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The Warning!

von

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Das Unvorhersehbare macht den Plan zur Herausforderung

- Kapitel vierzehn -


 

Merlin, sein Schädel brummte unaufhörlich. Die nervige Stimme, die er anfangs noch leise vernahm, verschlimmerte das Brummen immens. Müde und träge öffnete er die Augen, was er sofort bereute, nachdem er Blaise erkannte, der neben seinem Bett stand und an seiner Schulter rüttelte. Wie viel hatte er gestern getrunken, als er zurückgekommen war? Zuviel, das wusste Draco. Er wusste auch, was der Grund seines Besäufnisses war. Gestern erfuhr er dank eines unschönen Gesprächs, dass seine Mutter den dunklen Lord hintergangen hatte - was ja nicht zum ersten Mal passierte. Nein, selbiges tat sie schon in seinem sechsten Schuljahr, als sie einen unbrechbaren Schwur mit Snape einging, um Draco zu schützen. Das war zumindest ihre Ausrede, nachdem er sie hasserfüllt darauf angesprochen hatte. Wie erbärmlich... 
 

Seine Familie bestand aus Waschlappen, er selbst mit eingeschlossen. Hinzu kam, dass er gestern die Kontrolle verloren hatte, als er all das hörte. Es war wie eine Flut, wie Wellen, die ihn umstießen und jedes Mal, wenn er wieder aufstehen wollte, wurde er erneut von den Beinen gerissen. Jedes weitere Aufstehen fiel umso schwerer. Aber selbst das hätte er ertragen können. Was er jedoch nicht ertrug, war, dass Potter derjenige war, der ihm das erzählte. Potter war es, der von Dracos Mutter gerettet wurde.
 

„Aufstehen, Draco. Du verpasst ansonsten das Frühstück und ich gleich mit, weil ich einfach ein netter Kerl bin, der unverständlicherweise auf dich wartet.“ 
 

„Aha“, murrte Draco in sein Kissen, als er sein Gesicht darin vergrub. „Dann geh einfach ohne mich.“ Oh, wie gerne würde er ihn darüber informieren, wie sehr er Blaise gestern gebraucht hätte, weil er selbst nicht fähig war, Granger etwas nettes zu sagen und stattdessen sehr an Blaises Anwesenheit interessiert gewesen wäre. Dies jedoch als Vorwurf zu missbrauchen war arg bedenklich, zumal Draco stets betonte, wie gut er alleine zurechtkam. Ja, er war doch alt genug, eine simple Nettigkeit zu formulieren, oder? Bei Salazar, er war achtzehn Jahre alt - seit einem Jahr volljährig. Jawohl. Er brauchte keinen Blaise, der ihm gepflegte und repräsentative Worte in den Mund legte, das musste er alleine schaffen. 
 

„Soll ich dir die Decke wegziehen und Federn an deine Füße zaubern?“, höhnte Blaise. Das würde er tun, da er wusste, dass Draco jenes Verhalten unter keinen Umständen dulden würde. „Ich mach das!“, drohte er fadenscheinig.
 

„Warum bist du am frühen Morgen so gut gelaunt?“, fragte Draco, für den es unverständlich war, da Blaise morgens nie gut gelaunt war. Das kalte Kissen, in welches er sein Gesicht eintauchte, war dagegen sehr erfrischend - im Gegensatz zu Blaise und seinen abnormalen Vorschlägen.
 

„Tja, während ich immer wieder versuche, dein Leben in geregelte Bahnen zu bekommen, führe ich nebenbei selbst ein Leben, weißt du? Auch wenn es dich nicht interessiert, Draco, so habe auch ich Dinge, auf die ich mich freuen kann und zu meinem Bedauern gehört dein Verhalten nicht dazu, weil du mich zu oft in den Wahnsinn treibst. Also, hättest du die Güte und würdest mir wenigstens heute einen angenehmen Tag bereiten und endlich aufstehen?“
 

Die ehrliche Antwort wäre nein gewesen. Mit keiner Silbe und zu keiner Zeit bat er Blaise darum, sich um Dracos Scherbenhaufen zu kümmern. Allerdings kamen wieder die Erinnerungen von gestern zurück - präziser und einprägsamer, sodass Draco sich gezwungenermaßen damit auseinandersetzen musste. Narzissa hatte dem Narbengesicht geholfen... Entweder sollte er dringend mit Potter oder – was das größere Übel war – mit Narzissa sprechen. Erschreckend, dass Draco eher mit Potter, statt mit seiner eigenen Mutter darüber sprechen wollte. Jedoch neigte Narzissa dazu, ihm nicht die Wahrheit zu sagen. Ob Potter ihm gegenüber ehrlich wäre? Bestimmt. Für den Goldjungen musste es doch eine enorme Befriedigung sein, wenn er Draco unter die Nase rieb, wer für Potters größten Triumph verantwortlich war. Ob Lucius von dieser Aktion wusste? Höchstwahrscheinlich. Obgleich die Ehe seiner Eltern mehr auf dem Papier bestand, so wusste Lucius doch immer von allem. Es machte Draco wahnsinnig, wie seine Eltern nach außen hin schauspielern konnten, jedoch wusste er nun auch, woher er das Talent, hinsichtlich der Schauspielerei, hatte. Dass Granger zusätzlich seine Gedanken einnahm, obwohl sie unerreichbar für ihn war, war das krönende Sahnehäubchen. Wieder und wieder stieß er auf Gegenwehr und doch konnte er sie nicht loslassen. Wollte sie nicht loslassen. Granger war sein Ventil, das er sich selbst erschaffen hatte, um seinen Hass in etwas anderes – in etwas nettes – zu verwandeln und doch scheiterte er daran. 
 

War das ein Zeichen? Ein Zeichen dafür, dass er sich ändern sollte? Wäre es ein Fehler, wenn er dies täte? Oder sollte er sich gar nicht ändern? Wollte Granger ihm aufzeigen, dass es keinen Sinn ergab, sich für jemanden zu ändern, dem man mehr als platonische Liebe entgegenbrachte? Oder zeigte sie ihm damit, dass er sich nur ändern sollte, wenn er selbst dazu bereit war? Merlin, ein Quidditchspiel gegen Potter war durchaus angenehmer, als diese Gedanken - ja, selbst eine Niederlage wäre opportuner, als diese Granger-Gedanken.
 

