Zum Inhalt der Seite

Zerrissen zwischen den Welten

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die saftigen Wiesen von Mulgore erstreckten sich unter mir. Jedes Jägerherz schlug höher bei dem Gedanken, welche prachtvollen Tiere dieses wunderschöne Land angelockt hatte. Und auch ich fühlte die Erregung einer bevorstehenden Jagd. Ich hatte einfach zu viel Zeit mit einem leidenschaftlichen Jäger verbracht, um dagegen immun zu sein. Donnerfels erhob sich majestätisch über die Ebene. Die 4 Tafelberge waren theoretisch uneinnehmbar und hatten den Tauren seit langem eine sichere Heimat garantiert. Mir war es persönlich immer etwas unangenehm die wakligen Seilbrücken dazwischen zu überqueren.

Ich ließ Belore im hohen Turm des Flugmeisters landen. Er hatte sich eine lange Pause verdient und begab mich die lange Wendeltreppe hinunter auf das unterste Plateau. Es herrschte geschäftiges Treiben zwischen den vielen hier aufgestellten Zelten voller Händler und kleiner Fressstände. Das erinnerte mich an meinen knurrenden Magen. Ich gönnte mir bei einer freundlich lächelnden Taurin köstlichen Maisbrei und Süßkartoffeln, die mich mein letztes Essen schnell vergessen ließen.

"Was führt eine Blutelfin in unsere bescheidene Stadt?", fragte sie, als ich heißhungrig meine Mahlzeit verschlang.

"Das leckere Essen natürlich", sagte ich zwinkernd. Die Wirtin lachte herzlich und stellte mir noch einen Honigminztee hin.

"Geht aufs Haus, mein Herz." Ich dankte ihr glücklich.

"Könnt Ihr mir sagen, wo ich hier am schnellsten einen Schamanen finden kann?", fragte ich und spießte die letzte Süßkartoffel auf.

"Ein Paladin sucht Schamanen?", fragte sie neckisch. Ich begnügte mich mit einem Nicken.

"Ganz einfach, auf der Anhöhe der Geister. Da wimmelt es geradezu von ihnen. Gleich dort die Seilbrücke hinüber." Ich bedankte mich bei ihr und machte mich auf den Weg.

"Geht in Frieden", verabschiedete sie mich. Ich mochte das Volk der Tauren wirklich sehr.

Die Anhöhe der Geister stand ebenfalls voller Zelte, diese waren jedoch sehr viel kleiner und es standen überall teils riesige Totems herum. Es war fast unnatürlich ruhig hier. Ich sah eine Gruppe von Schmanen sanft brummend um ein blau brennendes Feuer herum stehen und beschloss diese nicht unbedingt stören zu wollen. Ich sah mich etwas verloren um und beschloss dann einfach eines der Zelte zu betreten. Eine Taurin mit schneeweißem Fell saß darin und sah mich aufmerksam an.

"Was bringt dich zu mir, mein Kind?", fragte sie mit sanfter Stimme. Ich trat näher und verbeugte mich leicht.

"Verzeiht mein Eindringen. Ich brauche Rat oder Hilfe und hoffe es hier zu finden." Die Taurin nickte langsam.

"Was für Probleme könnte ein Paladin haben, die ein Schamane lösen kann?" Sie wieß freundlich auf ein Kissen vor sich und ich setzte mich. Ich atmete kurz durch und sah in die klaren Augen der weißen Taurin. Wo sollte ich anfangen?

"Ich schrecke seit einer Woche jeden Morgen aus einem Traum hoch, welcher mich scheinbar zu Tode ängstigt. Aber ich erinner mich nie an den Traum. Vielleicht ist es auch kein Traum. Ich weiß es einfach nicht." Ich schüttelte zweifelnd den Kopf und blickte gedankenverloren zu Boden. Die Taurin runzelte ihre breite Stirn.

"Ein Traum, der sich verbirgt... In der Tat rätselhaft. Und ein Traum der einen Paladin ängstigt... Beunruhigend." Ich blickte wieder auf.

"Wir sind nicht so mutig, wie Ihr vielleicht denk", schmunzelte ich leicht. Doch sie erhob eine Hand.

"Oh aber das Licht verleit Euch Seelenstärke. Und dieser Traum...und es ist ein Traum, er..." Sie brach ab und zog vielsagend eine Augenbraue hoch.

