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Paul MacLain der Privatschnüffler

Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv
von

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15. Fall - Serienmorde in Russland

15. Fall – Serienmorde in Russland

Es war Montag, der 29.04.2019. Jelena und ich waren nach unserer gemeinsamen Joggingrunde mit Brit ins Büro gegangen und hatten geduscht. Zuerst Jelena, dann ich, und Brit als letzte. Ich sah mir gerade die Post durch, die wir noch nicht bearbeitet hatten, als mir ein Brief mit der russischen Fahne auffiel. Ich gab ihn Jelena. „Der ist vom Generalkonsulat der russischen Föderation.“ „Was wollen die denn?“ Jelena öffnete den Brief. „Der Brief ist auf kyrillisch verfasst.“ „Kannst du ihn entziffern?“ „Na logo. Ich bin Russin, schon vergessen, Paul?“ „Bin echt gespannt, was die Russen von uns wollen.“ „Also da steht: „Mr MacLain, Miss Romanova. Ein Serienmörder treibt in Russland sein Unwesen. Er vergewaltigt und ermordet wahllos Frauen. Wir haben eine GRU-Agentin auf ihn angesetzt, aber vor kurzem kam die Nachricht aus Moskau, dass unsere Agentin, Sie hieß Raissa Sacharowna, dem Mörder zum Opfer gefallen ist. Wir wir aus dem Kreml erfahren haben, wurde Miss Sacharowna in Nowosibirsk erst vergewaltigt und ihr dann mit einem Messer die Kehle durchgeschnitten. Da uns bekannt ist, dass Miss Romanova Russin ist, wenden wir uns vertrauensvoll an Sie beide, in der Hoffnung, dass Sie unsere Agentin, Alexandra Fedorova, die aktuell auf den Fall angesetzt ist, tatkräftig unterstützen werden. Sie wird am Donnerstag, den 02.05.2019, um 10:30 Uhr bei Ihnen im Büro erscheinen.“

„Was meinst du, Jelena?“ „Könnte ein neuer Fall sein. War eine gute Idee von Brit, die Weltkarte aufzuhängen und mit verschieden farbigen Fähnchen die Orte zu markieren, wo wir schon tätig waren.“ Unterdessen war Brit damit beschäftigt, im Internet nach Berichten, über Frauenmorde in Russland zu recherchieren. Anschließend reichte sie mir einen Schnellhefter mit 15 Berichten. Ich sah mir speziell die Orte an, an denen sich ein Mord ereignet hatte und markierte ihn auf unserer Karte. Der erste Mord hatte sich in Sankt Petersburg ereignet, der zweite in Moskau, der dritte in Krasnodar, Opfer Nummer vier war in Wladiwostok und der letzte Nummer fünfzehn, Raissa Sacharowna, in Nowosibirsk. „Wo der Kerl wohl als nächstes zuschlägt?“, sinnierte ich. „Russland ist groß. Er kann überall zuschlagen.“

„Bisher hat der Mörder nur in großen Städten zugeschlagen. Was bedeutet, dass er schnell untertauchen muss.“ „Denkst du, was ich denke, Paul?“ „Ja. Wir sollten uns auf die großen Städte konzentrieren, in denen er noch nicht war.“ „Wie viele bestätigte Morde haben wir und wo sind sie geschehen?“,fragte Jelena. „Bestätigte Morde fünfzehn. Der erste Mord hat sich in Sankt Petersburg ereignet. Der zweite in Moskau, Nummer drei in Krasnodar, Nummer vier in Wladiwostok.“ „Und was ist mit den anderen?“ „Nummer fünf wurde in Archangelsk begangen. Opfer Nummer 6 kommt aus Sotschi. Nummer sieben wurde in Omsk umgebracht. Den achten Mord haben die Behörden in Nowokusnezk gemeldet.“, sagte ich. „Bleiben noch die Morde 9 bis 15.“ „Immer der Reihe nach. Mordfall Nummer 9 hat sich in Tscheljabinsk ereignet. Der zehnte registrierte Mord wurde in Rostow am Don begangen. Mord Nummer 11 wurde in Wolgograd gemeldet. Der zwölfte Mord hat sich in Murmansk auf dem dortigen U-Boot-Stützpunkt ereignet.“, sagte ich. 172

„Fehlen immer noch die Morde 13, 14 und 15.“ „Ja doch. Immer langsam mit den jungen Pferden. Mord Nummer 13, begangen in Jakutsk. In Irkutsk hat man die vierzehnte Leiche gefunden. Und Nummer 15, die GRU-Agentin, in Nowosibirsk.“ „Das sind alles Städte mit über 250.000 Einwohnern.“ „Was meinst du, wo wird er als nächstes zuschlagen?“ „Es gibt mehrere Möglichkeiten. Aber ich habe drei mögliche Ziele. Jekaterinburg, Perm und meine Heimatstadt Smolensk.“ „Und was ist, wenn du dich irrst?“ „Wir werden, sehen Paul. Wir werden sehen.“

