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The Warning!

von

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Umgeben von Schlangen

- Kapitel vier -


 

Die letzte Nacht war ziemlich kurz. Hermine hatte sich mehrmals hin- und hergewälzt. Viele Gedanken versuchten sich in ihrem Kopf einzunisten, und sie wollten, dass Hermine gezielt darüber nachdachte. Nicht einmal ein ruhiger Schlaf wurde ihr gegönnt. Man wollte sie wirklich und wahrhaftig quälen. Sie putzte sich die Zähne sorgsam und schaffte es sogar, ihre Haare zu bändigen, die abschließend zu einem glatten Pferdeschwanz zusammengebunden wurden, ehe sie in den Gemeinschaftsraum ging, um nachzusehen, ob Harry und Ron schon hier waren, aber der Raum war leer... Niemand war hier gewesen und Ginny war auch nicht im Schlafsaal, was soviel hieß, dass sie schon am Frühstückstisch sitzen musste.
 

Wieso hatte Ginny sie nicht geweckt? Dann hätten sie zusammen zum Frühstück gehen können. 
 

Übermorgen würde sie ins Ministerium apparieren und mit Malfoy zusammen arbeiten müssen. Heute Abend sollte sie sich auch mit Malfoy vor dem Raum der Wünsche treffen. Von wegen. Er könnte warten, bis er schwarz war. Er könnte sich auf den Kopf stellen und irgendeinen Tanz aufführen. Sie würde seinen Forderungen nicht nachkommen. Nicht heute, nicht morgen. Nein, überhaupt gar nicht. Immer noch regte Hermine sich darüber auf, was ihm einfiel, so etwas von ihr zu verlangen, ja, gar ihr zu befehlen. 
 

Es musste sich um einen üblen Scherz handeln. Sicher saß er im Gemeinschaftsrum und lachte sich scheckig, weil er glaubte, sie wäre so naiv und er hätte sie eingeschüchtert. Bekanntlich fraß der Teufel in der Not Fliege und Hermine wusste sich zu helfen - sofern er sie nicht wieder hinterrücks angreifen würde.
 

Sie erreichte die große Halle und sah Ginny schon am Tisch sitzen – mit Blaise... Kurz stocke Hermine der Atem. Sie schloss ihre Augen, als sie am Portal inne hielt und blinzelte daraufhin mehrmals, nur um erneut festzustellen, dass Blaise Zabini neben Ginny saß. Tatsächlich und wahrhaftig saß der dunkelhäutige Slytherin neben Hermines bester Freundin. Warum?
 

Schnaubend beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie am Tisch der Gryffindors ankam. „Ginny?“, fragte Hermine gehetzt und sah in das geschockte Gesicht ihrer besten Freundin. Nun, Hermine war auch geschockt, da sich ihr Verdacht zu bestätigen schien, was Malfoy anging... 
 

„Hermine!“, erklang Ginnys Stimme, mehrere Tonlagen höher als gewohnt. „Du bist schon auf?“ Verlegen wich sie Hermines Blick aus und suchte Hilfe bei Blaise, doch dieser stand auf und schaute zu Hermine hinab. Er überragte Hermine um zwei Köpfe.
 

„Na, Granger? Alles klar?“ Grinsend sah er auf das Mädchen hinab und er hoffte sehr, dass Draco seine Zuneigung - Blaise nannte es in Gedanken schon eine Obsession - in den Griff bekam. Würde Draco hören, dass Blaise dessen Besessenheit als Zuneigung abtun würde, würde Draco ihm dafür den Hals umdrehen. Draco bezeichnete dieses Verlangen vermutlich als Aggressionsabbau oder Spaß an der Freude. Vielleicht, so dachte Blaise, wollte Draco sich auch nur selbst etwas beweisen... Wirklich sicher war sich Blaise nicht. Er konnte nur vage Thesen aufstellen, sie aber leider nicht belegen. Er würde sich sogar soweit aus dem Fenster legen und behaupten, Draco wolle Lucius irgendwie strafen oder treffen, aufgrund des Verlangens zu einer Muggelgeborenen.
 

„Nein!“, erwiderte sie pikiert und stapfte an Zabini vorbei. Nichts war klar und in Ordnung schon gar nicht. Wieso, in Merlins Namen, trieben sich die Schlangen in ihrer Nähe herum? Sie stieg über die Bank und ließ sich neben Ginny nieder; darauf wartend, dass Zabini endlich verschwand, das Feld räumte und sie alleine ließ. „Ginny, was ist hier los?“, wollte sie begierig wissen, als der dunkelhäutige sich endlich auf den Weg zum Slytherintisch machte. 
 

„Hermine, ich -“, begann Ginny, doch sie wurde sofort unterbrochen.
 

„Versuchst du über Zabini an Malfoy heranzukommen? Wir dachten schon darüber nach, ob du in Malfoy verliebt bist!“, platzte es aus Hermine heraus. Das Zusammensein von Ginny und Zabini lieferte Hermine nur noch mehr Gründe, ihre Vermutung – die Ron und Harry teilten – zu äußern. Sie konnte ihre Mutmaßung nicht länger für sich behalten, denn wenn Ginny sich in Malfoy verliebt hatte, so musste sie ihrer besten Freundin beistehen und ihr sagen, wie niederträchtig und egozentrisch Malfoy sein konnte – wenn das einer bestätigen konnte, dann Hermine. Sie litt jahrelang unter seinen Demütigungen, unter seinem Spott und seiner Häme. Fahrig schüttete sie sich daraufhin Orangensaft in einen der silbernen Kelche, die auf dem Tisch standen. Ihr Appetit war verflogen, als sie Zabini so nah neben Ginny sah. 
 

