Zum Inhalt der Seite

O(h) und A(h) Romanze

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Folge 20 (Der Schmerz der Liebe)

Von Fersen! Warum musste er unbedingt Oscars Herz erobern? André ließ die beiden während der gesamten Fechtübung und dann auch beim Tee trinken nicht aus den Augen. Von Fersen kam zu Oscar, um sich ablenken zu können und Oscar lud ihn herzlich ein. André sah das alles mit Besorgnis. Nach dem der Graf fort war, sprach er sie darauf an. „In Paris kursieren Gerüchte, dass die Königin und ihr schwedischer Liebhaber sich jede Nacht treffen. So ergibt ein Gerücht das andere, bis es jeder glaubt. Hast du gesehen, wie der Graf gelitten hat? In so einem Zustand hatte ich ihn noch nie gesehen. Wenn ihn die Liebe so schmerzt, weshalb lässt er sich dann auf sie ein? Zu lieben und geliebt zu werden, das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Man sollte annehmen, dass ein Mann in seinem Alter das weiß. Tja, so kann das Leben spielen. So manche Liebe auf dieser Welt währt schon eine Ewigkeit, ohne dass der andere überhaupt davon weiß.“
 

Erst jetzt drehte sich Oscar vom Fenster zu ihm um. Seine Antwort gefiel ihr nicht, auch wenn ihr bewusst war, dass er recht hatte. „Hol deinen Degen André und komme mit raus auf den Hof!“ Dort angekommen schwang sie probeweise ein paar Male mit ihrem Degen durch die Luft und war zu allem bereit. „André, diesmal nehme ich keine Rücksicht!“
 

Nun gut, wenn sie das so wollte... „Gut, ich bin bereit. Auch ich werde mein bestes geben, glaube mir.“
 

Oscar griff ihn an und focht mit ihm wie besessen. André verteidigte sich gekonnt und dachte dabei: „Vergiss diesen Mann... Du musst ihn endlich vergessen, denk nicht mehr an ihn! Oh ja, ich wünsche mir, dass du ihn vergisst für immer und ewig!“ Er schlitzte ihren Ärmel mitten im Gefecht auf. Oscar holte mit noch mehr Kraft aus und schlug zurück. André wich ihr aus, aber ihr Hieb war zu schnell. Der Degen schlitzte ihm das Hemd auf und bohrte sich in sein Arm. Er stöhnte auf, Oscar ließ erschrocken ihren Degen fallen und eilte zu ihm. „Es ist nur ein Kratzer“, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen, aber sie hörte nicht auf ihm.
 

Oscar sah Blut aus der Wunde raus treten und bekam Gewissensbisse. „Es tut mir leid, ich...“
 

„Es ist in Ordnung, es sieht nur schlimm aus, wirklich.“ André hielt die Wunde und schenkte ihr ein Lächeln. „Mache dir um mich keine Sorgen, Oscar.“
 

An dieser Stelle gesellte sich zu den Gewissensbissen auch ein leichter Schmerz bei Oscar. „Komm mit.“
 

André folgte ihr bis an den Brunnen, wo sie ihr Taschentuch einweichte. André verstand und Oscars Fürsorge wärmte sein Herz. Es brannte ein wenig, als das kühle Nass die Blutspuren um die Wunde verwischte und Oscar dann das Taschentuch auf die verletzte Stelle legte und für einen Augenblick so hielt. André legte darauf seine Hand und Oscars Finger zwischen den seinen und dem nassen Stoff, zuckten leicht zusammen. Sie sah ihm sogleich ins Gesicht und der sanfter Ausdruck in seinen grünen Augen ließ plötzlich ihr Herz höher schlagen. „Danke“, sagte er nur und brachte Oscars Gefühlswelt durcheinander. Was war nur mit ihr in letzter Zeit los? Erst von Fersen, jetzt auch noch André... Das war aber nicht richtig! Man konnte doch nicht das Gleiche für zwei Menschen empfinden! Oder etwa doch?
 

Je mehr Oscar nach einer Antwort in seinen Augen suchte, desto mehr stach schmerzlich ihr Herz. Das konnte sie nicht mehr länger ertragen und wandte sich von ihm ab. Sie brauchte ein wenig Zeit, um ihre Gefühle zu verstehen und das konnte sie am besten, wenn sie alleine war... Dazu kam es aber nicht. Die Königin hatte sie etwas später zu sich bestellt und bat sie, dem Grafen von Fersen eine Nachricht zu überbringen, was sie mit Zerrissenheit am Herzen auch tat...
 

