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Seelenkrank

von

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Ich bleib bei dir...immer

Vor allem meinen Koleginnen im Büro entging nicht, dass ich einen Verlobungsring trug, doch bisher hielt ich mich immer sehr bedeckt, da mein Privatleben meine Sache war. Dennoch musste ich Schmunzeln, als sie hinter mir tuschelten. Mir war auch aufgefallen, dass sie mich schon das eine oder andere Mal bei Facebook gestalkt hatten, doch leider ohne Erfolg, denn mein Profil hatte ich so eingestellt, dass es nicht für jeden zugänglich war. Außerdem würden sie dann bedauerlicherweise feststellen müssen, dass ihr toller Chef auf Männer stand. Ich checkte meine Mails und nahm zwei Aufträge an, die ich sogleich an meine Mitarbeiter leitete und sie kurz mit ihnen besprach. Kurz vor der Mittagspause rief mich Juka an und wir trafen uns im Café nebenan.

„Willst du nichts essen?“

Ich schüttelte mit dem Kopf und bestellte nur einen Kaffee.

„Hab irgendwie keinen Hunger und fühle mich auch ein bisschen schlapp.“

Juka nahm meine Hand.

„Willst du später zu Hause ein bisschen verwöhnt werden?“

Ich lächelte und nickte.

„Das wäre traumhaft. Du kommst heute eher als ich nach Hause oder?“

„Jepp. Noch zwei Tage, dann ist schon wieder Wochenende.“

Ich wäre so gern länger hier geblieben, doch die Arbeit rief. Ich umarmte und küsste meinen Liebsten und schlenderte wieder in Richtung Büro. Eins der Mädels präsentierte mir stolz ihren ersten Entwurf. Ich gab ihr noch den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag, machte ihr dennoch deutlich, dass ich sehr zufrieden war. Auf dem Heimweg rief mich meine Mum an. Auch das noch. Sie wollte sich dringend mit mir treffen, also verschob ich meinen gemütlichen Abend. Eins musste man ihr lassen, sie lief immer schick und gestylt herum. Ich machte ihr jedoch deutlich, dass ich es eilig hatte und essen wollte ich auch nichts, da Juka ja vorhatte für uns zu kochen. Ich zündete mir eine Zigarette an. Meine Mum umarmte mich, doch ich erwiderte ihre Geste nicht.

„Wie geht es dir?“

„Komm gerade vom Arbeiten und bin ein bisschen kaputt...sonst ganz okay.“

Sie sah den Ring an meinem Finger.

„Hast du dich verlobt?“

Ich nickte und bestellte meinen zweiten Kaffee heute.

„Doch bevor du dir Hoffnungen machst, es is kein Mädchen.“

„Na dann. Solange du glücklich bist. Wie geht es Johanna?“

„Gut, sie jobbt jetzt nebenher als Tattoomodel…und das sollte dich auch interessieren, Alice Vater ist aus Japan gekommen, um sich um die beiden zu kümmern.“

Meine Mum zog die Stirn in Falten.

„Tattoomodel? Hat sie das von dir?“

Ich verdrehte die Augen und nippte an meiner Tasse.

„Klar, von wem sonst. Bist du mal auf die Idee gekommen, dass Jojo ihr Leben ganz allein bewältigt?“

„Naja vielleicht…aber ich frage mich manchmal woher ihr beiden das habt. Du warst ja genauso. Aber das ist wohl die heutige Zeit. Wie lang hast du deinen Freund schon?“

„Seit zweieinhalb Jahren. Hör zu, ich bin gerade nich in der Stimmung um mit dir Smaltalk zu halten. Sag mir einfach, was du willst.“

„Ist es etwa zu viel verlangt mit deiner Mutter einen Kaffee trinken zu gehen?“, fragte sie leicht empört.

„Ja ist es, weil ich müde bin und nach Hause will.“

Ich zündete mir noch eine Zigarette an.