„Hermine, du -“
 

„Ginny, Malfoy ist gefährlich!“, unterbrach Hermine sie warnend. Musste sie etwa mehr dazu sagen? Sie durfte nicht auf Ginnys Erklärungsversuche eingehen. Sicher wollte sie sich nur herausreden. Aufgebracht griff sie in den Brotkorb und schnappe sich ein Brötchen, das sie viel zu eifrig und hastig der Länge nach auf schnitt. „Ich kenne Malfoy“, erklärte sie weiter, wie eine einstudierte Anekdote, und bestrich ihr Brötchen aggressiv. „Er ist ein Ekel!“ Die Butter war streichzart und trotzdem hakte Hermine darin herum.
 

„Stopp!“, rief Ginny bestimmend und ihre Hand landete ruhig auf Hermines Hand, in welcher sie ein Messer hielt. „Du missverstehst das alles, Hermine. Ich bin nicht in Malfoy verliebt.“
 

„Eben, genau das meine ich“, erwiderte Hermine energisch und schüttelte ihren Kopf. „Du solltest -“ Moment. Hermine unterbrach sich selbst und ihr Kopf ruckte zu Ginny, die sie freundlich ansah. „Bist du nicht?“ Sie klang erleichtert.
 

„Nein, und seit wann kennst du denn Malfoy?“, fragte Ginny fies grinsend nach und griff ebenfalls nach einem Brötchen. „Davon weiß ich ja noch gar nichts. Habe ich was verpasst?“ Ginny wollte vom eigentlichen Thema ablenken, da sie sich einfach noch nicht sicher war, ob sie sich schon öffnen konnte. 
 

„Ginny, du weißt, was ich meine! Und nein, du hast nichts verpasst, aber sieben Jahre sind ausreichend, um festzustellen, wie abartig Malfoy ist.“ Vielleicht sollte Hermine doch erzählen, wie gut sie Malfoy kannte und was er von Hermine verlangte. Sicher würde Ginny ihre Ängste danach besser verstehen, aber noch hoffte Hermine, dass das ein makaberer Scherz von Malfoys Seite war. Ein Spiel, das ihm – wenn Hermine ihn weiterhin ignorierte – langweilig werden würde. Im schlimmsten Fall würde es sich zu einem Spiel entwickeln, worüber Malfoy die Kontrolle verlieren könnte, aber soweit dachte Hermine nicht. Den Teufel an die Wand malen würde sie auch nicht.
 

„Hermine, ich bin mit Blaise zusammen.“ Nun war es raus. Gesprochene Worte konnte man nicht zurücknehmen und das wollte Ginny auch nicht. Sie schämte sich nicht für Blaise, sie musste sich auch nicht vor Hermine schämen. Sie war ihre beste Freundin. Weshalb sollte sie sich für ihre Beziehung, für ihre Liebe, schämen? Es gab keinen Grund dafür.
 

Genüsslich biss sie in ihr Brötchen, als Ginny diesen vernichtenden Satz beiläufig erwähnte. Das große Stück, welches sie noch kaute, schluckte sie quälend ihre Speiseröhre hinab. Daraufhin klopfte sich Hermine sanft auf ihren Brustkorb, bevor sie ihren Mund öffnete. „Was sagst du?“
 

Ginny lief rot an, nachdem Hermine noch einmal so genau nachfragte. Mit so einer ähnlichen Reaktion rechnete Ginny zwar, aber der Blick, den Hermine ihr zuwarf, ließ sie erröten. „Ja, du hast richtig gehört und deswegen denke ich auch, dass Malfoy sich geändert hat. Denkst du nicht, dass man sich verändern kann?“ Auch Ginny biss in ihr Brötchen und machte Ron fast Konkurrenz, indem sie einen großen Bissen hinunterschluckte, nur um wieder herzhaft hineinzubeißen. 
 

Nun, doch. Auch Hermine dachte und wusste es zum Teil, dass sich Menschen ändern konnten. Schließlich änderten sie sich alle. Manche zum Positiven und andere eben zum Negativen, aber Malfoy? Malfoy war sicher noch derselbe Egoist, derselbe Narzisst, der er schon immer gewesen war. „Nicht Malfoy!“ Hermine hatte wirklich gute Gründe, um an einer Veränderung von Malfoy zu zweifeln. „Malfoy kann sich gar nicht ändern, denn dafür müsste man Emotionen und Gefühle kennen. Etwas, was Malfoy gänzlich unbekannt ist“, behauptete sie vehement weiter. Hermine konnte das wirklich nicht denken, auch wenn er in ihrem sechsten Schuljahr, als er Dumbledore töten sollte, seinen Stab sinken ließ, was aber noch lange nicht hieß, dass aus Malfoy ein vernünftiger, heranwachsender und selbstloser Mensch geworden war. „Aber“, ertönte ihre Stimme, jedoch mit einem kritischen Unterton, „wie kommt es zu dieser Beziehung zu Blaise? Wann hat das angefangen? Wissen Harry und Ron davon?“ Fragen über Fragen.
 

„Harry und Ron? Wo denkst du hin? Nach dem Krieg habe ich Blaise besser kennengelernt. Wir lieben uns, Hermine. Er hat sich verändert und ich sage dir, Malfoy hat sich auch verändert.“ Ihre Finger tippten mehrere Male auf die polierte Tischplatte, als sie ihren Satz zu Ende führte. 
 

