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Zwei Tiere in Ionia

von

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Kapitel 50 - Verdacht

...Es dämmerte bereits, also brachte mich Kata auf mein Zimmer, welches sich direkt neben ihrem befand. ,,Während deines Aufenthaltes wird das hier dein Schlafzimmer sein. Wenn du auch nur irgendwas brauchst, kannst du jederzeit zu mir oder einem Bediensteten kommen. Ich gehe bald schon schlafen, denn der Tag beginnt für mich immer schon sehr früh und dafür muss ich meinen Rhythmus einhalten. Wenn du mal auf die Idee kommen solltest aus dem Zimmer zu gehen, erschreck dich bitte nicht, falls du Talon begegnen solltest. Im Gegensatz zu mir, für die Schlaf für neue Kraft wirklich wichtig ist, lungert er noch bis spät in die Nacht auf den Gängen rum und wacht über alles. Vielleicht ist er sogar der Grund, weshalb ich nach Vaters Tod überhaupt noch ruhig schlafen konnte", sie lächelte nostalgisch und öffnete mir die Tür.

 

Die Einrichtung des Gästezimmers war eher spärlich und nur aufs Nötigste begrenzt, doch durch die wertvollen Kronleuchter, Stoffe und Wappen trotzdem edel. Ich trat an eines der Fenster, welche blaues Glas hatten, und starrte hinaus. ,,Fühl dich wie zuhause. Gute Nacht, Neru", meinte Kata noch lieb und verschwand, wobei sie die Tür so sanft wie möglich hinter sich schloss.

 

Ich stand einfach nur da und starrte hinaus, obwohl durch das Glas sowieso kaum etwas zu erkennen war. Also entschloss ich mich das Fenster zu öffnen und mich mit den Armen auf die Fensterbank zu stützen, als die kühle Abendluft sanft an meiner Haut vorbei streifte. Automatisch streckte ich meine Nase dem Wind entgegen und musste schmunzeln, da es ein wohliges Gefühl für mich war, doch mit meiner Nase konnte ich die Luft hier nicht genießen. Sie war mit Magie geladen, aber nicht mit lebendiger wie in Ionia, sondern mit negativer. Zusätzlich nahm ich noch die Düfte der Sümpfe von außerhalb wahr.

 

Mein Gesichtsausdruck wurde mit jedem Atemzug unzufriedener und gequälter, aber ich beließ ihn lieber auf einer neutralen, gleichgültigen Ebene, damit ich mich auf meine Gedanken konzentrieren konnte.

 

Erst jetzt in der Stille wurde mir klar, wie sehr Yi mir doch fehlte. Beim reinen Gedanken an ihn wurde mir warm und irgendetwas flatterte in meinem Bauch. Aus Reflex kreuzte ich die Arme, als würde ich mich warm halten wollen, dabei war es Ewigkeiten her, dass ich so etwas wie Kälte gespürt hatte. Meine Kehle war trocken und ließ mich schwer schlucken, während ich mir wünschte, dass es seine Arme waren. Es ist gar nicht mal lange her, dass wir uns das letzte Mal gesehen hatten, dennoch war es für mich unerträglich. Ich sehnte mich nach ihm. Ohne ihn fehlte mir etwas; ein Teil von mir. Er fehlte mir. Ich wollte zu ihm.

 

Mit einem Seufzen stieß ich mich von der Fensterbank ab und wollte mich zu meinem Bett begeben, doch meine Ohren zuckten in Richtung Tür. Gehört habe ich nichts, aber ich nahm einen mir bekannten Geruch wahr, der vom Flur aus in mein Zimmer zog. Auf Samtpfoten schlich ich zur Tür und riss diese mit unmenschlicher Geschwindigkeit auf. Wie bereits erwartet stand Talon mit dem Rücken zu mir auf dem Flur und drehte sich etwas zu mir. Er hatte gerade in seiner Bewegung inne gehalten, als er die Tür hörte.

 

,,Scheint so als würden wir uns gegenseitig nicht hören können", meinte er nur mit gedämpfter Stimme. Daraus schloss ich, dass er normalerweise gehört hätte, wenn sich jemand auf den Zimmern bewegt hätte.

