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Kurzgeschichten feat. MiKu

Archiv für Ficlets/Drabbles/Shortstorys
von

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Gebranntmarkt (Metallica)

VORWORT UND ERKKLÄRUNG:

Metallica, eine der wichtigsten, wenn nicht DIE wichtigste Trash-Metal-Band der 80er und 90er Jahre, gründeten sich 1981 in San Francisco mit den Gründungsmitgliedern James Hetfield (Gitarre, Gesang) und Lars Ulllrich (Schlagzeuger).

Das Ereignis, das mich beschäftigte, geschah bei dem einzigen bisherigen Konzert in Russland - Moskau.

Damals vertat sich ein Pyro-Techniker mit der Choreografie und Hetfield lief direkt in eine 3000°C heiße Flamme hinein.

Sein gesamter rechter Arm hätte fast amputiert werden müssen, doch ein paar Wochen nach der OP bestand Hetfield darauf, wieder auf die Bühne zu gehen und die Tour nicht abzubrechen, mit einem anderen Gitarristen, aber ihm als Sänger.
 

________________________________________________________________________________
 

Gebranntmarkt (Metallica)

Ich sitze auf dem kleinen, mit Briefen und Genesungskarten zugehäuften Bett in unserem Tourbus.

Auf dem Schoß meine nachtblaue Fender.

Eine meiner treuesten und wertvollsten Gitarren, die ich gestern noch fast gegen die Wand geworfen hätte.

Sie hat es überlebt, meine gute, alte Fender.

Es macht mich einfach zu fertig, sie nicht mehr spielen zu können.

Meine linke Hand arbeitet wie von selbst, während sie leichtfertig jeden Akkord greift, meine ganze Anstrengung und Wut gilt der rechten.

Schon eine Ewigkeit, so scheint es mir, versuche ich, dass Plektrum aufzuheben, doch die brennenden Schmerzen treiben mir Tränen in die Augen.

"Fuck!"

Es ist mehr ein hervorgewürgtes Schluchzen als ein Fluch.

Die Fender geht zu Bruch, als ich sie gegen Kirks Bettkante knalle und mich zurück auf die weiche Matratze fallen lasse, den Blick auf das Fenster und den klaren Himmel über mir gerichtet.

Es ist früher Nachmittag geworden und in ein paar Stunden ist unser nächster Gig.

Zwar mit mir als Sänger, aber einem anderen, zusammen gecasteten Gitarristen.

Wütend auf ihn, auf die zerbrochene Fender, auf den Pyro-Techniker von damals, vor allem aber auf mich selbst und meine Unfähigkeit, kneife ich verzweifelt die Augenlider zusammen.
 

Soll meine Karriere etwa so enden?

Wenigstens wäre es, ich wundere mich schon über meinen Zynismus, der mich so an Cliff erinnert, ein heldenhafter Abgang, ich sehe die Schlagzeile bereits vor mir:
 

"James Hetfield - Gescheitert gegen das Feuer"
 

Plötzlich bemerke ich eine gelenkige, mit vielen Ringen besetzte Hand auf meiner Schulter, die mir nur allzu bekannt ist.

Doch ich lasse die Augen bewusst geschlossen.

Lars soll mich nichts so sehen...

Das ist nicht mehr sein alter Freund, mit dem er 1981 in dem versifften Club beschloss, eine Trash-Metal-Band zu gründen.

Erinnerungen an das Konzert in Moskau werden wieder wach.
 

Auf einmal schließt sich die Hand bestimmend um mein Kinn und mein Schlagzeuger zwingt mich, ihn anzusehen.
 

Doch seine hellen Augen blitzen nicht so vorwurfsvoll wie ich befürchtet habe.

Es ist kein Mitleid, was dort glänzt, es ist einfach Verständnis.

In diesem Blick liegt etwas unerwartet ermutigendes und augenblicklich erinnere ich mich an die Zeit nach dem Tod unseres Bassisten, als wir uns solche Blicke oft schenkten, um der Band Willen.

Lars erfüllt die Leere in mir wieder und gibt mir das Gefühl, in der Band ja überhaupt wahrgenommen und gebraucht zu werden.

Als Grundstein... zusammen mit ihm.
 

Jetzt heule ich doch, "Danke, mein Freund."
 

Er grinst leicht: "Weichei!"
 

Eine wohlige Umarmung, aufbrandende Hoffnung, Nähe, Geborgenheit.

"Arschloch!"
 

Die beste Freundschaft der Welt!

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Hetfield lies mehrere Therapien über sich ergehen und spielte auf dem nächsten Album und der dazugehörigen Tour wieder selbst Gitarre.

Die Einzigen Erinnerungen an den Vorfall damals sind die Narben auf rechtem Arm und Bein.
 

LG MiKu

Für Immer

Klein, unbedeutend und - mal wieder- einem Traum entsprungen...

Und eigentlich auf kein richitger Slash... was solls =3
 

Für immer
 

"Jan!"

Bela brach durch die Masse an geschwätzigen, betrunkenen Menschen, raus aus dem verrauchten Club.

Rod hängte noch den Hörer des Telefons ein und folgte Bela,, wollte schon losstürmen, als der Drummer ihn am Handgelenk packte.

Die glasklaren, grünen Augen sahen ihn bittend, aber auch ein wenig bestimmend an und der Bassist nickte irritiert und blieb in der Tür zu der Kneipe stehen, in die sie eines ihrer Konzerte verlegt hatten.

Auch jetzt, weit nach Mitternacht, war es noch brechend voll und die sich vermischenden Gerüche von Nikotin und Alkohol kribbelten in der Lunge.

Er machte sich ernsthaft Sorgen um Jan, um seinen Gemütszustand und seine Schuldgefühle und betete, dass der Schlagzeuger bei ihm sein würde, bevor er etwas unüberlegtes tat...
 

Bela hastete unter dessen durch die, wegen unzureichender Laternen schlecht beleuchteten Straßen der Stadt.

Er konnte sich sehr gut denken, wohin Jan sich jetzt zurück gezogen hatte und folgte seinem Gefühl.

Der Nieselregen hatte auch jetzt noch nicht nachgelassen und die Luft fuhr gerade zu eisig durch das verschwitzte Muskelshirt, das an seinem Oberkörper klebte.
 

Er bog um die letzte Ecke und stoppte urplötzlich, als er ihn erkannte.

Da saß er, aus der im halbdunkel schlecht erkennbaren Silhouette der kaputten, rostigen Spielplatzrutsche ragte der Schatten seines schlanken Oberkörpers auf. Er blickte die Straße hinab, als warte er, dass jemand kam um ihm zu sagen, dass alles gut war.

Bela spürte einen verkrampften Schmerz in der Brust, als er seinen zerbrochenen, am Boden zerstörten Jan so zusammengesunken dasitzen sah.

Und doch.

Obwohl es für den Gitarristen ein schrecklicher Schock gewesen sein musste konnte er nicht umhin, die sanften Züge und die eleganten Bewegungen zu bewundern, war nicht im Stande, seine Gier zu unterdrücken und gab sich seiner Sehnsucht für einige Sekunden einfach hin.

"Was willst du?"

Die flüsternde, schwache Stimme lies ihn aus dem Traummeer, in dem er bis eben gedrohte, zu versinken, wieder auftauchen und er machte langsame Schritte durch den knirschenden Kies.

Vorsichtig kletterte er die Rutsche hinauf und setzte sich neben den schweigend vor sich hin starrenden Gitarristen.

Als Bela dessen trübe, gleichgültige Augen erblickte, flammte Besorgnis, ja Angst in ihm auf.

Es war so untypisch für seinen Jan, der so viel Wärme ausstrahlte und eine unglaublich harte Schale zu haben schien.

Noch nie hatte er den Eindruck bei ihm erweckt, Schutz zu brauchen.

Er war so eigenständig und sanftmütig, wie kein anderer, den Bela kannte.

Er seufzte leise.

"Ich dachte mir, dass du hier bist."

Der erste Satz war gesprochen, aber er bekam keine Antwort und zwang sich dazu, fort zu fahren.

"Jan ich weiß..."

"Halt die Klappe, Felse."

In der Stimme des Blonden lag so tiefe Resignation und Melancholie, dass Bela tatsächlich verstummte und hoffte, dass Jan ein Stück von sich offenbaren würde, was er in den vergangenen 15 Jahren nie kennen gelernt hatte.

"Du weißt überhaupt nichts! Du hast keine Ahnung... wie das ist...

Wenn der Mensch den man liebt, mit dem man immer zusammen sein möchte und ohne den man eigentlich nicht mehr leben kann ganz einfach so..."

Er konnte nicht weiter sprechen und senkte seinen blick nun auf seine schlammigen Schuhe.

Trotzdem hatte Bela den unendlichen Schmerz in seinen Augen längst gesehen und legte einen Arm um den schlanken, zitternden Oberkörper.

"Glaub mir...", es war ein in Lethargie getauchtes, sanftes Raunen, welches Jans Blick wieder hoch zucken lies.

"Ich weiß ganz genau, wie das ist."
 

Sekunden später zog der Gitarrist Bela in eine hilflose, verzweifelte Umarmung.

Er vergrub sein Gesicht in Belas Nacken und lies seinen angestauten Gefühlen freien Lauf.

Der Dunkelhaarige fühlte die heißen Tränen auf seiner Haut und hörte sein Schluchzen ganz nah bei seinem Ohr.

Sanft legte er nun beide Arme um Jan und streichelte mit einer Hand beruhigend durch die wasserstoffblonden Haare.
 

Wenn er ihn schon nicht besitzen, sich ihm nicht hingeben durfte, dann wollte er ihn wenigstens halten, wenn er Schutz brauchte, wie viel Schmerz es ihm auch immer bereiten würde.
 

"Sie wird nie wieder bei mir sein, Dirk..."

"Ich weiß. Aber ich werde da sein, Jan."

Die verschwommenen, geröteten Augen blieben geschlossen und der Blonde drückte sein Gesicht weiter an die beruhigende, Schutz spendende, warme Haut.

"Für immer?"

Ein heißer Stich.

Belas Herz ging in Flammen auf und seine Augen brannten von Tränen.

"Für immer."

Was zählt

Okay, ich gebe zu, es ist ein sehr eigenes Pairing, aber seit ich dieses Lied kenne, lässt mich die Idee nicht los, dass diese beiden Rivalen sich so ganz anders zueinander verhalten könnten.

Na ja, dass ist jetzt bei rausgekomen.
 


 

Was zählt
 

Immer wieder schwenkt mein Blick zu dem kleinen digitalen Wecker auf der Kommode in diesem ziemlich mickrigen Backstage-Bereich.

Die anderen hocken irgendwo vor der Bühne und sehen ihren Ex-Rivalen grinsend zu.

Von Zeit zu Zeit, und in der letzten halben Stunde besonders häufig, habe ich die Jungs nach einer neuen Runde Bier schreien hören, worüber sich unsere Vorband dann auch mit größtem Vergnügen lustig gemacht hat.

Und besonders du, du Arsch, hast viel Spaß daran gehabt.

Gib mir was zu trinken

Ich habe Durst

Doch jetzt schleift unser Tourmanager meine besoffenen Bandkollegen weg.

Schließlich haben wir jetzt noch einen dreistündigen Gig zu absolvieren.

Und mein Kopf brummt noch vom Restalkohol, als die Drei sich ihre Instrumente abnehmen lassen und alles darum geben, noch ein paar Minuten zu schinden, um uns die Show zu stehlen.

Ich kam den ganzen Weg allein

Und bin zu Fuß

Ich bemerke nicht, wie ich mich schwer seufzend an die Wand neben der Tür lehne und d8ich bei deinen ausschweifenden Gesten und ironischen Witzen über meine Band beobachte.

Du hältst mich für einen arroganten Idioten, dass weiß ich längst.

Aber trotzdem verletzt es mich, alberner Weise.

Jeden einzelnen Schritt - Meter für Meter

Von irgendwo da draußen, ganz weit weg von hier

Deine beiden Bandkollegen haben die Bühne bereits verlassen.

Der Blonde grinst mir zu, aber ich glaube nicht, dass es ein allzu ehrliches Grinsen ist.

"Ablösung!"

Vielleicht weiß er, ja ich bin mir ziemlich sicher, dass er weiß, wie eifersüchtig ich auf ihn bin. Denn er hat dich immer in seiner Nähe. Er kann dich einfach berühren, bei dir sein, deine Wärme genießen und niemand stört sich daran, denn ihr seit die besten Freunde.

Für ihn ist alles so selbstverständlich, was mit den Jahren meine größten Träume geworden sind. Ich habe so viel versucht, aber die Barrikaden, die uns voneinander trennen, sind wohl doch zu mächtig.

Ich bin durch das Meer geschwommen

Hab von Wasser uns Salz gelebt

Nur um hier her zu kommen, um dich endlich zu sehen

Erst vorhin habe ich wieder ein paar unserer Fans gesehen, die sich mit euren geprügelt haben. Eine merkwürdige Geschichte, die sich um uns windet, fast so wie die, von Romeo und Julia, was mich noch mehr erschreckt als die Erkenntnis, meines Verlangens.

Doch da ist ein winziger Fehler in meinem schönen Traum von einem Leben mit dir über die Grenzen hinaus.

Ich war in jeder Wüste, die man sich denken kann

War fast dran aufzugeben ständig weiter zu ziehen

Du teilst meine Sehnsüchte nicht, denn du hast niemals hinter die Fassade aus Stolz und Rivalität geblickt. Du kennst mich nur als hochmütig und selbstbewusst.

Du hast, genau so wenig wie all die anderen, Ahnung von den Qualen, die mir diese ständige feindliche Gegenüberstellung bereitet, mit der man uns herangezüchtet hat zu dem, was wir waren und in gewisser Weise immer noch sind:

Feinde

Ich hab mich oft verlaufen, war viel zu lange hier

Überall und nirgendwo suchte ich nach dir

Wütend schmeiße ich die Bierdose zu den restlichen geleerten ihrer Art, die den Mülleimer unterm Waschbecken ganz auffüllen, während ich die Zähne fest zusammen presse und voller Anstrengung versuche, das Brennen in meinen Augenwinkeln zu beruhigen.

Und ich lief Jahre lang nur durch Regen

Oder ob es Tränen warn, ich weiß es heut nicht mehr

Plötzlich stehst du vor mir, deine smaragdgrünen Augen weiß offen, die Pupillen wegen der hellen Scheinwerfer verengt, wie die einer Katze.

Ich erwarte schon ein spöttisches Kommentar, da zieht sich über deine schmalen Lippen ein aufmunterndes Lächeln und du bist so schnell verschwunden, wie du vor mir aufgetaucht bist.

Ich sehe nur noch einen Streif schwarzen Leders, dann ist keine Spur mehr von dir.

Die Band ist mittlerweile in der vollen Formation auf der Bühne und mein Schlagzeuger bedeutet mir mit einem Zeichen, dass wir gleich mit dem Refrain beginnen.

Ich umklammere das Mikro in meiner Hand und zögere, da sehe ich dich plötzlich stehen, in der ersten Reihe. Es fühlt sich an, als würdest du mit deiner Anwesenheit eine Energie ausstrahlen, die nicht nur die Band, sondern auch mich, vielleicht nur mich, erreicht.

In einen plötzlichen Zustand der Leidenschaft versetzt, spüre ich, wie mein Körper mit einem eleganten Satz fast genau in der Mitte der Bühne landet.

Sofort beginnt das Stück.

Doch wenn nur die Liebe zählt

Will ich den selben Weg noch einmal für dich gehen

Ja, dass würde ich wirklich. Und ich wünsche mir, dass du heute Abend meine Botschaft verstehst und mich nicht noch einmal so lang warten lässt.

Meine Augen sind fest geschlossen, aber ich spüre die vielen Blicke, die in diesem Moment der Ekstase auf mir ruhen.

Und ganz besonders deinen.

Wenn nur die Liebe zählt

Dann ist mir kein Preis zu hoch um dich zu sehen

A thing called love

Kein Slash.

Es prangert Missstände an... also soll es zumindest und außerdem fand ich die Idee einfach zu gut *gg*
 

A thing called love
 

"Aber wie erkenne ich, ob ein Typ das will, was wir bieten?"

"Ach Schwesterchen, du erkennst diese Kerle ganz schnell, glaub mir!"
 

Sahen sie wirklich SO aus?

Das konnte sie sich nicht Recht vorstellen, aber scheinbar...

Sie senkte ihren Blick auf den 200er in ihren Händen.

Die sanfte Brise der Klimaanlage wärmte ihre klammen Finger und die nur spärlich bekleideten Beine.

Aus dem CD-Player summte eine ruhige Stimme.

Sie hatte dieses Lied schon einmal gehört, aus einem Radio in der Nachbarbaracke.

Jonny Cash?

Langsam glitt ihr Blick wieder zum Fahrer des Wagens, der sie an einer Ecke des heruntergekommenen Ghettos aufgesammelt hatte.

Eigenartig.

Immerhin sah ihre Schwester doch viel besser aus.

Sie war reifer, größer, schlank, aber nicht dürr wie sie selbst und war bei ihren "Kunden" sehr beliebt.

Der etwa 40jährige schien ihr aber nicht wie jemand, der sich Mädchen aussuchte, die ein Viertel so alt waren, wie er selbst...

Er passte nicht in das allgemeine Bild, was sie von diesen Männern hatte.

Entspannt in das Polster zurück gelehnt, aber immer auf die Straße vor ihm konzentriert, bog er in Ecken der Stadt ein, die sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte.

Sie waren weitab von den Plattenbauten, zwischen denen sie aufgewachsen war.

Überall blinkte Leuchtschrift auf.

Zeitweise versuchte sie, die Straßennamen zu lesen, aber sie konnte sich an keines der Schriftbilder erinnern.
 

Ihr stockte der Atem als sein Auto vor der Wohnbaracke ihrer Eltern hielt.

Sie sah verständnislos zu ihm hinauf.

"Wohnst du nicht hier?"

Sie bemühte sich, ihn ganz zu verstehen, nuschelte etwas russischdeutsch und nickte flüchtig.

Zum ersten mal sahen die braungrünen Augen direkt in ihre.

Sie waren warm und freundlich und sie konnte sich kein paar schönerer Augen denken.

Er wirkte, trotz das sein Lächeln wohl jünger strahlte als ihr eigenes, so erfahren und fast weise, dass sie ihm einfach vertraute.

Nun beugte er sich über sie, seine Hand streifte kurz ihre Oberschenkel und sie meine für diesen Moment, er würde es doch wollen.

Aber er öffnete einfach die Tür seines Kombis, lehnte sich dann zurück und sah sie auffordernd an.

"Na los, willst du nicht nach Hause?"

Sie blinzelte wieder nur verwirrt. Wollte er sie einfach gehen lassen?

Ihre Mutter sorgte sich sicher schon.

Noch immer musterte er sie fragend, bis er plötzlich inne hielt.

"Ach richtig, tut mir Leid."

Er zog aus der tiefen Tasche seiner Lederjacke eine Geldbörse und fischte zwei weitere Scheine daraus, die er fest in ihre Hand schloss.

Wieder trafen sich ihre Augen.

"Willst du nicht nach Hause?"
 

Noch lange sah sie dem Auto nach, störte sich nicht an dem kalten Wind, der um ihre nackten Waden fuhr. Ihr war klar, sie würden sich nie wieder sehen, aber er würde ihr immer im Gedächtnis bleiben.

Nicht alle Männer sind böse.

Post

Eigentlich nur ein verspätetes Kleinod um Belchens 43. Geburtstag zu verschönern, für die Fans, die ihn auch mögen, wenn er schwul ist. *lalala*
 

So denn, bis bald!

lG Black(y)Plec
 

PS: Happy Birthday, Bela-Schatz!
 

Post (die ärzte)
 

Sich nachdenklich über die Oberlippe leckend stellte er das Weinglas zur Seite, dessen rote Farbe durch das Feuer auch den weißen Teppich beschien.

Die Wärme des Kamins lies ihn entspannt seufzen und sich das erste Mal an diesem Tag zurück lehnen.

Ein paar Meter von ihm entfernt., im Flur seiner Wohnung lag sein Telefon, er hasste es, ständig von wildfremden Menschen angerufen zu werden, die ihm zum Geburtstag gratulierten.

Vor zwei Stunden war es sogar ein ehemaliger Bonzen von der Metronome gewesen, dem, seit die ärzte ein Erfolgsalbum nach dem nächsten unter ihrem eigenen Label heraus brachten, eingefallen war, dass er ein mal eine Sauftour mit Dirk, "seinem alten Kumpel", gemacht hatte und das er jetzt eigentlich Rechte an den Einnahmen hätte.

"Idiot..." murrte Bela nur und beugte sich etwas nach vorne, lenkte sein Augenmerk lieber auf die Post, die er noch an diesem Abend bekommen hatte. Leicht seufzend drehte er einen nach dem anderen, mit Herzchen verzierten Umschlag um, warf ihn dann bei Seite und erschauderte ein wenig bei dem Anblick dieser vielen Menschen, die heute an ihn dachten.

Natürlich hatten seine Fans einen großen Anteil seines Dankes verdient, ohne sie wäre er niemals so weit gekommen.

Aber kaum einer kannte ihn persönlich.

Es war hart gegen die anderen und er würde es niemandem sagen, der ihn heute beglückwünscht hatte, aber eigentlich wünschte er sich nur eins...

Lächelnd sah er in die züngelnden Flammen, die als einzige Lichtquelle, er konnte all diese Weihnachtsdekoration nicht mehr sehen, den Raum erhellten.

Niemals hätte er erwarten sollen, dass er ein Lebenszeichen von sich gab.

Aber an einem Tag wie diesem ganz unverhofft kontaktlos zu bleiben passte einfach nicht zu ihm und das machte Bela Sorgen.

Vielleicht war ihm etwas passiert, er war verunglückt oder war krank und er selbst?

Dirk Felsenheimer blieb egoistisch und bockig zu Hause sitzen und war beleidigt, weil er sich nicht meldete.
 

Genervt drehte er sein Gesicht dem, nun abermals vibrierenden und in seinen Ohren betäubend laut klingelndem Hörer zu, machte aber keine Anstalten, ihn aufzuheben und dieser Lärmbelästigung Abhilfe zu schaffen.

Er bedachte das nervige kleine Ding lediglich mit einem erdolchenden Blick und legte sich, die Arme hinterm Kopf verschränkt, auf den Boden vor seinem Kamin.

Wer konnte ihm schon noch etwas bedeutsames ausrichten?

Desinteressiert schloss er die Augen und wartete ab, denn wirklich wichtige Anrufer waren geduldig.
 

Die monotone Ansage seines Anrufbeantworters wies jenen, anscheinend doch irgendwie wichtigen zurecht, wie ungelegen er wieder einmal anrufe und kurz darauf ertönte das Piepen der Bandaufnahme.

Nun doch neugierig lauschte Bela.
 

Zuerst war es völlig still, er glaubte Regen rauschen zu hören, aber es könnte auch die schlechte Verbindung der Leitungen sein.

Kurz darauf aber setzte eine hastige Stimme ein, die Bela aufschrecken lies:

"Hey Dirk. Ich dachte mir fast das du nicht da bist. Wollte eigentlich nur fragen ob meine Karte da ist. Wahrscheinlich die letzte, die ich schreibe. Du weißt ja, ich bin kein Fan von so was. Okay ehrm... ich hab eigentlich nicht mehr zu sagen... wir sehn uns!"

Und so schnell die raren Sätze durch den Hörer gedrungen waren, so schnell verschwand Farins stimme auch wieder und das monotone Piepen, dass nach dem Auflegen erklang, füllte den Raum.

Wie versteinert starrte Bela nun auf das Telefon, das immer noch auf dem Parkett im Flur lag, wieder völlig tot, wie aus Blei und konnte es nur langsam realisieren.

Er hatte doch an ihn gedacht, er hatte sich in irgendeiner Provinz eine Telefonzelle gesucht und ihn angerufen. Und er hatte nicht reagiert, die Gelegenheit verpasst.

Er spürte ein leichtes Brennen in den Augen, wischte sich hektisch durchs Gesicht.

Ein Jahr lang würde er nichts mehr von Jan und seinem Leben mitbekommen und nun hatte er die Chance, noch einmal mit ihm zu sprechen einfach verspielt.

Schwermütig strich er sich durch die ungewaschenen Haare und sah wieder in die Flammen vor sich.
 

- Moment... seine Karte?
 

Blitzschnell griff Bela nach dem Stapel ungeöffneter Post und blätterte sie erneut durch.

Und tatsächlich lag darunter auch eine Postkarte. Eigentlich war es nichts als ein Foto, auf der Rückseite adressiert in Farins ordentlicher, geschwungener Schrift.

Verträumt betrachtete Bela das Bild, dass wohl von einem der wenigen Einwohner gemacht worden war, denn Jan saß auf einer breiten Steinmauer, hinter ihm ein sternenklarer Himmel, ganz anders als der Wolkenvorhang, hinter dem sich der Mond bei ihm zu Hause versteckte.

Der Blick des Blonden war zur Kamera gerichtet und ein leichtes, ungewöhnlich sanftes Lächeln zog sich über sein Gesicht.

Bela sah dem Abbild in die Augen, lächelte kurz zurück und drehte das Bild um.

Ein einziger Satz stand dort und aus Belas Augen lösten sich doch zwei Tränen.
 

¡Feliz cumpleaños, mi amor!

Verloren I

Seufzend strich er über das zarte, noch immer etwas verschwitzte Gesicht. Es war vier Uhr morgens und sie würden in ein paar Stunden abreisen. Still und leise, bis auf die Bezahlung des Hotels nichts zurück lassend. Eigentlich wollte er das nicht, aber sie hatten beide von Anfang an gewusst, dass sie sich so schnell trennen würden, wie sie sich kennen gelernt hatten.

Eine Strähne hellbraunen, glatten Haares lag quer über das sanfte, braun gebrannte Gesicht.

Leicht lächelnd strich er sie zur Seite und schwang seine Beine über die niedrige Bettkante, stand auf und zog die Decke wieder hoch, bis ihr schlanker Körper wieder bis zu den Schultern in Stoff gehüllt war. Er warf einen Blick durch das völlig dunkle, stickige Zimmer und suchte seine Sachen zusammen, um damit in dem kleinen Bad zu verschwinden.
 

Die Neonröhre brannte grausam in seinen verschlafenen Augen und legte kaltes Licht über seine nackte, augenblicklich fröstelnde Haut. Seufzend dachte er an das Mädchen in seinem Bett, wie warm und weich sie gewesen war und wie gut er sich gefühlt hatte, als er sie in den Arm nehmen konnte, sie küssen und lieben konnte, wie lange niemanden mehr.

Er war tatsächlich eine Zeit lang nahezu abstinent gewesen.

Geknickt lächelte er seinem Spiegelbild zu, lehnte sich auf das Waschbecken und schloss die Augen abermals. Er hatte kein Mädchen mehr an sich heran gelassen. Nicht das da nicht genug hübsche weibliche Wesen waren, die ihn begehrten, nein. Aber er hatte keinen Reiz darin empfunden, eine von ihnen glücklich zu machen mit einer einzigen Nacht.

Er hatte immer nur einen einzigen Wunsch verfolgt, wohlwissend, dass er sich nicht bewahrheiten würde.
 

Seufzend warf er sich kaltes Wasser ins Gesicht und begann sich anzuziehen.

Es war sinnlos und zeitverschwendend, diesem Traum nachzutrauern, es würde nie etwas ernsteres daraus werden.
 

Einige Minuten später betrat er den nach Kalk und Staubmilben riechenden Hotelflur, durch den ein Teil der Crew gerade Richtung Eingangshalle schlurfte.

Er schloss leise die Tür hinter sich und wollte eiligen Schrittes in den Speisesaal kommen, um noch etwas von dem bereit gestellten Frühstück zu erlangen, als die Tür direkt gegenüber geräuschvoll aufgerissen wurde. Sofort blickte er zur Seite und sah in das Gesicht des völlig übermüdeten und nach Alkohol und Rauch stinkenden Nopper. Seine schulterlangen knallroten Haare hingen ihm ins Gesicht und mit einem herzhaften Gähnen zur Begrüßung zeigte er Jan die tiefen, braunschwarzen Hohlräume seiner Zähne.

"Morgen." Erwiderte dieser nur und verzog leicht die Mundwinkel, als der starke Biergeruch ihm entgegen wehte.

Der Roadie nickte nur, zog die Bondage-Hose ein Stück höher (sie war offen, aber das schien er gar nicht zu bemerken) und taumelte, sich an der Wand abstützend dem Trucker hinterher.

Jan schüttelte sich leicht. Er hasste diese versoffenen Morgen nach anständigen Partynächten, wenn nahezu jeder außer ihm den Tag durchschlief.

Er wollte Nopper etwas abschätzendes hinterher rufen, als eine andere Tatsache seine Aufmerksamkeit erregte.

Hinter der nun halb offen stehenden Tür lag nicht das Quartier der Roadies, dort schlief eigentlich jemand anders.

Er hätte sich nicht wundern sollen, schließlich hatte Bela in den letzten Monaten mehr Zeit mit feiern verbracht, als mit seinem Schlagzeug und wo eine Party war, da war auch Nopper nie fern. Trotzdem pochte eine Ader unter seiner Schläfe gewaltig Protest, denn er ahnte viel mehr als nur Partyüberbleibsel.

Wie in Trance legte er die Hand auf die billige, zerkratzte Tür und betrat das Zimmer des Schlagzeugers, dass eigentlich genauso eingerichtet war wie sein eigenes.

Eine Rauchschwade kam ihm schon am Eingang entgegen, als er eintrat, doch was er dann sah, verschlug ihm die Sprache, noch bevor er laut fluchend die Fenster auf reißen konnte:

Das Zimmer war vollkommen zertrümmert. Der kleine Schrank, der eher an einen Spinnt erinnerte, lag ein getreten unter dem Fenster, der Teppichboden war übersäht von Zigarettenstummeln, Asche und zum Teil zerbrochenen Gläsern.

Und mitten in diesem Chaos aus Scherben, zerrissenem Papier und Asche lag Bela auf seinem, unter einer Flut aus Müll geradezu begrabenem Bett.

Mit fast mechanischen Bewegungen stieg Farin über die Möbelstücke, die ihm im Weg lagen und hockte sich neben den Drummer auf das Bett, nicht bevor er einige Chipstüten beiseite geräumt hatte.

Die schwarzen Haare hingen strähnig und verfilzt in Belas Gesicht und er zögerte einige Sekunden, bis er die Hand ausstreckte und sie ihm behutsam von den Augen strich.

Trotz dem Chaos um ihn herum wirkte sein Freund friedlich, als träume er gerade vom seligsten Ort der Welt und die schmalen Lippen bildeten ein verhaltenes Lächeln.

Farin spürte einen Moment, wie sich beruhigende Wärme in seinem Magen ausbreitete.

Als er aber das fahle Gesicht betrachtete, aus dem nur die Wangen glühend hervorstachen, da erstarb dieses Gefühl und Kälte kroch nun seinen Hals hinauf, bis in seine Kehle, so, dass er nicht mehr im Stande war zu sprechen. Um ihn wach zu bekommen, rüttelte er sanft die schmale Schulter, doch sein Schlagzeuger sackte zur Seite.

"Bela???"

Verloren II

So, hier der zweite und letzte "verloren"-Teil

Etwas eigenwillig, ja.

Aber mir gefällts. SO! HAHA!
 

... gebt bidde trotzdem kommis^^
 

Ein ständiger, klackender Rhythmus auf den kalten, weißen Platten durchschnitt die Stille des Raumes als einziges Geräusch. Farins tiefgehender, nachdenklicher Blick folgte dem auf und abzuckenden Fußgelenk seines Gegenübers, den wippenden schwarzen Turnschuhen. Er hatte sich in seinem immer unbequemeren Stuhl nach vorn gelehnt und den Kopf auf seine Hand gestützt. Eigentlich hatte er nicht herkommen wollen, hatte Bela zeigen wollen, wie ihn all das abstieß, wie widerlich er es fand. Doch er hatte es nicht ausgehalten und war Hals über Kopf her geeilt, noch bevor sein Gewissen begann, ihm Vorwürfe zu machen. Und jetzt saß er Hagen gegenüber und starrte, langsam immer genervter auf dessen unruhig wippenden Fuß.

"Hör doch mal auf!"