„Na schön. Dann geh doch.“

„Ich habe ja nich gesagt, dass wir uns nich treffen können, nur bin gerade bissl gestresst vom Arbeiten. Wenn du möchtest kannst du ja später zum Essen kommen…weißt du Mutti…es fällt mir noch immer nich leicht auf einmal so locker mit dir zu reden…du hast mich sehr enttäuscht, aber ich würde dir gern ne Chance geben. Also komm vorbei, lern Juka kennen und vielleicht wird es ja irgendwann…“

Sie sah mich lange an und ein verunsichertes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Lukas, ich weiß, dass ich dich enttäuscht habe, aber ich will es wieder gut machen, versprochen.“

„Das glaub ich erst, wenn ich es sehe.“

Sie umarmte mich ein zweites Mal und ich fühlte mich auf einmal wieder so verletzlich. Denn egal wie wütend ich noch immer auf sie war, bestand dieses unsichtbare Band und auch meine Mum wusste das. Manchmal würde ich ihr so gern verzeihen, aber dann hielt mich mein Unterbewusstsein davon ab. Doch sie war meine Mum und der einzige Mensch, der mich wirklich noch ernsthaft verletzen konnte und davor fürchtete ich mich so sehr, deshalb hielt ich es für sinnvoller sie auf Abstand zu halten. Zu Hause fiel ich aufs Sofa und nickte sofort ein. Irgendwann wurde ich liebevoll von meinem schönen Verlobten geweckt. Noch immer steckte mir der Nachmittag mit meiner Mum in den Knochen und wenn ich daran dachte, dass sie in ein paar Stunden zum Essen vorbeikam, spürte ich diesen Kloß im Hals und mein Magen zog sich zusammen. Sie hatte mir auch schon geschrieben und Juka wollte kochen. Das beruhigte mich jedoch nicht, denn mein Problem war ein ganz anderes. So sehr ich mir auch immer wünschte, sie würde wiederkommen, kam ich jetzt so gar nicht damit klar. Es fühlte sich fast so an, als sei ich wieder 16 und musste dauernd diesen Konflikten standhalten. Juka schien nicht zu entgehen, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte, doch tat ich das mit der Antwort einen stressigen Tag gehabt zu haben ab. Je näher der Zeiger auf der Uhr gen 19 Uhr rückte, desto mieser fühlte ich mich. Meine Mum kam völlig entspannt und tat so, als sei alles in bester Ordnung. Selbst bei meiner Schwester schaffte sie es das Eis zu brechen, nicht aber bei mir. Sie schäkerte mit Alice und ich erledigte den Abwasch. Dann brachte sie Alice rüber und ich spürte wie sie mich beobachtete. Und sie schien genauestens zu wissen, was ich tat oder auch nicht tat. Ihre Hand auf meiner Schulter ließ mich kurz inne halten.

„Kann ich dir noch was helfen?“

Ich schüttelte den Kopf und schenkte mir noch Wein ein.

„Nee, bin jetzt fertig.“

„Und habt ihr die Hochzeit schon geplant?“

„Noch nich…soll auch nichts Großes werden.“

„Und du bist dir sicher, dass du das willst? Ich meine…du wirst niemals Kinder haben können, zumindest nicht auf dem regulären Weg…“

Ich zog die Augenbrauen hoch.

„Ich wollte auch noch nie Kinder, aber das kannst du ja nich wissen, weil du mich nie danach gefragt hast.“

Jetzt schien sie zu merken, dass es zwecklos war zu mir durchzudringen.

„Lukas…sag mir was ich tun soll, damit das aufhört.“

Ich lachte traurig.

„Das hättest du mich vor 10 Jahren fragen müssen…sorry, ich kann das nich…du bemühst dich, das sehe ich schon, aber es is zu spät…“

„Wäre es denn so schlimm, wenn du mir vergibst?“

Ich schwieg einen Augenblick, um die Gedanken in meinem Kopf zu ordnen und trank einen großen Schluck.

