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Seelenkrank

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nachdem man ja im Vortwort schon erfährt, was die Thematik betrifft fängt hier alles ganz von vorne an. Lukas ist noch jung und unverdorben ^^. Komplett anzeigen

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Unkompliziert

Ich erwachte, als es draußen dämmerte. Das Zwitschern der Vögel drang durch mein offenes Fenster. Mein Herz schlug vor Aufregung, denn heute war mein zehnter Geburtstag. Bestimmt hatten Mama und Papa wieder eine tolle Überraschung für mich.

Auf Zehenspitzen schlich ich durch die Wohnung, um niemanden zu wecken. Draußen spazierte ich durch den Park vor unserem Haus und beobachtete ein Eichhörnchen, wie es von Baum zu Baum kletterte. Die Luft war noch feucht und ein feiner Nebelschleier lag über der Stadt. Ich mochte den Park, vor allem so früh am Morgen, wenn ich alleine meine Streifzüge unternahm. Manchmal sehnte ich mich nach mehr Wald und nach mehr Natur, wo ich mich austoben konnte.

Als ich wieder nach Hause kam, war auch der Rest meiner Familie auf den Beinen. Das heißt meine Eltern und meine kleine Schwester Johanna. Meine Mama verband mir die Augen und führte mich in die Küche. Als ich meine Augen wieder öffnen durfte, war ich hellauf begeistert, denn dort wartete ein nagelneues Fahrrad mit Zubehör auf mich. Ich umarmte meine Eltern und gab meiner Schwester einen Kuss. Sie saß auf in ihrem Stühlchen am gedeckten Frühstückstisch und lachte fröhlich. Ein süßes Kind, sie war vor einem Monat sechs Jahre alt geworden.

„Na mein Großer. Gefällt dir dein Geschenk?“

„Ja klar. Das muss ich gleich Basti und Flo zeigen.“

Gesagt, getan. Nach dem Frühstück kamen meine Freunde zu mir und wir radelten durch unser Wohngebiet. Etwas außerhalb der Stadt hatten wir uns auf einem Stück freier Wiese einen kleinen Parcours aufgebaut. Dort musste ich mein Geschenk gleich einweihen. Flos und mein Rad waren um einiges besser als das von Basti, denn seine Eltern konnten sich nicht so ein teures Fahrrad leisten, deshalb ließ ich ihn auch mal mit meinem Rad den Parcours fahren. Schließlich war er ja mein Freund. Seine Mum arbeitete in einem Supermarkt und sein Dad saß bei der Post hinterm Schalter. Nicht gerade die Jobs, bei denen man Millionär werden könnte, aber Basti gehörte trotz alledem zu meinen besten Freunden.

Total schmutzig kam ich wieder nach Hause und meine Mutter schickte mich gleich ins Badezimmer.

„Das du auch ja ordentlich aussiehst, wenn gleich die Gäste kommen.“

„Ja, ist ja schon gut.“

Am Nachmittag besuchten mich meine Großeltern und meine Tante. Später kamen auch noch meine Cousine und mein Cousin, worüber ich mich sehr freute. Mein Cousin Michael war dreizehn und meine Cousine Nancy vierzehn. Trotz des Altersunterschiedes verstanden wir uns super.

„Oh, wollen wir mal Street Fighter gegeneinander zocken Lukas?“

„Na klar.“

Micha und ich hockten uns vor den Fernseher und Nancy schaute zu, was ihr nicht unbedingt gefiel. Ich gewann öfter als mein Cousin. Nancy wurde das irgendwann zu blöd, deshalb gesellte sie sich zu den Erwachsenen.

„Sag mal, hast du schon mal geraucht?“, fragte Micha.

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Willst du es versuchen?“

„Ich bin nicht sicher. Vielleicht.“

„Komm schon. Wir sagen einfach, dass wir nur ne kleine Runde gehen wollen.“

„Okay.“

Ich wollte irgendwie cool sein, deshalb willigte ich ein, auch wenn ich ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen Eltern hatte. Auch Nancy wollte mit uns an die frische Luft kommen. Sie war jedoch weniger begeistert, als Michael seine Zigaretten auspackte.

„Bruder, das ist nicht dein Ernst? Du willst Lukas doch nicht etwa zum Rauchen anstiften?“

„Nee, ich wollte das schon immer mal ausprobieren“, warf ich eher mit schüchterner Stimme ein.

„Wenn das deine Eltern erfahren.“

Ich zuckte unschuldig mit den Schultern.

„Wenn du deinen Mund hältst, erfahren sie es auch nicht.“

Als ich den ersten Zug nahm, musste ich fürchterlich husten. Mein Cousin grinste mich nur an.

„Das vergeht auch irgendwann.“

 

 

Meine zweite Zigarette rauchte ich mit meinen Freunden Basti und Flo. Wir machten das nur, weil wir jetzt zu den coolen Kids gehören wollten. Wir teilten uns immer eine Schachtel.

Wir hatten die letzten beiden Stunden Sport und beschlossen davor noch zu rauchen, obwohl wir alle drei ein ungutes Gefühl dabei hatten. Und natürlich, wie es kommen musste, wurden wir von unserem Klassenlehrer Herr Stoldt erwischt.

„Ihr seid euch bewusst, dass ich das euren Eltern mitteilen muss?“

Er war sonst ein sehr freundlicher und toleranter Lehrer, der jeden Spaß mitmachte, doch heute war er ganz anders. So hatte ich ihn noch nie erlebt.

