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The Darkness Inside Me

von

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Situazione d'eccezione.


 

Ausnahmesituation

30. November 2012
 

„Meint ihr, sie küssen sich?“, kicherte Franky und warf einen verstohlenen Blick aus dem Seitenfenster. „Oder lassen sie den Moment vorbei ziehen?“

Am Nachmittag, mit Umweg und Zwischenstopp, hatten sie den Busbahnhof erreicht und zur Überraschung hatte Zorro bereits ungeduldig gewartet – jedenfalls laut Bonney. Für den Rest wirkte er wie eh und je: grimmig. Wahrscheinlich kristallisierte sich hierbei heraus, wie sehr sich die beiden kannten und wie einfach es für Bonney war, seine Körperhaltung einzuordnen.

Erst als Zorro Bonney erspähte, hatte auch Franky einen offensichtlicheren Unterschied ausgemacht. Hatte zum ersten Mal eine Erleichterung wahrgenommen.

Um ihnen die nötige Zeit und allem voran Zweisamkeit zu gönnen, warteten die vier Freunde im Wagen, aber in Franky wuchs eine Neugierde heran, die unbedingt gestillt werden musste.
 

„Küsst du sie sonst?“, neckte Kaku schelmisch.

Franky verdrehte demonstrativ seine Augen. Warum mussten unnötige Informationen immer im Gedächtnis hängen bleiben?
 

„Wird mir ewig nachhängen, was? Aber, und das ist der springende Punkt, wären Gefühle im Spiel zögerte ich keine Sekunde. Sofort und ohne Bedenken.“ Leider tickte Zorro anders. Vermutlich brauchte es Bonney für den Schritt. Was Franky wiederum gar nicht verstand.

Sie liebten sich und mussten Abschiednehmen. Niemand konnte voraussagen, wann oder ob Bonney überhaupt jemals zurückkehrte. Eine solche Chance würde sich Franky nie und nimmer entgehen lassen.
 

„Ich würd’s lassen“, bemerkte Kalifa gelangweilt. „Die sehen sich vielleicht nie wieder und dann ein küssender Abschied? Um was? Dem hinterher zu trauern, das hätte sein können? Einfach erklären und Tschüss sagen.“
 

„Gott, bist du kaltherzig!“, brummte Franky. „Liebe ist dir wirklich fremd.“ In ihm schlug eben das Herz eines waschechten Romantikers. Dafür hatte er sich bereits öfter den einen oder anderen Spruch anhören dürfen, aber stand er dazu, sah nichts Verwerfliches darin.
 

„Ach, halt den Mund und setz deine rosarote Brille ab!“, spottete die blonde Frau während Kaku sichtlich ein Grinsen verkniff.
 

„Was würdest du tun?“, fragte Franky nun an Robin gewandt, die weiterhin das Schweigen vorzog. Der Bengel hatte ihr ordentlich zu gesetzt und Franky machte sich Sorgen. Für ihn stand außer Frage, dass Robin dringend ins Bett musste. „Hey“, versuchte er nochmals, beugte sich zu ihr und legte die Hand an ihre Schulter.

Dann, als ob sie aus einem Traum aufwachte, öffneten sich ihre Augen, der Kopf wurde leicht zur Seite geneigt. Angestrengt und fragend blickte sie hoch.
 

„Was-“ Robin wandte den Blick ab, lehnte den Kopf an die Fensterscheibe. „Was sage ich ihr? Das Wochenende ist verplant“, wisperte sie verzweifelt.

Franky biss die Zähne zusammen, natürlich verstand er die Misere. Während sie einfach nach Hause gingen und sich ausruhten, wartete jemand auf Robin.

„Ich hab sie erst versetzt … ich glaub, ich hab’s verbockt.“ Er hörte den Schmerz und rutsche automatisch näher, schlang den Arm um ihre Schultern. Als er Robin an sich drückte, fehlte jegliche Gegenwehr. Den Kopf an seinem Hals gebettet, hielt Franky sie fest.

Ihr Körper bebte und im Wageninneren brach beklemmendes Schweigen aus.
 

× ×
 

Gähnend griff Ruffy nach seinem Handy und tippte ein frustriertes: »Sag was!!!!« Alleinsein verabscheute er zutiefst. Und der Tag setzte ihm zu. Niemand hatte Zeit.

Zähneknirschend starrte Ruffy zur Decke hoch. Allein machte alles keinen wirklichen Spaß.

Unter der Woche vertrieben er und Bonney sich die Zeit. Entweder waren sie unterwegs oder einfach zu Hause, aber von ihr hörte er nichts.