„Was glaubst du denn, was ich versucht habe. Der Abend wäre ne Chance gewesen…aber irgendwas blockiert mich…womöglich mein Unterbewusstsein.“

„Lukas, es sind so viele Jahre vergangen und trotzdem bist du so nachtragend?“

Ich biss mir heftig auf die Unterlippe, als sich dieser krasse Gefühlsschwall von innen nach außen drängte.

„Weißt du eigentlich, was du mir angetan hast? Ich glaube nich, denn offenbar hast du diesen Teil verdrängt…ich war nie gut genug für euch. Ich hatte neulich ne echt nette Begegnung mit meinem Vater, der mich versucht hat zu ruinieren, weil es ihn ankotzt, dass ich jetzt ne höhere Stellung hab als er. Weißt du wie frustrierend das nach all den Jahren noch ist? Und du? Bekommst es nich mal hin, dich um deine Tochter zu kümmern, wenn sie dich braucht. Du hast mich dauernd versucht umzuerziehen…mich gedemütigt…ich bin nur noch hier, weil mir meine Assifreunde mehr als einmal beistanden…die Menschen, die ihr so sehr verachtet habt sind dafür verantwortlich, dass ich jetzt hier stehe Mutti. Ich habe lange und oft überlegt, was ich dir sagen könnte, doch damals is was mit mir passiert und das is ein irreparabler Schaden…“

Meiner Mum wich die Farbe aus dem Gesicht.

„Du hast nichts gelernt Lukas…und stur bist du noch dazu. Ich reiße mir hier den Arsch auf und du schätzt meine Mühen keinster Weise.“

„Jeh mehr ich mir wünsche, dass wir uns wieder verstehen, desto weniger kann ich es. Wie schon gesagt, mich habt ihr beide immer behandelt wie den letzten Dreck und ich hatte wirklich Hoffnung, dass es mit Jojo anders läuft, doch dass du deine eigene Tochter nich mal unterstützt, wenn sie schwanger ist? Armselig. Euer ständiger Kampf nach Macht und Anerkennung hat euch scheinbar blind für die wirklich wichtigen Dinge werden lassen. Und noch heute glaube ich, dass ich der Einzig normale in unserer Familie bin…ein Vater, der mich noch heute versucht zu verarschen und dann du? Ganz ehrlich Mutti…ich hab es versucht, aber jedes Mal, wenn ich dich sehe, schnürt es mir die Kehle zu…ich erinnere mich an früher, wie du mich mehr als einmal aus der Wohnung geschmissen hast und mir auch sehr oft deutlich machtest, dass du meinen Lebensstil nich dulden kannst…und jetzt willst du mich auf einmal zurück, weil dir einfällt, dass du was gerade biegen musst…zu spät, ich müsste mich selbst belügen.“

Tränen traten ihr in die Augen und auch mir fiel es alles andere als leicht, so mit ihr zu reden.

„Aber Schatz…ich kann nich fassen, dass du sowas sagst…“

„Ich auch nich…aber es ist die Wahrheit….gute Nacht.“

„Aber Lukas, das kannst du nicht machen! Willst du mich ernsthaft nicht mehr in deinem Leben haben?“

„Ich kann nich, tut mir leid…und jetzt geh bitte.“

Ich leerte mein Glas und schenkte mir nach. Jetzt war es gesagt und dennoch fühlte ich mich mieser denn je. Mit Händen zu Fäusten geballt ließ ich meine Mum gehen. Langsam und ausgebrannt sank ich an der Küchenwand zu Boden. Mein Gesicht vergrub ich in meinen Händen. Diese Narbe blieb. Für immer. Juka versuchte sich mir zu näheren, aber auch er schien zu merken, dass es nicht so wie sonst war. Er strich mir behutsam über die Wange, doch ich sah durch ihn hindurch.

„Süßer…kann ich was für dich tun?“

Jetzt begegneten sich unsere Blicke.