Vor Schreck zuckte der Bassist so heftig zusammen, das seine eigenen Fingernägel sich schmerzhaft in seine Handflächen krallten. Er richtete seinen Blick auf und sah in das genervte Gesicht des jüngeren, der scheinbar gereizt war. Durch was, wusste Hagen nicht, aber er war sich sicher, auf der besseren Seite zu stehen, wenn er einfach die Klappe hielt und das temperamentvolle, junge Gemüt des Teenie-Stars über sich ergehen lies.

"Du raubst einem echt den letzten Nerv, ich bin selbst nervös genug schließlich sind Bela und ich..." doch Farin stoppte.

Was waren sie eigentlich? Nur kurz schaute er in Hagens fragend dreinblickende Augen.

In Wirklichkeit wusste er nicht, wie er im Moment zu Bela stehen sollte, könnte oder wollte.

Er hatte ihn eine Zeit lang mehr geliebt als alles andere. Mehr als seine Familie, seine Freundin, seine Musik. Doch schon seit längerem fiel ihm diese Veränderung auf.

Bei Sahnie war es sehr schnell gegangen, ihm war die Profitgier zu Kopf gestiegen und als er ihn mit Bela aus der Band geworfen hatte, da hatten die beiden sich einmal geschworen, nur für die Leidenschaft, nicht für das Geld zu leben. Es war gar nicht lang her, doch Farin kam es im nachhinein wie eine Ewigkeit vor. Zu viel hatte sich innerhalb der letzten beiden Jahre ohne Sahnie verändert. Die beiden bildeten keine Einheit mehr, kein Zusammenspiel, sie waren einfach von außen verbunden, aber nichts tiefgehenderes mehr als Geschäftspartner.

Diese Tatsache, die letztendlich immer klar da gewesen war, die er nur verdrängt hatte, schmerzte Farin. Es traf ihn hart vor den Kopf, was eigentlich auf der Hand lag.

Lange würde es diese Band nicht mehr geben.
 

"Wenn die Herren wollen, sie dürfen jetzt rein."

Noch einmal nickten Bassist und Gitarrist sich kurz zu, schwangen sich auf und betraten nach einander, Hagen als Erster, das Krankenzimmer. Der kleine Raum war notdürftig ausstaffiert und geputzt. Durch das geöffnete Fenster drang klare Luft herein und erfüllte sie von mehr als dem stumpfen Geruch von Salben, Bandagen und Staub.

Der Schwarzhaarige lag auf einem Bett, direkt unter dem Fenster, dass Blick auf den Biergarten des Hotels freigab. Er wirkte immer noch fahl und bleich, doch sein Fieber schien bereits stark gesunken, denn die roten Wangen waren abgeschwächt. Und auch wenn Bela jetzt noch leichenhafter aussah, sein Zustand schien stabil und das beruhigte ihn ungemein.

Die Stimme der Krankenschwester rief ihn wach, als diese direkt neben ihm zum stehen kam:

"Leichte Alkoholvergiftung, Überanstrengung, Missbrauch von Medikamenten."

sie rümpfte die Nase und Jan dachte an die Pillen in Belas Hand, die im Lauf des Konzertes immer weniger geworden waren.

"Aber es ist nichts ungewöhnliches. Sagen sie, ist ihr Freund vielleicht schwul?"

Erneut sausten Bilder durch seinen Kopf, aber diesmal Bilder von Mädchen, die diese Vermutung gut wiederlegen könnten. Nein. Oder...

Einige Sekunden später zog er ahnungslos die Schultern hoch:

"Er war in den letzten Wochen oft total zu gedröhnt, kann schon sein dass er da..."

"... mit Nopper wie wild rumgevögelt hat."

Der Gitarrist sah auf und blickte in das Gesicht des sonst so stillen Hagens, der ihn ernst musterte.

Die Bilder der Mädchen verschwanden vor seinem geistigen Auge und sein alter Schulfreund tauchte auf. Er war wohl nicht umsonst so oft bei Bela gewesen denn wenn der unter sexueller Unterernährung litt, ließ er sich durchaus schnell überreden.

Zumal der Drummer seinem Lieblingsroadie inzwischen mehr Vertrauen entgegen zu bringen schien als irgend jemandem anders. Sie waren einfach eine Wellenlänge, anders als Jan und Dirk es waren. Oder anders als Farin Urlaub und Bela B.

Sie liebten beide das Metalleben nach "Sex, Drugs and Rock´n´Roll" -Manier, tranken Abende lang hemmungslos und hatten auch zusammen die Welt der illegalen Stimmungshilfen entdeckt.

Farin senkte seinen Blick wieder auf Bela, betrachtete seinen erbärmlichen Zustand und sah den Abgrund zwischen ihnen immer weiter wachsen, sah den Keil, der eine Spalte zwischen sie treib vor sich und folgte plötzlich einem Impuls, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Raum. Zurück lies er nur eine verwirrte Krankenschwester, einen nachdenklichen Bassisten und die Schwarzhaarige Halbleiche auf dem Bett.

"Wo will er hin?" murmelte die Schwester nur verwirrt und stricht sich ihre weißblonden Locken zurück. Hagen runzelte die Stirn und zuckte nach einer Weile irritiert mit den Schultern. "Es wäre nicht das erste Mal, dass er irgendwas unüberlegtes tut...."

"Was´n los?" unterbrach eine krächzende Stimme im Flüsterton die Minuten dauernde Stille.

Beide drehten sich mit einer plötzlichen Bewegung um, sahen in zwei angestrengt blinzelnde, trübe grüne Augen.
 

Belas Körper fühlte sich an, als wäre jedes Glied, jeder Muskel aus purem Blei, seine Stimme war belegt und jedes Geräusch hallte in seinem Kopf wieder, als wäre es tausendfach verstärkt. Jedenfalls kam es ihm so vor.

Er erinnerte sich an Bruchstücke des vergangenen Abends, dass ihm jemand vor dem Gig die Pillen zu gesteckt hatte und das sie nur sehr kurz, aber umso stärker wirkten. Der Rest des Konzertes verschwamm in seinem Gedächtnis hinter einer Nebelschwade.

Als nächstes sah er sich in einem Club, in dem die Crew gefeiert hatte. Crew und Band, denn ausnahmsweise war auch Jan mitgekommen und lehnte in einer mehr oder wenige unbeachteten Ecke an der Wand, schlang seine stets wärmenden, Schutz spendenden Arme um ein Mädchen, dass er wohl vor wenigen Minuten kennen gelernt hatte und die an seinen weichen Lippen hing.

Minutenlang saß er einfach da und beobachtete die beiden, nein, beobachtete vornehmlich Jan, wie er von ihr abließ, sich ein neckisches, herausforderndes Lächeln auf sein Gesicht stahl und er ihr eine hinreichende Geste, ihr durch die Haare zu streicheln, schenkte, die alles sagte, in Verbindung mit seinem gönnerischen Blick, der ihr zeigen sollte, wie sanft er mit ihr umgehen wollte. Bela kannte seine Strategie, hatte sie schon oft beobachtet, doch dieses Mal musste er hart schlucken, bekam den Blick nun nicht mehr von ihnen.

"Hey, Dirk!" brüllte eine Stimme neben ihm gegen die im Brustkorb vibrierende Musik und erschrocken drehte er sich auf seinem Barhocker um, schaute in das fröhliche Gesicht Noppers, der sogleich seinen Unterarm Packte und ihn mit sich in die Menge zog, wo er großzügig empfangen wurde. Er wandte seinen Kopf noch einmal zu der in Schatten gehüllten Ecke, doch sie waren bereits verschwunden.

Bela blinzelte, denn ein Schmerz zog sich durch seinen Körper. Wieder ein Filmriss.

Dort endete seine Erinnerung an den Abend und er sah von unten in die beiden besorgt dreinblickenden Gesichter.
 

Hagen stieg der beißende Alkoholgeruch noch immer in die Nase, doch er versuchte ihn zu ignorieren, beugte sich weiter zu dem Schlagzeuger hinunter.

"Hast dich halbtot gesoffen." Murmelte er nur mit ruhiger Stimme, bemüht darum, nicht so abfällig wie Jan zu klingen. Bela streicht sich, schmerzvoll aufstöhnend, mit eriner Hand durchs Gesicht. Deswegen also.

"Wo is Jan?"

Es war Hagen von Anfang an schwer gefallen, sich zu beherrschen, nicht zu hart zu seinem Kumpel zu sein, doch nun kam ihm doch ein Satz ehrlich über die Lippen, auch wenn er nur flüsterte und dabei an dem fragenden Gesicht vorbei schaute.

"Ich glaub der hat die Schnauze voll..."

Er hörte förmlich, wie es in Belas beeinträchtigtem Gedächtnis knirschte.

"Wie?"

"von dir!"

Der Blick des Bassisten traf ihn hart, er schluckte, da sein Mund trocken und taub war, drehte sich von ihm weg und schloss die Augen wieder halb.

Er konnte es Jan nicht einmal übel nehmen, wenn er die letzten Wochen rückblickend betrachtete und das einsehen zu müssen, machte ihn wütend. Noch nie hatte er gerne Schwäche vor seinem besten Freund gezeigt.

Waren sie das eigentlich noch? Ein leises Seufzen entrann seinen schmalen, blassen Lippen.
 

Mit seinem Gitarrenkoffer in der Hand eilte er in federnden Schritten über den Parkplatz vor dem Hotel, zum Transporter in dem er ihn vermutete. Jans Hand verkrampfte sich um den Griff, begann zu zittern und ließ ihn letztendlich auf der Ladefläche abrupt fallen.

Der Rothaarige drehte sich ruckartig zu ihm, konnte, von der letzten Nacht anscheinend weniger schwer getroffen, schon wieder grinsen und nickte ihm zu.

"Angenehme Nacht gehabt?"

Jan stand stumm da und starrte in das Gesicht seines alten Schulfreundes, dem ersten Punk, den er kennen gelernt hatte, der eine entscheidende und bis dahin eigentlich gute Rolle in seinem Leben gespielt hatte. Jetzt stand er da, mit eigenartig, fast triumphal strahlenden Augen und hatte Sex mit Dirk gehabt, ihm damit sein Ein und Alles genommen, ohne Rücksicht auf Verluste seine verdammte Notgeilheit ausgelassen.

"Is was?", das hämische Grinsen wurde langsam nervös, denn in dem Gesicht des Blonden bildeten sich langsam furchteinflößende Schatten und Falten.

Wie in Zeitlupe schritt er über die wackelnden Bretter der Ladefläche hinweg und kam vor Nopper zum stehen. Seine Augen waren nun gänzlich verdeckt von Dunkelheit und weil er den Roadie weit überragte, konnte dieser nur die zu einem zitternden Lächeln verzogenen Lippen sehen.

Dann ging alles ganz schnell, denn die langen, geschickten Finger schnellten nach vorn, packten ihn am Kragen seines T-Shirts und drückten den heftig würgenden und keuchenden Rothaarigen an einen großen Fenderverstärker, so dass die Ecke der Kiste sich zwischen seine Schulterblätter bohrte.

Das Lächeln verlosch auf einen Schlag und Nopper spürte das Gesicht des Blonden direkt neben sich.

"Und ihr? Netten Fick gehabt???" wisperte er in einem Ton in sein Ohr, der giftiger nicht hätte sein können. Der Rothaarige schluckte hart, starrte nur mit weit aufgerissenen Augen in Jans. Sein Atem ging rasselnd, da er noch immer kaum Luft bekam und noch überraschter als zuvor starrte in das tränenüberströmte Gesicht, wollte etwas sagen, doch brach ab, bekam Angst vor dem festen Griff und röchelte nur abermals.

"Weißt du, Kumpel..." Jans Ton hatte sich verändert, er wirkte schwach, hervorgewürgt, "Du begreifst einfach nicht, dass du verdammt noch mal nicht alles haben kannst, was du willst! Warum tust du uns das an?"

Nopper schloss die Augen, musste sich voll und ganz aufs Atmen konzentrieren und verstand kein Wort von dem, was Jan sagte. Er hatte gestern Abend noch mit Bela und den anderen auf dessen Zimmer gefeiert, sie waren als letzte übrig und hatten aus Verzweiflung - beide ziemlich zugedröhnt - ein bisschen rumgemacht, vielleicht auch mehr, Nopper wusste es nicht mehr genau. Aber er konnte sich daran erinnern, welchen Namen der kleine Schwarzhaarige immer wieder gekeucht hatte und es war nicht sein eigener gewesen.

Vor Schmerz stöhnend wand er sich unter Jans Griff, als sich ein Knie in seine Magengrube bohrte und er den salzigen Geschmack von Blut im Mund hatte.

Er sah gar nicht erst wieder auf, als die Hände sich von seinem Kragen lösten, lies auch noch den harten Fausthieb über sich ergehen und sackte einfach zu Boden.
 

Hastig machte Jan kehrt, eilte so schnell es ging an den Crewmitgliedern vorbei, hinter den Parkplatz und landete schließlich in der Ecke, wo gerade Mülltonnen gefüllt worden waren.

Noch immer war seine Sicht verschwommen von den brennend heißen Tränen, die er so selten preisgab und so lies er sich einfach an der hart geputzten Hauswand sinken, saß breitbeinig und ausgestreckt da und führte sich ungewollt Bilder vor Augen, die er sehr vermisste, Bilder einer engen Bindung, mehr als Freundschaft, aber weniger als eine feste Beziehung, ein kleines Geheimnis, ein unausgesprochener Bund, der nach und nach zerrissen war. Wieder quollen Tränen über seine geröteten Wangen, tropften von seinem unrasierten Kinn.

Er ballte seine Hände zu Fäusten, schlug damit hart auf den Steinboden unter sich und zog dann seine Beine zu sich und lehnte Arme und seinen Kopf darauf.

Warum er diese Gefühle auf einmal so stark bemerkte, wusste er nicht, vielleicht weil in ihm eine Sehnsucht wach geworden war, vielleicht weil die Freundschaft so zerrissen war, dass sie nur mit Liebe hätte wieder geflickt werden können...
 

"Hey, schon wach?"

Eine Stimme riss ihn aus dem Selbstmitleid in dem er drohte, zu versinken. Sie war klar und zart, nicht mit so tiefer, dunkler Sanftheit und doch wirkte sie beruhigend auf den Gitarristen und langsam sah er hoch in ein paar Augen. Sie waren nicht grün, nicht so geheimnisvoll und verführerisch, sie waren dunkelbraun, weich und glänzend. Eine völlig andere Art der Schönheit, aber sie wogen ihn in Sicherheit und langsam zog er das Mädchen in seine Arme und sie drückte sich leicht lächelnd an seine Brust, spendete ihm Wärme, die er ihr letzte Nacht gegeben hatte und jetzt brauchte und schwieg einfach darüber, warum er so traurig war, es schien ihr auch egal, sie war einfach da. Ohne Fragen, ohne Forderungen, ohne Schuld.

Er liebte sie nicht, nicht so innig wie er Bela liebte, aber er brauchte sie als einen Halt, als jemanden an dem er sich festklammern konnte, ohne das er ihn fallen lies.
 

le fin

Flammende Kunst

Diese Kurzgeschichte war für eine Challenge.

EIn Wort wird vorgegeben und du musst eine Story draus basteln.

Tja. Das Wort war "Fetisch" und der Name ist Program... *gg*

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"Felse..."
 

"Farin! ... Jan... bitte..."
 

Ein wenig zu grob schob Bela den Blonden von sich, der so eben damit begonnen hatte, mit seinen Zähnen das weiße Satinhemd zu öffnen. Nun sah er ihn fragend an, wusste nicht, was seinem Schlagzeuger an dieser Situation unrecht war.
 

Er war mit seinem Racing Team in Hamburg, er hatte einen Off-Tag, erst morgen wieder einen Gig zu absolvieren, was ferner bedeutete, dass Band und Crew anderweitig beschäftigt waren und sich bis zum nächsten Nachmittag nicht darum scheren würden, was ihr vertraglich fest gelegter Chef auf seinem Zimmer machte. Immerhin war es letztendlich auch Belas eigene Idee gewesen, ihn überraschend zu besuchen.
 

"Ich hab dich vermisst...", sagte er nun sehr leise, wollte er doch trotz seines Unverständnisses nicht anklagend klingen.
 

"Ich weiß."
 

Belas Gesichtszüge entspannten sich. Wenn Jan ihn nun genauer betrachtete, fand er, dass der kleinere doch ziemlich fertig, fast ein wenig übermüdet wirkte.
 

"Hast viel gearbeitet, hm?"
 

Nach kurzem Zögern nickte sein Gegenüber und sah etwas verlegen zu ihm auf.
 

Eigentlich hatte er sich vorgenommen, seinen Liebhaber gebührend zu empfangen, nicht ihn wegzustoßen. Doch der erwiderte mit einem beschwingten Lächeln.
 

"Dann entspann dich...", Bela sah nun fragend auf, wurde aber von einem paar großer schmaler Hände sanft nach hinten gedrückt.
 

"Lass dich fallen, genieß das hier einfach ein bisschen."
 

Der Ton, in dem der Blonde nun sprach, halb Flüstern, halb Säuseln, löste eine Art beruhigende aber gleichzeitig in ihm alle Reize erregende Wärme in ihm aus, die sofort seinen gesamten Körper durchströmte. Sie ging von seiner Magengegend aus und floss in jeden Muskel, bis in seine Haarspitzen. Bela erzitterte leicht, erwiderte nun aber, bereits flach auf dem Bett liegend, Jans Lächeln.
 

Sanft kraulte er durch dessen noch leicht nasse Haare. Er war gerade dann überraschend in sein Zimmer geplatzt, als der schwer beschäftigte Solokarrierist aus der Dusche gestiegen war. Eben jener wurde auf das nun langsam pervers anmutende Grinsen des Schlagzeugers nicht aufmerksam.
 

Es sei denn er ging sofort zur Rache über.
 

Sekunden später bestätigte sich eben dieser Gedankengang. Er fühlte Jans Zungenspitze sein Schlüsselbein streicheln, nach dem sein Satinhemd bereits achtlos neben das Bett geworfen worden war.
 


 

Fast ein wenig schadenfroh grinste der Gitarrist zwischen seinen flüchtigen, langsam aber intensiver werdenden Liebkosungen. Er wusste genau, wie er den kleinen Dämon unter ihm aus dem Gleichgewicht bringen konnte. Und das kostete er liebend gern aus.
 

Noch einige Augenblicke verweilte er an Hals und Schultern seines Schlagzeugers, bewegte sich dann aber langsam Belas sinken Oberarm hinab, sehr langsam.
 

Jedes Tattoo, das in Reichweite seiner Zunge war berücksichtigte er, umfuhr es und zeichnete es liebevoll nach. Dies war ein weiterer Teil von Bela, den er spannend, aufregend und geheimnisvoll fand. Dort, wo die Tinte den Schlagzeuger berührt hatte, reagierte er anders als sonst. Bei jedem Tattoo genoss er die Berührung auf eine individuelle Weise, als wären sie fester Bestandteil seiner Seele. Mal mehr, mal weniger verletzlich.
 

Letzterer Gedanke kam dem Blonden in den Sinn als er, längst über die Schultern zur anderen Seite gewandert, die Brandnarben Belas betrachtete.
 

Umsichtig, jedoch neugierig auf seine Reaktion fuhr er die Narbe mit der Zunge nach und spürte eine Art begeistertes Kribbeln unter seiner Haut, als Belas Kehle ein leises Keuchen entrann.
 

Der Schlagzeuger lehnte sich instinktiv weiter in die Kissen zurück, bog seinen Rücken genüsslich durch.
 

Als Jans Zunge seine Narben berührte schien es ihm, als entbrannte erneut ein Feuer dort.
 

Doch es waren nicht die stechenden Benzinflammen, welche ihn einst auf so grausame Weise gezeichnet hatten. Die Hitze, die über seine Haut, durch seinen Körper züngelte, schien ihn einzuhüllen, schürte seine Erregung, aber verletzte ihn nicht.
 

Im Gegenteil: die Zunge seines Gitarristen schien beinahe eine heilende Wirkung auf ihn zu haben.
 


 

Langsam tastete Jan sich nun weiter, noch etwas benebelt von dieser magischen, entzündenden Wirkung auf Bela.
 

Doch als jener begann, sich zurück zu halten, war er erpicht darauf, den festen, muskulösen Teil seiner Haut zu verlassen und drehte seinen Kopf zur Unterseite des pulsierenden Armes.
 

Dort war Belas Haut weich, sanft, ungeschützt.
 

Vielleicht hatte er - wenn auch nur im Unterbewusstsein - versucht, sich mit weiteren Tätowierungen auch dort zu wappnen, eine harte Schale zu entwickeln.
 

Doch es hatte, zu Jans großem Wohlwollen, nicht funktioniert und so küsste er einen faszinierenden Wirbel aus farbiger Tinte, der so unwirklich schien, aber so unvergleichlich nach Bela schmeckte.
 


 

Nur wenig später berührten die schlanken, schmeichelnden Finger Jans Belas Glied, hielten ihn vorsichtig und der Blonde betrachtete, vor Aufregung ob der neuen Entdeckung flach atmend, wie die blauen und roten Sterne auf den Lenden und der schmalen Hüfte flackerten und glühten. Nun war er sicher, das die Zeichnungen ein Teil von dem Mann waren, den er gerade als so unglaublich erotisch empfand.
 

"Jan... bitte..."
 

Er hörte die tiefe, raunende Stimme, als wäre sie direkt neben seinem Ohr.
 

Kurz sah er Lächelnd zu ihm auf, wandte dann seine volle Aufmerksamkeit wieder Belas Erregung zu, liebkoste und umschmeichelte ihn so innig und hingebungsvoll wie nur möglich, als wollte er sich für Belas lange Wartezeit entschuldigen.
 

Diese Absicht schien seine Wirkung zu erzielen, denn er brauchte nicht lang um Vergebung zu bitten, bis das tiefe, wollüstige Aufstöhnen durch den Raum drang und Bela Erlösung fand.
 

Besonders brav alles hinunter schluckend, kroch der Blonde zu ihm hoch, noch immer Shorts und T-Shirt tragend und schloss den erschöpften Kleineren in die Arme, strich sanft durch das hellbraune Haar und lächelte mit sich zufrieden.
 

Er liebte Bela. Vollkommen. Nicht nur teilweise.
 

"Eins hast du vergessen..." durchdrang die etwas heisere Stimme des Schlagzeugers den Raum. Farin sah ihn fragend an und er drehte seinen Kopf leicht, lehnte sich mehr gegen ihn.
 

In seinem noch immer von der Pulsader pulsierenden Nacken zierte eine neue Zeichnung die weiche Haut. Sein Liebhaber lächelte ein wenig verrucht und weihte sie mit einem lustverschleierten Zungenkuss.
 

Aber es gab nun mal Seiten an Bela, die liebte er ganz besonders.

Erwachen

Und wieder mal ein Challengebeitrag! ^^
 

Das Stichwort war diesmal Frühling.

Na ja, entsprechend kitschig is es geworden ._.
 

Mit apathischem Blick verfolgte Jan den dünnen Rauchfaden, der sich aus der Zigarette seines Gegenübers in die Luft hoch schlängelte.
 

Es war schon die vierte Kippe, die lose in den abgespielten, stets braungebrannten Händen lag, doch bei Rodrigo war das ohne weiteres zu überwinden.
 

Vor allem, wenn man bedachte, dass die beiden schon seit 20 Minuten vergebens warteten, wie der Blonde mit einem schweifenden Blick auf das Handgelenk des Bassisten feststellte.
 

Aber warum wunderten sie sich auch?
 

Es war dumm zu glauben, dass eine chronische Krankheit wie etwa das zu späte Kommen Belas im Alter abschwächen würde.
 

Früher hatte er manchmal noch geglaubt, er wolle sie einfach ein wenig reizen, blieb an der letzten Ecke stehen und wartete mit einem dämonischen, vorfreudigem Grinsen, bis jemand sich aufregte, aber nun?
 

Nach all den Jahren war er sich sicher, es war kein Streich, sondern wohl eher eine genetische Veranlagung.
 

Seufzend schloss er die Augen und erlaubte sich, einen Augenblick in Nostalgie zu schwelgen, Erinnerungen an strähnige, ungekämmte schwarze Haare, schwer gehenden, hastigen Atem und einen entschuldigenden Blick wurden wach. Jan lächelte still in sich hinein. Er war wohl der einzige der sich darunter etwas charmantes, liebenswürdiges vorstellte. Die gemeine Umwelt würde seine Vorstellung vom moschusartigen Schweißgeruch, den er noch in der Nase hatte, wenn er an enge Zweibettzimmer dachte, wohl eher als abstoßend bezeichnen.
 

Plötzlich schreckte er aus seinen Tagträumen auf, als das Windspiel über der Tür des Cafés erklang und frische, warme Luft den Raum durchströmte.
 

Er sah auf und erkannte den Eintretenden sofort.
 

Bela schlenderte gemächlich auf ihren Fensterplatz zu, wo nun auch Rod seinen Blick erhoben hatte und die Stirn augenblicklich kraus zog.
 

Er schien überrascht und Jan grinste unweigerlich, zuvorkommend einen Stuhl zurück ziehend.
 

"Morgen Jungs!" grüßte Bela seine Bandkollegen und lies sich mit einem beschwingten Lächeln neben ihnen nieder.
 

Während Rod das Lächeln mehr schlecht als Recht, er hatte mit Sicherheit heute noch Termine, erwiderte, setzte Jan sogleich zu einem Gegenkommentar an:
 

"Morgen? Felse, et is Nachmittach...", doch der große Blonde konnte kaum ausreden.
 

"Is doch völlig egal! Vermies mir ja nich meine Stimmung!"
 

Tatsächlich strahlten die grünen Augen ungewohnt fröhlich und sein Lächeln schimmerte heller als sonst.
 

"Wollen wir nicht hier raus? Wenn schon endlich mal wieder die Sonne scheint?"
 

Jan zog die Schultern hoch und stimmte, immer noch etwas konfus zu, während Rod auf seine Uhr sah und etwas enttäuscht auf seine Zungenspitze biss.
 

"Sorry, aber ich hab echt keine Zeit mehr. Rodrec. Und so..."
 

Die beiden Freunde nickten zustimmend und beteuerten, dass es schon in Ordnung sei, wenn er - wie immer - wichtiges zu tun hatte.
 


 

So schlenderten Jan und Bela eine halbe Stunde später allein durch den Park, dessen Rasen in saftigem grün erstrahlte. Er erinnerte den Gitarristen an ein gewisses Paar Augen, welches ihn nun schon seit längerer Zeit verfolgte.
 

Er warf Bela einen Seitenblick zu.
 

"Bela... was is los mit dir?"
 

Verwundert drehte sich der Dunkelhaarige, der bis eben seinen eigenen Gedanken nachgehangen hatte, zu ihm.
 

"Wie, was soll denn sein? Mir geht's super."
 

Er grinste, noch immer schien er wie ein seliger Geist, der Frohsinn verbreitete.
 

Jan hob eine Augenbraue und sah ihn ernst an.
 

"Genau das mein ich ja."
 

Sekunden später wurde sein Blick wieder fragend, als Bela kurz laut auflachte.
 

Der Drummer fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
 

"Ach Jan...", nun sah er ihm direkt in die Augen und legte leichten Gewissens seine Arme um den schlanken Oberkörper des Größeren. Sein Lächeln war nun nur noch leise, seine Augen geheimnisvoller.
 

Trotz der warmen, weichen Sonnenstrahlen überkam den Blonden ein kurzer Schauer.
 

"Der Winterschlaf is vorbei und ick bin verdammt verknallt!"

Haftende Vergangenheit

Und hiiier endlich mal wieder eine neue KG von mir. ^^

Ich hab sie nachts halb drei geschrieben, also ...

Nein, nehmt einfach keine Rücksicht *abwink* *gg*

Vielleicht kennt der ein oder andere die Story von Farins erster "Homestudioaufnahme":

Als er sich mit 12 unsterblich in ein Mädchen aus seiner Klasse verliebte und darauf mit dem Kassettenrecorder selbstgeschriebene Liebeslieder aufnahm und ihr schenkte. Nun, das ist jetzt (in der KG) 26 Jahre her...
 

Haftende Vergangenheit
 

Es war mitten in der Nacht, als sie ächzend aus ihrem tiefen Schlaf gerissen wurde. Einen Moment blinzelte sie gegen das Dunkel ihres Schlafzimmers und orientierte sich erst, als der schmale Lichtstreifen am Boden eindeutig als Türschlitz zu deuten war, der aussah, als schwebe er einfach in Mitten der Nacht. Nun hörte sie auch, was sie geweckt haben musste. Aus einem Zimmer ihrer Wohnung, und es war unschwer festzustellen, um welches es sich handelte, drang ein schrilles Gitarrensolo. Die Anlage ihrer Tochter.

Seufzend rieb sie sich mit dem Handrücken über ihre verschlafen flatternden Lider und schwang sich aus dem Bett.

Sie öffnete die Tür, hinter der die Stereoanlage dröhnte und fand ihre 15jährige, sie fast überragende Tochter auf dem Bett liegend und seelenruhig lesend vor. Die Füße baumelten in der Luft.

Mit unnötig leisen Schritten, sie wäre ohnehin nicht wahrgenommen worden, gelangte sie an den Lautstärkeregler und drehte daran, bis das wilde Solo in ihren Ohren kurz nach dem Aufstehen erträglich klang, dann lies sie sich auf das Bett neben ihre Tochter sinken.

Diese sah nun verwirrt auf, schien wach wie eh und je. Ihre Augen schimmerten groß und hell. Sanft kämmte sie ihrem Engel eine Strähne hinters Ohr.

„Du bist noch wach?“

„Wieder...“, und sie deutete auf die Boxen der Anlage, „notgedrungen, ja.“

Sofort setzte die Jüngere sich entschuldigenden Blickes auf.

„ Das wollte ich nicht. Hab gar nicht gemerkt, wie spät es ist...“

Zeitgleich blickten beide auf den bedrohlich tickenden Wecker, der dem Morgen auflauerte.

„1 Uhr morgens. Schlaf besser, morgen sind die Ferien fast vorbei.“

Resigniert seufzend senkte ihr Gegenüber die Schultern, nickte und lies sich in die Daunen zurück fallen.

„Gute Nacht.“

Die Müdigkeit schien sie plötzlich zu überkommen und sie murmelte nur leise noch etwas, bevor ihre Mutter sie zu deckte und den dicken Wälzer von ihrem Schoß nahm.

Kurz drehte sie es in ihren Händen und warf einen Blick auf die Buchklappe. Sie lächelte schwach: Franz Kafka.

Nachdem sie die angelesene Seite vorsorgliche eingeknickt und das Buch bei Seite gelegt hatte, schaute sie noch einmal auf den unerbittlichen Wecker.

Schlafen könnte sie sowieso nicht mehr. Sollte sie noch arbeiten?

Während sie nach sann, erkannte sie plötzlich im Hintergrund die Stimme des Sängers, dessen Lied, es war ein neues, aus den Lautsprechern drang.
 

Unsre Tage waren dunkel

Unsre Hemden waren schwarz

Wir standen ständig auf dem Schulhof in der Ecke

Und wir tauschten

Tief enttäuschte Blick aus
 

Und immer wenn wir traurig warn

Gingen wir zu dir nach hause und da hörten wir die Smiths
 

Unsre Nächte waren einsam

Unsre herzen waren schwer

Es gab niemanden der uns verstehen konnte oder wollte

Und so kamen wir uns näher
 

Und immer wenn wir traurig

Nahm ich dich in meine arme und da hörten wir die Smiths

Manchmal auch the cure oder new order

Aber größten teils die Smiths


 

Schwermütig lächelnd stellte sie die Anlage aus und verlies, die CD-Hülle in der Hand, das Zimmer ihrer Tochter. Sie betrachtete das markante Gesicht, dass im Licht der Flurlampe unter der Lasierung glänzte, darüber in weißen Lettern der Namenszug.

Sie knipste die Deckenlampe im Zimmer an, warf das weiße Cover auf ihre Bettdecke und stieß die Tür ihres Schrankes auf. Heraus holte sie einen unscheinbaren, unbedruckten Schuhkarton, der höchstens mit der dicken Staubschicht an der Oberfläche eine Absonderlichkeit an sich hatte.

