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Seelenkrank

von

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Nina

 

Nina und Jojo machten es sich an einem besonders stürmischen Abend zu Hause mit Tee und ihren Lieblingsserien gemütlich. Jojos Männergeschichten ließ sie vorerst doch ruhen und genoss stattdessen die wichtigen Dinge. Jedoch war ihr aufgefallen, dass Nina, die sich sonst gern mal einen Mann für eine Nacht gönnte, sich auch sehr zurückhielt. Allerdings verschwieg sie ihrer Freundin den Grund, doch den wollte Jojo endlich herausfinden.

„Du bist aber in letzter Zeit auch sehr enthaltsam, was ist da los?“

Nina schaute ihre beste Freundin ein bisschen erschrocken an, als wäre sie ertappt worden.

„Es gibt gerade keine brauchbaren Männer auf dem Markt. Und entweder, sie sind Arschlöcher oder schwul.“

„Was kennst du denn für schwule, gutaussehende Männer?“

Sie seufzte.

„Jojo, manchmal bist du echt schwer von Begriff…wie viele schwule Typen kennst du denn?“

Jojo überlegte und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.

„Lukas??....Ninaschatz, er ist schwul und nein…lass es einfach bleiben.“

„Warum das?….immerhin ist er jetzt wieder single.“

„Und so viel ich weiß ist er gerade wenig an Beziehungen interessiert…du stürzt dich nur ins Unglück, denn entweder er macht dir sofort klar, dass er nicht interessiert ist oder aber er benutzt dich.“

„Selbst wenn ich nur eine nette Abwechslung für ihn bin, reicht mir das…ich bin ja nicht in ihn verliebt oder so…er ist halt nur nach meinem Geschmack.“

Nina lehnte sich zurück und Jojo konnte ihrem Blick entnehmen, dass sie sich nicht so leicht umstimmen ließ.

 

Mein Lieblingsfamilienfest näherte sich und ich schmiedete insgeheim Pläne, wie es Weihnachten umgehen konnte, denn immer schon brachten diese Feiertage etwas Unangenehmes mit sich. Meine Mum wollte aus Schottland zu uns kommen und unser Dad hatte uns auch eingeladen, doch das hatte ich ganz gekonnt ignoriert.

Ich fühlte mich leer und hatte noch keinem erzählt, dass ich Juka noch immer anbetete. Ich war es gewesen, der ihn hatte gehen lassen und ich wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen ist oder doch nicht? Denn mein Herz sagte mir etwas anderes. Langsam ertrug ich diesen Schmerz nicht mehr und langsam trieb er mich regelrecht in den Wahnsinn, denn so sehr ich versuchte den Schein zu wahren, fühlte sich alles falsch an. Es strengte mich an nicht die Gefühle zeigen zu können, die mich wirklich bewegten. Mit keinem wagte ich darüber zu reden, weil ich es leid war ihre dummen Kommentare anzuhören oder mich für meine Gefühle für Juka rechtfertigen zu müssen.

Jetzt war ein guter Zeitpunkt mich zu betrinken und in meinem Zimmer zu verkriechen. Ich schaute vor mich und erblickte meinen imaginären Scherbenhaufen, der mit jedem Tag größer wurde. Zu sehr klammerte ich mich an dem Wunsch, dass es zwischen Juka und mir funktionieren würde fest. Und so sehr ich es versuchte, ich konnte nicht loslassen, es war wie ein Fluch.

Ich beschloss mit Fabi und Flo feiern zu gehen. Lustiger Weise trafen wir auch Nina und meine Schwester. Mein kleiner Bruder amüsierte sich prächtig und ich so gut es eben ging.

Am nächsten Tag gestand mir Fabi, dass er sich Hals über Kopf in Nina verknallt hatte. Das freute mich, denn auch ihm würde ich mal wieder ein nettes Mädel gönnen.

Jetzt war es nur noch ein Monat bis Weihnachten und ich spielte schon mit dem Gedanken irgendwohin zu fahren, allein um mal einen klaren Kopf zu bekommen. Jemand kam und legte seine Arme von hinten um mich.

„Alles okay Schnucki?“

„Nee, alles beschissen. Vielleicht sollten wir ne Selbsthilfegruppe oder sowas gründen Flo.“

Mein Freund lachte und setzte sich zu mir vor den Kamin.

