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Der Chat ihres Lebens

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Bewerbungsgespräche


 

K

agome dachte bei sich, dass diese Frau Tausendfuß wirklich unheimlich wirkte. Aber zum Einen musste sie sich an die Nähe von Dämonen gewöhnen, wollte sie hier im Kendama arbeiten, und zum Anderen war das wohl einfach nur ein Vorurteil gegenüber jemandem, der dermaßen insektenhaft aussah. „Danke,“ sagte sie daher höflich und schloss die Tür, ein wenig erstaunt, dass diese Personalerin ein eigenes, wenn auch kleines, Büro besaß. Sie hatte immer gehört, es gäbe nur Großraumbüros, in denen der Ranghöchste, der Chef, sozusagen den Anderen im Nacken saß, hinter denen. Sie setzte sich auf den Stuhl vor deren Schreibtisch.

Frau Tausendfuß lächelte erneut. „So, Sie wollen also hier arbeiten. Dann hier. Füllen Sie diesen Test aus. Sie haben dafür eine halbe Stunde.“

Kagome nahm den Zettel und den Kugelschreiber, ein wenig erleichtert, dass es sich um allgemeine Wissensfragen handelte. Das konnte sie.

Die Dämonin sah ihr schweigend zu, streckte jedoch nach dreißig Minuten die Hand aus, oder das, was einer Hand am nächsten kam. „Her damit. - Soso. Hm. - Jetzt das hier, wieder eine halbe Stunde.“

Kagome nahm den zweiten Zettel - und erstarrte. Sie war in Mathe nie besonders gewesen, das sah man auch an ihrer Endnote im Abschlusszeugnis. Und das hier war Mathematik, höhere Algebra. Ach du je. Sie sah unwillkürlich auf.

Frau Tausendfuß lächelte diesmal wirklich höhnisch. „Zu schwer? Versuchen Sie es nur, aber lassen Sie sich gesagt sein, dass ich kein Menschenmädchen hier durchlasse. Menschenfrauen gehören in die Küche oder das Bett ihres Ehemannes. Zu weich, zu schwach, zu dumm.“

Oh, das war so ungerecht! Aber Kagome war klar, dass sie mit dem wortreichen, wütenden, Ausbruch, der ihr auf der Zunge lag, sicher nichts erreichen würde. Und vielleicht wollte diese Dämonin sie auch nur provozieren, um zu sehen, ob sie gelassen bleiben konnte. Sie sollte sich auf die Aufgabe konzentrieren. Vielleicht löste sie es doch gut genug, vielleicht gab es da weitere Prüfungen … So bemühte sich das Mädchen weder auf die Uhr noch auf die Insektendämonin vor sich zu sehen, sich nur auf den Zettel und Integrale zu konzentrieren, so schwer ihr das auch fiel.

 

Nach genau einer halben Stunde riss ihr Frau Tausendfuß förmlich das Blatt weg. „So, ich werde es mir später ansehen, da draußen warten noch andere. Aber Sie dürfen gehen.“

Kagome presste unwillkürlich die Zähne zusammen. Nein, das würde keine wohlwollende Prüfung geben. Das, was die Dämonin zuvor gesagt hatte, stimmte wohl: die ließ einfach keine menschliche Bewerberin durch. Sie stand jedoch auf. Was blieb ihr schon anderes übrig. „Danke“, sagte sie unwillkürlich, dann doch ein wenig verwundert, dass sich auch die Dämonin erhob. Aber sie öffnete die Tür und wollte hinaus in den Gang treten.

Im nächsten Moment spürte sie, wie sich eine Hand auf ihren Rücken legte, sie fest vorwärts schob, während gleichzeitig etwas ihre Beine blockierte.

Noch während sie hilflos förmlich auf den Gang flog, war ihr klar, dass diese Tausendfuß ihr einen Rauswurf im wahrsten Sinne des Wortes gegeben hatte, ja, sie mit dem gleichen, oder sogar größeren, Vergnügen in einen tiefen Brunnen gestoßen hätte.

