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The Darkness Inside Me

von

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Vero o falso?


 

Wahr oder falsch?

16. Februar 2013

„Und du erwartest dir einen Dank?“ Wäre sie doch bloß gegangen. Stattdessen hatte sie den Köder geschluckt, war geblieben und hatte ihn angehört. Hatte schweigend zugehört, wie er eine Bombe platzen ließ, deren Auswirkungen nicht einschätzbar waren.

Zwar schrien all seine Worte nach einem kranken Scherz, doch Laws Auftreten – Nami kam nicht Drumherum, etwas in ihr sprang an, hinderte sie weiterhin am Gehen. „Warum soll ich dir den Mist abkaufen? Das ist verrückt!“

„Das ist der Schock“, stellte er nüchtern fest, „eine natürliche Reaktion.“ Schock. Mehr fiel ihm nicht ein? Entsprach alles, das er offen gelegt hatte, der Wahrheit … fahrig strich sich Nami durchs Haar. In diesem Fall stellte ein Schock das geringste Übel dar. Immerhin beschuldigte er Robin des Mordes. Allein der Gedanke, dass ihre Freundin für Geld tötete – welche Reaktion erwartete sich Law? Existierte überhaupt eine angemessene? Oder glaubte er allen Ernstes, sie nahm seine Ausführung ohne Zweifel hin? Zeigte sich dankbar und beriet die nächsten Schritte?

Und nicht nur Robin, auch ihre Freunde. Franky, Kalifa, Kaku, von ihnen existierten genauso Unterlagen. Dennoch fiel das Interesse ihnen gegenüber überraschend gering aus. Nami schob die drei kinderleicht zur Seite, aber Robin? Ausgerechnet ihre Freundin? Nein, das wollte sie ganz und gar nicht verstehen, schon gar nicht wahrhaben.

„Gut, nehmen wir an, du sagst die Wahrheit. Warum tust du mir das an?“, begann Nami schließlich, wohl wissend, er würde sich sowieso nicht auf einen anderen Standpunkt einlassen. „Du überfällst mich aus dem Nichts heraus. Unterbreitest mir das angebliche Doppelleben meiner Freundin. Robin geht dich nichts an. Warum also kümmert dich ihr Tun?“ Lüge oder Wahrheit, was es auch war, es lag nicht an Law es aufzudecken. Im Grunde nahm er sich lediglich das Recht, ihr Glück ins Wanken zu bringen. Während sich Nami bereits auf eine selbstgefällige Antwort gefasst machte, wurden seine Züge ungewöhnlich sanft.

„Ob du mir glaubst oder nicht, ich sorge mich um dich.“

„Mit dem Hintergedanken, dass ich mich dir ängstlich um den Hals werfe?“, giftete Nami, woraufhin er verneinend den Kopf schüttelte.

„Ich mag bei deiner Ex ein Spiel getrieben haben, doch in diesem Fall? Nami, darüber macht man keine Scherze. Wärst du mir egal, könnte ich die Informationen noch ignorieren und dabei zu sehen. Aber so? Ich will dich schützen!“

„Indem du mir sagst, meine Freundin tötet reihenweise Menschen? Was kommt noch? Stehe ich auf ihrer Liste?“

„Irgendwann, ja. Im Gegensatz zu dir, habe ich mit einem davon zusammen gearbeitet. Ich weiß, wie diese Leute ticken. In ihrer Nähe bist du nie sicher!“
 

Schwer atmete Nami durch, lag ein ungewohnt beklemmender Druck auf ihrer Brust. Seit Stunden saß sie zurückgezogen auf ihrem Bett, wünschend das Gespräche wäre bloß ein miserabler Traum gewesen. Leider entsprang der vor ihr liegende Ordner keinem Albtraum, jedenfalls nicht im eigentlichen Sinn. Eher der brutalen, niederschmetternden Realität, der ihre kleine, aber liebgewonnene Welt mit einem Schlag bedrohlich ins Wanken brachte. Die darin befindlichen Unterlagen, zusammen mit ihrem Smartphone und Kalenderbuch.