Am Mittwoch, den 01.05.2019 las ich in der Zeitung einen Artikel über einen weiteren Sexualmord, der sich in der russischen Stadt Kemerowo ereignet hatte. Ich schnitt den Artikel aus der Zeitung aus und hob ihn auf. Auch ein Foto des mutmaßlichen Mörders war war dabei. Diesen Artikel zeigte ich am Donnerstag meiner Partnerin. Während sie den Artikel las, markierte ich den neuen Tatort mit einem rosa Fähnchen auf unserer Karte. „Den Typen kenne ich.“ „Wer ist das?“ „Michail Golowko. Ein ganz gefährlicher Bursche.“ „Was weißt du über ihn?“ „Michail Golowko. Geboren am 18.03.1946 in Krasnojarsk. Gelernter Elektriker. Unterhält seit dem gewaltsamen Tod seiner Frau Jekaterina keine feste Beziehung mehr.“ „Das erklärt aber nicht, warum er wahllos Frauen umbringt.“ „Er ist ein Frauenhasser. Denn eine junge Drogensüchtige hat Jekaterina Golowkowa am helllichten Tag auf offener Straße überfallen. Im Handgemenge der beiden löste sich aus der Pistole der Täterin ein Schuss, der Michails Ehefrau letzten Endes umgebracht hat. Er hat ihren Tod nie verwunden und ist seither ein verbitterter alter Mann.“ „Aber sonst noch gut beieinander?“ „Körperlich ja. Aber ob er geistig noch ganz auf der Höhe ist, darf bezweifelt werden.“, sagte Jelena.

Im selben Moment klingelte es an der Tür. Brit betätigte den Türöffner und öffnete die Tür zu unserer Detektei. Nur kurze Zeit später hörten wir Schritte auf der Treppe. Die Frau die eintrat war für ihre Verhältnisse hübsch anzusehen. Sie war 1,70 m groß und hatte einen schlanken Körper. Die blonden Haare trug unsere Besucherin offen, am unteren Ende in Dauerwelle ausgeführt, sodass sie bis zu ihren Schultern reichten. Die blauen Augen im ovalen Gesicht mit der zierlichen Nase und den sinnlichen Lippen schauten etwas unsicher drein. Auch ihre üppige Oberweite war nicht zu verachten. Auf ihrem rechten Arm trug sie mehrere Tattoos. Bekleidet war Alexandra Fedorova mit einem schwarzen Latexkleid und schwarzen High Heels.

„Ich bin doch hier richtig, bei Paul MacLain und Jelena Romanova?“, fragte sie vorsichtig. „Das sind Sie in der Tat. Was können wir für Sie tun?“ „Haben Sie den Brief vom russischen Generalkonsulat erhalten?“ „Das haben wir. Wir haben ihn auch gelesen. Wir wissen genau, wo der Kerl zugeschlagen hat. Gestern war ein Artikel über einen weiteren Mord mit einem Bild des mutmaßlichen Täters in der Zeitung. Wollen Sie den Artikel sehen?“, fragte ich. „Gern, Mr. MacLain.“ Ich holte den Artikel aus der Schublade meines Schreibtisches und reichte ihn der GRU-Agentin. „Ich kenne diesen Mann. Es ist Michail Golowko. Man nennt ihn auch „Der Schlächter.“ „Jelena meinte, dass er einen abgrundtiefen Hass auf Frauen hat.“ „Das stimmt. Hat sie ihnen die Geschichte erzählt?“ „Ja. Hat man die Täterin denn nicht ihrer gerechten Strafe zugeführt?“ „Wenn Sie 200 Stunden in einer 173

sozialen Einrichtung als gerecht empfinden, dann vielleicht.“ „Das ist ja ein vergleichsweise mildes Urteil.“ „Dieses Urteil ist ein Witz. Und für Michail Golowko ist es ein Schlag ins Gesicht.“, sagte Alexandra Fedorova. „Wenn man sich die jüngsten beiden Tatorte ansieht, stellt sich die Frage, wo dieser Mistkerl als nächstes zuschlägt.“ „Er ist noch in Kemerowo. Aber er trifft Vorbereitungen, die Stadt zu verlassen.“ „Weiß man, wohin er als nächstes will?“ „Er will nach Smolensk. Und von dort aus weiter nach Jekaterinburg. Kann ich auf Ihrer beider Hilfe zählen?“ „Wenn wir uns preislich einigen, dann bestimmt.“ „Die russische Regierung würde Ihnen jeweils 60.000 Euro zahlen. Mehr geht nicht.“ „Wir nehmen den Auftrag an.“