„Draco!“, skandierte Blaise, während er unnachgiebig an der Decke zog. „Steh jetzt endlich auf oder ich gehe alleine zum Frühstück!“
 

Prompt spürte der unausgeschlafene Draco die Kälte, die seine Beine langsam hinaufkletterte, woraufhin sich seine Beinhaare aufstellten. Sein bester Freund zog ihm tatsächlich die Decke vom Leib. „Blaise, verdammt!“ Wütend schlug er mit der Faust auf eines der weichen Kissen, ehe er seinen Kopf mühselig hob und zu Blaise sah. „Dann geh alleine zum Frühstück.“
 

„Du willst demzufolge nicht ins Ministerium? Soll ich Granger hierher holen? Geht es dir dann besser?“ Vielleicht konnte er Draco anhand dieser gemeinen Fangfrage aus der Reserve locken.
 

„Pff“, schnalzte der junge Slytherin mit seiner Zunge, bevor er grummelnd seine Beine aus dem Bett schwang. Schön, dann stünde er eben auf. Hoffentlich wäre Blaise zufrieden. „Sie würde sowieso nicht kommen“, beschwerte er sich weiter, um daraufhin im Bad zu verschwinden. Er hätte die Tür auch offen stehen lassen können, da Blaise ihm ungefragt folgte und es störte Draco enorm. Zwar duschten sie nach einem Quidditchspiel zusammen, doch Draco wollte heute Morgen nichts hören und sehen schon gar nicht. Er wollte sich nicht mit Blaise unterhalten, wenn er sich seine Pobacken einschäumte, Merlin nochmal. Was dachte sich Blaise dabei? 
 

„Du würdest also wollen“, pfiff Blaise und lehnte sich an die schwarzen Fliesen, durch die ein giftgrüner Stich hindurch fuhr, „dass Granger zu dir kommt?“ Ob sie heute endlich einen Schritt weiter kämen und Draco sich nicht mehr wehrte? Es war zumindest ein Anfang, denn inoffiziell gab Draco gerade zu, dass er es bedauerte, dass Granger nicht kommen würde. Während er auf eine herablassende Antwort seitens Draco wartete, betrachtete er gelassen seine manikürten Nägel und war wieder einmal erstaunt, wie akribisch die Nagelhexe in Hogsmeade arbeitete.
 

„Wenn ich ja sage“, rief Draco hinter dem blickdichten Vorhang, „gehst du dann und lässt mich in Ruhe duschen?“ Er stellte die Regler der Temperatur und der Stärke ein, ehe er mit geschlossenen Augen nach oben sah und das Gefühl des niederprasselnden Wassers genoss, das nach Geißblatt und Vergissmeinnicht roch. 
 

„Das wäre doch wenigstens ein Anfang, der mich zufrieden stellen könnte. Du weiß, ich kann immer noch mit Ginny sprechen.“
 

Genervt hielt Draco inne. „Nein, dann kennst du dieses Bündnis, oder was auch immer dort herrscht, zwischen den Gryffindors nicht. Du wirst nichts herausbekommen und die kleine Weasley wird für dich nicht ihren Kopf hinhalten, indem sie mit Granger über mich spricht. Was glaubst du, wird passieren, wenn alles herauskommt?“ Er posierte selbst hinter dem Duschvorhang – nackt. Darüber hinaus musste er sich fragen: Kannte er die Gryffindors - als waschechter Slytherin - doch so gut, dass er wusste, dass sie zusammen hielten? Merlin!
 

„Sag du es mir. Du scheinst Ginny offenbar besser zu kennen als ich“, knurrte Blaise, der sich anschließend von der Wand abstieß. Er hatte es wirklich versucht. Blaise wollte Draco helfen, aber alles was Mister-Schönling bereit war zu tun, war, Hermine Granger weiter zu bedrängen, statt die Lage diplomatischer und verständnisvoller anzugehen. Tja, in Draco etwas wie Verständnis zu entdecken war schwieriger als angenommen. Ja, die Nadel im Heuhaufen war durchaus leichter zu finden, um ehrlich zu sein. Wenn man ihn jedoch darauf hinwies, wurde man obendrauf bepöbelt. 
 

„Klar, ich sags dir: Wenn wir auffliegen, dann holt uns der Harlekin“, brach es lachend aus ihm heraus. Im Nachhinein streckte er den Kopf unter den heißen Wasserstrahl, wodurch der Schaum über seine Muskeln, hinab zum Abfluss floss. „Uns beide, Blaise! Er holt uns beide!“ Vorsichtshalber strichen seine Hände mehrmals durch sein nasses Haar, um sicher zu gehen, dass seine Haare restlos vom Schaum befreit wurden. Unterdessen überlegte Draco, ob Blaise ebenfalls eifersüchtig war. Wenn ja, wäre das herrlich! Und eine weitere Entdeckung hatte er machen können. Das Verhalten anderer Leuten ließ sich immer leichter als das eigene beurteilen.
 

„Das ist doch nur ein albernes Märchen, um kleinen Kindern Angst zu machen“, bemerkte Blaise mit Bedacht.   
 

„Wer weiß das schon?“ Natürlich schenkte Draco solchen Ammenmärchen keinen Glauben, aber es war lustig, dass Blaise abergläubisch war und mithilfe eines Mythos verunsichert werden konnte. Er sah Blaises Gesicht vor seinem inneren Auge, wie er seine Hände in seinen Hosentaschen festkrallte und den Gedanken, dass ein verrückter Clown ihn holen käme, abschüttelte.
 

Viel länger dauerte das Gespräch nicht mehr, da Blaise es vorzog, seit Draco Ginnys Verhalten erläuterte, zu schweigen - ob aus Frust, vor Wut oder Trotz konnte Draco nicht genau einschätzen.

 
 

~*~
 

Auf dem Weg zur Halle der Prophezeiungen waren beide recht still. Hermine faltete ihre Hände, während sie neben Malfoy ging, vor ihrem Bauch zusammen, wohingegen dieser seine Hände hinter seinem Rücken ineinander verhakte. Dass sie in ihm bloß einen Stachel sah, der Hogwarts zum Bluten brachte, erdrückte ihn. Ja, ihre Worte klingelten immer noch in seinem Gedächtnis. Es war, als wäre sein Gehirn - im Bezug auf Granger – ein fotografisches Gedächtnis. Alles was sie sagte, speicherte er kategorisch ab, als wäre es irgendwann wieder von Bedeutung, weshalb er jedes ihrer Worte in sich sog - wie Sauerstoff. 
 