Okay, Harry und Ron wussten also nichts. Gar nichts! Aber Zabini und lieben? Hermine dachte letztes Jahr auch, sie würde etwas für Ron empfinden. Nach sieben Jahren glaubten sie beide, sie würden sich lieben und am Ende stellte sich heraus, dass das nicht der Fall war. In der Kammer des Schreckens küssten sie sich zum ersten Mal, nachdem sie gemeinsam Helga Hufflepuffs Becher zerstört hatten. Es fühlte sich schön und für einen kurzen Augenblick auch richtig an. Jedoch holte die Realität beide auf den Boden der Tatsachen zurück. Während Ron dieser Liebe eine Chance geben wollte, wollte Hermine diesen Schritt vermeiden, da am Ende einer von ihnen verletzt worden wäre. Ihr selbst tat dieser Schritt leid, aber aus Mitleid wäre sie nicht bei Ron geblieben, da er so etwas nicht verdiente, denn dafür schätzten beide - auch wenn Ron seine Gefühle nie so offen zeigen konnte - die Liebe zu sehr, um dieses erzwungene Glück, welches für einen kurzen Moment anhielt, aufrecht zu erhalten. Auch hätte Hermine nicht geglaubt, dass ihr bester Freund, wie Hermine sich das vorstelle, sich öffnen konnte. Immer wenn Harry dabei war, sprach Ron niemals über Gefühle, aber als sie mit Ron alleine war, klappte es einigermaßen – jedenfalls so weit, dass sie vernünftig darüber sprechen konnten. „Ich dachte immer, du und Harry...“ 
 

Auch Hermine fiel es noch ein wenig schwer, darüber zu sprechen, obwohl Ginny neben ihr saß – ihre beste Freundin. 
 

„Ich auch“, gestand Ginny nüchtern. „Aber Harry sieht mich einfach nicht. Ich kann nicht ewig warten, verstehst du?“ Ihre Arme schlangen sich um ihren Körper. Viele dachten, dass sie und Harry zusammen kämen, auch Ginny dachte das, aber als der Krieg vorbei war und Ginny darauf hoffte, endlich gesehen zu werden, wurde ihr mit jedem Tag mehr klar, dass Harry nicht der Richtige für sie war. „Blaise sieht mehr, als eine Freundin in mir, weißt du?“ Ginny baute darauf, auf Verständnis zu stoßen und blickte vorsichtig zum Slytherintisch, an welchem Blaise alleine saß. Die restlichen Slytherins saßen etwas abseits von ihm. 
 

„Du kannst aber doch nicht von Liebe sprechen“, erwiderte Hermine gepresst. Sie sah bereits die Diskussion zwischen Ginny und ihr. „Wie lange kennst du ihn? Ich meine, seit wann führt ihr ernsthafte und wirkliche Gespräche? Selten, oder? Immerhin wissen Ron und Harry nichts davon. Liebe ist ein so großes Wort.“ Gewiss wollte sie Ginny nichts böses, aber sie wollte auch nicht, dass ihre beste Freundin sich in etwas verrannte und am Ende diejenige war, die verletzt wurde. Sie traute den Schlangen einfach nicht. „Halt mich für verrückt, aber glaubst du nicht, dass das ein bisschen zu schnell geht?“, fragte Hermine vorsichtig nach. 
 

„Ich habe sehr viel mit Blaise gesprochen und was Harry und Ron angeht - ich bin, denke ich, alt genug, um selbst Entscheidungen zu treffen; auch wen ich liebe, Hermine. Ron ist zwar mein Bruder, doch hat er sich in mein Leben nicht einzumischen und Harry? Harry hatte seine Chance“, erwiderte Ginny traurig und ihre Mundwinkel fielen nach unten. „Ich verrenne mich in nichts. Du denkst, es wäre naiv, richtig?“
 

Ja, das dachte Hermine wirklich. Zum Teil war das alles auch naiv. Man konnte sich nicht nach ein paar Wochen lieben. Zu einer intensiven Bindung, zu einer funktionierenden Beziehung, gehörten mehrere Faktoren. „Vertraust du ihm etwa so sehr?“ Sie sah Ginnys immer wütenderen Gesichtsausdruck, als eine stattliche Eule vor ihr auf dem Tisch landete und durch ihre großen Flügel beinahe ihren Kürbissaft umgeworfen hätte. Erschrocken wich Hermine, und auch Ginny, zurück. 
 

„Etwas früh für Post“, sagte Ginny und sah den idealen Zeitpunkt, das Thema zu wechseln. 
 

„Das denke ich auch“, gab Hermine von sich und band den Brief los. Es war kein Absender darauf zu erkennen. Wer schickte ihr mit solch einer schönen Eule, so früh, Post? In eleganter Handschrift war nur Granger mit grüner Tinte auf den Umschlag geschrieben und sofort faltete sie den Brief auseinander.
 

Granger,
 

Nur einer benutzte diese Anrede, dachte Hermine angesäuert.
 

ich hoffe, du vergisst unser Treffen heute Abend nicht. Du solltest wissen, dass ich Unpünktlichkeit nicht ausstehen kann, aber du bist ja eine Perfektionistin. Ich weiß auch, dass du furchtbar neugierig bist und wissen willst, was es alles damit auf sich hat. Dem komme ich nach und werde dir heute Abend alles weitere erklären. 
 

Ich erwarte dich.
 

Keine Signatur, nichts. Kein Hallo – nicht, dass sie so etwas erwartete –, keine Begrüßung. Er ging wohl davon aus, dass sie sofort wüsste, von wem dieser Brief stammte. Nur flüchtig überflog sie den Zettel, da sie bereits wusste, von wem der Brief kam, als sie dieses Granger, was wohl zur Begrüßung diente, auf dem Pergament entdeckte. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie ihn versetzte. Sie hatte diesen Entschluss bereits gefasst, als er dieses abnormale Treffen vorgeschlagen hatte und auch ihre Neugierde war erstaunlich niedrig. Da wusste Hermine schon, dass sie seinen Befehlen nicht folgte. Was wollte er auch tun, wenn sie nicht kam? Sie mit bösen Blicken traktieren? Nun, damit konnte sie leben. Schließlich tat sie das schon seit Jahren. Außerdem würde sie an sich selbst zweifeln, wenn sie sich alleine mit Malfoy treffen würde.
 