 

Ich schwieg ihn an. Spannung hing zwischen uns in der Luft. Doch es war keine aggressive Spannung, im Gegenteil; sie war neutraler als neutral und ließ uns unseren tiefen Respekt, den wir für einander hatten, spüren. Talon kam mir immer eher wie ein würdevolles Raubtier vor, wenn man ihn sich etwas zurückziehen ließ. Doch er kam immer aus dieser Haltung raus, wenn er mit Riven zusammen war oder er für Katarina irgendwie Verantwortung übernehmen musste.

 

Ich schätzte ihn wirklich sehr, auch wenn ich nicht wirklich wusste, wie ich für ihn empfand. Auch bezweifelte ich, dass mich seine Anwesenheit nicht sogar übervorsichtig oder passiv-aggressiv machen würde, wenn ich ihn nicht aus Katas Vertrautenkreis kennen würde. Doch ihm ging es mit mir wahrscheinlich nicht anders. Auch er würde für mich keinerlei Sympathie finden, wenn seine geliebte Schwester nicht wäre - falls er es jetzt auch überhaupt tat.

 

Seine gelben Falkenaugen blitzten auf in der Dunkelheit. ,,Ist was?", brummte er. Anscheinend wollte er endlich seinen Rundgang fortsetzen. ,,Gehst du irgendwann auch schlafen?", entgegnete ich ruhig. ,,Vielleicht", war seine knappe Antwort. Vielleicht? Er geht vielleicht irgendwann mal schlafen? ging es mir durch den Kopf. Ich glaube, das würde Kata Sorgen bereiten...

 

,,Dann noch eine angenehme Nacht", sagte ich und schloss langsam wieder die Tür. ,,Ihnen ebenfalls, Miss van Anubis" Ich hielt inne. ,,Warum auf einmal so förmlich, Talon?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue und öffnete die Tür wieder, um ihn anzusehen. ,,Sie sind Gast im Hause Du Couteau, das gehört zu meinen Pflichten. Soll ich es unterlassen?", antwortete er. ,,Nein, nein, ist alles gut. Tu, was du nicht lasen kannst" winkte ich müde ab, woraufhin er noch nickte, ehe ich die Tür nun endgültig schloss und mich in das kuschelige Bett fallen ließ...

 

...Am Morgen wurde ich von einem Klopfen an der Tür geweckt und Katas Stimme drang zu mir durch: ,,Komm schon, du Schlafmütze. Das Frühstück ist schon fertig" Bei den Worten zuckten meine Ohren stark und meine Augen öffneten sich sofort weit, als wäre ich hell wach. Ich sprang auf, machte das Bett und stand innerhalb weniger Sekunden vor der Tür, wo mich die Rothaarige ankicherte und sofort weiter führte.

 

Sie brachte mich in einen großen Saal mit einem langen steinernen Tisch, an dessen einem Ende drei Plätze gedeckt waren. Talon kam gerade aus einem anderen Gang und setzte sich mit uns hin. Zwei Bedienstete brachten uns unsere Teller mit dampfenden Pfannkuchen. Der süße Geruch von Syrup und Marmelade stieg mir in die Nase, dem ich mich direkt entgegenstreckte. Zusätzlich wurde ein Korb mit frischen Brötchen und allen möglichen Käse- und Wurstsorten auf den Tisch gestellt. So sollte ein Morgen duften.

 

Während ich das köstliche Frühstück genoss, erzählte Kata wieder von ihren Abenteuern. Ich glaube, auch davon, als sie ihre Narbe im Gesicht bekam, aber ich hörte ihr nicht zu. Genau wie Talon saß ich einfach da, aß und schwieg. Ich erinnerte mich an eine Szene aus meiner Kindheit mit Bastet, als wir in den Sanddünen gespielt haben.

 

Wir waren erst paar Jahre alt, aber wie typisch Kinder wollten wir auf die größten Hügel klettern. So wollte auch Bastet ihre gute Katzen-Balance unter Beweis stellen und stellte sich auf die Spitze einer Düne. Mit ausgestreckten Armen lächelte sie der Sonne entgegen, während ihre braunen Haare wie die Dünen selbst durch den Wind flogen.

 

Doch genau dieser Wind brachte die feinen Sandkörner ins rollen und die ganze Düne begann sich langsam zu bewegen. Erschrocken durch den Verlust unter den Füßen verlor sie ihr Gleichgewicht und fiel in den warmen Wüstensand.