Darauf nicht achtend ließ sie sich auf die Matratze sinken und hob den schon zerfallenden Deckel langsam ab. Zum Vorschein kamen Sachen, die sie sehr lange verdrängt hatte. Alte Fotos, Briefe, Urkunden. Und in mitten der Dokumente, die die vergangene Zeit bewiesen, eine alte Selbstaufgenommene Kassette.

Sie wog das alte Band erst zögernd in den Händen hin und her, las wieder und wieder die Beschriftung auf der Vorderseite von kaum lesbarer Schrift.

Schließlich nahm sie sich zusammen, oder aber, die Neugierde wuchs über ihre Vernunft und Angst hinaus, doch das war ihr in diesem Moment gleichgültig. Behutsam zog sie die Kassette aus der Hülle und legte sie in den alten Recorder, der noch auf ihrem Nachtschrank stand. Sie drückte die Playtaste und hörte erst leises Knacken, dann erste Töne.

Als sie sich umdrehte bemerkte sie ein Foto, was aus dem Karton gerutscht sein musste und nun über dem neuen CD-Cover lag. Sie schob es nachdenklich zur Seite, während im Hintergrund der 12jährige Junge durch seine Zahnspange hindurch und zu spärlicher Gitarrenbegeleitung „I love you so much.“ Nuschelte.

Er hatte sich verändert, alles an ihm, nur eines war geblieben, was sie immer, wenn sie irgendwo ein aktuelles Foto von ihm sah, daran erinnerte, das dies der Jan war, der ihr Nachhilfe gegeben hatte, mit dem sie auf dem Schrottplatz nach einer neuen Gitarre gewühlt hatte. Der Vater ihrer Tochter, den sie so geliebt hatte.

Zitternd wischte sie sich die Tränen von den Wangen, einige schmeckte sie, die über ihre Lippen geglitten waren.

Wie oft wünschte sie sich, ihn nie getroffen zu haben.

Candy

Und nun auch mal wieder eine neue kg, die in den letzten Wochen etwas zu kurz gekommen sind... leider! Vor allem, weil ich einfach zu faul bin, meine Rohfassungen abzutippen...

Na ja, ansonsten werden sich jetzt wohl einige slash-fans verloren vorkommen, immerhin handelt es sich um ein HETERO-pairing *unschuldig pfeif*:

Bela B. / Silvia Superstar

einfach mal etwas rumgooglen (insider) bin jetzt zu faul, noch nen Link zu den´"Killer Barbies" hier rein zu stellen...

Es geht um die Zeit, in der Belchen mit den Barbies einen Horrorfilm drehte.

Have fun!
 

Erleichtert seufzend und allen Schmuck von sich werfend, lies sie sich auf das eigentlich mehr als unbequeme, viel zu weiche Hotelbett fallen.

Der alte Wecker auf ihrem Nachttisch zeigte eine Zeit jenseits von Mitternacht und tickte unerbittlich. In drei Stunden würde er wieder klingeln, sie würde sich verkatert aus dem Bett quälen und einen weiteren Drehtag hinter sich bringen.

Natürlich waren die Leute am Set sehr entspannt und sie konnte großteils mit ihrer Band auf der Bühne stehen, der Streifen würde die Killer Barbys weltweit, oder zumindest europaweit, bekannt machen. Wenigstens bekannter als sie es jetzt waren.

Mit einer trägen Bewegung ihres rechten, bleiernen Armes wischte sie sich über die Augen, hatte sofort den grünen Lidschatten auf dem Handrücken.

Erneut, diesmal mehr müde als erleichtert seufzend, erhob sie sich und hielt ihr Gesicht im Bad ihres Hotelzimmers unter einen wohltuenden warmen Wasserstrahl.

Kurz hielt sie inne, überlegte dann aber nicht weiter und löste sich schnellstmöglich von ihren verschwitzten Klamotten, welche sie kurzer Hand überall im Bad verteilte.

Schnell verschwand sie hinter dem angegrauten, lange nicht gewaschenen Duschvorhang und drehte den Hahn auf, in der Hoffnung, sich so die Müdigkeit aus den Gliedern schrubben, oder mindestens den Stress ertränken zu können.

Das heiße, im ganzen Bad schon als Dampf umherwabernde Wasser hüllte sie bald ein, beanspruchte all ihre Sinne für sich. Leise stöhnend, als wäre sie von einer Last erlöst, gab sie sich der Entspannung ganz hin, lies den gesamten Tag revue passieren.

Es war wohl die wichtigste Szene des ganzen Filmes im Kasten. Zumindest war es für die Killer Barbys die wichtigste, denn das Duett zum alten Iggy Pop-Hit „Candy“ würde als absoluter Wurm auf dem Markt landen und kaum einem noch aus dem Ohr gehen, da wahr sie sicher.

Ein leises Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie an diese drei Minuten zurück dachte, die nur ihnen beiden gehört hatten, Bela und ihr.

Zuerst schien er sehr zurückhaltend, sie hatte ihm beinahe Mut machen müssen, nur damit er seiner – wenigstens im Lied – Angebeteten einen Arm um die Hüfte legte.

Unweigerlich spürte Silvia eine Gänsehaut, war es doch irgendwo ein berauschendes Gefühl gewesen, ihm so nahe zu sein.

Und dann erinnerte sie sich an die Drehbuchbeschreibung und grinste vor sich hin.

„Die zwei erotischsten Charaktere der Geschichte, auf einer Bühne, ein gewisses Knistern, was alle Umstehenden vor Eifersucht erbleichen lässt.“

So hatte sie es damals Wort führ Wort gelesen und war in schallendes Gelächter ausgebrochen, wenige Sekunden später hatte Bela mit eingestimmt.

Doch nun konnte sie beinahe nachvollziehen, was Franco damit gemeint haben musste.

Sie gestand sich ein, ihr Puls hatte ihr tatsächlich Mühe gemacht, die Töne zu treffen, im Gegensatz zu dem nur sperlich spanisch sprechendem Mann mit der tiefen Bassstime, die die ganze Bühne zum beben brachte.

Einige Minuten später stieg sie aus der fast vollkommen gefüllten Wanne, der Abfluss schien verstopft zu sein, doch das kümmerte sie nicht weiter, schließlich hatte sie schon in ganz anderen Quartieren übernachten müssen.

Halbwegs abgetrocknet, in den heißen, schwülen Nächten Spaniens spielte jener Vorgang nie eine allzu wichtige Rolle, warf sie sich gerade noch ein weites T-Shirt über die Hotpants und rieb sich die Haare trocken, als jemand an ihrer Tür klopfte.

Entnervt die Augen verdrehend, sich aber nicht von ihrer Beschäftigung abbringen lassend, rief sie nur, halb spanisch, halb deutsch:

“Wer stört da?“

Sie sah nicht auf und genau das war, wie sie darauf feststellen sollte, ihr Fehler.
 

„Verzeih mir, ich wollte dich nicht belästigen.“

Die Blonde erkannte die tiefe, deutsch akzentuierte Stimme sofort und sah auf, direkt in Bela´s Gesicht. Er grinste entschuldigend und schloss rasch die Zimmertür hinter sich, bevor sie die Chance hatte, ihn rückwärts gegen die Flurwand zu stoßen.
 

Zu seiner Erleichterung schien Silvia allerdings nichts dergleichen vor zuhaben, nur ihre Überraschung sah man ihr deutlich an und Bela spürte, wie sich ein Lächeln auf seine Lippen stahl, welches eigentlich entschuldigend gemeint war, aber wohl eher amüsiert wirkte.

Wenigstens ermutigte es die Sängerin, ihn herein zu lassen, in dem sie einfach zur Seite trat und ebenfalls lächelte.

Für solche eindeutigen Gesten war Bela ihr in den letzten Tagen sehr dankbar gewesen, denn wenn sie sich zum Beispiel mit ihren Bandmitgliedern oder dem Filmteam angeregt unterhielt, dann verstand er nur Phrasen und vermutete immer eher wage, worüber sie eigentlich gerade redeten.

Sie band ihn in solchen Momenten mit einfachen Sätzen, die sie zur Hälfte englisch sprach, sehr hilfsbereit mit ein, auch wenn er sicher war, dass auch sie die mürrischen Blicke der Spanier bemerkte, sobald sie ihm Aufmerksamkeit schenkte.
 

„Du würdest mich doch nie stören, Blaskó!“

Sie grinste nun fast frech. Immer wieder fand sie einen gewissen Reiz in den gebrochenen, stark nach dem Muster eines Wörterbuches formulierten Sätzen. Die etwas unsicher wirkende Höflichkeit, die sie darin hörte, gab der kühlen mitteleuropäischen Seele ein ganzes Stück Menschlichkeit zurück. Er war auf diese eigene Art doch faszinierend und mehr als charmant, trotzdem er sie nicht so mit Komplimenten überhäufen konnte, wie ihr Bassist es tat.

Seine Blicke genügten ihr vollkommen, waren Aufmerksamkeit genug und besonders aus seinen tief grünen Augen heraus viel effektiver als ein paar lasche Sätze, gesprochen in dem üblichen abgefeimten Ton der Höflichkeit.

Bevor sie jedoch ganz in ihren wachen Träumen verschwinden konnte, weckte er sie mit einem unsicheren Nicken, ob ihres verschleierten Blickes:

„Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du noch mit in die Bar runter möchtest... Aber anscheinend ist das nicht der Fall.“

Er deutete, erneut etwas amüsiert lächelnd auf ihr Nachthemd, das aus einem viel zu langen Slayer-T-Shirt bestand. In sich hinein fast verärgert drängte sie die Hitze zurück, die ihre Wangen erröten lies.

Der Ältere schritt in langsamem gemessenem Gang durch das Zimmer, die Hände hinterm Rücken gefaltet, die beringten Finger ineinander verschränkt, gerade so wie Lugosi selbst.

„Bist du schon sehr müde?“

Silvia bemerkte ein Frösteln auf ihrer nackten Haut, als Bela sich, am Fenster angekommen, zu ihr drehte. Das fahle Mondlicht beschien ihn von der Seite, und nur dieses allein, denn er hatte den Lichtkegel verlassen, den die kleine Nachttischlampe warf.

Seine Augen schienen ihr nun schwarz, sie glitzerten kurz auf, als er den Kopf fragend neigte und sie glaubte fast, einen gelben Schimmer zu sehen.

Ihre vollen, tief roten Lippen zierte ein leises Lächeln, ob dem Schauer, der über ihren Rücken jagte und mit geschmeidigen langsamen Bewegungen erhob sie sich, ihre Haare umspielten lieblich den graziösen Oberkörper.

Sie trat so nahe an ihn heran, dass sie den Kopf leicht heben musste, um dem Größeren in die Augen zu sehen. Etwas zitternd umschlang sie mit den Armen ihre Schultern, als die Blicke sich trafen und Bela seine leicht bebende Hand hob, um ihr damit über die Wange zu streicheln. Unweigerlich spannte sich Silvias ganzer Körper an und sie schloss die Augen halb, wie in Trance.

„Liebst du ihn?“ durchbrach die tiefe Stimme dann das Schweigen in der schweren Nachtluft am offenen Fenster und er kämmte ihr eine Strähne hinters Ohr.

„Was?“, sie sah ihn etwas entsetzt an, verstand nicht, was er meinte. Hatte er sich vielleicht ob seiner eingeschränkten Fremdsprachenkenntnisse vertan?

„Billy...“ raunte er leise, seine Arme schlossen sich vorsichtig um ihre schlanke Tallie.

„Liebst du ihn?“

Sie fröstelte, als seine Lippen sich langsam auf ihre Schulter senkten und sie sanft liebkosten.

Ein Lächeln umspielte ihre Gesichtszüge nun und sie strich mit den Fingerspitzen sanft seinen Rücken hinauf.

„Wie könnte ich ihn lieben...“ wisperte sie nur leise, lehnte ihre glühende Wange an seine Halsbeuge und genoss seine Berührungen. Eine ihrer Hände glitt unter sein Jacket.

Sie spürte, wie er leicht zitterte und drückte ihn von sich, umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und sah nocheinmal in die schönen Augen, bevor sie ihn zaghaft küsste.
 

Bebend presste er sie eng an sich, spürte ihre brennende Haut und wie die Hitze auf ihn überging, umspielte mit seiner Zunge bald ihre Mundwinkel und lies sich sanft in Richtung des noch ordentlich gefalteten Federbettes ziehen, bis ihre Kniekehlen an die Kante stießen und er sich rasch links und rechts von ihr abstützte um nicht direkt auf dem schönen blonden Geschöpf zu landen. Diese sah ihn von unten nun verliebt lächelnd an, strich mit einer Fingerspitze von seiner Schläfe über den Wangenknochen bis hin zu seinem Kinn und seinen Hals hinab, wo sie den zitternden Adamsapfel sanft umspielte und dann den ersten Knopf des Netzhemdes öffnete, dass er unter seinem Jacket trug.

Jenes streifte sie mit der anderen Hand bereits ab und sah mit wohlwollen, wie das Verlangen sich in seinem Blick abzeichnete, wie er innerlich brodelte und wie sehr er sie wollte.

Das war kein einfaches Spiel.
 

Unter sanfter Berührung glitt er nun unter das weite schwarze Shirt, streichelte vorsichtig ihren gesammten Oberkörper und sah ihr dabei tief in die Augen.

Er beobachtete jede Regung genau, genoss aber auch ihre Sanftheit und schob das T-Shirt bald über ihren Kopf, warf es zu seinem Jacket und dem Netzhemd, dass sie bald von seinen Schultern gestreichelt hatte. Nie hatte er sich ihre Berührungen so vorgestellt, auch, wenn er schon oft in dieser Art an sie gedacht hatte.

Oder von ihr geträumt...

Er stöhnte leise auf, als ihre schlanke Hand sich nunmehr in seinen Schritt legte, die Hose längst geöffnet, und warm und begierig in seine Shorts glitt.

Er grinste sie leicht verlegen an, und sie erwiderte nur mit einem verschleierten Lächeln.

Sie waren zu der stummen Übereinkunft gekommen, dass jeder den anderen wollte, sie für einander geschaffen waren, wenigstens für diese Nacht.

Demotape

Ohne Worte, hier meine Inspiration:
 

"Nachdem wir uns durch die Demos gehört, gekichert und gestaunt hatten, nahm Bela recht schüchtern meine Westerngitarre in die Hand und meinte nur: Ich hab da noch so ne Idee, weiß aber nich, ob das gut so is - und dann spielte er mir "Manchmal haben Frauen" vor. Ich bekam eine Gänsehaut: Melodie und Text waren umwerfend. Jetzt zelebriert Bela das Stück immer auf Konzerten und lässt das Publikum singen, es sein ihm gegönnt! Aber ich fands in jener Urversion am schönsten.", fu
 

Kommis erwünscht^^ (bittö :-:)
 

Farins Reaktion, als die Klingel an seiner Haustür durch den Flur zu ihm ins Wohnzimmer drang, erinnerte ihn selbst an einen kleinen Jungen, der den halben Tag auf der Straße hockt, um auf den Eismann zu warten. Der Gitarrist sprang eilig auf und mit einem letzten prüfenden Blick durch die Wohnräume und sich die frisch geschnittenen Haare zurück streichend eilte er zur Tür.

Er hatte sich seit Wochen auf das ersehnte Zusammentreffen mit Bela gefreut, schließlich war ihr Kontakt für eine Weile gänzlich abgebrochen. Doch Farin stellte erleichtert fest, dass diese Ruhe voneinander nur nützlich für sie beide gewesen war, als er in das entspannte strahlende Gesicht seines Drummers sah.

Er hatte kaum seinen Namen ausgesprochen, als sich bereits die starken Arme um ihn schlangen und Bela ihn überschwänglich an sich presste.

Farin spürte stumm lächelnd, wie sich die Lippen seines Gegenübers gegen seinen Hals schmiegten, während er nur nuschelte:

„Hey Jan...“

Sie ließen wie auf Kommando voneinander, sahen sich kurz bedeutungsschwer in die Augen und Farin schloss die Tür, während der Kleinere aus Schuhen und Jacke schlüpfte, um dann in das vertraute Wohnzimmer zu schlendern.

Er schenkte Tee in die beiden Tassen auf dem Couchtisch und lehnte sich in die Polster zurück. Nachdenklich betrachtete er die Aktentasche in seinem Schoß. Einige Monate Arbeit steckten darin, wie jedes Mal. Er war stolz auf seine Demobänder, auf die Ideen und neuen Erfahrungen, die er hatte einfließen lassen können. Und er war wie jedes Mal sehr neugierig, wie Farin reagieren würde, was er denn selbst verfasst hatte.

Bela hatte sich vorsorglich den ganzen Tag Zeit vorbehalten, schließlich rechnete er mit einem Überfluss an Liedfragmenten, Texten, ganzen Songs von Farins Seite. Mindestens das Doppelte seiner Beiträge. Sie würden wieder jede Menge diskutieren, zusammen lachen und staunen und vielleicht würde sich sogar noch ein gemeinsames Lied ergeben.

Mehr Gelegenheit, den Ablauf der kommenden Stunden zu planen hatte er nicht, denn der Gitarrist betrat unbeschwert pfeifend den Raum, in seiner hand ein Schuhkarton von mittlerer Größe. Bela fragte sich kurz, wessen Schuhe darin verkauft worden waren, denn von den Schuhen, die Farin benötigte, hätte höchstens einer dort hinein gepasst. Quer gelegt, zusammen gefaltet oder zerstückelt. Über seinen Gedanken grinsend, nur sein Gitarrist war wohl im Stande, ihn zu derartigen Monologen zu inspirieren, sah er zu, wie die geschickten Finger ein Tape aus dem Stapel im Karton fischten und Farin damit zu seiner Anlage ging.

„Ja, als erstes will ich was von dir hören.“, das Grinsen schwang noch immer in der tiefen Stimme des Drummers mit. Ihm einen unschuldigen Blick schenkend schlug Farin seine langen Beine über die Seitenlehne seines Sessels und griff zu seiner Fernbedienung.

„Ich meins doch gar nicht böse...“

Das grinsen auf den schmalen Lippen wurde etwas breiter, Bela strich sich eine pechschwarze Strähne aus dem Gesicht und erwiderte noch, bevor das erste Lied anfing:

„Nur weil ich auf Autoritäten stehe.“
 

Es verwunderte Farin immer wieder, wie schnell ein ganzer, eigentlich hässlicher, grauer Regentag vergehen konnte, wenn Bela bei ihm war. Als das letzte Tape den Weg zurück in den Schuhkarton fand, war es längst jenseits von Mitternacht. Vor ihnen auf dem Couchtisch standen zwei Gläser. Eines mit Wasser, das andere mit Wein. Daneben die Teller, auf denen sein liebevoll angerichteter Fisch gelegen hatte. Außerdem lagen über den Boden, das Sofa und auch den Rest des Tisches verteilt einzelne Blätter mit Ideen, Texte, welche nur an der unterschiedlichen Bleistiftführung zu erkennen gaben, dass sie von zwei verschiedenen Händen nieder gelegt wurden. Ihm gefiel diese Atmosphäre wesentlich besser als das leere, ordentliche Wohnzimmer vom Vormittag, welches er äußerst penibel gesäubert hatte. Das dämmrige Licht von ein paar Kerzen ließ seine gefärbten Haare glänzen, durch die Bela nun mit einer Hand fuhr. Farins Kopf lag unlängst in seinem Schoß und der Gitarrist gähnte ab und zu zufrieden.

„Warum Pink?“ fragte der Ältere dann mitten in den Raum hinein. Fragend sah Farin zu ihm hoch.

„Genau genommen ist es Magenta. Gefällt es dir nicht?“

Bela lächelte leichthin.

„Ich mag es. Es macht dich äußerlich ein wenig zu einem Engel.“

Farin sah Sekunden später entnervt zu ihm auf. Er verstand aber, dass das Rot, welches er zuvor getragen hatte, wesentlich diabolischer gewirkt hatte.

„Vielleicht sollten wir das neue Album dem entsprechend gestalten.“

Dazu lächelte er etwas stumpf und wedelte mit den Händen vor Belas Gesicht herum.

Jener lachte vergnügt, sah dem Mann in seinem Schoß wieder in die Augen.

„Es wird wirklich etwas besonderes.“

Der Gitarrist hielt den Augenkontakt nicht länger, richtete sich etwas auf, lehnte sich dann aber zu ihm hinüber.

„Jah.“

Der warme Atem streife Belas Ohr und er genoss die feuchte Zunge auf seiner Haut. Langsam schlossen seine Arme sich enger um den schlanken Oberkörper und er schob die eigenen Beine auf die Couch hoch, um dann langsam zum liegen gebracht zu werden.

Er ergab sich dem stumm, im Wissen daran nicht zu verlieren, sondern nur an das zu kommen, wonach er sich sehnte.
 

~
 

Der Duft von heißem Bohnenkaffe entzog Farins Geist langsam aber bestimmt dem Traumland. Er öffnete die Augen halb und setzte sich langsam auf. Bis er realisierte, wo er war, dauerte es jedoch noch einige Momente. Sein Blick fiel auf ein paar Zettel, auf denen Wachs von den herunter gebrannten Kerzen getropft war. Ach richtig.

Er war im Inbegriff, nach Bela zu rufen, als Besagter mit einem Tablett und vollständig angezogen den Raum betrat. Farin zog die Steppdecke bis zu seinem Bauchnabel, blinzelte den Schwarzhaarigen müde an.

„Morgen.“, Bela lächelte und setzte sich in den Sessel, in dem Farin den letzten halben Tag verbracht hatte und sah mit einer Tasse in der Hand zu ihm hinüber. Er lächelte einfach und Farin spürte, wie sein unruhiger Herzschlag sich wieder normalisierte.

Kein Traum.
 

Minuten lang saß er stumm auf der Couch und betrachtete Bela, seine Miene wurde immer zufriedener und als der Kleinere die Tasse Kaffee geleert hatte, sie abstellte und nach Farins Westerngitarre griff, welche noch am Sessel lehnte, lächelte der Gitarrist strahlend und besonnen in das etwas unsicher, ja nun fast nervös wirkende Gesicht.
 

„Ich hab da noch nen Song...“

Spiegelbild

Und schon wieder was neues. ^^""
 

Gelassen steigt er von der großen Hauptbühne des Open Air-Festivals hinab, am Graben vorbei, vor ihm die Mitglieder seiner Band, die gut gelaunt Autogramme verteilen.

Er grinst professionell natürlich in ein paar Kameras, reichte Fans die Hände und badet noch einen Moment im Ruhm seiner Musik, verabschiedet sich mit einem kurzen Wink von einer seiner Sängerinnen.

Nichts vermag Farin wohl so zufrieden zu stellen, wie ein derartig gelungenes Konzert.

Er stößt die Tür zu dem leer gefegten Backstagebereich schwungvoll auf, schlendert, das Grinsen langsam abstellend, den kalten grauen Gang entlang.

Keine einzige Stimme dringt vom Gelände hierher.

Die Bands sollten ja ihre Ruhe haben, so die öffentliche Meinung... eine, die ihn ungemein nervt.

Er öffnet die Tür zur Garderobe seiner Band, welche groß als HEADLINER-BEREICH ausgeschrieben ist.

Wieder fällt eine Schleuse hinter dem großen Blonden zu.

Seine Miene verändert sich vollkommen.

Der müde Blick des Gitarristen fällt auf seine Reisetasche, welche einsam auf dem Hocker neben dem Waschbecken steht, dann höher, zum Spiegel.

Als Farin auf sein Spiegelbild starrt, fühlt er wieder etwas in sich pulsieren.

Verwirrt blinzelnd tritt er langsam näher an die geflieste Wand.

Hinter ihm eine schemenhafte, vertraute Gestalt.

Hastig reist er den Kopf herum.

Doch nichts.

Wieder ein Blick in den Spiegel.

Jetzt leuchten ihn zwei Strahlen an.

Grüne Augen.

Farin spürt seinen Puls in den Ohren hämmern, doch fühlt er sich taub, murmelt stumm einen Namen.

Jenen, der ihm seit dem Unfall nicht mehr über die Lippen gekommen ist.

Wie gerufen von seiner Geste kommt der Schatten langsam näher, legt von hinten eine flache Hand auf die zitternde Bauchdecke Farins.

Jener greift sofort nach der Hand.

Doch wieder nichts.

Es ist nur im Spiegel.

Jetzt presst er die Hand gegen das kalte Glas, will nun alles dafür tun, die Berührungen auch zu spüren, die sein Abbild erfährt.

Aber er kann nicht näher zu ihnen dringen, als sein Atem, der an der Scheibe kondensiert.

Der Blonde keucht auf, als die beiden im Spiegel vor ihm in einen Kuss versinken, wünscht sich nichts, außer diesem fernen Prickeln auf den Lippen, was dem Farin im Spiegel vergönnt ist.

„Hört auf!“, fleht er leise.

Doch eine Neonlampe in dem Raum hinter Glas flackert, geht an und zeigt ihm das Gesicht der düsteren, kleinen Gestalt.

Farins Inneres zerberstet, diesmal noch heftiger, von seiner Sehnsucht geleitet.

Seine blauen Lippen zittern, kalter Schweiß steht auf seiner Stirn, er kann der Halluzination nichts entgegen halten, fühlt sich immer schwächer, zischt nur:

„Lasst es endlich, verdammte Bastarde!“

Aber die beiden Männer sind zu sehr mit einander beschäftigt.

Farin erträgt den Anblick bald nicht mehr, schüttelt heftig den Kopf.

Immer noch die Verliebten im Spiegel.

Wütend packen die schlanken Finger das Glas und reißen die Scheibe von der Wand, zerschmettern sie auf dem verstaubten Beton des Gebäudegrundes.

Schwer atmend schaut er zu Boden, auf die Scherben, deren klirren sein Trommelfell zerfetzen.

Der große, stolze Mann sinkt auf die Knie, seine breiten Schultern beben, die Stille drückt ihn immer tiefer und er sieht die Lippen, diese verführerischen, unregelmäßigen Lippen, in einer schmalen Scherbe, beugt sich der unsagbaren Macht seiner Sehnsucht und küsst unter verzweifelten Tränen das Glas.

Doch es ist nur ein Spiegelbild, kalt wie eine Leiche.

In vino veritas!

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Schweigen

Mit einer untypisch wenig eleganten Bewegung hockte Bela sich auf eine der harten Holzbänke, an deren rostiges Knirschen er sich längst gewöhnt hatte. Und auch wenn er die Angst, sofort durch das Brett vom Sperrmüll bis auf den betonierten Boden durchzubrechen, noch nicht verloren hätte, im Moment war ihm so ziemlich alles egal. Ein resigniertes Seufzen unterdrückend, um ja nicht entdeckt zu werden, verfolgte er mit leerem Blick, wie die schlanken Schenkel seiner Begierde sich in den engen Jeans wanden, während Farin nach dem Ball rannte, den er einem Fundbüro aus Langeweile entwendet hatte.

Bei der Erinnerung an diese kriminelle Eskapade musste Bela unweigerlich sanft grinsen. Mit dem umwerfenden Lächeln und dem Charme eines jungen Kavaliers hatte er der Lady, die an besagter Stelle verbeamtet war tatsächlich glaubhaft machen können, dass der kleine rot-weiß gepunktete Gummiball ihm gehörte. Und dabei dann direkt ein Date klar gemacht.

Diese Nebentatsache konfrontierte Bela jedoch wieder mit seinem Anfangsgedanken.

Er träumte schon seit geraumer Zeit davon, das durchtriebene Grinsen für eine Nacht aus dem Gesicht seines Gitarristen zu verbannen, indem er einfach seiner Lust folgte und ihn damit überrumpelte.

E i n f a c h erschien ihm an dieser Stelle allerdings als eine mit Vorsicht zu behandelnde Phrase der Umgangsprache. In der Realität handelte es sich bei der Perfektion seiner Träume, der Sahnehaube auf der Torte seiner Gelüste, die er in seinem Leben mit Genuss verzehrte nicht um irgendeinen Groupie, den er ohne weiteres zurück lassen konnte, wenn er eine frische Kirsche statt der Sahnehaube bevorzugte.

Er begehrte Farin Urlaub.

Den Liebling der Massen, einen jungen Sonnengott und ganz nebenbei seinen Gitarristen und besten Freund.

Oh, wie sehr er sich für seine primitive Phantasie hasste.
 

„Essen!“

Sofort schrak er zusammen, fiel prompt, samt der klappbaren Bank um und stieß sich den Kopf an dem dazu gehörigen Tisch. Der Schwarzhaarige jaulte unterdrückt auf, fühlte sich sein Schädel doch nun eher nach zwei sauber gespaltenen Hälften an.

„Hey, alles okay?“, drang die gleiche Stimme, welche ihn so eben eines wunderschönen Traumes beraubt hatte, allerdings sehr viel vorsichtiger als frech an sein Ohr. Mit tränenden Augen blinzelte Bela gegen das graue Tageslicht. In das blasse Gesicht fielen einige blonde Strähnen, als der junge Koch sich hinhockte um ihn besorgt zu mustern.

Der Schlagzeuger funkelte sauer: „So lange du gut versichert bist...“

Er konnte tatsächlich sehr zickig werden, speziell wenn man ihn bei einer für ihn persönlich sehr wichtigen Tätigkeit störte. Ein FC St. Pauli-Spiel war zum Beispiel eine solche Situation. Oder beim Sortieren seiner Comic-Sammlung. Oder eben bei einem erotischen Tagtraum. Allerdings fühlte Bela sich nun, außer Kraft gesetzt durch das wichtigste physikalische Grundgesetz (Wo ein Körper ist kann kein zweiter sein.) und das sich langsam bemerkbar machende Hungergefühl nicht im Stande, einen seiner Köche zu feuern. Auch Jörg schien im Moment keine Angst vor der Arbeitslosigkeit zu haben.

Beruhigt, dass seinem Geldgeber scheinbar nichts ernstes fehlte, ließ er eine seiner schlanken Hände in die wuscheligen schwarzen Haare gleiten und strich prüfend über Belas stetig anschwellende Beule.

„Sorry... dafür gibt’s heute auch extra leckeren Nachtisch nach deinem Wunsch.“ Lächelte er zuckersüß.

Ohne auf eine zweifellos zynisch ausfallende Antwort zu warten packte der Koch nun Belas Handgelenke und zog ihn zu der liebevoll angerichteten Tafel, welche das Catering-Team direkt neben einer Baustelle hatte errichten müssen.

Nachdem der Drummer einen kurzen Blick über die beiden gefüllten Bänke der bereits näher erläuterten Sorte geworfen hatte stellte er fest, dass er mal wieder der letzte war, der sich zu Tisch bequemte. Und mal wieder kümmerte es ihn recht wenig, bis Jörg auf die grandiose Idee kam, seine „Beute“ stolz zu präsentieren. Mit vereinzeltem Klatschen und trockenem Gelächter kommentiert sah sich Bela nun mit einem aufgesetzten Lächeln nach einem Platz um.

Da packte ihn erneut eine Hand und einen zuckersüßen Augenaufschlag später saß er eng gequetscht an den Traum eines männlichen Körpers. Er schluckte.

Farin aber lächelte nur unschuldig und hielt ihm eine Platte unter die Nase, auf der Fisch angerichtet war:

„Lachsröllchen gefällig, Schatz?“ hörte Bela die sanfte Stimme sagen. Doch er blieb möglichst kühl, er kannte diese Spiele. Und er wusste mittlerweile nicht mehr, ob er sie hassen oder besser genießen sollte. Sie würden wohl den einzigen wirklich nahen Kontakt zu seinem Gitarrengott ermöglichen, der für gewöhnlich auf der Bühne rechts vor ihm stand und unbewusst einen auszuzeichnenden Anblick bot.

Also holte Bela kurz Luft und bemühte sich um ein süßliches Zwinkern.

„Fütterst du mich, Hase?“

Ein engelsgleiches Honiglächeln erhellte den Tag und machte für Bela den Himmel etwas blauer. Doch als Farin zu seiner Verteidigung ansetzte, spürte der Drummer eine grollende dunkle Gewitterwand, die ihm den Zutritt zu dem Olymp verwehrte, in dem junge Götter sich die Zeit vertrieben.