Seit Stunden schrieb er ihr, hatte mehrmals angerufen – die ausbleibende Antwort war für ihn unverständlich! Hatte Bonney etwas vor, dann gab sie ihm Bescheid und normalerweise reagierte sie binnen wenigen Minuten. Irgendwie fand er ihre Reaktionslosigkeit merkwürdig.

Bonney war weder beim Frühstück gewesen, noch über dem restlichen Tag aufgetaucht. Selbst bei Dates gab sie Ruffy immer Bescheid.

Gab es etwa Probleme? Ruffy kniff nachdenklich die Augen zusammen, ehe er in schallendes Gelächter ausbrach. Wie albern, Bonney kam mit allen Schwierigkeiten klar und so schob er den Gedanken beiseite.

Wieder streckte er seine Glieder aus, sein Magen knurrte bedrohlich.
 

× ×
 

Seufzend raufte Zorro sein Haar. Was zur Hölle machte er hier?

Statt Zuhause saß er auf einem äußerst teuer wirkenden Sofa, auf dem er lieber nichts von dem Bier, das ihm sein Gastgeber in die Hand gedrückt hatte, verschüttete. Während die anderen auf den Etagen verteilten waren, war Zorro alleine und kämpfte somit gegen die befremdliche Stille, die das Wohnzimmer in Beschlag nahm.

Sich zurücklehnend, schweifte sein Blick umher. Schwach zuckten seine Mundwinkel, als er die verschiedenen Modellschiffe betrachtete und warum auch immer, gefiel ihm sogar eine kleine Karavelle. Dabei musste zurechtgelegt werden, was er denn seinen Freunden sagte. Besonders Ruffy und Sanji würden bald Verdacht schöpfen, sich Sorgen machen. Oder er tat, was er so gut konnte: Nichts. Aber nein, er betrachtete neugierig eine Karavelle.

Unschlüssig nippte er an dem Bier. Neben Sake mochte er Bier am liebsten, aber irgendwie schmeckte es nicht, irgendwie merkwürdig. War das der Situation geschuldet? Immerhin steckte ihm der Abschied noch in den Knochen.
 

„Halbwegs verdaut?“, lachte Kaku auf seine leichte Art.

Zorro neigte den Kopf. Der andere hatte sich ein Handtuch um den Hals geworfen, das Haar war noch feucht. Ausgerechnet dieser ruhige, ulkige Typ … Zorro würde auf jeden Fall noch eine Weile brauchen, um sich daran zu gewöhnen.
 

„Wird ein ziemliches Farbenspiel abgeben“, grinste Zorro schief.

Träge ließ Kaku sich in einen der Sessel fallen, stützte den Kopf an seiner rechten Hand ab.
 

„Hat mich schon schlimmer getroffen.“ Trotz der Lage verlor er nicht seine Leichtigkeit und Zorro überraschte das sehr wohl. Schließlich hatte sich das Geheimnis gelüftet. Oder lag es eben genau daran? Kein Versteckspiel mehr. „Und? Kommst du zurecht? Unsere Identitäten. Bonney. Ist sicher schwierig.“
 

„Geht schon“, gab Zorro abwinkend zu verstehen. Vorerst blieb das sein Problem und bislang hatte er alles überstanden. Es brauchte manchmal einfach ein wenig Zeit. „Bei dir? Wirst du nie gefragt, woher du die Verletzungen hast?“ Häufte sich ein solches Auftreten, musst doch jemand hinterfragen.
 

„Eine Ausrede habe ich immer parat“, griente Kaku sicher, „und wir sind Profis. Solche Zwischenfälle kommen recht selten vor. Sind auf unvorhergesehenen Widerstand getroffen.“ Dabei änderte er schlagartig seine Haltung.

Zorro zog grimmig seine Brauen zusammen. Offensichtlich lag dem anderen etwas auf der Zunge, suchte vielleicht nach der passenden Formulierung. Grund genug um ein mulmiges Gefühl wachzurütteln.

„Der Koch“, begann Kaku zögernd und betonte das kommende Wort auf beunruhigende Weise, „kennst du ihn?“

Hatte Zorro mit einer Erklärung der Geschehnisse gerechnet, verwirrte Kaku ihn mit einer Frage, mit der er nichts anstellen konnte. Was interessierte ihn der Kartoffelschäler?

„Ihr seid befreundet, schon klar, aber hat er dir von seiner Vergangenheit erzählt?“
 

„Wovon sprichst du?“ Zorro verstand immer weniger und Kaku schien ihn zu durschauen, lächelte entschuldigend.
 