"Und...kann man etwas...dagegen...tun?" Ich verstand immer weniger von was sie redete. Aber es bedeutete auf jeden Fall nichts Gutes. Die Taurin schloss die Augen und senkte den Kopf. Es war nun totenstill und ich traute mich kaum zu atmen. Nach einer Ewigkeit in der mir die Beine eingeschlafen waren schnaubte die Taurin plötzlich hart durch ihre Nüstern und hob den Kopf wieder. Ihre Augen fixierten mich, schienen in mich einzudringen.

"Die Geister sprachen zu mir. Und warnten mich vor Euch." Was sollte ich dazu sagen? Ich blickte verwirrt hin und her.

"Warum warnten sie vor mir?" Die Taurin zuckte mit den Schultern.

"So klar drückten sie sich nicht aus. Das tun sie nie. Aber dennoch. Es war eine Warnung. Ich weiß, dass Ihr jetzt nicht mit dem Schwert auf mich losgehen werdet, aber von Euch geht eine immense Gefahr aus."

"Könnt Ihr irgendetwas dagegen tun?" Mir wurde immer unwohler in meiner Haut.

"Ihr meint außer Euch umzubringen?" Die Taurin lachte leise, aber ich war mir nicht ganz sicher ob das wirklich nur ein Scherz gewesen war. "Es ist schwierig, wir wissen ja nicht einmal warum Ihr eine Gefahr darstellt." Sie verfiel wieder in Schweigen und schien nachzudenken. Auch ich versank in Gedanken. Wenn die Geister schon vor mir warnten, schien es wirklich etwas Ernstes zu sein. Und es hatte doch alles so harmlos mit gestörtem Schlaf angefangen. Da hob die Schamanin wieder ihren großen Kopf. "Es gibt eine Möglichkeit in Euer Innerstes zu sehen und heraus zu finden was Euch quält. Ihr müsst zu den Teichen der Visionen hinab steigen." Ich legte den Kopf schief. Von den Teichen hatte ich noch nie gehört.

"Wo befinden die sich?" Die Taurin deutete mit einem ihrer 3 Finger auf den Boden.

"Direkt unter uns im Berg. Es ist eigentlich nur Schamanen erlaubt dorthin zu gehen und selbst wir tun dies nur ungern. Aber in Eurem Fall... Folgt dem schmalen Pfad, der sich um den Berg windet und ihr werdet auf den Eingang stoßen. Er ist gut versteckt, also haltet die Augen offen." Ich nickte gehorsam. "Bei den Teichen halten sich nur Verlassene länger als nötig auf. Sagt ihnen, dass Euch Siln Himmelsjäger geschickt hat. Ihr sollt eine Sehung machen." Wieder nickte ich.

"Was soll ich tun... nun, wenn ich etwas sehe?" "Kämpfen mein Kind. Kämpfen. Um Euch selbst."

Ich verließ das Zelt und suchte den Pfad. Er war eng und so abschüssig, dass ich befürchtete jederzeit abzurutschen und ins Tal zu stürzen. Tatsächlich entdeckte ich den Eingang nur durch Zufall. Eine Blume, die aus einem Riss im Fels wuchs erregte meine Aufmerksamkeit und als ich den Riss betrachtete, sah ich plötzlich, dass er sich auf seltsame Art weiter schlengelte. Und sich plötzlich zu einem winzigen Durchgang erweiterte. Während ich mich hindurch wand, fragte ich mich wie es die Tauren schafften hier hinein zu kommen. Vermutlich gab es einen offizielleren Weg. Der Gang verbreitete sich schnell nach dem Eingang und ich konnte aufrecht laufen. Das wenige Licht, dass von außen herein fiel verging schnell, aber es umfing mich keine Dunkelheit. Ein schwach bläulicher Schimmer leitete mich. Und plötzlich öffnete sich der Tunnel in eine große Höhle. Mehrere kreisrunde Teiche strahlten dieses blaue Leuchten aus. Ich sah mich staunend um. Da hörte ich ein rasselndes Atmen hinter mir. Ich schnellte herum, denn es klang, als säße es mir direkt im Nacken. Ich sah einen Verlassenen in der Tunnelöffnung stehen. War er da schon als ich rein gekommen war? Seine unheimlich gelb leuchtenden Augen musterten mich. Der Großteil seines Gesichts lag im Schatten einer Kapuze und ich war nicht unbedingt böse darüber. Die wenigsten Verlassenen sahen gesellschaftsfähig aus und wenn sie in so einer Höhle längere Zeit lebten wurde es vermutlich nicht besser.

"Was wollt Ihr hier?" Die Stimme war mehr ein Zischen.

"Himmelsjäger hat mir den Zugang erlaubt. Ich soll eine Sehung machen." Ich war sehr stolz auf mich, dass in meiner Stimme kein Zittern zu hören war. Die Augen verschwanden kurz.