 

Sie fing an zu lachen und auch ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, aber ich reichte ihr sofort meine Hand, die sie lachend annahm, da sie mir vor die Füße gefallen war. Mein Lachen wurde auch immer stärker, als ich sie hochziehen wollte, bis sich meine Muskeln total entspannten und ich sie aus Versehen wieder fallen ließ. Dadurch taumelte ich selber auf der Schräge rückwärts und fiel auch hin. Nach einer Sekunde Schweigens prusteten wir jetzt erst richtig los und wippten auf dem Rücken auf und ab, wodurch wir plötzlich noch weiter runter kullerten. Uns schossen die Tränen in die Augen, als wir uns langsam wieder einkriegten.

 

Die Erinnerung brachte mich zum Schmunzeln, sodass Kata mich plötzlich aus den Gedanken riss: ,,Hörst du mir überhaupt zu?"

 

Ehe ich überhaupt an eine Ausrede denken konnte, kam jemand in den Saal gerannt. ,,Lady Katarina, es ist jemand an der Tür für Sie" Kata und Talon schossen gleichzeitig von ihren Stühlen hoch, aber Talon warf ihr einen warnenden Blick zu. Sie schickte ihn mit ihren Augen zur Tür und setzte sich versteift wieder hin.

 

Talon rannte sofort raus und Kata sagte wie immer freundlich: ,,Lass uns bitte schnell hoch gehen" Sie klimperte mit ihren Wimpern und ich nickte, dann nahm sie mich bei der Hand und rannte mit mir die Treppen rauf zu unseren Zimmern. Ich musste nicht wissen, was vor sich ging, um ihr voll zu vertrauen.

 

Talon PoV

 

Eigentlich ließ ich mir vergleichsweise Zeit zur Tür zu kommen, doch ich musste Kat und Neru Zeit lassen Vorsprung aufzubauen.

 

Mit einem fast überhörbaren Quietschen öffnete ich die schwere Eingangstür mühelos, wie schon tausende Male zuvor, mit der Besonderheit, dass sich diesmal ein breiter Mann in Rüstung vor mir auftat. Es war Darius, warum auch immer er hier war.

 

,,Darius, was führt dich hier her?", fragte ich gefühlskalt, worauf er nicht anders antwortete: ,,Swain schickt mich zu deiner Schwester. Kann ich sie sprechen?" ,,Bedauerlicher Weise kann ich dich nicht einfach einlassen, ohne den Grund zu kennen", blockte ich ab. Er rollte fast unauffällig mit den Augen und meinte dann: ,,Es geht um Ionia und Shurima" Weiter konnte ich ihn nicht abwimmeln, also ließ ich ihn rein. Er hatte einen Soldaten als Begleiter bei sich.

 

Ich nahm einen möglichst langen Umweg, der aber nicht so leicht als solch einer zu enttarnen sein dürfte. Der Weg verlief sehr stumm und das war gut so. Wir waren zum Glück beide nicht von der gesprächigen Sorte.

 

Unauffällig erhöhte ich mein Tempo von Zeit zu Zeit, bis Darius ein paar Meter zurücklag. Sobald die Möglichkeit bestand, verschwand ich in den Schatten der Mauern und nahm einen Geheimgang in einer Wand, um schnell wieder bei Kat anzukommen, die zum Glück schon mit Neru vor ihrer Zimmertür wartete.

 

Neru PoV

 

,,Wer?", fragte Kata nur. ,,Darius. Er soll mit dir für Swain über die Sache mit Shurima und Ionia reden. Mehr wollte er nicht preisgeben", antwortete er schnell. ,,Für wie dumm halten die mich eigentlich? Sie suchen nach dir, Neru. Ich will dich wirklich nicht schon rausschmeißen, aber du musst jetzt gehen", sagte sie aufgeregt und ergriff wieder mein Handgelenk.

 

,,Ich halte ihn so lang auf wie ich kann. Gute Reise", sagte der Assassine und verschwand wieder. ,,Danke", hauchte ich ihm noch hinterher, ehe ich von Kata in ihr Zimmer mitgerissen wurde. Sie sprang kurz hoch und riss eine Kerze vom Kronleuchter. Daraufhin war ein dumpfes Rattern in der Wand zu hören und ein Regal wackelte kurz, als das Geräusch wieder verstummte. Kata ging auf es zu und schob es soweit zur Seite, dass wir durch den Schlitz in der Wand dahinter durchschlüpfen konnten. Höchst erstaunt stieg ich hinein und sie zog das Regal hinter sich wieder zu.