„Tut mir ja Leid, aber ich muss noch Gitarren stimmen... und mit Rod duschen.“, er erhob sich, „Bis dann, Felse!“

Mit einem kumpelhaften Schulterklopfen, Bela fühlte sich, als hätte er direkt seinen Arm ausgekugelt, verschwand der blonde Hüne federnden Schrittes in einem der Festivalzelte. Nachdem Farin die Tafel aufgehoben hatte, ging nun einer nach dem anderen kommentarlos, während der Schwarzhaarige leicht apathisch an etwas Brot kaute. Ein weiteres Mal holte den kleineren Drummer unsagbarer Selbsthass ein. Seufzend legte er die harte Rinde bei Seite und beschloss, sein Mittagessen lieber auf ein Glas Cola zu begrenzen.

„Nichts futtern, Felse?“

Ein sanfter, leicht besorgter Blick seines Koches traf ihn wiederholt, als Jörg sich neben ihn setzte.

„Schmeckt es dir nich? Ich mach dir ne Portion Nudeln, okay?“

Doch Bela sah abwehrend in das eifrige Lächeln des Jüngeren.

„Lass mal, mach dir nicht unnötig Arbeit, so lange dein Job nicht auf dem Spiel steht.“

Ein langes Schweigen trat zwischen sie und der Drummer leerte noch zwei weitere Gläser.

„Noch zwei Konzerte...“ murmelte Jörg dann plötzlich leise und strich sich melancholisch ein paar blonde Strähnen aus dem Gesicht. Seine Augen schimmerten trübe hinter den dünnen Brillengläsern zum Himmel hoch. Bela musterte ihn vorsichtig von der Seite. Während er selbst das Ende der Tour gerade so herbei sehnte, schließlich würde er dann endlich den Abstand von Farin bekommen, den er brauchte, schien Jörg alles dafür geben zu wollen, nicht nach Hause zu müssen. Da traf den Schwarzhaarigen plötzlich eine Erinnerung hart gegen die Schläfe, welche wohl irgendwo in seinen grauen Zellen geruht hatte. Der Jüngere hatte heiraten wollen. Doch die schmale Hand des Patissiers, die jetzt auf einem Messergriff vor ihm auf dem Tisch ruhte, zierte schon seit einer Weile kein Verlobungsring mehr.

„Es is einfach scheiße, weißt du?“

Nachdenklich schaute Bela weiter vor sich hin. Ihm war dieses verfluchte kleine Wort wieder aufgefallen: einfach. Doch schien es an dieser Stelle, wo er glaubte, allmählig Jörgs Geschichte zu durchschauen, recht passend.

Ja, es war einfach scheiße.

Seine eigenen Probleme dagegen, schienen alles andere als das.

Sich selbst in den Hintergrund stellend – er mochte sich im Moment nicht noch ausschweifender mit seinen vorhandenen Querelen beschäftigen – rutschte er nun etwas näher zu Jörg. Erst überlegte er, dem jungen Koch eine weise und ausschweifende Predigt dar zu legen, glaubte jedoch im Endeffekt nicht, dass ihm etwas in der Art helfen könnte. Also legte er einfach sachte einen Arm um ihn. Er war noch nie ein Mann großer Worte gewesen...
 


 

In den folgenden Stunden sahen sich Bela und Jörg nicht, denn beide waren beschäftigt mit ihrer Arbeit. Und während der eine sehr viele Menschen an diesem Abend glücklich machte und sich dabei erstaunlicher Weise auch von seinem Gitarristen nicht ablenken lies, richtete der andere längst das Essen für nach der Show und für den Bus an.

Nicht einmal bei der Essenausgabe waren sie sich begegnet, und Bela hatte sich ein wenig Sorgen gemacht. Schließlich verschlang er nach dem Konzert schnell sein Sandwich und trank das angebotene Glas Sekt, dann machte er sich zum Wagen der RGF auf.

Mit einem Schwung hatte er die Hintertür des kleinen VW-Busses geöffnet und fand auch prompt, wen er suchte:

„Jörg??“

Der blonde Koch saß neben einem der Küchencases für kühl zu lagernde Getränke, in seiner Hand eine Flasche des von Rodrigo so geliebten irischen Guinessbieres. Und als er Bela dann ansah, war der Drummer sich schnell sicher, dass es nicht seine erste an diesem Abend war.

Da es anders nicht möglich war, den Wagen zu betreten duckte Bela sich unter dem Autodach weg und kroch auf allen Vieren vor zu Jörg. Der sah ihn glasig und, durch den Alkohol scheinbar mehr denn je von seinen Emotionen geleitet, recht wehleidig an. Bela erwiderte den Blick bloß mit eine schiefen Lächeln. Wie tat der kleine Koch ihm Leid.

Er tat ihm so Leid, dass er – völlig überrumpelt – nicht in der Lage war, zu reagieren, als eine überraschend fest zu packende Hand ihn am Kragen seines Shirts packte und ihn zu sich zog.

Der Kuss schmeckte zuerst widerlich nach dem bitteren Bockbier, das Bela so hasste und er wollte sich eigentlich sofort von ihm lösen. Doch da war wieder diese Hilflosigkeit, die der Kleinere ausstrahlte, als die dünnen Arme sich um seinen Nacken legten, dankbar, dass er da war um ihn zu halten. Dann stupste Jörgs Zunge leicht gegen seine Lippen und als der Schwarzhaarige es wagte und den Mund nur ein Stück öffnete, da mischte sich ein viel eindeutigerer Geschmack in das Bier. Der Blonde selbst schmeckte eher süß und seine Zunge tastete sich angenehm vorsichtig an Belas heran.

Von diesem Wandel ein weiteres Mal ziemlich überwältigt, gab jener entgültig nach, dachte sich, dass ja beide momentan nichts zu verlieren hatten und lehnte sich immer weiter über den Jüngeren, schob das schwarze Shirt über seinen ganzen Oberkörper und schließlich über seinen Kopf und funkelte ihn aus grünen Augen wie zum Ansporn an, als Jörg der Geste erst zögernd, später gierig folgte.

Der Boden des Wagens war unglaublich kalt, doch erschien er beiden Männern immer wohltuender, je tiefer und neugieriger Küsse und Berührungen wurden und als Belas Finger in den Blonden eindrang, da kam Jörg dieser wesentlich kälter vor. Etwas selbstzufrieden hörte der Ältere sein Stöhnen und spürte, wie sich die Muskeln um seine Finger etwas verzogen.

Als sich das aber auch nach längerer Massage nicht änderte, beugte er sich tiefer zu Jörg und begann, sein Ohr mit süßen Schmeicheleien und Küssen zu verwöhnen. Der Koch nahm trotz des sicher recht hohen Alkoholpegels im Blut jede Liebkosung war und entspannte sich lächelnd. Bela nickte und weitete ihn mit Hilfe eines zweiten Fingers behutsam, bevor sich seine beiden Hände um die schmale Hüfte schlossen.

Der Drummer senkte seine weichen Lippen auf Jörgs Hals und brummte wohlig, biss leicht in die Haut unter sich, als er mit einem Schlag ganz in ihn eindrang.

Erst lies er dem Jüngeren Zeit, sich an ihn zu gewöhnen, auch wenn ihm das merklich immer schwerer fiel, denn der Kleinere war pure Hitze und trieb ihn so sehr mit den zuckenden Schließmuskeln, dass er es nur ein einziges Mal wagte, die Augen zu öffnen. Hätte er den Anblick des hübschen Koches nur etwas länger zugelassen, wäre er womöglich sofort gekommen. Nun begann er, immer tiefer in ihn dringend, zu zustoßen und fühlte gleich darauf die krallenden Finger, die sich leicht in seinen Rücken bohrten, versuchte, ganz stumm zu bleiben, um jedes der ekstasischen Geräusche genau zu hören.

Keiner der beiden bemerkte je den blonden Hünen, der mit weit aufgerissenen Augen an der Wagentür lehnte, eine Hand an seiner Hüfte, beide Stimmen genau hörte und zur gleichen Zeit wie die beiden auf der anderen Seite mit einem gequälten „Dirk“ zum Höhepunkt kam.

Powerlove

Mal wieder was Neues von mir und wie versprochen: only for fu-fans!

Die Fic ist aus einem Traum heraus entstanden und ich kann sagen: Der Traum war verdammt real. o.O"

Egal...

Ich hab mich jedenfalls lang damit geplagt, weil es echt nich einfach ist, was über einen Mann und seine Maschine zu schreiben, wenn man keine Ahnung von Motorrädern hat x.X
 


 


 

Ein stummes, fast steinernes Lächeln lag auf den Lippen des Blonden, als er die Tür zur Garage hinter sich schloss und sein Blick sofort auf das bereit stehende Motorrad fiel.

Der Raum war erfüllt von der Hitze des Tages, auch wenn das gleißende orange Sonnenlicht nicht alles erhellte sondern, durch die kleinen hohen Fenster dringend, eher wie eine handvoll Scheinwerfer wirkte.

Und so erschien die KTM ihm als Mittelpunkt, als Blickfang, auch, wenn an den Radkappen noch helle Erde aus Santa Cruz oder vielleicht Cannes klebte, die den Glanz des Metallmantels ein wenig hemmte.

Eine Weile lehnte Farin einfach an der Tür und genoss diesen besonderen Anblick, doch sein Lächeln verschwand, als er sich mit der Zunge ein erstes Mal die Lippen befeuchtete. Dabei leuchteten seine grauen Augen auf und er tat einige Schritte auf seine Maschine zu, gerade so weit, dass er sie mit einer Hand erreichen konnte.

Doch seine Fingerspitzen berührten nur kurz beinahe ehrfürchtig das erhitzte Leder der Sitze. Sekunden später fuhr seine Linke bereits mit einer geschmeidigen Bewegung in sein Hemd und begann, es Knopf um Knopf immer weiter zu öffnen, während die hellen Augen intensiver denn je das Motorrad vor ihm betrachteten.

Der schwarze Stoff glitt zu Boden. Kurz hielt Farin inne. Sollte er wirklich...?
 

~ „Wir sehn uns wohl erst in drei Monaten wieder...“ ~
 

Ja.

So befreite er sich auch von der schwarzen Jeans, Schuhe und Socken streifte er in einer leichtfertigen Bewegung ab, bis sich unter seinen Füßen ein kleiner Haufen von Stoff angesammelt hatte.

Er selbst stand nun nur noch in den enganliegenden schwarzen Shorts da, die er ihm geschmackvoller Weise zum letzten Valentinstag geschenkt hatte...
 

~ „Wenn du die trägst, macht das Ausziehen gleich doppelt Spaß!“ ~
 

Er berührte zaghaft den feinen geriffelten Stoff am Bund, dann glitt seine Hand hingebungsvoll, beinahe zärtlich über die Armaturen der Maschine bis hin zu den Außenflügeln des Lenkers.

Und plötzlich packten die Hände des Gitarristen entschlossen zu, als er sein rechtes Bein über das Motorrad schwang und sich ganz langsam darauf sinken lies, bis sein Schritt erstmals den schwarzen Sitz berührte.

Farin zuckte und seiner Kehle entwich nahezu sofort ein leises Keuchen.

Das Leder glühte so unsagbar heiß unter ihm.

Seine Hände glitten nun, den festen Griff gelöst, am Lenker hinab, seine Finger streichelten über das Vorderlicht und die blitzenden Radkappen.

Der Blonde biss sich auf die Unterlippe, als er die Hüfte durchstreckte um sie dann langsam aber energisch einmal über das Motorrad zu schieben.

Ein gedämpftes Stöhnen glitt trotzdem über seine Lippen; sein Körper reagierte sehr sensibel auf derartigen Kontakt, wenn er bereit war, sich bis zum Äußersten hinzugeben. Und das war er im Moment.

Farin hob das Knie, bis sein Fuß sich auf dem Gas wiederfand, die Bremse war noch immer gezogen, er fühlte das warme Blech an seiner Haut.

Dann trat er an und spürte, wie die Maschine unter ihm erzitterte.

Ein neues Lächeln legte sich über seine Lippen, die hohen Wangenknochen zuckten gefällig und seine Brauen schoben sich zur Stirn. So gefiel sie ihm.

Erneut begann er, seine KTM mit den Händen zu erkunden, neigte sich dabei immer mehr, bis er fast lag und zärtlich unter dem brummenden Motor entlang streicheln konnte.

Dabei lehnte sein Hals auf dem rechten Lenker und schob sich gegen die Kupplung, als Farins Finger an den Seiten entlang glitten.

Sie vibrierte unter ihm.

Wie durch diese Reaktion angespornt, richtete der Blonde sich auf, sein fester bestimmter Griff packte ein weiteres Mal die schlanken Lenkerarme und die KTM knurrte wilder als zuvor, schob sich regelrecht gegen die Hüfte ihres Besitzers, bis Farin sich aufstützte und mit geschlossenen Augen begann, seine längst harte Erektion gegen die vibrierende Maschine zu stoßen.

Zu Anfang hatte er sich noch vehement auf die Unterlippe gebissen, doch schon nach kurzer Zeit, während der er den brummenden Motor unter sich zu spüren bekam, lies er seiner Lust freien Lauf, stöhnte und keuchte hemmungslos, immer wieder im Rhythmus der Stöße.

Die roten Strahlen der Sonne brannten heiß auf seiner Haut und man sollte meinen, allein aus diesem Grund war Farins Körper bald vollkommen von einem feinen Schweißfilm bedeckt, welcher ihn im Licht glänzen lies.

Das salzige Wasser perlte ihm übers Gesicht, seine Schläfen und auch die Stirn hinab, was ihn dazu zwang, die Augen entgültig zu schließen.

Trotzdem sah er die Maschine noch immer unter sich, wie sich die Fenster in den Armaturen spiegelten.

Nur langsam verschwand das Bild vor seinen Augen und umso intensiver begann er nun, seinen Schweiß auf den Lippen zu schmecken, den beißenden Geruch von Benzin und Öl zu genießen und die Kraft und Wildheit seiner Maschine unter sich zu spüren.

Er genoss diese absolute Kontrolle, bei der ein einziger Dreh seines Handgelenkes genügte, um sie knurren zu hören.

Einige Male noch trieb er dieses Spiel mit ihr, brachte sich selbst damit bis an den Rand, doch plötzlich, tauchte statt der KTM ein völlig anderes Bild auf.

Und Farin sah, wie er sich unter ihm Wand, wie der Blonde über ihn die absolute Kontrolle hatte, und er hörte statt des Motors unter sich, wie er leidenschaftlich und sehnsuchtsvoll seinen Namen hauchte.

Der Gitarrist umgriff die Kupplung noch einmal fest auf der einen, die Handbremse auf der anderen Seite und trat an.

In einem Ruck bäumte er sich auf und ergoss sich tief und enthusiastisch stöhnend in den Schoß des Ledersitzes, sank kurz darauf nieder und legte sich über den Lenker.

Das stumme Lächeln war zurück gekehrt, als seine linke Hand über das Blech glitt, welches noch immer vibrierte.

„Wenn du nur wüsstest... Bela.“

Lieblos (für Tio)

Lieblos
 


 

Bela spürte, wie der schmale Daumen in einer flüchtigen Bewegung den Speichel aus seinem Mundwinkel strich, kurz nachdem ihre Lippen sich gelöst hatten, verfolgte bereits mit einem Grinsen die Hand und wie der Blonde sie zu sich zog, um über die Fingerspitze zu lecken. Auch er grinste.
 

„Im Küssen hat dich bis jetzt wirklich keiner geschlagen.“ Nickte er und sah dabei beinahe anerkennend aus.
 

Der Kleinere schüttelte nur schnaubend den Kopf.
 

„Du brauchst dringend ein Mädchen, mein Freund...“
 

Er musste nicht aufsehen, um zu wissen, wie sich Farins Blick jetzt geändert hatte. Er war in dieser Sache schon immer gern trotzig wie ein kleiner Junge gewesen. Als Bela schließlich doch zu ihm hoch sah, hatte der Blonde die Zunge rausgestreckt, welche noch vor wenigen Sekunden genießerisch um seine eigene gefahren war. Er lachte bei diesem Gedanken leise, leerte seine Teetasse.
 

„Gar nicht wahr, ich komm sehr gut allein-...“
 

„Haaaseee?“ erklang es im gleichen Moment vom Flur.
 

Farin zog kurz die Mundwinkel nach unten, lies es sich dann nicht nehmen und stolzierte an Bela vorbei zur halb offenen Tür, in der Sarah stand. Er wippte mit den Brauen.
 

„Was denn, Schätzchen?“
 

Die großen Kulleraugen sahen ihn leicht genervt an und die Kleine, zu der eben diese gehörten, stupste immer wieder, um ihm zu verdeutlichen, dass er der falsche Hase war, mit dem Finger gegen seine Brust.
 

„Ha Ha. Dich mein ich nich...“ Murrte sie.
 

Bevor Farin dazu ausholen konnte, ihr zu erklären, dass er hier der einzige Hase war und das spätestens seit dem Silvesterkonzert, schob Bela sich, halb lachend, halb beschwichtigend, zwischen sie. Die kleine Brünette sah ihn fast dankend an und lächelte süß.
 

„Du suchst mich, Baby?“
 

Farin schluckte, als müsse er einen Brechreiz unterdrücken. Sarah grinste nun ein bisschen und schob sich unter Belas Arm in seine schützenden Fittiche.
 

Der Ältere zuckte leicht die Schultern Richtung Farin. Jener lehnte nur weiter im Türrahmen und beobachtete die beiden, vornehmlich sie, wie sie ihm Jacke, Schal und Schuhe zuwies und zurecht rückte. Sie liebte es an ihm herum zu korrigieren. Wenn sie das tat, dann musterte sie ihn erst vorher gründlich, kräuselte dann etwas die Nase und hob die Hand. Diesmal zupfte sie an seiner Schläfe.
 

„AU!“
 

Bela verzog das Gesicht.
 

Farin grinste wieder.
 

„Wat solln dit?“
 

Sarah lächelte nun frech und hielt ihm ein einzelnes, graues Haar unter die Augen.
 

„Überflüssijet Winterfell, wa?“
 

Er knuffte sie nur etwas in die Seite, mehr Widerstand gegen die kuttnersche Hierarchie schien er nicht wagen zu wollen, und drehte sich noch einmal, den Arm längst um sie legend, halb zu Farin:
 

„Denn wünschn wa noch n schön n´Abend, Herr Vetter!“
 

Dann schlugen die beiden Berliner Schnauzen die Tür hinter sich zu und waren weg.
 

Der Blonde seufzte nur. Streng war sie ja mit ihm. Streng aber süß. Darauf stand der Graf wohl auf seine masochistisch veranlagten alten Tage...
 

Gelassen kehrte Farin um, betrat das gedimmt beleuchtete, nun recht verlassen wirkende Studio wieder und fragte sich prompt:
 

War er allein? Brauchte er wirklich wieder ein Mädchen?
 

Im Prinzip würde eine Beziehung ihm wohl mehr nehmen, als geben.
 

Denn Fernweh, dass war seine persönliche chronische Erkrankung. Und eine Sie im Haus würde ihn festhalten, vielleicht ja sogar ans Bett fesseln. So dass er zu gar nichts mehr käme, weil sie eben da war und beschäftigt werden musste.
 

Und überhaupt. Wer brauchte schon Frauen?
 

Sicherlich mochten sie vom schöneren Geschlecht sein und vermutlich auch vom zärtlicheren, aller lackierter spitzer Fingernägel zum Trotz. Außerdem gaben sie einem ja auch stets das Gefühl gebraucht zu werden. Sie weckten diesen Beschützerinstinkt, der wohl jedem Mann tief inne wohnte.
 

Farin seufzte genervt und löschte das Licht in seinem Studio schnell ganz und stieg die Treppe hoch zum Flur. Da war schon wieder die schlechte und deutlich überragende Seite an Beziehungen und vor allem an Frauen. Sie gingen ihm nicht aus dem Kopf. Sie störten seine Konzentration und kontrollierten ihn mit dieser Macht vollkommen. Und so saß er wenige Augenblicke später mit seinem Notizbuch auf dem Schoß im Wohnzimmer neben dem Telefon und blätterte. Da standen so viele Namen und Nummern, hinter denen überall eine Erinnerung steckte, dass dem Blonden beinahe schwindelig wurde. Gesichter tauchten vor ihm auf. Er wusste noch so einige Einzelheiten, mal abgesehen von standardmäßig Haar- und vor allem Augenfarbe. Die merkte er sich – auch als Mann – immer besonders gut, die Augen.
 

„Scheiß Vorurteile...“ murmelte Farin nur in sich hinein und plötzlich fiel ihm eine Zeile zwischen den vielen schnell dahin gekritzelten auf. Denn sie war in sauberster Schönschrift eingetragen, in dieser, mit welcher er sonst nur Briefe zu schreiben pflegte, die tiefere Bedeutung hatten, als einen saloppen Situationsbericht.
 

Abschieds- oder unglückliche Liebesbriefe zu Beispiel.
 

Farin verzog das Gesicht noch während er wählte und murrte ohne wirklich nachzudenken in den Hörer:
 

„Frauen sind doof...“
 


 

Rods Stimme am anderen Ende lachte:
 

„Jan? Is Felse schon weg?“
 

Der Blonde fing sich wieder und grinste etwas gezwungen in den Hörer:
 

„Sarah... weißt ja...“
 

„Hmhm... ich weiß...“
 

Er schmunzelte immer noch, das hörte Farin.
 

„Und was machst du so?“
 

Er hatte wirklich keine Lust, jetzt Rods Hörigkeit auszunutzen und über seine persönlichen Egoprobleme was Sarah Kuttner betraf zu sprechen, auch wenn er die Antwort, die nun folgen würde, beinahe selbst erriet:
 

„Och...Musik... Hab n paar ganz nette instrumentale Sachen. Aber mit Home Recording is bei mir ja nich mehr viel...“ Deutliches Ungefallen lag in Rods Stimme, aber seine Wohnung war nun mal schon bis zum Rand mit Gitarren und Bässen vollgepfropft, wo sollte da noch ein Mischpult oder gar Verstärker hinpassen?
 

Farins Hirn jedenfalls hatte die Erklärung des Jüngeren kaum verarbeitet, als er schon erwiderte:
 

„Na dann komm doch hier her!“
 

Eine stutzige Pause folgte. Der Blonde erahnte, dass Rodrigo gerade prüfend auf die Uhr in seiner Küche schaute.
 

„... Jetzt?“
 

„Klar! ... Kriegst auch was zu Essen... Das glückliche Paar hat meine Kochkünste nämlich verschmäht...“ Seine Stimme wurde gegen Ende des Vorschlages immer brummiger.
 

Rod grinste nun förmlich in den Hörer:
 

„Dann bis in einer Stunde.“
 

Statt zu antworten nickte Farin lächelnd und auch wenn Rod das natürlich nicht sehen konnte, legten beide gleichzeitig auf.
 


 

*
 


 

Das gute an Rodrigo war, dass er einer der zuverlässigsten Menschen der Erde war. Wenn er Aufträge bekam, führte er sie ohne zu zögern und zu motzen aus. Wenn er das tat, dann tat er es richtig. Teilweise vielleicht sogar zu richtig, dachte Farin, als er hinaus auf seinen durch das Wohnzimmerfenster hindurch beleuchteten Vorgarten sah, und noch immer diese zwei Streifen erkannte, auf denen bis heute das Gras auffällig langsam und spärlich wuchs. Denn wenn Rod kommen und „ruhig irgendwo vorm Haus parken“ sollte, dann tat er das.
 

Mittlerweile war der Garten aber soweit deutlich von der Straße abgetrennt, dass der Blonde gelassen beobachten konnte, wie der schlichte schwarze VW zur vereinbarten Zeit am Gehwegrand parkte und ein, auch um diese Uhrzeit noch gut gekleideter Chilene ausstieg, sich kurz umsah, zum Fenster hoch winkte und dann zur Haustür ging.
 

Erst als Farin kurz darauf eben jene öffnete und einen cool aber ziemlich nass dastehenden Rodrigo einließ, realisierte der Blonde, dass es seit einiger Zeit regnete.
 

„Scheiß Wetter...“ seufzte der Jüngere, als er an ihm vorbei ging und sich aus den Schuhen und der Lederjacke schälte.
 

Während er die Tür schloss erwiderte der andere, ein neckisches Grinsen auf den Lippen:
 

„Zu cool für nen Regenschirm, was?“ Er verschwand kurz im Gästebad und warf Rod ein weiches Handtuch über die halblangen dunklen Haare. Der erwiderte nichts, nickte aber dankend und begann, sich abzutrocknen.
 


 

*
 


 

Als Farin einen Blick auf die Uhr in seinem Studio warf, waren seit der Ankunft seines Bassisten längst über zwei Stunden vergangen. Es überraschte ihn nicht, hatte er doch trotz des anfänglichen Beschlusses, „n bisschen was zusammen“ zu machen, seit geraumer Zeit nur staunend zugesehen, wie Rods Finger über Griffbretter und Tasten rannten. Zuerst hatte er sich noch auf die Musik konzentriert, bald aber war Farins Aufmerksamkeit aber nur noch in gelegentlichem Nicken zu deuten. Er hatte etwas gefunden, was ihn viel mehr faszinierte als das Musikgenie und seinen Freund Rodrigo Gonzalés: Der außerordentlich attraktive und elegante junge Mann Rodrigo Gonzalés. Bei jedem neuen Sound, bei jeder gelungenen Spur leuchteten die tiefen Augen auf, schwang über die Mine ein Lächeln. Eines dieser Lächeln, welches so unschuldig war, dass es eigentlich nur ein Kind lächeln konnte. Und unanständiger Weise leckte Farin sich jedes Mal die Lippen.
 

Was waren schon Mädchen, Frauen? So umwehte es seinen Sinn, als der andere im eigenen Spiel ein wenig versank, sein schlanker Oberkörper begann, sich in Takt und Rhythmus und doch flüssig mit der Melodie zu bewegen, welche er mit den Händen einfach so zu zaubern vermochte.
 


 

*
 


 

„Jan?... Jan, weinst du?“ Was für eine naive Frage. Farin schüttelte den Kopf, natürlich nicht. Er war ein Mann, ein gestandener, glücklicher Mann. Er hatte keinen Grund zu weinen. Doch Rodrigo schien das nicht zu kümmern. Eine warme Hand legte sich auf Farins linke Schulter. Mit festem Griff umschloss er sie, führte sie zurück auf die weißen und schwarzen Tasten.
 

„Hör nicht auf.“ Ein Flüstern, mehr ein Hauchen. Doch Rodrigo verstand und er setzte wieder an, führte die Melodie fort, besah den Älteren nur aus dem Augenwinkel, wie er sich irgendwann neben ihn setzte. Wie er den Kopf auf seine Schulter ablegte und einfach weinte, lange weinte, die Arme um ihn schloss und weinte, vor Einsamkeit.

Salzwasser (für P4e)

Halli hallo^^

Hier zu meiner selbst gegründeten Rettungsaktion "Bela/Farin - Farin/Bela", eine hübsche kleine Traumstory, die ich der einzigartigen Punkrock_4-ever zu verdanken habe, weil sie sich sowas in der Richtung gewünscht hat.
 

Deswegen heute nur für DICH
 


 

Salzwasser (für P4e^^)
 

Es war eine traumhafte Szene.
 

Der Himmel war klar und wolkenlos blau, der Sand der Dünen rein weiß und die Wedel der vereinzelten Palmen dunkelgrün.
 

Das Meer in wenigen Metern Entfernung schimmerte in ruhigen türkisen Wogen. Das alles wirkte wie auf einem dieser Werbeplakate in Reisebüros und an Bushaltestellen neben den Anti-Zigarettenkampagnen und doch vermochte Farin nicht, es als ebenso langweilig und glatt zu bezeichnen, wie ebendiese. Denn unter einem besonders weiten Palmenwedel stand jemand, der, wie der Blonde wusste, auf keinem Poster zu finden sein würde, sondern nur hier.
 

Nur jetzt gerade und nur für Farin.
 

Trotz dass sie mit dem Motorrad reisten, trug er eine unterhalb der Knie abgeschnittene Hose und eines dieser Ballermann-typischen Hawaiihemden mit orangegelbem Muster.
 

Seine rotbraun gefärbten Haare spielten halblang um seinen Nacken und hätte der Jüngere es nicht besser gewusst, er hätte geglaubt, Bela posierte für ein wichtiges Pressefoto.
 

In gemächlichem Schritt trat er von hinten an den Drummer heran und beobachtete ihn.
 

Eine Brise kam auf, er schloss die Augen und seine Haare kitzelten an Farins Nase. Der Blonde lachte leise.
 

„Na Robinson, grübelst du schon wieder, wie du von deiner Insel runter kommst?“ und er schlang einen Arm umsichtig um den Kleineren.
 

Der schmunzelte nur und schüttelte matt den Kopf.
 

„Ich hab nur grad nachgedacht... wann wir das letzte Mal zusammen verreist sind. Kommt mir ewig vor.“
 

Er drehte seinen Kopf halb zu Farin und sah ihn aus hellen Augen an.
 

Doch er nickte nur, schmiegte seine Nase leicht an Belas heran und flüsterte während seine Hände die zerschlissene Hose öffneten, barfuss war der Drummer längst:
 

„Gehen wir schwimmen...?“
 

Bela lächelte schief.
 

Da er ihn längst halb ausgezogen hatte und die sanften Lippen an seinem Ohr ihn in Schach hielten, blieb ihm ja ohnehin nichts anderes übrig, als einzuwilligen.
 

Er lies sich auch das Hemd noch ausziehen, der Shorts entledigte er sich selbst, um Farin diesen Spaß ja nicht zu gönnen und wurde dann Richtung Wasser geschoben.
 

Er durfte sich nicht umdrehen, das Spiel kannte er schon.
 

„Ich komm gleich nach.“
 

Also zuckte Bela nur die Schultern und überquerte mit wenigen Schritten den Strand, tappte mit den leicht geschundenen Füßen in das angenehme Wasser und seufzte leise.
 

Seine Zehen bewegten sich und wirbelten nassen Sand auf, er setzte sich schließlich bis an die Randspur der Brandung heran und sah zu, wie sich seine Füße in den Boden gruben und langsam wieder sauber gespült wurden.
 

Ein oder zwei Vögel kreisten, aber noch immer keine Wolke am Himmel.
 

Dann hörte er leises Knirschen, Schritte im Sand, und legte den Kopf in den Nacken, um Farin anzusehen:
 

„Is toll hier, nich?“
 

Der Blonde verzog etwas das Gesicht.
 

„Ja... na ja...stimmt schon...“, und erhockte sich hin, tippte dem Drummer gegen dir Stirn, „Du bist ja da.“
 

Bela grinste leise. „Sonst...?“
 

Über Farins Lippen schlich ein Lächeln, er stand wieder auf und tat ein paar Schritte in das flache Wasser.
 

Ein verwirrter Blick folgte ihm, und schließlich kam auch Bela selbst nach, als der andere nicht mehr reagierte und weiter gerade aus ging, der 1,94 große perfekte Körper Stück für Stück in den Fluten verschwand.
 

„Äh... Jan??“
 

Der Angesprochene richtete seinen Blick weiter ruhig auf die sanften Wellen, im Gegensatz zu Bela, der merklich im aufgeweichten Sandboden schwankte, war Farin Urlaub ein Fels.
 

Bis dem Felsen ein Mann, der seinen Nachnamen trug, auf die Schulter tippte. „Alles okay?“
 

Doch da hatte Bela längst das blitzende Grinsen gesehen.
 

Er wollte fliehen, aber es war zu spät.
 

Er war zu weit weg vom Strand um Farin zu entkommen und Sekunden später packten ihn zwei kräftige Arme und tauchten unter. Gerade so hatte er noch die Luft angehalten.
 

Jetzt sah er Farin böse blinzelnd unter Wasser an.
 

Der grinste breit, wie nicht anders zu erwarten.
 

Sich des Luftmangels wegen ein Seufzen verkneifend beobachtete Bela noch einige Augenblicke, wie sich die silberntürkisen Perlen auf der leicht gebräunten Haut des Jüngeren bewegten, dann wurde er etwas energisch wieder in flachere Gewässer gezerrt und als er Luft holte und auf schaute, befand er sich in einer grün umwucherten Bucht, die von steilen Hängen abgegrenzt war.
 

Die Arme schlangen sich wieder, diesmal von hinten um ihn, das Grinsen stieß leicht an seinen Nacken.
 