„Wer schreibt dir?“, fragte Ginny mit vollem Mund. 
 

„Meine Eltern“, log sie und steckte den Brief hastig in ihren Umhang. Sie belog ihre beste Freundin, weil sie nicht den Mut fand, ihr die Wahrheit zu sagen, nachdem sie Ginny so vor den Kopf stieß, wegen der Beziehung, die sie zu Blaise führte. 
 

Aber Ginny war ehrlich zu dir, spuckte ihr Gewissen...
 

Nein, noch konnte sie nichts sagen. Dass ihre Eltern immer erst schrieben, wenn Hermine ihnen eine Eule zukommen ließ, schien Ginny nie wirklich wahrgenommen zu haben, sonst wäre ihr diese Lüge sofort aufgefallen, denn Hermines Eltern besaßen keine Eule. 
 

„Oh, deine Mutter? Entschuldigt sie sich, weil sie dich nach Oxford schicken wollte?“ 
 

Merlin... Ginny war so ehrlich und sie? Hermine belog sie. Sie fühlte sich wirklich schlecht und grausam. Nach allem, was sie gemeinsam durchmachen mussten, log Hermine... 
 

Sie folgte Ginnys Blick, als sie ihr auswich und sah, wie Malfoy durch das Portal stolzierte. Jedoch suchte er nicht ihren Blick. Sein Gesicht war stur zu Blaise gerichtet, bis er sich neben ihm niederließ und ruckartig hinaufblickte, direkt in Hermines Gesicht. Ertappt sah sie noch kurz zu ihm und wandte sich danach wieder ihrem Frühstück zu. 
 

„Weißt du“, erzählte Ginny mit vollem Mund, ohne diesen Zwischenfall - zwischen Hermine und Malfoy - zu bemerken. „Das Essen habe ich ziemlich vermisst, wobei nichts über Mums Lachsfilet geht.“ Sie genoss sichtlich ihr Frühstück und erfasste gar nicht, wie Hermine verlegen ihr Brötchen betrachtete. „Findest du nicht?“
 

„Doch, doch. Das Essen ist gut“, gab Hermine ihrer besten Freundin recht. Sie war so unkonzentriert und dabei würde sie heute und morgen noch zum Unterricht müssen und dann ein Praktikum im Ministerium absolvieren – mit Malfoy. Viel schlimmer konnte es auch nicht kommen, oder? Hermine war leicht genervt. Heute Abend sollte sie auch noch zu Malfoy kommen. Gerne würde sie sein Gesicht sehen, wenn er vor dem Raum stand und auf Hermine wartete. Sie konnte sich seine Haltung schon vorstellen. Seine Arme wären verschränkt, er würde gegen die Steinwand lehnen und auf seinem selbstverliebten und selbstgefälligen Gesicht wäre ein dreistes und dreckiges Grinsen, aber da sie nicht käme, würde sich dieses Grinsen schlagartig ins Negative verändern. Ob er schon einmal versetzt wurde? Falls nicht, würde er spätestens heute damit Bekanntschaft machen.
 

Wirklich schade, dass sie es nicht sehen würde, denn sicher ging Malfoy davon aus, dass sie kam. Offenbar war er der Annahme, er hätte sich klar und deutlich ausgedrückt – was er leider auch hat – und sie würde jedem Befehl, den er von sich gab, Folge leisten. Haha, wenn der bloß wüsste, wie sehr Hermine auf seine Erwartungen spuckte. Malfoy würde sich heute Abend umsehen, oh ja.
 

Auf der anderen Seite warteten jedoch die bösen Gedanken, die Angst vor seiner Reaktion... Mit solch schrecklichen Gedanken sollte sie demnach gleich in Arithmantik. Professor Vector würde sich sicher freuen... 

 
 

~*~
 

Pfeifend betrat Draco die große Halle. Er trug noch eine dunkelgraue Sporthose und ein lockeres T-Shirt. Er war vor zweieinhalb Stunden aufgestanden und joggte um den schwarzen See. Ein Ritual, das er vor zwei Jahren begonnen hatte. Draco war fast entzückt, wie sehr sich sein Körper in diesen zwei Jahren veränderte. Nicht nur das Quidditchtraining zahlte sich aus, sondern auch sein Ritual, auch wenn er dafür zwei Stunden seines kostbaren Schlafes verlor, aber das war es ihm eindeutig wert. Er kam frisch gebadet aus dem Vertrauensschülerbad. Ein Vorteil, den er sich verschaffte, als er mit einer Vertrauensschülerin eine intime Begegnung im Vertrauensschülerbad hatte. Seitdem nutzte er diesen Vorteil und genoss das große Bad, mit den vielen Wasserhähnen und der riesigen Wanne. Nie war jemand um diese Uhrzeit dort anzutreffen, also konnte er dieses Privileg genauso nutzen.
 

Jedes Mal, wenn er aus der Wanne stieg, konnte er seine Muskeln zucken sehen, die durch das warme Wasser belebt und erfrischt wurden. 
 

„Guten Morgen, Draco!“, begrüßte ihn Blaise und schob sich gerade eine Gabel voll mit Rührei in seinen Mund. Er hob seinen Kaffee und trank einen Schluck, ehe er erneut zu Draco sah. „Scheinst nicht gut geschlafen zu haben, oder?“ 
 

„Warum?“, brummte Draco. Er mochte es überhaupt nicht, wenn man morgens wie ein wild gewordener Werwolf zu sprechen anfing und Blaise war so ein Werwolf. Er redete ununterbrochen auf jemanden ein, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Träge rieb er sich seine Schläfe, obwohl er doch bereits wach sein müsste. Das Joggen half immer, aber heute... Heute war es ein wenig anders. Draco dachte seit gestern Abend an das Treffen – heute würde er Granger in sein Bett bekommen und dann wäre alles vergessen. Dann konnte er endlich wieder in Ruhe leben und sich anderen Frauen zuwenden. Für Draco war es fast schon anstrengend, immer wieder nur an eine Frau zu denken. 
 

„Weil du guckst, als würdest du jemanden umbringen wollen“, schloss Blaise und trank wieder einen kräftigen Schluck des heißen Kaffees. „Du solltest am besten drei Tassen schwarzen Kaffee in dich schütten, wenn du den ersten Tag überleben willst.“
 

Blaises Ratschläge waren so nervtötend. Verächtlich blickte Draco auf. „Willst du nicht zu Weasley oder traust du dich nicht, weil Granger nebenan sitzt?“ Draco war nicht unbedingt der Mensch, der morgens etwas essen musste – schon gar nicht nach dem Sport. 
 

„Wir haben uns schon begrüßt. Also, Granger und ich.“
 

„Tatsächlich?“, grinste Draco süffisant. Gedanklich war er erstaunt und rechnete mit dieser Antwort nicht. „Wie findest sie es denn, dass du ihre beste Freundin begattest?“
 

„Du begattest Frauen, Draco.“ Blaise würde nicht auf Dracos Provokationen eingehen. Das wollte er doch nur, um von sich selbst abzulenken. Aus diesem Grund war Draco auch so genervt, weil er selbst, tief im Innern, wusste, dass Blaise recht hatte – was Granger und die Gesamtsituation betraf. „Oder sollte ich speziell Granger sagen?“ Nun, jetzt provozierte Blaise ihn, aber auf anderem Wege konnte man Draco offensichtlich nicht gegenübertreten. Man musste mit diesem selbstverliebten und von sich selbst überzeugten Menschen so reden. 
 

„Heute Abend ist das vorbei, mein Freund“, höhnte Draco und verschränkte zufrieden seine Arme. Heute Abend, wenn er Granger genommen hätte, wäre alles vergessen. 
 

„Ach, wirklich? Wie hast du das denn angestellt?“, wollte Blaise wissen und tat es Draco gleich. Er legte die Gabel zur Seite und ließ sein Rührei unbeachtet. Seine ganze Aufmerksamkeit lag nun auf Draco und dessen Antwort. Skeptisch schaute Blaise zum Gryffindortisch, an dem Ginny und Granger saßen. Sie frühstücken unbekümmert und schienen auch durch Dracos Anwesenheit nicht in Panik auszubrechen – auch nicht Granger. Sie aß genüsslich weiter und unterhielt sich mit Ginny. „Draco, ich weiß nicht“, ergänzte Blaise, als ihm bewusst wurde, dass Draco nicht antwortete und das auch nicht vorhatte.  
 

„Was weißt du nicht?“ Als Draco zum Gryffindortisch sah, sah er, wie Granger erschrocken wegschaute. Kurz feixte er, als er sich wieder an Blaise wandte. Er machte sie also nervös... Ihre Angst konnte er riechen und diese Angst roch so himmlisch. 
 

„Alles. Wirst du sie im Ministerium in Ruhe lassen?“ Angespannt schaute Blaise seinen besten Freund an. Seinen besten Freund, den er seit Kindertagen kannte, mit dem er im Sandkasten gespielt hatte und schon die wildesten Nächte durchlebt und durchzecht hatte. Viele lustige, aber auch viele ernste und gefährliche Aktionen hatten sie schon hinter sich. Man musste nur an den Krieg denken, den sie unter Todesängsten überlebt hatten. 
 

„Du nervst.“ Draco wollte davon nichts mehr hören. Blaise nervte ihn und obendrauf machte Granger ihm alles umso schwerer, indem sie so stur und bockig war. Wenn sie sich doch einfach ergeben würde, und er sich in ihr vergraben konnte, dann wäre alles vorbei. Er würde sie in Ruhe lassen, was sie doch auch wollte. Draco selbst wollte das, aber die Gier und das Verlangen waren einfach zu groß, um alles einfach zu vergessen und abzuhaken. 
 

Gut, so könnte er mit Draco also nicht weiter verfahren. Blaise musste sich eine andere Strategie zulegen. Eine, in der er Draco umwickeln konnte und er auf seine Fragen eingehen musste. Immerhin lag in der Ruhe die Kraft, oder? „Wieso, glaubst du, macht ihr dieses Praktikum?“
 

Kritisch hob Draco eine seiner Augenbrauen nach oben, als er zu Blaise sah. Nun, er würde das Spiel von Blaise mitspielen. „Ich denke, weil das Ministerium unsicher ist. Das Ministerium hat einiges wieder gut zu machen, oder? Oder sie wollen kontrollieren, wie weit Hogwarts sich entwickelt hat. Keine Ahnung. Sie scheinen ihren Kontrollzwang aber noch nicht abgelegt zu haben.“ Wie lange Blaise dieses Spiel wohl durchziehen würde? Viel zu oft spielte Lucius mit Draco solche Spiele, um auf so etwas banales hereinzufallen. 
 

„Also ich glaube, dass Granger immer noch vernünftig mit dir reden würde“, wagte Blaise erneut den Versuch, da er sah, dass Draco nicht einsichtiger wurde. Somit konnte er auch gleich beim Thema bleiben, ohne um den heißen Brei zu sprechen. „Sie misstraut uns vielleicht, aber -“
 

„Blaise“, begann Draco und sein Kopf legte sich in den Nacken, „was genau verstehst du unter "Du nervst" nicht? Deine Absichten, mir zu sagen, wie gemein, heimtückisch, ordinär und grausam ich doch bin, sind sinnlos. Wem willst du was beweisen, durch deine selbstlose Art? Weasley sitzt nämlich zwei Tische weiter.“ Draco wurde es zu bunt. Er wollte keinen Aufpasser.
 