 

Sie prallte hart auf den Boden, sich irgendwie noch mit den Händen soweit abstützend, dass sie nicht wirklich mit der Nase auf die Bretter knallte. Tränen stiegen ihr in die Augen, vor hilfloser Wut und Demütigung, ehe ihr bewusst wurde, was sie während des scheinbar endlosen Sturzes gesehen hatte.

Etwas Schwarzes, dicht vor ihrem Gesicht, das rasch zurücksprang, übermenschlich rasch.

Kagome wagte nicht sich zu bewegen, als sie spürte, wie ihr Eiseskälte förmlich die Wirbelsäule empor kroch, während sich gleichzeitig ihr Magen zu verknotete. Bitte nicht! Hatte es etwa einen Zeugen ihrer Demütigung gegeben? Einen dämonischen noch dazu?

Eine tiefe Stimme sagte fast amüsiert: „So begrüßt hat mich seit Jahrzehnten niemand. Wer ist das?“ Eine kleine Pause verriet, dass der Unbekannte zum Türschild blickte. „Frau Tausendfuß?“

Kagome hörte, wie die Insektendämonin nervös erwiderte: „Eine Bewerberin um eine Lehrstelle, ehrenwerter Geschäftsführer. Aber ich habe sie abgelehnt. Zu dumm, zu ungeschickt, wie sie gerade bewies.“

Geschäftsführer? Kagome hob entsetzt etwas den Kopf. Oh nein, bitte nicht! Sie erkannte vor sich vier Paar schwarze Schuhe, vier schwarze Hosenbeine … Als sie die Kniehöhe erreichte, wurden ihre schlimmsten Befürchtungen wahr: zweimal weiße lange Haare, drei Mal herabhängendes Fell … Ach du je. Der Inu no Taishou, der Fürst der westlichen Länder und erste Geschäftsführer des Kendama, und sein Sohn, dieser Sesshoumaru. Dahinter noch einige Leute, Männer und Frauen.

Sie kroch förmlich an die Wand zurück, bemüht, unsichtbar zu werden. Es wäre doch so schon peinlich genug gewesen so rausgeworfen zu werden, aber das? Jetzt war mit Sicherheit jede Möglichkeit hier angestellt zu werden dahin. Opa! Sie spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Hoffentlich war wenigstens ihr Rock nicht zu weit empor gerutscht, aber das war wohl auch Illusion. Oh, diese alte Hexe! Sie hätte sie läutern mögen, wie einst angeblich ihre Vorfahren das konnten, aber das minderte nichts an der unsäglichen Situation. Sie spürte mehr als sie es sah, dass die Gruppe an ihr vorbeiging, als sich ein junger Mann, ein Dämon, zu ihr bückte und sie anstupste.

„Du solltest hier verschwinden, Mädchen. Mag der Fürst das auch humorvoll genommen haben, wenn dich Sesshoumaru in fünf Minuten noch hier sieht, nachdem du ihn zu diesem Rückwärtssatz genötigt hast, reißt er dir den Kopf ab.“

Sie sah zu dem jungen Mann auf. Ja, ein Dämon: Stiefel mit Fellbesatz, Fell um die Handgelenke, ein Tuch um den Kopf gewunden. Er trug keinen Anzug, eher Straßenkleidung, aber deutlich sichtbar einen braunen Schwanz. Und er zwinkerte ihr zu, schien ihr helfen zu wollen, denn er streckte die Hand aus.

So ließ sie sich emporziehen. „Danke“, brachte sie irgendwie mit zitternder Stimme heraus, ehe er mit raschem Tempo den beiden Geschäftsführern und ihrem Tross nacheilte.

 

Kagome hätte niemandem sagen können, wie sie aus dem Konzerngebäude gelangte, noch, wie sie es schaffte, sich auf eine Bank zu flüchten, die etwas verborgen unter einer alten, überhängenden Weide oder Magnolie, in dem Park stand, der um das Kendama lag. Erst hier begann sie hemmungslos zu weinen, frustriert, gedemütigt, wütend ...

Sie konnte ihre Gefühle nicht zuordnen, selbst, als sie nach scheinbar endloser Zeit keine Tränen mehr hatte und die Taschentücher aus ihrer Handtasche schon lange aufgebraucht waren.

