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Seelenkrank

von

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Was wäre eigentlich, wenn...

Ich war heut irgendwie total geschafft. Nici hatte gesagt, wenn ich eher mit dem proben fertig sein sollte könne ich noch zu Nadja kommen aber wozu sollte ich mich jetzt aufrappeln und noch auf so eine Kinderpartie gehen, wo doch nur schlechte Musik läuft und ich mein Schwesterchen mit einem schlechten Gewissen allein zu Hause lassen müsste. Morgen würde ich Nici ehe sehen.

„Weißt du, ich rauche jetzt noch eine und dann gehen wir zwei schlafen. Was hältst du davon?“

„Bist du etwa schon müde? Ich möchte aber bei dir schlafen.“

„Ich bin hundemüde, das glaubst du gar nicht. Klar darfst du bei mir schlafen. Du kannst noch ein bisschen Fernsehen schauen. Ich ruf Mutti noch mal kurz an.“

Da meine Mutter auch schon mitbekommen hatte, dass mit Jojo etwas nicht stimmte, sagte ich ihr nur zur Beruhigung, dass sie den ganzen Abend bei mir war und wir gerade nach Hause gekommen sind. Ich verschwieg jedoch, dass ich gewusst habe, was mit ihr war. Das wäre für sie wie ein Weltuntergang gewesen, wenn sie erfahren hätte, dass ihr kleine Tochter mit den bösen Punks rumhing. So ging ich zufrieden zurück ins Wohnzimmer und trug Jojo in mein Zimmer hinauf.

„Hast du Mama was gesagt?“

Ich schüttelte den Kopf und lächelte sie an. Johanna huschte in ihr Zimmer und zog ihren Schlafanzug an, dann kroch sie unter die Bettdecke. Ich legte mich neben sie und strich über ihre langen schwarzen Haare. Die Haare hatten wir beide von unserer Mum, pechschwarz. Sie gab mir einen Kuss und kuschelte sich an mich. Ich legte meinen Arm um sie. Wie froh war ich, dass sie jetzt hier bei mir lag und nirgendwo anders war.

Am anderen Morgen kam ich eher schlecht aus dem Bett, doch nachdem ich geduscht hatte, ging es mir schon besser. Gerade, als ich mir einen Kaffee gekocht hatte, klingelte es an der Tür. Ich öffnete und unerwarteter Besuch überraschte mich, Chris.

„Hey, was treibt dich denn so früh am Tage zu mir? Und das auch noch freiwillig.“

Er zögerte einen Moment.

„Du warst gestern nicht mehr auf Nadjas Party oder?“

Ich trank einen Schluck Kaffee und schüttelte mit dem Kopf.

„Nein, warum fragst du?“

„Naja, ich bin kurz dort gewesen, um ihr zu gratulieren und da hab ich auch Nici gesehen…mit diesem Typen.“

Ich verschluckte mich und verbrannte mir die Zunge.

„Was? Mit welchem Typ?“

„Keine Ahnung. Ein Kumpel von Nadja eben. Die beiden haben die ganze Zeit rumgeknutscht.“

„Na super!“

Ich zählte Chris zwar nicht zu meinen engsten Freunden, aber ab und zu war er wirklich okay. Schließlich spielten wir ja auch gemeinsam in einer Band.

„Ich dachte nur, dass du das wissen solltest.“

„Mhh, nett von dir.“

„Ich muss auch wieder los, soll noch einkaufen.“

Ich zog mir mein Tanktop über und ging raus. Bloß nicht Nici begegnen. Ich rauchte eine nach der anderen, wie immer, wenn ich deprimiert war. Mein Ziel war der Friedhof, dort nervte mich keiner und ich konnte in Ruhe nachdenken. Die Sonne drang kaum durch die hohen dichten Tannen. Da und dort goss eine ältere Frau ihr Grab, wer achtete da schon auf einen schwarz gekleideten Jungen, der sich versuchte irgendwo abzureagieren. Ich ging mit schleppenden Schritten zum Leichenscharrhaus und setzte mich auf die kalten steinernen Stufen. Irgendwie musste ich lachen, denn war ich es nicht gewesen, der Nici immer wieder geraten hatte, dass sie sich einen besseren Typen suchen soll? Und war das ihre Retourkutsche für meinen Ausrutscher mit Juka? Nun hatte sie sich meinen Rat wohl zu Herzen genommen. Es war zwar schade, aber irgendwie überraschte es mich auch nicht. Immerhin hatte ich ihr oft genug Gründe gegeben mich zu hassen. Nur, dass jetzt mein Ego angekratzt war. Also blieben mir wohl zwei Möglichkeiten, entweder betrinken und weiter vor mich hin philosophieren. Oder beides zusammen. Ich hoffte nur, Nici lief mir nicht über den Weg. Ich wollte sie vor heute Abend aber auch nicht sehen. Es begann zu regnen. Bei Regen würde sie mich bestimmt nicht in der Stadt suchen, also konnte ich jetzt zu Tim gehen. Meine Schritte waren schlurfend, Autos, die vorbeifuhren spritzten mich nass, aber das war mir gleich.

Tim war gerade damit beschäftigt das Mittagessen vorzubereiten. Wie süß. Alex war mit Amy bei ihren Eltern. Tim wuschelte durch meine Haare, da erntete er einen bösen Blick meinerseits.

„Hey, du bist wohl mit dem falschen Bein aufgestanden?“

„Nein. Nici hat sich gestern mit nem anderem Kerl rumgeknutscht. Toll oder?“

„Ach nein. Hat dir das Chris erzählt?“

„Mmhh. War heut früh bei mir. Ich bin schon wieder bester Laune.“

„Das glaub ich dir aufs Wort. Ich hätte glaub ich gar nicht so viel Geduld wie du. An deiner Stelle hätte ich schon längst Schluss gemacht.“

„Das sagst du so leicht. Aber vielleicht hast du ja Recht! Soll ich dir helfen?“

„Kannst die Kartoffeln schälen, mach ein paar mehr weil du doch sicher mit isst oder?“

„Wenn du schon mal kochst, warum nicht.“

Tim versuchte mich ein bisschen aufzumuntern, was ihm nicht so ganz gelang.

„Was gibt es eigentlich?“

„Kartoffelbrei mit Mischgemüse und Schnitzel. Ich muss ja auch an mein Töchterchen denken. Die bekommt nicht son Mist von Alète oder Hipp. Das ist wie in alten Zeiten, da haben die kleinen Würmer auch nicht solchen fertigen Kram aus dem Glas bekommen.“

„Du bist echt herrlich. Weißt du das ich mir nie hätte vorstellen können, dass du mal son verdammt guter Vater wirst?“

Tim guckte mich etwas skeptisch an.