„Man, du kapierst es nicht. Du bringst dich in Teufels Küche. Granger will dich nicht, sonst hätte sie es dir doch gezeigt oder gesagt. Du kommst mit Zwang nicht weiter.“ Merlin, dieser blonde Sturkopf. So ignorant und borniert konnten nur die Malfoys sein. Blaise befürchtete, dass Draco irgendetwas unüberlegtes tun könnte und somit nicht nur sich, sondern auch Granger, in Gefahr bringen konnte. „Ich will dir bloß helfen.“
 

Blaise konnte ihm nicht helfen. Draco warf sein Brötchen auf den Teller, stand auf und schultere seine Tasche. „Wir sehen uns, wenn du begriffen hast, was es heißt, mir nicht weiter auf den Sack zu gehen.“ 
 

„Ziemlich feige, Draco“, spottete Blaise, in der Hoffnung, Draco würde zurückkommen und endlich wach werden. Sein bester Freund musste das Problem angehen und nicht davor wegrennen.
 

Ohne sich herumzudrehen, streckte Draco seine Hand nach oben, drehte sie, sodass er seinen Mittelfinger Blaise entgegenstrecken konnte und dieser die Geste eindeutig verstand. Er war nicht feige, nur die anderen Menschen wollten sich immer in seine Angelegenheiten einmischen. Nie hatte Draco um Hilfe oder einen lächerlichen Ratschlag gebeten und trotzdem wollte Blaise seine unnötige Meinung kundtun. Er drückte Draco seine Meinung quasi auf. Man könnte es auch Zwang nennen.
 

„Oh, komm, Draco. Dann warte wenigstens auf mich.“
 

Nur halbherzig hielt Draco an, aber sein Blick war stur zum Eichenportal gerichtet. Natürlich wusste er, dass Blaise sich Sorgen machte und ein guter Freund sein wollte, aber konnte er sich aus dieser Angelegenheit nicht raushalten? Draco wollte damit selbst zurechtkommen. Er musste damit zurechtkommen. Gewissermaßen kam er auch schon damit zurecht. Schon immer löste er seine Probleme alleine, auch dieses würde er alleine in den Griff bekommen und bewältigen – ohne Blaise oder Gregory. Schon während des Krieges dachte er oft darüber nach, wie Granger unter ihm lag und heute Abend wäre der erlösende Abend, an dem alles enden würde und seine Besessenheit wie weggeblasen wäre; als hätte es so etwas wie eine Vernarrtheit in Granger niemals gegeben. 

 
 

~*~
 

Arithmantik war angenehm gewesen, da das zu den Lieblingsfächern von Hermine gehörte. Wenn sie daran dachte, dass sie dieses Jahr eigentlich nicht mehr hier wäre – vorausgesetzt, es wäre nicht zu einem Krieg gekommen – wurde ihr ganz mulmig in der Bauchgegend. Sie mochte Hogwarts von Herzen und es war ein komischer Gedanke, dass sie nächstes Schuljahr nicht mehr hier wäre. Im letzten Jahr kam sie gar nicht dazu, sich über ihren weiteren Werdegang Gedanken zu machen, da Voldemort ihre gesamten Gedanken in Anspruch nahm. Immer wieder arbeitete sie mit Harry und Ron an einem Plan, an die Horkruxe zu kommen und jetzt? Jetzt musste sie sich mit einem Beruf auseinandersetzen und womöglich wäre das Ministerium ein geeigneter Anfang, um zu testen, ob sie sich nicht doch vorstellen könnte, dort zu arbeiten. 
 

Gemeinsam mit Harry und Ron marschierte sie zum nächsten Unterricht, den sie mit den Slytherins hatten. 
 

Der erste Unterricht, mit Malfoy... 
 

Zwar hatten sie oft darüber gesprochen, aber so richtig wollte es Hermine einfach noch nicht in den Kopf. „Harry, wieso hast du überhaupt für Malfoy ausgesagt?“ Sie wollte keinen Streit, aber es ließ ihr auch andererseits keine Ruhe. „Was hat dich dazu bewegt?“ Als Harry für die Malfoys aussage, entging die gesamte Familie Malfoy einer Haftstrafe in Askaban.
 

„Genau, wieso hast du das gemacht?“ Ron sprang auf den Zug auf. „Ich hätte Malfoy in Askaban versauern lassen. Verdient hätte er es am meisten.“ 
 

„Er tat mir irgendwie Leid, wie er im Gerichtssaal gesessen hat. Völlig in sich gekehrt, als würde er alles bereuen. Versteht ihr?“
 

„Ja“, kommentierte Hermine.
 

„Nein!“, protestierte Ron und teilte sein Unverständnis nur zu deutlich mit, als er sich grob eine Haarsträhne vor seinen Augen wegblies. 
 

Hermine konnte sich in Harry hineinversetzen. Er war schon immer der Mensch gewesen, der in anderen stets das Gute gesehen hatte. Eine Eigenschaft, die Harry – laut Lupin – von seiner Mutter geerbt hatte, aber wüsste Harry, was Malfoy von ihr verlangte, würde auch er seine Meinung gewiss ändern. „Du denkst an Dumbledore, oder? Als ihr auf dem Astronomieturm wart?“
 

„Auch“, gestand Harry wehmütig. „Er ließ seinen Stab sinken, obwohl er die Chance hatte, Dumbledore umzubringen. Auch Dumbledore sah, dass Draco kein Mörder ist.“
 

„Ach“, schmatzte Ron, als er vor der Tür genüsslich in einen Apfel biss, „ich glaube ihm trotzdem nicht. Das war alles nur sehr gut geschauspielert, wenn ihr mich fragt. Wenn ihr einen Beweis wollt“, deutete Ron an und nickte mit seinem Kopf und einem vollen Mund in eine andere Richtung, „dann seht, wie er wieder durch die Korridore stolzieren kann.“
 