„Hätte mich gewundert – Entschuldige.“
 

„Sanji ist durch Pflegefamilien gereicht worden. Haute irgendwann ab und erst durch Jeff fand er seinen Platz“, fasste Zorro knapp zusammen. „Wir reden kaum über unsere Vorgeschichte. Müsstest du wissen.“ Vergangenheit war uninteressant. Was zählte war die Gegenwart. Das hatte er ausgerechnet von Ruffy gelernt.

Kaku schloss seine Augen und legte den Kopf zurück – Stille.

Verdattert taxierte Zorro den Mann. Veräppelte er ihn etwa?
 

„Mach de-“
 

„Stur wie du!“, fauchte der Arzt fuchsteufelswild als er geräuschvoll die Treppe runter stolperte. „Behalte sie ja im Auge und ruf mich an, sobald sich ihr Zustand ändert!“
 

„Tue ich immer!“, antwortete Franky lachend.

Kurz erblickte Zorro die Männer und verlor plötzlich den Drang Kaku zur Rede zu stellen.

Vor dem Treffen auf dem Bahnhof hatten sie den Arzt bereits aufgesucht. Er war für einen Krankenhausaufenthalt gegen den Robin vehement blockierte. Und Zorro hatte Robin gesehen. Purer Leichtsinn, und doch verstand er Robin – irgendwie. Ihr Zustand warf Fragen auf. Zusätzliche Frage.

Bei dem älteren Mann handelte es sich um Eisbergs, dem Vize-Bürgermeister und Inhaber der Werft, Leibarzt und in Verbindung mit Franky … Zorro bezweifelte, dass die beiden nicht Bescheid wussten. Im Gegenteil. Bestimmt deckten sie die vier, allein schon deshalb, weil Franky und Kaku für Eisberg arbeiteten.
 

„Den Starrsinn haben beide verinnerlicht“, seufzte Kaku missbilligend. „Gibt eine nette Geschichte. Ist schon ein paar Jahre her. Waren damals in Brasilien-“
 

„Nein!“, unterbrach Zorro sogleich. „Lass stecken. Hab an euren dubiosen Abenteuer kein Interesse.“ Je weniger er wusste desto besser.
 

„Schade. Ist eine spannende Geschichte.“
 

„Welche?“ Franky schlurfte ins Zimmer. „Kalifa bleibt noch ein bisschen oben.“ Tief sank er neben Zorro aufs Sofa, streckte die Beine aus. „Freu nur ich mich aufs Bett?“
 

„Robin gehört ins Krankenhaus. Punkt.“
 

„Ach komm, Kaku. Eine gute Portion Schlaf heilt alles!“
 

„Und deshalb frag ich mich, wie du so lange überlebt hast!“

Ein grimmiger Blick. Schallendes Lachen.
 

„Was ist dein Plan?“, fragte Franky anschließend Zorro, der bloß still zugehört hatte. „Sagst du die Wahrheit oder spielst du selbst den Überraschten?“

Plan. Hatte er einen Plan? Nein. Während der Nacht hatte er kaum geschlafen, eher auf eine Benachrichtigung gewartet, sich Sorgen gemacht – die Frau machte ihn wirklich schwach! Aber nie hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, was er den anderen sagte. Nie so richtig.
 

„Ich bin direkt. Bevor ich lüge, schweige ich lieber.“ Zorro hasste Lügen. Was er dachte, wurde offen ausgesprochen. Leider musste er hierbei anders agieren. Bonney wollte ihnen die Wahrheit ersparen. „Zur Not sagen ich, sie hat sich gemeldet und braucht eine kleine Auszeit?“ Ob er es mochte oder nicht, manchmal war eine Lüge angebrachter.
 

„Funktioniert das?“, hinterfragte Franky skeptisch. „Hat sie das früher schon gemacht?“
 

„Nein, aber angedeutet.“ Mehrmals. Jedoch hatte Zorro ihre Paranoia als Unsinn abgetan, wie alle anderen. Immer und immer wieder, bis zu Frankys Recherche.

„Natürlich werden sie sich Sorgen machen, aber weiter? Komm, niemand weiß, wo Bonney steckt, sie werden nicht nach ihr suchen.“ Hoffte er. Bei Ruffy war alles möglich, zumal sein Bruder durchaus zu helfen wusste, wenn er ihn denn erreichte.
 

„Ist einen Versuch wert.“
 

„Dabei ist die Wahrheit Balsam“, kommentierte Kaku seufzend. „Immerhin wüssten sie, warum Bonney untergetaucht, aber halbwegs in Sicherheit ist. Alles andere ist unbefriedigend.“
 

„Also euer kleines Geheimnis hat keinen positiven Effekt.“ Mitnichten. Vielmehr störte es Zorro. Immerhin musste er eben jenes Geheimnis wahren. Auch um seinetwillen. Vermutlich würde er von sich aus nie darauf zu sprechen kommen. Das Thema totschweigen. Bis irgendwann ein Grund aufkam, der es ihm unmöglich machte.
 