„Weißt du, ich habe immer wahnsinnige Angst gehabt, dass mich meine Vergangenheit wieder einholt, ich hab Arbeit, Haus und einfach alles verliere und wieder auf der Straße lande. Aber jetzt ist diese Angst weg. Ich bin ein ganz normaler Mensch, habe Arbeit und kann meine Familie ernähren und das nur durch zwei Menschen. Weißt du eigentlich, dass ich dich damals abgrundtief verflucht habe, weil ich wegen dir im Krankenhaus gelandet bin? Das alles war so grausam, die ersten Tage, als ich aus dem Koma erwachte. Diese furchtbaren Schmerzen in gesamtem Körper wegen den Entzugserscheinungen! Die haben mich sogar ans Bett gefesselt, das hab ich dir alles nie erzählt und dann nach ungefähr zwei Wochen war alles weg und ich kannte nicht einmal deinen Namen, bis ich dich wieder getroffen habe und da war es an der Zeit dir zu helfen. Mein Gott Lukas, was hätte ich nur ohne dich gemacht. Ich bin dir so dankbar für das alles.“

Ich war so gerührt, dass ich nichts erwidern konnte. Tim wusste wirklich, wie man seinen besten Freund wieder aufbauen konnte. Ich zwar immer noch sauer wegen der Sache mit Nici, aber die war mir gerade egal. Tim hatte so was von Recht, es ist eigentlich egal, wie man seinen besten Freund kennen lernt, das wichtigste ist, dass er für dich da ist.

„Na Kurzer, jetzt hat es dir wohl die Sprache verschlagen?“

Ich griff nach den Kartoffelschalen und warf sie nach Tim.

„Was soll der Mist!“

Er nahm den Wasserschlauch aus der Spüle und spritzte mich von oben bis unten nass, ich riss ihm den Schlauch aus der Hand und machte ihn ebenfalls nass.

„So Kollege, jetzt sind wir Quitt. Du bist total krank.“

Wir brachen beide in schallendes Gelächter aus.

„Bevor Alex wiederkommt müssen wir das in Ordnung gebracht haben, sonst gibt’s Schläge.“

Ich sammelte die Kartoffelschalen wieder auf und entsorgte diese gleich im Abfalleimer. Tim wischte den Fußboden trocken. Nur gut das der gefliest war sonst hätten wir wirklich eine Tracht Prügel von Alex bekommen.

Alles war schon soweit fertig, als wir vom Flur schon Babygeschrei vernahmen. Tim eilte sofort zur Wohnungstür und spielte Empfangskomitee. Wahrscheinlich hatte Amy furchtbaren Hunger und ich durfte sie sogar füttern. Nachdem der kleine Magen gefüllt war brachte Alex ihre Tochter ins Bett und ich deckte mit Tim den Tisch. Nach dem Essen spülten wir das Geschirr und dann gingen Tim und ich endlich eine rauchen. Wir setzten uns runter in den Partyraum, da klingelte es plötzlich an der Haustür.

„Alex kümmert sich schon um den Besuch. Haben wir überhaupt ein Feuerzeug mitgenommen?“

„Nein. Warte, bleib sitzen, ich hol eins.“

Ich sprintete die Treppen hoch und ging in die Küche, doch da blieb ich wie angewurzelt in der Tür stehen. Da saß Nici und heulte sich bei Alex aus, ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass sich die beiden auch gut verstanden. Ich nahm aus der obersten Schublade ein Feuerzeug, grinste Alex kurz zu und war froh, als ich die Küche hinter mir hatte.

„Oh Fuck!“

Ich ging die Treppen gerade hinunter.

„Was ist denn jetzt los?“, wunderte sich Tim.

„Tollen Besuch habt ihr bekommen, ich gehe nichts mehr da oben holen.“

Tim konnte sich sein kichern nicht verkneifen.

„Das tut mir leid. Hat sie was zu dir gesagt?“

„Nö. Nur dumm geguckt und sich bei deiner Freundin ausgeflennt. Dumme Tussi. Ich hab so ein Hass auf die Alte.“

„Komm rauch jetzt lieber eine, das senkt deinen Puls hoffentlich wieder. Solange sie nicht hier runter kommt geht’s doch. Gehen wir nachher zusammen vor, ich weiß nämlich nicht, wann wir uns treffen wollen.“

„Tja ich auch nicht. Du warst doch gestern länger da als ich.“

„Ich war aber besoffen.“

„Ach so, nichts Neues. Na ich denke es reicht, wenn wir so um sechs vorn sind. Um sieben ist ja Einlass. Ja Tim ich hole dich auch ab, nicht das du noch im Nest rumhullerst oder so!“

„Na und! Ich mach wenigstens meinen Schönheitsschlaf und das mit oder ohne Alex.“

„Mit Alex? Wird man von Sex auch schön?“

„Siehst du doch an mir.“

„Ja Tim wenn du Alex nicht hättest würde ich schwul werden. Wie spät ist es eigentlich?“

Tim suchte sein Handy in der Hosentasche, ich hatte meins zu Hause gelassen, falls mich unerwünschte Personen anrufen sollten.

„Um 15:00 Uhr und genau 4 Sekunden!“

„Wunderbar. Da gehe ich dir noch ungefähr ne Stunde auf die Nerven.“

„Naja vielleicht will ja noch jemand anderes mit dir reden.“

„Arschloch. Gib mir mal bitte noch eine Zigarette!“

Er warf mir die Schachtel rüber und ich nahm mir gleich zwei heraus.

„Wer weiß, über was die beiden da oben reden. Ich stell mir gerade Nici vor: Wie kann ich das nur wieder gut machen oder wird er mir das jemals verzeihen oder noch was warte... Naja so schlimm war’s gar nicht, nur der Kerl hat keinen hoch gekriegt. Ach bin ich heut wieder böse.“

„Ich denke Nici hat sich nur mit dem Kerl rumgeknutscht?“

„Was weiß ich was die mit dem gemacht hat. Ich will es gar nicht wissen, soll sie doch bleiben, wo der Pfeffer wächst.“

Tim grinste und nickte mir zu, als ob er sagen wollte gut so. Mir war das mit Nici im Moment wirklich egal. Ich bekam schon wieder Bauchkribbeln, wenn ich an das Konzert heute Abend dachte. Es gibt halt nichts schöneres, als auf der Bühne zu stehen. Nocturna, bei diesem Wort bekam ich echt Gänsehaut. Da kam Alex die Treppe herunter.

„Ist sie endlich weg?“, fragte ich hoffnungsvoll. Alex zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf.

„Du sollst mal zu ihr hochkommen.“

„Ach du scheiße. Da weiß ich doch schon wieder, was mich da erwartet.“

„Viel Glück!“, sagte Tim ironisch. In meinem Magen drehte sich das Mittagessen hin und her. Ich wollte nicht mit Nici reden, weil wir uns ehe nur anschreien würden. Ich drehte mich noch mal kurz um.

„Ich glaube, es ist besser, wenn wir das woanders klären. Ich will euch den Streit zwischen uns nicht zumuten!“

„Ist schon gut. Also bist du dann Punkt sechs bei mir?“

Ich nickte stumm und quälte mich weiter vorwärts. Meine Beine schienen aus Blei zu sein, ich konnte sie kaum anheben. Was soll’s, ob ich mich nun jetzt oder heute Abend mit Nici streite und ob ich nun jetzt oder heute Abend schlechte Laune habe ist ja wohl vollkommen egal. Sie warteten in der Küche. Ich sagte, dass wir das woanders klärten. Nici erhob sich schweigsam und folgte mir, wie ein kleiner Hund. Ich zog Jacke und Schuhe an. Wir liefen ohne ein Wort zu sagen durchs Treppenhaus auf die Straße. Ich zündete mir die eine Zigarette, die ich von Tim bekommen hatte,  an. Die Krämpfe im Bauch ließen ein wenig nach. Es war auch eher die Aufregung, die diese Krämpfe verursachte. Endlich sagte Nici etwas.