Am Montag, den 06.05.2019, reisten wir nach Moskau. Nach einer Flugzeit von drei Stunden, landete unsere Maschine um 15:25 Uhr auf dem Flughafen Moskau-Scheremetjewo. Nachdem wir unsere Koffer abgeholt hatten, gingen Jelena und ich zum Ausgang und riefen uns ein Taxi, das uns zum Bahnhof „Weißrussischer Bahnhof“ bringen sollte. Denn von dort fuhren die Züge nach Smolensk ab. Nachdem wir den Fahrer bezahlt hatten, gingen wir zum Bahnsteig. Jelena hatte sich gerade auf ihren Koffer gesetzt, als der Zug nach Smolensk eintraf. Da die Strecke elektrifiziert war, wurde der Zug von einer E-Lok der Baureihe WL 40U bespannt. Nach einer Fahrzeit von 5 Stunden und 40 Minuten kamen wir um 22:17 Uhr in Smolensk an.

Wir stiegen aus und suchten eine Autovermietung. Bei Hertz mieteten wir uns einen Skoda Superb der Premium Edition. Unser Wagen hatte den 2,0 L TDI SCR7-DSG 4X4 Motor. Lackiert war der Wagen in Velvet Rot Metallic. Die Sitze und der Dachhimmel waren mit beigem Leder bezogen. Der Betreiber der Hertz-Filiale in Smolensk hatte noch zusätzlich das Business Amundsen Paket dazu bestellt und außerdem den proaktiven Insassenschutz. Eine elektrische Heckklappenbedienung gehörte ebenso zu Extras unseres Skoda, wie der Heckscheibenwischer und das adaptive Fahrwerk DCC. Ein Sonnenschutzrollo für die Heckscheibe und die Seitenscheiben hinten war ebenso verbaut, wie der Parklenk-Assistent 3.0. Unser Skoda Superb hatte statt der herkömmlichen Stahlfelgen die 19-Zoll-Leichtmetallfelgen Modell „Trinity“ spendiert bekommen.

Vom Hauptbahnhof aus fuhren wir 11 Minuten zu unserem Hotel. Wir hatten uns für das Hotel „SandS of Time“ entschieden. Das SandS of Time bestand aus zwei Gebäudeflügeln. Der Westflügel hatte drei Stockwerke, der Ostflügel nur zwei Stockwerke. Die Fenster der Zimmer waren sehr großzügig und lichtdurchlässig. Die Außenfassade unseres Hotels war mit braunen Granitsteinen verziert. Neben dem Eingang, auf der linken Seite, war ein überdachter Bereich, der zweifelsohne die Raucherecke sein musste. Über eine Treppe gelangten wir in die Lobby.

Der Concierge sah gerade von seinem Monitor auf. „Guten Abend. Sie wünschen?“ „Paul MacLain und Jelena Romanova. Wir haben reserviert.“ „Einen Moment. Ah Ja! Da haben wir es. Paul MacLain Zimmer 103. Jelena Romanova Zimmer 102. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Haus. Falls Sie noch nichts gegessen haben, können Sie erst mal was essen und unser 174

Gepäckattache´ bringt Ihre Koffer auf ihre Zimmer.“ „Das ist sehr freundlich.“

Nachdem wir im Restaurant unseres Hotels etwas gegessen hatten, gingen wir auf unsere Zimmer und duschten erst einmal. Danach gingen wir ins Bett. Am nächsten Morgen frühstückten wir erst mal ausgiebig, denn die lange Anreise hatte doch sehr an unseren Kräften gezehrt. Nach dem Frühstück gingen Jelena und ich ein bisschen an die frische Luft. Meine Partnerin kaufte eine der lokalen Tageszeitungen. Auf der Titelseite konnte ich ein Bild des mutmaßlichen Serienkillers erkennen. „Er hat noch einmal in Perm zugeschlagen. Offenbar hat Michail Golowko Lunte gerochen.“, sagte Jelena. „Meinst du?“ „Da. Hier steht, dass das Opfer 28 Jahre alt ist.“ „Steht auch ein Name dabei? „Da. Das Opfer heißt Galina Kartschylova.“