„Nein…keiner kann das gerade…“

Jukas Augen wurden traurig.

„Nicht mal ich?“

„Wenn ich es doch sage!“, fuhr ich ihn etwas schroff an. In meinem Kopf ließ sich kein klarer Gedanke fassen.

„Lass es mich wenigstens versuchen…du bist gerade nicht wirklich du selbst…bitte.“

„Oh doch…nur was verstehst du denn von der Situation?“

„Mehr als du glaubst.“

„Ach ja? Stimmt, sicher lassen dich deine psychologischen Fähigkeiten auch bei mir nich im Stich.“

Juka lachte traurig und schlug mich mit meinen eigenen Waffen.

„Das kannst du gut Luki…und ich dachte du zweifelst an deinem Selbstbewusstsein, als du mir erzählt hast, dass du das zerstörst, was du liebst…das hat wahrscheinlich bei deiner Mum oder meinetwegen auch bei Nici funktioniert, nicht aber bei mir.“

„Genau, jetzt verstehst du es…ich bin völlig gestört, kann mein Kindheitstrauma nich verarbeiten und bin unfähig mich zu binden…“

Juka drehte sein Weinglas nachdenklich in der Hand und sein Blick ließ meine Eingeweide gefrieren.

„Klar…und ich bin nur ein dämlicher Typ der darauf hereinfällt. Aber soll ich dir mal was verraten? Du bist weder krank, noch gestört…du bist geprägt von den Ereignissen deiner Kindheit okay…alles andere findet in deinem Kopf statt. Du kannst deiner Mum nicht vergeben, weil sie dich verletzt hat…das hinterließ tiefe tiefe Narben in deiner Seele…diese hindern dich daran ihr zu verzeihen…“

„Warum erzählst du mir diesen Schwachsinn? Als ob ich das nich selbst wüsste.“

„Ich bin noch nicht fertig mein Schatz…darf ich Recht in der Annahme gehen, dass dich das Ringen um Anerkennung nicht stärker sondern schwächer werden ließ? Kein Mensch fügt seinem Körper sonst solche Schäden zu. Ich kenne deine Narben Inn und auswendig, jede einzelne und nicht deine Reaktion jetzt zeigt, wie sehr dir das weh tut, sondern deine Taten…die sprechen Bände…selbst mich weißt du zurück. Weil ich deine wahren Gefühle kennen könnte und das willst du nicht. Damals, als ich dich kennenlernte, dachte ich, das würde zu deiner Masche gehören…aber eher das Gegenteil traf zu…du versuchtest mit aller Kraft vor mir zu verbergen, was du wirklich fühlst, damit ich dich nicht verletzen kann...“

Wieder trank er einen Schluck doch war ich unfähig zu reden.

„…Nahezu jede Beziehung, die du eingingst, scheiterte, weil fast jeder dich für arrogant und egoistisch hielt…dabei bist du soviel mehr…ich wusste viele Dinge sofort, ohne dich lange kennen zu müssen…aber soll ich dir noch was verraten? Du machst Fortschritte Süßer…denn so sehr du manchmal versucht alle von dir zu stoßen, fühle ich mich zu dir hin gezogen. Ich lasse dich nicht im Stich, weil ich weiß, dass dich genau das noch mehr trifft…ich glaub du willst das in Wahrheit gar nicht und wünscht dir jemanden, der dich trotzdem liebt, auch wenn du ihn zurückweist…ja, du hast Recht, ich weiß nicht wie es ist sowas zu durchleben, aber ich weiß wie ich mit Menschen umgehen muss, die ich liebe…du kannst mich noch so oft wegschicken…ich gehe nicht. Und ich habe mich geirrt, dein Selbstwertgefühl ist sehr geschädigt…ich war mir bis heute nicht hundertprozentig im Klaren, wie schlimm es wirklich ist, doch du leidest…mehr als du ertragen kannst, doch immer willst für alle da sein…den Helden spielen, was auch wunderbar ist, doch jeh mehr du anderen hilfst, desto weniger tust du für dich…“

Ich schluchzte und kippte zur Seite, doch mein Kopf sank in Jukas Schoß. Immer noch außerstande etwas zu sagen.