„Und? Wie findest du sie?“
 

Bela sah sich um und kommentierte eher trocken:
 

„Kitschig...“
 

Das Grinsen im Nacken verschwand, dafür bekam der Drummer dort jetzt kurze, flüchtige Küsse. Er schmunzelte. Farin kannte ihn eben.
 

„Aber romantisch. Irgendwie...“
 

Doch Bela verstummte jäh, als sich die schmale Hüfte des Gitarristen von hinten an ihn schmiegte, die Hände, welche nur vorn an den Fingerkuppen leicht rau waren, begannen seinen Oberkörper zu streicheln.
 

Er seufzte stattdessen und schloss ganz langsam die Augen, spürte wie die sanften Hände ihn aus dem Wasser hoben und ohne große Mühe ein Stück trugen. Der Wind umfuhr die beiden nassen, nackten Körper und Bela zitterte schon leicht, als er auf dem glatten, steinernen und von der Sonne aufgeheizten Untergrund abgesetzt wurde. Er blinzelte hoch in das sichere Grinsen des Blonden.
 

„Was machst du nur immer mit mir, dass ich mich nich wehren kann...?“
 

Doch da übersäten die weichen Lippen bereits seinen Hals mit Küssen, dass Bela sich unter dem Gitarristen rekelte und streckte, dessen Haut im Kontrast zu dem heißen Stein so angenehm kühl vom Wasser war... und doch... Selbst seine eigentlich heiße Zunge verursachte af Belas Halsbeuge eine Gänsehaut. Als jener sich ein weiteres Mal ausgiebig streckte, erlaubte sich nun Farin einen Blick auf seine Beute.
 

Noch immer rannen über den Körper des Drummers einzelne Wasserperlen, verspiegelten die braungebrannte Haut und ließen die vielen Tattoos, welche Farin beinahe auswendig kannte, im Licht schimmern.
 

Und so entspannt und vertrauensvoll der Kleinere wirkte, bemerkte der Gitarrist doch, sich die Lippen leckend, dass er bereits ziemlich erregt war, während sein Blick über den Körper unter sich glitt.
 

Langsam hob er über ihm kniend die rechte Hand, strich damit seinen nackten Schenkel und die bloße Hüfte hinauf, lies die Fingerspitzen um Belas empfindliche Lenden fahren.
 

Ein Stöhnen entglitt diesem, während er, nun wie durch einen umgelegten Hebel begieriger als vorher, seine eigenen Hände in Farins dichte Haare gleiten lies und ihn zu sich heran zog, um ihn in einen leidenschaftlichen, salzigen Kuss zu verwickeln. Ihre Zungen umspielten geschickt einander, so geübt und ausgeglichen, dass sie sich bald auch mit ihren Händen und ihren Atemzügen, Bela meinte, sogar mit ihrem Herzschlag, in einem einzigen Rhythmus wieder fanden.
 

Als er registriert hatte, dass sich Farin dem Kuss ebenso hingab wie er selbst, hatte er begonnen, den breiten muskulösen Rücken und seine Seiten entlang zu fahren. Seine Beine schlangen sich bald fordernd um die schmale Hüfte des Anderen und Farins Hand rutschte tiefer, bis einer seiner langen, kühlen Finger in Bela eindrang.
 

Der Drummer keuchte in den Kuss und kurz glaubte er, darin ertrinken zu müssen, denn er war aus dem Takt gekommen.
 

Da bliesen die weichen, feuchten Lippen seines Gitarristen frische Luft in seine Lunge.
 

Dankend schmiegte der Kleinere die Hüfte an Farins Erektion, brummte genüsslich und löste sich dann mit einem tiefen Blick in die grauen Augen aus dem Kuss um den Kopf in Nacken zu legen, als der zweite Finger des Größeren sich in ihn schob und begann, ihn umsichtig zu weiten.
 

Bela schloss die Augen, denn die Sonne blendete ihn und schürte diese Hitze, die der blonde Halbgott im Stande war, innerhalb von Sekunden in ihm herauf zu beschwören. Er dachte kurz, dass er es eigentlich noch besser als Farin hatte.
 

Der lehnte über ihm, gab ihm bis auf das Gesicht und die Arme fast überall Schatten.
 

Erneut fuhr er mit den Händen über den Rücken des Gitarristen, streichelte ihn dort beinahe dankend.
 

Versunken im Augenblick bemerkte Bela gar nicht so recht, wie sich die beiden Finger aus ihm zurück zogen und schrak etwas zusammen, als Farin ihn an der Hüfte mit beiden Händen packte und leicht nach oben zog.
 

Parallel dazu lehnte er sich nach vorn, mehr über ihn und bedeckte die Kehle des Drummers mit federleichten Küssen, als wollte er ihn beruhigen, denn Bela hatte ja kurz gezuckt.
 

Mit der Zeit hatte der Blonde gelernt, diese winzigen Gesten seines Liebhabers und vor allem besten Freundes zu deuten und wusste mit ihnen umzugehen.
 

Bela mochte es vielleicht nicht zugeben, aber er war in einigen Punkten sehr empfindlich.
 

So hob er die Hüfte an seine eigene und drang langsam und intensiv in den Kleineren ein, zwischen dessen flachen Atemzügen ein leises, aber dunkles Stöhnen drang.
 

Nein, er war längst nicht mehr allzu schreckhaft. Um Farin das zu beweisen, schlang er sehnsüchtig die Arme um den schlanken Oberkörper und presste sich in einem Ruck an ihn, so dass der Andere besonders penetrant in ihn stieß.
 

Nun stöhnten beide, der eine überrascht, der andere genüsslich.
 

Dabei sahen sie sich in die Augen, lächelten dann zeitgleich. Der Gitarrist nickte, packte Bela wieder, lehnte sich richtig über ihn und begann, seine Hüfte in geschickten Kreisen vor und zurück zu bewegen.
 

Noch immer hielt die Sonne heiße Strahlen über die beiden, lies die Landschaft in der Ferne verschwimmen.
 

Je heftiger Farins Stöße wurden, und das wurden sie stetig, desto härter rieb Belas aufgeweichte Haut auf dem rauen Stein und je mehr Schmerz er dadurch fühlte, desto gieriger krallte er sich an dem Rücken des Blonden fest, welcher dadurch wiederum so erregt wurde, dass er fester und fester in Bela stieß.
 

Der Druck trieb beide bis an ihre Grenzen, das Liebesspiel, das in einer so entspannten Atmosphäre begonnen hatte, war härter als sonst und schließlich kamen sie gleichzeitig heftig, einer in des anderen Schoß.
 

Noch immer ziemlich überwältigt sank Bela auf den Stein, seine Beine lösten den Klammergriff um Farins Hüfte, seine Brust hob und senkte sich, sog sich voll mit der salzigen Meeresluft.
 

Der Größere hockte halb aufrecht auf ihm, sah lächelnd auf ihn hinunter und zu, wie sich die Muskeln der starken Arme und Schenkel an- und wieder entspannten, während sein Drummer sich beruhigte und sein eigener Blutdruck ähnlich schnell zurück ging, wie der Druck in seinen Lenden entschwunden war. Als Bela dann begann, die Sonne zu genießen und leicht zu dösen, richtete Farin sich ganz auf, ging kurz in die Hocke, hob Bela erneut mit sanften Armen vom Boden, der sich genüsslich an den anderen Körper schmiegte.
 

Sofort schlich sich auf Farins Lippen ein diabolisches, fast bösartiges Grinsen, er küsste den Kleineren, der noch immer die Augen geschlossen hatte, kurz aber leidenschaftlich auf die Lippen, um ihn mit einem gehauchten
 

„Ich liebe dich...“ in das flache Wasser vor dem Felsen gelagert fallen zu lassen.
 


 

PLATSCH

„Jaaan!“ – nur ein Lachen.
 


 

Kommis sind auch von Rod-Fans erwünscht *lach*
 

glg MiKu

Sie.

Sie.
 

Er saß in seinem Auto, der Motor war längst aus, er hatte den Schlüssel gezogen. Um ihn herum war Stille. Noch immer war er sich unsicher, ob es richtig gewesen war, ob er sich nicht vielleicht ganz umsonst so sorgte. Aber es hatte ihm niemand das erklären können, was jetzt in seiner großen Hand klein und zerknittert ruhte. Seit Minuten starrte er auf den Fetzen Papier. Die Worte darauf waren unregelmäßig, einige Buchstaben kaum erkennbar. Diese Nachricht war untypisch, für den der sie angeblich geschrieben hatte. Viel zu unsicher, viel zu schwunglos. Gerade so als hätte er sie unter Tränen geschrieben. Bei diesem Gedanken zuckten die Brauen des blonden Mannes nach oben. Trotz das er die Schrift nicht wiedererkannte wusste er jetzt, dass es nur einer sein konnte. In kaum eines anderen Schrift war er in der Lage, dessen Stimmung oder Situation abzulesen. Niemanden außer ihn kannte er so gut.

Er fasste also einen Entschluss, zerknüllte die Nachricht beinahe völlig und steckte sie in seine Hosentasche. Ihm wehte ruhige Seeluft entgegen, als er aus dem Auto ausstieg. Statt wie vor seiner eigenen Haustür das nahe Brummen eines Traktors und das verträumte Zwitschern der Vögel umgaben ihn vor der seines Freundes das so ferne Hupen der Schiffe und das gleichmäßige Geräusch der an die Betonmauern der Docks schwappenden Wellen. Ein Lächeln schlich sich über seine Lippen. So war es schon immer gewesen. Sie waren unterschiedlicher als Tag und Nacht und kaum einer verstand wohl, wie sehr sie diese gegenseitige Andersartigkeit liebten. Das Papier raschelte, als er eine Hand in die Hosentasche stecken wollte. Rasch suchte er die richtigen Schlüssel von seinem Bund aus, betrat erst den Flur und öffnete im obersten Stock des Altbaus direkt unterm Dach die Wohnungstür. Warum er nicht vorher klingelte wusste er nicht. Er hatte noch nie vorher geklingelt, nicht bei ihm. Warum sollte er auch jetzt damit anfangen?

In seiner Wohnung schien auf den ersten Blick alles wie immer. Auf Regalen an den Wänden stapelten sich die verschiedensten Souvenirs, Actionfiguren, Bücher, CDs, Postkarten und Bilderrahmen mit Fotos. Und dennoch fehlte ihm etwas. Es herrschte absolute Totenstille. Weder lief Musik, noch war einer der Fernseher eingeschaltet und nirgends vernahm er Stimmen. Schnell versicherte der Blonde sich, dass er auch wirklich zu Hause sein musste. Aber Schuhe und Mantel, die er in den letzten Tagen getragen hatte, waren beide im Flur, er hatte den schwarzen Audi draußen auf seinem gewohnten Platz stehen sehen und der Schlüsselbund, etwas kleiner als sein eigener, lag in einer der Glasschalen auf dem Schuhregal. Durch die große Fensterfront flutete warmes Licht das Wohnzimmer, als gehörte es zum Meer, das nur ein paar Schritte entfernt glitzerte, doch weder dort noch in der Küche fand er irgendein Lebenszeichen des anderen. Vor der Schlafzimmertür hielt er inne, spürte langsam, wie sich ernsthafte Sorgen schwer in seinen Magen legten, dort die Wände hoch krochen. Er wusste zwar, dass der Kleinere ein Langschläfer war oder zu mindest sehr nachtaktiv, aber dem bekritzelten Zettel, den er im Studio gefunden hatte zu Folge, war er doch heute schon auf den Beinen gewesen.

Lautlos öffnete er die Leichtholztür, spähte vorsichtig durch den immer größer werdenden Spalt auf das ungeordnete schwarz bezogene Doppelbett und musste lächeln, war zuerst einmal sehr erleichtert. Die halblangen Haare flossen über den Satinstoff des Kissens, darunter vergraben sein Nacken und weil er den nackten Arm oben aufliegen hatte, schob sich seine Schulter leicht nach oben. Der Jüngere konnte nicht erkennen, ob er sich bewegte, sah nicht einmal eine Regung, die auf einen regelmäßigen Atem hindeuten konnte. Langsam trat er näher, ging um das Bett herum, bis er sein Gesicht sehen konnte, bis er ihm gegenüber stand. Beim ersten Blick hatte er geglaubt, der Kleinere würde einfach schlafen, aber seine Augen waren träge halb geöffnet und seine rechte Hand griff ein bisschen in den Rand seiner Daunendecke. Er wollte gern fragen, was mit dem anderen los war, warum er immer noch oder schon wieder im Bett lag, obwohl er ja gar nicht schlief. Doch der reagierte nicht einmal auf eine Anwesenheit oder darauf, dass er jetzt seit einigen Minuten sehr aufmerksam gemustert wurde. Bis zum Bauchnabel war er von seiner Decke geschützt, wahrscheinlich war er nackt. Seine Haut hatte diese ebenmäßige Farbe, die sein Freund so mochte, darauf flossen Tattoos über die Muskeln seiner Oberarme, die verschlungene große Brandnarbe wirkte dabei wie eines von ihnen. Die schwarzen halblangen Haare fielen ihm sanft ins Gesicht, lagen in Wellen auf dem Kopfkissen hinter ihm.

Leise hauchte der große Mann seinen Namen, setzte sich an den Bettrand, betrachtete sein regungsloses Gesicht. Doch plötzlich spannten sich seine Mundwinkel etwas an, er blinzelte, drückte den Kopf halb ins Kissen. Durch den Stoff drang ein tiefes, düsteres Murren:

„Ich seh´ scheiße aus, ich weiß...“ Der Blonde setzte fast dazu an, heftig den Kopf zu schütteln, belies es aber dann bei einem amüsierten Schnauben. Er legte sein Kinn in die linke Handfläche und schob dem Kleineren mit der Rechten einige Strähnen hinters Ohr.

„Was´n los?“ Erst jetzt, während er sich auf den Mann vor ihm konzentrierte, fielen ihm in seiner Wohnung ein paar wichtige Details auf, die nicht wie immer waren. Im Flur standen nur Belas Schuhe, hing kein einziger kleinerer Mantel und das Bett wirkte groß, unpassend, zu leer mit nichts als der deprimierten Seele darin.

„Sag mal, wo is eigentlich...“

„Blitzmerker!“ Knurrte der Schwarzhaarige ihm mürrisch entgegen, sein Freund legte den Kopf schief und lächelte ganz sachte. Er hatte den traurigen Glanz, der für kurze Zeit in den großen grünen Augen aufgetaucht war gesehen. Seine Hand glitt wieder in die Haare des anderen. Sein Daumen strich tröstend über die hohe Schläfe. Wieder ein Murren, er schien sich nachdringlich verschließen zu wollen, doch in diesem Punkt hatte der Jüngere einmal viel Geduld. Es vergingen Minuten, bis er spürte, dass der andere Körper sich seiner Berührung neigte, ihm buchstäblich seinen Kopf in die Hand legte. Wieder einmal überwog wohl das Herz dem Verstand, das Bedürfnis der Beherrschung, denn der Kleinere schien diese Streicheleinheiten jetzt zu brauchen. Und es war ihm wohl relativ egal, von wem er sie bekam. Er rollte sich etwas ein, streckte den Körper dann durch und drehte sich, ohne dabei die große warme Hand von seinem Nacken zu verdrängen auf den Rücken, seine Augen schweiften über die geweißte Decke.

„Ich dacht diesmal, sie wär’s echt.“

Ein müdes Lächeln überkam ihn, dass seinen Freund einen sachten Schmerz spüren lies.

„Ich dachte, ich hätt sie doch noch gefunden... aber...“

Der Blonde sah ihn an, strich hinter seinem Ohr, an den schmalen Kotletten entlang.

„Ich dachte, wir wärn perfekt... so richtig mein ich...“

Der Jüngere seufzte unhörbar. Er war froh, dass der andere von allein angefangen hatte zu reden, aber er musste es einfach genauer wissen:

„Und... warum jetz nich mehr? Auf einmal?“

Ein Lachen stieß durch die zusammengebissenen Zähne, spöttisch und doch unsicher, schmerzvoll.

„Zu unzuverlässig...“ murmelte er dann, lehnte den Kopf etwas mehr in die große haltgebende Hand. Sein Freund hob eine Augenbraue, Misstrauen schwang in seiner Stimme mit.

„Weil du zu spät zum Essen kommst?“

Ein mattes Kopfschütteln, die Mundwinkel des Älteren sanken ein Stück weiter hinab.

„Shows... Krone, Echo und so...“

Die Hand in seinen Haaren blieb stehen, er spürte den Blick auf sich, biss die Zähne wieder zusammen.

„Wat?!“, der Blonde räusperte sich, „Also... ich mein... das...“

„Ich seh scheiße aus, oder?“ Unterbrach ihn die heisere Stimme. Er schloss die Augen, drehte das Gesicht dem anderen zu, sah ihn dann offen an. Dessen Lippen umspielte ein Schmunzeln, er deutete ein Kopfschütteln an und wusste, wie sehr sein bester Freund durch sein eigenes Gefühl von Liebe bestimmt wurde. Er kannte diese Untergangsstimmung und hatte sich schon oft gefragt, woher der Ältere die Kraft nahm, immer wieder aufs Neue an diese ewige Liebe, vom ersten Blick für immer, zu glauben. „Sie hat gesagt, nichts hält uns auf... der Altersunterschied nich, ihre Show nich, meine Musik nich... sie wollt heiraten und Kinder.“ Zum ersten Mal trafen die verträumten Augen auf die des Blonden. „N´Kind, Jan. Mein Kind. Unsers.” Der Jüngere sah längst seine Tränen, nickte sanft, strich ihm mit dem Daumen über einen Augenwinkel. „Ich glaub dir ja, Felse...“ Wieder schmiegte der so hilflos wirkende Bela seine Wange eng an Farins Handfläche. „Ich glaub dir ja...“ Sie wussten beide nicht, wie lange sie so verharrten, bis sich von den trockenen schmalen Lippen des Älteren wieder ein Gedanke löste. „Was glaubst du, warum... warum es keine mit mir aushält?“ Der andere richtete den Blick wieder auf ihn, seine Miene wurde zärtlicher, doch einige Augenblicke blieb er still. Bis Bela ihn dann fragend ansah, den Kopf schief legte in seiner Hand. Wie ein kleiner Junge. Neugierig, erwartungsvoll und doch viel zu gezeichnet, zu melancholisch für ein Kind. Langsam tastete er mit den rauen Fingerkuppen über Belas Wange, flüsterte beim letzten Wort nur noch: „Ich hab... echt keine Ahnung.“ Er schob das markante Kinn etwas nach oben, so dass das Licht eigenartige Schatten auf den scharfkantigen Hals warf, den er nun gesenkten Kopfes mit zärtlichen Küssen behauchte. Ein Lächeln schlich sich erneut über den unregelmäßigen Mund, eines, zu dem ihn, wie Bela selbst überzeugt war, einzig und allein Jan bringen konnte. Dessen Lippen befühlten und umrundeten zaghaft seinen Kehlkopf, dann die Halsgrube, wie er es schon manchmal getan hatte um den Kleineren zu trösten, ihm Mut zu machen und sein Selbstbewusstsein zurück zu rufen, denn auch wenn ein Bela B. Felsenheimer es niemals zugeben würde,

Jans Freund Dirk war sehr, sehr verletzlich. Vielleicht gerade weil er sich immer wieder so traumhafte, romantische Hoffnungen machte, wie sie Farin selbst das letzte Mal mit 16 gehabt hatte. Er wurde so leicht angreifbar, wenn er liebte. Bela hingegen erlebte intensiv den einen Moment, ließ sich gern so berühren, schob eine Hand in seine kurz geschnittenen Haare, begann ihn abwesend zu kraulen, genoss die Aufmerksamkeit, die er von Jan bekam. Er war der einzige, der ihn immer wieder so zu verwöhnen mochte, sich ihm immer wieder zärtlich zuwandte. Nach jedem Streit, nach einem halben Leben, eine Verbindung, die Bela wie für die Ewigkeit schien. Als ihm dieser Gedanke kam, schluckte er hart, griff sachte an Farins Hinterkopf, zog ihn vorsichtig nach vorn und sah ihm tief in die Augen. In seinen eigenen flackerte eine völlig neue Erkenntnis wie eine aufgegangene Flamme, sein Mund war ein wenig geöffnet, als wollte er etwas sagen, wusste aber nicht, wie. Es waren einfach zu viele Worte, die sich ihm in den Kopf drängten, er fühlte sich fast überfordert mit seinem eigenen Denken. Die grauen Augen sahen ihn sanft an und Bela glaubte in seiner Tiefe, den schwarzen Schatten unter den Lidern, ein wenig wankende Hoffnung zu erkennen, sah, wie sich Farins Brauen und Nasenflügel sachte anspannten.

„Jan... bist du...“ doch weiter kam er nicht, denn ein schlanker Finger legte sich quer auf eine Lippen. Er verstummte, die Haut war kalt, wie bei Menschen, die langsam, von den Spitzen bis in die Tiefe ihrer selbst gefroren waren. Doch Farins Lächeln war warm und Bela spürte, wie sein gegenüber jetzt endlich begann, wieder aufzutauen, wenn nicht zu schmelzen.

Inspiration / Belohnung (für Blasted)

Inspiration
 

Es gab Momente für Bela B. Felsenheimer, in denen er ein einziges Gefühl hatte, nichts anderes mehr spürte und nur dieses eine voll auskosten konnte. Auch wenn es allgemein eigentlich meist mit anderen Empfindungen verbunden war. Bei der Premiere eines Films war es Stolz. Während eines Auftrittes einer seiner Lieblingsbands eine gewisse Ehrfurcht. Wenn er geholfen hatte spürte er diese heimliche Bestätigung, gebraucht zu werden, nützlich zu sein. Bei seinen eigenen Konzerten nahm er es sich heraus, bei einem Blick in die ihrerseits ehrfürchtigen Gesichter, ein wenig Erhabenheit zu genießen. Das höchste dieser Gefühle aber war für ihn absolute Freiheit.

Ein Gefühl, dass er nur in wenigen Momenten bisher erlebt hatte, weil er sich selbst doch gar zu sehr fesselte. Um wirklich frei zu sein, brauchte er einen Freigeist, der ihm immer wieder zeigte, wie einfach es war, sich zu lösen. Bislang kannte er nur einen einzigen, der das konnte.

Aus diesem Grund genoss er es, frei zu sein, als er hinter dem großen Blonden auf seinem Motorrad saß, dicht an den breiten Rücken geschmiegt, die Arme umsichtig aber sicher um die schlanke Talje gelegt und zusah, wie die düster angehauchte, dämmrige Regenlandschaft links und rechts an der Landstraße vorbei zog. Er spürte, wie das Pfützenwasser an den Reifen der Maschine hoch spritzte und der Wind die beiden aus immer anderen Richtungen umgab. Unweigerlich erklangen in seinen Ohren die Riffs seiner Lieblingsband, denn er fühlte sich in diesem Augenblick so getragen, so schwebend wie Mike Ness es erlebt haben musste, um „Angel´s Wings“ zu schreiben. Mit eben dieser verzerrten Gitarrenmelodie im Kopf beobachtete er den schmalen Nacken des Blonden und lächelte.

Er wusste nicht, wo sie sich gerade befanden, kannte auch Farins Ziel nicht und war doch verwirrt, als jener das Tempo zügelte und in einen durchweichten, schlammigen Feldweg einbog. Bela sah zurück auf die sichere Straße, dann über die rechte Schulter des Jüngeren nach vorn. Mit einer schnellen Handbewegung schob der das Visier seines Helms hoch und rief ihm gegen den Wind zu:

„Lass dich überraschen, du wolltest doch Inspiration!“

Das Plexiglas klappte wieder nach unten. Bela blickte, nachdenklich werdend, auf den Hinterkopf vor sich, schmunzelte erneut, lehnte seine Wange an Farins rechte Schulter und vertraute ihm ein weiteres Mal blind. Was hätte er auch anderes tun sollen. Momentan war er machtlos.
 

Erst als die Maschine urplötzlich stoppte, das Regenwasser an seine Jeans heran spritze, meldete er sich wieder zu Wort: „Ich versteh nicht, was du hier willst, wat ist hier denn so inspirierend?“

Während er dies sagte ging der Motor aus und beide stiegen von Farins KTM. Der Blonde öffnete in aller Ruhe seinen Helm, zog ihn behutsam von seinem Haupt und steckte ihn an den Lenker.

„Lass dich halt überraschen.“, wiederholte er, „Du bist doch sonst nicht so, Dirk.“

Der Angesprochene verdrehte hinter seinem Visier die Augen.

„Na gut... Denn mach ma.“ – „Gut. Komm...“

Schon hatten die großen Hände den kleineren Drummer gepackt und zogen ihn durch hochgewachsenes feuchtes Gras und Gesträuch, einen kleinen Hügel hinauf.

„Weißt du, du solltest mal anfangen und aus den kleinen Dingen schöpfen...“

An der Spitze angekommen, hielten beide inne.

„Woah...“ Ungläubig schob Bela sein Visier nach oben, den Helm trug er noch immer. Vor ihnen tat sich, mitten in der grünbraun verwaschenen Landschaft ein kleiner See von Sonnenblumen auf, deren helles Blütengelb wie ein Lichtkegel in einer dunklen Umgebung wirkte.

„Wie geil...“ Dem Kleineren hatte es beinahe die Sprache verschlagen, noch immer mit Farin an der Hand ging er die letzten Schritte auf das Feld zu, dessen Anblick ihn so sehr bannte. Als die Erde unter ihren Stiefeln aber wieder flach und eben wurde, da drehte der Gitarrist den anderen mit einem sachten Hinweis durch seine Hand zu sich um, die grauen Augen leuchteten ähnlich, wie die vom Regen schimmernden Blütenblätter.

„Und was krieg ich jetzt als Entschädigung?“, Bela sah ihn verwirrt an, Farin grinste, „für dein Gezicke und dafür, dass ich dir deine Inspiration verschafft habe?“ Der Drummer erwiderte sein Grinsen sachte und gab recht schnell klein bei:

„Ist ja gut. Was willst du von mir? Hast einen Wunsch frei.“

Doch die Miene seines Freundes wurde wieder ernst.

„Versprichst du mir, dass ich alles bekommen kann?“

Bela nahm die Situation nicht recht für voll, lachte: „Ja, verdammt. Was du willst.“

Die Mundwinkel des anderen krümmten sich ein wenig nach oben und Farins schlanke Hände begannen, den Verschluss von Belas Helm zu öffnen, sie umgriffen ihn und legten mit einer vorsichtigen, eleganten Bewegung seinen Kopf frei. Fragenden und ein wenig neugierigen Blickes beobachtete sein bester Freund, wie Farin sich die Handschuhe auszog und auch Bela der seinen entledigte. Er spürte die langen Finger an seinem Hals, seinem Hinterkopf, dem Nacken und an den Wangen. Farin war ihm unbemerkt immer näher gekommen und plötzlich küsste er ihn. Sehr einfach und beinahe zärtlich schmiegten die Lippen, welche er so lange kannte, sich eng an die eigenen, versiegelten seinen Mund, obwohl Bela in diesem Augenblick ohne hin der Atem versagte. Er starrte auf die halb geschlossenen Lider vor sich. Langsam, ganz langsam wurde sein Sichtfeld kleiner und dann schwarz. Er küsste ihn. Farin Urlaub. Jan Vetter...

Er lies die Situation, schlichtweg, weil er sie nicht fassen konnte, tatenlos über sich ergehen. Doch als die Finger von seinen Wangen weg, seinen Hals hinunter fuhren und begannen, an seiner Jacke herum zu nesteln, sie öffneten und zärtlich, gerade zu hingebungsvoll, sein T-Shirt glatt strichen, da kam er wieder zur Besinnung. Ruckartig stieß er den Blonden von sich. Wieder oder immer noch völlig geschockten Blickes, schwer atmend stand er da. Sein Mund glänzte von Jans Speichel, seine Wangen waren von einem sachten Rotschimmer überzogen.

„W...Was sollte das bitte?!“

Farin sah ihn wie verwundert an, die Augenbraue hoch gezogen, eine Hand lehnte in seiner Hüfte, die andere lag locker am eigenen Oberschenkel. Bela schluckte leise, lief etwas dunkler an und sah hastig wieder in die grauen Augen, deren Blick er ohnehin die ganze Zeit auf sich spürte.

„Was sollte... was?“

Der Drummer war nun wirklich sprachlos, hinter ihm strahlte das Feld von Sonnenblumen. Kurz schmunzelnd über das bizarre und gleichermaßen wunderschöne Bild, legte sein Gegenüber den Kopf schief:

„Ich hab dich geküsst. Schätze, du weißt jetzt, was ich gern zur Entschädigung möchte?“

Der Blick des Kleineren wurde immer ungläubiger, je näher Farin heran trat. Allerdings fand er zumindest Ansatzweise zu seiner Sprache zurück:

„I... Ich? Aber du... du weißt, dass das nicht geht. Willst du... willst du denn alles kaputt machen? Gerade jetzt, wo ich so glücklich war???“

Farins Miene hatte sich nun doch geändert, er stand wieder nahe vor ihm, der Blick fast ein wenig abwesend. Er hob eine Hand, führte seine Fingerspitze erneut über Belas Brust, doch der ergriff, ungewollt sehr grob, sein Handgelenk.

„Jetzt sag schon...“

Doch er verstummte, als er ihm in die Augen sah und eben seine von Hilflosigkeit glänzten. Und das verwirrte Bela nur noch mehr. Das kannte er nicht von seinem Jan.

„Bitte Dirk. Nur heute abend, ich will dich nur die eine Nacht haben, noch einmal für mich allein.“

Der Angesprochene schlug die Augen nieder, konnte es noch immer nicht verstehen und griff, fast als hätte sich die Hilflosigkeit aus Jans Augen auf ihn übertragen, an die Brust des anderen, als der bittend die Arme um ihn schlang. Bela gab nach. Farin Urlaub lächelte, beinahe ein wenig selbstzufrieden über seine Schulter, hauchte noch ein leises: „Danke.“

Der Kleinere nickte nur, widerstand der Anziehungskraft des starken Körpers nicht. Eine Weile verharrten sie, dann löste sich Farins griff um den verwirrten Bela, er lächelte ihn so sanft an, wie er es ihm gegenüber noch nie getan hatte.

„Komm. Komm mit...“ Der Blonde stapfte in seinen Motorradstiefeln wieder zu seiner Maschine, steckte Belas Helm ebenfalls auf den Lenker und machte mit einer Decke aus einem der Fächer unter dem Arm kehrt. Der Drummer sah ihm zu und lies sich brav einen getrampelten Pfad quer durch das kleine Sonnenblumenfeld führen. Ihn umgab dieser ganz eigene Duft, den er eigentlich nur aus Farins Wohnung und von diesem selbst kannte.

Der entfaltete die Decke an einer freigehaltenen Stelle zwischen den hohen Pflanzen und breitete sie sehr vorsichtig aus. Sie war dunkelrot, passte so perfekt in die Kulisse, dass Bela schmunzeln musste:

„Hast das von sehr langer Hand geplant, hm?“

In Wahrheit war er unglaublich nervös und hoffte inständig, dass Farin es nicht so sehr mitbekam. Im selben Moment wurde ihm klar, als wie sinnlos sich diese Hoffnung erweisen würde, schließlich waren sie seit über einem halben Leben beste Freunde. Trotzdem war es einige Jahre her, dass sie mit einander geschlafen hatten. Über derartige „Begegnungen“, ob nun flüchtige Küsse, intensivere Zärtlichkeiten oder zusammen verbrachte Nächte, sprachen sie in der Regel nie. Sie alle ergaben sich meist aus Zufällen heraus, obwohl Farin ja nie einen Tropfen Alkohol anrührte. Umso mehr musste er sich nun über seinen sorgfältig vorbereiteten Freund wundern. Jener lies sich nicht stören, strich gerade noch die Decke glatt. Als er sich wieder Bela zuwandte, hatte sich in seinen Augen ein weiteres Mal etwas geändert. Sie strahlten und plötzlich erkannte Bela da etwas wieder, von dem er nicht wusste, ob es gut für die kommende Nacht war. Eine sanfte Hand strich durch seine Haare und der Drummer schluckte: „Jan du... du liebst mich?“

Nun zitterte seine Stimme wirklich, der Jüngere sah kurz ruckartig zu Boden, begann dann zu lächeln und richtete den Kopf wieder auf, erwiderte traurig Belas beinahe befürchtenden Blick. Seine breiten Schultern zuckten zaghaft, eine Geste, die seine Unschuld bewies. Natürlich konnte er dafür nichts und er schien zu wollen, dass sein Freund genau das registrierte.