„Warum warst du vorhin so geschockt, als ich in der Küche saß?“

„Weil ich nicht erwartet habe, dass du zum gleichen Zeitpunkt bei Tim bist wie ich. Ich glaube es ist besser, wenn wir unsere Beziehung vorerst beenden.“

„Was?“

Das Gefühl im Magen hörte jetzt ganz auf. Mir tat noch nicht mal leid, was ich gesagt hatte.

„Ich mein es gibt eigentlich zwei Gründe, die dafür sprechen.“

„Und die wären?“

„Zum einen will ich ein Auge mehr auf meine Schwester werfen und die Band ist liegt mir im Moment auch sehr am Herzen. Da bleibt wenig Zeit für dich. Es mag zwar hart klingen aber es ist nun mal so.“

Nici blieb abrupt stehen.

„Ach so ist das. Wenn du meinst. Aber schau doch mal Tim und Alex an, sind die nicht auch glücklich?“

„Tim und Alex haben beide Arbeit, eine eigene Wohnung und haben auch ein kleines Kind. Aber Tim ist in der Hinsicht ein ganz anderer Typ als ich und er geht die Dinge anders an. Außerdem scheinst du dich mit anderen Jungen doch ehe besser zu vergnügen, als mit mir!“

„Das ist unfair. Ich habe dir deinen Ausrutscher, mit wem auch immer, verziehen. Du bist ein wahrer Egoist. Hat dir das schon mal jemand gesagt?“

„Wie erfreulich! Meinst du das stört mich? Eigentlich dachte ich, dass du mich besser kennen würdest, doch so kann man sich in einem Menschen täuschen.“

Das hatte sie berührt, jetzt hatte ich eine Schwachstelle getroffen. Sie heulte wieder.

„Du hast ja Recht. Aber wahrscheinlich kommst du mit deinen tollen Junkiefreunden besser klar, als mit mir. Und ne andere Tussi zum Vögeln jetzt wohl auch.“

Ich hielt kurz inne, beschloss dann aber es so stehen zu lassen und sie weiterhin glauben zu lassen, dass es sich bei meinem Ausrutscher um ein anderes Mädel handelte.

„Ja endlich hast du es verstanden, gratuliere. Eine Zeit lang glaubte ich wirklich, du könntest mich lieben und verstehen.“

Ich glaubte jetzt sogar ein Lächeln auf ihren Lippen zu sehen, ein Lächeln, das mich erweichen könnte, doch ich blieb bei meinem Entschluss und das kam ihr gar nicht in den Kram.

„Das Gefühl hatte ich leider nie und deine Freunde und die Drogen waren dir ja schon immer wichtiger.“

Ich glaubte nicht richtig zu hören. Jetzt blieb ich stehen und sah Nici mit kaltem Blick in die Augen.

„Was willst du eigentlich von mir? Für wen hältst du dich überhaupt? Ich habe dir schon mal gesagt, ich bin und werde niemals dein kleines Vorzeigeprinzchen sein! Du verkraftest nur nich, dass ich Schluss mache. Wobei du doch jetzt so viel Zeit für andere Kerle hast, du kannst auf jeder Party einen anderen beglücken und sag bloß nicht, das der Gedanke nicht verlockend klingt.“

Nici wollte gerade zum Schlag ausholen, doch ich konnte ihren Arm noch festhalten.

„Dein Schweigen lässt mich vermuten, dass ich richtig denke. Selbst wenn du mir eine geknallt hättest, wärst du einen Frust umso schneller los? Willst du dir noch immer einreden, dass es dich nicht interessiert, wenn ich Sex mit anderen habe? Ich hab dich betrogen Nici…es war nich nur ein Kuss!“

„Was ist nur mit dir los?“

Ich unterbrach ihren Satz, weil ich wusste, was kommen würde.

„Erspare mir dein Gelaber, wie schön es früher war und so. Das zieht nicht mehr. Lass mich am besten in Ruhe!“

Ich kehrte ihr den Rücken und trat den Heimweg an, da rannte sie hinterher.

„Weglaufen, das kannst du gut Lukas.“

„Ich hab nur kein Bock mehr auf deine Moralpredigten.“

Sie kam nicht mehr hinterher und das war auch gut so. Meine Laune befand sich schon wieder gefährlich nahe am Tiefpunkt, doch ich versuchte nicht darüber nachzudenken.

Ich freute mich jetzt richtig auf ein entspannendes Bad. Meine Klamotten waren von oben bis unten durchgeweicht, weil es wie aus Eimern goss und kalt war mir auch. Meine Mum, Klaus und Jojo waren zu Hause. Jojo erwartete mich schon sehnsüchtig, sie fiel mir um den Hals und gab mir einen Kuss. Meine Mum und Klaus saßen an dem großen runden Tisch im Flur und schienen etwas fürs Büro auszuarbeiten. Beide schauten auf als ich erschien. Ihr schiefes Grinsen war schwer zu übersehen.

„Wie siehst du denn aus? Regnet es draußen so schlimm oder was hast du gemacht?“

„Naja, es regnet schon ziemlich doll, aber Tim und ich haben vorhin Mittag gekocht und da haben wir in der Küche so‘n bisschen Gackel gemacht.“

Meine Mum konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit, sagte jedoch noch:

„Wie die kleinen Kinder! Tim und dich würde ich gern mal kochen sehen.“

„Besser nich. Aber wir haben die Küche wieder aufgeräumt.“

Ich verabschiedete mich ins Bad und ließ schönes heißes Wasser in die Wanne. Anschließend holte ich schon meine Klamotten, die ich anziehen wollte aus meinem Zimmer.

Das heiße Wasser brannte richtig auf meiner wunden Haut und jetzt einschlafen, wie gut, dass die Römer das heiße Bad erfunden hatten. Erst als meine Hände schrumpelig wurden und ich kurz davor war Schwimmhäute zu bekommen verließ ich diesen Ort der Entspannung. Ich rubbelte mich mit einem Handtuch trocken und kleidete mich ein. Ich hatte mir neulich doch tatsächlich einen neues Oberteil geleistet, natürlich in schwarz, recht transparent und wunderbar zu meiner Lederhose passend. Mein gesamter Schmuck durfte selbstverständlich nicht fehlen. Meine Haare gelte ich und schminkte meine Augen, damit der brave Junge nicht so zum Vorschein kam. Naja brav war ich ja ohnehin nicht. Ich war pünktlich fertig, es war kurz vor sechs.

„Bist du fertig Jojo?“

Sie nickte und holte ihre Jacke aus ihrem Zimmer.

„Ich wünsche euch beiden einen schönen Abend ohne nervige Kinder und es wird denk ich mal später.“

„Lukas, aber du weißt, dass es mir nicht so recht ist, wenn Johanna so lang weg ist?“

„Ich kann sie ja nach Hause bringen, wenn sie will okay?“

„Das wäre mir ganz recht. Dann viel Spaß euch beiden!“

Ich hatte immer wieder Probleme in meine Stiefel reinzukommen. Diese vielen Schnallen machten mich wahnsinnig. Aber angezogen sahen sie echt geil aus. Vorn waren silberne Stahlkappen angebracht und der Absatz hinten war ebenfalls aus Stahl. Ganz schön schwer die Dinger, aber toll.

Tim war sogar schon fertig, als ich klingelte, kam er schon die Treppen herunter. Ich fand seine lange schwarze Mähne einfach genial, sie reichten ihm schon fast bis Rückenmitte. Er schaute mich fragend an und ich nickte.