„Na wen haben wir denn da? Jelena Romanova.“, hörte ich eine Frauenstimme. Jelena fuhr herum und strahlte über beide Backen, denn offenbar kannte sie die Unbekannte. Nun hatte ich Gelegenheit mir die Dame genauer anzusehen. Sie war 1,68 m groß und hatte ein ovales Gesicht mit braunen Augen. Auch wenn die Nase etwas breit geraten sein mochte, so fand ich sie dennoch hübsch. Ebenso die sinnlichen Lippen mit ihrer mittleren Länge. Auch die pralle Oberweite der unbekannten Schönheit wäre ein Eldorado für jeden Spanisch-Fan gewesen. Auch der schlanke, sexy Körper hatte sicherlich so manchem Mann eine Genickstarre beschert. Ihre brünetten Haare trug die Fremde offen, sodass sie bis zu ihren prallen Brüsten reichten. Sie schien sich ihrer weiblichen Reize durchaus bewusst zu sein, wie aus dem Outfit der Frau schloss. Sie trug ein schwarzes Minikleid und schwarze High Heels.

Es war ganz offensichtlich, dass sich Jelena und die unbekannte Schönheit kannten, denn sie umarmten sich sehr lange und sehr innig. Ich kam zu dem Schluss, dass meine Partnerin und die fremde Lady in Black in ihrer Schulzeit wohl einmal ziemlich dick befreundet waren und sprichwörtlich durch dick und dünn gegangen waren. Ich beschloss, diesen kostbaren Augenblick der Zweisamkeit nicht zu stören und sah mich nach einem Cafe´ um, wo ich einkehren konnte. Doch Jelena hatte wohl andere Pläne. „Paul, komm doch mal kurz. Ich möchte dir meine beste Freundin aus meiner Schulzeit vorstellen.“

Schließlich stand ich der jungen Dame Angesicht zu Angesicht gegenüber. „Darf ich vorstellen: Meine beste Freundin Anastasia Dimitrova. Und das ist mein Geschäftspartner Paul MacLain.“ „Freut mich sehr.“ „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Mr. MacLain. Was macht Ihr beiden hier in Smolensk?“, wollte Anastasia wissen. „Wir jagen einen Serienmörder. 17 mal hat er schon zugeschlagen.“ „Dann werdet Ihr Hilfe brauchen. Du warst lange nicht mehr hier, Jelena. Ich kenne Smolensk wie meine Westentasche. Apropos, um wen geht es eigentlich?“ „Michail Golowko.“ „Alles klar. Dann nehmt euch besser in Acht. Der Kerl ist so kräftig wie ein Bär.“ „Militärische Ausbildung?“ „Hat er. Er war in Afghanistan und später bei den Speznas. Er wurde aber nach dem Tod seiner Frau entlassen.“ „Alkohol?“, fragte ich. „Nicht nur das. Er war auch beleidigend gegenüber Frauen und hat sexistische Witze und Sprüche zum Besten gegeben.“ 175

„Das war sicherlich nicht das Einzige was er sich geleistet hat.“ „Nein. Ihm hat Jelena die Streichung ihrer Stelle zu verdanken.“ „Warum denn dieses?“, fragte ich. „Es war ursprünglich geplant, dass Jelena eine besser bezahlte Stelle bekommen soll. Damit wäre sie die Vorgesetzte von Michail Golowko geworden. Also hat er sich bei einem Parteifreund ausgeheult und dafür gesorgt, dass Jelena gefeuert wird.“

„Und selbst wenn. Mir bricht kein Zacken aus der Krone. So wie es jetzt ist, ist es für mich besser. Ich verdiene in drei Monaten mehr als ich in einem Monat bei Speznas verdient habe.“, sagte Jelena. „Du hast mir noch gar nicht erzählt, als was du tätig bist.“ „Paul MacLain und ich sind Privatermittler. Ich bin als Juniorpartnerin bei ihm eingestiegen.“ „Und was ist mit Ihnen? Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Privatdetektiv zu werden, Mr. MacLain?“, fragte Anastasia. „Ich war früher beim SAS. Hab dann drei Jahre unschuldig im Knast gesessen. Und das nur, weil ein ehemaliger Schulkamerad scharf auf meine Flamme war.“ „Wie habt Ihr beiden euch kennen gelernt?“, fragte Anastasia. „Du bist ja immer noch so neugierig wie früher. Und ich hab es damals schon gesagt, und ich sage es heute wieder: Irgendwann kostet dich deine Neugier noch das Leben.“ „Um Ihre Frage zu beantworten, Miss Dimitrova, Jelena und ich haben uns während meinem zweiten Falls kennen gelernt. Sie hatte denselben Auftrag wie ich, hat aber für ein japanisches Unternehmen gearbeitet. Bei meinem dritten Fall hat Jelena dann ihre Beziehungen spielen lassen, damit wir das Forschungsschiff Akademik Mstislaw Keldysch chartern konnten.“