„Und wie nennen wir die dann? Ich hab jetzt mal wieder ein bisschen mit Zeichnen angefangen. Vielleicht geh ich nächste Woche doch mal im Tattoostudio vorbei und frag wie es da aussieht.“

„Cool, klingt nach nem Plan.“

Die nächsten Tage gelang es mir meine Gefühle erstaunlich gut zu verdrängen. Doch vielleicht lag das auch daran, dass ich mich mit Flo wieder öfter als gut war abschoss.

 

Nina schmachtete noch immer in Erinnerung an den gestrigen Abend.

„Nina, bitte. Es geht hier immer noch um meinen Bruder. Er wird jetzt erst mal den Casanova spielen, glaub mir. Und hast du ihn gestern gesehen? Du interessierst ihn nicht. Überlege dir also gut, ob du das wirklich willst. Ich will am Ende keine heulende, völlig fertige beste Freundin hier sitzen haben.“

„Jojo ich muss es riskieren…“

Jojo verdrehte die Augen und stieß mit ihr an. Sie konnte Jojo auch tatsächlich dazu überreden Lukas und Fabi zu ihrer Semesterweihnachtsfeier einzuladen. Sie sagten sogar zu und Nina konnte endlich versuchen ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Sie kannte Lukas schon eine halbe Ewigkeit und trotzdem hatte sie ihre Nervosität nicht unter Kontrolle. Ihre Freundin versuchte ihr noch immer einzureden, dass es eine blöde Idee sei sich an ihrem Bruder zu vergreifen. Nicht, weil sie es Nina nicht gönnte, sie machte sich Sorgen, er könnte sie verletzen, doch Nina sah das nicht.  

Die Jungs hatten sich echt in Schale geworfen und Lukas sah unglaublich heiß aus. Jetzt bekam Nina doch so ihre Bedenken. Außerdem entging ihr auch nicht, dass sich Fabi mächtig ins Zeug legte und jede Gelegenheit nutzte, um mit ihr zu flirten. Immer wieder versuchte sie ihm aus dem Weg zu gehen, doch er hing ihr dauernd am Rockzipfel. Nina warf ihrer liebsten Jojo einen flehenden Blick zu und natürlich kam sie zu Hilfe. Nina ergriff so die Gunst der Stunde und suchte Lukas auf, den sie nett plaudernd bei einem Mädchen fand. Absichtlich rempelte sie ihn von der Seite an und er wollte sich schon beschweren, als er Nina erkannte.

„Hey Nina, ich dachte du bist mit Fabi beschäftigt“, witzelte er. Sie verdrehte die Augen.

„Ich musste vor ihm weglaufen. Irgendwie scheine ich heute Abend eine magische Anziehungskraft auf ihn zu haben.“

Schön, er widmete sich ganz ihr und ignorierte das Mädchen.

„Wer weiß, vielleicht steht er ja auf dich.“

Sie zog die Stirn in Falten.

„Und wenn schon…kein Interesse.“

Lukas ergriff zwei Sektgläser und reichte ihr eines davon.

„Gefällt er dir nich? Oder stehst du eher auf die süßen Studenten?“

„Mhh, die Jungs hier sind tatsächlich ganz süß, aber ich steh nicht so auf Strebertypen.“

Lukas lachte und als sie sein Blick traf, war Nina kurz wie gelähmt. Verlegen schaute sie sich in der Menge nach Jojo und Fabi um. Sie redeten, so ein Glück.

„Hat meine Schwester eigentlich jemanden?“

Nina schüttelte mit dem Kopf und trank einen Schluck.

„Glaub nicht…nach Naoki hatte sie genug von Männern.“

„Um ehrlich zu sein bin ich froh, dass das zwischen den beiden nicht funktioniert hat“, sagte er ernst.

„Ich fand ihn ganz sympathisch.“

Lukas kniff die Augen zusammen.

„Ein reicher Schnösel, der nur die Frauen und Drogen im Kopf hat….und jedes Wochenende ne andere am Start.“

„Oho, spricht da etwa der besorgte, vernünftige Bruder?“, neckte sie ihn.

„Ja, manchmal bin ich das tatsächlich...“

Irgendwie hätte sie sich eine andere Antwort erhofft und trotz seiner kecken Art verbarg sich hinter seiner Fassade ein anderer Lukas.