„Ich bin stolz auf dich. Hat sie gesagt, dass sie heute kommen will?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung und wenn, isses mir auch egal. Die hat doch echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wir müssen noch mal Zigaretten holen, ich will nicht schon wieder bei dir schlauchen.“

Tim musste auch nur über Nicis Verhalten lachen, war ich wenigstens nicht der einzige der das tat.

„Na siehe einer an, wir haben ja heut einen Ehrengast!“

Tim nahm Jojo auf die Schultern und trug sie herum. Ich kaufte mir lieber zwei Schachteln und nun machten wir uns auf zum Proberaum.

Basti, Chris und Flo saßen schon drin und hatten schon wieder mit saufen begonnen. Alle freuten sich, als wir hereinkamen. Flo meinte, dass wir Jojo als Bandmaskottchen ernennen könnten. Ihr schien die Idee zu gefallen. Tim holte den Wodka aus dem Keller, dann stießen wir gemeinsam auf den heutigen Abend an. Jojo wurde von Basti und Chris beschlagnahmt und ich setze mich mit Flo und Tim an die Bar vor. Unser Barkeeper begrüßte uns freundlich. Wir bestellten drei Beam- Cola. Dann fragte Flo:

„Sag mal stimmt das, dass du mal wieder mit Nici Schluss gemacht hast?“

„Ja, weil sie nur gesponnen hat und irgendwie ging das alles nicht mehr. Außerdem is mir die Band und Jojo erstmal wichtiger. Sie hat auch nur noch so getan, als ob ich nur ihr gehöre und alle anderen gefälligst die Finger von mir lassen sollen und das kann ich gerade leiden. Egal.“

Flo gab eine Runde Zigaretten aus, selbstgedreht. Als er mich so angrinste, wusste ich, dass es wahrscheinlich keine normalen Zigaretten waren. Meine Aufregung machte sich schon wieder bemerkbar.

„Bist du auch so nervös?“

Tim war im Gespräch mit dem Barkeeper vertieft.

„Naja geht so. Dir merkt man die Aufregung schon wieder an!“, lachte Flo.

„Verdammt. Betrinkst du dich heute mit mir?“

„Jo auf jeden Fall.“

„Für wen hast du dich dann heute so in Schale geworfen?“

„Natürlich für dich Schnuckelchen, für wen denn sonst.“

Flo lachte wieder.

„Ooooder kommt da ein gewisser Kerl, den du doch mehr magst, als du zugeben willst?“, ärgerte mich mein Freund.

„Ach halt einfach die Klappe. Nur weil wir einmal Sex hatten, bedeutet das noch lange nichts.“

„Is aber schon bisschen krass. Und würdest du nem Typen einen blasen?“

„Denk schon, ich glaube meine sexuelle Hemmschwelle ist dahingehend echt niedrig.“

„Und, kommt Juka heute?“

„Keine Ahnung…vielleicht…ahhhh, ich weiß es nich Flo und ich weiß auch nich, ob ich darüber nachdenken will…“

„Oh oh…ist da jemand verliebt?“, stichelte er weiter und ich gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, doch er schmunzelte nur. Ich beschloss, diesen Abend einfach auf mich zukommen zu lassen. Egal, wer kam oder nicht kam.

„Dann auf heute Abend“, sagte ich und erhob das Glas.

„Glaub das wird mega gut.“

Diesmal bekamen wir die Beam- Cola kostenlos, auch nicht schlecht. Das Zeug hatte es ganz schön in sich und dann noch der Joint. Wir beschlossen uns schon ein wenig warm zu spielen, solange noch niemand da war. Mit der Zeit wurde es verdammt warm in dem großen Raum und mir lief jetzt schon der Schweiß, als wir uns ein bisschen warm spielten. Plötzlich öffnete sich die Tür und ein zwei Mädchen, die mir bekannt vorkamen, traten ein. Ihr Anblick brachte mich jedoch nicht aus der Fassung, es waren Nici und Nadja. Nici. Irgendwie freute ich mich sie zu sehen, doch da war nichts, was ich noch für sie empfand. Selbst ihr neuer Look beeindruckte mich nicht im Geringsten. Was war denn mit mir los?  Nici unterhielt sich mit Mike und Thilo. Ob sie wohl auch zum Konzert bleiben würde? Sie versuchte damit zu punkten, in dem sie mich erst mal ignorierte, doch das funktionierte so leider nicht. Und natürlich lud ich auch meinen liebsten Juka zu unserem Konzert ein, doch bisher hatte ich noch keine Antwort von ihm bekommen. Nici setzte sich neben Mike und zündete sich eine Zigarette an, was mich irgendwie aus der Fassung brachte, weil ich Nici eigentlich selten in der Öffentlichkeit rauchen sah.

Wir hatten noch eine halbe Stunde Zeit, bevor wir die ersten einließen. Ich setzte mich ebenfalls zu Thilo und Mike. Nici kam auf mich zu und begrüßte mich ziemlich normal. Wir wechselten sogar ein paar Worte miteinander.

„Und schon aufgeregt?“

„Es geht. Könnte schlimmer sein. Bleibst du auch zum Konzert da?“

Sie nickte und bot mir eine Zigarette an, welche ich dankend annahm.

„Das kann ich mir wohl kaum entgehen lassen.“

Als sie das sagte lächelte sie mich an und ich erwiderte es.

„Coole neue Haarfarbe!“

„Ja gefällt es dir? Ich war mir erst nicht so sicher, ob ich das wirklich machen soll aber mittlerweile gefällt es mir ganz gut.“

Ich war ziemlich gut drauf, als wir die Bühne betraten und irgendwie schien heute alles einfacher zu sein. Flo stimmte neben mir die ersten Riffs an und ich begann zu singen. Mein Körper bebte und den Leuten schien es auch zu gefallen. Irgendwann wurde es mir dann doch zu warm und ich zog mein Oberteil aus, da kreischten die Mädels. Ich fühlte mich tatsächlich wie ein Rockstar. Beim dritten Lied tanzte ich Flo ein bisschen an und er stieg voll drauf ein. Die Menge stachelte uns an. Ich stand hinter ihm, mein Mikro in der rechten Hand und die andere Hand ließ ich an seinem Oberkörper hinabgleiten. Nur so weit wie es nötig war. Dann ließ ich wieder ab von ihm und sang aus voller Kehle. Es war viel zu schnell vorbei und nach unserer Zugabe gönnte ich mir ein weiteres Bier. Irgendjemand verpasste mir einen Schlag auf den Hintern und als ich mich umdrehte, war es kein anderer als Flo. Wir prosteten uns zu und gingen einen rauchen. Hinter dem Proberaum war es ruhig und hier verlief sich so gut wie niemand hin. Flo zündete den Joint an.

„Lukas ich glaub ich steh auch auf Männer, aber nich nur…woher soll man außerdem wissen, ob es besser is mit nem Mädel oder mit nem Kerl.“

Ich zuckte die Schultern.

„Keine Ahnung…ich finde Mädels schon auch hübsch, aber nen Kerl is halt nen Kerl. Probier’s halt aus.“

Flo wurde verdächtig ruhig und reichte mir den Joint.

„Mh, mich würde es schon irgendwie reizen, aber bin glaub zu schüchtern.“

Amüsiert schaute ich meinen Freund an.

„Wir leben in einer freien Welt, also, geh das Risiko ein mein Hübscher…“

„Würdest du echt nem Kerl einen blasen?“

Das klang durchaus irgendwie komisch, ein bisschen befremdlich.

