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O(h) und A(h) Romanze

von

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Folge 26 (Der schwarze Ritter)

Herbst. Die Tage wurden immer kürzer und die Nächte immer kühler. Oscar saß am Kamin und dachte an ihren Freund. Er war nicht auf dem Anwesen. Seit einigen Wochen beliebte er nämlich zu später Stunde auszureiten und erst spät nachts heimzukehren. Oscar wäre das vermutlich nicht aufgefallen, wenn gewisse Sachen nicht zur gleichen Zeit geschehen wären. Ein geheimnisvoller Dieb in schwarzer Maske und Kleidung trieb fast jede Nacht sein Unwesen und bestahl nur Adelshäuser. Seine Beute verteilte er unter den ärmsten der Armen und man nannte ihn den schwarzen Ritter. Oscar wollte auf kein Fall André etwas unterstellen, aber wenn nicht dieser schwarzer Ritter da wäre, hätte Oscar seinen nächtlichen Ausflügen keine Beachtung geschenkt. Jedoch war es zu ihrem Leidwesen nicht so und sie machte sich deshalb Sorgen. Sie erhob sich schwer seufzend aus ihrem gepolsterten Stuhl und ging auf ihr Zimmer. Auf André weiter zu warten, würde nicht viel bringen. Während sie die Treppe in die obere Stockwerk nahm, hörte sie von unten, wie die Tür aufging und dass jemand das Haus betrat. Sofort blieb sie stehen und schaute zum Eingang. „André?“ sprach sie ihn von der Treppe aus an, als er die Haustür abschloss.
 

„Ja?“ Er sah zu ihr auf als wäre nichts passiert.
 

„Warst du so spät noch unterwegs?“ Nun, da sie ihn beim nächtlichen Heimkehren sozusagen erwischt hatte, könnte sie ihn auch gleich darauf ansprechen.
 

„Ist es verboten?“, konterte er: „Ich bin nur ein Stück ausgeritten.“
 

So eine kühle Antwort hatte Oscar von ihm nicht erwartet und verdächtige Gedanken schwebten ihr sogleich durch den Kopf. „In so einer kalten Nacht?“
 

„Was ist dabei? Das macht mir nichts aus.“ Entweder war André ein guter Schauspieler oder er hatte wirklich keine Verbindung mit dem schwarzen Ritter. Oscar wollte schon ihren Weg zu ihrem Zimmer weiter gehen, als sie erschrocken inne hielt. Aus einer Tasche seiner Ausgehjacke lugte ein Stück Perlenkette hervor. Er hob seine Hand, als er an der Treppe zu seinem bescheidenen Zimmer vorbeiging. „Gute Nacht, Oscar, schlafe gut.“
 

„Danke, du auch“, wünschte ihm Oscar hinterher und ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihr aus. Was, wenn André hinter der Diebstahl steckte? Oscar schmerzte es an der Seele, ihren Freund zu verdächtigen und nahm sich deshalb vor, ihn beim nächsten Mal sofort zu Rede zu stellen und solange nicht nachzugeben, bis sie die Wahrheit erfährt! Oder wenn er nichts sagen würde, dann ihn notfalls zu verfolgen! Sie musste es einfach wissen, sonst würde sie daran zerbrechen! Denn André bedeutete ihr viel...
 

Am nächsten Tag und noch bevor es zu einem ernsten Gespräch kam, überraschte André Oscar. Er gab ihr diese Perlenkette, die sie bei ihm nach dem nächtlichen Ausflug entdeckt hatte. „Sieh mal, Oscar, stell dir vor, die habe ich gestern bei meinem Ausritt gefunden.“
 

War das wirklich so? Oder hatte er in der Tat nichts mit den seltsamen Diebstählen auf die Adelshäuser zu tun? „Bitte gib sie mir, ich erkundige mich und bringe sie zurück.“ Oscar nahm die Kette an sich und dabei berührten sich sachte ihre Hände, was ihr ein angenehmes Kribbeln im Magen bescherte. Komisch, bisher hatte sie dieses prickelnde Kribbeln unter ihrer Haut noch nie gespürt. Vielleicht war das aber ihr Gewissen, weil sie André fälschlicherweise verdächtigte. Das musste sie unbedingt in Erfahrung bringen, aber nicht jetzt. An der ersten Stelle stand der schwarze Ritter und sie nahm sich vor, auf jedem Ball anwesend zu sein, um ihn dingfest machen zu können! André begleitete sie natürlich selbstverständlich und der schwarze Ritter ließ sich aber nicht blicken. Erst als André wieder eines späten Abends, ohne etwas zu sagen, verschwand und Oscar ohne ihn auf einer dieser Bälle gehen musste, tauchte der Dieb auf. Oscar fühlte sich miserabel denn je. Aber wie dem auch sei, der Dieb gehörte hinter Gittern und so verfolgte sie ihn durch ganz Paris, ohne Erfolg.
 