"Eine Sehung... Interessant. Nun wenn Siln es so haben will. Folgt mir." Die Augen kehrten zurück und der Verlassene trat weiter vor ins Licht. Ich folgte seiner gebeugt laufenden Gestalt, die von einer ausgefransten Robe verdeckt wurde. Er schlurfte auf einen der Teiche zu und ich erkannte im heller werdenden Leuchten, dass überall in der Höhle Verlassene herum lungerten. Ich spürte jede menge gelbe Augenpaare auf mir. Natürlich war ich schon unzählige male in Unterstadt gewesen, selbst im gruseligen Apothekerviertel, aber dort kannte ich die Regeln. Hier fühlte ich mich wie auf einem Opferaltar. Mein Führer hielt schließlich direkt am Rand des Teichs und winkte mich mit einer beunruhigend knochigen Hand näher bis ich direkt neben ihm stand.

"Nun denn. Seht hinein. Ich hoffe es ist es wert." Und er wollte sich schon wieder abwenden.

"Was meint Ihr damit?", traute ich mich zu fragen. Der Verlassene wandte sich mir zu und nun konnte ich sehen was die Kapuze vorher gnädigerweise verborgen hatte. Er grinste so unheilvoll wie nur ein Schädel es konnte.

"Wenn die Teiche eine Vision gewähren, dann zeigen sie einem alles. Wirklich alles. Auch die Dinge, die man nicht sehen will." Und er machte eine einladende Geste mit der Hand, bevor er sich erneut umwandte und mich allein stehen ließ. Nervös starrte ich abwechselnd in das unnatürlich leuchtende Wasser und auf die Verlassenen, welche sich hier mit wer weiß was beschäftigten. Nun, ich wollte wissen was mit mir los war und ich kannte doch all meine Geheimnisse, wovor sollte ich also Angst haben? Ich schloss die Augen, atmete tief durch und starrte dann in das milchige Blau. Nach einer Weile begannen mir die Augen zu tränen. Das mit den Visionen dauerte wohl länger als ich dachte. Nach etwas über 3 Stunden saß ich den Kopf gelangweilt in die Hände gestützt immer noch neben dem Teich und schaute aus halb geöffneten Augen hinein. Vor einer halben Stunde war ein Käfer hinein gefallen und zu beobachten wie er versuchte dem Wasser zu entkommen hatte mich vor dem einschlafen bewahrt. Ich seufzte. Es ergab vermutlich nicht viel Sinn noch länger hier herum zu sitzen. Es musste inzwischen schon lange Nacht sein und bestimmt erwartete mich im Sanktum schon ein Berg an neuen Aufgaben. Ich wollte meinen Blick von dem Käfer abwenden und mich erheben, aber aus irgendeinem Grund konnte ich nicht. Ich runzelte die Stirn. Hatte ich einen Krampf vom langen sitzen? Ich versuchte meine Augen zumindest zu schließen, doch die erforderlichen Muskeln reagierten einfach nicht. Nun war ich ernsthaft besorgt. Waren die herum wabernden Nebelfetzen in der Höhle vielleicht giftig? Wider besseren Wissens versuchte ich den Mund zu öffnen, was natürlich ebenfalls nicht funktionierte. Mir blieb nur den Käfer zu beobachten. Verzweifelt strampelten seine dünnen Beinchen im Wasser. Inzwischen deutlich weniger kräftig als noch am Anfang. Ich sah wie er seine grünlich schimmernden Deckflügel aufklappte und mit den durchsichtigen Flügeln schlug. Natürlich brachte es nichts. Der Tod dieses Käfers war besiegelt. Er zögerte es nur hinaus. Ich sah jetzt so deutlich als würde ich neben ihm im Wasser schwimmen wie seine Beine sich immer langsamer bewegten. Plötzlich ergriff mich Verzweiflung. Ich wollte den Käfer anschreien, dass er nicht aufgeben sollte. Ich konnte nicht. Und jetzt war die Verzweiflung reine Panik. Der Käfer würde sterben! Und da ging mir auf, ich war dieser Käfer! Ich kämpfte da verzweifelt um mein Leben, ich würde sterben. Ich öffnete den Mund und wollte um Hilfe schreien, aber ich schluckte nur unmengen von Wasser. Jetzt bekam ich auch noch keine Luft mehr. Meine Lungen brannten wie Feuer. Jetzt fiel mir auch auf, dass das Wasser kein Wasser war. Ich schwamm in Lava und es brannte mir das Fleisch von den Knochen. Die Schmerzen hörten nicht auf. Ich starb einfach nicht. Das schmerzhaft hell glühende Gestein verschluckte mich vollständig. Und endlich war die Welt nicht mehr blendend hell, sondern schwarz. Ich fiel in diese Schwärze hinein, sah nichts ausser mich selbst und fürchtete jeden Moment auf den unsichtbaren Boden oder irgendein Hindernis zu prallen. Ich wollte schreien und wäre es nur, um mein Grauen mit dem schwarzen Nichts zu teilen, aber meiner Kehle entstieg kein Laut. Tatsächlich hörte ich absolut gar nichts. Oder nein, das stimmte nicht. Ich hörte ein Rauschen, wie von weit entferntem Wind. Es klang merkwürdig und unregelmäßig. Fast als würde jemand mit verstopfter Nase atmen. Ich konzentrierte mich darauf, in dem Versuch nicht wahnsinnig zu werden. Das Geräusch wurde lauter und langsam erkannte ich was es war; Geflüster. Ich konnte mehrere Stimmen unterscheiden die im Dunklen redeten, aber ich verstand nicht um was es ging. Doch sie wurden lauter und ich strengte mich unendlich an, um endlich etwas zu verstehen. Da hörte ich meinen Namen. Flüsterten die Stimmen über mich? Da wieder, jetzt war ich mir sicher.