„Sind zwei Paar Schuhe!“, murrte Franky und warf ihm dabei einen genervten Ausdruck zu. „Bonney steckt in Lebensgefahr und muss geschützt werden. Wir … Kaku?“
 

„Wir bringen andere in Lebensgefahr?“
 

„Sag ja“, lachte Franky, „zwei Paar Schuhe!“
 

„Ihr seid bescheuert!“
 

„Du gewöhnst dich dran“, grinste Franky müde. Sie brauchten sichtlich Schlaf und Zorro sollte allmählich aufbrechen. „Kannst du mir zu Sanji einen kurzen Überblick geben?“
 

„Frag deinen Freund.“ Erneut wurde das Thema auf seinen Mitbewohner gelenkt und er spürte eine langsam ansteigende Wut. Auffällig tauschten sie für Zorro nichtssagende Blicke aus. Etwas lag im Busch und irgendwer machte lieber schleunigst den Mund auf. „Wehe ihr krümmt Sanji ein Haar.“ Streitereien hin oder her, Sanji war sein Freund und Freunde beschützte er. Egal wie nervig sie manchmal waren, insbesondere dieser nervtötende Koch.

Abwehrend hob Kaku seine Hände.
 

„Die Typen, die uns so zugerichtet haben“, antwortete Franky unbeeindruckt, „sind Sanjis Brüder. Okay, sie waren es – die Details erspare ich dir. Vierlinge! Hättest unsere Gesichter sehen müssen.“

Fassungslos entglitten Zorros Gesichtszüge. Die Wut war verflogen. Hatte er richtig gehört?

„Sanji stammt aus einer Familie, die für Attentate bekannt ist. Angeheuert von Bonneys eigener Familie haben sie uns das Leben schwer gemacht – wir haben ihnen die Suppe versalzen. Sakazuki hat die Rolle des Mittelmannes übernommen und ist dabei selbst reingelegt worden.“
 

„Ziemlich kompliziert?“, brachte Zorro kaum hervor. Er verstand nicht. Bonney Familie hatte er nie auf dem Schirm gehabt. Hatte nie von ihnen gehört. „Ich verstehe nicht“, sprach er offen aus.
 

„Du hast in der Tat ein verdammt kompliziertes Umfeld.“ Mitleidig sah Kaku zu ihm. „Bonney. Sanji. Wir. Will lieber nicht wissen, welche Leichen der Rest im Keller versteckt.“
 

„Ist meine Schuld. Ich hab das Detail absichtlich ausgelassen“, entschuldigte sich Franky und fuhr sich durchs ungemachte Haar. „Vertrau mir. Mit dieser Familie möchtest du nie konfrontiert werden. Wir interessieren uns einfach ein wenig für Sanji, eben weil wir nicht fassen können, dass er aus dieser Familie stammt – und ich sag’s nochmal, Kaku, die haben sich was gespritzt!“
 

„Eifersüchtig? Das Alter holt uns alle ein.“
 

„Ach ja? Ich bin robust, aber die?“, gab Franky säuerlich zurück, sichtlich genervt. „Die kannten keinen Schmerz!“
 

„War eine neue Erfahrung. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht“, bemerkte Kaku nachdenklich. „Als ob gewisse Emotionen fehlten.“
 

„Sanji hat genug davon.“ In Zorros Augen war er zu gefühlsduselig, besonders Frauen gegenüber. Konnte rasch umschalten. Von guter Laune auf ungestüme Wut und plötzlich wurde er zum liebestollen Verrückten. „Aber ernsthaft – ich kann ich schlecht fragen!“ Zeigte Zorro plötzliches Interesse an Sanjis Vergangenheit … nie und nimmer! Über den Koch hatte er sich nie Gedanken gemacht, geschweige ihn mit Fragen gelöchert! Sanji durchschaute ihn sofort.
 

„Verlangen wir nicht, keine Sorge“, winkte Kaku rasch ab. „Ist lediglich eine unerwartete Wendung und seinen Brüdern nach, hat ihn die Familie so oder so verstoßen. Wir fragen uns lediglich inwieweit er von den Taten informiert ist.“

Zorro kratzte sich das Kinn. Was brachte das Wissen? Laut Franky waren sie tot und nicht mehr imstande sie aufzusuchen. Dann hatte der Koch eben eine kranke Familie. Zorro reichte ihn zu kennen, zu wissen, wie er war.
 

× ×
 

„Hast du vom Vorfall in Ferrara gehört?“, fragte Vivi zwischen den Bissen ihren Vater während ihre Augen allerdings auf Nami ruhten.