In einer der Gassen, stellte der schwarze Ritter ihr sogar eine Falle und schlug sie am Kopf nieder. Mit einer Platzwunde am Kopf, konnte sie ihm jedoch entwischen und nun saß sie mit großem Verband erneut am Kamin auf dem Anwesen und fand keine Ruhe mehr. Was war nur in André gefahren? War er wirklich der schwarze Ritter? Schon alleine der Gedanke daran, war schrecklich und bescherte ihr nicht nur Kopfschmerzen, sondern auch ihr Herz stach qualvoll. Plötzlich hörte sie, wie jemand den Salon betrat und erkannte ihn schon alleine an seinen Schritten. „Das war leichtsinnig“, machte er ihr sogleich Vorwürfe, kaum er hinter ihrem Stuhl stehenblieb. „Alles in allem, hast du Glück gehabt. Warum hast du nicht auf mich gewartet? Wie konntest du nur alleine losgehen?“
 

Wie bitte? Oscar schoss aufgewühlt in die Höhe. „Und darf ich wissen, wo du warst? Wo führen sie dich hin, deine langen Ausritte an so vielen Abenden?“ Sie baute sich vor ihm auf und fasste sich an die Stirn, als hätte sie heftige Kopfschmerzen – zugegeben stimmte das ja auch. „Ich möchte endlich wissen, was du tust, wenn du stundenlang ausreitest und erst spät Nachts nachhause kommst! Alles kann ich vertragen, alles – nur keine Lügen, keine Lügen! Verstehst du? Das ist unseren Freundschaft unwürdig!“
 

Was, sie verdächtigte ihn doch nicht etwa des schwarzen Ritters? Wie konnte sie nur? Aber andererseits... „Ich verstehe, dass du mir solche Vorwürfe machst, Oscar.“ André gab nach. Wie auch immer, vielleicht würde die Wahrheit sie doch umstimmen und ihre Meinung ändern oder auch ihren Verdacht zerstreuen. „Also gut, hör zu: Du kannst mich beim nächsten Mal begleiten.“
 

Ein paar Tage war es erneut soweit. Der erste Schnee fiel vom Himmel und André brachte Oscar an den Rand von Paris. „Die kleine Dorfkirche dort drüben – sie ist mein nächtliches Ziel meiner Ausflüge. Aber erwarte jetzt keinen Abendandacht, Oscar. Da drin versammeln sich einige Edelleute und Bauern, um fortschrittliche Ideen zu diskutieren.“ Oscar sagte nichts dazu und war noch mehr bestürzt, als André ihr auf dem Heimweg seine Meinung darüber offenbarte. „Diese Kirche ist ein Versammlungsort. Die Treffen finden mehrmals in der Woche statt. Bisher habe ich auch nur so in den Tag hinein gelebt und mir keine Gedanken gemacht. Aber diese neue Ideen überzeugen mich – sie sind gut und richtig. Obwohl ich in einem adligen Haus aufgewachsen bin, gehöre ich nicht zu euch. Ich halte es für meine Pflicht und Schuldigkeit, mich mit den Ideen der neuen Bewegung auseinanderzusetzen und die Herrschaftsverhältnisse in unserem Land zu durchschauen. Jetzt weißt du alles Oscar.“
 

Auch da erwiderte Oscar nichts. Einerseits war sie erleichtert, dass André doch kein schwarzer Ritter war, aber andererseits wurde ihr der Standesunterschied zwischen ihnen mehr den je bewusst. Das schmerzte sie sehr und Wehmut breitete sich in ihr aus. Auf dem Anwesen im Stall sattelte André die Pferde ab und Oscar beobachtete ihn dabei nachdenklich. Sie hatte sich niemals Gedanken darüber gemacht, dass er durch seine niedere Herkunft etwas anderes war. Er war immer bei ihr, als Freund und Gefährte und sie nahm das alles als selbstverständlich. Jetzt, nach dem Besuch in dieser kleinen Dorfkirche und nach seiner Offenbarung, bekam sie das unwohle Gefühl, dass sie ihn dadurch verlieren könnte. André würde sicherlich zu seinesgleichen stehen und womöglich dann zu ihr Distanz nehmen. Was würde dann aber aus ihrer langjährigen Freundschaft? Sie musste sich unbedingt Gewissheit verschaffen und am besten von ihm selbst. Vielleicht ihn auf die Probe stellen? Ja, das wäre eine gute Idee. Nur aber wie sollte sie es tun, ohne dass er einen Verdacht schöpfte?
 