Regen ergoss sich in Strömen, peitschte ihr entgegen und durchnässte ihre Uniform bis auf die Haut, während sie wie besessen ritt. Sie hatte von Fersen die Nachricht von der Königin mitgeteilt und fühlte sich dabei noch mehr niedergeschlagen als zuvor. Das war keine gute Idee zu ihm zu reiten, aber die Bitte der Königin hätte sie auch nicht ablehnen können – das hätte ihr noch mehr zu schaffen gemacht. Es war ihre Pflicht, der Königin beizustehen und sie konnte nicht anders, als es ihr zu erfüllen. Sie musste schnell nach Hause und in ihrer Gefühlswelt endlich eine Ordnung schaffen! Aber wie konnte sie das tun, wenn schon alleine bei dem bloßen Gedanken an den Grafen und die Königin ihr Herz qualvoll in Stücke riss...
 

„Hey, Oscar!“
 

André? Oscar glaubte sich verhört zu haben. Aber nein! Er ritt ihr wirklich entgegen und in seiner Hand erspähte sie etwas, was nach einer Decke aussah. „Hier nimm den Umhang, er ist gut gegen die Nässe! Oscar!“ Im vollen Ritt wendete er sein Pferd, holte sie ein und warf den Umhang über ihre Schultern. Oscar lächelte dabei, was er auch mit einem Schmunzeln erwiderte. Es war ein schönes Gefühl, wenn er da war und es erwärmte ihr Herz. Für einen kurzen Augenblick vergaß sie über von Fersen und Marie Antoinette nachzudenken und erinnerte sich an den heutigen Zwischenfall mit André beim Fechten. Wieder stieg in ihr diese wohltuender Wärme auf und hüllte ihr Herz ein... Wenn sie weiter zurück in ihre Vergangenheit nachdachte, war André immer da und war stets ein guter Freund, den sie niemals missen würde wollen...
 


 

- - -
 


 

Wie schön, war das wieder im getrauten Heim zu sein. Auch wenn ihr Herz noch immer keine Ruhe fand, fühlte sich Oscar dennoch besser. Sie hatte sich bereits umgezogen, ihre Hauskleidung angelegt und ging in den Stall, wo André die Kutsche behaute. Er sah sie nicht kommen und sie nutzte den Moment aus, um ihn zu beobachten. Dabei stieg wieder dieses angenehm prickelnde Gefühl auf ihrer Haut und ließ ihr schon genug strapazierendes Herz schneller schlagen. Seinem Arm schien es wieder gut zu gehen, was sie beruhigte und ihr Schuldgefühl milderte. Vielleicht sollte sie mit ihm darüber sprechen und das mit den Gefühlen zu ihm für allemal klären? Ja, das wäre keine schlechte Idee, aber nicht jetzt. Sie kam zu ihm, weil sie eine Entscheidung getroffen hatte. „Lass gut sein!“, unterbrach sie ihn bei seiner Tätigkeit. „Du brauchst die Kutsche nicht vor hauen zu lassen! Ich werde heute Abend nämlich nicht auf den Ball gehen. Sag einfach, ich sei Krank und liege mit Fieber im Bett. Fahr alleine hin.“ Sie wollte wieder gehen und auf ihrem Zimmer den restlichen Abend Klavier spielen, um ihre kreisenden Gedanken besser zu verarbeiten.
 

„Oscar!“, rief André ihr nach, als sie sich schon abwandte.
 

Oscar blieb an den großen Türen des Stalles unvermittelt stehen. „Was schreist du so, du erschreckst die Pferde.“
 

Einen kurzen Moment geschah nichts, nur das Rauschen des Regens draußen war zu hören. Dann hörte sie seine Schritte und seine Stimme: „Der Ball heute Abend ist sehr wichtig, denn es kommen die einflussreichsten Leute Frankreichs. Und da solltest du, Oscar Francois als Kommandant des königlichen Garderegiments, sogar als Nachfolge der Familie de Jarjayes auf gar kein fehlen!“
 

„Schon die Vorstellung, dorthin zu gehen, ist mir ein Graus!“ Wieso kümmerte ihn plötzlich dieses Ball? Oscar drehte sich um und lehnte sich mit einem Arm an die Türwand an. „Ich würde die herabschauenden Blicke nicht ertragen, die diese dummen Aristokraten für Ihre Majestät übrig hätten.“
 

„Eben!“ André lächelte, versuchte sie damit aufzumuntern. Auch wenn ihm dabei selbst das Herz schmerzte, konnte er einfach nicht ertragen, dass Oscar litt und erst gar nicht wegen der Königin und von Fersen. „Und genau deshalb musst du hingehen, sie braucht jetzt deine Hilfe. Du bist der einzige Mensch, dem sie noch vertrauen kann und ich denke, Graf von Fersen sieht es genauso.“
 

„Ich will aber diese Rolle nicht spielen!“ Oscar lehnte sich noch mehr an die Tür und sah so aus, als wäre ihr die ganze Kraft abhanden gekommen. „Diesmal nicht... Die Sache geht nur die beiden etwas an, wer denkt dabei an mich?“
 