Was sollte sie nur jetzt tun? Sie machte sich keine Illusionen. Ihre Bewerbung hier würde abgelehnt werden, dafür würde diese Frau Tausendfuß sorgen. Und sich über die zu beschweren war sinnlos – nachdem sie den Geschäftsführern dermaßen ihre Tolpatschigkeit demonstriert hatte. Die würden ihr doch nie glauben, dass eine Dämonin, eine ihrer eigenen Art, eine mehr als eine seltsame Weise hatte mit menschlichen Bewerberinnen umzugehen.

Mama, sie musste Mama sagen, dass das hier gescheitert war, dass sie hier gescheitert war.

Nein, das konnte sie nicht ohne erneut weinen zu müssen, und dann würde sich Mama nur noch mehr Sorgen auch um sie machen. Und ihre Mutter war so blass gewesen heute morgen, auch, wenn sie versucht hatte zu lächeln, als sie ihr Glück wünschte. Sie durfte sie nicht noch mehr belasten.

Was sollte, was konnte sie denn nur tun?

Nichts.

Außer in drei Tagen auf den Bewerbungstermin bei Gumo zu gehen und zu hoffen, dass es da besser wäre.

Jetzt sollte sie sich erst einmal beruhigen. Sie konnte ja schlecht tränenüberströmt durch die Straßen gehen oder U-Bahn fahren. Überdies musste sie überlegen, wie sie das Mama beibringen sollte. Ja. Wie?

 

Sie schrak auf. War sie eingeschlafen? Anscheinend, denn es dämmerte und ihr Magen zeigte an, dass er seit dem Frühstück nichts mehr erhalten hatte. Überdies war sie durchgefroren. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Nach fünf, und um die Jahreszeit wurde es eben jetzt schon Nacht. Sie hatte wenigstens Geld dabei und sie entsann sich, dass es auf der anderen Seite der Straße, in der Fußgängerzone, jede Menge kleiner Geschäfte gegeben hatte, wo sicher auch die Leute aus dem Kendama essen gehen würden. Nun ja, die Menschen. Da würde sie sich etwas besorgen, aufwärmen, und dann nach Hause fahren.

Als sie aus dem Park in den Feierabendverkehr kam, fiel ihr Blick auf ein Hochhaus, dessen oberster, vollkommen gläserner, Stock wie eine Kugel geformt war, auf der ein Blitz prangte. Ach ja, entsann sie sich. Das war das teuerste Lokal der gesamten Stadt, wenn nicht des gesamten Fürstentums. Es gehörte zwei Brüdern, den Donnerbrüdern. Einer kochte, der Andere machte mehr auf Public Relations und leitete den Service. Angeblich hatten sie eine sehr gute Küche, aber sie selbst würde wohl nie genug verdienen um das herausfinden zu können. Sie hatten jedoch einmal im Fernsehen eine Kochsendung gehabt, die Mama angesehen hatte, daher wusste sie, dass der eigentliche Koch alles andere als eine Schönheit war. Nun, gleich. Sie sollte zusehen, dass sie Reisbällchen und einen Tee bekam, damit sie sich weiter beruhigte und erwärmte, und dann konnte sie sich nach Hause wagen.

 

Es war schon absolut dunkel, als Kagome einen Imbiss betrat, der mehr oder weniger, wie alle hier, gegenüber des Kendama lag. Aber sie hatte extra sich ein Lokal an der Rückseite gesucht, in der Hoffnung, niemandem zu begegnen, den sie heute schon gesehen hatte, nicht einmal der netten Sango. Wie hätte sie denn ihr Missgeschick erklären können?

Sie holte sich an der Theke Essen und eine Cola, ehe sie sich in dem kleinen Raum umsah. Praktisch alle Tische waren voll mit essenden Menschen, oft genug in der Gruppe, sichtlich Leute, die zusammen arbeiteten und jetzt hier gemeinsam noch ihren Feierabend begingen. Und sie musste wohl mit ihrem Tablett warten. Immerhin war es hier warm.

Da entdeckte sie an einem Zweiertisch am Fenster einen Jungen im schwarzen Anzug, eher jungen Mann, denn sie schätzte ihn etwas älter als sich, der allein saß, offenbar bereits gegessen hatte, und vor sich hinblickte.

Sie zögerte ein wenig. Immerhin hatte er sehr lange, schwarze Haare. War das auch ein Dämon? Davon hatte sie eigentlich für heute genug. Aber die Hände, die gerade nach seinem Glas Wasser fassten, waren eindeutig menschlich. Sie hoffte nicht als aufdringlich empfunden zu werden, als sie näher trat. Er sah so in sich gekehrt aus dem Fenster, als ob er auch an seine Probleme dachte. „Verzeihung, ist der Platz frei?“

Sie traf ein irritierter, forschender, Blick aus dunklen Augen, ehe er meinte: „Ja.“

Sie bemerkte, dass er sie ein wenig misstrauisch, ja finster, anguckte, und bemühte sich zu demonstrieren, dass sie ihn nicht anmachen wollte - oder auch nur ansprechen. Irgendwie wirkte er so allein und verloren wie sie sich selbst fühlte. Sie hätte momentan auch keine Lust auf großartige Unterhaltungen gehabt.

Während sie aß, spürte sie, wie ihr der Bissen im Hals förmlich aufquoll. Es war mehr Hunger als Appetit. Wie sollte sie das nur Mama erklären? Oder gar Opa? Dass sie Pech gehabt hatte? Ja, und was für eines!

 

Ihr Gegenüber musterte sie genau, aber da sie so gedankenverloren ins Nichts guckte, entspannte er sich. Er war immer davor gewarnt worden, dass sich Mädchen an ihn heranmachen könnten und würden, aber sie hatte es offensichtlich nicht vor. Und sie schien geweint zu haben. Auch jetzt traten wieder Tränen in ihre Augen, ohne, dass sie ihn auch nur ansah. Stattdessen kramte sie in ihrer Handtasche, auf der offenbar vergeblichen Suche nach Taschentüchern.

Er griff unwillkürlich in sein Jackett. „Hier.“

„Danke.“ Sie nahm die Packung und putzte sich energisch die Nase.

Er kannte Mädchen, die mit künstlich hervorgedrückten Tränen ihn auf sich aufmerksam machen wollten, aber gerade dieser prosaische Laut ließ sein Herz schmelzen. Sie war wahrhaft traurig, auch, wenn er nicht wusste warum. Aber sie spielte es garantiert nicht. „He, alles okay?“

Sie schüttelte den Kopf, ehe sie doch gestand: „Ich weiß nur nicht, wie ich mein Pech meiner Mama erklären soll.“

Er entschied sich ohne nachzudenken. „Probiere es mir mir ... Nur zum Üben. Ich hab gerade noch ein bisschen Zeit.“

Sie musterte ihn, dann seufzte sie. „Es klingt vermutlich nur zum Lachen.“

„Na, du findest es zum Weinen.“

„Ich habe mich heute bei den Doggies beworben.“

„Äh, beim wem?“ fragte er verwirrt.

Sie sah ihn überrascht an. „Den Doggies. Im Kendama. Kennst du den Ausdruck nicht? Das sagen doch alle. Na ja, Menschen.“

„Äh, nein.“ Er war jetzt doch amüsiert. Nein, sie erkannte ihn eindeutig nicht. Zugegeben, wie auch. „Doggies, also?“ Was wohl Vater und Halbbruder dazu sagen würden? Das sollte er ihnen besser verschweigen. Nun ja, deswegen hatte ihm das mutmaßlich auch noch keiner erzählt. „Da warst du wohl nicht die Einzige.“

„Du auch?“

„Ich, nein, ich arbeite da. Na ja, lerne da.“

Sie sah ihn an. „Oh, was denn?“

„Äh.“ Was sagte er jetzt? Die Wahrheit sicher nicht. „So ungefähr: Assistenz der Geschäftsleitung.“ Das war ja auch nicht gelogen. „Deswegen bin ich auch meist nicht hier in der Stadt. Und kenne Doggies nicht.“ Er grinste etwas. „Also, was ist da passiert?“

„Ich kam zu einer Frau Tausendfuß, die die Einstellungen machen soll, oder eher Prüfung. Kennst du sie?“

„Nein, aber es arbeiten auch ziemlich viele Leute im Kendama. Eine Dämonin, also.“

„Sie sagte mir gleich als Anfang, dass sie nie menschliche Frauen einstelle.“

 

Kagome erzählte alles, da er sie seltsam verständnisvoll anblickte, als ob er wisse, wie man sich so am Boden fühle. Sie endete: „Als ich den Kopf hob, standen tatsächlich die beiden Geschäftsführer und ein ganzer Trupp da. Oh, ich wäre am liebsten im Boden versunken oder hätte diese Tausendfuß umgebracht! Aber jetzt ist alles aus!“ Sie sah, wie der Junge den Kopf langsam schüttelte. „Meinst du nicht? Sie stellt mich nicht ein, ich bin blamiert. Was soll denn noch sein?“

„Na ja, der Test wird bestimmt nicht ...“ Er korrigierte sich eilig: „Ich meine, nicht nur von Frau Tausendfuß angeguckt, denke ich. Bevor du dich verrückt machst: das läuft normalerweise so, dass innerhalb von drei Tagen die Zusagen rausgeschickt werden. Wenn du bis nächsten Montag nichts bekommen hast, kannst du das abschreiben. Aber erst dann. Denn dann schicken sie die Absagen raus.“

„In drei Tagen habe ich noch ein Bewerbungsgespräch im Gumo“, murmelte sie. „Da muss ich auf jeden Fall hingehen, damit ich eine Chance habe.“

„Ja, schon, sicher“, sagte er, ehe er einen Blick auf die Uhr über der Theke warf. „Oh, Mist, ich muss gehen, sonst kann ich nach Hause laufen.“ Er zog einen kleinen Block aus der Innentasche seines Jacketts, an dem ein kleiner Kugelschreiber hing und riss ein Blatt ab, schrieb hastig. „Hier, falls du mir erzählen magst was raus gekommen ist.“ Er schob ihr den Zettel hinüber.

Kagome war so überrascht, dass sie ihn nahm. Der Junge nickte ihr zu, dann eilte er aus dem Lokal. Als sie aus dem Fenster blickte, erkannte sie noch wie er über die Straße rannte, offenbar wirklich spät dran, ehe er in der Dunkelheit verschwand. Hoffentlich erwischte er noch seinen Zug oder was auch immer. Er hatte ihr wenigstens zugehört. Na ja, aber wollte er sie womöglich bloß anmachen? Und hatte ihr darum seine Handynummer gegeben? Immerhin hatte er ihre nicht wollen. Moment. Das war ja gar keine. Sie drehte den Zettel um. Das war die Internetadresse eines bekannten Chatrooms. Und darunter stand „Reddemon“. Das musste sein Alter Ego im Netz sein. Oder zumindest in diesem Chat. Seinen richtigen Namen kannte sie ja ebenso wenig wie er den ihren. Vielleicht sollte sie mal nachgucken? Ach nein, das sah ja dann aus, als ob sie ihm nachlief. Lieber nicht. Er hatte jedoch in einem Punkt Recht. Sie sollte sich nicht verrückt machen und abwarten. Womöglich bekam sie trotz allem eine Zusage. Sicher war ihre Niederlage erst mit der schriftlichen Ablehnung.

Reddemon, also.

 

Es hätte sie sehr gewundert, hätte sie gesehen, dass ihre neue Bekanntschaft zurück zum Kendama lief, genauer zur Tiefgaragenausfahrt, wo eben ein dunkler, teurer, viersitziger Sportwagen herausschoss und fast zögernd neben ihm stoppte.

Der Junge warf sich eilig auf den Beifahrersitz, während der Lenker zu ihm blickte. „Gerade noch rechtzeitig, Inu Yasha“, sagte Sesshoumaru, ehe er wieder anfuhr.

„Keh! Es wird dich freuen zu hören, dass ich etwas Nettes über dein Aufgabengebiet herausgefunden habe.“ Er wandte den Kopf. „Das wohl auch Sie interessiert, unser Herr und Vater.“

„Nun?“ Der Inu no Taishou lehnte auf dem Rücksitz hinter dem Fahrer, dem ranghöchsten Platz im Wagen.

„Ich habe mit einem Mädchen gesprochen. Nein, sie kennt meinen Namen nicht, und nein, ich auch nicht den ihren. Aber ihr beide kennt sie. Sie lag euch heute schon regelrecht zu Füßen.“

„Die ungeschickte Bewerberin?“ erkundigte sich der Fürst.

„Nicht ganz so ungeschickt, wenn ihre Variante der Tatsache entspricht.“ Inu Yasha erzählte kurz. „Und ich glaube das“, schloss er. „Sie war wirklich verzweifelt.“

„Gute Schauspielerin?“ fragte sein Vater. „Du kannst das in deiner Menschenform kaum prüfen.“

„Dennoch merke ich als Mensch es vielleicht sogar eher als als Halbdämon.“ Ach, konnten sie ihm denn nie vertrauen?

Sein älterer Halbbruder drückte eine Taste an seinem Handy in der Freisprecheinrichtung. „Jaken.“

„Ja, Sesshoumaru-sama?“ quakte es sofort zurück.

„Überprüfe alle Bewertungen von Frau Tausendfuß heute. Wie viele Bewerber hat sie abgelehnt und welcher Art.“

Inu Yasha atmete durch. Sesshoumaru oblagen auch die Personalsachen. Und eine Entscheidung, die nur auf derartigen Vorurteilen basierte, duldete ihr Vater nie. Er wollte fähige Leute, egal ob Mensch oder Dämon, in seinen Firmen haben. Wenn das unglückliche Mädchen Recht hatte, konnte sich Frau Tausendfuß auf ein nettes Gespräch mit dem zweiten Geschäftsführer einstellen. Und ihre eigene Kündigung. Das unbekannte Mädchen hätte dagegen eine echte Chance. Ob sie sich bei ihm im Chat melden würde?

Er hoffte es. Es war ein schönes Gefühl mal jemandem helfen zu können, der gar nicht wusste, dass man es konnte.

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Strangers in the night?

Das nächste Kapitel zeigt das fürstliche Privatleben: Inu Yasha.

Unter Umständen kommt es erst in 14 Tagen online, da ich auch an einem Krimi aus Altägypten arbeite und die beiden Geschicchten ggf abwechselnd hochlade, aber mal sehen.


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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Vigeta_Lord_d_T
2019-01-25T19:24:06+00:00 25.01.2019 20:24
O ein bisschen gemein von Inu.

Aber der Zwerg heiligt die Mittel.

Echt toll geschrieben.

Freu mich auf's weiterlesen.
Von:  Kerstin-san
2018-02-03T18:00:38+00:00 03.02.2018 19:00
Hallo,
 
oh weia! Das war ja zu befürchten, aber dass die gute Lady gleich so diskriminierend drauf ist. Puh, schon ein starkes Stück. Ob es so clever ist, dass Kagome auch noch direkt zu sagen, andererseits wird sie sich wohl ziemlich sicher fühlen. Und dass sie Kagome dann auch noch hochkant aus dem Zimemr schmeißt, ist auch richtig fies. War es von ihr beabsichtigt, dass Kagome den Dämonen vor die Füße stolpert oder nur Zufall? An Kagomes Stelle wäre ich da auch erstmal gestorben. Das ist ja mal richtig peinlich und demütigend. An ihrer Stelle wäre ich wohl erstmal völlig gelähmt gewesen. Gott sei Dank ist wenigstens Koga ganz nett.
 
Ich kanns Kagome nicht verübeln, dass sie erstmal anfängt zu weinen. Nicht nur wegen der Situation gerade, sondern auch wegen all den privaten Sorgen, die damit indirekt zusammenhängen. Herrje, sie tut mir echt leid. Das sie zufällig in dem Imbiss auf den menschlichen Inuyasha trifft finde ich herrlich, da sind Verwirrspielchen ja schon vorprogrammiert.
 