„Ich wünschte wirklich du hättest mir all das früher erzählt Süßer…es bricht mir das Herz dich so zu sehen, doch ich bin da…immer.“

„Juka woher weißt du das? Was macht dich so sicher?“

„Weil ich noch keinen wie dich geliebt habe…du bist mein ein und alles…es war falsch von dir zu verlangen, mit deiner Mum Frieden zu schließen…das kann ich nicht für dich bestimmen.“

Mein Körper war völlig ausgelaugt und ich wollte nur noch in Jukas Armen liegen. An Schlaf war nicht zu denken.

„Ich hab nich damit gerechnet, dass das heut alles so passiert. Eigentlich hatte ich nen harmonischen Abend geplant.“

Mein Liebster wischte mir die Tränen weg und küsste meine Hand. Ich setzte mich hin und lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. Was war gerade geschehen? Juka war noch hier und es war mal nicht wie sonst ausgegangen. So sehr ich ihm auch zeigte, dass ich das mit mir allein ausmachen wollte, entschied er sich dennoch bei mir zu bleiben. Scheinbar setzte er große Hoffnung in mich.

„Tja, das hat wohl nicht so ganz funktioniert.“

Mein Pulli rutschte ein Stück über meine Schulter und der große Ausschnitt entblößte meine Brust ein bisschen. Ich sog die Luft ein, als seine Finger über die Narben glitten.

„Das war die erste…damals hatte ich mich gerade wieder halbwegs mit meiner Mum vertragen und sie sagte sogar, dass es ihr egal is, wie ich rumlaufe…naja und ein paar Wochen später hab ich gehört, was sie wirklich von mir hält. Sie hatte ne Affäre mit ihrem Kollegen und redete vor ihm über mich…dass sie mich längst aufgegeben hat und so…alles blieb wie vorher und schnell wurde mir klar, dass ich mich durchaus immer mit meinen Eltern verstehen könnte…dafür musste ich nur meine Identität aufgeben…da bin ich ausgeflippt und hab meinen Spiegel zerschlagen.“

„Und die hier?“, fragte Juka und strich über den tiefsten Einschnitt.

„War das Resultat eines Abends mit Jule…Nici wollte mir so gern helfen…sie versuchte mich immer zu verstehen, doch ich wies sie zurück. Sie war ein so wundervolles Mädchen, aber nich stark genug…sie schaffte es nie mich zu bremsen und ich hab sie kaputt gemacht…“

„Du hast sie sicher nicht kaputt gemacht…wie hat sie versucht dir zu helfen?“

„Sie wollte immer, dass ich mit ihr rede…ihr erzähle, warum ich mich mit meinen Eltern gezofft hab…dabei war der Grund immer derselbe und ich wollte nich dauernd darüber reden…“

Juka schwieg eine Weile und schien über irgendetwas nachzudenken.

„Wie war das für dich, als deine Mum dir plötzlich sagte, dass sie dich doch mag?“

Ich lächelte traurig.

„Naja, ich schöpfte neue Hoffnung…doch diese Hoffnung wurde immer wieder zerschlagen…wieder und wieder…und wieder. Irgendwann nahm ich das dann eben hin…was sollte ich auch tun? Deshalb folgten Jahre der Zerstörung aber ja, umso stärker ich werden wollte, desto schwächer wurde ich. Nie konnte ich diesen Schicksalsschlag überwinden…bis heute nich.“

„Hast du irgendwann mit jemandem darüber geredet?“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Oh mein wunderschöner Liebling…wie hast du das nur ertragen?“