„Wie gesagt vielleicht…“

„Wenn Juka dieser Kerl wäre?“

Ich verdrehte die Augen und steckte ihm die Zunge raus. An der Bar erwartete mich die nächste Überraschung. Wenn man vom Teufel spricht. Juka hatte es scheinbar doch geschafft, wenn auch später als ich mir erhofft hatte. Ich rannte ihm freudestrahlend in die Arme und auf einmal musste ich wieder an unsere letzte Begegnung denken und bremste meine Euphorie ein wenig.

„Na Süßer, wie war das Konzert?“

„Du hättest sicher was zu Gucken gehabt, weil ich irgendwann mein Oberteil ausgezogen habe“, witzelte ich und Juka lächelte mich verführerisch an.

„Soso…dann muss ich das nächste Mal wohl pünktlich sein.“

Wir setzten uns an die Bar und redeten.

„Wo warst du eigentlich noch so lange?“

Juka bestellte sich einen Whiskey pur und prostete mir zu.

„Arbeiten.“

„Im Massagesalon?“

Er schüttelte den Kopf.

„Quatsch, das mach ich doch nur ab und zu nebenher. Eigentlich bin ich A&R Manager.“

Das erweckte meine Neugier.

„Warum erfahre ich das erst jetzt?“

„Du hast mich nie gefragt“, grinste Juka und jetzt drängte sich mir eine weitere Frage auf. Wie alt war Juka eigentlich? Eigentlich hätte ich ihn so auf Anfang 20 geschätzt, aber konnte man da schon A&R Manager sein? Das verwirrte mich.

„Mhh stimmt, hab dich dauernd nur mit meinem Scheiß vollgeheult. Aber da nimmst du doch theoretisch auch Bands unter Vertrag oder?“

„Prinzipiell schon…müssen halt echt was auf dem Kasten haben.“

„Dann sollten wir vielleicht mal nen Tag zusammenarbeiten. Deine Meinung eines Profi würde mich ja schon interessieren.“

„Können wir gern tun.“

Ich fasste es nicht, mein hübscher Pseudomasseur war eigentlich als Bandcaster tätig. Und ich hatte mich schon gewundert, warum er ein so viel beschäftigter Mann war.

„Juka…auf was für Typen Männer stehst du eigentlich? Jünger oder älter…dick, dünn?“

Er lachte.

„Naja…kommt drauf an. Irgendwie sind die meisten meiner Liebhaber jünger als ich. Meist nicht viel, aber ein paar Jahre eben.“

„Das klingt, als wärst du voll alt“, versuchte ich ihn aus der Reserve zu locken. Und er stieg drauf ein.

„Alt vielleicht nicht…mit 25 kommt man doch erst in die besten Jahre.“

Dann unterschieden uns 8 Jahre.

„Hast du deinen Abschluss dann damals in Tokio gemacht?“

„Genau und dann bin ich gleich nach Deutschland gegangen…dort hab ich mich dann bei der Firma beworben und da ich mich schon immer für Musik interessierte, haben die mich gleich genommen. Aber glaub das lag auch ein bisschen daran, weil die eine Zweitstelle in Tokio haben und ich dort schon ein Praktikum absolviert habe.“

„Wow…nich übel.“

Juka zuckte nur bescheiden mit den Schultern und bestellte sich ein neues Getränk. Der Club leerte sich allmählich und wir blieben wieder bis zum Schluss. Flo und ich blödelten noch umher doch ließ ich meinen schönen Japaner nicht aus den Augen. Wir spielten dann noch eine Runde Dart, auch wenn vermutlich keiner mehr richtig zielen konnte. Doch Juka traf fast immer das Feld, auf das er zielte. Sein Körper spannte sich leicht an, als er sich darauf konzentrierte und die Scheibe fixierte. Er hob den linken hinteren Fuß etwas und schoss den Dartpfeil ab. Mit einem triumphierenden Lächeln reichte er mir die Pfeile, denn ich kam nach ihm an die Reihe. Plötzlich stand er dicht hinter mir, seine Hände legten sich auf meine Schultern und fast automatisch spannte sich mein Körper an. Was zur Hölle tat er da?

„Bleib entspannt Luki…da ist es leichter.“

„Das funktioniert nich, wenn du deine Hände da hast“, entfuhr es mir und ich wünschte ich hätte das nicht gesagt.

„Warum, macht dich das etwa nervös?“

Und da war es wieder, dieses unglaubliche Gefühl, das nur Juka in mir entfachen konnte. Doch ich ignorierte es abermals.

„Nein, sonst kann ich unmöglich werfen“, log ich.

Doch Juka kannte mich scheinbar besser und langsam glitten seine Hände an meinem Oberkörper hinunter und wanderten unter mein fast bauchfreies Shirt. Heilige Scheiße, seine Hände auf meinem Körper fühlten sich so verflucht gut an. Schließlich ließ er ganz von mir ab. Dennoch hinterließen seine Berührungen ein süßes Verlangen, von dem ich so gern mehr gehabt hätte, wenn ich nicht so feige gewesen wäre.  

Der Tag nach dem Konzert war so typisch. Ausnüchtern und nichts tun. Ich hockte mich mit einer Decke ins Fensterbrett, um eine zu rauchen. Ich musste lachen. Der Wind und der Regen peitschten mir nur so ins Gesicht. Ich fühlte mich wie ein Eisklumpen und kuschelte mich enger in die Decke. Jojo war in ihrem Zimmer mit noch einer Freundin und schaute DVD. Ich sagte den beiden kurz Hallo, als ich mir einen Kaffee holte und dann verkrümelte ich mich in mein eigenes Zimmer.

Ich legte mich auf mein Bett, zündete mir eine Zigarette an und dachte nach. Ich dachte wieder an Juka. Warum hatte sich Juka noch nicht gemeldet? Das war sonst nicht seine Art. War er vielleicht sauer auf mich? Doch ich wüsste nicht warum. Ich vermisste ihn so schrecklich und es wäre zu schön gewesen, wenn er jetzt bei mir sein könnte. Ich hörte ein bisschen Musik und versuchte erneut ihn anzurufen, doch ohne Erfolg. Dann kam mir eine eher absurde Idee, doch ich musste es endlich wissen. Ich schloss das Fenster, zündete Räucherstäbchen an und zog mich mit meinem Laptop ins Bett zurück. Erst schaute ich mir Videos von japanischen Rockbands an und ich musste feststellen, dass mich das schon irgendwie an machte. Vor allem Kyo mit seinen Tattoos und auf die Musik stand ich ohnehin. Doch eigentlich wollte ich etwas anderes wissen und suchte weiter. Mit einer Mischung aus Neugier und Unbehagen gab „Schwulen Porno“ in die Suchmaschine ein. Um meine Suche noch etwas zu filtern, fügte ich japanische hinzu. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum und scrollte durch die Videos, die angezeigt wurden. Schließlich klickte ich auf eines, wo mir die Männer gefielen. Und START. Es fühlte sich seltsam an zwei Kerlen beim Vögeln zuzusehen, doch je länger ich mir den Film anschaute, desto mehr regte sich in meiner Hose. Okay, fuck. Denn plötzlich drehte sich mein Kopfkino um einen ganz bestimmten Japaner und als ich mir vorstellte, das Juka all das mit mir tat, was ich hier gerade sah, wanderte meine Hand ganz allein in meine Hose. Ich begann mich zu streicheln und mich zu massieren. Dabei hielt ich die Augen geschlossen und sah diesen schönen Mann deutlich vor mir. Meine Selbstbefriedigung verschaffte meinen Fantasien keine Linderung, jedoch fühlte ich mich ein bisschen erleichtert. Ich säuberte mich und zuckte leicht zusammen, als es klingelte. Einige Minuten später klopfte jemand an meiner Tür und trat ohne eine Aufforderung von mir ein. Kein anderer als meine Exfreundin stand vor mir. Sie schaute mich an, jedoch konnte sie mir nicht lange in die Augen sehen. Nach einem längeren Schweigen fragte sie:

„Wo warst du gestern eigentlich?“

Ich antwortete nicht gleich, weil ich mir nicht wirklich im Klaren war, was ich sagen sollte. Schon zuckten meine Lachmuskeln am Mund, als ich an eben dachte, doch das würde Nici ihr positives Bild von mir endgültig zunichte machen.