Morgen könnte er den Vielsaft-Trank zu sich nehmen und dann, ja, dann würde er Antworten erhalten, die er in seiner wahren Gestalt wohl niemals bekäme. Gerne wäre er hüpfend zum Raum gesprungen, doch das wäre auch in Dracos Augen zu auffällig. Zumindest würde er sofort misstrauisch werden.
 

Allerdings, und das war ein Novum, befiel ihn noch etwas anderes, was nichts mit Glückshormonen zu tun hatte. Draco fühlte sich nicht gut, bezüglich der Maßnahmen die er ergriff. Sein nicht vorhandenes Gewissen, das sich jetzt zu Wort melden und entwickeln musste, prügelte metaphorisch auf ihn ein. Immer wieder sagte er sich, dass das nicht der richtige Weg wäre, um Granger für sich zu gewinnen, aber wie sollte er sonst vorgehen? Sollte er auf Blaise hören und sich ändern? Aber wofür? War Granger soviel wert, dass er es tatsächlich in Betracht ziehen sollte, sich ernsthaft zu ändern? Granger müsste eine anziehende Persönlichkeit sein, wenn er schon so weit dachte? War so eine solche Persönlichkeit? Seine ehrliche Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Ja, sie wäre es wohl wert. Sie war immer das Gute; eben eine anziehende Persönlichkeit, jedoch nicht aufgrund ihres Heldenstatus, sondern wegen ihrer Art. Sie spiegelte in Dracos Augen all das Gute wider. Sie war womöglich reiner als Draco. Diese Anziehungskraft, welcher er sich nicht entziehen konnte, war so mächtig. Eine Macht, die Draco zu Anfang immer unterschätzte und er erst nach und nach realisierte, wie stark er von ihr angezogen wurde. Abermals dachte er darüber nach, was Granger ihm mit ihrer Bockigkeit zeigen wollte und wieder fand Draco keine Antwort.
 

Verdammt! Wieso war auch alles so kompliziert? Würde sie doch einfach nur nachgeben, dann hätte er sich solche Gedanken nie machen müssen. Oder legte sie es darauf an? Dass Draco sich verlor und sie immer mehr wollte? Nein, das schloss er sofort aus. Sie war eine Gryffindor. Ehrlich und für ihren Mut bekannt. Sie tauschte mit ihm doch nicht seinen Part. Nie käme Granger auf die Idee, ihn auszunutzen, nur um ihn am Ende zu desavouieren.
 

„Erzähl mir von meiner Mutter und der Situation im verbotenen Wald“, forderte Draco nach gefühlten Stunden und durchbrach diese nervige Stille. Lieber würde er ihr Plappermaul hören, als neben ihr herzugehen und zu wissen, dass sie von sich aus nicht den ersten Schritt wagen würde, aber weshalb auch? Einen Grund gab es nicht. Schließlich war es Draco, der kurz vor einem nervlichen Zusammenbruch stand, als er gestern mit Potter und Weasley an einem Tisch saß – inszeniert von Granger. Die Eskalation danach beachtete Draco nicht einmal.
 

„Gestern warst du nicht begeistert davon“, erwiderte Hermine perplex, nachdem sie plötzlich seine Stimme vernahm. Keinen einzigen Satz wollte er seit Arbeitsbeginn mit ihr wechseln. Woher also der Sinneswandel? Ob es daran lag, dass er ein Slytherin war und sich - wann es ihm recht war - aussuchte, wann er sprechen wollte? Hermine musste schmunzeln. Ja, möglich wäre es.
 

Regel Nummer eins wäre, sie nicht mehr zu unterbrechen, außer, es wäre etwas utopisches, was er nicht hören oder verstehen wollte. „Scheiß auf gestern. Zu meiner Verteidigung muss ich erwähnen, dass Potter und Weasley nicht gerade das passende Ambiente für eine geistreiche Unterhaltung waren. Vor allem Weasley nicht!“ Sie sollten eigentlich auch gar nicht in den Hallen herumschwirren, sondern sich damit befassen, wie es möglich wäre, den Raum der Liebe betreten zu können, ohne von dieser starken Liebe umhüllt zu werden. Dafür sollten sie in der Ministeriumsbibliothek Bücher wälzen. Jedoch gewann Granger nach einem stummen Kampf. Sie ging nämlich einfach voraus und schaute gar nicht zurück, um zu kontrollieren, ob Draco ihr auch wirklich folgte. Sie ging - wirklich einfach so - davon aus, dass Draco ihr nachging. „Danach kannst du mir erklären, weshalb du immer mehr den Drang verspürst, gegen Regeln zu verstoßen. Das kenne ich gar nicht von dir.“
 

Ihre Wangen liefen rot an. „Wenn es um Dinge geht, die die Allgemeinheit - wozu auch wir beide zählen - gefährdet, dann sollten wir es durchaus in Betracht ziehen, gegen Regeln zu verstoßen, oder nicht? Natürlich nur, wenn es nicht anders geht. Ich hatte nämlich nicht das Gefühl, dass du einen neuen Voldemort möchtest.“
 

„Vorausgesetzt, es handelt sich wirklich um einen Horkrux“, ergriff Draco das Wort, mit denen er sie gleichzeitig belehren wollte. 
 

„Ich sage dir, es ist ein Horkrux. Ich bin mir sicher und wärst du gestern nicht wie ein wilder Stier abgehauen, nachdem du Ron verhext und Harry tätlich angegriffen hast, wüsstest du, worüber wir noch gesprochen haben.“ Wütend darüber, dass Malfoy so handelte, war sie immer noch. Das konnte so nicht weitergehen, dass, wenn Malfoy sich in seinem Stolz oder seiner Ehre verletzt fühlte, er einfach den Stab zog und ihn gegen jemanden einsetzte, der wehrlos vor ihm stand. Ganz zu schweigen von seinem körperlichen Angriff auf Harry, der genauso zu verurteilen war. 
 

Augenblicklich wurde Draco hellhörig. Zwar wollte er wissen, was mit seiner Mutter war, aber ein Gespräch zwischen dem goldenen Trio war auch interessant genug, um über die Information und die Bestätigung, dass seine Mutter ihre Ideale verraten hatte, hinwegzusehen. „So? Was meinte das Narbengesicht noch?“
 

„Abgesehen davon, was für ein hervorragender Magier du bist?“
 

„Sollte das ein Scherz sein?“, fragte Draco nach und seine Züge wurden weicher. Die Zusammenarbeit mit Granger war... war so anders als in Hogwarts geworden. Seit kurzem benahmen sie sich wie Erwachsene, auch wenn ab und an das jugendliche Verhalten durchsickerte, so fühlte sich Draco hier, in ihrer Gegenwart und im Ministerium, erwachsen. Ob es wirklich nur an der Umgebung lag? Daran, dass sie von Erwachsenen umgeben waren?
 