Der nickte sachte, obwohl ihm gerade schwindlig wurde, denn in seinem Kopf kreisten Bilder, Erinnerungen, Gedanken. Sie wurden zu verwaschenen Farben, Klanggewirr, ein undurchschaubarer Wirbel. Dann hielten Farins Hände schützend sein Gesicht. Eine kühle Stirn lehnte sich an seine eigene, welche im Vergleich unendlich heiß schien.

„Tut mir Leid... aber ich konnte eben nicht anders.“ Seine Stimme war wieder nur dieses sachte Hauchen. Bela nickte wieder, zitternd, unsicher aber er wehrte sich gegen diese kurze Abneigung, die sich irgendwo tief in ihm bemerkbar gemacht hatte. Es war immer noch der selbe Jan. Er kannte ihn und er wusste auch, wie leidenschaftlich er sich verlieben konnte. Allerdings wusste Bela selbst sicher, dass er nicht genau so fühlte. Oder er wusste zumindest, dass seine Liebe an jemand anderem noch zu stark hing, auch wenn die Trennung ein paar Wochen her war. Noch immer hatte er sie nicht ganz begreifen können, die Frau, von der sie ausgegangen war, nicht vergessen können. Und nun glaubte er seinem Freund, wenn er ihn voller Liebe ansah, denn irgendwie war dieser Gedanke ja doch immer da gewesen. Bela hatte oft genug überlegt, ob er sich wirklich und innig in einen Mann und gerade in diesen Mann verlieben könnte.

„Wann... seit wann weißt du...?“

De Dummer war seine eigene Stimme so atemlos ein wenig fremd, Jan lachte.

„Ich hatte so lange Zeit, mich zu verlieben... und jetzt wird ich´s nicht los, verstehst du?“

Bela verstand. Und er war sich sicher, dass er keine Angst haben musste, als die schmalen Hände unter sein Shirt glitten und seinen Oberkörper entblößten. Zwischen den hochgewachsenen Pflanzen waren sie windgeschützt und er fror sicherlich nicht. Er erzitterte nicht einmal, als Jan mit seinen Küssen fortfuhr. Sie schmeichelten viel zu angenehm um seine Halsmuskeln und das linke Schlüsselbein herum. So bemerkte er, von den Zärtlichkeiten des Blonden ins Himmelreich erhoben oder mindestens so weit vernebelt, wie er sich dem anderen immer mehr hingab, langsam aber sicher den Halt und die Kontrolle verlor. Er stieg folgsam aus den Jeans heraus, die Farin ihm ausgezogen hatte und widerstrebte auch in keiner Weise, als dessen starke, lange Arme ihn auf der weichen Decke nieder setzten. Bela lehnte sich mit den Handflächen auf den sicheren Untergrund, drapierte sich sogar ein wenig vor Farin.

Doch jener blieb stehen, erwiderte den fragenden Blick nur mit einem überlegenen Schmunzeln. Wenige Sekunden später saß der Drummer rührungslos und sah zu, wie sein bester Freund sich vor ihm auszog und die Tatsache, dass er längst wusste, dass ihn ein perfekter nackter Körper erwartete, lies ihn sachte erröten. Er schluckte hart. Plötzlich fühlte er sich in der Zeit ein wenig zurück versetzt, erinnerte sich an so einige Stunden, die er schon mit Farin Urlaub verbracht hatte, in denen sie sich längst alle Blöße gegeben hatten und in ihm stieg ein Kribbeln auf, welches er nur aus genau diesen Nächten kannte. Dieses Verlangen, was er nur nach ihm haben konnte, und von dem er sich fragte, ob er der einzige Empfindende war, oder ob es vielleicht jedem und jeder, die Jan nahe genug kannten, fühlte.

Himmelblau (für FU)

Himmelblau
 

Entnervt ließ Farin Urlaub sein Autoradio mit einem gezielten Schlag der linken Faust verstummen. Er traf diesen widerspenstigen Knopf, der wieder und wieder von selbst nach oben sprang, mittlerweile blind.
 

Seine linke Hand fingerte in seiner viel zu tiefen Jackentasche und fischte nach dem ohne hin viel zu kleinen Handy, das dort im Dunkeln zwischen den wasserabweisenden, raschelnden Stoffen aufgeregt blinkte und vibrierte.
 

Schwungvoll wollte er sich auf die Polster des Fahrersitzes sinken lassen. Dabei stieß er sich allerdings an der viel zu niedrigen Dachkante dieses Autos. Selbst das kam ihm im Moment einfach viel zu klein vor. Alles fühlte sich eng an.
 

Trotz alle dem knallte er die Tür des Wagens zu und erfasste im selben Moment auch noch das kleine Funktelefon. Dem Anrufer schien es ernst, denn er wartete noch immer hartnäckig in der Leitung.
 

Der Blonde seufzte also resignierend und hob ab, antwortete unter einem schmerzvollen Stöhnen in den Hörer: „Jah??“
 

Der Stoß war wohl doch heftiger gewesen, als er gedacht hatte. Sein Schädel schien gespalten zu sein. Außerdem bekam er keine Luft... hastig ließ er die Fensterscheibe hinunter und schnappte nach draußen.
 

„Ähm... Jan? Ich wollt eigentlich bloß kurz durchklingeln, wegen der neuen Nummer.“
 

„Felse...“ seufzte er zur Antwort, tastete dabei vorsichtig in seinen zerzausten Haaren nach der wachsenden Beule. Er spürte sie mehr als deutlich, bis die Zähne zusammen und zog leise zischend die Hand zurück.
 

Er sah sich nach dem Zündschlüssel um, packte dann mit der Hand an seine Jackentaschen. Die Augen verdrehend und sich selbst die Stirn haltend lauschte er dem Räuspern am anderen Ende.
 

„Was ist denn noch?“
 

Ihm war klar, dass er unglaublich unhöflich klang, hoffte aber stumm, der Kleinere möge ihm verzeihen. Er kannte ihn ja...
 

„Also, ich...“
 

Ein leises, verräterisches Klicken, der bösartige Knopf war erneut nach oben gesprungen, schon wieder säuselte eine klingende, bimmelnde Rundfunkmelodie in seinen Ohren.
 

„Scheißding!!!“
 

Der Knöchel seines rechten Zeigefingers traf den Regler. Wieder von Stille umhüllt seufzte er und fragte sich, zum wievielten Mal er es gerade tat.
 

In seiner linken Faust nuschelte etwas. Erschrocken starrte er darauf, sah direkt auf das Display, auf dem das kleine Foto des Drummers noch immer blinkte. Einmal schüttelte er heftig den Kopf, lehnte sich dann entgültig zurück.
 

„Na jetzt sag, tut mir leid wegen eben...“
 

Erst Schweigen, als wartete der andere, dass Farin ihn noch einmal unterbrechen müsste.
 

„Meinst du... meinst du, es wird genial? Richtig genial, dieses Mal?“
 

Zuerst blinzelte der Blonde, sann kurz über die seltsamen Worte nach, blickte nachdenklich gerade aus. Sein Blick glitt vom Armaturenbrett des Wagens hinauf in den Himmel. Es war ein herbstlicher Vormittag, die Dunstwolken lösten sich gerade auf und darunter hervor schob sich in langsamen Wogen ein strahlendes Blau. Ruhig und gelassen, aber so hell, wie es um diese Jahreszeit nur noch selten war. Und ganz plötzlich konnte er tief atmen, der Schmerz hörte langsam auf, in seinem Kopf zu dröhnen, er strich sich durchs Haar.
 


 

„Glaub mir mal, Felse...“
 

Er lächelte selig.
 

„Ab jetzt wird alles... nur noch richtig geil!“

Lieben/Brauchen

Lieben/Brauchen
 

Schon zum fünften Mal diesen Monat...

Träge legte Rod den Kopf weit in den Nacken, so dass er kaum mehr Muskelkraft brauchte, um seine Augen zu öffnen und die Lider sich fast von selbst hoben.

Er war auf dem Sofa eingeschlafen, als er gewartet hatte. Einige Male ließ er seinen Arm Anschwung nehmen, bevor er ihn auf die Höhe hob, auf der er das Ziffernblatt der Armbanduhr an seinem Handgelenk sehen konnte. 15 Uhr...

Er wollte gar nicht versuchen, auszurechnen, wie lange er hier ausgeharrt hatte.

Sein Blick schwenkte mit seinem halb von der Sofalehne baumelnden Kopf zum Esstisch.

Spaghetti. Kalt.

Seit gestern Abend.

Rodrigo wollte nicht daran erinnert werden. Und doch, seinen eigenen Gedanken konnte er nicht entkommen. Er rollte sich etwas auf dem Sofa zusammen, schloss die Augen.

Zuerst war er noch voller Vorfreude gewesen.

Ob es ihm schmeckt? Ob er es bemerkt? Ob er überhaupt Hunger hat?

Trotz dieser Fragen war er sich doch siegesgewiss gewesen. Eine halbe Stunde später nicht mehr...

Nach zwei Stunden hatte er sich in eine warme Decke gewickelt, auf ihr gemeinsames Sofa gesetzt, und fern gesehen. Bald hatte er gelegen. Bald war der Fernseher wieder aus... Und dann schlief er ein...
 

Das leise Klingeln eines Schlüsselbundes lies Rodrigo zusammen zucken, als wäre es ein Gong gewesen, direkt neben seinem Ohr. Eine verdammte Nacht lang hatte er auf dieses Geräusch gewartet, war am Anfang regelrecht nervös gewesen, wenn nur Nachbarn im Haus ein und aus gegangen waren. Und nun? Nun war er sich nicht mal sicher, ob er ihn überhaupt hier haben wollte. Rod seufzte leise, vergrub die Nase in den Polstern, schloss die Augen.
 

Kurz darauf hörte er, wie die Tür seiner Wohnung schwungvoll aufgerissen und wieder halb zu geknallt wurde. Er wurde misstrauisch. War er schon wieder in Eile?

Trotz der Verwunderung beschloss er, sich schlafend zu stellen.
 

Tap. Tap. Tap.

Er kam näher, allein das Geräusch seiner Schritte war Rodrigo vertraut genug, um das sicher bestätigen zu können. Nahe vor ihm blieb er stehen. Er spürte ein Lächeln auf sich, dem folgten ein sanfter Daumen auf seiner Wange und ein Kuss auf seiner Stirn.

Er roch nicht nach Alkohol. Er roch nach Zahnputzcreme und Rasierwasser.

Also doch.

Rod verbot sich im letzten Moment noch selbst ein Seufzen. Der Andere richtete sich auf und streifte weiter durch die Wohnung. Nun beinahe lautlos.

Ganz genau lauschte er, hoffte, eventuell heraus hören zu können, wo sein Freund nun schon wieder hin wollte. Man beteuerte doch um ihn herum stets, dass er dieses ach so wundervolle absolute Gehör besaß. Zu irgendetwas außermusikalischem musste das ja auch von Nutzen sein...
 

Geraschel von Taschen und Jacken an der Garderobe. Kühlschranktür auf. Eine Flasche heraus. Klack. Zwei Schluck. Die Flasche zu und zurück in den Schrank. Tür zu. Dann wieder der Schlüsselbund.
 

Nun schlug Rodrigo doch die Augen auf.

Wollte er tatsächlich einfach so gehen?

Das allerdings wollte er selbst wirklich nicht.

Wenigstens eine kleine Standpauke wollte er ihm halten, weil er ihn versetzt hatte.
 

So setzte er sich auf, streifte die Decke ab, gähnte noch einmal laut. In den Augen des Anderen war er ja gerade erst erwacht...
 

Mit wenigen, bewusst etwas plumpen Schritten war er im Flur angelangt.

Da stand Bela B. vor ihm, den Rücken ihm zu gedreht und fingerte in einer schwarzen Schatulle herum, die stets auf der Flurkommode stand und von der nur sie beide wussten, was sie vor Besuchern versteckte. Das verwirrte Rodrigo. Zugleich machte es aber klar, wo Bela nun hin wollte... schon wieder...

Seine Schultern sanken und fast im Flüsterton murmelte er:

„Wo willst du hin?“

Der vermeintliche Vampir zuckte zusammen wie ein verschüchtertes Kaninchen, drehte sich dann aber eher langsam und gelassen zu Rodrigo um. Das Cap hatte er tief in die Stirn gezogen, darunter zauselten ein paar wirre schwarzbraune Haare hervor. Ein ruhiges Lächeln lag auf seinen Lippen. Seine Augen leuchteten verhalten, wie die eines Kindes. Innerlich spürte Rodrigo erneut fast resigniert, wie chancenlos verliebt er war...
 

„Du bist wach... Morgen.“

Bela lehnte sich nach vorn, hauchte ihm erneut einen noch zärtlicheren Kuss auf den Mund.
 

„Ich dachte, du wolltest wieder kommen, gestern...“

Murmelte Rod, ohne auf die Geste einzugehen. Seine rechte Hand aber umfasste Belas linke. Er deutete mit einem Seitenblick auf den nach wie vor gedeckten Esstisch.

Der Drummer starrte die Tafel an, als hätte er sie bis dahin nicht einmal bemerkt.

„Oh... das... sorry...“

Belas Augen wurden noch größer, seine weichen Lippen kräuselten sich bedrückt.

„Ich wusste nicht, dass du was vorbereitest... ich dachte, du musst arbeiten...“

Der weiche, entschuldigende Ton in seiner Stimme lies Rodrigos Gliedmaßen erweichen, trotzdem seufzte er.

„Ich hatte mir doch die Tage extra frei genommen, für uns...“

Sein Gegenüber küsste ihn federleicht und beflügelnd in den Satz hinein, hauchte noch darin:

„Tut mir Leid, Rod... ehrlich...“ Seine großen Hände strichen Rods Unterarme hinauf, „Ich mach es wieder gut... versprochen... Morgen Abend?“

Die Nackenhaare des Chilenen hatten sich aufgestellt. Er konnte ihm während dieser Art der Nähe normaler Weise nichts abschlagen, auf seine letzte Frage ermattete sein Gefühlszustand allerdings schlagartig wieder.

„Dirk... da muss ich nach Frankfurt, zur Musikmesse, das weißt du auch...“

Belas Zähne beknabberten Rodrigos trockene Lippen, seine weiche Zunge folgte bald. Schon immer hatte Rod geglaubt, das eben jene etwa heilsames an sich haben musste.

Er spürte seinen warmen, Halt gebenden Griff an den Hüften, den Oberkörper der sich an ihn schmiegte.

„Dann bald... sobald es nur geht... sobald ich dich für mich haben kann...“

Ein bitteres Gefühl kroch nun den Rachen des Jüngeren hinauf. Er fragte sich ernsthaft, ob Bela sich bewusst war, wie er ihn verletzte, in dem er die Schuld umdrehte und Rod bedeutete, er sei nicht oft genug für ihn da.

Der Chilene löste sich mit einem Schritt nach hinten von Bela, jedoch nicht von seinen Augen, nickte kurz: „Heute Abend.“

Bela, der bis dato seine Hände noch erhoben hatte, ließ jene, zugleich mit seinen Schultern, sinken.

„Aber heute möchte ich bei Jan sein...“

Natürlich. Wie aus einem Traum, an dessen Ende er bereits geahnt hatte, dass er bald erwachen würde, ließ Rod sich von der Realität einholen. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Nicht aggressiv, eher wie zur Abwehr, nickte dennoch.

Bela machte erneut einen Schritt, Rod ebenso.

„Bitte, Rod... das ist die Abmachung... das weißt du...“

Der Jüngere sah sein Gegenüber an, die braunen Augen verletzt auf ihn richtend.

Schon wieder hatte er den Spieß sprichwörtlich umgedreht, schon war Bela wieder der belehrende, der Seufzer, der Ertragende. Und Rodrigo musste einsehen, beipflichten.

Seine Hände ballten sich zu Fäusten, sein Ton wurde fast energisch... fast.

„Ja, sicherlich... Dann geh...“

Aus dem Augenwinkel sah er das erleichterte, sanftmütige Lächeln Belas. Er ließ ihn näher kommen, ließ ihn die Arme um ihn legen und ihn seinen Hals küssen.

„Glaub mir, ich liebe nur dich allein... aber ich brauche Jan.“

Mit diesen Worten im Kopf sah Rod zu, wie Bela seine Jacke zuknöpfte, ihm noch einen Abschiedskuss gab und mit klingelndem Schlüsselbund die Treppen hinab eilte. Verschwand...

Er selbst blieb zurück, ging bald in die Küche um sich einen Tee zu machen. Von dort konnte er Bela zusehen, wie er in sein Auto stieg. Seine Lippen waren zu einem O geformt. Er piff vor sich hin. Und wieder musste Rodrigo lächeln und sich selbst beteuern, wie verliebt er war.

Wie unheimlich verliebt.

So sehr verliebt war er, dass er sogar zugestimmt hatte, als Bela diese Abmachung in den Sinn gekommen war. Er liebte Rodrigo. Aber er brauchte Jan. Und Jan brauchte ihn. Und darum hatte Rodrigo der Glückseeligkeit der beiden, besonders der Belas, nicht im Weg stehen wollen und geschworen, ihnen so viel Zeit zu lassen, wie sie eben bekommen mussten.

Zunächst hatte Bela diese Möglichkeiten überhaupt nicht genutzt. Er war stets mit beiden gemeinsam ins Kino gegangen, oder weg gefahren. Niemals mit Jan allein.

Dann hatte Jan irgendwann angefangen, auf dieses Vorrecht, Bela bei sich zu haben, zu bestehen. Sie waren zusammen auf Konzerten gewesen, hatten in Clubs sogar ein wenig gefeiert. Aber auch das war nie Regelmäßigkeit geworden.

Routine wurden erst die langen, ausgedehnten Spaziergänge der beiden, auf denen sie sich unterhielten, sich umarmten, sich küssten und miteinander schliefen. Sie verrieten Rodrigo nie, wo sie waren. Und er wollte es gar nicht wissen. Was sie dort machten aber, erzählte ihm Bela mit neutraler Stimme und stets unter Bekundungen, in dieser einen Art und Weise doch nur Rod selbst zu lieben.

Monatlich hatten sie sich bald getroffen, um solche Ausflüge zu unternehmen.

Dann zwei mal im Monat, drei mal...

Und nun war es schon das sechste Mal diesen Monat, obwohl es erst der 19. war...

Rod schloss die Augen, eine Träne fiel in seine Tasse dampfenden Tees. Er erinnerte sich an einen Satz, den seine Mutter einmal gesagt hatte, nachdem sie monatelang im sterbenskranken Zustand im Krankenhaus gelegen und die Redereien und Mitleidsbekundungen anderer hatte hören müssen. Sie hatte ihn angelächelt und gesagt:

„Mancher sagt lieben und meint brauchen... und Mancher sagt brauchen und meint lieben.“
 

Es war doch erst der 19. Mai.

Brauchen/Lieben

Brauchen/Lieben
 

Der 19. Mai. Tatsächlich.

Bela stand in der Küche seines besten Freundes, deckte gerade ihr gemeinsames Abendessen ab und starrte auf den Kalender, der unter der schlichten Wanduhr in der Küche hing. Nein. Das konnte nicht wahr sein. Er hatte Rodrigo nicht an seinem Geburtstag allein gelassen...
 

Klirr.
 

„Dirk?“

Einen Augenaufschlag nachdem der halbvolle Teller Spaghetti aus den Händen Belas zu Boden gestürzt war, stand Farin Urlaub, ein T-Shirt und Shorts tragend, auf der Schwelle, die in den Flur und schließlich ins Schlafzimmer führte. Er sah den Kleineren da stehen, die Hände, wie aus Eis noch erhoben, der ganze Körper erstarrt. Nur seine Lippen bewegten sich. Sie zitterten...

„Hey...“

Er ging auf ihn zu, legte seine langen Arme um ihn, fuhr zärtlich an seiner Seite hinab.

Kurz zögerte er, strich dann mit Nase und Mund am scharfkantigen Hals des Kleineren auf und ab.

„Was ist?“
 

„I...ich... Ich hab ihn... allein gelassen.“ Hauchte er, kaum hörbar, reagierte nicht auf Farins zärtliche Berührungen. Sie trösteten ihn nicht. Nicht einmal ein wenig...

Der Blonde brauchte nicht lange, um zu erraten, wen sein Freund meinte.

„Er hat doch immer zu arbeiten... und ab morgen bist du sowieso drei Wochen lang für ihn da.“

Ein Kuss im Nacken. Bela schwieg und starrte auf den Kalender.

„Tut mir Leid... ich hätte es dir eher sagen müssen... Aber ich fahr wieder weg, bis Mitte Juni.“

Der Andere schwieg weiter.

„...Dirk? Hörst du mir zu?“

Bela zitterte.

„Hey, ich habe gesagt, ich werd weg sein, drei Wochen!“

Farin war irritiert. Diese stoische Ruhe kannte er nicht von seinem Kleinen. Zudem erschien er ja nicht ruhig. Er bebte regelrecht, seine Hände waren zu Fäusten geballt.
 

Die Schultern des Größeren sanken leicht. Seine Stimme war schlagartig leiser, bedrückter, nahe an Belas Ohr. Seine Schwachstelle.

„Ich dachte, du bist bei mir, für heute...“

Seine Hand strich Belas Rücken hinauf. Wieder seine langen, starken Arme um den Älteren. Doch der schwieg.

Farin schob sich noch näher an ihn, flüsterte.

„Bitte Dirk...“ Küsse an seinem Hals, der Wange. Er versuchte, seine Lippen zu erreichen. Da stießen Belas geballte Fäuste gegen seine Brust und drängten ihn weg.

„Ich will aber nicht hier sein. Nich so!“

Er drehte sich ruckartig zu Farin um.

Jener sah ihn an. Er war noch verwirrter. Seine Brauen verzogen sich, sein Ton wurde fast schneidend.

„Was? Wer kümmert sich denn hier um deine Sehnsüchte, wenn der werte Herr González mal wieder non-Interesse zeigt und in seiner Arbeit hängt? Wer ist denn hier immer für DICH da? Ich gebe mir immer nur Mühe, dass wir beide es schön haben!!“

Bela war immer und immer kleiner geworden. Jan hatte ja Recht. Sicher. Hatte er doch immer. Er meinte es gut mit ihm und Bela selbst trat das undankbar mit Füßen. Sofort fühlte er sich schlecht. Verräterisch. Er sah Farin wieder in die Augen. Grün traf Grau.

„S...sorry...“

Zögernd tat er zwei schritte auf den großen Blonden zu. Der lächelte, tat ebenso, legte die Hände an Belas Hüfte, zog ihn an sich, strich mir den Händen über seine Tallie, den Rücken, seinen Hintern.

„Schon gut... na komm, lass uns hinlegen... Abwaschen geht auch morgen noch...“
 

Einige Stunden später lag er neben Farin Urlaub in dessen großem, rein weiß, mit Baumwollbettwäsche bezogenem Bett. Er konnte hinaus in die Nacht sehen, die vielen Sterne, die er auf dem Balkon in Berlin nie so recht zu sehen bekam. Und doch liebte er diesen Ort. Weil jemand dort war, der ihm alle Sterne unwichtig machte...

Die große warme Hand seines Freundes schob sich über seine Arme nach vorn, legte sich über Belas linke Hand. Farin schlief tief und fest, wie ein kleiner Junge, der seinem liebsten Stofftier im Arm so manche Abenteuer im Traumland problemlos durchlebte. Doch der Gedanken, für ihn nur eine Puppe zu sein, der gefiel Bela nicht. Der Gedanke, Farin noch wichtiger zu sein, als er glaubte... das machte ihm jedoch auch Angst.

Wie so oft in Nächten wie diesen, in denen er wach neben seinem besten Freund lag, versuchte er, sich ein Bild zu machen, von dem, was er empfand. Er selbst. Für beide.
 

Er mochte Jan. Er liebte ihn sogar. Innig, ja innigst... Er liebte ihn für ihre Gespräche, für ihre Spaziergänge, für ihre gemeinsamen Essen und dafür, dass er da war. Immer. Einfach so. Er war nicht unabkömmlich in irgendwelchen eigenen Firmen. Seine einzigen Pflichten, die waren sein Racing Team und Die Ärzte. Und selbst die pendelte er aus, nutzte er sinnvoll und behielt den Überblick.

Auf der anderen Seite bekam er manches Mal Angst. Angst, noch einmal voll und ganz abhängig von Jan zu werden. Er tat, was er gern von ihm wollte, er gab es ihm. Nachmittage, Abende und Nächte. Spaziergänge, Umarmungen, Küsse. Er teilte alles mit ihm.
 

Und doch war es nicht diese Tiefe. Es war nicht dieses stille Verständige, dieses „sich gegenseitig Wollen“, das Gewissen, dass der andere ebenso empfand wie er selbst. Genau das hatte er nur an Rodrigo. Und das war, was er an ihm am aller meisten liebte.

Zärtlich und innig... anders. Er liebte ihn für alles. Für seine Augen aus Schokolade und die nach Sonne und Meer duftenden Haare, für seine ruhige Stimme, die ihn in den Schlaf wiegen konnte, ihn schlagartig vollkommen entspannen konnte, aber auch so prickelnd in seinem Ohr wiederhallen, dass er am ganzen Körper Schauer spürte. Er liebte ihn für wortlose, einfach schöne Momente, für Blickkontakte, für Gespräche in der Stille, für Gedankenlosigkeit und Gedankenfülle, für Inspiration und Rationalität. Für seinen weltmännisch-trockenen Humor und seine sanfte, fast behütende Art, mit seine Körper umzugehen. Für Gefühle, die er mit winzigen Gesten in Bela auszulösen vermochte...
 

Bela merkte still auf. Jan hatte sich auf den Rücken gedreht, seufzte verträumt, murmelte irgend einen Namen. Der Drummer überlegte nicht lange, setzte sich langsam auf, sah nur noch einmal zurück. Ein kurzer Kuss auf den hohen Wangenknochen. Dann war er aus Farins Schlafzimmer verschwunden, zog sich an, hinterlies ihm auf dem Tisch einen Zettel.
 

„Jan... ich muss. Ich liebe.“
 

Dann hastete er aus der Wohnung, zu seinem Auto, sprang, nachdem er mit zittrigen Händen den Schlüssel aus der Jackentasche gefischt hatte, hinein und jagte an dem kaum erkennbaren kleinen Ortsausgangsschild vorbei, Richtung Berlin.

Als er auf der Autobahn war, tastete er auf dem Beifahrer sitz nach seinem Handy.
 

Geh ran. Bitte... sei noch wach...

„...Dirk? Was willst du?“ erklang eine müde Stimme.

Belas Kehle schnürte sich zu, er umklammerte das Handy, starrte vor sich auf die fast leere Strecke.

„Ich komm zu dir... Rod... ich...“

Er wurde unterbrochen.

„Willst du sagen du bist jetzt auf der Straße? Dirk es ist vier Uhr morgens! Kehr jetzt sofort um und fahr zu Jan, hörst du? Ich will nicht, dass dir was passiert!!!“

Bela musste zittrig lächeln.

„Ich liebe.“

„... Was?“

„Ich... ich liebe.“

„Wen? .. W... Weinst du etwa?“

Bela lachte auf, schluchzte dabei aber ungewollt.

„Ich doch nich. Kennst mich doch.“

„Jetz hör auf mit dem Scheiß... wo bist du???“

Der Ältere schloss kurz, sehr kurz, die Augen.

„Ich liebe-!“

Ein Quietschen aus dem Hörer, ein Krachen, Blech auf Blech, eine Explosion. Der Tank.
 

Schon wieder.

Rock And Roll All Night

Anlass:

KISS-Konzert am 9.6.2008 - Velodrom Berlin ^.~
 

Rock And Roll All Night
 

Rodrigo und Bela zählten zu den letzten Fans, die das noch immer von Flutlichtern beleuchtete Velodrom verlassen hatten. Die schwüle nächtliche Luft empfing sie und der Austritt aus der vom Eisnebel verrauchten Luft der Halle hatte sie nicht zurück holen können in irgend eine Realität. Sie schwebten immer noch.
 

Es war genau dieses Gefühl zurück gekehrt, das schwach in seinem Gedächtnis aufgeflackert war, als er zu seinem Geburtstag den Umschlag mit den Karten in den Händen gehalten hatte.
 

Rod vergrub nun die Hände in den Taschen seiner dunklen Jeans. Er ertastete die zerknitterte Pappe, die vom Schweiß ziemlich aufgeweicht worden war.

Einige Schritte vor ihm ging sein bester Freund, dessen Hemd und Jeans nicht weniger an ihm klebten, als es nach einem Abend wie diesem bei Rod selbst der Fall war.
 

Noch immer hatte der Kleinere nicht aufgehört, zu grinsen. Er stand da, unweit entfernt, hob langsam die Arme, breitete sie aus und strahlte dem auf fast kitschige Weise sternenklaren Himmelszelt entgegen. Rodrigo kam nicht um hin, zu ihm zu gehen. Den gesamten Abend hatten sie sich so gut wie nie offen als Pärchen gezeigt. Wenn er auch das ein oder andere mal über Belas Rücken, die Seite, seine Oberarme gestreichelt hatte und sie sich während des letzten Songs eng umschlungen gehalten hatten. Meistens waren sie doch die besten Kumpels gewesen, die beiden KISS-Fans, die endlich nach Jahren wieder etwas ausleben konnten, etwas gemeinsam erleben konnten, was sie lange vermisst hatten. Es gab keine andere Band, die die beiden so verband. Denn sie war etwas, zudem so einigen Leuten der Zugang fehlte, die vielen anderen suspekt war. In diesem Punkt gab es Bela und Rod... und die „Anderen“, die nicht verstanden. Und auf eine seltsame Art, war dieses Gefühl, etwas mit Bela zu besitzen, was kein anderer mit ihm besaß, das wertvollste auf der Welt für Rodrigo.

So legte er den Kopf auf die linke Schulter des anderen, umgriff seine noch immer ausgestreckten Hände und folgte seinem Blick.
 

Minutenlang standen sie so da, in ihren Ohren noch das überzogen perfekte Gitarrenriff, vor ihren Augen der glitzernde, verträumte Moment, in ihren Nasen Trockeneisnebel und Schweiß, unter ihren Fingern einzig die Haut des anderen...
 

Während der Bahnfahrt bis zu Rodrigos Wohnung hatten sie weiterhin geschwiegen, sich ab und zu einen flackernden, alles sagenden Blick zugeworfen, waren dicht nebeneinander ihren Weg gegangen. Sie waren heiser geschrieen, ja. Vor allem aber, war nichts mehr zu sagen. Und eigentlich hatte Rod auch gedacht, Bela wäre mit einer ruhig ausklingenden Nacht einverstanden. Im Flur seiner Loft-artigen Mietwohnung, als er sich gerade aus seinen schwarzen, im Licht ganz leicht glitzernden Boots schälte, ergriff sein Freund jedoch das Wort.
 

„Na? Noch fit genug, um zu feiern?“
 

Rod richtete sich auf, stand dem Anderen, der seine Hände an die Hüfte gelegt hatte und ihn angrinste, nur mit gehobener Augenbraue gegenüber.
 

„Bist du nich völlig fertig, alter Mann?“
 

Tatsächlich sah Bela relativ abgekämpft aus, er hatte am Morgen noch ein Meeting mit der kleinen Plattenfirma, anschließend Stress mit einem unzufriedenen Nachbarn gehabt und dann – natürlich - beinahe seinen Zug nach Berlin verpasst.

Seine Augen allerdings blitzten hell auf...
 

Kaum eine Sekunde später fragte Rodrigo sich, wie er dermaßen dämlich hatte sein können und fand sich binnen weniger Augenblicke auf sein Bett geschubst wieder. Sein Mund versiegelt von den auf fast weibliche Art angenehmen, doch so schmalen und energischen Lippen. Genießend, wenn auch eifriger und schneller als sonst fuhren die ebenso (für einen Schlagzeuger ungewöhnlich) weichen Hände des Drummers über seinen Körper, zogen ihn mit geschickten Griffen aus, obwohl ihm seine schon extra weit gewählten Klamotten noch vor kurzem wie eine zweite Haut vorgekommen waren.

Hatte er bis dato fast wie gelähmt in seinen Kissen gelegen, hob auch Rod nun die Hände, schlängelte seine weniger zielstrebig, allerdings wie er wusste für Bela umso erregender um dessen Körper herum. Von Jeans und Hemd hatte er ihn recht schnell befreit, kraulte dann jedoch intensiv durch die dunklen, verschwitzt in kleine Strähnchen aufgeteilten Haare. Bela raunte dunkel in seinen Rachen. Seine schmale und Rodrigos fast rundliche Hüfte trafen zusammen. Ihre Körper ergänzten sich, verschlossen sich und sollten bald möglichst eines werden.
 

Rodrigo schlang seine Beine verkreuzt um Belas Hüfte, der diesmal keuchte, seine Hände fest im die Tallie seines Freundes schloss und mit einem sicheren, beinahe eleganten Schwung in ihn glitt.

Beide warfen ihre Köpfe in den Nacken, stöhnten laut auf, erlöst und sehnsüchtig zugleich.

Nur das Flurlicht lies Rod durch halbgeöffnete Augen etwas des anderen erkennen, bald schloss er jedoch die Augen, genoss alle anderen Sinneseindrücke, die ihn um ein vielfaches feinfühliger spüren ließen, was er liebte.

Bald wanden sie sich umeinander, beinahe wie zwei Ringende. Und doch wahren ihre Griffe zu zärtlich, ihre Bewegungen mehr Tanz als Kampf und schließlich kamen sie beinahe zur gleichen Zeit, Rodrigo spürt die erschöpft, noch hastig bewegte Brust des anderen, als er auf ihn nieder sank, und doch.

Er lächelte nicht allein.

Mitternachtssonne (für Tio)

Mitternachtssonne
 


 

Eine warme Brise, einer großen, zärtlichen Hand gleich, umfing Bela, als er spät in der Nacht dem schwarzen Wasser entstieg. Es war Sommer.
 

Noch einmal drehte er sich dem kleinen See zu, auf dessen Oberfläche Glühwürmchen einen zufälligen Reigen um die Spiegelbilder des Sichelmondes und der hellsten Sterne tanzten. Bela erkannte den Polarstern, den großen Wagen... und wandte sich schmunzelnd ab.
 

Nur wenige Meter entfernt auf einem flach bewachsenen Flecken Wiese, der sowohl vom Wasser als auch dem Dickicht des Waldes noch weit genug entfernt war, loderte ihm ein kleines, jedoch seit einigen Stunden beständiges Feuer entgegen. Warm und behaglich sah der Platz auf dem Deckenlager daneben aus und mit ein paar Schritten war er dort angelangt, wickelte sich in weichen Baumwollstoff und setzte sich nahe zu den züngelnden Flammen, vor denen er nicht die geringste Angst verspürte. Bald waren die Wasserperlen auf seiner frei liegenden Haut getrocknet und seine Wangen von glühwarmem Rot überzogen.
 

Das Lächeln war allmählig von seinem Gesicht gewichen, in das klare Grün seiner Augen war ein nachdenklicher grauer Schimmer gezogen
 

So schreckte er zusammen als plötzlich das laute Geklapper von auf einander prallenden Hölzern erklang und sich bald darauf zwei lange, starke und in Flies gehüllte Arme um ihn schlangen.
 

„Jan??“
 

Der Blonde ließ sich auf den Hintern fallen und zog Bela in seinen Schoß. Fast unmerklich zitternd schmiegte er sich an seinen Kaum bekleideten Freund, rieb die Wange an seiner Schulter.
 

„Du bist warm... obwohl du nackt bist... faszinierend...“
 

Er brummte leise, wickelte sich halb mit in die Decke und schloss zufrieden die Augen.
 

Bela, der sich gerade erst von seinem Schreck erholt hatte, seufzte halb erleichtert, halb genervt aus.
 

„Wie schön, dass du wieder da bist, Eisklotz... und kein Wunder, dass ich warm bin... ich geh ja auch nich mitten in der Nacht noch mal völlig unnötig Holz sammeln.“
 

Er spürte seinen Freund an seiner nackten Brust gähnen, dann griff die große hand nach dem trockenen Stück eines Astes und warf sie behutsam, jedoch blindlings, ins Feuer. Funken sprangen, die Wärme wurde eindringlicher, Bela schnurrte leise.
 

„Alles zu deinem Besten... so bist du morgen nämlich erst Mittags mit Sammeln dran...“,
 

die Arme schlangen sich wieder besitzergreifend um ihn, „Und kannst ausschlafen...“
 

Die Hand begann nun, seinen Bauch zu kraulen.
 

„Hm... sicher... sehr selbstlos von dir...“
 

Mehr war Bela nicht erlaubt, zu sagen, denn kurz darauf versiegelte Farins Mund den seinen, wie schon so oft an diesem Wochenende, mit dem eigenen und drückte ihn sanft hinab auf die Erde. Unter ihnen raschelten vertrocknete Gräser, die Hitze des Feuers kroch in jede Pore ihrer Körper und bald musste der Blonde sich von seiner doppellagigen Waldläuferausrüstung befreien lassen, um nicht dahin zu schmelzen, noch bevor sein Geliebter ihn da hatte, wo er ihn wollte.
 


 

Fast unerhört traumhaft war auch diese gemeinsame Nacht unter dem sommerlichen Himmelszelt, nur gestört von einigen widerspenstigen Bremsen und Mücken, vor denen die beiden Männer, der eine den anderen tragend, in ihr Zelt flüchteten.
 

Dort trieben sie ihr Spiel nur noch erhitzter weiter, verschlangen sich ineinander, die Glieder verkeilt, untrennbar, zusammen gehörig. Und auch im Schlaf ließen sie nicht voneinander.
 


 

Das Feuer glühte noch, bis es in den Morgenstunden von Streifen rosaroten und hell orangen Sonnenlichtes abgelöst wurde, die den blauen Himmel facettenreich durchzogen.
 

Als die ersten Vögel durch die noch nicht allzu schwüle Morgenluft kreisten, lag Farin bereits wieder auf der taufeuchten Wiese und sah ihnen dabei zu.
 

Das nasse Gras strich beim leisesten Windhauch über seine Haut, zart und weich, jedoch... kühler als es Bela tat. Er lächelte und drehte den Kopf der schwarzen Gitarre zu, die er neben sich abgelegt hatte. Es musste ein bizarres Bild sein, wie sein Daumen den Schriftzug am Griffbrett nachfuhr, der gar nicht sein eigener war. Sein Schlagzeuger hatte allerdings darauf bestanden, diese Gitarre mit zu nehmen, in der festen Überzeugung, auf einer anderen gar nicht spielen zu können.
 

Gedankenverloren streckte der Blonde sich, richtete sich auf und begann, die nackten Zehen in das kühle Wasser, dass am Rand des Sees die Ufergräser durchnässte, getaucht, dieses eigenartig nach Bela klingende Instrument zu spielen.
 

Jener hatte gerade das Zelt verlassen und schlich nun barfuss durch das feuchte Gras, auf dem er beinahe ausrutschte, auf seinen Freund zu, der wieder einmal wirkte, als sei er in einer anderen Welt, vollkommen geistesabwesend. Nur kurz hielt er inne und betrachtete ihn einfach, die schmale Hüfte, den breiten Rücken und alles, was er von seinen starken langen Armen sehen konnte. Die immer verspannten Muskeln im Nacken. Sollte er..?
 

Nein. Die Verlockung des Racheaktes war einfach zu groß...

Frühherbst (für Franz)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Schlagzeu-G-E-R (Refuge - für Das_Anni

DANK an: […] Bela, sowieso und für Drumpodest, Sticks und Propaganda. (Farin Urlaub, Booklet Endlich Urlaub!)
 

Schlagzeu-G-E-R (Refuge)
 

Irgendwann im äußerst kalten Dezember 2001 hievte Bela B. unter heftigem Schnaufen eine Kiste den kurzen Treppenaufgang zu Farin Urlaubs Haustür hinauf. Er hatte das Gewicht seines Mitbringsels deutlich unterschätzt und gemeint, seinem besten Freund einen kurzen Gang auf die von schwerem, grauweißem Schnee bedeckte Straße ersparen zu können. Da er das allerdings mittlerweile sehr bereute wollte er selbst wenigstens willkommen geheißen werden, anstatt erst noch seinen Schlüsselbund auf den Haustürschlüssel des anderen zu durchsuchen. So beugte er sich möglichst weit über die flache, viel zu harmlos wirkende Kiste, langte mit ausgestrecktem Arm nach dem Klingelknopf und drückte ihn eine halbe Minute lang kontinuierlich, bis er Schwung nahm und sich zurück drückte, ohne die rutschigen Stufen hinunter zu stolpern, was nicht unbedingt untypisch für ihn gewesen wäre.
 

Im Studio des besagten Hauses bastelte Farin Urlaub an seinem extra für die Aufnahmen der nächsten Monate neu beschafften und durch Rod und Bela abgesegneten Schlagzeug herum. Dabei schallte eines seiner Demos durch den Raum, welches er kurz vor Sonnenaufgang aufgenommen hatte und nun seit Stunden immer wieder hörte, um wie Aschenputtel auch alle Zuckererbsen vom Kehricht zu trennen, denn schließlich sollte ja das beste Soloalbum der Welt (oder so) daraus werden. Mittlerweile waren zur ersten und natürlich noch zu sparsamen Gitarrenspur schon die zweite zuzüglich einer Strophe Text hinzu gekommen und zufrieden grinsend hatte er festgestellt, wie sich die Melodie in seinen Ohren eingenistet, ja bereits häuslich eingerichtet hatte. Ein Volltreffer.

In seine Musik vertieft bemerkte er erst einige Augenblicke später, dass jemand vor seiner Haustür zu warten schien. Das mittlerweile andauernde Sturmklingeln lies nur einen einzigen Schluss zu...

Verwirrt sah der Blonde auf die Uhr. Eigentlich konnte er das noch gar nicht sein.

Trotzdem stoppte er das Demoband auf der bis zum Anschlag aufgedrehten Anlage (er wollte es überall in seinem Haus hören können und nur bei voller Lautstärke konnte er sogar während der oft philosophisch anmutenden Sitzungen auf dem Klo darüber nachdenken, was noch in seine bis hierhin unvergleichlich gute Komposition passte), begab sich in den sauberen, für die meisten Besucher geradezu steril wirkenden Hausflur und öffnete seine Tür, ohne nachzusehen, wer davor stand.
 

„Nanu? Du schon hier?“

Bela rümpfte kurz die Nase und verschränkte leicht grinsend die Arme.

„Na wat´ne Begrüßung, möchte man dich ja gleich knutschen. Dit heißt > Guten Tag verehrter Herr Graf, welch Ehre, euer Besuch!<, hab ick dir dit nich jenuch einjetrichtert?.“

Farin musterte ihn einen Moment einfach lächelnd. Die großen grün-blauen Augen glitzerten. Seine schwarz gefärbten Haare reichten ihm nun schon bis in den Nacken, der feinrasierte Bart zierte sein leicht gebräuntes Gesicht noch immer. Er war ein weiteres Mal in die USA geflogen, dieses Mal ohne ein Mädchen. In sich hinein grinsend stellte Farin fest, dass er wohl deshalb so viel erholter wirkte. Überhaupt sah der Drummer unheimlich gut aus, trotzdem die Ränder seiner Ohren und seine Nasenspitze kältegerötet waren. Er hatte wohl vergeblich versucht, sich mit dem hochgestellten Kragen seines dicken Mantels vor dem Winterwind, der hier auf dem Dorf eisig um die Häuser pfiff, zu schützen.

Da er nicht reagierte, schaute er dem Anderen einfach nur zu, wie dieser einen auffallend großen Schritt machte, die Arme um ihn schob und ihn so sanft umarmte, wie es keiner seiner Freunde sonst tat. Dabei stellte Bela sich auf die Zehenspitzen, sein Lächeln berührte kurz Farins Hals. Er schmunzelte, strich ihm dabei zärtlich über die Seite.

„Jut siehste aus... Aber wolltest du nich heut Abend erst vorbei kommen?“

Bela löste die Umarmung und nickte zuerst, erklärte dann:

„Eigentlich schon... aber die haben richtige Orkanböen angesagt. Und für nen Purzelbaum auf Glatteis wär mir das gute Ding hier echt zu schade gewesen.“

Dabei hob er den ihnen zu Füßen liegenden Pappkarton an und begann furchtbar liebenswürdig zu seinem Gegenüber hinauf zu lächeln.

„Frohe Weihnachten, Jan!“

Verwirrt blinzelnd sah der Beschenkte auf die geheimnisvolle Kiste hinunter.

„Wie jetzte... Wat isn dit???“

Bela verdrehte die Augen und schob sein Geschenk mit einem solchen Ruck in Farins Hausflur, dass dieser völlig perplex zur Seite springen musste.

„Jetz lass mich doch erst mal rein, langsam wird’s kalt.“

Sich verwirrt durch das dunkelblond-verwaschene Haar streichend schob Farin die Tür zu und schleifte dann die Kiste unter der zweifelnden Beobachtung Belas in sein Studio.

„Hier hinten is mehr Platz!“, hörte er ihn von dort rufen.

„Na denn... könn wa´t ja gleich aufbauen.“

...

Nun schien die Neugier Farins geweckt zu sein, denn er kehrte nicht noch mal in den Türrahmen zurück. Grinsend schälte Bela sich aus seinem Mantel, Schal, Handschuhen und den Lederstiefel und bediente sich in der Garderobe des Blonden selbst.
 

Wie ein kleiner Junge hockte sein Freund vor der gut verklebten Pappe, hatte bereits ein Cuttermesser gezückt und Bela war sich fast sicher, dass er die Zungenspitze erwartungsvoll zwischen seine Zähne geklemmt hatte.

Er ließ sich neben dem Jüngeren nieder, der kaum reagierte, bis er das Paketklebeband bezwungen hatte und nun endlich sah, was darunter lag. Kurz blickte er fragend zu Bela, schien sich unsicher zu sein, ob er mit seiner Vermutung richtig lag. Der griff zielsicher nach einem beiliegenden Prospekt und legte lächelnd den Kopf schief.

„Ich dachte, das kannst du ganz gut gebrauchen, wenn du mich schon nich mehr an die Trommeln lässt.“

Farin las kurz die Rückseite der Garantiebescheinigung und seine Augen leuchteten derart kindlich erfreut auf, dass Bela seinen Freund am liebsten adoptiert und ihm alles gekauft hätte, was er haben wollte, nur, damit er immer so strahlte.

Sekunden später saß er ziemlich überrascht und weit nach hinten gebeugt da, während Farin ihn mit beiden Armen umschlungen hielt.

„Danke, Felse... voll geil das Ding!“

Zufrieden erwiderte Bela die Umarmung noch kurz, krempelte dann die Ärmel seines Pullovers etwas nach oben und grinste fragend: „Na? Probieren wir´s gleich aus?“
 

~
 

Gut zwei Stunden später stand Farins „Prachtstück von einem Schlagzeug“ perfekt inszeniert vor dem Elvis-Poster, dass Bela ihm einmal überlassen hatte und auf dessen großzügigem Weihnachtsgeschenk: Einem frei schwingenden Schlagzeugpodest, dass nach Aussage des hauptberuflichen Drummers „total geilen Sound“ erzeugen sollte. Farin selbst fühlte sich fast zurück versetzt in die Zeit, als ihm die Mitbewohner seiner Mutter ein eigenes Schaukelpferd geschenkt hatten, auf dem er sich vorstelle, Huckleberry Finn persönlich zu sein. Jetzt war er eben eher Dave Grohl, Ringo Star oder Charlie Brown. Schlagzeug zu spielen, das war für ihn noch immer irgendwie seltsam. Ganz besonders, wenn er geradeaus schaute, und vor dem Instrument Bela kniete, um die letzten Schrauben festzudrehen.

Gerade ließ er sich – plumps – auf den Hintern fallen und seufzte:

„Meine Fresse, wir sind echt Anti-Heimwerker!“

Beide grinsten sich an.

„Na dann probier mal…“

BABAM.

Ungelenk ließ der Kleinere sich auf den Rücken fallen und lachte.

„Boah du Arsch, das waren meine Trommelfelle!“

„Deine was???“ rief Farin nur zurück und bog sich auf seinem Hocker vor Gelächter. Grinsend richtete Bela sich wieder auf und ging um das Instrument herum zu seinem Freund, der das erst noch kichernd, dann eher mit fragendem Blick verfolgte. Er stellte sich dicht hinter den sitzenden blonden, legte seine großen Hände auf die breiten Schultern und massierte sie leicht, was jenem ein leichtes Stöhnen entlockte.

„Du sitzt außerdem viel zu verspannt da. Stell dir vor du sitzt… öhm…auf dem Klo.“

„Bitte was?“, Farin lachte wieder. Bela verzog das Gesicht.

„Na ok, besser nicht… Aber entspann dich.“ Er glitt mit den Fingern in die hellen Haare, wissend, dass das zweifelsfrei eine von Farins Schwachstellen da. Innerhalb kürzester Zeit lehnte er mit offenem Mund an Belas Bauch und seufzte:

„Ich dachte keine Zärtlichkeiten, wenn wir arbeiten?“

Er spürte, wie der andere sich hinab beugte, spürte die zärtlichen Lippen nahe an seinem Ohr, wie sie ihn sanft küssten und erschrak fast zu Tode, als die starken Arme sich um seine Brust schlangen, ihn packten und auf den glatt geschliffenen Parkettboden ablegten.

„Ich arbeite doch gar nicht!“

Verspielt grinsend sah Bela ihm ins Gesicht, sobald er seinen Kopf in dessen Schoß ablegte und strich mit den Händen die Brust auf und ab. Dann beugte er sich hinab und küsste ihn, wobei seine Nase Farins Kinn berührte. Er schmiegte sie an die von Stoppeln übersäte Haut.

„Das ist doch der einzige Grund, warum ich dich dieses Soloding machen lasse…“

Noch ein Kuss.

„Damit wir endlich…“

Noch ein Kuss.

„Eine Zuflucht haben. Für uns allein.“

„Nein.“

Bela öffnete die Augen, sah verwirrt zu, wie sein Freund sich wieder aufsetzte, dann eine Hand in seinen Nacken legte und ihn mit sanfter Gewalt zu sich zog. Diesmal küssten sie sich richtig herum.

Farin erklärte seinem Liebsten gegen dessen geöffneten Mund:

„Ein Versteck für uns beide .“

B-Vertüre (für Missi)

Happy Birthday!!
 

B-Vertüre
 

Krampfhaft versuchte er, seine unruhigen Pupillen auf die Schuhspitzen unter sich zu fixieren, auf deren hellem Leder sich die flackernden Lichter der Supportshow reflektierten. Doch er konnte den eigenen Blick nicht besonders lange halten. Nur einen Vorhang entfernt johlten, klatschten und stampften erwartungsvolle Fans. Sie begannen, sobald die Vorband von ihren Instrumenten gelassen hatte, euphorisch verschiedenste Chöre anzustimmen, die nach ihm forderten…

Nein, die nach Bela B. forderten.

Nicht nach diesem Weichei, was sich gerade hinter dem Stofffetzen mit dem glitzernden davor baumelnden Emblem „BB“ versteckte und in dessen Kopf nun einzelne Textzeilen, einige direkt aus dem Zuschauerraum entnommen, herumschwirrten und ihn schwindelig machten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren erwischte er sich in einer derartigen Situation hinter der Bühne. Seine Hände waren heiß, dann kalt, dann ertaubten sie, schienen sich nicht recht entscheiden zu können. Seine Füße dagegen waren eindeutig festgefroren, das eisige Gefühl zog sich seine Beine hinauf (gefährlich nahe in seine Intimsphäre). Nicht einen Schritt hätte er machen können, ohne zu rutschen oder zu stolpern. Zudem musste er sich ständig abwechselnd an der Nase, hinter den Ohren und am Hals kratzen, weil an ihm alles juckte und kribbelte, als hätte er sich Flöhe eingefangen. Er fühlte sich überfüllt, überlastet, überfordert, so ohne ein Ventil, an dem er all das auslassen konnte, mit so viel Verantwortung wie er noch nie vorher im Leben allein gehabt hatte.

Wiederholt versuchte er, sich zusammenzureißen. Er würde sich jetzt sofort umdrehen und gut gelaunt im Catering nachfragen, ob alle bereit wären. Gerade, als er sich überwunden hatte und nach dieser qualvollen halben Stunde am Treppenaufgang den ersten Fuß von der Stelle heben wollte, da schreckte er zusammen. Neben seinem flimmerte nun ein zweites Paar weißer Lederslipper in der bis zu ihm reichenden gelb-blauen Bühnenbeleuchtung. Zwei Hände waren entspannt in die Taschen des leicht zerknitterten Anzuges geschoben. Aus dem Kragen des schwarzen Hemdes ragte ein langer schlanker Hals mit scharfen Konturen, um den sich am Übergang zum Kiefer ein leichter Hauch von 3-Tage-Bart gelegt hatte, der die Schatten unterm Kinn betonte. Bela kam ins träumen…

„Nervos?“

Seine Schultern sanken ein Stück herab und er musste seufzen, zum einen über seinen Tagtraum, gleichzeitig aber auch als unschlüssige Antwort. Als wüsste er nicht längst, wie Recht sein Gegenüber hatte, das er gerade für wenige Sekunden verwechselt hatte. Erneut kratze er sich über den längst gereizten Nacken, er juckte höllisch, da ergriff der Engländer sein Handgelenk und hielt Bela die eigenen Fingerspitzen vor Augen. Blut.

Von sich selbst genervt stöhnend steckte er sich die halbe Hand in den Mund, bemerkte kaum, dass er darauf herum biss. Denn das erste Mal seit einer Ewigkeit hob er den Blick. Seine Augen juckten nicht mehr, als sie von den grünen des Anderen durchleuchtet wurden. Er spürte, wie seine Schultern sanft gepackt wurden, wie eine sonderbare Ruhe von den schmalen Händen ausging. Und doch. Besonders viel half wohl auch das nicht. Noch immer war er festgefroren, jetzt fühlte er die Kälte schon in der Brust sitzen.

„Was… wurdest du jetzt mit Jan tun? Wie hilft er dir?“

Bela starrte Wayne fassungslos an, suchte in seinem Gesicht kurz den Schalk, den Witz, die Pointe. Als nichts davon im Gesicht des Engländers zu finden war, kam der Ältere fast ins grübeln. Denn diese Frage schien gar nicht so unberechtigt zu sein.

War es wirklich nur die große Verantwortung, die ihn sich so anders, so extrem aufgeregt fühlen ließ? Oder war es nicht auch einfach das Fehlen der kindlichen Vorfreude in Form des großen Blonden, den er gerade eben doch noch kurz in Wayne gesehen hatte? Anschließend blieb da aber noch die Frage… ob nicht auch die körperliche Zuneigung Farins fehlte, die ihn stets aufgebaut, in seinem Ego gestärkt hatte. Das wiederum konnte er doch von Wayne niemals verlang…!

Da war es.

Als hätte der Jüngere seine Gedanken gelesen. Als wüsste er längst ganz genau über Farin Urlaub und Bela B. und ihre Gepflogenheiten vor Konzerten bescheid. Mit aufgerissenen Augen stand er da und spürte, wie sich Waynes Körper, sein Torso, die Hüfte, die Hände und Lippen gegen den seinen presste.

Er wollte sich erst wehren.

Er fand es nicht richtig, doch…

Da floss diese Wärme in ihn, beruhigte sein Blut im Kopf, taute aber den Panzer aus Eis, der von seinem Schlüsselbein abwärts bereits über ihn geherrscht hatte. Und er umarmte den Anderen, verschlang sich mit ihm, klammerte sich an ihn, war unglaublich erleichtert.

Als sich die Lippen lösten, wieder Grün auf Grün traf, da atmete Bela entspannt ein und aus.

Zeitgleich lächelten sie.
 


 


 

PS: Alle Umlaute in W's direkter Rede sind mit Absicht umgangen.

Stau (für GwenLaurie)

Stau
 


 

„Scheiße, ist dit kalt!“

Er spürte den kleinen Teufel an sich vorbei ins Innere des Parkhauses schlüpfen und grinste vor sich hin. Seit Dirk vor etwa einem Jahr eine Metamorphose vom Grufti zum knallharten Metal-Fan vollzogen hatte, machte ihm das Wetter (oder er dem Wetter?) nur noch das Leben schwer. Seitdem war es ausschließlich entweder zu heiß (ob der schwarz in schwarz gehaltenen Klamotten) oder zu kalt (denn auch für Handschuhe, Schal oder auch nur anständig warme Pullover war man inzwischen zu cool). Manchmal fragte Jan sich tatsächlich, ob Dirk wirklich sein bester Freund, oder eine der Gespielinnen seiner pubertierenden Schwester war, die sich irgendwann in seinen Freundeskreis eingeschleust hatte.

Das Zischen eines Feuerzeuges ließ ihn aufblicken und er hoffe zeitgleich, dass Julias übrige Freundinnen noch nicht rauchten.

Der Kleinere klammerte sich derweil an ein gefundenes Heizungsrohr und paffte befriedigt den blauen Dunst in die ohnehin stickige Garagenluft. Seinen schnippischen Anti-Raucher-Kommentar hatte Jan gerade vergessen, also zog er einfach die Eisentür zu und kramte in den Taschen seiner Lederjacke, bis er einen klimpernden Autoschlüssel hervorzog und vorfreudig grinste. Er war die letzten Monate zwar schon viel gefahren, immerhin machte sich ein Führerschein nicht von allein und dank ihres ansteigenden Erfolges hatte er sich ohne Probleme sehr viele Stunden leisten können, vor seinem besten Freund aber war es noch einmal etwas völlig anderes. Wie in vielen Dingen, wollte er den Älteren auch hier beeindrucken, sah endlich eine Chance, in irgendetwas erfahrener zu sein. Denn in allen anderen Dingen, seien es Bandproben, das Komponieren, Konzerte, Partys oder gar Frauen, war Dirk ihm stets eine Nasenlänge voraus gewesen. Dieses eine Jahr, das Jan jünger war, kam diesem manchmal eher wie ein Jahrzehnt vor. Und dennoch: Autofahren, das konnte Bela B. Felsenheimer mit seinen 25 Jahren immer noch nicht. Zuerst mangels Geld, mittlerweile mangels Lust und Motivation, denn schließlich wurde er mittlerweile oft genug gefahren und Jan überlegte, ob er wirklich auch zu einem seiner Chauffeure werden wollte.

„Und jetz? Schlagen wa hier Wurzeln?“

Verwirrt sah der Blonde auf, riss sich von seinem Gegrübel los und zog Dirk mit sanfter Gewalt von der heißen Kupferleitung und in Richtung der besetzten Parklücke mit der Nummer 210. Dort stand das kleine silberne Auto und blickte sie beide aus großen Scheinwerferaugen an. Jans Grinsen war nun bis zu seinen Ohren hinauf gewachsen.

„Dit isser!“
 

Von draußen drückte der Wind gegen Türen und Gitterfenster des Parkhauses und Jan bemerkte, dass sie sogar schon etwas des ersten Schnees mit hinein gebracht hatten. Denn als Dirk auf das Auto zuging und über die Motorhaube und einen Seitenspiegel strich, zog er eine nasse Fußspur hinter sich her.

„Dit… isser?“, wiederholte der Schwarzhaarige und Jan hob verwundert eine Braue.

„Ja! … Super oder?“

Doch da sah er schon, wie sich ein Grinsen auf die schmalen Lippen des anderen stahl.

„Naja… n bisschen mickrig, nee?“

„Aaach du bist ja nur neidisch!“ lachte Jan und strich nun selbst über die Motorhaube.

Sein Gegenüber verzog mitleidig die Mundwinkel.

Schlagartig flaute seine Euphorie ab. Unweigerlich begann er, Dirk genauer zu mustern.

Wie er da so vor ihm stand, zwar mittlerweile weit über 20, aber doch immer noch so schmalschultrig und blass, beinahe zerbrechlich, war er Jan plötzlich wieder so unglaublich fern. Zerschmolzene Schneeflocken tropften aus den schwarz gefärbten Haarspitzen, benetzten das Gesicht des Kleineren, die markante Nasenspitze… und seine Lippen.

Jan fröstelte und ging etwas versteift zur Fahrertür. Seine Hand tastete unsicher nach dem Griff, er sah seinen Freund nicht mehr an. Das würde sonst nur ein Unglück geben.

„Fahren wir?“, fragte er deshalb eher das Lenkrad durch den Türspalt hindurch.

ZONK

Da flog die Tür wieder zu und Dirk stand ganz nahe vor ihm und durchbohrte ihn mit dem Blick.

„Was ist auf einmal los…?“

Kurz versank der Blonde in seinen Augen, spürte sich rot werden und umklammerte weiter die Türklinke des PKWs, versuchte möglichst unwissend auszusehen. Besonders erfolgreich schien er damit nicht zu sein. Er wurde buchstäblich zu Boden gestarrt. Je näher Dirk kam, desto genauer fühlte er, wie der Blick ihn abtastete. Das sachte Lächeln auf den blassen Lippen brachte ihn allerdings völlig aus dem Konzept und irgendwie dazu, doch noch zu reden:
 

„Ach ich… dachte nur… du wärst etwas beeindruckter…“, seine Hand strich abwesend über das Blech der Tür. Dirk hielt sie fest. Er schluckte wieder. Das Lächeln wuchs und schob die Augenlider des Kleineren hoch. Er sah mehr als belustigt aus. Innerlich wütend fühlte Jan sich erröten. So bemerkte er es kaum, als sein Gegenüber ihn langsam, am Auto entlang nach links schob und er was völlig überrumpelt, als er schließlich auf die Motorhaube hinab gepresst wurde. Leise vor sich hin lachend bekletterte Dirk diese über Jan hinweg und sah dem eigentlich Größeren nun von oben in die Augen.
 

„Du musst mich doch nicht mehr beeindrucken... Obwohl ich schon sagen muss, dass ich es ziemlich männlich finde… jetzt kannst du mich durch die Gegend kutschieren, mir dabei die Knie streicheln…“, er schmiegte seine Brust auf Jans, „oder mir gleich einen runterholen… hey, im Stau könntest du mir sogar einen blasen! Oder ich dir? Hm… das müsste man wohl ausdiskutieren… Iek!“
 

Jan grinste breit über den ulkigen Laut, den der ins Schwafeln gekommene Dirk von sich gab, als er selbst mit einem lauten Klatschen beide Hände auf seinen Hintern hinab sausen lies. Bei den zahlreichen Vorschlägen an sexuellen Praktiken hatte er sich einfach nicht zurück halten können und kraulte seinen Schlagzeuger nun zärtlich, was dieser sachte rot angelaufen und mit einem Schnurren auf seinem Bauch liegend goutierte. Katzengleich rollte er sich einfach auf seinem blonden Freund ein, genoss die Streicheleinheiten und gab sich plötzlich äußerst handzahm. Wenn er so derartig friedfertig war konnte Jan die Hände partout nicht bei sich behalten. Seine Fingerspitzen schoben sich unter die enge Lederhose. Das Dirk-Kätzchen strauchelte und lachte leise verlegen, bevor es von seinem blonden Freund hinunter kletterte um brav in den Wagen zu steigen.
 

Perplex saß Jan da und schaute zu wir der Kleinere vom Beifahrer aus den Wagen anließ. „Hey!“
 

Hastig stieg er ebenfalls ein. Dass Dirk ihm den Autoschlüssel stibitzt hatte, war ihm wirklich nicht aufgefallen. Immer noch mit rosa Wangen schaute dieser dabei zu, wie Jan leicht frustriert ausparkte und das Parkdeck über eine Brücke verlies. Kaum waren sie wieder im öffentlichen Verkehr, standen sie in der Winterkälte im Stau. Große Schneeflocken tanzen über die Straße und einige blieben an der Heckscheibe hängen. Es war die Art Schnee, der lange Zeit liegen blieb.
 

„Es wird jetzt richtig Winter.“, murmelte Dirk und klopfte von innen gegen die Scheibe, wo sich außen ein kleiner Haufen Flocken gebildet hatte. Sie bewegten sich nicht. Plötzlich musste Jan laut lachen, dass das ganze Auto erzitterte. Der Haufen Flocken rutschte von dannen, verwirrt blickte Dirk zu ihm hinüber.
 

