nehmen!", sagte Mikoto belustigt zu ihr. "Dabei vollbringen wir Frauen doch am Ende die Leistung!"
 

Doch Sakura hatte den Eindruck, dass das den Männern durchaus bewusst war.
 

Wie immer fasste sie niemand an. Sie achteten schließlich immer darauf, die Frau eines anderen nicht unnötig zu berühren. Aber sie waren überaus hochachtungsvoll ihr gegenüber, während sie ihre Freude über ihren Zustand ausdrückten. Beinahe schon ein wenig ehrfürchtig.

Und Sakura fand, dass sich das gar nicht so schlecht anfühlte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo!

Dies ist nun leider das Ende. Diese Geschichte war ein ziemlicher Zeit- und Kraftaufwand und ohne eure tollen Kommentare, wäre das auch nicht möglich gewesen! Danke dafür! Vielleicht schreibe ich ja eines Tages hierzu nochmal eine Fortsetzung.

Danke für alles und vielleicht bis irgendwann! Komplett anzeigen

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Von:  stoffelfuchs
2023-06-10T00:54:29+00:00 10.06.2023 02:54
Krass, was eine Story. Am Anfang hatte ich echt selbst etwas Angst was die Uchihas so treiben, aber mit der Zeit dachte ich mir fast sowas, dafür waren sie alle doch viel zu besorgt um Sakura.
Falls du tatsächlich iwann hierzu eine Fortsetzung schreibst, bin ich dir als Leserin dieser definitiv sicher.
Danke, fürs Teilen dieser Story! <3
Antwort von:  writer
10.06.2023 08:51
Wie schön, dass dir diese Geschichte auch gefallen hat!!
Von:  dahlia93
2023-05-17T17:18:36+00:00 17.05.2023 19:18
Hey hey :)

Ich habe gestern die FF angefangen und bin mittlerweile hier.
Dein Schreibstil ist super! Ich finde es sehr beeindruckend, wie die psychologische Komponente bei Sasuke und Sakura einen roten Faden haben. Man merkt richtig, wann deren inneres Kind zum Vorschein kommt. Ich liebe es, wenn sie sich versuchen da raus zu kämpfen, um sich zu bessern.
Genau das hast du unfassbar gut beschrieben. Obwohl du aus der Erzählerperspektive geschrieben hast, kann ich mich sehr gut in Sakuras Gefühle hineinversetzen und leide manchmal richtig mit.
Das ist wirklich eine Kunst!
Ich freue mich den Rest zu lesen :)
Antwort von:  writer
20.05.2023 10:56
Vielen Dank! Ich hoffe, die Geschichte hat dir auch weiterhin noch gefallen. :)
Von:  AloneIntheDark
2022-06-19T16:54:03+00:00 19.06.2022 18:54
Ein absolut fantastisches fanfic!! Vielen Dank das du es geschrieben hast. Einfach eine super Arbeit. Bis zum nächsten Fanfic 😁
Antwort von:  writer
19.06.2022 20:09
Danke dir!!! Vielleicht bis bald!
Von:  Luanataio
2022-06-16T11:19:16+00:00 16.06.2022 13:19
Oh Gott ich kann gar nicht glauben das die Geschichte nun zu Ende ist.
Du bist wirklich eine einzigartige Autorin und ich bewundere dich und deine Arbeiten total! Egal welche Geschichte, du hast es geschafft mich zu 100% zu begeistern.

Das Ende von Marriage ist so schön! Ich hab fast nen Schrei rausgelassen als Sakura Ihm endlich gesagt hat das sie ihn liebt ❤️
Und auch das sie am Ende schwanger ist ist einfach wundervoll.
Ich liebe es das die Uchihas so harmonisch miteinander sind und Sakura auch lieben, das ist einfach wundervoll das sie endlich in einer Familie ist die sie zu schätzen weiß.

Ich würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen oder sogar über eine neue Geschichte.