„Jetzt fällt bei mir der Rubel! Ihr zwei seid also der Schrecken der bösen Buben.“ „Wieso das denn?“ „Die internationale Unterwelt zittert schon am ganzen Leib, wenn sie auch nur die Namen Paul MacLain und Jelena Romanova hören.“, sagte Anastasia. „Michail Golowko scheint aber keine Angst vor uns zu haben.“ „Er weiß noch nicht, dass Ihr auf ihn angesetzt seit. Aber er hat einen Tipp bekommen, dass ihm zwei Privatdetektive auf den Fersen sind.“ „Wer ist der Tippgeber?“ „Den Namen weiß keiner. Aber ich weiß, dass es eine Frau ist. Man nennt sie auch „Die Nachtigall“.“ „Vermutlich, weil sie eine schöne Stimme hat.“ „Weiß man denn, wo unser Vögelchen herkommt?“, fragte Jelena. „Sie ist Asiatin. Aus welchem Land sie kommt weiß niemand.“

Später am Abend kehrten wir ins Hotel zurück. Am Empfang hatte dieses Mal eine Frau Dienst. Die Dame war 1,74 m groß und hatte einen schlanken Körper. Das ovale Gesicht mit den grünen Augen, der grazilen Nase und den roten sinnlichen Lippen war ebenfalls nicht zu verachten. Ihre dunkelbraunen dauergewellten Haare trug sie offen, sodass sie bis zu ihren Schultern reichten. Ihre pralle Oberweite brachte sicherlich bei manchem Mann das Blut zum kochen. Bekleidet war sie mit einem schwarzen Minikleid mit einem silbernen Dekorstreifen an der Taille und am Ausschnitt und schwarzen High Heels.

Als wir die Lobby betraten, sah Sie kurz von ihrem Monitor auf. „Ich habe gehört, dass Sie beide sich für „Die Nachtigall interessieren. Ich könnte mit ein paar Informationen dienlich sein.“, sagte sie. „Dann lassen Sie mal hören.“ „Die Dame ist Vietnamesin. Sie ist in Haifong geboren, lebt aber in Hanoi.“ 176

„Vietnam ist doch ein kommunistisch regiertes Land, wenn ich richtig informiert bin.“ „Da. Ihr Vögelchen arbeitet für den vietnamesischen Geheimdienst.“ „Ich hoffe, Sie sind sich darüber im Klaren, dass Sie jetzt in Lebensgefahr schweben. Denn Sie haben uns auf eine heiße Spur gebracht. Verlassen Sie Russland, solange Sie noch können. Denn wenn Michail Golowko Sie in seine Fuddgriffel bekommt, ist für Sie Schicht im Schacht.“

Auf meinem Zimmer berieten Jelena und ich das weitere Vorgehen. „Wie kommt es, dass die Rezeptionistin etwas über Michail Golowkos Informantin weiß?“, fragte ich. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Entweder Sie ist eine Informantin des GRU, oder sie hat durch Zufall etwas mitbekommen.“ „Fragen wir doch einfach mal nach, wenn wir zu Abend gegessen haben.“ „Einverstanden.“ Nachdem Abendessen gingen wir noch einmal an den Empfang. Die Rezeptionistin, die uns die Auskunft über die Informantin des Schlächters gegeben hatte, sah von ihrem Monitor auf. „Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?“, fragte sie. „Wir würden gern wissen, woher Sie ihre Informationen bezüglich der Nachtigall haben.“ „Sie war mal mit ihrer Familie zu Gast bei uns im Hotel. Und jeder neue Gast muss seinen Pass vorlegen. So habe ich erfahren, dass sie aus Vietnam stammt. Aber dass sie für den vietnamesischen Geheimdienst arbeitet, habe ich erst herausgefunden, als ich die Post für die Gäste sortiert habe. Mir ist ein Umschlag aufgefallen, der einen Stempel trug. Es war das Wappen der vietnamesischen Botschaft. Da so etwas nur selten vorkommt, wurde ich misstrauisch und habe den Umschlag geöffnet. Und da ich des vietnamesischen mächtig bin, wusste ich sofort, dass die Regierung in Hanoi zusammen mit dem Geheimdienst einen Dissidenten entführen lassen wollte, um ihn in seinem Heimatland vor Gericht zu stellen.“