"Orava..." Nervös blickte ich mich um, versuchte angestrengt die Schwärze zu durchdringen. Aber ich sah nichts, hörte nur wie die Stimmen lauter wurden.

"...rdrings Entscheidung war voreilig."

"...unangemessen dafür."

"...hatte kaum Erfahrung."

"Irgendwann wird das Glück sie verlassen."

"Es ist ein Fehler Orava unser Leben anzuvertrauen."

Jetzt waren die Stimmen laut genug, dass ich sie klar und deutlich verstehen konnte und ich erschrak vor dem was ich hörte.

"Schwacher Emporkömmling, mehr nicht. Ja es ist wahr, was soll man sonst von ihr halten?"

"Natürlich bekommt Orava nur die unwichtigen Aufgaben. Mehr würde ich ihr nicht anvertrauen." Ich erkannte die Stimmen. Delas war darunter, Lady Liadrin, die Matriarchin der Blutritter, Lordregent Theron, ehemalige Weggefährten, die ich seit Jahren nicht gesehen hatte und Khadgar. Hatten sie all das wirklich über mich gesagt?

"Nein sie hat mich wirklich sehr enttäuscht."

"Ich hatte versucht es zu erklären, aber die Mühe hätte ich mir sparen können." Ich schluchzte, ohne einen Ton von mir zu geben und versuchte mir die Ohren zuzuhalten, aber das nützte nichts. Die Stimmen wurden immer lauter, schienen direkt aus meinem Kopf zu kommen. Da riss ich die Augen auf. Aus meinem Kopf! Natürlich! Alles was die Stimmen sagten waren meine eigenen Ängste und Befürchtungen. Zweifel über meine Fähigkeiten die ich gelernt hatte zu ignorieren. Keiner meiner Freunde und auch keiner von meinen Idolen hatte so etwas jemals über mich gesagt.

"Das ist nicht wahr!", hörte ich mich mit fester Stimme sagen. Mit einem Schlag hörten die Stimmen auf. Ich blickte herausfordernd in das Dunkel. Plötzlich tauchte ein heller Schlitz auf, als hätte jemand eine Decke mit einem Messer durchstochen. Der Spalt öffnete sich und grünes Licht fiel hindurch. Jetzt erkannte ich, dass es ein riesiges Auge war. Das Lid klappte komplett auf und ein feurig grün glühender Augapfel mit einem schwarzen Schlitz als Pupille starrte auf mich, als wäre ich eine Ameise. Ohrenbetäubendes Lachen schien die Welt zu erfüllen. Reflexartig hielt ich mir wieder die Ohren zu, doch natürlich brachte es nichts. So ein Lachen ließ sich nicht aussperren.

"Anakh kyree!" Brüllte eine furchterregende Stimme in meinem Kopf. "Reicht es dir noch nicht, jede Nacht gequält zu werden? Willst du freiwillig für mich schreien?" Die Stimme war nun so dröhnend, dass ich befürchtete mein Kopf würde auseinander gesprengt. Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig, jeder Zentimeter meiner Haut schmerzte und alle Muskeln verkrampften sich gleichzeitig so heftig, dass ich meine Knochen brechen fühlte. Und ich schrie.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück