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Seelenkrank

von

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Ich lass dich nicht im Stich

Trotz ihrer Launen begleitete Nina ihre Freundin und ebenso Lukas, als die Wehen einsetzten ins Krankenhaus und beide erlebten auch die Geburt von Jojos Tochter mit. Ihr kam noch immer alles so surreal vor und selbst, als sie nach acht Stunden voller Qualen, Geschrei und unbeschreiblichen Schmerzen das kleine Wesen in den Armen hielt, wusste sie nicht, wie sie sich fühlen sollte. Es schaute sie an, doch die junge Mutter fühlte sich ihm nicht gewachsen. Außerdem waren seine asiatischen Wurzeln kaum zu verkennen. Jojo musste weinen, weil sie nicht wusste, wie sie dem Kleinen eine gute Mutter sein sollte. Sie dachte an ihre eigene Mutter und verfluchte sie, weil sie nicht da war und sie allein auf sich gestellt war.

Nach ein paar Tagen durfte Jojo nach Hause. Sie stillte die Kleine, doch das funktionierte mehr schlecht als recht. Irgendwann begann sie dann doch mit der Flasche, weil es sonst nicht genügend zum Essen bekam. Jojo hatte beschlossen die Kleine Alice zu nennen, weil sie sowas wie ein kleines Wunder war. Langsam gewöhnte sie sich an ihre Tochter und sie schrie zwar ab und zu in der Nacht, doch es könnte schlimmer sein. Nein, es stimmte nicht, dass Jojo allein war, denn Lukas und auch Nina standen ihr bei. Vor allem Lukas und sie liebte ihn so sehr dafür. Er hatte ihre kleine Wohnung mit Babysachen ausgestattet und ihr mangelte es in den kälteren Monaten an Nichts. Ab und zu passte er sogar auf Alice auf, damit sie mit Nina feiern gehen konnte. So zogen die Monate ins Land und Weihnachten stand schon wieder vor der Tür. Die Jungs planten ihre kommende Tour und Jojo war mehr als gespannt, denn ihr lieber Lukas schien was Großes zu planen. Alle, auch Flo, Fabi, Jule und Juka wuchsen immer mehr zusammen und für Jojo war das ihre Familie. Jeder kümmerte sich rührend um Alice und sie war ihr kleiner Goldschatz. Sie liebte ihre Tochter von ganzen Herzen und hoffte ihr eine gute Mutter sein zu können.

 

Bei den meisten hatten die Weihnachtsferien begonnen und dieses Jahr war das erste Jahr, in dem ich mich ernsthaft auf dieses verhasste Fest freute. All meine Lieben waren da und ich freute mich jeden Tag aufs Neue mit Juka zusammen zu sein. Nichts konnte mich glücklicher stimmen. Naja außer unser neuestes Familienmitglied. Ich hatte einen Narren an Alice gefressen und manchmal schickte ich Jojo absichtlich auf Partygänge, um Zeit mit meiner kleinen Nichte verbringen zu können.

Meine Schwester wollte sich für meine Hilfe in den letzten Monaten revangieren und bekochte uns Jungs. Gerade wollte ich etwas aus meiner Wohnung holen, als es klingelte. Wie merkwürdig, denn ich erwartete keinerlei Gäste. Ich drückte den Summer und vernahm dieses verdächtige Klacken von High Heels. Ich ahnte schlimmes und als unsere Mum freudestrahlend um die Flurecke bog, begann es in mir zu brodeln.

Du wagst es hier aufzutauchen?“, fragte ich mit erstickter Stimme ohne sie zu begrüßen. Ihr Anflug von Freundlichkeit verschwand augenblicklich.

„Ich wollte euch sehen und fragen wie es Johanna geht.“

„Gut würde ich sagen. Sie hat ihre eigene Wohnung, eine wundervolle kleine Tochter und was soll ich noch erwähnen? Oh ja, sie ist glücklich…und das obwohl ihre eigene Mutter nicht mal die Zeit aufbringen konnte ihr beizustehen. Aber mich überrascht das nicht, ist man ja von dir gewohnt.“

Sie biss sich heftig auf die Unterlippe und wich meinem Blick aus.

„Ich hatte zu tun Lukas…aber jetzt bin ich ja da. Kann ich sie sehen?“

Jetzt war ich fassungslos.

„Sag mal willst du mich eigentlich verarschen? Glaubst du wirklich, dass Jojo dich sehen will?“

„Ich denke das solltest nicht du entscheiden Lukas.“

Ich schüttelte mit dem Kopf und ging durch die Zwischentür in die Wohnung nebenan. Ich teilte meinem Schwesterchen mit, dass sie Besuch bekommen hatte. Sie schaute mich fragend an, doch meine Miene blieb ausdruckslos.

„Lukas, wer zur Hölle ist es. Etwa Naoki?“

Ich verneinte ihre Frage und die Anspannung wich. Nichts desto trotz griff sie nach meiner Hand und gab mir zu verstehen, dass ich sie begleiten sollte. Auch ihr fielen die Augen fast raus, als sie unsere Mum erblickte. Und es freute mich irgendwie, dass ihre Reaktion fast mit meiner übereinstimmte.

„Das ist ja wohl ein schlechter Scherz Mutter. Du hältst es nicht für nötig meine Anrufe und unzähligen Nachrichten auf der Mailbox zu beantworten, geschweige denn die Geburt deiner Enkeltochter zu erleben…und kreuzt trotzdem hier auf?“

„Ich wollte euch sehen und hoffte, dass wir zusammen Weihnachten feiern.“

Auch Jojo schien zu kochen.

„Ganz ehrlich? Nein…ich kann nicht. Du hast es wieder mal geschafft alles zu ruinieren und verlangst jetzt Vergebung? Das hätte dir wirklich eher einfallen müssen. Ich habe meine Familie und ich bin nicht sicher, ob meine eigene Mutter noch dazugehört.“

Jetzt wurden ihre Augen glasig und sie versuchte sich zu rechtfertigen.

„Liebes, ich musste wirklich arbeiten…und so sehr ich meinen Chef angefleht habe…er brachte mir kein Verständnis entgegen.“

„Schön…und ich habe auch kein Verständnis für dein Verhalten. Mir ging es schlecht und ich war mir nicht mal sicher, ob ich das Kind behalten will. Weißt du Mama, früher dachte ich manchmal Lukas übertreibt, aber jetzt hast du mich vom Gegenteil überzeugt. Lukas wird immer mehr Familie für mich sein, als du es jemals sein kannst. Tut mir leid.“

Mit diesen Worten drehte Jojo ihr den Rücken zu und verschwand. Jetzt schien meine Mum zu toben. 

„Was um Himmels Willen hast du ihr erzählt Lukas? Hetzt du jetzt meine eigene Tochter gegen mich auf?“

Ich lachte traurig und baute einen Joint.

„Dieses Mal bin ich fein raus und du hast es selbst verkackt. Ein paar Wochen nachdem Jojo versucht hat dich zu erreichen stand sie völlig verzweifelt hier bei mir. Ich habe nicht mal gefragt, was passiert ist, das hat sie mir von allein erzählt…für mich war das an sich nichts Neues, nur kann ich noch immer nich glauben, dass du denselben Fehler zwei Mal machst. Mir isses mittlerweile egal…leider, aber Jojo nich. Doch auch sie merkt jetzt, dass sie nich auf Unterstützung ihrer Eltern hoffen kann.“

Meine Mum lief nervös auf und ab.

„Ich habe versucht immer zu dir zu halten Lukas und das ist der Dank?“

„In welchem Universum hast du denn bitte zu mir gehalten? Meinst du nur, weil mich dein vermeintlicher Tod eine Zeit lang sentimental machte, vergebe ich dir alles? Glaubst du echt, dass unser Gespräch, bevor du nach Schottland geflogen bist, auf einmal über allem steht? Vielleicht hätte ich dir verziehen…ich hatte gehofft, dass du deine Chance erkennst…leider hast du das nicht und willst jetzt mich für deine Fehler verantwortlich machen? So einfach ist das leider nicht, denn ich war für Jojo da und nich du.“

„Na schön…dann gehe ich eben wieder.“

Ich seufzte tief und hörte ihre Schritte in der Ferne verhallen. Ich zuckte zusammen, als mich jemand berührte. Etwas erleichtert entspannte ich mich, als mir bewusst wurde, dass es Juka war.

„Kleine Familienkrise?“, fragte er vorsichtig und ich lächelte ihn an.

„Mhh, meine Mutter tut ihr bestes, um sich selbst auszuschließen…irgendwie tut sie mir leid. Wenn nur Jojo nich so darunter leiden würde.“

Zaghaft strich er mir über die Wange und küsste mich auf die Stirn.

„Und du? Leidest du nicht darunter?“

Ich zündete den Joint an.

„Nein, der Zug ist abgefahren. Ich hab was ich brauche und meine Eltern brauch ich nich.“

Juka schaute mich skeptisch an.

„Bist du dir sicher?“

Jetzt lachte ich und reichte ihm den Joint.

„Alles cool…ganz ehrlich…Ich weiß, das is schwer zu verstehen, aber meine Eltern bremsten mich dauernd nur und unser Verhältnis wird niemals besser werden.“

„Okay…ich glaube dir…gehen wir wieder rüber mein Hübscher?“

Ich nickte und griff Jukas Hand. Doch er hielt mich zurück.

„Versprichst du mir, dass wir immer ehrlich zueinander sind?“

Ich küsste ihn.

„Klar, versprochen…Juka mir geht es gut…mir ging es nie besser und das allein ist dein Verdienst.“

Seine Augen strahlten mich voller Liebe an.

„Mein Gott bist du schön…ich liebe dich Luki.“

„Ich dich auch Juka…ich muss nach Jojo schauen. Kommst du mit?“

Er nickte und wir gesellten uns wieder zu unserer Familie. Jojo kam sofort zu mir und schluchzte, das hatte ich befürchtet. Ich half ihr später noch beim Aufräumen. Jule nächtigte heute in unserem Gästezimmer. Erneut rang meine Schwester mit den Tränen.

„Lukas, wie schaffst du das? Ich meine, wie kann es sein, dass sie dir so egal geworden ist?“

Ich seufzte.

„Egal ist wohl das falsche Wort…es gibt Menschen in deinem Leben, die hinterlassen Narben…manche sind tiefer als andere…und diese Narben sind nich immer schlecht. Sie machen uns zu den Menschen, die wir heute sind. Dann gibt es diejenigen in deinem Leben, die dich lieben Jojo und das gibt uns Halt. Glaub mir kleines, ich weiß genau, wie du dich fühlst und das kann ich nicht ändern, nur vielleicht ein bisschen besser machen. Ich liebe dich Jojo und hoffe, dass du irgendwann drüber hinweg kommst. Wenn du willst können wir reden…das hilft…“

„Ich bewundere dich großer Bruder…du gibst mir Halt und die Kraft nach vorne zu schauen. Hab ich dir jemals gesagt, dass ich verdammt stolz auf dich bin?“

Ich warf Jojo einen verwunderten Blick zu.

„Ähm nein, hast du nicht…und der Grund dafür würde mich brennend interessieren.“

Jetzt lachte meine kleine Schwester.

„Naja…trotz deiner exzessiven Phasen hast du nie unsere Familie aus den Augen verloren. Du hast immer an mich gedacht und mich rührt es so dich und Juka zu sehen, weil du endlich wieder glücklich bist. Klar früher warst du das schwarze Schaf in unserer Familie, aber das hat dich nie interessiert. Du hast dein Ding durchgezogen und allen bewiesen, dass nicht du der Verlierer bist, sondern alle anderen. Du bist verdammt stur Lukas und ich liebe dich auch…du bist der beste…du bist definitiv mein Held.“

Ich fühlte mich geschmeichelt.

„Okay…das reicht jetzt aber, mit soviel Lob kann ich nich umgehen. Lass uns morgen weiterreden. Gute Nacht Süße.“

Ich schloss sie in meine Arme und gab ihr einen Kuss.



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