Jelena und ich beschlossen noch einmal an die frische Luft zu gehen. Und unerwartet liefen wir Anastasia Dimitrova in die Arme. „Na, Ihr zwei hübschen, was treibt euch noch zu so später Stunde auf die Straße?“ „Wir wollten noch mal an die frische Luft. Außerdem müssen wir etwas besprechen, was Golowkos Informantin angeht. Uns wurden einige interessante Dinge berichtet.“ „Ich hab euch das vorhin nicht gesagt, aber ich wurde euch für die Zeit hier in Smolensk als Verbindungsmann zugeteilt. Alles war Ihr wisst, müsst Ihr mir auch mitteilen.“ „Wer immer sich diesen Blödsinn ausgedacht hat, gehört mit dem Kopf nach unten ans Kreuz geschlagen.“, knurrte ich. „Ich hab die Vorschriften nicht gemacht. Der Chef der GRU-Abteilung hier in Smolensk hat es so angeordnet.“ „Also gut. Wir haben erfahren, dass Golowkos Informantin vietnamesische Staatsbürgerin ist und für den vietnamesischen Geheimdienst arbeitet.“ „Ich werde mal das Archiv durchforsten. Denn wenn noch etwas über die vermeintliche Entführung 2016 in den Akten zu finden ist, müsste auch der Name in den Unterlagen zu finden sein.“ „Freu dich lieber nicht so früh. Geheimdienstler reisen meist inkognito.“

Am nächsten Morgen, wir waren gerade mit frühstücken fertig, kam Anastasia Dimitrova. Sie hatte eine Aktenmappe mitgebracht. „Das dürfte euch interessieren.“, sagte sie. Jelena schlug die Mappe auf. „Jetzt haben wir auch ein Gesicht. Hier, sieh dir das Foto mal an, Paul.“, sagte sie und reichte mir ein Schwarz-weiß-Bild. 177

Das Foto zeigte eine 1,65 m große Frau. Der schlanke und grazile Körper hatte etwas verführerisches. Wenn nur nicht der strenge Blick in den braunen Mandelaugen in einem ovalen Gesicht mit einer grazilen Nase und roten sinnlichen Lippen und die Militäruniform nicht gewesen wären, hätte ich diese Frau durchaus als attraktiv angesehen. Die schwarzen Haare hatte sie zu einem Dutt zusammengebunden.

Ich drehte das Foto um. Auf der Rückseite stand der Name der Nachtigall. „Na sieh mal einer an. Unser Vögelchen hat den Rang eines Colonel.“, sagte ich. „Was steht da?“ „Colonel Shu Yang.“ „Das ist eine ganz gefährliche. Wir müssen Sie zuerst ausschalten, ehe wir uns den Schlächter vorknöpfen.“ „Da gebe ich euch Recht, aber Shu Yang ist nicht aus Dummsdorf.“ „Fakt ist, für die Rezeptionistin wird es jetzt gefährlich. Wenn Shu Yang erfährt, dass diese Frau uns etwas über sie verraten hat, dann wird sie nicht zögern, und sie dem Schlächter ans Messer liefern.“ „Es würde uns weiterhelfen, wenn wir wüssten, in welchem Hotel Shu Yang abgestiegen ist.“

Alexandra Fedorova betrat die Lobby unseres Hotels. „Ach hier sind Sie beide! Da kann ich ja ganz Smolensk auf den Kopf stellen, bis ich alt und grau bin.“, sagte sie etwas streng. „Wo hatten Sie uns denn erwartet?“ „Im Art Hotel Kutuzov.“ „Und warum ausgerechnet dort?“, wollte ich wissen. „Weil das ein beliebtes Hotel bei Geheimagenten und Detektiven ist.“ „Dann nehme ich an, dass Shu Yang auch dort abgestiegen ist.“, sagte Jelena. „Ich sehe schon, Sie beide waren schon fleißig. Aber ich muss Sie leider enttäuschen, Miss Romanova. Shu Yang hat sich im Hotel Aurora eingemietet.“ „Jemand sollte sie beschatten. Denn nach allem was wir wissen, ist sie Michail Golowkos Informantin.“ „Das übernehme ich.“, sagte Alexandra Fedorova. „In Ordnung. Was vielleicht auch noch wichtig wäre, ist, wo sich der Schlächter zurzeit aufhält. „Er ist heute Morgen um 5:00 Uhr hier in Smolensk angekommen. Er wohnt im Hotel Nika.“

Den ganzen Tag passierte nichts. Bis am späten Nachmittag Anastasias Smartphone klingelte. Alexandra Fedorova hatte Shu Yang beschattet. In der Uspenski-Kathedrale, so berichtete die GRU-Agentin, hatte die Nachtigall dann den Schlächter getroffen. „Wir müssen handeln. Eine Rezeptionistin im Hotel SandS of Time hat den beiden Privatschnüfflern, die dir auf den Fersen sind, etwas über mich verraten.“ „Weiß man, wer die beiden sind?“ „Er ist Schotte, sie ist Russin. Und sie ist von hier. Du kennst sie.“ „Jelena Romanova!“ „Richtig. Aber er ist auch ein harter Brocken. Er ist ein ehemaliger SAS-Kommandeur.“ „Das riecht mir nach Paul MacLain.“

Später am Abend trafen wir dann Alexandra Fedorova. „Wir müssen handeln. Michail Golowko weiß, mit wem er es zu tun hat.“ „Dann warten wir bis Madame Dienstschluss hat und hängen uns an sie ran.“ „Früher oder später, muss der Schlächter ja mal auftauchen.“, sagte Jelena. „Und Shu Yang wird sicher bei ihm sein, um als Rückendeckung zu fungieren.“ „Also verteilen wir die Aufgaben. Wer übernimmt unsere Nachtigall?“, fragte ich. Jelena, Anastasia und Alexandra sahen sich an, dann sagte Anastasia: „Das machen wir drei. Kümmere du dich um den Schlächter.“ 178

Um 21:30 Uhr hatte die Rezeptionistin dann Feierabend. Sie machte noch die Übergabe an ihren Kollegen und verabschiedete sich dann. Nachdem sie das Hotel verlassen hatte, ging sie in Richtung der Uspenski-Kathedrale. Und dort wurde sie überfallen. Shu Yang verdrehte ihr die Arme auf den Rücken und fesselte sie. Danach riss die Vietnamesin der Frau die Kleider vom Leib. Dann rief sie ihren Komplizen. „Michail! Ich hab die kleine Fotze! Du kannst dich an ihr austoben.“, rief sie in die Dunkelheit. Mit einem lauten Brüllen sprang ein schwergewichtiger ca. 1,78 m großer Mann mir kurzen grauen Haaren und braunen Augen aus dem Schatten. Sein rundes Gesicht mit der Hakennase und den wulstigen Lippen war von Aggression uns sexueller Gier gezeichnet. Seine Khakihose hatte er samt Unterhose herunter gezogen, als wir unsere Deckung verließen.

Jelena gab einen Schuss aus ihrer Makarow ab, der neben der Nachtigall in eine Sitzbank einschlug. Shu Yang drehte sich um. „Nimm deine Hände hoch. Aber ein bisschen dalli, wenn ich bitten darf.“, sagte meine Partnerin im Befehlston. Doch statt dem Befehl nachzukommen, stürmte die vietnamesische Agentin auf Jelena zu, wurde aber durch einen Fußfeger von Anastasia Dimitrova zu Fall gebracht. Ehe Shu Yang wusste, wie ihr geschah, bekam sie von Alexandra Fedorova einen Handkantenschlag ins Genick und wurde ins Reich der Träume geschickt.

Unterdessen hatte ich Michail Golowko von der Mitarbeiterin unseres Hotels heruntergerissen und ihm einen Kinnhaken aus der Aufwärtsbewegung verpasst, der ihn eigentlich hätte von den Beinen holen müssen. Doch der Schlächter schüttelte sich kurz und verpasste mir selbst einen Schlag ans Kinn, der mich benommen machte. Doch Aufgeben kam für mich nicht infrage. Ein MacLain gibt niemals auf! Also raffte ich mich auf und rammte Michail Golowko das Knie im spitzen Winkel in den Unterleib. Der Russe schrie auf und rammte mir einen rechten Haken in die Magengrube. Um ein Haar hätte er mich niedergestreckt. Doch ich wollte mich nicht unterkriegen lassen. Also rammte ich dem Russen einen Ellenbogen auf den Solarplexus. Michail Golowko ging in die Knie. Und in diesem Augenblick machte ich einen verhängnisvollen Fehler. Ich drehte meinem Gegner den Rücken zu.

Denn urplötzlich kam Golowko von hinten und schlang einen Arm um meinen Hals, um mir die Luft abzudrehen. Doch mein Willen durchzuhalten war nach wie vor ungebrochen. Mit allerletzter Kraft gelang mir ein Tritt in die Familienplanung des Russen. Durch den Schmerz abgelenkt lockerte Michail Golowko seinen Würgegriff. Ich konnte mich zwar befreien, doch ich brauchte erst mal Zeit um Luft zu holen und wieder zu Kräften zu kommen. Und diese Zeit hatte ich nicht. Also schlug ich Michail Golowko mit voller Wucht auf die Ohren und brachte seinen Gleichgewichtssinn durcheinander. Der Russe sackte wie ein nasser Sack auf den Boden und rührte sich nicht.