Das erste gemeinsame Abendessen seit einer Weile und Vivi hatte sich irgendwie darauf gefreut. Ein entspanntes Beisammensein. Stattdessen herrschte allerdings eine gedrückte Stimmung.

Ihr Vater war früher nach Hause gekommen, aber stimmte ihn irgendetwas nachdenklich. Er aß beunruhigend still, hatte generell wenig gesprochen. Gegenüber saß Nami und stocherte lustlos in ihrem Fisch herum, von dem sie nicht einmal probiert hatte. Bei ihr allerdings konnte Vivi das Problem ausmachen, bei ihrem Vater nicht.

„Eine undichte Gasleistung wird vermutet.“
 

„Vermutlich eine schlechte Instandhaltung.“

Mehr und mehr festigte sich Vivis Gefühl. Etwas war vorgefallen, etwas Größeres. Vielleicht fragte sie lieber nach, worüber sich ihr Vater den Kopf zerbrach. Entweder wich er aus oder sie erhielt einen knappen Überblick.
 

„Entschuldigt mich“, warf Nami ein, „er lässt nicht locker.“ Vivi beobachtete wie Nami missgelaunt aufstand, das Handy zur Hand nahm und mit äußerst grimmiger Begrüßung den Anruf entgegennahm. Kopfschüttelnd wartete Vivi bis Nami aus dem Zimmer war, ehe sie sich gänzlich ihrem Vater zuwandte.
 

„Was ist geschehen?“ Sein merkwürdiges Verhalten musste hinterfragt werden. Schon lange nicht mehr hatte sie ihren Vater so gesehen und das allein beunruhigte Vivi ungemein. „Ferrara ist es nicht!“, versuchte sie zu scherzen und schluckte schwer, als sie eine kleine Reaktion wahrnahm. Hätte sie ihn nicht angesehen, wäre ihr die kurze Veränderung nie aufgefallen. „Vater?“

Kobra führte das Weinglas an seine Lippen.
 

„Mach dir keine Sorgen, Vivi. Ich bin bloß müde. Morgen geht es mir besser, versprochen.“

Er wich aus und Vivi erhielt ihre Bestätigung. Bei normalen Problemen, privat oder auf seine Position bezogen, gab er immer einen kleinen, aber ausreichenden Überblick. In diesem Fall wich er gänzlich aus und so beschäftigte ihn durchaus etwas, sehr sogar.

Bevor Vivi ihren Vater auf den Zahn fühlen konnte, hörte sie plötzlich Namis lauter werdende Stimme. Ein Tobsuchtsanfall stand vor der Tür und wer diesen abbekam konnte Vivi noch nicht wirklich heraushören.

„Hört sich nach schlechten Neuigkeiten an – übrigens ich habe Nami gefragt, ob sie Robin mal einlädt.“
 

„Okay?“
 

„Wäre ideal um einen netten, jungen Mann mitzubringen.“
 

„Paps, lass gut sein! Du lenkst ab, funktioniert nicht.“ Natürlich war das ein weiterer, kläglicher Versuch herauszufinden, ob sie einen Freund hatte, aber momentan wollte er einfach das Thema wechseln und darauf sprang sie nicht an. „Darf ich mir keine Sorgen machen? Umgekehrt wärst du längst an die Decke gesprungen!“
 

„Weil ich dein Vater bin! Väter dürfen das“, witzelte er gelöster. „Auch ich darf einfach müde sein.“ Damit schien für ihn alles geklärt und ab da würde Vivi auf Granit beißen. Dann blickte er zur Tür und lächelte leicht. „Alles in Ordnung?“
 

„Vergo“, gab Nami zähneknirschend zu verstehen und setzte sich wieder. „Fragt bitte nicht.“

Ertappt grinste Vivi. Schlau wurde sie wohl nie aus ihnen. Weder aus ihrem Vater, noch aus Namis Beziehung zu ihrem, die tatsächlich einer Achterbahnfahrt glich.
 

„Und, Nami? Schon mit Robin gesprochen?“
 

„Was ist dir eigentlich über die Leber gelaufen?“, gab Nami ihrerseits zu verstehen.
 

„Ich bin eine gute Zuhörerin, ihr könnt mir beide von euren Problemen erzählen.“ Beide tauschten einen vielsagenden Blick untereinander aus, lächelten ihr anschließend entschuldigend entgegen und aßen. „Ernsthaft?“
 

× ×
 

„Und Robin?“ Momentan sah Zorro in ihr den wohl kompliziertesten Punkt. Klang hart, aber niemand interessierte sich für den Zustand der beiden Männer. Niemand, der ihnen sehr nahe stand und keinen blassen Schimmer von ihrem Doppelleben hatte.