Während des Gespräches hatte Nami all seine Versuche abgeblockt, ihm stets widersprochen. Erst am Heimweg hatten sich ihre Gedanken endgültig selbstständig gemacht, ihre Nerven und Gefühle auf die erste Härteprobe getestet, mit dem einfachen Durchforsten von Erinnerungen – Robins Reisen, allen voran die Geschehnisse innerhalb des Zeitraumes. Je nach Ziel informierte sich Nami näher, verfolgte auch während des Aufenthaltes sämtliche Nachrichten. Natürlich ohne Robin in Kenntnis gesetzt zu haben. Der Auslöser lag Monate zurück, der Mord eines aufstrebenden Politikers hatte Unruhen ausgelöst, woraufhin sie das erste Mal in Sorge gewesen war. Und obwohl ihr Wissen nichts änderte und sich Robin nicht abhalten ließ, holte sich Nami einen genauen Überblick ein. Darin fanden Zweifel Nahrung. Umso mehr schmerzten plötzlich die Anrufe, das Nachhaken war Robin wieder in einen Krisenherd gereist.

Natürlich blieb die Skepsis aufrecht und Nami hoffte weiterhin auf eine perfide ausgedachte Lüge, einzig und allein auf das Scheitern der Beziehung ausgelegt – ein verlockender, wünschenswerter Gedanke, leider mit einem verdammt plausiblen Haken: Sofern kein Privatdetektiv angeheuert worden war, dürfte Law keinen solch genauen Überblick haben, denn manche Details waren erschreckend.
 

„Was macht dich besser?“

„Nichts“, gestand Law offen. „Ich habe Lucci unterstützt, bei Vertuschungen geholfen. Manchmal aus Angst – bei ihm hattest du nie Zweifel, dir war stets bewusst, er könnte dich jederzeit töten – manchmal aus eigenem Interesse. Er half mir.“ Dabei wich Law zum ersten Mal nach langem ihrem Blick aus. „Niemand anderes bot mir die nötigen Informationen, eine Chance auf Rache. Dass du das nicht verstehst, ist mir klar und ich ziehe, wenn notwendig, auch die Konsequenzen.“ Wehmütig lächelte Law. „Neben den Dokumenten hat er mir auch ein letztes Puzzlestück zukommen lassen. Ich kann dieses Monster stürzen. Wird schwer, immerhin hat er einflussreiche Freunde, aber kommt er, wenn ich alles richtig mache, in Bedrängnis.“

„Verstehst du überhaupt, was du damit anrichtest?“, fragte sie leise, ohne näher auf das Gesagte einzugehen.

„Du bist diejenige, die nicht versteht. Ich gebe dir eine Wahl“, sagte er bestimmend, „während ich meinen Weg bewusst gewählt habe, wirst du im Dunklen gelassen. Hast du eine Ahnung was geschieht, wenn Nico versagt oder an die falschen Leute gerät? Oder sich schlichtweg absichern muss?“

„Das schließt dich genauso ein!“, unterbrach Nami eisig. Wo gab er ihr eine Wahl? Law hatte entschieden. „Wie du gesagt hast, ihr ähnelt euch. Wie Robin hast auch du nie aufgehört.“ Das Einzige, was sie nach diesen Informationen, sofern sie ihnen tatsächlich Glauben schenken sollte, endgültig verstand, war Robins langes Zögern. Jedenfalls erschien es Nami als plausibler Grund. Die vielen Andeutungen erhielten eine vollkommen neue Bedeutung.

Hinzu kam die Haltung Law gegenüber. Hatte Robin damals, in jener Nacht nach dem Gespräch in Brunos Bar, tatsächlich eine indirekte Warnung ausgesprochen? War sie deshalb so in ihre Einstellung verbissen gewesen? Langsam schloss Nami die Augen, übte leichten Druck auf ihre rechte Schläfe aus. Sie bekam Kopfschmerzen.

„Die Liebe ist immer ein großes Risiko“, antwortete er gelassener, zuckte mit den Schultern. „Wenigstens habe ich niemanden getötet, nicht bei purem Bewusstsein, um Geld zu scheffeln.“

„Du bist nicht besser.“ Noch gab Nami nicht nach, noch kämpfte selbst ihr Verstand gegen die Anschuldigungen. Denn wie verdammt, wie hatte sie sich so einem Menschen täuschen können?