„So Genosse, das wars dann wohl für dich.“ „Halt die Klappe, Durak.“ „An deiner Stelle würde ich lieber zweimal nachdenken, ehe ich den Mund aufmache.“, sagte ich. Michail Golowko wollte zu einer Erwiderung ansetzen, als ein russischer Polizist ihm mit einer barschen Stimme ins Wort fiel. „Auf die Knie und die Hände 179

hinter den Kopf.“ Schwerfällig kam der Schlächter auf die Knie. Ich hatte meine Hände bereits hinter dem Kopf verschränkt. „Sie können ihre Hände runter nehmen, Mr. MacLain.“ Erleichtert ließ ich die Hände sinken.

Eine Woche später machte man Michail Golowko den Prozess. Ihn verurteilte man zu einer lebenslangen Haft in einem sibirischen Straflager. Shu Yang wurde ebenfalls der Prozess gemacht. Sie wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Doch die Regierung in Hanoi wollte ihre Agentin zurück und ließ durch ihren Botschafter in Moskau dem Kreml eine Protestnote übermitteln. Und so kam es, dass Shu Yang nach drei Tagen Haft mit einer Maschine der Vietnam Airlines zurück nach Hanoi gebracht wurde. Allerdings hagelte es heftige Kritik am Vorgehen der Regierung Vietnams von Seiten der westlichen Mächte. Und auch Russland verurteilte das Vorgehen der Vietnamesen scharf.

Uns sollte das nicht weiter kümmern. Unser Auftrag in Russland war erledigt. Jelena und ich packten unsere Koffer und checkten aus. Wir fuhren zum Bahnhof von Smolensk und gaben unseren Skoda zurück. Dann fuhren wir mit dem Zug zurück nach Moskau. Vom Weißrussischen Bahnhof ging es mit dem Taxi zum Scheremetjewo-Flughafen. Wir gaben unsere Koffer auf und begaben uns dann zur Sicherheitsschleuse. Wie immer schlug der Detektor nicht an. Nach einer Flugzeit von 3 Stunden landete unsere Maschine um 16:00 Uhr auf dem RheinMain-Flughafen in Frankfurt am Main.

Nachdem wir unsere Koffer geholt hatten, gingen wir zum Regionalbahnhof und fuhren mit einem Triebwagen der Baureihe 430 auf der Linie S8 nach Niederrad und suchten unsere Wohnungen auf. Später am Abend trafen wir uns bei meiner Schwester Samantha zum Abendessen. Sie hatte Irish Stew zubereitet. Zum Glück wusste Jelena die Kochkünste meiner Schwester zu schätzen, denn Sam ist sehr nachtragend, wenn jemand an Gerichten rum nörgelt, die sie zubereitet hat. Wir saßen gerade beim Essen, als es an der Wohnungstür klingelte.

Jelena stand auf und ging zur Tür um sie zu öffnen. Doch vorher sah sie durch den Türspion. Meine Partnerin war etwas überrascht, als sie Anastasia Dimitrova vor der Tür stehen sah. Sie öffnete und bat ihre beste Freundin aus der Schulzeit herein. Nachdem Jelena Anastasia mit meiner Verlobtem, meiner Schwester, unserer Sekretärin und Samanthas Adoptivtochter Camille bekannt gemacht hatte, erzählte diese, was sie nach Frankfurt am Main verschlagen hatte. „Das russische Generalkonsulat hier in Frankfurt hat eine neue Stelle ausgeschrieben. Ich habe mich beworben und wurde genommen.“ „Da steckt doch mehr dahinter, Anastasia.“ „Du kennst mich Jelena.“ „Eben drum.“ „Ich hatte Sehnsucht nach dir. Leider hatten wir in unserer Heimat kaum Zeit füreinander und es gibt so vieles, was ich dir sagen will. Was ich all die Jahre in mir verborgen gehalten habe.“

Kelly warf mir einen wissenden Blick zu. Camille gab mir ein Zeichen, dass sie mir etwas ins Ohr flüstern wollte. „Wetten, Anastasia ist ne Lesbe, Onkel Paul?“, fragte sie leise. „Camille! Ein bisschen mehr Respekt, wenn ich bitten darf!“ 180

„Es ist mir egal, ob Anastasia vom anderen Ufer ist, oder nicht. Wichtig ist, sie ist nett. Ich mag sie jedenfalls.“ „Na immerhin.“, sagte ich. „Was tuschelt Ihr beiden miteinander?“ „Nichts besonderes, Jelena.“ „Paul, jetzt mal Butter bei die Fische. Was hat Camille dir ins Ohr geflüstert?“ „Sie glaubt, dass Anastasia lesbisch ist.“ „Ja das stimmt. Was ist schon dabei?“ „Ich hab kein Problem damit, Tante Anastasia.“ „Ich würde sagen, Camille hat dich in die Familie aufgenommen.“ „Danke für die Ehre.“, sagte Anastasia. 181



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