„Natürlich. Auf jeden Fall denkt auch Harry“, würde sie Ron erwähnen, wäre der Streit schon vorprogrammiert, „dass es sich hierbei um einen Horkrux handelt. Ja, Malfoy, auch ohne die Kugel gesehen zu haben“, fügte sie bissig hinzu, als Malfoy zum Konter ansetzte. 
 

„Ich wundere mich, was Potter angeht, schon gar nicht mehr. Über gar nichts mehr!“ Doch, tat er. Was konnte dieser Bastard denn nicht? Gab es etwas, was dieser Held nicht konnte, Merlin nochmal? Jetzt konnte Potter auch noch hellsehen. Wunderschön! Selbst im sechsten Jahr holte Potter in Zaubertränke auf und wäre Draco nicht so abgelenkt gewesen, hätte Potter ihn niemals mit drei Punkten überholen können. Wieder war ein Moment zum Haare raufen gekommen, oder noch besser, seine Faust in Potters dämlich grinsendem Gesicht zu platzieren. 
 

Hermine überging ihn und öffnete die Tür zur Halle. „Die Kugel ist plötzlich weg, du hörst Schritte, als wäre erst vor kurzem jemand da gewesen um die Kugel zu holen. Wir glauben, uns hat entweder jemand belauscht oder derjenige wurde einfach vorsichtiger, ohne uns gesehen zu haben.“
 

Dass sie belauscht wurden, hatte Draco gestern schon gesagt, aber ihm hörte man ja nicht zu. „Weswegen vorsichtiger? Weil die kluge Granger hier ist?“ Gelangweilt trottete er neben ihr her. „Okay, es ist schon seltsam, dass diese Kugel – ausgerechnet jetzt, nachdem wir sie entdeckt haben – verschwindet, aber das heißt leider noch gar nichts, oder? Wenn ja, liefere mir irgendein Gegenargument.“ Draco verschränkte die Arme und tippte mit einer Hand auf den gegenüberliegenden Arm. Er wartete und wartete... und wartete. „Du hast keins, abgesehen von deinem mysteriösen Nebel, der von den anderen abweicht. Meine morgendliche Toilette sieht auch jedes Mal anders aus“, ergänzte Draco hämisch. Als er den Satz jedoch in Gedanken wiederholte, kam er sich so dämlich vor. Darüber hinaus waren Grangers Sätze ein weiteres Zeichen dafür, wie sehr der Krieg ihr zugesetzt hatte. Ein weiteres Indiz war ihr Misstrauen und ihre Vorsicht. „Herrgott, Granger. Also tatsächlich wegen irgendeinem Nebel. Ich fasse es nicht, dass ich mich darauf eingelassen habe. Viel früher hätte mir auffallen müssen, wie absurd sich all das anhört. Ich dachte, ihr würdet mir nicht alles sagen, aber es scheint so, als hättest du das getan und Potter wollte - sofern ich nicht das Weite gesucht hätte - dies auch tun.“ Fassungslos landete seine Hand auf seiner Stirn.
 

„Und genau deswegen ist es ein Horkrux. Jeder würde so denken wie du. Nur wegen dem Nebel.“ Kurz stutzte Hermine, bevor sie provozierend hinzufügte: „War einfaches Denken nicht die Spezialität eines jeden Todessers?“ Abschließend stemmte sie die Hände in ihre Hüften.
 

„Wahnsinn. Du vergleichst mein Ingenium mit minderbemittelten Kreaturen? Du kennst mich ja wirklich nicht, Granger, aber macht mich das in deinen Augen endlich zu einem normalen Menschen, oder bin ich immer noch ein abartiger Todesser?“ Eine Flut an Emotionen durchschoss Draco. Das Vorhaben, den Vielsaft-Trank zu sich zu nehmen, schwankte immer mehr. Was, wenn er auffliegen würde? Was, wenn er jetzt schon Antworten bekäme? Sie sprach ja schon recht viel mit ihm. Der Vielsaft-Trank wäre... nutzlos. Ihre Späße - soweit man das so nennen konnte - waren so aufbauend und echt, wodurch sein Plan zunehmend ins Schwanken geriet. Auch besaß sie die Macht, Draco anhand ihrer Reaktionen zu beeinflussen. Sie war es, die ihn zu Überlegungen anregte. Ihm kam der Verdacht, dass ihre Resonanzen seinen Alltag bestimmen konnten und das war erschreckend.
 

„Ich denke, das macht dich normal. Willst du das sein?“, fragte Hermine lauernd.
 

„Nein“, feixte Draco, „ich wäre verrückt, wenn ich gerne normal wäre. Das ist so langweilig.“ Nein, er würde den Vielsaft-Trank zu sich nehmen. Sicher gab es Dinge, die Draco niemals aus ihr herauskitzeln könnte, egal, wie gut sie sich verstehen würden. Was alles passieren konnte, wenn er aufflog, verdrängte Draco in die letzte Ecke seiner Gedanken. Außerdem sollte der Einbruch in Slughorns Vorratskammer und Pansys Tiraden nicht umsonst gewesen sein. „Und jetzt erzähl mir von meiner Mutter. Du weißt mehr als ich, was sie angeht.“
 

„Sollte das nicht besser deine Mutter übernehmen? Ich will nicht die Wut, die du auf deine Mutter verspürst, ertragen müssen, nur weil sie nicht anwesend ist. Eigentlich will ich mich auch nicht in deine familiären Angelegenheiten einmischen.“
 

Cleverer Gedanke. Sie würde, wenn das Gespräch im Sande verlief, seine Wut spüren, ja, aber sie wollte sich nicht in familiäre Angelegenheiten einmischen? Ganger war eine genauso begabte Schauspielerin wie Draco, stellte er fest. Granger wollte, nein, sie musste, immer alles wissen. Das lag in ihrer neurotischen Natur. „Schlaues Mädchen, aber“, schnell griff er nach Grangers Arm, „ich will es von dir wissen. Narzissa würde mich nur belügen, obwohl ich ein Recht auf die Wahrheit hätte.“
 

Nein, denn genau das hatte er nicht. Es ging nicht um Draco Malfoy. Malfoy wollte nur wieder alles wissen. In der Hinsicht waren sie sich gar nicht so unähnlich, musste Hermine konsterniert erkennen. Vielleicht, nur vielleicht dachte Hermine, wollte Malfoy aber auch einfach nur verstehen, was seine Mutter zu diesem groben und doch nützlichen Verrat getrieben hatte? „Auch wenn es dich nichts angeht“, betonte sie und unterstrich ihre Aussage mithilfe ihrer Finger. Eindringlich sah sie in seine grauen Augen, die Hermine auf irgendeine Art anflehten, ihm endlich die Wahrheit zu sagen, woraufhin sie nachgab. „Werde ich dir trotzdem davon erzählen.“
 

„Es geht mich sehr wohl was an“, fauchte Draco und sein Griff wurde wieder unkontrollierter. „Wenn ich Potter schon zu Dank verpflichtet bin, dann will ich wenigstens wissen, wieso!“
 

Er wollte wissen wieso? Und er sah ein, dass er Harry danken musste? Wofür genau, würde Hermine gerne wissen, doch sah sie davon ab, ihn danach zu fragen. Wollte er sich bedanken, weil Harry Voldemort vernichtet und Malfoy somit eine sicherere Zukunft gewährleistet hatte? Oder war Malfoy dankbar, dass Harry ihn vor den Flammen des Dämonsfeuers, das im Raum der Wünsche ausgebrochen war, gerettet hatte? Ihr fiel aber noch ein anderer Grund ein. „Aus dem einfach Grund, weil Harry für dich ausgesagt hat und du Askaban umgehen konntest. Deine Mutter hat damit nichts zu tun.“
 

Ruhe bewahren, Draco! Was redete sie da? „Doch, genau das hat es. Narzissa hat mit alldem was zu tun. Ihr Verrat hat es Potter erst ermöglicht, heil aus diesem Wirrwarr herauszukommen und nur wegen Narzissa war Potter in der Lage, überhaupt für irgendjemanden auszusagen!“ Er schrie, fauchte und knurrte nicht. Er zwang sich ruhig zu bleiben, und unter größter Aufbringung seiner Gelassenheit funktionierte es, Merlin sei Dank, auch. „Sag nicht, dass Mutterliebe sie dazu getrieben hat.“ Das würde perfekt in Grangers Bild passen - Mutterliebe!
 

„Malfoy“, Hermine sah das knappe Verdrehen seiner Augen, ehedem er angewidert zur Seite sah, „deine Mutter hat es aus Mutterliebe getan. Ihre einzige Sorge warst du.“ Oh, würde sie explizit erwähnen, dass Harrys Weiterleben darauf beruhte, dass Malfoy im Schloss überlebte und Narzissa ihn daher nicht verraten hatte, würde in Malfoy ein Feuerwerk des Glücks explodieren. Das wäre ein gefundenes Fressen, womit er Harry vorwerfen konnte, dass dieser nur seinetwegen unter den Lebenden verweilte und Malfoy zu tausendjährigem Dank verpflichtet wäre. Da klang Mutterliebe bedeutend neutraler. „Ihr war es egal, welche Seite gewinnt. Sie wollte dich aus diesem Krieg retten.“
 

„Denkst du das, oder sind das Potters Worte? Der allwissende Potter, mit seinen Fähigkeiten einfach nicht sterben zu wollen und den Todesfluch wie Kürbissaft schluckt“, erwiderte Draco mit Resignation im Gesicht. Ja, verdammt. Wenn er ein rechtschaffener Mann wäre, hätte er auch den Anstand, sich bei Potter - für einige Dinge - zu bedanken, aber seinen Stolz konnte er nicht hinunterschlucken.
 

„Bist du neidisch auf Harry?“ Hermine wagte sich einen Schritt weiter, obwohl Neid in Relation mit Harry und Malfoy so sinnwidrig war, wie, dass Snape zu Lebzeiten pinke Socken zuhause trug. Sie wollte Malfoys Reaktion testen, denn waren es nicht seine Worte, dass auf eine Aktion auch eine Reaktion folgte? Sie griff nach Malfoys Hand, welche um ihr Gelenk geschlungen war, um sie anschließend in ihre zu legen. Sie verschloss sie miteinander und würde sie hinab sehen, würde sie nicht erkennen, welche ihre und welche Malfoys Hand wäre. Er wollte sie wirklich? Dann sollte sie auch im Stande sein, ihn zu beruhigen, denn ihr entging nicht, dass sich ein Sturm in ihm ausbreitete, der kurz davor war, alles zu zerstören, was sie bisher gemeistert hatten – sich nämlich vernünftig und sachlich zu unterhalten; vielleicht auch zu diskutieren. „Ich meine, es stört dich ja wirklich, dass Harry zweimal überlebt hat, oder? Deine engstirnige und introvertierte Haltung machen es einem ja unmöglich, dich zu verstehen. Deswegen frage ich“, rechtfertige sie ihre ungewöhnliche Frage. 
 

„Engstirnig? Okay, vielleicht in manchen Situationen, aber introvertiert? Granger, ich bin die Extrovertiertheit in Person und zu deiner Frage: Es stört mich nicht. Es kotzt mich an!“ Sie hatte ihre Hand mit seiner verschlossen! Grundgütiger. Draco musste auf ihre verschlossenen Hände starren. Das Bild war so abwegig, paradox und skurril, dass Draco sich mehrmals versichern musste und hinuntersah. Ein paar Mal drückte er ihre Hand, um zu realisieren, was hier gerade passierte. Nachdem er sich sicher war, dass das keine Imagination war, schaute er in ihr Gesicht. Ein freundlicher Ausdruck zierte ihr Gesicht, was es ihm unmöglich machte, sie anzuschreien. „Wir beide würden den Todesfluch nicht ein einziges Mal überleben. Mit Neid“, pochte Draco, „hat das nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, dass Potter nicht immer sein Schicksal, wie und wann er will, beeinflussen kann!“ Das war eine gute Ausrede. Dagegen würde sie nicht ankommen. 
 

„Harrys Schicksal war, Voldemort zu vernichten“, entgegnete Hermine sanftmütig und strich mit ihrem Daumen über Malfoys Handrücken.
 

Toll, sie konnte also doch etwas dagegen sagen. Typisch Granger. Typisch seine Granger! „Und meine Hand hältst du, weil du denkst, du kannst mich beruhigen?“ Draco betete, dass sie bloß nicht auf den Gedanken kam, diesen Kontakt zu unterbrechen! Wenn es einen Gott gab, dann würde er diesem - nachdem er abtreten würde - gerne die Hand schütteln, da er wohl für Grangers Handeln verantwortlich war und er Draco dieses Mal keine Steine in den Weg legte, obwohl er damals, im wahrsten Sinne des Wortes, einen Pakt mit dem Teufel einging, als er zu einem Todesser wurde.
 