Unweigerlich dachte er an Nami. Tauchte Robin eine Weile, ohne gröbere Gründe, unter oder schlimmer, sah sie die Blessuren – Zorro verstand in welcher Zwickmühle sich Robin befand.
 

„Mit Schmerzen kann sie umgehen, aber-“
 

„Ihre Beziehung ist in Gefahr.“ Franky nickte ihm zu. „Ihre Verfassung braucht eine verdammt gute Ausrede!“ Und das sagte ausgerechnet er.
 

„Bei der wir ihr behilflich sein müssen!“ Zorro hob den Kopf, erblickte Kalifa, die mit noch nassem Haar das Wohnzimmer betrat und alle Aufmerksamkeit auf sich zog. „Sie schläft endlich. Kann nicht sagen, wann ich sie das letzte Mal so gesehen habe!“ Dabei warf sie Zorro einen leicht grimmigen Blick zu. Sich räuspernd verschränkte Zorro die Arme.
 

„Wenn Robin ein Mann wäre – und halt einfach den Mund, Kalifa! – könnten wir sagen, wir hätten uns geschlägert. Oder geboxt.“
 

„Oh bitte!“, stöhnte Kalifa genervt. „Selbst als Mann wäre Robin kultivierter!“
 

„Kommt auf die Situation an! Oder wir waren unterwegs und sind von Idioten angepöbelt worden“, brummte Franky. „Habt ihr eine bessere Idee? Ernsthaft. Ich bin nie in dieser Situation gewesen!“ Hastig gestikulierte er mit Armen und Beinen und Zorro konnte bloß nicken. Für solche Ratschläge war auch er der falsche Mann.
 

„Wir machen’s plump. Wie ich euch gesagt habe, habe ich eine Woche Urlaub und fliege nach Spanien. Ihr wisst, die Heimat besuchen, alte Freunde treffen und sich daran erinnern, warum ich Venedig liebe.“
 

„Warum fliegst du dann überhaupt hin?“, hinterfragte Kaku verwirrt, was Kalifa einfach unkommentiert abwinkte.
 

„Inwiefern hilft deine Reise?“ Zorro kratzte sich nachdenklich am Nacken. Wenn sie in den Urlaub reiste, dann half Robin das kaum weiter. Immerhin blieb sie zurück und da schoss es ihm. „Oh! Sie soll mit! Aber warum?“
 

„Du hast mitgedacht. Schön!“, lächelte die Blonde sacht, klatschte vergnügt in die Hände, woraufhin Franky merklich zuckte. „Robin wird mich begleiten. Offiziell. Inoffiziell kann sie bei dir bleiben und sich ausruhen oder, oder sie kommt tatsächlich mit.“
 

„Weil du Flugangst hast und sie deine Hand halten muss?“ Skeptisch blickte Franky durch die Runde.
 

„Wäre furchtbar!“, kommentierte Kaku belustigt.
 

„Hat sie der Kleinen einen Grund genannt?“, wurde Zorro gefragt, der verneinend den Kopf schüttelte. „Perfekt. Nehmen wir an, ich habe davon erfahren, dass ein Freund oder von mir aus ein erfundenes Familienmitglied gestorben ist. Vollkommen überfordert, habe ich sie regelrecht überfallen. Robin ist meine allerteuerste Freundin, natürlich brauche ich sie in den schweren Stunden an meiner Seite. Eine Kurzschlussreaktion. Ein Last-Minute-Flug und Robin sitzt mit mir in Barcelona fest.“
 

„Und Robin hat sich breitschlagen lassen und nie daran gedacht, ihrer Freundin Bescheid zu geben? Wirklich?“, brummte Franky vollkommen abgeneigt.
 

„Dann hab ich halt ihr Handy geklaut und mein Gott, zur Not entschuldige ich mich dafür, weil ich Robin nicht die Möglichkeit gegeben habe, es ihr zu erklären.“
 

„Sollte sie lieber sagen, Kalifa hätte sie entführt. Ist realistischer“, trällerte Franky provokant.
 

„Ich hab wenigstens eine halbwegs brauchbare Idee!“, zischte sie dem Mann entgegen.
 