„Hab mich lange mit Flo unterhalten und versucht Juka anzurufen.......“

Ich konnte nicht weiter sprechen, die Worte blieben mir im Hals stecken. Nici war gerade mal voll der falsche Gesprächspartner.

„Juka, der Japaner von neulich?“, hackte Nici ungeduldig nach.

„Genau der. Nici ich bin echt müde und muss glaub noch ein bisschen schlafen.“

Sie zog die Stirn in Falten. Es war klar, dass sie mir das nicht abkaufte, denn dafür kannte sie mich zu gut.

„Verarschen kann ich mich selbst Lukas.“

„Ich brauch grad auch mal Zeit für mich Nici und bin heute nich in bester Stimmung.“

„Das sind ja ganz neue Töne von dir. Können wir trotzdem reden?“

„Was erhoffst du dir davon.“

Sie schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an und öffnete den Mund, jedoch schloss sie ihn gleich wieder, weil ihr wahrscheinlich die Worte fehlten. Wir musterten uns gegenseitig doch keiner von uns beiden sagte etwas. Ihr liefen die Tränen wie ein kleiner Bach den Wangen herunter. Nici hatte sich wider so halbwegs gefangen.

„Hast du wirklich ernsthaft mit mir Schluss gemacht?“, erwiderte sie mit zittriger Stimme. Ich erhob mich von meinem Bett und setzte mich ans Fensterbrett um noch eine zu rauchen. Ich hatte gestern Abend zu viel Alkohol getrunken und Probleme mein Gleichgewicht zu halten. Nici ihre Hände zitterten und es schien, als wäre ihre Kehle wie zugeschnürt. Jedes Wort hörte sich eher nach einem Krächzen an. Ich wusste auch, dass Nici nicht zufällig gekommen war und doch konnte ich ihr nicht das geben, was sie wollte. Ich atmete tief durch und dann ging alles fast ganz alleine.

„Ich habe dich vielleicht nicht immer so behandelt, wie du es dir gewünscht hast, doch denke ich, dass ich immer ehrlich zu dir war Nici. Ich habe dich betrogen und auch, wenn es dir nichts auszumachen scheint…für mich isses schon heftig. Ich kann das nich so einfach wegstecken, außerdem ist da gerade noch etwas anderes, mit dem ich fertig werden muss. Irgendwie passieren gerade Dinge, die ich nich einordnen kann und solange ich mir nich im Klaren bin, was ich will, wird das mit uns ohnehin nichts.“

Ich drehte mich um und stützte mich auf das Fensterbrett. In meinem Kopf drehte sich alles. Ich wusste nicht, ob ich weinte oder nicht und ich wusste auch nicht, wie lange ich schon nichts mehr gegessen hatte.

„Lukas, bitte schau mich an!“

Ich wendete mein Gesicht dem ihren zu.

„Bitte gib uns noch eine  letzte Chance“, stammelte sie.

„Ich weiß nich, ob das gut ist Nici.“

Meine Worte waren schlimmer als Peitschenhiebe, aber ich konnte nicht mit ihr zusammen sein.

„Dann lass es uns ein letztes Mal versuchen und wenn es dann nicht klappt, dann soll es nicht sein. Bitte, ich flehe dich an.“

Andererseits, was hatte ich zu verlieren? In mir kämpften gerade die Gefühle gegeneinander. Schließlich willigte ich doch ein, auch wenn ich wusste, dass es wahrscheinlich ein Fehler sein würde. Ihre schmalen Lippen umspielte ein Lächeln. Die schwarzen langen Haare umrahmten ihr kindlich schönes Gesicht. Ihre Augen glitzerten und es sah fast so aus, als ob sie Funken sprühten. Die Konturen ihres Gesichtes waren wie die einer Puppe, so fein und perfekt. Ihre Haut war glatt und die Blässe wurde durch das schwarze Haar noch mehr zum Ausdruck gebracht.

„Lukas bitte nimm mich in deine Arme...sonst sterbe ich.“

Ich ging auf sie zu, schlang ihre Arme um meine Hüfte und sie schmiegte den Kopf an meine Brust. Ich atmete nochmals tief aus und wieder ein.

„Ich kann deinen Herzschlag fühlen, es ist fast so, als ob es gleich zerspringt.“

Jetzt endlich legte ich auch meine Arme um sie und unter ihrem Baumwollpullover spürte ich die weiche Haut. Ich wusste, dass dies meine letzte Chance war, unsere Beziehung noch zu retten. Doch wollte ich das überhaupt? Jetzt war es zu spät.

Ich küsste ihre langen Haare, die nach Moschusparfüm und Zigaretten rochen.

„Warum bist du eigentlich zu mir gekommen?“

„Ich weiß nicht. Erst haben wir uns so schön unterhalten und dann warst du auf einmal verschwunden. Naja und irgendwie habe ich dich vermisst.“

„Schön.“

„Bist du dünner geworden?“

„Ich weiß nicht. Schon möglich. Willst du, dass ich dicker bin oder was?“

„Nein, bist du wahnsinnig. Weißt du was, eigentlich können wir doch jetzt noch irgendwohin essen gehen. Was meinst du?“

Sie lies mich los und schaute mich an.

„So wie ich jetzt aussehe, gehe ich nirgendwo hin.“

Nici presste die Lippen aufeinander und zog die Stirn in Falten, doch ein leichtes Hungergefühl überkam mich schon.

„Dann geh halt duschen oder so!“, sagte sie fordern und ich musste lachen. Ich küsste sie heute zum ersten Mal auf den Mund. Sie erwiderte meinen Kuss.

„Na da geh ich jetzt mal unter die Dusche.“

Sie nickte und ich küsste sie auf die Stirn. Ich entkleidete mich meiner Hose und zog den Bademantel über. Obwohl ich mit dem Rücken zu Nici stand, spürte ich ihren Blick, wie Feuer im Nacken brennen und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Als ich vom Duschen wieder ins Zimmer kam, saß Nici immer noch auf meinem Bett und funkelte mich begehrenswert an. Ich ließ den Bademantel zu Boden fallen und beobachtete sie. Ich konnte ihr ansehen, was sie gerade dachte. Am liebsten würde sie meinen nackten Körper berühren, ihn begehren, doch seltsamerweise fühlte ich nichts. Nici kam zu mir und umfasste mit ihren zarten Händen mein Glied. Doch auch da regte sich nichts. Jetzt zog ich sie mich aufs Bett und presste sie fest an mich. Ich umfasste ihre Hüfte und sah sie an.

„Nici, verzeih mir, aber das wird heute nichts mehr.“

Sie schaute mich ein bisschen enttäuscht an, nahm es aber hin.