„Ja, es funktioniert doch.“ Hermine fühlte sich stark genug, diesen Schritt zu tun. Dieselbe Stärke musste sie des Öfteren in Harrys und Rons Gegenwart einsetzen, wenn es darauf ankam Mut zu beweisen. Dasselbe galt für Malfoy, den sie besänftigen und zur Ruhe bringen wollte, trotz der Tatsache, dass sie ihn wenige Minuten zuvor provoziert hatte. 
 

„Soll mir das ein schlechtes Gewissen bereiten? Mir sagen, dass du alles mit Vernunft und“, kurz unterbrach er sich, „mit Liebe bewältigen kannst, während ich alles mit Gewalt lösen muss?“ Das L-Wort schmeckte furchtbar abstoßend in seinem Mund und er hätte es zu gerne durch ein anderes Wort ersetzt. „Wenn ich dich an die Hand nehme, mutierst du zu einer hysterischen Furie“, erwiderte Draco mokant.
 

„Malfoy!“
 

„Siehst du?“, entgegnete Draco grinsend. „Ich bringe dich sogar mit Worten in Ekstase. Schaffen Potter und Weasley das auch? Wenn nicht, ist das ein eindeutiges Zeichen dafür, dass wir unbedingt miteinander schlafen sollten.“ Das Verlangen nach ihr schmerzte Draco mittlerweile so sehr, dass er sie ständig danach fragen musste, in der Hoffnung, sie würde einknicken und endlich ja sagen. Selbst Draco war genervt von sich, weil er sie so dringend wollte.
 

„Malfoy, bitte. Lass uns bitte bei der Sache bleiben“, flehte Hermine. Malfoys Gedanken waren schön, aber nicht umsetzbar – zumindest nicht mit ihm. Er war nicht der richtige Mann für Hermine. Sie konnte sich nicht auf ihn verlassen und... und was noch? Er war ein Todesser gewesen und kämpfte jahrelang gegen Harry, Ron und sie. Er meinte es nicht ernst mit ihr und sie war sich zu schade, ihr erstes Mal an jemanden wie Malfoy wegzuwerfen. Außerdem war er... Er war Malfoy. Draco Malfoy!
 

„Ja, Malfoy!“, tönte eine unbekannte Stimme, die irgendwo hinter den Regalen zu vermuten war. „Kümmere dich einmal um deine Arbeit.“
 

Schneller als Granger, hatte Draco seinen Stab gezogen. Aber auch Hermines Hand fand flink zu ihrem Stab . „Verstecken brauchen wir uns nicht. Derjenige“, und Draco hatte eine gewisse Vorahnung wer derjenige war, „weiß bereits, wo wir stehen. Höchstwahrscheinlich sieht er uns. Andernfalls hätte er nicht gesprochen“, flüsterte Draco streng, ohne sie anzusehen. 
 

Jemand bedrohte sie! Jetzt, in diesem Moment, verstand sie Harry deutlich. Es schien wirklich, als würde alles von vorne beginnen und auch Hermine spürte eine Leere in sich, die Harry vor wenigen Tagen versuchte zu erklären und kläglich daran scheiterte. Auch Hermine würde daran scheitern, wenn sie erklären müsste, wie sie sich gerade fühlte. Wer hatte sie belauscht? Wer versteckte sich hier in den Tiefen der Halle? Wer versuchte mit dieser rauen und eisernen Stimme, Malfoy und sie einzuschüchtern?
 

„Lumos!“ Draco zerrte Hermine hinter sich. Gerade als sie wieder an ihm vorbeihuschen wollte, stoppte er sie mit seinem ausgestreckten Arm. „Nein! Du bleibst hier stehen, verstanden?“, knurrte er ungehalten. „Ich kann es mir nicht leisten, wenn du deinen Dickschädel durchsetzen willst und Alleingänge startest.“ Nein, würde ihr was passieren, wüsste er nicht, wie er reagiere. Der Gedanke alleine, sie verlieren zu können, war furchtbar.
 

„Ein Schlammblut, Malfoy? Ernsthaft?“, ertönte die Stimme erneut aus einer dunklen Ecke. 
 

Jetzt war der Moment, an dem Panik angebracht wäre, aber Draco blieb ruhig. Nur mit einem ruhigen und kühlen Kopf könnte man einen Plan konstruieren, der einigermaßen funktionieren sollte. Schnell drehte er sich zu Granger und packte sie am Arm. „Hör zu, hier handelt es sich nicht mehr um einen dummen Spaß. Du wirst -“ Draco sah, wie Grangers Unterlippe zitterte und sofort packte er fester zu. Die Strapazen nach dem Krieg mussten unendlich belastend für Granger sein. Sie zogen nicht einfach an ihr vorbei, nein, sie litt unter den Nachfolgen des Krieges. „Hör zu!“, knurrte er mahnend und holte sie mit seiner aggressiven Stimme zurück. Immer mehr sprach er sich Mut und Ruhe zu – kein Zorn, keine Wut, keine Angst durfte jetzt seinen Körper heimsuchen! „Du wirst jetzt zurücklaufen. Wir werden die Prophezeiung jetzt und morgen nicht beschaffen können. Du wirst dich jetzt retten. Ist das klar? Sei einmal kein Potter-Imitat“, versuchte er mit einer stoischen Haltung auf sie einzureden.
 

„Crucio!“, schrie die Stimme. 
 

Draco stand mit dem Rücken zum Angreifer und Hermine war es, die die Initiative ergriff. Sie warf ihn zu Boden, ehe sie ihm folgte. Dank ihres Eingriffs, kollidierte sein Rücken mit dem harten Steinboden, infolgedessen Hermine auf seinem Bauch landete. „Granger“, hustete Draco anzüglich, „du bist aber stürmisch!“ Ohne auf ihre Reaktion zu warten, drehte er sich mit ihr, wodurch sie nun unter ihm lag. Kurz sah er hinab in ihre Augen, bevor er ihr leise zuflüsterte: „Du wirst mich dafür maßregeln, aber wenn wir alles überstanden haben, wirst du mir dankbar sein!“ Alles musste schnell gehen und Draco hatte für diese Entscheidung nur wenige Sekunden Zeit, aber er wusste, es wäre die richtige Maßnahme. Egal, was Granger im Nachhinein sagen würde. Draco drückte seinen Zauberstab gegen seine Schläfe, während sein Gesicht so nah vor ihrem war, was dazu führte, dass seine Haare ihre Nase kitzelten. Ohne Probleme hätte er sie küssen können, doch tat er etwas ganz anderes, denn er wandte einen Zauber unausgesprochen auf sich und vermutlich nutzte er zum ersten Mal die Situation nicht aus. 
 