„Siehe in mir, was immer du möchtest, aber im Gegensatz zu mir hast du noch Familie“, wurde er bissiger, zeigte erstmals offen Wut. „Meine wurde mir auf brutale Weise entrissen und der Mann, der dafür verantwortlich ist, läuft bis heute frei herum.“

„Du hast gesagt, Corazon sei sein Bruder. Wenn er schon machtlos ist, was willst du ausrichten? Oder sollte Lucci ihn für dich töten? Stellst ihn auf ein mächtiges Podest, wo er einfach so aus dem Weg geräumt worden ist.“

„Wärst du an meiner Stelle – sei ehrlich, du würdest nicht vergeben, die Situation nicht akzeptieren.“

„Gut, ich verstehe deinen Wunsch auf Rache, aber solltest du nach all dem nicht eher wissen, wie unmöglich dein Vorhaben ist? Überhaupt, was ändert sein Tod? Bringt er dir deine Familie zurück? Nein. Habe eher das Gefühl du haderst mit deinem Überleben.“

Law wollte antworten, Nami sah es an seiner Reaktion, doch schwieg er. Ergriff stattdessen das Glas Whiskey.
 

Dass Robin alles andere als unkompliziert war, stand außer Frage. Bis heute fand Nami kein Universalrezept, doch hatte sie gelernt auf Zeichen zu achten. Dennoch, oft genug biss sie sich die Zähne aus, sie ging lediglich besser mit allem um.

Verschwiegen, kaum durchschaubar hin oder her, ein solches Geheimnis bewahren … allein der Gedanke hinterließ einen kalten Schauer. Wie um alles in der Welt stellte Robin das an?

Dabei blieb Namis Blick erneut an dem einen Namen hängen, der den Boden bröckeln ließ.

Capone.

Absurd.

»Die Polizei versucht wohl herauszufinden, ob sein Tod ein Unfall oder gar Mord war – Da kann schnell jemand die Schnauze voll haben und dich aus dem Weg räumen – Vielleicht kannte er den Täter – Man muss nur wissen wie«, hallten Vivis Worte.

An jenem Abend hatte sie Robin nicht nur wiedergesehen, sie hatte Nami den Abend gerettet, ihr Venedig ein wenig näher gebracht und anschließend nach Hause begleitet. Nie hatte Nami hinterfragt, warum Robin ohne Begleitung erschienen war. Tat Robin nie, auch heute nicht. Der Öffentlichkeit gewährte Robin keine Einblicke, hielt ihr Privatleben rigoros unter Verschluss. Ein Punkt, der in diesem Fall keine wesentliche Rolle spielte, nicht zu Zweifel führte.

Eher beschäftigte Nami eben die Frage, woher Law von dem Abend wusste. Nami hatte ihn, abgesehen ihren Freunden gegenüber, nie erwähnt. Niemand aus der Familie wusste davon, auch Rebecca nicht. Und je länger sie darüber nachdachte desto schlimmer wurde ihre Befürchtung – es wurde realer. Es waren eben Kleinigkeiten, die nach und nach zum Umdenken führten.

Genauso wenig verstand Nami, wie ein Mord so einfach von der Hand ging und federleicht abgeschüttelt werden konnte. Niemals hätte Robins Art einen Zweifel oder ein ungutes Gefühl aufkommen lassen. Im Gegenteil, Nami hatte jede Minute ausgekostet. Nun fand sie Capone auf der Liste angeführt, obwohl offiziell von einem Herzinfarkt die Rede war. Wobei Nami die Wahrheit kannte, die wahren Hintergründe hatten die Behörden bewusst verschwiegen, erst Vivi hatte die Umstände seines Todes näher erläutert: Vergiftet. Ein Zufall zu viel.
 

Auch der Rest passte irgendwie zusammen. Waren es eben Robins Reisen oder kurzfristige Absagen, die Daten stimmten überein.

Lediglich zwei markante Tage blieben offen. Da war der Autounfall und die Nacht auf den Einunddreißigsten, an dem Robin laut ihren Worten Franky aufs Festland zur Feier eines alten Freundes begleitet hatte. Doch statt, wie versprochen, gegen Mittag zurückzukehren, hatte sich Robin erst zwei Tage darauf wieder gemeldet.