„Naja…ich kann’s ein bisschen verstehen, aber ich hab Naoki in Tokio erlebt…da war er echt nett zu Jojo.“

Ninas Alkoholpegel stieg. Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Fabi auf einmal wieder neben ihr stand und sie zum Tanzen aufforderte. Nina hatte keine andere Wahl. Später merkte sie den Alkohol ganz schön und tanzte nur noch, bis sie sich irgendwann nicht mehr so richtig erinnern konnte.

 

Ich schlug meine Augen auf und war etwas irritiert, weil die Umgebung so ungewohnt war und als ich einen Blick neben mich warf, fuhr ich etwas schreckhaft zusammen, erkannte dann jedoch meine Schwester. Jetzt fiel es mir wieder ein, die beiden Mädels hatten sich gestern ordentlich abgeschossen und ich hatte sie nach Hause begleitet. Leise stahl ich mich aus dem Bett und schlüpfte in meine Hose. Was ich jetzt wirklich brauchte, war ein Kaffee, hoffentlich gab es das bei den Mädels. Jojo regte sich auch neben mir und blinzelte mich an.

„Morgen…willst du schon abhauen?“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Nee, nur Kaffee und ne Zigarette wären super.“

Jojo stolperte aus dem Bett, zog ihren Morgenmantel über und schlurfte in die Küche. Ich folgte ihr und sie erlaubte mir sogar in der Küche zu rauchen.

„Lukas, kannst du mir einen Gefallen tun?“

„Klar immer doch…um was geht’s?“

Jojo seufzte und warf mir einen seltsamen Blick zu.

„Es geht um Nina…ich glaub sie steht auf dich, aber ich denke, dass das eh nicht gut geht…kannst du ihr das irgendwie klar machen? Auf mich hört sie nicht.“

„Hast du ihr erzählt, dass ich ein gestörter, suizidgefährdeter, egozentrischer Psychopath bin?“

Meine Schwester verschluckte sich an ihrem Kaffee, weil sie lachen musste.

„Nein hab ich nicht, soll ich?“

Ich zuckte mit den Schulter und nahm einen tiefen Zug.

„Mach halt, mir egal. Wird sie nich sauer, wenn sie erfährt, dass du mir gebeichtet hast?“

„Mhh sie muss es ja nicht erfahren. Sie denkt halt, jetzt da du wieder single bist, kann sie es ja probieren…klar fänd ich es cool, aber sie passt so gar nicht zu dir und naja…da wäre noch das andere.“

„Du darfst Juka auch gern beim Namen nennen. Ich komm damit klar…irgendwie.“

„Okay…ich will nur nicht, dass sie sich da in was verrennt.“

„Süße, ich hab besseres zu tun, als mich an deine beste Freundin zu schmeißen…keine Sorge.“

 

Nina schreckte auf und sank sofort wieder in die weichen schützenden Kissen, weil sie fürchterliche Kopfschmerzen hatte. Nach einer Weile beschloss sie dann aber doch eine Kopfschmerztablette zu holen und quälte sich aus dem Bett. Leise schlich sie aus meinem Zimmer ins Bad und blieb wie angewurzelt stehen. Sie vernahm Stimmen aus der Küche und eine davon gehörte definitiv Lukas. Ihr Herz schlug schneller und sie versuchte sich leise ins Badezimmer zu stehlen. Nicht nur, weil sie fast nichts anhatte, sondern weil sie der Gedanke überkam, dass sie sich gestern wahrscheinlich blamiert hatte. Als Nina in den Spiegel sah, stellte sie fest, dass sie nicht ganz so schlimm aussah, wie sie sich fühlte und ihre Lockenpracht von gestern Abend saß noch immer nahezu perfekt. Das Mädchen atmete tief durch und wollte zurück in ihr Zimmer. Klar, dass Lukas natürlich jetzt aus der Küche trat. Mit verschränkten Armen lächelte er sie verschmitzt an. Mann war das peinlich.

„Guten Morgen, ich hoffe dir geht es besser.“

„Hey…naja, hatte schon bessere Tage.“

„Was macht dein Kopf?“

Sie schlüpfte noch schnell in den rosa Bademantel und versuchte diesen gutaussehenden Mann zu ignorieren.

„Ich glaub ich mach mir auch mal einen Kaffee. Aber was machst du eigentlich hier?“

„Irgendwer musste dich ja nach Hause bringen.“

Sie erschrak ein bisschen.