Heute wäre ihre erste Zaubertrankstunde – ohne Snape. Seit den Geschehnissen, hatten sie alle drei – selbst Ron – einen ganz anderen Snape vor Augen. Als Harry ihnen erzählte, dass Snape schon immer seine Mutter liebte, hielt Hermine sich ihre Hände vor den Mund und war erschüttert. Welch grausiges Leben musste Snape gelebt haben? Ein Leben, das aus Lügen aufgebaut war. Wie schaffte es dieser verbitterte Mann, so lange unter diesem Deckmantel zu leben? Weil er, angesichts seiner Gefühle zu Lily Potter, verbittern war, ja. Hinzu kam das gefährliche Doppelleben, das er über ein Jahrzehnt führte, alles im Sinne von Lily. Im ersten Schuljahr schützte Snape sogar Harry, als Harry beinahe vom Besen gefallen wäre.
 

Professor Slughorn ließ die Schüler ein und platzierte sich vor der Tafel, als er mit einem Zauberstabschlenker eine Rezeptur auf dem Schiefer erscheinen ließ. „Arbeiten Sie bitte in Zweiergruppen“, wies er die Schüler an, doch schaute er dabei unentwegt zu Harry. Ein feines Lächeln huschte über seine alten, faltigen Züge, als er sich der Tafel zuwandte und den Zutatenschrank öffnete.
 

Hermine setzte sich zu Harry, da Ginny direkt auf Ron zusteuerte. Vermutlich, um Zabini zu besänftigen und er nicht mitten im Unterricht eine Eifersuchtsattacke erleiden würde, wenn sie sich neben Harry gesetzt hätte, aber sie hätte ja auch neben Hermine sitzen und mit ihr arbeiten können, oder? Wie wohl Harry und Ron, sofern sie davon erfuhren, auf diese Wahrheit reagieren? Harry würde es eventuell gelassen hinnehmen und akzeptieren, dachte Hermine, da er nicht mit Ginny zusammen war, aber Ron? Ron spielte immer dann den großen Bruder, wenn es am wenigsten angebracht war.
 

„Heute gehe ich mal die Zutaten holen“, grinste Harry Hermine entgegen und stand freiwillig auf. 
 

„Ich hoffe, du hast ein neues Buch?“, quittierte Hermine ihre Aussage genauso frech grinsend und spielte auf Snapes altes Zaubertrankbuch an - durch welches Harry unglaubliche Zensuren in seinem sechsten Schuljahr erhielt. „Wenn nicht, suche ich mir einen neuen Partner!“ Plötzlich wurde sie von etwas am Kopf getroffen. Um den Attentäter noch auszumachen, flog ihr Kopf herum, aber niemand schaute sie ertappt an. Hermine schaute auf den Tisch. Dort lag ein zerknülltes Stück Pergament, nach dem sie sofort griff und entfaltete. 
 

So etwas unverschämtes! Nun wusste sie, von wem diese Nachricht kam. Blitzschnell drehte sie ihren Körper auf dem Stuhl herum und schaute in die letzte Reihe. 
 

Ich muss dich an heute Abend nicht erinnern, richtig? Du bist ein schlaues Mädchen und hast die Uhrzeit und den Treffpunkt gewiss nicht vergessen...
 

Slughorn würde es nicht stören, wenn Hermine sich umdrehte, da dieser bereits schon bei Harry stand und sich ausgiebig mit ihm unterhielt. Nichts hatte sich geändert, seit Slughorn hier unterrichtete. Immer suchte der Professor die Nähe zu Harry und genoss sichtlich die Gespräche, die sie führten. In der letzten Reihe saßen ausschließlich Slytherins. Nur Lavender und Parvati saßen dort und ihre Blicke schielten immer verlegen zu Malfoy und Zabini. 
 

Schnaubend griff sie nach ihrer Feder und notierte ebenfalls einen Satz darauf.
 

Muss ich dich daran erinnern, dass ich deine Einladung dankend abgelehnt habe? Lade Lavender ein. Sie wird sich bestimmt freuen.
 

Wie ein Pascha saß er auf seinem Stuhl. Die Arme hinter seinem Hinterkopf verschränkt und seine schiefergrauen Augen schauten sie an. Verdammt, sie hätte gerne geflucht. Sie holte aus, doch mit einer flinken Handbewegung hatte er diesen blöden Zettel auch noch ohne weitere Umstände gefangen. Kurz hoben sich seine Augenbrauen, als er ihre Zeile las und schaute daraufhin zu Lavender.
 

Ihr Satz tat ihr im Endeffekt leid, da sie Lavender sicher nicht in die gleiche Situation bringen wollte, aber sie war gerade wieder so wütend auf ihn. Wann kam endlich Harry mit den blöden Zutaten? Hermine schaute nach vorne, doch Harry stand immer noch neben Slughorn und die Beiden schienen sich nicht stören zu lassen. Keine fünf Minuten später flog erneut ein Zettel an ihren Hinterkopf. 
 

Ihr Blick war abfällig, pejorativ und abschätzend. Wenn sie ihn wenigstens angiften könnte, wäre das bedeutend beruhigender, aber nicht einmal das konnte sie, ohne, dass die ganze Klasse etwas mitbekam. Lavenders und Parvatis Blicke waren offenbar so verschleiert, dass sie nicht bemerkten, wie Malfoy ständig einen Zettel nach vorne warf. Mürrisch entfaltete sie erneut das Papier. Unter seinem und ihrem Satz reihte sich ein neuer Satz ein. Ein einziges Wort, wohlgemerkt...
 

Eifersüchtig?
 