Ich finds ein bisschen abrupt, dass sie ihm gleich so ihr Herz ausschüttet, aber sie ist aktuell vermutlich dankbar, dass sie sich das ganze mal von der Seele reden kann und unwissentlich wird sie genau bei dem richtigen gelandet sein, der da mit der Bewerbung bestimmt was deichseln kann. Clevere Idee mit dem Chat, bin gespannt wie sich das entwickelt.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von: abgemeldet
2017-08-09T10:30:50+00:00 09.08.2017 12:30
Hallo!
 
Wie nett von der Dame Tausendfuß, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen und süffisant zuzusehen, wie sich die Menschen vor ihrer Nase umsonst abmühen. Kurz hatte ich die Vermutung, sie würde tatsächlich nur das Gemüt testen, aber mit ihrem Naturell hätte sie sich besser in Narakus Firma als Chefsekretärin beworben. Ihr Rauswurf war allererster Güte - alles danach ging auf meine Lachmuskeln. Aww, war das süß! Dem Herrn Vater lagen sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr zu Füßen? Da kontrastierte Sesshoumarus "gute" Laune und Rückzieher umso besser. Man konnte die Eisigkeit förmlich in der Luft spüren. Ich bin sehr neugierig, wohin die Traube Dämonen unterwegs war. Kougas Auftritt, der dank der Kleidung unverkennbar war und scheinbar für das Grobe zuständig ist(?), besaß die typische Herzlichkeit der Anime-Serie.
Anschließend Inuyasha zu treffen und zu erfahren, welche Mondphase sein muss, hat mich fasziniert. Ich mochte sein Misstrauen, die Befürchtungen und wie er die Szene mit seinem Alias aufgelöst hat. Man konnte gut verfolgen, wie Kagome daraus Mut schöpfte und dass beide nicht wissen, wie der andere heißt, macht es reizvoll. Begeistert wird sie später nicht sein, wenn sie seine Identität entdeckt: Aber wie könnte man ihm Vorsicht verübeln? Er ist reich und es wird nicht das erste Mal sein, dass sich jemand über Umwege einen Vorteil im Kendama erwirtschaften will. Möge das bitte nicht Naraku über Kagome werden...
 
Zwei Kleinigkeiten fielen mir auf: Erstens wechselt Kagome vom Tee-Plan auf eine Cola, zweitens ist einmal "mir-mir" statt "mit mir" enthalten.
 
Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  Hotepneith
09.08.2017 12:40
Danke für die Kommentare.
Das eine ist ein Tippfehler, das Andere (Tee-Cola) war Absicht, um noch einmal ihre Verwirrtheit zu zeigen. Sie wollte eigentlich Tee - landete dann aber auf ihrer Suche nach Wärme in einem anderen Lokal... Das arme Mädchen war nicht so ganz bei sich. Und ja, wenn sie wüsste ...

hotep
Von:  _Momo-chan_
2017-03-08T00:19:07+00:00 08.03.2017 01:19
Ich hab gar nicht gemerkt, dass das neue Kapitel schon online ist! DX
Irgendwie ist das Kapiel nur... süß. x3 Ich kann mir richtig vorstellen wie Koga sie angeschaut haben muss, als er ihr aufgeholfen hat. Was ich mir schwieriger vorstellen kann ist die, sonst nackige, Lady Tausendfuß in einem Büro-outfit.
Mich überrascht wie schnell Inu Yasha sich auf Kagome eingelassen hat. War er längere Zeit weg, dass sich bisher nicht so viele Mädchen an ihn rangemacht haben? Hätten andere ihn als Mensch erkannt?
Antwort von:  Hotepneith
08.03.2017 06:41
Damke für den KOmmentar.

Ja, das wird in den nächsten Kapitel noch mal themaisiert - Inu Yasha fühlt sich einsam. Er ist eben doch ein Halbdämon, darf aber aufgrund von Stellung und so keine Freunde haben, aber er sehnt sich einfach mal nach einem anderen Umgang, was er aber seinem vater nicht erzählt. Einige der Probleme in dieser Failie wären mit Kommunikation zu lösen, wie sich noch herausstellen wird. Natürlich erst, wenn das Kind im brunnen liegt .

hotep
Antwort von:  _Momo-chan_
08.03.2017 10:51
Sehr realistisch. Ist in den meisten Familien so xD


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