„War es so schlimm?“

Lukas lächelte wieder.

„War okay…dachte nur es wäre besser so.“

Nina nickte nur und war fast am Durchdrehen, denn dieser hübsche, von Tattoos gezierte Mann wusste wahrscheinlich, wie er Mädchenherzen zum Schmelzen brachte.

„Hab ich was Schlimmes gemacht?“

„Nur mit Fabi rumgeknutscht.“

Sie verschluckte sich an ihrem Kaffee.

„Bitte was???“, fragte Nina entsetzt, als hätte sie die Worte nicht klar und deutlich verstanden.

„Du und Fabi…ihr habt rumgeknutscht“, widerholte Lukas sichtlich amüsiert und auch Jojo schien das echt witzig zu finden. Das Mädchen ließ sich auf dem Sofa nieder.

„Ach du scheiße…also muss ich das wohl heute gerade biegen“, nuschelte sie eher zu sich selbst.

„Warum, er is doch nett und hat bestimmt nichts gegen ein Tächtel Mächtel mit dir.“

„Ich will aber nicht okay!“, fuhr sie ihn an.

„Sorry…hatte vergessen, dass du gereizt bist.“

Sie lehnte sich zurück und schlürfte ihren Kaffee.

„Ich vermute fast er will was Ernstes und das kann ich ihm nicht geben.“

Lukas sah sie fragend an.

„Das schließt du daraus, weil du ihn geküsst hast und es nich mal mehr weißt?“

„Nein, das hat ja vorher schon angefangen…außerdem hab ich gestern schon erwähnt, dass ich nicht auf ihn stehe.“

„Das ist aber schade“, gab er ironisch zurück.

„Warum das denn? Er wird’s schon verkraften.“

Lukas zog jetzt auch seinen Pulli wieder an und verwehrte ihr so den Anblick auf seinen schönen muskulösen Körper, der allerdings von Narben übersät war und sie fragte sich, was da passiert war? Vielleicht stand er ja auch auf Fessel- und Bondagespiele? Sowas konnte sie sich immer nicht so richtig vorstellen.

„Ich werde dann mal gehen.“

Zum Abschied gab er Nina einen sanften Kuss auf die Wange, der den süßen Schmerz nur noch verstärkte. Auch Jojo umarmte er und die beiden tauschten verschwörerische Blicke aus.

„Lukas…danke, dass du mich nach Hause gebracht hast.“

„Gern geschehen.“

Sie verkroch sich in ihrem Zimmer und schaute schnulzige Serien an. Vielleicht hatte Jojo doch Recht und Lukas war nichts für sie.

 

Fabi war außer sich vor Wut, als ich kam. Er warf mir vor, was mit Nina angefangen zu haben, dabei wollte ich doch nur meine Ruhe. Ich nahm ihm den Wind aus den Segeln.

„Ganz ehrlich, wenn dir soviel an ihr liegt, warum hast du sie nich nach Hause gebracht? Außerdem hab ich das auch Jojo zuliebe gemacht, die war nämlich auch echt durch.“

„Wollt ich ja, aber da hast du sie schon mitgenommen. Vor allem hab ich dir gesagt, dass ich sie süß finde und du hast nichts Besseres zu tun als dich an sie ranzuschmeißen“, fuhr er mich an.

„Jetzt komm mal runter. Ich hab bei Jojo im Zimmer gepennt und was hätte ich für nen Grund mich an Nina ranzuschmeißen?“

„Ach leck mich doch“, beendete er das Gespräch und verschwand in seinem Zimmer.

Ich verstand sein Problem nicht, denn wenn er Nina so toll fand, warum lud er sie nicht mal zum Essen ein oder so. Doch dann kam mir wieder in den Sinn, dass sie Fabi gar nicht so attraktiv fand, aber das sollten die beiden unter sich klären. Ich baute mir einen Joint und klopfte an Flos Zimmertür.