Bis dahin 👋🏼💕
Luana
Antwort von:  writer
16.06.2022 15:01
Oh vielen Dank!!! Es macht mich so happy! Und es ist sehr gut zu wissen, dass du eine Fortsetzung oder neue Geschichte mögen würdest! Vielleicht mache ich das!
Von:  Talyia92
2022-06-16T10:38:27+00:00 16.06.2022 12:38
Wunderschönes Ende :) freut mich für die Beiden. Schade wieder eine wunderbare FF vorbei. Wirst du denn noch eine neue FF schreiben? Du bist echt super darin :)
Antwort von:  writer
16.06.2022 12:58
Vielen Dank! Erstmal bin ich wieder mehr aufs Malen fokussiert, aber wie ich mich kenne, bin ich irgendwann wieder motiviert.
Antwort von:  Talyia92
17.06.2022 21:31
Ich warte bisdahin sehnsüchtig :)
Von:  frieda254
2022-06-15T18:01:19+00:00 15.06.2022 20:01
Danke für deine tolle Story! Ich hab von Anfang bis zum Schluss mitgefiebert 🥰😘
Antwort von:  writer
15.06.2022 21:11
Danke, dass du mir das geschrieben hast!! 🥰
Von:  Studio
2022-06-14T22:57:25+00:00 15.06.2022 00:57
Irgendwie hab ich das Ende nicht ganz so schnell kommen wehen TT TT TT aber wenn man genau überlegt, dann passt es durchaus sehr gut hier, denn wenn man das Ende zu lange rauszieht, kann das echt nicht förderlich für die Story sein!
Aber ich bin traurig, dass es zu Ende ist! Was soll ich jetzt abends lesen?! xD
Mega schönes Ende, es hat alles was man sich gewünscht hat!!!! Vielleicht wären so eine kleine Slice-of-Life OneShot Reihe ne gute Idee als Fortsetzung? Ist dann vielleicht auch nicht ganz so anstrengend?
Und mega Respekt für deine Arbeit und Leistung hier, 140.000 in 45 Kapiteln in knapp 2 Monaten... einfach WOW, also das ist echt beeindruckend und macht dir sicher nicht so schnell jemand nach! Die knapp 400 Kommentare sind redlich verdient und das hier ist sicher einer der meist kommentierten FFs der letzten Jahre!
Ich wünsch dir eine erholsame Schreibpause und hoffe doch, dass dich die Schreiblust bald wieder packt und wir wieder was von dir lesen dürfen!!!!! (Ich hätte schon einen Plot für ne Sasu&saku Geschichte, falls du Inspiration brauchst ;) Im Schreiben bin ich eh ne Niete)
Also bis dahin! Vielen Dank für deine super FF und LG!!!
Studio
Antwort von:  writer
15.06.2022 08:09
Hallo! Oh nein, ich hätte vielleicht eine kleine Vorwarnung geben sollen! Vielleicht gibt es ja irgendwann eine Fortsetzung, in Richtung OneShots als Ergänzung habe ich auch schon gedacht, gut zu wissen, das du daran interessiert wärst. Danke für deine Kommentare und alles Gute dir!!!
Von:  jasi2003
2022-06-14T21:46:35+00:00 14.06.2022 23:46
Oh wie schön das Ende ist ! 😍 muss nur sagen es kam sehr plötzlich hätte damit nicht gerechnet , aber fande es so auch gut wie es ausging!
Danke das du so aktiv warst und fast täglich deine kapitel hochgeladen hast :) war zwar manchmal ziemlich still in den kommentaren aber hab immer fleißig mitgelesen 😊 werd mich freuen wenn du irgendwann wieder eine Geschichte hochladen tust finde nicht von jeden den schreistilso gut, aber von dir ist er echt gut und man kann deine Geschichten sehr einfach lesen werd natürlich ab und zu hier vorbeischauen und gucken ob es was neues von dir gibt ☺️

Antwort von:  writer
15.06.2022 08:06
Oh nein, ich hätte vielleicht eine kleine Vorwarnung geben sollen! Vielleicht gibt es ja irgendwann eine Fortsetzung :) Danke für deine Kommentare und alles Gute dir!!!
Von:  Kawaiigirl94
2022-06-14T19:29:58+00:00 14.06.2022 21:29
Ich liebe deine Fanfik. (♡°▽°♡)
Ich habe mich jedesmal tierisch gefreut wenn ein neues Kapitel on war.
\(★ω★)/
Ich würde mich über eine Fortsetzung freuen. o(>ω<)o

Antwort von:  writer
15.06.2022 08:06
Hallo! Oh das ist gut zu wissen, danke für den Kommentar!! :)
Von:  swetty-mausi
2022-06-14T17:25:42+00:00 14.06.2022 19:25
Guten Abend,

ich war ziemlich überrascht über das letzte Kapitel heute. Ich muss sagen,damit hätte ich nicht gerechnet. Das deine Tolle Geschichte noch ein paar hat. Dein letztes Kapitel dieser Wahnsinnigen tolle Geschichte,habe ich mit einen traurigen Auge gelesen.
Ich würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen.
Antwort von:  writer
15.06.2022 08:06
Oh nein, ich hätte vielleicht eine kleine Vorwarnung geben sollen! Vielleicht gibt es ja irgendwann eine Fortsetzung! Danke für deine Kommentare und alles Gute dir!!!


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