„Bitte… das war eine Ausnahme, aber verpetzen Sie uns nicht. Wir versprechen Ihnen auch, dass wir nie wieder rauchen.“

„So leid es mir tut Lukas, aber es ist meine Pflicht als Lehrer und das weißt du. Da hilft auch kein betteln.“

Ich bekam ein komisches Gefühl in der Magengegend, weil ich immer zu daran denken musste, was meine Eltern wohl dazu sagen würden. Unser Lehrer ließ uns in diesen beiden Stunden fast nur laufen. Nicht, dass mir das etwas ausmachte, aber ich hätte ein Basketballspiel oder ein Volleyballspiel vorgezogen.

Noch war bei mir niemand zu Hause. Ich duschte, weil das Rennen mich ganz schön ins Schwitzen gebracht hatte. Vielleicht würde es sich Herr Stoldt doch noch mal anders überlegen, aber eigentlich glaubte ich selbst nicht daran. Ich erledigte meine Hausaufgaben und schaute dann ein wenig Fern, weil es begonnen hatte draußen zu regnen. Irgendwann gegen sechs kamen meine Eltern. Sie schienen jedoch noch nichts zu wissen. Ich machte mir erneut Hoffnung. Sie begrüßten mich freundlich, wie immer. Meine Mutter aß schon eine Kleinigkeit mit Johanna und brachte sie anschließend ins Bett. Plötzlich klingelte das Telefon. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und mir wurde furchtbar warm. Es war auch noch Papa, der das Gespräch entgegen nahm. Ich versuchte mich so normal wie möglich zu verhalten. Meine Mum bereitete das Abendessen vor und ich half ihr dabei.

„Na, wie war es heut eigentlich in der Schule?“

„Ja, ganz okay.“

„Habt ihr Noten bekommen?“

„Nee. Was willst du zum Essen machen?“

„Nudel- Gemüseauflauf. Dein Vater führt aber ein ganz schön langes Gespräch. Wer das wohl sein mag?“

Ich zuckte unschuldig mit den Schultern. Dann war es ruhig. Das Telefonat war beendet und mein Vater kam in die Küche. Mein Herz rutschte mir in die Hose, als ich ihm ins Gesicht sah. Seine Hand sauste mit voller Wucht auf meine Wange, sodass mir Tränen in die Augen schossen. Ich biss mir heftig auf die Unterlippe.

„Hast du uns vielleicht etwas zu sagen, Lukas?“

Was sollte ich jetzt machen? Lügen war sinnlos, das konnte ich nicht.

„Hat Herr Stoldt angerufen?“

„Mhh, ganz richtig. Das sind ja wirklich tolle Neuigkeiten, von denen uns dein Klassenlehrer da in Kenntnis setzt! Hast du eigentlich mal bedacht, wie alt du bist Junge?“

Meine Mutter warf uns einen skeptischen Blick zu.

„Dürfte ich auch erfahren, um was es geht?“

„Unser Sohn wurde heute in der Schule beim Rauchen erwischt. Toll, oder?“

Bei dem enttäuschten Gesicht meiner Mum bekam ich sofort ein schlechtes Gewissen. Ich zog mich in mein Zimmer zurück. Eigentlich hatte ich das doch nicht gewollt. Meine Mum rief mich zum Essen. Wir redeten kaum, das war das Schlimmste für mich. Ich half noch dabei den Abwasch zu machen, jedoch verlief auch das fast ohne Worte.

„Muss das denn sein Lukas?“

„Eigentlich nicht. Ich wollte das einfach nur mal ausprobieren.“

„Aber du bist zwölf Jahre!“

„Ich komme mir schon viel älter vor.“

„Das ist ja wohl kein ausschlagebender Grund oder?“

Ich zuckte mit den Schultern und verschwand wieder in meinem Zimmer. Es war also doch besser, nicht mehr zu rauchen. Aber irgendwie reizte mich das auch. Was sollte da schon groß passieren? Schließlich nahm ich ja keine Drogen. Es waren nur Zigaretten, weiter nichts. Gerade schaute ich noch einmal nach, ob ich alle Hausaufgaben erledigt hatte, als mein Papa ins Zimmer trat. Zunächst schien er recht gefasst zu wirken, doch hinter seinem Rücken hielt er seine Hände zu Fäusten geballt und rang mit seiner Fassung. Fragend und auch verunsichert schaute ich ihn an.

„Lukas, du weißt, du bist mein Sohn und ich hab dich lieb. Doch solche Aktionen wie heute verbitte ich mir“, sagte mein Vater noch immer ruhig, aber in seiner Stimme lag dieser bedrohliche Ton, den ich so von ihm nicht kannte.

„Ja Papa, ich verspreche es. Das kommt nicht mehr vor.“

Das Lächeln auf seinen Lippen wirkte so falsch und unruhig tappte ich von dem einen Fuß auf den anderen.

„Weißt du was mein Junge, ich glaube dir sogar…dennoch muss ich sicher sein, dass du das auch verinnerlichst.“

Was auch immer das heißen sollte, ich nickte heftig. Deshalb entging mir wohl auch, dass mein Papa näher zu mir heran trat, ausholte und mir mitten ins Gesicht schlug. Ich war nicht sicher, was mich in diesem Moment mehr schockierte- der Schlag oder der befriedigende Ausdruck meines Vaters. Wie gelähmt stand ich da und starrte ihn an. Er zog mich in seine Arme und tätschelte meinen Kopf. Ich unterdrückte meine Tränen und schwor mir insgeheim, nun immer brav zu sein. Trotzdem blieb mir seine heftige Reaktion ein Rätsel.

Die folgenden Tage liefen relativ gelassen ab. Ich rauchte nicht mehr und vermied so die Konflikte mit meinen Eltern.



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