„Eine bescheuerte!“
 

„Stimmt. Eine Schlägerei ist wesentlich besser!“
 

„Auf jeden Fall realistischer! Als ob Robin wortlos in ein Flugzeug steigt!“
 

„Recht hat er“, kommentierte Zorro zustimmend. „Soweit ich weiß, hat ihr Robin immer abgesagt und Bescheid gegeben, wo sie unterwegs ist.“ Obwohl er gegen den Lebensstil der vier war, ihn ganz und gar nicht teilte, wusste er um ihre Gefühle. In der Bar bekam Zorro sehr viel mit, er besaß eine hervorragende Beobachtungsgabe. Namis Nähe hatte Robin verändert. „Soll das klappen, dann müssen realistische – wirklich realistische – Vorschläge her.“
 

„Warum tust du das?“, warf Kalifa neugierig ein. „Du hast erfahren, was wir nebenbei machen und die Kleine ist mit dir befreundet. Warum hilfst du?“ Drei Augenpaare ruhten forschend auf ihm, aber Unbehagen fühlte Zorro nicht. Im Grunde eine berechtigte Frage, immerhin galt seine Loyalität in erster Linie anderen, aber gleichzeitig fühlte er sich schuldig.
 

„Ihr habt mir geholfen.“ Seine Schultern zuckten und er blickte wieder zur Karavelle. „Ihr habt euch in Gefahr gebracht. Für Bonney. Ihr alle.“ Weil er keine Chance hatte, hatte er Franky um Hilfe gebeten. Niemand hatte sie gezwungen, sie hätten nichts tun können, sich einfach raushalten. Stattdessen reisten sie hinterher und befreiten Bonney. „Nami ist meine Freundin und im Notfall stehe ich immer hinter ihr. Keine Ahnung was sich Robin dabei denkt. Irgendwann wird Nami hinter das Geheimnis kommen. Und es kotzt mich an, dass ich ungewollt hinein gezogen worden bin und die Klappe halten muss. Nicht direkt euretwegen. Ob ihr mich tötet ist mir gleich. Bonney ist in Sicherheit. Aber“, und dabei deutete er zur Decke hoch, „liebt Nami diese Frau und ich fühle mich schuldig. Ich hab Franky angerufen und ihr seid hinterher. Ich bin euch dankbar, versteht ihr? Und dementsprechend stehe ich in eurer Schuld. Lasst mich auf diese Weise helfen. Ein einziges Mal. Ansonsten möchte ich nichts mit euren Leben am Hut haben!“
 

„Autounfall“, meinte Kaku plötzlich, ohne auf das vorher Gesagte einzugehen. „Was? Wir stehen ohne Ideen da und sieh dich an, Franky, du siehst scheiße aus.“
 

„Ignorier ihn“, lächelte Kalifa auf Zorro verdutzten Blick hin. „Mich hat lediglich interessiert, was dich antreibt uns zu helfen. Und keine Sorge, wir haben nicht vor dich näher in unser Leben einzubinden.“
 

„Gratisgetränke reichen mir. War ja ein Freundschaftsdienst“, witzelte nun Franky und bei dem Stichwort stöhnte Zorro auf. Das gab Probleme. Eigentlich sollte er längst hinter dem Tresen stehen. Als ob Franky verstand, klopfte er ihm aufmunternd auf die Schulter. „Keine Sorge, hab Bruno angerufen. Nach dem Abschied und so, da dachte ich schon, dass das kommt.“
 

„Bruno ist eingeweiht“, bemerkte Kaku, „somit musst du dir um heute Abend keine Gedanken machen.“

Ungläubig schüttelte Zorro seinen Kopf, der allmählich unangenehm stach. Plötzlich stand er wirklich in einer vollkommen neuen Welt. Einer unbekannten, die erschreckend nahe neben seiner gewandelt war. Dagegen kam ihm Ace, Ruffys Bruder, den sie selten zu Gesicht bekamen, fast schon unschuldig rüber.
 

„Autounfall, richtig?“, nahm er somit Kakus Vorschlag wieder auf, bevor ihm diese Gedanken zu sehr einnahmen. „Stellt sich die Frage, was ihr getrieben habt?“
 

„Damit ich mir eine Predigt anhören kann, dass ich Robin fast umgebracht habe? Soll lieber Kalifa den Buhmann spielen!“
 

„Du bist ein toller Freund! Der Vorschlag ist jedenfalls besser als deiner“, giftete Kalifa.
 

„Gröbere Autounfälle werden gerne publik gemacht“, gab Franky zu verstehen, „und zudem sehen wir eher nach einer Schlägerei aus – was ja passiert ist – und nicht nach einem Kuss mit dem Laternenpfahl!“ Missmutig stieß er laut seinen Atem aus. „Und warum zum Teufel waren wir überhaupt außerhalb der Stadt unterwegs?! Wir brauchen eine lückenlose Geschichte und kein Märchen!“
 

„Schon, aber habt ihr die Schlagzeilen übersehen? Alle sprechen über den Brand in Ferrara! Euer Unfall ist halt untergegangen.“
 

„Und zu den Gesichtsverletzungen – Airbag! Der Dreck kann dich im schlimmsten Fall mehr verletzen als der Unfall selbst!“, erklärte Kaku grinsend.
 