„Redest du jetzt echt über das Wetter? Was ist denn mit dir los? Erst machst du mich mit deinen Ideen zum Sex im Auto scharf um dann abzublocken… und jetzt das? Du wirst alt!“, kicherte er.
 

Patsch!
 

Die weiße, schmale Hand des Kleineren glitt Jans Oberschenkel empor, begann feinfühlig das muskulöse Fleisch zu massieren und beugte sich langsam zu ihm hinüber. Die Ampeln standen auf Rot. Das Lachen blieb dem Größeren im Halse stecken, die Hitze stieg in ihm auf.
 

„Sagtest du ich hab dich scharf gemacht?“
 

Seine Beine wurden auseinander gedrückt und ehe Jan sich versah hing der Kleinere auch schon dazwischen, fischte mit zwei Fingern sein Glied aus der weiten, schlabberigen Jeanshose und wog es langsam hin und her, begann es zu massieren und sachte zu kneten, bis der Mann unter ihm leise keuchend atmen musste und sich ihm eine steife Erektion entgegen reckte.
 

Jan wollte dagegen reden, wollte weiterhin darauf achten, jede Minute Gas geben zu müssen, wollte Dirk zurück drücken und diesen gottverdammten heißen kleinen Teufel endlich anschnallen! Doch alle Proteste blieben ihm verwehrt, denn die feuchte, enge Mundhöhle schloss sich bald um ihn. Und jedes Mal wenn Dirk ihm einen blies, machte ihn schier handlungsunfähig. Langsam verkrampfte er in seinem Sitz, bewegte die Hüfte zuckend, schob sogar eine Hand auf den schwarzen Wuschelkopf in seinem Schoß und drückte ihn tiefer. Seine Eichel stieß gegen Dirks Rachendecke. Er stöhnte auf und blickte sich sogleich panisch nach anderen Autofahrern um, die ihm zusehen könnten. Doch keiner seiner Blicke half ihm dabei. Wie immer lies Dirk ihn alles um sich herum vergessen. Minuten vergingen, er stieß schlussendlich tief in Dirks Mund, umklammerte das Lenkrad, rammte den Kopf gegen die Rückenlehne und schoss sein Sperma schließlich tief und befriedigt seufzend in den Rachen des anderen.
 

Dirk setzte sich lächelnd gerade hin, verpackte ihn anständig, schnallte sich an, leckte sich noch einige Tropfen aus den Mundwinkeln und dachte, dass er auch dringend fahren lernen sollte.
 


 

„Jan?“
 

„W…was?“
 

„GRÜN!“

Urlaub (für Missi)

für Missi, weil sie ein großes Mädchen ist... was Urlaub braucht!

Happy Birthday~
 


 

Flapp. Schlürf. Flapp. Schlürf.

Flapp machten seine Sandalen auf dem unebenen Boden, Schlürf seine knielange Wanderhose bei jedem Schritt.

Farin Urlaub war ein einziges lebendes Musikinstrument. So fühlte er sich zumindest an manchen Tagen, wenn er nur in Rhythmen und Melodien zu handeln und zu sprechen schien. Vermutlich war auch genau das der Grund, warum ihn ein gewisser Chilene so gut unter Kontrolle hatte.

Denn Rodrigo González konnte jedes, wirklich jedes Instrument im Handumdrehen spielen.

Zu den Schlürfs und den Flapps gesellte sich nun im Off-Beat sein angestrengtes Schnauben.

Mallorca.

Wieso hatte er sich darauf nur eingelassen?

Warum hatte er Rodrigo zum Geburtstag nicht einen verdammten Laptop geschenkt? Oder eine neue Stereoanlage? Oder 100 Stunden Sex vom aller Feinsten?

Die ersten beiden Ideen waren daran gescheitert, dass der Herr Anzugträger natürlich immer die modernsten Geräte besaß und die letztere an Farins eigener Gutmütigkeit. Er wäre sich einfach zu eigennützig vorgekommen.

Natürlich hatte er einen dummen, dummen Witz mit seinem eigenen Namen machen müssen und Rod „Urlaub mit Urlaub“ schenken müssen. Zielwahl frei.

Dieser blöde Latino hätte sich eine Tour durch USA, Asien oder Afrika, eine Weltreise oder einen Trip zum Mond wünschen können.

Aber nein.

Mallorca.

Helle Senfstrände, dicht bepflanzt mit Hotels und Ferienhäusern jeder Größe und Hässlichkeit, in ihrem Fall auch noch eine Hotekette: etap.

Rods Sonderwunsch.

Hauptsaison.

Touristen aus ganz Europa, die auf ihren weißen Plastikliegen vor sich hin brutzelten, langsam die Farbe von gut durchgebratenen Bockwürsten annehmend.

All inclusive.

Farin Urlaubs persönlicher Alptraum.

Und hier ging er nun.

Flapp. Schlürf. Schnaub. Flapp…

Einsam und frustriert krackselte er über die mallorcienische Steilküste, seine große Spiegelreflexkamera schlug im Takt gegen seine Brust.

Shorts, Shirt, Sonnenbrille- und hut.

Die Nase dick eingecremt.

Allein.

Selbstverständlich hatte Rod ihm das anders versprochen. Von gemeinsamen Radtouren war die Rede gewesen, Tiefseetauchen hatte er ihm beibringen wollen.

„Dann zeige ich dir meine Welt. Unter Wasser…“

Bei dieser Voraussage hatten die rotbraunen Schokoaugen seines Freundes so warm geleuchtet, dass er schlichtweg schwach geworden war.

Jetzt war er auf dieser vermaledeiten Insel gestrandet und auf eigene Faust losgezogen, da sein verpennter Lebensgefährte lieber der Matraze horchte, bis ihn die „angesagte Partymusik“ am Pool unterhalb ihres winzigen Balkons aus den Federn holte.

Hätte Farin nur wenigstens noch ihren Schlagzeuger überredet, mitzukommen. Der hätte sich zumindest auf ein oder zwei von Farins verrückten Trips eingelassen oder wäre nachts mit ihm schwimmen gegangen.

Dann kam ihm allerdings in den Sinn, dass Herrn B. betreffend inzwischen Kind und Kegel erschweret Umstände bereiteten. Frustriert kickte er einen spitzen Stein von der Steilküste und sah, sich den daraufhin höllisch schmerzenden großen Zeh reibend zu, wie sein Geschoss glitzernde Ringe ins azurblaue Wasser unter ihm stach.

Dieser kleine schmerzhafte Moment riss ihn etwas aus seinen Gedanken. Er schien eine Art naturbelassene Aussichtsplattform erreicht zu haben. Jedenfalls ragte diese Landzunge am weitesten von allen ins Meer hinaus, gerade bis dahin, wo eben jenes von türkiser in marineblaue Farbe umschlug, die irgendwo in weiter Ferne mit dem Himmel verschmolz.

Der zerspaltene graue Steinboden war immer wieder befleckt mit kleinen Sträuchern und hohen Gräsern, die zur Inselmitte hin zu einem dichten, sattgrünen Teppich zusammenwuchsen und sich auftürmten zu großen, alten Wäldern im Schatten der sanften Gebirge. Hinter ihnen senkte sich die Sonne gerade langsam zu Bett.

Seeluft umfuhr seine Nase. Er atmete sie tief ein und lächelte einen Moment lang ein wenig beduselt.

Er liebte es, auf Reisen zu sein. Und sogar am 17. Bundesland Deutschlands fand er irgendwie verführerische Seiten.

Als zwei verliebte Möwen von der Klippe hoch schwebten und ihn kurz den Kopf nach ihnen herumdrehen und sich einsam fühlen ließen, beschloss er, zurück zu gehen.

Die Musik seines Körpers war jetzt leiser, der Rhythmus seines Ganges sanfter. Fast melancholisch war ihm zumute.

In Wahrheit war er nicht wirklich sauer auf Rod. Er war kein nörgelndes Waschweib, das jeden Abends zeternd auf seinen Bürohengst wartete, um ihm eine Standpauke übers im-sitzen-Pinkeln zu halten.

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, vermisste er seinen Freund einfach. Ihre Beziehung war schwer genug zu halten. Entweder sie steckten in so verschiedenen Projekten fest, dass sie sich kaum sahen, oder sie hatten mit der gemeinsamen Band alle Hände voll zu tun, sodass kaum mehr für eine Umarmung Zeit blieb.

Aus ideellen Gründen, aus unausgesprochener Angst vor Sesshaftigkeit und betagter Vernunft weigerten sich aber auch beide, zusammen zu ziehen.

Sie waren kein Ehepaar.

„Scheiß Kodex…“ murmelte der große Blonde, als er das achtstöckige Hotel umkreist hatte und die Brutzelterrasse überquerte, wo am Poolrand einige dicke Engländer ihre Hüften zu Sean Paul schwangen.

Farin grinste leise und ging durch die kühle Lobby in Richtung Fahrstuhl.

Geiler Kerl, dieser Sean Paul.

Zu jung.

Aber geil.
 

Natürlich waren mit ihm noch vier der dicken Briten auf die Idee gekommen, acht Stockwerke nach oben zu fahren. Kurz überschlug er, ob so vielleicht die Maximalbelastung von 600kg überschritten war. Sein Ergebnis war ihm unheimlich und so ließ er seine Gedanken lieber schon einmal vorweg gehen.

Etwas in ihm flehte danach, eine seiner erotischsten Fantasien jetzt hinter seiner Zimmernummer zu begegnen:

Sein hübscher Lieblingslatino, nur bekleidet mit einem blütenweißen Hemd und einer nachtschwarzen Akustikgitarre, auf der er die heißen Rhythmen seiner Heimat zum Besten gab.

Doch die (zweifelsohne mit Sperrholz befüllte) Tür schwang knarzend zur Seite und nahm ihm all seine romantischen Illusionen.

Zwar blies der Seewind sanft die Gardienen zur Seite und legte den Ausblick auf den fortschreitenden Sonnenuntergang frei. Doch der Zimmeranblick war enttäuschender denn je.

Über die kleine Anrichte und den Tisch lagen nach wie vor Kamerafilme (Rodrigos blöde Analogfotografie…pah!), zerknüllte Schokoladenpapiere, einige Bierdosen und zwei Nassrasierer nebst Klingen verstreut. Der aufgeklappte Koffer am Boden quoll über vor getragener und ungetragener Wäsche, jedes Teil zerknüllt wie ein kleiner Basketball. Der Schrank gegenüber war noch immer nur auf Farins Hälfte befüllt. Rodrigo hatte keinen Finger gerührt.

Er lag im bett, eingeklemmt zwischen Wolldecke und Spannbettlaken. Zwischen den Stoffbahnen waren nur sein zerwuschelter Hinterkopf und ein wenig der linken Schulter zu sehen. Dahinter stieg ein kleiner Rauchfaden in die Höhe. Farin verdrehte genervt die Augen und warf sich ohne zu überlegen grob neben ihn.

Etwas zu stark boxte er seinen Freund auf den ihm zugewandten Rücken. Der zuckte zusammen, als hätte er ihn noch gar nicht bemerkt und drehte sich langsam auf den Rücken, sein Kopf kullerte noch etwas weiter seitlich, sodass sie Angesicht zu Angesicht lagen. Nun erschrak Farin seinerseits.

Denn Rodrigo hatte geheult.

Sein Gesicht sah nicht mehr desinteressiert aus. Er wirkte krank und blass, seine Augen nicht mehr aus Halbmast, sondern weit geöffnet. Bäche flossen aus ihnen und malten gelbe Linien auf das Teiggesicht, das Farin bemüht anlächelte.

„Ist die Küste schön?“

Auch Rodrigos Stimme klang angeschlagen. Farin konnte nur nicken und grübelte hinter seiner gerunzelten Stirn besorgt, was ihm fehlen mochte.

„Ist dir schlecht?“

Sein Chilene rang sich ein weiteres Lächeln ab und wischte sich mühsam über die Augen. Derweil wurde Farin seine Frage peinlich. Verlegen ließ er seine Fingerspitzen über einige der schwarzen, heute glanzlosen, rauen Haarsträhnen gleiten.

Plötzlich – RUMMS – machten seine Gedanken eine Vollbremsung, gerade rechtzeitig, bevor sie Rods eindeutige Bemerkung platt fuhren:

„Ich hatte doch gesagt, ich bin einfach irgendwie… ausgebrannt in letzter Zeit.“

Burn Out.

Farin sagte nichts mehr. Er nickte nur erneut stumpf und schallt sich innerlich einen Dummkopf. Wie hatte er so blind sein können?

Vor seinen Augen war es passiert und irgendwie auch nicht.

Er erlebte ein gedankliches De-ja-vu;

Wenn sie nicht für DÄ arbeiteten, dann sahen sie sich nicht. Und sie waren beide die letzten Monate unglaublich „busy“ gewesen. Farin hatte aber einen deutlichen Unterschied verkannt. Sicherlich war eine Reiseplanung von seinem Kaliber unglaublich aufwändig. Das Ziel aber würde alles entlohnen, ihm jede Schreibtischstunde zurückzahlen. Denn er arbeitete damit nur für sich.

Rodrigo hatte all seine Energie in Bandprojekte der verschiedensten Genres gesteckt.

Alle waren gescheitert.

Niemand hatte ihn aufgefangen…

Verärgert über sich selbst tauchte Farin seine Finger tiefer in das schwarze Haarmeer. Leise seufzend schloss Rodrigo die Augen darüber. Das Lächeln verschwand und Farin war froh. Er mochte gefälschte Freude nicht.

Er hatte ja auch gar kein Rodrigo-Lachen verdient. Statt sich um ihn zu kümmern, hatte er lieber Flugzeiten und Wechselkurse verglichen, hatte herumtelefoniert und sich demonstrativ gefreut, endlich wegzukommen aus Deutschland. Wo er ihn zurück lassen würde.

Als Vorgeschmack hatte er Rod schon mal eine Reise geschenkt und sich auch noch lauthals über das gewählte Ziel beschwert, anstatt seinem überarbeiteten Freund jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Farin ballte eine Faust, war kurz davor, sich selbst laut anzubrüllen.

Da legte sich eine heiße, flache Hand auf seine Wutfaust.

„Au…“

Sofort schreckte er von Rods Haaren zurück, fuhr hoch und sah nahezu verzweifelt auf seinen lethargischen Freund hinab.

Tausend Worte schwirrten durch seinen Kopf.
 

„Rod, ich… du… verzeih mir… ich meine, also…“

Farin Urlaub war sprachlos.

Rodrigo González sah ihn an wie ein Welpe und rieb sich die Schläfe und den Wangenknochen.

„Äh, nicht schlimm… hat nur etwas geziept, aber-“

Nun musste er ihn doch unterbrechen.

Natürlich kam Rod nicht in den Sinn, dass sein Freund von einem Moment auf den anderen absolut empathisch geworden war. Wie auch?

„Ich hätte dir zuhören sollen. Für dich da sein. Du bist völlig fertig und dann komme ich noch und fordere absurde Trekkingtouren und Wanderungen und Zeit zu Zweit und alles. Das tut mir Leid. Ich hab dich nicht aufgefangen, ich… Herrje, sogar bei deinem Geburtstagsgeschenk war ich total egozentrisch!“

Auf Knien krabbelte er nach vorn.

„Ich bin ein furchtbarer Partner…Bitte verzeih mir das.“
 

Wie ein Schuljunge, der bei einem Streich erwischt worden war, senkte er den Kopf und wartete Rodrigos Reaktion ab, eine Standpauke, eine Beleidigung, ein „Wie recht du gerade ausnahmsweise hast“.

Doch nichts dergleichen.

Minuten später erst traute Farin sich, aufzusehen. Und Rodrigo tat genau das, was er nun gerade nicht erwartete.

Er heulte.

Und nicht etwa leise oder gehemmt.

Die Bäche auf seinem Gesicht waren zu reißenden Flüssen geworden, die sich heiß und tief in seine Wangen bohrten und sogar die geschwungenen, bebenden Lippen überschwemmten. Sein Oberkörper zitterte. Er atmete schnappend. Er packte Farin bei der Hand und zerrte ihn so grob zu sich, dass dieser kurz Angst vor einer Prügelei hatte.

Kurz darauf lagen sie Arm in Arm auf ihrem knarzenden etap-Bett, streichelten und liebkosten sich heftig, der Hitze zum Trotz und fühlten sich einander näher denn je.

Der Urlaub wurde entspannt.

Geplantsche in seichtem Meerwasser, das doch im Wonnemonat Mai noch erfrischend klar und kalt war. Eis und Früchte bei Promenadenspaziergängen. Sex im Zimmer, vorm Zimmer, auf dem Balkon, am Strand, im Wald, in den Bergen…

Als sie schließlich völlig gelöst in die Sitze des Fliegers sanken, der sie zurück ins nasskalte Deutschland bringen sollte, breitete Rod eine Berliner Morgenpost über ihre Beine aus und drückte dem verdutzten Farin wortlos einen Textmarker in die Hand. Jener überflog verwirrt die Wohnungsanzeigen in seinem Schoß, bis Rodrigo lächelte:

„Wenn du dein Versprechen halten willst, sollten wir jetzt wohl ein Pärchen werden. Aber damit eins klar ist…!“

Farin grinste verknallt.

„Wir sind keine Eheleute.“

Vernissage

Danke an Franz für den schönen Abend und die schöne Beta.

Danke an Alex für das selige Lächeln und den verträumten Blick.
 


 

VERNISSAGE
 

„Na, Herr Fotograf, dann erklären sie mir mal das Konzept der Bildreihung.“, forderte Bela in einem nasalen, ein wenig spöttisch anmutenden Tonfall. Nichtsdestotrotz erkannte sein Seelenverwandter in den großen Augen des anderen eine gewisse Neugier, einen Hauch von Begeisterung und, so paradox es war, eine Art Respekt. Er sah zu seiner Ausstellung auf.

Wissend schob Farin also ganz entspannt die Hände in die Hosentaschen und mit dem Fuß den Türstopper der LUMAS-Galerie zur Seite. Die Tür schwang mehr zu, als sie fiel, und doch hallte ein kurzer Knall von den Backsteinmauern der um die Vormittagszeit eher leer daliegenden Hackeschen Höfe wider.

„Dafür bin ich nicht zuständig. Frag da besser nachher Heike.“

Unweigerlich ließ er seinen eigenen Blick nun auch durch die Ausstellungsräume schweifen, erinnerte sich daran, mit welchem Enthusiasmus die Galeristin an den bis vor ein paar Tagen noch aalglatt-splitternackten Wänden vorbei geschritten war, offenbar schon mit den perfekten Farb- und Motivspielen für jede von ihnen vor Augen. Für ihn selbst war diese ganze Situation mehr als bizarr. Natürlich fotografierte er für sein Leben gern und irgendwie machte ihn der Gedanke, dass manche Menschen (und seien es nur ein paar fanatische Ärzte-Jünger mit reichen Eltern) sich einige seiner „Werke“ gegen eine Menge bunter Scheine in ihr zu Hause hängen würden, auch stolz. Dennoch verspürte er schon länger eine gewisse Aversion dagegen, all das als künstlerische Leistung wert zu schätzen.

„Heftig, oder? So, eigentlich hab ich hierfür nich gerade viel getan. Ich meine, die Fotos und das Reisen an sich, dass-...“

Schwungvoll drehte Bela sich zu ihm um, sein federleichter Herbstmantel vom „Designer um die Ecke“ flatterte ein wenig und Farin unterbrach sich selbst. Er verstand.

„Das hat dir Spaß gemacht? Ist dein Hobby? Würdest du nicht als Arbeit betrachten? Oder Kunst?“

Farin lächelte ihm bemüht zu. Bela schüttelte kurz amüsiert den Kopf, trat zum Fenster der kleinen, edlen Räumlichkeit im schicken Mittelpunkt Berlins und setzte sich so elegant wie leichtfertig auf eines der Holzbretter über den Heizkörpern.

„Hast du dich denn nicht langsam daran gewöhnt, dass du Künstler bist? Manchmal brauchst du echt ganz schön lang, um einfache Sachen zu kapieren, Jan. Oder willst du mir jetzt sagen, dass deine Lieder auch keine Kunst sind, dass in denen auch keine Arbeit steckt?“

Er machte eine Kunstpause, legte kess den Kopf dabei schief, aber Zeit zu antworten ließ er seinem sonst so schnellzüngigen Freund nicht.

„Sicher, vielleicht sitzt du an einem Stück Musik länger als an einem Stück australischer Steppe auf Fotopapier. Aber trotzdem,“, geradezu oberlehrerhaft verschränkte er die Arme, „trotzdem suchst du Stunden, vielleicht Tage für den perfekten Schnappschuss. Für die perfekte Melodie zermarterst du dir manches mal genau so lang das Hirn... und die Saiten... Sind doch gewisse Parallelen, oder nicht?“

Langsam durchquerte Farin nun, nach Ende dieser erschreckend logischen Klärung seiner (eigentlich, nur vor Bela natürlich nicht) heimlichen Gewissensbisse, den makellosen Ausstellungsraum. Seine Schritte waren stumm, der polierte Dielenboden taub. Irgendwann setzte er sich auf das zweite Fensterbrett, teilte die Perspektive Belas nachdenklich.

„Dann meinst du, hätte ich mir, wenn überhaupt, schon seit meiner ersten Songs Gedanken machen und meine eigene Anstrengung dabei hinterfragen sollen?! - Aua!“

Ein Boxhieb hatte ihn unangenehm scharf am Ellbogen getroffen. Bela lehnte im Fensterrahmen, rieb seine Wange leicht an der Kante des kurzen Mauerstückes, welches sie voneinander trennte, seine Lippen waren unzufrieden breit gezogen, seine Augen kritisch.

„Oder du könntest einfach stolz auf dich sein. So zur Abwechslung. Warum hält man dich doch gleich für einen selbstverguckten Egomann?“

Farin erwiderte seinen Blick nur aus dem Augenwinkel, hatte den Kopf aber schwer ans Fensterkreuz hinter sich gelehnt und grinste ein wenig selbstgefällig.

„Selbstverguckter Egomann?“, fragte er glucksend nach. Er liebte Belas seltsame Wortspiele und Neologismen, zu welchen er sich immer dann verleiten ließ, wenn ihm schon bekannte Worte unpassend erschienen.

„Na, du weißt was ich meine.“

„Klar, wollt's mir nur nochmal selbst auf der Zunge zergehen lassen. Klingt gut.“

Belas große Augen rollten ein wenig in der „Du nun wieder!“-Art. Dann stand er schwungvoll auf und trat vor Farin. Der leichte Mantel berührte seine Knie federnd. Er zauderte. Das zu-Bela-Aufsehen irritierte und befriedigte ihn gleichzeitig ein wenig.

„Sieh es doch mal so...“, als wollte er sich kurz orientieren blickte Bela sich in der überschaubaren Galerie mit den farbenreichen Fotografien um, breitete dann sogar leicht die Arme aus. Die Ärmel des dunkelrot-schwarz schimmernden Mantels reichten ihm dabei noch immer bis über die Fingerknöchel und das in seinem Gesicht aufkeimende Grinsen entzückte Farin so sehr, dass er sich die niedliche Zahnlücke in der Mitte zurück denken konnte.

„Vielleicht kannst du einfach gar nicht anders. Wie würde es dir wohl gehen, wenn du das hier nicht hättest? Wenn du nicht singen, spielen, schreiben...“, er zählte es ihm an den Fingern ab, was so lehrreich wie herzerfrischend schmeichelhaft war, „nicht fotografieren oder reisen könntest?“

„Platzen würd ick!“, explodierte sofort die Antwort von seinen Lippen. Bela schien damit zufrieden.

Plötzlich und sehr geschäftig wirkend schob er Farins Knie näher zusammen, lüpfte elegant seinen Mantel und setzte sich auf die eigentlich eher unbequemen Knie des anderen. Der Stoffsaum aus Tweed (außen) und Rohseide (innen) umwand wie von magischer Hand Farins Oberschenkel. „Eben. Du bist mit Kunst in den Adern auf diese Welt gekommen.“, ein Arm schob sich um seinen Nacken, Belas für einen Schlagzeuger ungewöhnlich weiche Fingerkuppen strichen dabei einfühlsam über die leicht vernarbte Haut dort oben, „Manche betrachten es als Gabe oder Talent, Andere eben als Krankheit oder Sucht. Der Name ändert aber nichts daran. Es.ist.da.“

Bela blickte ihm nun wieder direkt in die Augen. Er mochte das warme Gesicht mit den zarten Fältchen auf der hohen und immer höheren Stirn.

„Manche Leute hassen dich dafür. Und einige lieben dich.“

Da schmiegte sich die schnabelförmige, aber warme und weiche Nase an Farins graue Schläfe und Bela legte zwei kleine Küsse auf den beim lächeln scheinbar noch höher rutschenden Wangenknochen. Mehr zärtlich als ernsthaft abwehrend raunte der braungraublonde Mann noch:

„Felse... wir dürfen nicht. Nicht mehr.“

Doch aus Belas Kehle selbst konterte nunmehr ein dunkles Säuseln:

„Das hat uns noch nie davon abgehalten...warum jetzt?“ und machte Farin schwach. Keine Zeit für überflüssige Antworten auf rhetorische Fragen. Schon hatte er den anderen mit seinen langen Armen umwickelt und auf den Dielen der Galerie abgelegt, genau beobachtend, wie sich der feine Stoff des Mantels entknitterte und seine viel zu langen Ärmel nach ihm auszustrecken schien...
 

Als Farin Urlaub am Abend desselben Tages die LUMAS-Räume erneut betrat und flux umringt war von Pinguinen, Cocktailkleidern und Fanclubjacken, fühlte er sich fast, als würde er nach Hause kommen. Und immer wieder schlich sich auch abseits von Kamerablitzen ein spitzbübisches Lächeln auf seine Lippen, wann immer er hörte, wie eines der vielen paar Füße über die erste und einzige knarzende Diele der ganzen Galerie erschrak.

Keiner von ihnen ahnte, dass die eigentliche Einweihung Stunden zuvor genau dort unten stattgefunden hatte...



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Von: abgemeldet
2010-09-30T20:07:43+00:00 30.09.2010 22:07
Ahhh ich muss auch mal *quiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitsch*
Ist das toll!
So ganz unschuldig und mittendrin, taucht dieser Satz auf
„Felse... wir dürfen nicht. Nicht mehr.“

Doch aus Belas Kehle selbst konterte nunmehr ein dunkles Säuseln:

„Das hat uns noch nie davon abgehalten...warum jetzt?“ und machte Farin schwach.

Ich schmelze!
^^
Von: abgemeldet
2010-09-30T19:55:21+00:00 30.09.2010 21:55
*seufz*
Ist das süüüüüüüüüüüüüüüüüüüüß!
Und jetzt geh ich schlafen und träume davon ^.^
Ach solche OS könnte ich ohne ende lesen!
xD
Von:  BlastedKing
2010-09-29T23:53:02+00:00 30.09.2010 01:53
Wer wäre ich wenn ich ohne einen Kommentar verschwinden würde.

:D So süß und ich liebe deinen Schreibstil noch immer! Diese sich langsam aufbauende Intimität und das zum Schmunzeln verleitende Ende, einfach schön <3
Macht Spaß zu lesen :)



Doch es erschreckt mich, dass Ich zu meiner ehemaligen Lieblings Band kaum noch Bezug habe :( Oh man...

Von:  Tio
2010-06-12T18:43:47+00:00 12.06.2010 20:43
oh man wie geil...
und schön
*lach*
also idee schön, umsetzung geil
etap.... hab ich mich weggeschmissen.

neee, sehr schön.
gefällt mir sehr gut!
hätte man alles etwas länger/ausführlicher halten können, aber alles in allem wieder wunderbar"

lieb dich!!!
Von:  Alex_Fischer
2010-06-05T14:52:55+00:00 05.06.2010 16:52
mensch!
endlich kann ich nen kommi machen XD
*lach*
*extra gewartet hat*
..............
ich hab dir ja schon gesagt das ichs super toll finde ;3
wenn auch etwas traurig Q____Q
armer rod!
*rod pat*
aber es ist echt super geworden :3

freu mich ja immer mal was von dir zu lesen :3

hab dich sehr lieb <3
Von:  MissStrange
2010-06-05T12:32:52+00:00 05.06.2010 14:32
So, der Besuch ist weg, alles ist wieder aufgeräumt, jetzt hat die Missi Zeit zum Kommentieren.

Vielen lieben Dank für die Geburtstagswünsche und für die Ff!
Das Kärtchen ist zwar noch nicht angekommen, aber man kennt die Post ja.
Ich warte einfach mal die nächste Woche ab. ^^

Jetzt zur Ff:
Ich mag sie! :3
Wie immer natürlich sehr schön geschrieben~
Farins anfängliche Frustration ist sehr gut nachzuvollziehen... xD"
Das alles muss in seinen Augen wirklich ein grässlicher Alptraum sein.
Aber Rod tut mir auch sehr Leid...
Ach man... kein Wunder, dass er sich da irgendwann so verkriecht... .__.
Gott sei dank wird am Ende doch noch alles wieder gut. :3
Hach, die zwei können so süß sein...
Und da das mit dem Zusammenleben ja auch erst völlig ausgeschlossen war...
Wann ist die Hochzeit? *g*

Wirklich sehr toll! Ein großes Dankeschön! ^-^ *kiss*

Ich mag dich.

Missi ^^
Von:  Slythericious
2010-06-05T11:52:06+00:00 05.06.2010 13:52
wenn missi sich nich traut, dann mach ich eben zuerst. ich bitte untertänigst um vergebung bei allen beteiligten^^

aaalso...
ein emo-rod XD
tut mir leid^^
ich würde seine bandprojekte zwar nicht alle als gescheitert bezeichnen, aber im großen und ganzen... *hüstel* naja, lassen wir das^^

und ein nörgel-farin^^
auch schön^^
ich kann mir wirklich vorstellen wie der da leicht angenervt durch die gegend latscht und vor sich hingrummelt XD

ich mag die geschichte^^
aber dummerweise hab ich nach dem lesen immer noch mehr lust auf spanien als so schon^^"

achja... und was ich noch sagen wollte: schreib wieder mehr!!!
bitte bitte bitte bitte bitte bitte bitte bitte.... *lieb guck*

bis dahin, danke für die bröckchen die einem ab und zu mal hingeworfen werden damit man nicht ganz verhungert ^___^
Von: abgemeldet
2009-07-13T12:52:40+00:00 13.07.2009 14:52
Jetzt bin ich mal endlich dran folgendes zu brüllen:
Meins, meins, meins, meins, meins...MEINS!
Muhahahaha...
*hust*
Ok, genug Größenwahn. Natürlich erinner ich mich noch an dich und ich freu mich wirklich, dass du dir die Mühe gemacht hast, dieses bezaubernde kleine Geschichtchen zu schreiben - danke schon mal dafür :D
Wie ich dir schon mal vor gefühlten Jahren erzählt habe, liebe ich einfach deinen Schreibstil...deine Art zu beschreiben, mit der du deine eigene kleine Welt erschaffst, die wirklich jeden in den Bann zieht...na ja, zumindest mich. Dementsprechend ist es eigentlich egal, was du schreibst - irgendwie wirds immer gut. Wirklich, ich beneide dein Talent.
Von daher...chapeau, madame, ich bin voll und ganz zufrieden und wenn mein Drucker funktionieren würde, würd ich mir diese FF jetzt ausdrucken und an die Wand hängen. Wobei...vielleicht doch nicht, das gäbe wahrscheinlich schiefe Blicke von meiner Familie, ähäm...:D
Von:  Alex_Fischer
2009-07-06T22:24:06+00:00 07.07.2009 00:24
so~ nach anfänglicher verwudnerung XD
*lach*
muss ich sagen ... es hat schon seine Vorteile autofahrer zu sein XD
*lach*
ich stell mir grad vor wie gerne ich an der ampel neben denen gestanden hätte *g*
aber echt sehr toll geschrieben x3
fand damals ja schon den anfang gut x3
aber die vollendung is echt klasse!
hat spaß gemacht zu lesen
*g*

hab dich lieb x3
Von:  zitroneneis84
2009-07-06T19:30:21+00:00 06.07.2009 21:30
Rrrrrrrrrrr! Das ist doch mal was :-D

Und wirklich eine sehr schöne Art zu schreiben und zu formulieren.

Sehr schön!

LG Zitroneneis


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