Hermines Gesicht wurde mit jeder Sekunde blasser. Sie lag auf dem Rücken und versuchte, sich mit ihren Ellenbogen fortzubewegen, jedoch war die Starre die sie umhüllte unnachgiebig, was ein Entkommen ausweglos machte. Großer Gott, ihr Mund klappte auf, als sie zusehen musste, wie Malfoy sich in einen schneeweißen Drachen verwandelte, der Hermine unter sich begrub. 
 

Malfoy war ein Animagus. Ein Animagus! In Form eines Drachens. Merlin, er würde die Halle komplett zerstören, wenn er im Stande war, Feuer zu speien. Seine Vorderläufe knallten auf die schwarzen Fliesen, was zu Rissen führte. Gleichzeitig stieß sein Kopf gegen die hohe Decke. Seine schiefergrauen Augen, die Hermine - nachdem sie sich unter ihm befreite - deutlich erkennen konnte, wanderten ruhig durch die Halle. Über seinen Rücken verteilten sich mehrere Stachel und selbst die Schuppen sahen so glatt und glänzend aus; überhaupt nicht wie Schuppen und... und er sah zu Hermine hinunter, bevor er sein riesiges Maul öffnete, aus dem ein grimmiges Brüllen drang. Er ließ sich soweit sinken, dass er sie nicht zerquetschte, sondern sein Bauch sie schützen würde, sollte der Angreifen erneut einen Zauber auf sie abfeuern und trotz des Schutzes von Malfoy, legte Hermine sich flach auf den Bauch, ehe sie die Hände vor ihre Augen schlug. Sie konnte all das nicht wahrhaben. Sie wollte es nicht wahrhaben. Hermine konnte gar nichts mehr kategorisieren. Sollte sie sauer sein, weil Malfoy – angesichts seiner Aussage – ein unregistrierter Animagus war, oder sollte sie Angst haben? Angst vor dem Angreifer oder Angst, von Malfoys Drachenbauch erdrückt zu werden? 
 

„Beeindruckend. Höchst beeindruckend“, schrie die unbekannte Person weiter. „Nur wird dir das nicht helfen, Malfoy.“
 

Der Fremde war ein Mann. War es ein Ministeriumsbeamter? Wenn ja, könnte er Malfoy nicht melden, da er zugeben müsste, dass er etwas in der Mysteriumsabteilung versteckte, was nicht entdecken werden durfte. Das, so war sich Hermine sicher, war wohl auch Malfoys Antrieb, seine Animagusform zu offenbaren. Derweil entfernte sie ihre Hände vor ihren Augen, um die Flure, soweit Malfoys Bauch das zuließ, nach einem Menschen abzusuchen - doch nichts. Sie sah nichts, denn Malfoys Lumos erlosch, als er sich in den Drachen verwandelte. Auch nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie nichts - außer Malfoys Bauch, sowie seine glänzenden Augen - erkennen.
 

„Du scheinst dich nicht oft zu verwandeln“, höhnte die Stimme weiter und Hermine kam die Stimme so bekannt vor. Das Problem war, dass sie sie nicht zuordnen konnte. „Sonst wüsstest du, dass Drachen in der Dunkelheit nicht besonders gut sehen können.“
 

Falsch! Echte Drachen, die als solche geboren wurden, konnten nachts oder in der Dunkelheit sehr schlecht sehen. Das wusste Hermine, weil sie wissen wollte, weshalb die Drachen in Gringotts - die die älteren Verließe bewachten - blind waren. Die Drachen in Gringotts wurden blind, weil sie der ewigen Dunkelheit ausgesetzt waren. Malfoy aber war ein Animagus und übernahm somit keine negativen Eigenschaften des Tieres, in welches er sich verwandelte – Animagi nahmen nur die positiven Eigenschaften an und wenn Malfoys Augen gut waren – wovon Hermine ausging, da er keine Brille trug – konnte er alles sehen, was er auch mit menschlichem Auge sehen würde, nur größer und in mächtiger Höhe; wodurch er womöglich alles besser überblicken konnte. Der Mann wusste demnach gar nichts über Animagi, was darauf führte, dass er ein Todesser war – da diese sich selten in einen Animagus verwandeln konnten; so ähnlich verhielt es sich auch mit Patroni. Todesser hatten niemals Patroni verwendet. Hermine wusste jedoch, dass Snape der einzige Todesser war, der im Stande war, einen Patronus zu erzeugen. Aber wieso war Malfoy ein Animagus? Konnte Malfoy ebenfalls einen Patronus erzeugen? Wer brachte ihm diese Magie bei? Snape vielleicht? Voldemort persönlich? Im selben Atemzug schloss Hermine diese Möglichkeit aus. Voldemort war viel zu stolz, um eine seiner Gaben oder Fähigkeiten weiterzugeben. Schließlich hatten Hermine, Harry und Ron in der heulenden Hütte gehört, wie Voldemort – kurz bevor er Nagini auf Snape ansetzte – sagte, dass nur er dazu befugt wäre, ewig zu leben.
 

Malfoy trat mit seinen Klauen vorsichtig nach vorne, doch war das schwerer als gedacht. Er stieß gegen eines der Regale, was sofort umfiel und mehrere Kugeln zu Bruch gingen. 
 

„Du musst schon vorsichtiger sein, Malfoy-Erbe“, spottete die Stimme wieder. 
 

Mit seiner rechten Klaue zog er Hermine jedes Mal mit sich nach vorne, um zu verhindern, dass sie in die Schusslinie des Angreifer gelangte. Er schnaubte, woraufhin sich seine Nüster aufblähten, aus denen gewaltige Rauchschwaden stiegen. Jeden kleinsten Millimeter versuchte er in dieser gigantischen Höhe zu erfassen, doch es misslang ihm. Er spürte, wie Granger sich an seinem rechten Bein festklammerte, weshalb er mit diesem Fuß sanfter als mit den anderen auftrat. Wie gerne würde er Feuer spucken, um all das hier nieder zu brennen. Doch was sollte er danach sagen? Dass sie hier einen Horkrux vermuteten, dies schlussendlich aber nicht mehr beweisen konnten, weil Draco zündelte und alles abfackelte? Darauf wartete die unbekannte Person doch nur, aber wer bei Merlin war die Person? Und wie sollte Draco seine Animagusform erklären? 
 