„Naja…Flo und Basti waren immer für mich da…später lernte ich dann dich kennen.“

„Luki…ich ertrage es kaum deine Geschichte zu hören und doch will ich es, weil es der einzige Weg ist dich mir wieder näher zu bringen…aber es macht mich so wütend auf deine Eltern…wie können sie so herzlos sein? Und dann bin echt stinksauer auf dich, wenn wir früher darüber geredet hätten, wäre das vielleicht nicht passiert!“

„Jukaschatz…was passiert ist, ist passiert und du hast gerade mehr für mich getan als jeder andere, mit dem ich zusammen war. All das, was ich dir heute erzählt habe…das hab ich noch keinem vor dir gesagt…weil mich bisher nie jemand darauf angesprochen hat…Narben schrecken immer ab, weißt du…sie machen dich zu etwas Unnahbarem und jeder denkt sich seinen Teil.“

„Aber ich bin mit dir zusammen und es ist ein Teil von dir…warum sollte ich das ignorieren?“

„Weil du anders als alle anderen bist…nie hätte ich es für möglich gehalten, dass es jemanden wie dich gibt…immer redete ich mir ein, dass ich es nich verdient hab glücklich zu sein…ich war dauernd high oder betrunken, das war Glück in meinen Augen. Doch du hast mir eine andere Form von Glück gezeigt…es stimmt, ich habe die meisten Menschen, die ich liebe vergrault und das bestätigte immer, dass ich für keinen gut genug war…aber du? Du bist noch hier…und du liebst mich…“

„Ja das tue ich…kommst du mit ins Bett?“

Ich nickte und ging voran.
 

Jojo war dieses Spektakel nicht entgangen und zutiefst betroffen hatte sie sich im Hintergrund gehalten. Ihr waren heute Dinge zu Ohren gekommen, bei denen sie sich nicht sicher war, ob sie diese hatte hören wollen. Dinge, die ihren Bruder und ihre Mutter betrafen. Eigentlich wollte Jojo nur noch mal zu Lukas und dann hörte sie ihn mit Juka reden. Zuerst stritten sich die beiden und dann erzählte Lukas Juka von früher. Sowas hatte er immer vor ihr verheimlicht, wohl zu ihrem eigenen Schutz, doch jetzt hasste sie ihre Eltern mehr denn jeh und zum ersten Mal verstand sie, warum ihr Bruder so war. Jojo zitterte und heiße Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie litt mit Lukas und würde ihm nie mehr Unrecht tun. Ihr wurde auch klar, weshalb er stets bemüht war die Familie zusammenzuhalten und warum er sich nach der Trennung mit Juka so verhielt. Damals verfluchte sie ihn, doch jetzt wurde ihr klar, was das mit ihm gemacht hatte. Wie mies musste man eigentlich sein.

Juka war allein im Wohnzimmer und Jojo schlich sich zu ihm. Er zuckte kurz zusammen, als er sie bemerkte.

„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.“

„Alles gut. Ich dachte du schläfst schon.“

„Wollte ich auch, aber ich hab euer Gespräch mitbekommen…ein zweites Mal sorry, man belauscht niemanden, aber ich wusste das alles nicht Juka. Lukas hat immer alles für sich behalten.“

„Jetzt wissen wir auch warum.“

„Ich glaube du tust ihm gut…danke für alles…“

„Nichts zu danken, er hat es verdient und ich glaub, wir haben noch viel Arbeit vor uns, aber es wird schon werden.“

„Ich dachte immer er nimmt das auf die leichte Schulter…doch als ich ihn heute gesehen habe…es war so furchtbar.“

Juka lächelte.

„Ich weiß, aber es war gut für Luki drüber zu reden…Jojo, ich hab Fehler gemacht, die ich sehr bereue und ich werde ihn nicht noch Mal hängen lassen.“

„Das musst du mir wirklich versprechen.“

Juka gab ihr einen Kuss auf die Wange, kreuzte die Finger und sie sagten sich Gute Nacht. Jojo kuschelte sich zu Naoki ins Bett und schwor sich ihre Tochter niemals so zu behandeln.



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