Ihr Mund öffnete sich stumm, aber empört. Nein, darauf würde sie nicht mehr reagieren. Sie zerknüllte das Papier und ließ es mit einem Evanesco-Zauber verschwinden. Als ob sie auf Lavender eifersüchtig wäre. Einmal war sie auf Lavender eifersüchtig, in ihrem sechsten Schuljahr und das wegen Ron! Lavender tat Hermine im Moment eher leid, weil sie Malfoys Art anschmachtete und er sie sowieso nicht ernsthaft interessant finde würde – außer für eine Nacht. 
 

Die beiden Unterrichtsstunden über spürte Hermine seinen Blick in ihrem Rücken, was ziemlich unangenehm war. Sie fühlte sich verfolgt und beobachtet und ihrem Gemüt tat das nicht gut, da sie Ron nach dem Unterricht sogar anblaffte, er solle seine Hausaufgaben – als er sie um einen Tipp fragte – selbst erledigen.
 

„Hermine?“, hielt Harry sie zurück, als sie vor dem Portrait der fetten Dame ankamen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er behutsam. „Du wirkst angespannt. Ist es wegen Oxford?“
 

Jetzt wäre der perfekte Augenblick, um wenigstens Harry die Wahrheit zu sagen. Ihm zu erzählen, was sie belastete und wo sie heute Abend erscheinen sollte. Das wäre sicher ein lustiger Spaß, wenn Harry, statt Hermine, vorm Raum der Wünsche erschien, aber das wollte sie auch nicht. Harry und Malfoy würden sich im schlimmsten Fall wieder angreifen, obwohl Malfoy nun mehrmals in Harrys Schuld stand. Nicht ein einziges Mal hatte Malfoy sich entschuldigt, weder bei Harry, noch bei Ron oder Hermine – an ein Danke schien Malfoy noch nicht einmal einen minimalen Gedanken zu verlieren. Nein, stattdessen traktierte er Hermine weiter. Es würde ein schwieriges Schuljahr werden.
 

„Ja?“, antwortete sie eilig und viel zu vorschnell. „Alles okay.“ Das war immer ein Fehler ihrerseits, denn, wenn sie zu schnell und zu übereifrig antwortete, war in der Regel nichts in Ordnung. Ihr Pony hatte sie sich lang wachsen lassen und dies ebenfalls eilig, mit ihren Händen, nach hinten gekämmt.
 

„Sicher?“, fragte Harry wachsam und schaute Hermine eindringlich an. Überzeugt war er auf keinen Fall, viel eher wuchs sein Misstrauen. Immerhin kannte er seine beste Freundin schon viel zu lange. 
 

„Ja!“, erwiderte Hermine nun standfester. Auch ihre Haltung festigte sich. Sie merkte, dass ihre Fassade zu bröckeln begann und das musste sie verhindern. Hermine wusste, sie könnte das Problem mit Malfoy selbst in den Griff bekommen und müsste ihren besten Freund nicht mit solchen Lappalien belasten. „Ich bin nur ein bisschen aufgeregt, wegen dem Praktikum. Außerdem bekommt Ron jetzt die Chance, sein letztes Schuljahr zu wiederholen und zu genießen. Er sollte seine Hausaufgaben also selbst erledigen, wie du!“, fügte sie lächelnd hinzu, bevor ihre Hand nach vorne huschte, um auch Harrys unbändige Haare nach hinten zu streichen. 
 

„Weißt du, wir machen uns nur Sorgen, Hermine.“ Seine Arme sanken hilflos zur Seite, während er Hermine gewähren ließ. „Wir glauben, dass das vielleicht zu viel“, Harry betonte dieses zu viel, „für dich ist. Wegen der Schulsprecher-Auswahl, dann noch Oxford -“
 

„Harry“, begann Hermine liebevoll, „wie du siehst, bin ich hier und nicht in Oxford. Das hat damit nichts zu tun. Ich freue mich auch für Luna – besser, als jemand anderes. Überlege mal“, erzählte Hermine süffisant weiter, „Pansy wäre Schulsprecherin geworden. Das wäre ein Grund, sauer oder wütend zu sein, vielleicht auch ein Grund, an McGonagalls Autorität zu zweifeln, aber Luna und Ernie sind doch geeignet.“ Nun konnte sie das Thema auf einen anderen Mittelpunkt lenken. 
 

„Aber du hast wirklich lange darauf hingearbeitet, genau auf diese Position.“
 

Auch das entsprach der Wahrheit. Immer, wenn sie Percy sah, wie er sein Abzeichen zur Schau trug, wollte sie auch Schulsprecherin werden, nur nicht in dieser machthaberischen und arroganten Haltung, wie Percy es tat. „Es ist alles in Ordnung“, wiederholte Hermine mit einem ernsten Unterton. Sie ging auf das Portrait zu, nannte das Passwort und winkte Harry, dass er ihr folgen sollte. In Ordnung war, dass Luna Schulsprecherin geworden war und Hermine nicht nach Oxford ging. Der Rest... Ja, der Rest war mittelmäßig, aber das würde sie schaffen. Übergangslos folgte Harry ihr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sama-chan
2018-06-19T11:22:55+00:00 19.06.2018 13:22
Ich bin richtig gespannt, ob sie zum Treffen geht oder nicht. Irgendwie glaube ich nicht, aber es könnte ja sein, dass sie ihm nur gehörig die Meinung sagen will. Oder sie verwandelt ihn wieder in ein Frettchen. XD
Antwort von:  Dracos-Princess
05.07.2018 21:36
Thaha, heute denke ich genauso. Es wäre bestimmt unheimlich lustig gewesen, wenn sie hingegangen und ihm die Meinung gesagt hätte. Andererseits war auch das von mir bewusst nicht gemacht worden. Ich wollte ja, dass Draco zum Schlafsaal fliegt :P Pure Absicht steckt dahinter, meine Liebe :D


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