„Verwandel dich zurück, Malfoy!“, rief die Stimme aus eine Ecke, die Draco schwer deuten konnte, trotz der Tatsache, dass sein Gehör wunderbar funktionierte. „Ich werde dir erklären, weshalb ich hier bin und wieso ich den Horkrux hier versteckt habe. Ich gebe mich zu erkennen, da, wenn ihr diesen Vorfall meldet, euch sowieso niemand glauben wird.“
 

„Tu was er sagt“, rief Hermine verzweifelt zu Malfoy hinauf. Erst wenn sie ihren Gegner kannten, konnten sie Maßnahmen ergreifen und wissen, mit welcher Macht sie es zu tun bekämen.
 

Angewidert schüttelte Draco seinen riesigen Drachenkopf. Aufgrund seiner Animagusform musste er sich nur wünschen, sich zurückzuverwandeln, und es würde ohne Zauberstab geschehen, da er als Tier sowieso nicht sprechen konnte. Nach und nach schrumpfte der Drache in sich zusammen. Die Schuppen, sowie die Stachel verschwanden, bis Draco neben Hermine stand und wütend zu ihr hinab sah. „Ich folge keinem Befehl, Granger! Merk dir das, verdammt“, waren die ersten Worte aus seinem Mund, nachdem er reflexartig seinen Stab zog. 
 

„Wieso kannst du dich in einen Animagus verwandeln?“, wollte Hermine sofort wissen und rüttelte am Saum seines Hemdes. 
 

„Das geht dich nichts an“, fauchte Draco, da sie seine Konzentration störte. Im Anschluss durchquerten sie die Flure, um endlich diesen feigen Angreifer oder Verräter, oder was auch immer er war, ausfindig zu machen. Er hasste es, wenn man ihn an der Nase herumführte. Er wollte immer die Oberhand behalten und die Kontrolle zu keinem Zeitpunkt hergeben. Sein Kontrollverlust von gestern, in Potters, Grangers und Weasleys Gegenwart, zählte nicht!
 

„Erzähl es mir!“, forderte Hermine, dieses Mal energischer.
 

„Sicher nicht, wenn wir belauscht und beobachtet werden“, brummte Draco, der Hermine näher zu sich heranzog. Er würde keine weiteren Informationen, in dieser unsicheren Umgebung, preisgeben. Lieber würde er sich wieder mit Potter und Weasley an einen Tisch setzen. Alles, was er nur wollte, war, Granger zu schützen und was tat sie? Wollte wieder alles wissen, musste ihrem chronischen Verlangen nachgehen, immer alles verstehen zu wollen. „Wir reden später mit Potter darüber“, fuhr er fort, als er um eine Ecke bog, aber in einen leeren Gang blickte.
 

„Du willst mit Harry sprechen?“ Hermine war vollends überrascht. Malfoy wollte noch einmal mit Harry sprechen? Das hieß, dass er daran arbeiten wollte, das Problem loszuwerden, denn laut der spärlichen Aussagen der unbekannten Person, handelte es sich um einen Horkrux. Nur wessen Horkrux war es? Egal wessen Horkrux es wäre, abgespaltene Seelenstücke waren gefährlich. Sie zeigten, dass jemand unsterblich werden wollte und meist traf das auf schwarzmagische Zauberer zu. Hermine hoffte, dass es kein Seelenteil von Voldemort wäre, denn das im Umkehrschluss bedeuten, dass... dass Voldemort nicht besiegt worden war und Harrys Mühen umsonst gewesen sein könnten, sollte der Unbekannte es schaffen, Voldemort ein zweites Mal zu reanimieren. 
 

„Das sagte ich, ja. Die Wandlung, alles was hier gerade vor sich geht, behagt mir nicht“, bemerkte Draco entschlossen. „Und zu dir, du kleiner Wichser. Komm endlich raus, du Feigling. Als ich in meiner Animagusgestalt war, hattest du ja nicht den Mut, dich zu zeigen“, polemisierte Draco herausfordernd. Nun war er es, der spottete. Gespannt und jederzeit bereit, standen Hermine und Draco, mit gezückten Stäben, Rücken an Rücken. 
 

„Malfoy?“
 

„Ja, Liebes?“
 

„Wie gefährlich könnte das alles werden?“ Hermine ärgerte sich schon nicht mehr über den Kosenamen, den Malfoy ihr gab. Es wäre unnötig, sich weiter darüber zu ärgern.
 

Draco hob seine Augenbraue. Er konnte das Zittern in ihrer Stimme heraushören und staunte, dass sie nicht weiter nachbohrte, wieso, weshalb und woher er den Animaguszauber gelernt hatte. Weil sie wusste, dass sie – sobald sie erneut nachfragte – auf Granit beißen würde? Oder waren sie sich wieder einer Meinung, als Draco sagte, dass er nichts mehr dazu sagen wollte, so lange sie unter Beobachtung standen? „Du hast gegen Todesser gekämpft. Du kannst diese Frage besser beantworten“, zischte Draco.
 

„I-ich denke, es wird gefährlich“, erwiderte Hermine und ihre Hand wanderte zu seiner Hand... zu Malfoys Hand. Sie zog so lange daran, bis er sich zu ihr umwandte und sehen konnte, was Hermine sah. Beide standen einer Gestalt gegenüber, die sich ihnen unaufhaltsam näherte – versteckt hinter einer silbernen, mit Runen besetzten Maske. 
 

„Komm schon, Arschloch. Ist ja langweilig, wenn du deine Maske auf deinem Gesicht lässt. Ich will wissen, wen ich zur Strecke bringe!“, brüllte der junge Slytherin in die Richtung des großgewachsenen Mannes. Als dieser Dracos Bitte langsam nachkam, hörte er Hermines stockende Atmung und auch Draco war verblüfft, wer unter der Maske war... 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nun? Wer könnte sicher hinter der - mit Runen besetzten - Maske verbergen? ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sama-chan
2018-06-19T20:10:31+00:00 19.06.2018 22:10
Ich denke immer noch, es ist der Typ, den Hermine bislang so angeschmachtet hat (und dessen Name mir gerade nicht einfällt).
Ach ja! Irgendwie muss ich noch erwähnen, dass ich mir Draco in Animagusform wie den Drachen aus “Chihiros Reise ins Zauberland“ vorgestellt habe. BIN ich da mit deiner Vorstellung ungefähr konform? ;)


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