Entsprach der Unfall keiner Lüge, mittlerweile fiel ihr schwer zu erkennen, was wahr und falsch war, und Robin hatte gelogen … Vivi hätte erneut ins Schwarze getroffen, erneut die richtigen Riecher bewiesen.

»Der Brand in Ferrara. Dann haut Bonney ab. Zufällig hat Zorro frei. Und deine Freundin ist diejenige, die alles getoppt hat – alles an einem Tag!« Zum damaligen Zeitpunkt hatte Nami jeden Gedanken daran abgeschüttelt. Gut, im Anschluss hatte sie den einen oder anderen Gedanken zugelassen, eben weil genügend binnen einem Tag vorgefallen war, doch am Ende hatte sich einzig und allein die Sorge um Robin (und die Wut auf Franky) durchgesetzt. Schließlich hatte Robin keinen Anlass für Zweifel gegeben.

Nun waren die Karten neu gemischt. »Vielleicht frage ich bei Franky und Kaku nach – Sie haben gewisse Kontakte.« Zorro hatte von einem Mann gesprochen, dessen Name er ihr nicht sagen wollte, der berüchtigt war. Eine Beschreibung die zu dem merkwürdigen Kerl in Ferrara passte. Die Tatsache, dass Bonney nicht an Paranoia litt. Was, wenn tatsächlich ein Zusammenhang existierte? Was dann? Verzweifelt lachte Nami, vergrub dabei das Gesicht in ihren bebenden Händen.

Ja, was dann?
 

„Ein Trick?“ Nami traute dem Ganzen nicht. Niemand gab seinen einzigen Trumpf leichtfertig aus der Hand, schon gar nicht in einem ernsten Fall wie diesem. „Bringst du Kopien in Umlauf sofern ich still halte?“ Law wollte ihr den Ordner überlassen, einfach so. Kein Wunder, dass sie skeptisch war.

„Nein“, wandte er sogleich mit gehobener Augenbraue ein. „Was du daraus machst, ist allein deine Entscheidung.“ Ungläubig lehnte Nami zurück, schüttelte immer wieder den Kopf. „Sieh dir die Berichte in Ruhe durch und behalt im Hinterkopf, was in deinem Umfeld geschieht. Sie sind gefährlich.“

„Dein Handeln bringt mich eher in Gefahr!“ Hatte er eine Sekunde darüber nachgedacht, was geschah, wenn alles der Wahrheit entsprach und Robin herausfand, das Nami Bescheid wusste? Law sprach von kaltblütigem Handeln der Gruppe. Statt sie zu beschützen, präsentierte er Nami eher auf dem silbernen Tablett.

„Wissen ist Macht, Nami. Du musst es nur richtig einsetzen.“

„Hat sich dein Freund auch gedacht, was?“ Damit beendete sie das Gespräch, sah keinen Grund länger zu bleiben, wo sie allmählich begannen, sich unnötig im Kreis zu drehen. Dennoch, obwohl ihr der Gedanke gekommen war, ihm mit dem Ignorieren eindeutige Signale zu senden, entschied sie sich nach kurzem Hadern den Ordner mitzunehmen. Nami brauchte ihn gar nicht anzusehen, ihr war bewusst, was er anhand dessen dachte. Er fuhr einen Sieg ein, wenn auch nur einen kleinen.

„Ich bleibe ein paar Tage“, rief Law noch hinterher, doch warf Nami weder einen Blick zurück, noch gab sie eine Antwort. Für einen Augenblick hörte sie lediglich ihren nervösen Herzschlag und spürte ein beklemmendes Gefühl in ihrer Brust.

Das Treffen hatte ihre Tag vollkommen ruiniert, hiernach konnte und wollte sich Nami nicht bei ihren Freunden blicken lassen. Die Verabredung sagte sie definitiv ab, und heute hatte sie sowieso Glück, denn Vivi war selbst unterwegs, das hieß, Nami konnte sich seelenruhig auf ihr Zimmer zurückziehen. Sich ein eigenes Bild machen.

Doch unweigerlich stand die Frage im Raum, was geschah, sollte er Recht behalten. Was tat sie dann oder besser gesagt, wie sollte sie überhaupt erst mit all dem zurechtkommen? Hatte Law daran gedacht?