Sie tat André vom ganzen Herzen leid. Jetzt oder nie! Vielleicht würde sie begreifen, dass sie nicht ganz alleine da stand und dass er für immer für sie da sein würde. „Ich denke an dich“, flüsterte er und erntete ihre Aufmerksamkeit. Da war wieder dieser Blick seiner grünen Augen, die so viel Ruhe und Sanftheit ausstrahlten... Jedoch beruhigte es nicht ihr plagendes Herz. „Was erwartest du denn von mir? Soll ich denn mein Schwert gegen diejenigen richten, die sich über sie das Maul zerreißen? Denen die Augen auskratzen, die sie schief ansehen?“
 

André lachte verstellt. Wie gerne würde er sie in seine Arme schließen und sie trösten... „Die Idee ist gar nicht so schlecht. Probiere es doch mal.“
 

Oscar ballte verkrampft ihre Hände zu Fäusten. Wie konnte er immer so gelassen bleiben? Im Gegensatz zu ihm, konnte sie ihr aufgewühltes Gemüt kaum noch beruhigen. André kam näher auf sie zu und auch wenn er sie nicht berührte, wich die Anspannung in ihr weg. Wie machte er das? Das glich beinahe einem Zauber und sie war machtlos dagegen. Unwillkürlich und als wäre sie völlig erschöpft, lehnte sie sich an André. Dieser war etwas überrascht, aber schloss sie in seine Arme und Oscar fühlte sich so wohl und geborgen, wie noch nie zu vor. „Überredet, ich werde in einer neuen Garderobe hinfahren.“, sagte sie in seine Brust und hob zu ihm den Blick. „Wenn ich dich nicht hätte...“
 

„Ich werde immer für dich da sein, Oscar, ich werde dich nie in meinem Leben verlassen...“ Seine Worte rührten sie so sehr, dass es ihr plötzlich die Tränen in die Augen trieb. „Warum machst du das, André? Was bin ich denn für dich?“, wollte sie wissen und der Moment, um alles zu klären und ihre Gefühlswelt in Ordnung zu bringen, schien auch noch sehr passend dazu. „Sage es mir, bitte...“, verlangte sie mit etwas Nachdruck und André konnte all das, was er für sie empfand, nicht mehr länger mit sich tragen. „Du bist mein Leben, Oscar... und Liebe...“
 

„Was?“ Oscars Augen weiteten sich, mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. Er liebt sie? Das machte sie sprachlos und unfähig sich zu bewegen.
 

„Solange ich denken kann, bin ich nur mit dir zusammen und ich würde sogar für dich sterben, so sehr liebe ich dich, Oscar...“, beendete er und sah sie nur an, darauf wartend, was nun geschieht.
 

Oscar wusste noch immer nicht, was sie dazu sagen sollte, aber ihr Herz schlug immer schneller und die Gewissheit, geliebt zu werden, breitete sich wie ein wohltuender Balsam in ihr aus. Aber konnte sie auch lieben? Sie war doch nicht dazu erzogen, aber dennoch... Sie öffnete leicht ihre Lippen, um doch etwas sagen zu können, aber außer einem leisen „André...“, konnte sie nichts von sich raus bringen.
 

„Schon gut, Oscar...“ Hauchzart berührte André ihre Lippen mit den seinen und das Gefühl, das in ihm dabei aufstieg, war mit keinen Worten zu beschreiben. Aber auch Oscar konnte sich mit einem Mal nicht mehr von ihm entreißen und spürte ein Glücksgefühl, welches ihr gesamtes Inneres vereinnahm und sogar die Gedanken um von Fersen in die hinterste Ecke schob. Das war also die Liebe! So beschwingt und trunken, dass man nichts anderes mehr wollte, als hier in einer tiefen Umarmung zu stehen und in diesem einem Kuss das schönste Gefühl zu genießen. Nicht einmal der Regen störte sie dabei und je lauter es draußen rauschte, desto mehr und stärker fühlte sich Oscar mit André verbunden – es war der Beginn einer wahren Liebe, das spürte sie mit jeder Faser ihres Körpers und schwor sich, es für immer zu halten und dafür zu kämpfen, egal was auch kommen mag...



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  luise_miller
2018-04-27T20:30:01+00:00 27.04.2018 22:30
Wow! Jetzt sind sie endlich wirklich zusammengekommen. Die Szenerie ist dir perfekt gelungen, wundervoll! :) Hab immer noch Gänsehaut.
Antwort von:  Saph_ira
27.04.2018 22:43
Dankeschön, freut mich sehr, dass es dir gefällt und dass es mir gelungen ist, Oscar zu André näher zu bringen. :-) Aber das schwierigste Kapitel bzw Folge 25, wo Oscar ein Kleid anzieht und mit Fersen tanzt, steht mir noch bevor. ^^


Zurück