„Ein Grund wäre hilfreich. Immerhin hat Robin kurzfristig abgesagt. Nami kann ich anschließend anrufen. Oder habt ihr ihre Nummer?“ Ob das funktionierte, bezweifelte Zorro, aber hielten sie, und hierbei handelte es sich wahrhaft um die einzige Ausnahme, zusammen, dann würde Nami weniger Fragen stellen.

Für Bonneys Rettung war er Robin einfach etwas schuldig.
 

„Okay“, stieß Franky seufzend aus. „Abgesehen von der Wahrheit, gibt es weitere Vorschläge? Ansonsten konzentrieren wir uns wohl oder übel auf einen Autounfall … super.“
 

× ×
 

„Hey. Hoffentlich habt euch die Bäuche nicht mit Blödsinn vollgestopft!“, rief Sanji, der sich vollgepackt durch die Tür schlängelte. Irgendwie schlüpfte er aus seinen Schuhen und steuerte schnurstracks auf die Küche zu. „Hallo?“ Im Wohnzimmer hatte er durchaus den Lichtschein erkannt, also musste jemand zu Hause sein.

Als Sanji den Schalter in der Küche betätigte, blieb er jedoch ruckartig stehen und konnte gerade noch die Einkäufe halten. Geschockt klappte sein Mund auf. Sein Reich glich einem Schlachtfeld.
 

„Sanji!“, wurde er brüllend von einem Tobsuchtsanfall abgelenkt und zusätzlich fast zu Boden gerissen, als ihm der Übeltäter aus dem Nichts heraus auf den Rücken sprang. „Da bist du endlich. Ich bin am Verhungern!“, jammerte Ruffy übertrieben. Der Klammergriff festigte sich, der Kopf wurde nach vorne gestreckt. „Ist da Fleisch drin? Ich brauche Fleisch!“
 

„Runter!“, knurrte der Koch wütend, schüttelte den anderen grob ab. Erbost stellte er die Tüten auf der Arbeitsfläche ab. „Erklär mir lieber diese Sauerei!“ Dabei warf Sanji einen vielsagenden Blick über seine rechte Schulter – er duldete keine billige Ausrede.
 

„Ich hab Hunger bekommen und sonst macht mir ja Bonney eine Kleinigkeit“, gestand Ruffy, das wusste Sanji, wahrheitsgetreu. Deshalb hatte er eigentlich Kochverbot, eben weil er nur eine Sauerei zurückließ und die Lebensmittel dementsprechend auch gern vergeudete.
 

„Warum bist du nicht um die Ecke und hast dir Essen geholt?“
 

„Weil ich zu schwach war. Ich hab nichts Ordentliches gegessen!“

Sanji musste mehrmals tief durchatmen. Manchmal glaubte er vielmehr, er kümmerte sich um ein Kind, als um einen erwachsenen Mann.

„Hast du Bonney gesehen?“
 

„Ich komme gerade von der Arbeit – was ist los?“
 

„Sie reagiert weder auf Anrufe noch Nachrichten.“
 

„Vielleicht ist sie einfach beschäftigt. Mach mir eher Sorgen um den Grünschädel. War heut schon um fünf außer Haus.“
 

„Den ganzen Tag? Hab sie gestern beim Essen das letzte Mal gesehen!“

Skeptisch hielt Sanji mit dem Ausräumen inne. Zorro hatte er ebenfalls seit dem Essen nicht mehr gesehen. Wenn er darüber nachdachte, dann … Sanji lachte. Nie im Leben. Als ob ein gemeinsamer Grund dahinter lag und sich Bonney auf ihn einließ.
 

„Mach dir keinen Kopf. Bonney hat bestimmt eine Verabredung und hat auf alles andere vergessen.“ Und der Spinatschädel musste wohl einfach früher raus. Darauf hoffte Sanji.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dark777
2018-04-24T19:05:12+00:00 24.04.2018 21:05
Ich frage mich langsam, ob Ruffy nicht eine größere Rolle einnehmen und alle überraschen wird oder er der Dussel bleibt.

Mir haben die langen Überlegungen von Robins Kumpanen gefallen, um ihre Verletzungen halbwegs erklären zu können. Das macht das Ganze gleich noch realistischer und man sieht, wie viel Mühe du in eine sinnvolle Umsetzung der Geschichte steckst.

Das Kapitel hat mir wieder sehr gut gefallen, ich freue mich schon aufs Nächste!

V(~_^)
Von:  Leilans
2018-02-23T19:40:58+00:00 23.02.2018 20:40
Good chapter


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