Der Boden wies deutliche Rissen auf, wurde instabil und ein schmerzhaftes Gefühl sagte, dass jeder weitere Schritt reichte und zum Nachgeben führte.
 

× ×
 

Flucht – so ließ sich der plötzliche Aufbruch erklären. Während Nami einen Teil der Dokumente gerade noch verschwinden lassen konnte, war Vivi bestgelaunt nach Hause gekommen. Das rasche Abblocken und Verschwinden ließen Vivi garantiert aufhorchen. Nami kannte ihre Freundin, doch damit setzte sie sich gegebenenfalls am nächsten Tag auseinander. Auf welche Weise auch immer.

Momentan stand Wichtigeres im Vordergrund und nach allem, bei all den unzähligen Möglichkeiten hatten sie ihre Beine ausgerechnet hierher geführt – zu Robin, dabei trat Nami unschlüssig auf der Stelle.

Vor einer Weile schon hatte sie einen Schlüssel erhalten, sie hatte freien Zugang zum Haus. Wobei sie bislang nur dort gewesen war, wenn sie erwartet wurde. Einzig zum Geburtstag hatte sie sich früher hierher begeben, alles für die Überraschung vorbereitet. Irgendwie fühlte sie ein leichtes Unbehagen, wenn sie nun hier stand, die Möglichkeit besaß einfach hinein zu gehen, sich frei umzusehen. Und seit Nami angekommen war, spürte sie die Versuchung. Noch widerstand sie dieser, nahm stattdessen, trotz der so schon beißenden Kälte, auf der obersten Stufe Platz.

Immerhin verstand sie das Ganze dank der Möglichkeit zum Schnüffeln noch weniger. Denn warum den Schlüssel weiterreichen, wenn dort ein Geheimnis wartete, das niemand lüften durfte? Dieser Schritt sprach eher von Vertrauen, nicht von einer etwaigen Sorge. Oder existierte diese Option in Robins Augen schlichtweg nicht? Wog sich anderweitig in Sicherheit? Wenn es etwas gab, das es zu verstecken galt, hatte Robin höchstwahrscheinlich genügend Optionen, brauchte nichts zu Hause verbergen. Dann wäre ein Suchen reine Zeitverschwendung und Nami brauchte sich nicht mit ihrem Gewissen auseinanderzusetzen.

Andererseits machte das Offensichtliche blind.
 

Ausgelaugt lag sie da, starrte ins Leere, während die Gedanken unaufhörlich um dieses eine schmerzhafte, aber insbesondere nervenaufreibende Thema kreisten. Minute um Minute, das seit Stunden, es hörte nicht auf.

Denn mittlerweile schob sich ein neues Problem in den Vordergrund: Wie sah der nächste Schritt aus? Was machte sie mit dem Wissen? Ignorieren, darauf pochte vorwiegend ihr Verstand, durfte sie auf keinen Fall. Nicht tun, als wäre alles beim Alten, als hätte sie nie davon gehört.

Das Herz hingegen wehrte sich auf eigene Weise. Gefühle verblassten nicht binnen Stunden, egal was sie hörte oder las, sie existierten weiter und in diesem Fall traf sie eine bittere Erkenntnis: Nami war Robin ganz und gar verfallen allein die Vorstellung diese Liebe aufzugeben, schmerzte.

Erst ein Anruf ließ sie aus den Gedanken hochschrecken, ihren Herzschlag bedeutend schneller werden. Nami brauchte nicht hinsehen, brauchte nicht den Namen lesen, um zu wissen, wer anrief. Dabei fühlte sich das rasche Schlagen zum ersten Mal nicht nur nach der sonstigen Vorfreude an sondern nach … nach was? Panik? Wut? Enttäuschung? Alles zusammen?

Annehmen – Ablehnen – Ignorieren.

Für diesen Tag wäre Ignorieren die beste Lösung. Eine Nacht darüber schlafen, die Gedanken sortieren und dann erst ein Gespräch in Erwägung ziehen. In welche Richtung auch immer. In der derzeitigen Verfassung war sie für Robin ein gefundenes Fressen, zeitgleich war Nami nicht in der Lage ihre eigene Reaktion einzuschätzen und dennoch...