Ich zog meine Cordhose wieder an, obwohl diese an vielen Ecken schon ziemlich mitgenommen aussah aber das war mir relativ egal. Da mein Pullover nass geworden war, entschloss ich mich für meine Baumwollstrickjacke, die auch kuschelig weich war. Ich schnappte noch meine Cordjacke und nahm Nici an der Hand. Wir wollte zum Italiener Essen gehen. In der Stadt gab es da auch ein ganz kleines, gemütliches Restaurant, wo es auch sehr gut schmeckte. Der Abend war sehr stürmisch und kalt. Nici klammerte sich an meinem Arm fest und so kämpften wir uns durch den Regen.

Beim Italiener drinnen war es warm und gemütlich. Als wir uns an einen kleinen Tisch in der Ecke am Fenster platziert hatten kam der Kellner auch schon und brachte die Speisekarten. Ich bestellte mir Spaghetti Belogenes und Nici aß eine Pizza Hawaii. Das Essen ließ einige Zeit auf sich warten, jedoch schmeckte es sehr köstlich. Gegen um zwölf verließen wir das Restaurant wieder und gingen zu mir nach Hause.

Ich drehte den Heizkörper in meinem Zimmer voll auf, weil es wirklich verdammt kalt war und zündete mir erst mal eine Zigarette an.

„Ich will dich wirklich nicht noch einmal verlieren, auch wenn ich das schon so oft zu dir gesagt habe.“

„Ich dich doch auch nicht“, antwortete ich und wusste nicht mal, ob ich es auch wirklich so meinte.

„Es ist einfach so schön mit dir.“

Wir lagen einfach nur nebeneinander und genossen die traute Zweisamkeit. Ich konnte nicht davon reden, dass mein Leben perfekt war, andere hatten es vielleicht um einiges schlechter als ich, doch ich war noch mit Nici zusammen und allein das zählte. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was noch vor mir lag oder was ich schon durchgemacht hatte. Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche und ich sah, dass Juka geschrieben hatte. Ich drehte das Display ein bisschen weg und öffnete die Nachricht.

Juka: Hey du Hübscher. War arbeiten und konnte deshalb nicht ans Telefon gehen. Hast du mich schon wieder vermisst oder was? Bin jetzt zu Hause.

 Fuck, fuck, fuck. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe umher und musste wohl doch drüber nachdenken, was vor mir lag.

 Ich: Dachte nur, ein bisschen nette Gesellschaft wäre schön. Aber jetzt is Nici da. Ich könnte sie aber wegschicken.

 Ich fühlte mich unglaublich schlecht, doch irgendwie konnte ich nicht anders.

 Juka: Soso, du ziehst meine Gesellschaft der deiner Freundin vor? Was soll ich nur davon halten ;).

 Mein Körper sehnte sich so sehr nach ihm und ich wusste, wenn ich sie jetzt wegschickte, würde er herkommen. Was war ich nur für ein mieses Arschloch. Andererseits merkte ich auch schon wieder, wie meine Laune kippte und Nici mich nervte. Vielleicht sollte ich einen Streit anzetteln? Ich wusste es nicht, stand deshalb auf und zündete mir noch eine Zigarette an.

„Alles okay bei dir?“

„Weiß nich“, gab ich ehrlich zurück.

„Kann ich dir was Gutes tun?“

„Mich allein lassen…ich fühl mich irgendwie nich so und brauch noch ein bisschen Ruhe…ich kann dich nach Hause bringen…“

„Wir können auch einfach schlafen. Ist schon in Ordnung.“

Ich seufzte tief.

„Nici…ich will einfach allein sein, gerade is mir alles zu viel.“

Sie warf mir einen beleidigten Blick zu, stand jedoch auf, zog ihre Jacke an und rauschte aus dem Zimmer. Auch ich schnappte meine Jacke, das Handy und Zigaretten.

Vor ihrem Haus gab sie mir noch einen Kuss.

„Manchmal würde ich zu gern in deinen hübschen Kopf schauen können…bis dann, schlaf gut.“

Ich hob die Hand, zündete mir eine Zigarette an und bewegte mich in Richtung U-Bahnstation. Ich schrieb Juka, ob es okay sei, wenn ich noch vorbeikomme. Er schickte mir nur ein Smiley zurück. Von zu Hause hatte ich noch eine Flasche Wein mitgenommen, die ich auf dem Weg zu ihm zur Hälfte leerte. So langsam sollte ich mein Alkoholproblem echt in den Griff bekommen. Wenigstens eins von vielen und wahrscheinlich auch das kleinste. Ich torkelte etwas und Juka öffnete mir die Tür. Ich kickte meine Turnschuhe von den Füßen und ließ mich auf die Couch plumpsen.

„Hy, auch schön dich zu sehen“, sagte er etwas überspitzt und holte zwei Gläser, nahm mir den Wein aus der Hand und verteilte diesen. Dann prostete er mir zu.

„Ich kann auch wieder gehen…vielleicht is allein sein gerade klüger.“

„Mh…deine Entscheidung. Ich werde dich zu nichts zwingen.“

„Juka, wann is mein Leben so beschissen geworden…“

„Oh oh…ich glaub allein sein ist gerade eine sehr dumme Idee Luki“, gab Juka zurück und rückte näher zu mir heran, um seinen Arm um mich zu legen. Dann begann er mich zu streicheln und irgendwie erschöpft sank mein Kopf in seinen Schoß.

„Was hast du Nici erzählt?“

„Dass ich allein sein will…ich komm gerade so gar nich mit ihr klar…bin aber auch zu schwach ihr Konter zu bieten oder ihr zu sagen, dass es aus is. Für immer. Ich hab einfach gerade keinen Nerv dafür. Einerseits is sie schon süß und so…liebt mich, aber es reicht nich, verstehst du? Ich hab das Gefühl in mir zerbricht immer mehr, je öfter wir zusammen sind…es fühlt sich einfach nich richtig an und für meinen momentanen Zustand is sie echt nich gut…nur wie erkläre ich ihr das?“

Juka seufzte und schien sich auch ernsthafte Sorgen um mich zu machen. Liebevoll strichen seine Finger durch meine Haare.

„Oh Luki, was soll ich nur mit dir machen?“

Ich erhob mich, schenkte mir Wein nach und zog meinen Pulli aus, unter dem ich noch mein transparentes Top trug. Ein bisschen provokant zupfte ich meine Hose zu Recht und legte mich aufs Sofa. Das Weinglas drehte ich abwartend hin und her.

„Keine Ahnung…wie gesagt, wenn du müde bist oder so, kann ich auch gern wieder gehen…“

„Wir wissen beide, dass du das nicht tun wirst.“

Juka legte sich zu mir und stibitzte einen Schluck aus meinem Glas. Ich kniff die Augen zusammen und sah ihn gespielt böse an. Dann griff er über mich drüber, nach seinem eigenen Glas und verteilte den letzten Rest aus der Flasche. Wir prosteten uns zu.

„Weißt du Juka…ich versteh nich, wie mich jemand mögen kann…vor allem Nici. Ich hab ihr erzählt, dass ich sie betrogen hab…oder Flo und Basti, die sich dauernd wieder mit meinen Eskapaden rumschlagen und dann du? Ich bin ein furchtbarer Mensch, doch alle scheinen mich zu mögen, ich kapier nich warum…“

Juka zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch an mir vorbei.