 

Es war recht eng hier, aber dann führte sie mich in einen breiteren Gang, in dem wir uns frei bewegen konnten, und lief im Eiltempo los. Sie schob mich durch etliche Gänge, die sich vermutlich zwischen den Steinwänden der Räume befanden.

 

,,Selbst Talon und ich kennen noch bei weitem nicht alle Geheimgänge hier. Es gibt sie auf keinem Plan, also werden die Informationen immer mündlich übertragen, aber da mein Vater früher von uns ging als erwartet...", erzählte Katarina um meine Neugierde etwas zu besänftigen, was sie jedoch nur umso weiter steigerte.

 

Irgendwann hält sie abrupt an und sieht mir in die Augen: ,,Also ich sag dir jetzt den Weg hier raus, denn ich muss schnell wieder zurück, sonst fällt es auf. Du sollst noch wissen, dass du jederzeit im Hause Du Couteau willkommen bist. Warte daheim einfach auf eine Nachricht von mir, was aber wahrscheinlich sehr lange dauern wird. Jetzt geh einfach weiter geradeaus und bieg auf keinen Fall irgendwo ab! Einfach geradeaus, bis der Gang in einer Sackgasse endet. An der Wand vor dir musst du auf mittlerer Höhe rechts einen Stein finden, den man wie einen Knopf betätigen muss, aber leg lieber etwas mehr Kraft hinein - das sollte für dich ja kein Problem sein. Den erkennt man nicht, du musst ihn einfach finden. Ich weiß es ja auswendig. Probier die Steine einfach durch"

 

Ich nickte und war schon mitten in der Bewegung, da sagte sie noch: ,,Und um Himmels Willen...", sie streckte ihren Arm nach mir aus und zeigte mit allen fünf Fingern auf mich, ,,bitte lass dich nicht erwischen" Sorge tränkte ihre tiefgrünen Augen. Ich nickte ernst und sagte: ,,Auf Wiedersehen und vielen Dank" Sie nickte mir noch mit einem Lächeln zu und dann rannte ich so schnell wie der Wind bis zum Ende des Ganges.

 

Wie beschrieben stand ich vor einer scheinbar massiven Wand aus Steinziegeln, welche sich wie auch im ganzes Rest des Gebäudes alle wie ein Ei dem anderen glichen. Also drückte ich einfach jeden Ziegel auf der mittleren Höhe der Wand und wurde auf der rechten Seite auch schnell fündig. Die Wand bebte und schob sich nach links in die Mauer hinein, sodass mir das Tageslicht aufs Gesicht fiel. Als ich raus rannte, schloss sich die Tür auch sofort hinter mir.

 

Ich war anscheinend im hintersten Teil des Schlosses rausgekommen, also sprang ich mit einem Satz über die Mauer und hatte die Residenz innerhalb von Sekunden weit hinter mir gelassen. Als sie immer weiter hinter mir verschwand, blickte ich noch mal zurück. Liebend gerne hätte ich noch mehr Zeit mit Kata und Talon hier verbracht, aber ich schüttelte den Kopf und brachte Noxus weit hinter mich.

 

Auf meinem Weg war mein Kopf ausnahmsweise mal leer. Es war mir möglich einfach zu rennen, ohne an irgendwas zu denken, was für mich eine richtige Erholung war. Also genoss ich den tranceartigen Marathon und stand schon am nächsten Nachmittag mit erhobenem Haupt vor Avarosas vereisten Toren...


Nachwort zu diesem Kapitel:
2 Monate, 0 Inhalt, 2k Wörter. Ja gut... Oops.
Ich schieb' die Schuld einfach mal auf Archive of Our Own.

Irgendwie spiele ich seit einer Weile mit dem Gedanken, Yis Charakter im Laufe der ganzen Story so ein kleines Bisschen in Richtung Yandere zu lenken, aber ich glaube irgendwie, dass es einfach den ganzen Sinn zerstören würde :'D Komplett anzeigen

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