„Scheiße!“, fluchte sie gepresst. Belügen war zwecklos. Natürlich sehnte sich ein Teil genauso sehr nach Robin. Wenn die körperliche Nähe schon fehlte, wollte sie wenigstens ihre Stimme hören. Ein törichter Wunsch, obgleich die Bestätigung ausblieb. Noch durfte sie der Sehnsucht nachgeben, sich an die Illusion klammern, noch existierte Hoffnung.

Warum zitterte also ihr Daumen, als sie kurz davor war, abzuheben?

Vielleicht, weil sie nicht wusste, was geschah, sobald sie die Stimme vernahm. Was, wenn sie offen aussprach, was ihr zugetragen worden war? Was, wenn aber das Herz gewann und sie für ein paar Minuten vergaß, sich auf das gewohnte Telefonat einließ? Ein Gefühl der Normalität, das sämtliche Bedenken in den Hintergrund schob.

Stille.

Robin hatte aufgelegt.
 

Seither waren knapp zwei Stunden vergangen. Robin würde sich noch nichts dabei denken, schließlich hatte Nami schon mal den einen oder anderen Anruf überhört gehabt oder war noch unterwegs gewesen. Erst wenn sie die Nacht verstreichen ließ, kamen Fragen auf. Denn was bei Robin schon mal vorkommen konnte, war für Nami untypisch.

Bring’s hinter dich, riet eine leise Stimme. Zurückrufen erschien ohnehin als einzig richtige Option. Ohne drehte sie sich im Kreis und vielleicht, darauf hoffte sie insgeheim, gab ihr das Gespräch den Weg vor. Denn je länger sich Nami gegen die Anschuldigungen wehrte, desto stärker wurde das Gefühl das alles der Wahrheit entsprach.
 

Eine verräterische Wärme breitete sich beim Hören ihrer Stimme aus und für einen Bruchteil verschwand all der Kummer, es war wie immer. Bis sich plötzlich eine andere Regung kampfeslustig dazwischen schob. Eine unbekannte Abneigung, die Nami nicht kannte. Nicht bei Robin. Beide rangen miteinander, beide wollten die Oberhand und Nami schluckte schwer, bevor sie ein Wort hervor brachte.

„Ich war beschäftigt.“ Keine Lüge, dennoch schwang ein gefährlicher Unterton mit. Wenn Nami schon nicht wusste, was ihre Freundin genau trieb, so wusste sie in diesem Moment sehr wohl, was sich die andere dachte. Manch einer würde den Unterschied nicht merken, doch tat sie es auf der Stelle. Das merkte Nami am kurzen Zögern, an der Weise wie sie sprach und schließlich offen fragte, was vorgefallen war.

Robin kannte und durchschaute sie, als las sie in einem Buch. Seit sie ein Paar waren, hatte es Nami nie gestört. Verstellen war nicht notwendig. Egal ob sie glücklich oder traurig, wütend oder lediglich müde war, Robin erkannte sofort, manchmal auf beängstigende Weise, was los war. „Lass uns reden.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dark777
2020-03-01T19:21:34+00:00 01.03.2020 20:21
Jetzt wurde der Stein ins Rollen gebracht und es gibt kein zurück mehr. Dass Law Nami einfach so die Geheimnisse verrät und ihr diesen dubiosen Ordner mitgibt, kann doch wohl nicht wirklich zum Wohle von Nami geschehen. Nami beschützen zu wollen verstehe ich, aber dieses Vorgehen ist einfach verantwortungslos. Wären Robin und Co. tatsächlich solche gefühllosen Killermaschinen, würde Nami nicht sehr lange überleben. Das bringt mich widerum zu Nami. Sie hat nun selbstverständlich Zweifel an Robin, liebt sie aber dennoch. Trotzdem würde ich es doch nicht riskieren, diese Anschuldigungen auszusprechen bzw. mich bewusst in Gefahr zu begeben. Auch wenn sie Robin über alles liebt (und umgekehrt), muss sie doch bei so einem „Beruf“ davon ausgehen, dass sie aus Selbstschutz kaltgemacht wird.

Namis größer werdende Zweifel hast du gut rübergebracht, wie immer sehr gelungen V(~_^).


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