„So furchtbar bist du gar nicht. Hin und wieder leicht exzentrisch, ein wenig verrückt und ich glaube vor allem verwirrt…nicht im negativen Sinne. Luki, du versuchst so oft das Richtige zu tun, willst Nici ein guter Freund sein, doch um das zu können, musst du dich mit dir selbst auseinandersetzen…und ich vermute Mal, dass dir das mehr als einfach fällt…oder?“, mutmaßte mein schöner Japaner und ich kippte den Rest von meinem Wein runter. Das Glas stellte ich auf den Boden und griff nach Jukas Zigarette.

„Ja, irgendwie schon…ich hasse mich…mein Leben und dauernd diese dummen Gedanken oder der Drang mir weh zu tun…das macht mich fertig Juka. Und jedes Mal, wenn ich Nici davon erzählen will, klappt es nich oder sie fasst das ganz falsch auf…“, antwortete ich und schon stiegen mir wieder diese dummen Tränen in die Augen. Ich wollte nicht heulen. Wollte Juka nicht zur Last fallen und ihn dauernd mit meinen Problemen belasten, doch ich hatte das Gefühl er konnte mir ein bisschen helfen, wenigstens ein wenig wieder mehr zu mir selbst zu finden. Und als würde ich genau diese Hilflosigkeit ausstrahlen, zog er mich in seine Arme und natürlich heulte ich dann doch.

„Oh mein Süßer…ich sag das zwar ungern, aber vielleicht solltest du dann Nici in den Wind schießen. Sie ist lieb, keine Frage, aber sie tut dir alles andere als gut, Luki. Und naja, wenn das nicht besser wird…“

„Nein! Ich will’s nich auch von dir hören…ich geh nich zum Psychodoc…“

Juka seufzte, schaute mich an und strich mir die Tränen aus dem Gesicht.

„Okay…dann müssen einen anderen Weg finden. Ich überleg mir was, in Ordnung?“

Ich nickte nur und kuschelte mich wieder an meinen Freund. Die Tränen versiegten und irgendwann schauten wir uns nur noch an. Hilfe, dieser Blick. Juka schien es in diesem Moment nicht anders als mir zu gehen und jeder von uns rang gewaltig mit seiner Selbstbeherrschung. Ich ließ ihn nicht aus den Augen, verfolgte jede noch so kleine Bewegung, während mein Herz in Rekordgeschwindigkeit in meiner Brust schlug. Nur einen kurzen Augenblick entfloh ich seinen eisblauen Augen, als ich die aufgerauchte Kippe im Aschenbecher ausdrückte. In diesem Moment ergriff Juka die Chance, um sich aufzusetzen. Er strich sich durch sein Haar und mied es, mich erneut anzuschauen.

„Was denkst du gerade?“, fragte ich ihn dann und ließ mich auf seinen Schoß gleiten. Er schüttelte nur mit dem Kopf und seine warmen Finger strichen über meine Brust, wanderten tiefer, bis sie auf die nackte Haut trafen. Dort verweilte seine Hand kurz und schob sich langsam unter den Stoff. Sein Adamsapfel hüpfte etwas nervös auf und ab.

„Zu viel, um es wirklich in Worte fassen zu können…schläfst du heut bei mir?“

„Wenn ich darf?“

Plötzlich hob mich Juka von seinem Schoß runter und sprang auf. Dann tat er etwas, was für meinen Lieblingsjapaner recht unüblich war. Er holte noch mehr Wein und füllte unsere Gläser wieder auf. Das seine leerte er beinahe in einem Zug. Ich musste wohl irgendwie noch immer ziemlich verwirrt schauen.

„Sonst hätte ich nicht gefragt…“, grummelte er und ich fragte mich wirklich langsam ernsthaft, was Juka hatte. Musste ich mir Sorgen machen? Auch ich erhob mich und suchte erneut den Kontakt zu ihm. Er biss sich kurz auf die Unterlippe schloss die Augen.

„Geht’s dir nich gut?“, fragte ich jetzt tatsächlich besorgt. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Dann ging dieses in ein tiefes Seufzen über.

„Ach scheiß drauf“, waren seine letzten Worte, bevor mich sein harter Kuss traf. Seine gierigen Lippen verschlossen die meinen und ein angenehmes Kribbeln breitete ich in meinem gesamten Körper aus. Ich wäre gern noch weiter rückwärts getorkelt, doch wurde von der Sofalehne gestoppt, die sich in meine Kniekehlen bohrte und diese somit nachgaben. Juka drückte mich mit seinem Gewicht auf die Couch und ich wollte nicht, dass dieser Kuss endete. Er saugte an meiner Unterlippe und seine Zunge stahl sich ein weiteres Mal in meinen Mund. Mein Oberteil rutschte weiter nach oben und entblößte noch mehr Haut. Was tat ich hier? Versetzte meine Freundin, um einen Typen zu vögeln, der mich vermutlich auch nur als eine Art Spielzeug betrachtete? Nici war meine Marionette und ich Jukas. Welch Ironie. Im Gefühlsrausch war ich mein Oberteil schneller los, als erwartet. Doch mein schöner Japaner hielt inne und schluckte. Augenblicklich kippte die Stimmung, denn ich wusste warum. Juka ekelte sich vor mir oder fand mich abschreckend, was wohl meiner letzten Verletzung zu Schulden kam. Ich hasste mich noch mehr und Juka irgendwie auch, obwohl er nichts dafür konnte. Jeder, der versuchte mich zu mögen, den stieß ich von mir. Allerdings schnürte mir der Schmerz dermaßen die Kehle zu, dass ich kaum imstande war zu atmen. Ich beeilte mich, zog meine Klamotten wieder an und rannte fast in den Flur, wo sich meine Schuhe befanden. Juka folgte mir panisch und hielt mich zurück.

„Was?!“, fuhr ich ihn wütend an und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien.

„Luki, bitte geh nicht“, flüsterte er kaum hörbar.

„Damit ich mir von dir auch anhören darf, wie verabscheuenswert ich bin?“

„…Luki…bitte…ähm, was? Nein! Das ist es nicht…nicht nur zumindest…es schreckt mich nicht ab. Du schreckst mich nicht ab…“

„Ach nein? Warum schaust mich dann so an? Ich kenne diese Blicke von anderen Juka…“

Noch bevor ich weiterreden konnte, zog mich der ältere in seine Arme und drückte mich an sich. Seine Hände streichelten liebevoll meinen Rücken.

„Oh du bist alles nur nicht verabscheuenswert…ich kann mich nur manchmal in deiner Gegenwart schwer zusammenreißen…du machst mich ein bisschen verrückt…“

„Aber ich bin zu dünn, verstümmelt und kaputt…“, schluchzte ich heftig.

„Du hast wunderschön vergessen…“, wisperte er ganz nah an mein Ohr.

„Ich finde mich nich schön…“, murrte ich zurück und ließ mich wieder zum Sofa führen.

„Okay…kommst du her, kuscheln?“

Ich zögerte einen Augenblick und zündete mir eine Zigarette an. Dann rutschte ich doch wieder näher zu Juka und schmiegte mich an ihn. Er schaltete den Fernseher ein und allmählich dämmerte ich weg.


Nachwort zu diesem Kapitel:
so süß Nici und Lukas auch zusammen sind, sie schafft es irgendwie nicht gegen seine düstere Seite anzukommen und dann noch das mit Juka- welche Gefühlschaos Komplett anzeigen

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