Auf dem Anwesen in ihrem Salon fand sie eine Art Lösung. Sie würde bei dem Thema von der neuen Bewegung und dem schwarzen Ritter bleiben. Es könnte ja sein, dass sie auf diese Weise und unterschwellig etwas herausfinden würde. Sie ergriff das Wort, sobald sie sich auf ihrem Zimmer gemütlich machten. „Du willst mir doch nicht etwa im ernst erzählen, dass du den schwarzen Ritter für den Vertreter der neuen Bewegung hältst?“ Sie stand am Fenster und beobachtete Schneeflocken, die langsam draußen auf die schwarze Erde fielen und die Umgebung mehr und mehr in weiß verwandelten.
 

„So habe ich das nicht gemeint, Oscar.“ André saß entspannt auf dem Stuhl. „Ich teile völlig deine Meinung, dass ein Dieb ein Dieb ist. Trotzdem kannst du es nicht leugnen, dass er die ungeteilte Sympathie der Bevölkerung genießt.“
 

„Das ist mir ganz egal!“ Oscar drehte sich um. „Ich werde alles daran setzten, um ihn zu fassen! Ich werde ihm die Maske vom Gesicht reißen und sehen, wer dahinter steckt!“ Ihr fiel sogleich ein, wie sie ihn auf die Probe stellen konnte und fügte deshalb noch zusätzlich ein: „Ob du mir dabei hilfst, ist deine Sache – ich kann dich dazu nicht zwingen“, hinzu. Sie merkte, wie sein Gesichtsausdruck sich schlagartig veränderte. So, als wolle er sagen, wie konnte sie nur daran zweifeln? Ihre Vermutung bestätigte sich, als er sich schnell erhob und mit wenigen Schritten schon vor ihr stand. „Natürlich werde ich dir helfen, Oscar, wir sind doch Freunde!“ Mit anderen Worten, wie konnte sie nur in Erwägung ziehen, dass er sie alleine lässt?!
 

„Danke.“ Oscar fühlte sich schon viel besser, leichter und bekam prompt das Bedürfnis, sich an ihn anzulehnen. Aber würde das nicht ein wenig unschicklich sein? In ihrer Kindheit gab es ab und zu Momente, wo sie ihn aus Dankbarkeit für ein Gefallen umarmt hatte, erinnerte sie sich und lächelte auf einmal. Nein, es würde auf kein Fall unschicklich sein, sie waren doch Freunde und eine Umarmung von ihrem Freund würde schon kein Skandal herbeirufen. So war André überrascht, als Oscar sich an ihn aus heiterem Himmel anlehnte. Sie spürte, wie sich sein Körper versteifte, hörte wie sein Herz immer schneller schlug und wie seine Arme sich etwas zögerlich um sie legten. Wie angenehm es doch war, wieder dieses warme Gefühl der Geborgenheit zu spüren, wie sie das schon in ihrer Kindheit erlebt hatte. Da kamen sogleich die schöne Erinnerungen an ihrer gemeinsame, sorgenlose und unbeschwerte Zeiten hoch. Das müssten sie unbedingt wiederbeleben und ihre Freundschaft noch mehr festigen! Oscar fühlte sich so entspannt, dass sie nicht merkte, wie André hauchfein mit seinen Lippen ihrem Scheitel streifte, auf diese verborgene Weise ihr einen Kuss gab, die Augen schloss und den milden Duft ihrer weichen Haare tief in sich einatmete.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: GLaDo
2018-05-20T11:58:43+00:00 20.05.2018 13:58
Oh man ich wüsste ja zu gerne, was sich daraus entwickelt immer an der spannensten Stelle. Ach ja du hast beim letzen satz einaml Harre statt Haare geschrieben. Aber ansonsten ist das nicht weiter schlimm.
Antwort von:  Saph_ira
22.05.2018 19:18
Wenn ich eine FF daraus gemacht hätte, hätte sich schon was daraus bzw zwischen ihnen entwickelt. Oh, vielen Dank, den Fehler hab ich gar nicht bemerkt und werde es gleich ausbessern. :-)


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