„Lust auf eine Wundertüte?“, fragte ich grinsend und er kam mit hinaus ins Wohnzimmer. Ich warf einen Blick auf seine Arme und die sahen echt alles andere als appetitlich aus. Er war noch immer nicht ganz über Kami hinweg und versuchte sich durch körperliche Schmerzen abzulenken. Ich wusste wie das war und trotzdem brach es mir das Herz ihn so zu sehen. Dennoch schien er heute ausgenommen gut gelaunt zu sein. Fabi gesellte sich dann auch zu uns, wahrscheinlich konnte er seinem Drang mit uns zu kiffen doch nicht widerstehen. Er entschuldigte sich außerdem bei mir und ich überlegte kurz, ob ich ihm beichten sollte, dass Nina nicht auf ihn stand, ließ es jedoch bleiben. Da ich morgen arbeiten musste, verabschiedete ich mich recht früh ins Bett.

 

Als ich Jojo zum Weihnachtsgeschenke shoppen abholen wollte, empfing mich Nina und meinte, meine Schwester wäre noch an der Uni, würde aber gleich kommen.

„Bekomm ich vielleicht einen Kaffee?“, fragte ich und merkte, wie ihre Wangen leicht erröteten. Ich musste grinsen.

„Natürlich, wollte eh gerade einen machen. Hat Fabi was zu dir gesagt?“

Hatte sie auf einmal doch Interesse an meinem kleinen Bruder? Ich hatte mir geschworen auch mit Nina nicht darüber zu reden.

„Wie wäre es, wenn du ihn selbst fragst.“

Sie warf mir einen genervten Blick zu.

„Ich geh ihm einfach aus dem Weg, das ist auch eine Antwort auf seine ständigen Nachrichten. Sagt man nicht immer von uns Mädels, dass wir uns nervig verhalten?“

„Reden wir jetzt über Beziehungen?“, fragte ich amüsiert. Nina zuckte mit den Schultern.

„Mal ganz ehrlich, ein Mädchen, das sich dauernd bei dir meldet, ist doch uninteressant?“

„Naja, es gibt mir zumindest zu verstehen, dass sie leicht zu haben is. Somit habe ich immer jemanden, der mir in Notfällen zur Verfügung steht.“

Nina schaute mich etwas überrascht an.

„Also bist du gerade eher der Casanova?“, fragte sie charmant.

„Mag sein. Warum fragst du mich eigentlich über mein Liebesleben aus?“

Sie zuckte mit den Schultern und grinste.

„Nur so…aus Interesse.“

Ich zog die Augenbrauen hoch und in dem Moment kam meine Schwester. Wir brachen auch sogleich auf. Jojo und fuhren mit der Bahn in die Stadt und bekamen auch so gut wie alles. Nach unserer Shoppingtour schlenderten wir noch über den Weihnachtsmarkt und tranken Glühwein.

 

Ungeduldig wartete Nina auf ihre Freundin und endlich, bepackt mit Einkaufstüten traf sie endlich wieder ein. Sie grinste nur, als sie Nina erblickte und schüttelte mit dem Kopf.

„Nina, über was hast du mit Lukas gesprochen?“

„Gott, bin ich froh, dass ich endlich darüber reden kann. Wir haben uns über Beziehungen unterhalten und ich hab versucht mehr über Fabi rauszubekommen, aber Lukas sagt nichts. Meinst du er mag mich?“

Jetzt schaute sie Jojo wieder mit diesem ernsten Blick an.

„Ninaschatz, ich weiß es nicht und ich bin nicht sicher, wie ich die ganze Situation gerade einschätzen soll. Wir sind übrigens in zwei Wochen bei Lukas eingeladen zum Weihnachten feiern.“

„Mir rutscht jetzt schon das Herz in die Hose, wenn ich dran denke. Kannst du nich was rausbekommen?“

„Vergiss es. Das machst du schön allein.“

Nina funkelte ihre Freundin böse an und ließ die nächste Woche schnell vorübergehen.

Als es soweit war, wurde Nina nur noch nervöser. Den 24. Dezember verbrachte sie mit ihrer eigenen Familie und den ersten Feiertag am Nachmittag hübschte sie sich auf und machte sich auf den Weg zu Lukas. Er öffnete ihr die Tür und am liebsten wäre sie in Ohnmacht gefallen, so umwerfend sah er heute aus. Die ersten drei Knöpfe seines schwarzen Hemdes hatte er offen gelassen und es schloss perfekt mit dem Bund seiner Hose ab. Er begrüßte sie wie immer.

„Hey, schön, dass du es geschafft hast.“

Nina lernte Lukas und Jojos Mama kennen. Sie war eine sehr nette Frau und man merkte ihr sehr an, dass die beiden ihr viel bedeuteten. Fabi versuchte irgendwann wieder mit ihr zu flirten, doch das Mädchen hatte nur Augen für diesen wunderschönen Mann mit dem Whiskeyglas in der Hand. Doch beachtete er sie kaum und das trieb Nina in den Wahnsinn.

Sie spielten nach dem Essen Tabu und Nina war mit Lukas in einer Mannschaft. Sie schlugen sich gut und je weniger Nina darüber nachdachte, wie umwerfend sie ihn fand, desto mehr konnte sie mit ihm in Kontakt treten. Nina und Lukas schlugen alle und als sie schließlich gewonnen hatten, musste sie mit ihm Schnaps trinken.

„Das Zeug mag ich gar nicht, aber für dich tue ich das.“

Als Nina wieder dieser Blick traf, als sie anstießen, war es, als wollte ihr Herz zerspringen. Er beugte sich näher zu ihr.

„Hättest du das auch für Fabi getan?“

Ohne zu überlegen gab sie ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Sicher nicht“, entgegnete sie und setzte mich schweren Herzens zu Jojo. Flirten schön und gut, aber das verschob Nina auf später. Und wie sie gehofft hatte, trafen sich ihre Blicke immer wieder.

An diesem Abend fiel es ihr verdammt schwer zu gehen, doch sie wollte nicht, dass Lukas die Oberhand gewann. Durch Jojo hatte Nina genügend von ihm erfahren und wusste, dass er zwar ein Casanova war, aber dennoch einen weichen, sensiblen Kern besaß und diesen musste sie erreichen.

 

Welch ein Glück, ich hatte die Feiertage überstanden und das ohne Mord und Totschlag. Auf Silvester freute ich mich, weil ich da bei uns die Party des Jahres plante. Flo und ich, wir bauten das Wohnzimmer um und schleppten die Musikanlage vom Keller nach oben. Stühle räumten wir nach unten und die Tische stellten wir an die Wände. Wir waren uns einig, dass der Keller tabu für alle Gäste sein würde. Nun fungierte das Wohnzimmer als relativ große Tanzfläche. Den Poolbereich hatte ich wetterfest gemacht und theoretisch konnte man auch im Winter baden gehen. Ich schloss die Lichterketten an und die größere Lichtmaschine, die Wohnzimmer und Poolbereich beleuchtete.

Einen Tag vor Silvester schneite Nina bei uns rein. Ich hörte, wie sie mit Fabi redete und dann nach mir fragte. Jedoch wusste ich nicht, ob ich Lust zum Reden hatte. Ab und an suchten mich dann doch Phasen heim, in denen mir bewusst wurde, dass ich Juka vermisste. Doch dann sagte ich mir immer und immer wieder, dass es einfach nicht funktioniert hätte. Das war die Wahrheit, Juka und ich würden niemals funktionieren. Nina klopfte und trat vorsichtig ein. Ich hockte mit meinem Joint auf dem Sofa und schenkte ihr recht wenig Beachtung.

„Hast du kurz Zeit?“

Ich zuckte mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug.

„Warum nich. Worum geht es?“

„Naja, ich hätte voll Lust ein bisschen singen zu üben und Jojo meinte, ich sollte dich doch mal fragen.“

Jetzt war mein Interesse geweckt.

„Hast du schon irgendwelchen Vorkenntnisse?“

Nina schüttelte mit dem Kopf.

„Nicht wirklich. In der Schule meinten immer alle, ich sollte doch Sängerin werden, aber ich hatte andere Pläne mit mir.“

Ich lächelte schwach.

„Naja, entweder du singst mir was vor oder übst noch ein bisschen für dich…“

„Ich kann dir was vorsingen, wenn du magst…hast du eine Gitarre hier?“

Erstaunt sah ich sie an. Das hätte ich nicht erwartet.

„Klar, komm doch mit in den Proberaum nach unten.“

Sie folgte mir und ich war gespannt, was mich erwartete. Nach ein paar wenigen Aufwärmübungen stimmte sie Gods and Monsters von Lana del Rey an, was mich wirklich schwer beeindruckte. Nicht, weil sie den Text perfekt beherrschte, sondern ihre Stimme haute mich echt um. Ich gab ihr dennoch ein paar Tipps, wie sie kleine Unsicherheiten beheben könnte. Wir verbrachten letztendlich fast drei Stunden im Proberaum und redeten über Musik.

„Was ist das eigentlich für eine Kette um deinen Hals?“

Nina lachte.

„Die hat Elena von dem Vampir Stephan….Vampire Diaries. Kennst du sicher nicht.“

„Jojo hat mal davon geschwärmt, aber ansehen werde ich es mir sicher nich“, scherzte ich.

„Ist glaub ich auch eine Mädchenserie.“

Ich baute mir noch einen Joint und fragte Nina, ob sie auch mitrauchen wollte.

„Warum nicht.“

Ich spürte ihren Blick wieder auf mir ruhen, doch immer, wenn ich zu ihr sah, wich sie mir aus, wie ein scheues Reh.

„Warum guckst du immer weg, wenn ich deine Blicke erwidere?“

Sie fühlte sich ertappt und ich musste lächeln.

„Weiß nicht, vielleicht weil ich nicht anders kann.“

„Versteh ich nich…“, bemerkte ich.

„Was war vorhin eigentlich los? Du hast so traurig gewirkt.“

Jetzt fühlte ich mich ertappt und Nina war nicht diejenige, mit der ich darüber reden wollte.

„Nichts Spannendes.“

„Glaub ich nicht. Ich dachte immer, dass dein Leben voller spannender Abenteuer ist.“

Ich musste lachen und zündete den Joint an.

„Wer hat dir das denn erzählt?“

„Das habe ich mir zusammengereimt. Der gutaussehende, geheimnisvolle Bruder meiner besten Freundin…der mich völlig betrunken nach Hause bringt…ich weiß nicht, vielleicht gehen meine Gedanken auch ab und zu mit mir durch.“

Gut, jetzt hatte sie die Karten auf den Tisch gelegt und wohl eher ungewollt offenbart, was der wirkliche Grund ihres Besuches war, nämlich ich. Aber das hatte mir mein Schwesterchen ja schon gesagt.

„Was denkst du denn so?“

„Okay, ich hab was getrunken und bin high…ich garantiere für nichts…willst du wissen, warum ich nicht auf Fabi steh?“

„Oho, jetzt wird’s spannend.“

Ich versuchte neugierig zu klingen, obwohl ich die Antwort darauf bereits kannte.

„Deinetwegen…irgendwann kam der Tag, da hab ich beschlossen, dass du echt heiß bist.“

Trotzdem musste ich ein bisschen lachen, weil es sich aus ihrem Mund so unbeholfen anhörte.

„Nina, liebes…vielleicht solltest du solche Gedanken besser nich haben. Ich bin nicht der Typ, mit dem du zusammen sein willst.“

„Woher willst du das wissen. Ich steh auf Bad Boys.“

Ihre Ehrlichkeit überrumpelte mich etwas. Sie war wie ein aufgewecktes Reh, das sich versuchte dem bösen Wolf zu nähern, weil er ganz alleine ohne sein Rudel doch ganz kuschelig aussah.

„Bad Boys also, das denkst du von mir? Ich weit mehr als das und sorry Herzchen, aber du könntest mir nie und nimmer das geben, was ich brauche.“

„Woher willst du das wissen, du kennst mich ja nicht mal richtig.“

„Ich kenne dich besser als du glaubst.“

„Ach ja? Erzähl mir mehr darüber.“

Nina wollte es echt wissen und ich beschloss ihr eine klitzekleine Kostprobe zu geben. Sie setzte sich auf meinen Schoß und ihre Hände glitten unter mein Shirt. Dann beugte sie sich vor, um mich zu küssen. Mit einem Griff um ihre Hüften hatte ich das süße Mädchen unter mich befördert und drückte meine Lippen auf die ihren. Ihre Zunge drang in meinen Mund vor und ich spürte schon fast wie sie das genoss. Deshalb ließ ich von ihr ab und warf ihr einen gelangweilten Blick zu.

„Ich hab gesagt, lass die Finger von mir…das meine ich ernst. Du bist zu schade um einer meiner Gelegenheitsficks zu sein. Außerdem kann mich ein Mädchen niemals glücklich machen…ich steh nun Mal auf Männer.“

Ich merkte, wie sie kurz den Atem anhielt und mich dann zu sich zog.

„Und wenn ich nur das will?“

„Nina mach keinen Scheiß“, gab ich zur Antwort, blieb ihr jedoch nahe, spürte ihr zartes Herzchen pulsieren und die Mischung aus Lust und Unsicherheit in ihren Augen aufleuchten. Jetzt fragte ich mich tatsächlich wie weit ich gehen sollte. Meine Hände streiften ihre nackte Haut und wieder schien sie den Atem anzuhalten. Mein Kuss war hart und ohne Gefühle. Endlich schob sie mich von sich weg und ein Hauch von Entsetzten lag in ihrem Blick.

„Wie gesagt, erstens steh ich auf Männer, zweitens ich bin kein Typ, der auf Kuscheleien und Zärtlichkeit steht und drittens würden wir vielleicht ein paar mal miteinander vögeln, bis du mich langweilst. Ich bin in gewisser Weise egozentrischer Arsch, der keine Skrupel davor süße Mädels wie dich zu verführen, ihnen das blaue vom Himmel zu lügen, um sie dann fallen zu lassen. Was sie fühlen oder wie sehr ich sie verletzt is mir scheißegal Nina…deshalb noch einmal, lass es einfach.“

Unsere Unterhaltung wurde von meinem kleinen Sorgenkind unterbrochen. Flo kam und fragte, ob er uns Gesellschaft leisten könne. Diese Frage würde ich niemals verneinen und es trieb mir die Tränen in die Augen, wenn ich ihn so sah. Das war gerade mein Leben und Flo blieb ein wichtiger Bestandteil darin. Nina schien noch immer etwas perplex zu sein, aber sie gab ihm den Joint.

„Lukas, was machst du hier unten eigentlich mit so süßen Mädels.“

„Reden.“

„Als ob…Nina lass dich ja nicht auf ihn ein.“

„Zu spät, aber ich denke Lukas war sehr deutlich.“

Ich hatte das Gefühl mein Kopf würde gleich zerspringen. Erst diese dummen Gedanken an Juka, dann der ziemlich verrückte Abend mit Nina und jetzt ein völlig breiter bester Freund, der Nina vermutlich ihrer letzten Hoffnungen beraubte.

„Lukas hat sein Herz vor Jahren verschenkt, also leider Pech für dich.“

Ich dachte schon, er hätte sie in die Flucht geschlagen. Doch dann legte sie freundschaftlich den Arm um Flo und zu lächeln.

„Deshalb bist du also so? Das tut mir leid“, wandte sie sich an mich, doch ich zuckte bloß mit den Schultern.

„Flo, is alles okay bei dir?“, fragte ich dann und wusste die Antwort eigentlich schon. Er biss sich heftig auf die Unterlippe und schüttelte mit dem Kopf.

„Nichts is okay. Jetzt sind schon sechs Monate vergangen und es ist immer noch nich besser Lukas…ich kann nich mehr…wirklich nich…mach doch was dagegen.“

Ich nahm ihn in meine Arme, wie immer, wenn er so aufgelöst war.

„Das kann ich nich Süßer und das weißt du auch. Ich kann nur da sein.“

Flo sprang auf und schien in Chaostimmung zu sein. Ich hielt ihn fest.

„Lass mich“, fuhr er mich an.

„Flo, es wird dadurch nich besser.“

Ich hielt ihn fest und versuchte ihm ein Gefühl der Geborgenheit zu geben und er beruhigte sich. Zum Glück. Ich brachte ihn ins Bett. Nina folgte mir in mein Zimmer. Ich hatte mir keine Gedanken gemacht, wie sie nach Hause kommen sollte und sie scheinbar auch nicht. Sie strich mir behutsam mit der Hand über die Wange, jedoch wich ich zurück.

„Nicht…das macht es gerade nich besser.“

„Sorry…ich hätte heut Abend viel erwartet, nur nicht das.“

Ich funkelte sie misstrauisch an.

„Mit was dann? Dass du eine Chance bekommst, nur weil du ne tolle Stimme hast?“

„Quatsch…es hat mich berührt wie du dich um Flo kümmerst. Ich glaube so emotionslos bist du doch nicht.“

Ich verdrehte die Augen.

„Flo bedeutet mir nun mal sehr viel. Nina, ich weiß nicht, was du von mir denkst, aber schlag es dir aus dem Kopf. Fabi ist der Bessere von uns Beiden. Ich kann dir ein Taxi rufen, wenn du willst.“

Sie nickte und wir verabschiedeten uns voneinander.

 



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