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An awkward guide how to love if you're slightly German

von

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Unerwartete Hilfe

Samstag, 15. Oktober
 

Felicianos Kopf lag so dicht an Ludwigs Brustkorb, dass ihm die Veränderung im Atemmuster relativ schnell auffiel. Und als sich der große, schützende Körper um ihn herum sich lediglich ein wenig bewegte, schloss der Italiener die Augen und tat so, als wäre er noch im Land der Träume. Ein gespieltes Schnarchen verließ seine Lippen und seufzend drückte er sich fester an Ludwigs Brust, was darin resultierte, dass das stetige Heben und Senken dieser unterbrochen wurde. 
 

Der Italiener spürte auch das Pochen in Ludwigs Brustkorb, aber er dachte sich nichts dabei, sondern genoss einfach den Moment, in dem er noch etwas Zeit an den Deutschen gekuschelt verbringen zu können. Es dauerte einen Augenblick, bis sich Ludwig erneut bewegte, aber diesmal spürte Feliciano eine breite Hand auf seinem Haar, die darüber streichelte und schließlich in seinem Nacken verweilte. 
 

Eine Gänsehaut überrollte Feliciano, aber es schien Ludwig nicht aufzufallen, denn sein Schauspiel bleib unentdeckt. So hatte er die Gelegenheit, Ludwigs angenehmen Duft aufzunehmen und sich wohlig seufzend an ihn zu schmiegen. Sein eigenes Herz pochte ihm lauthals in der Brust und seine Finger kribbelten vor Aufregung, aber er hatte auch Angst, was geschehen würde, wenn Ludwig bemerkte, dass er wach war. 
 

Bisher hatte er Ludwig immer für sehr distanziert und bedacht gehalten, aber am gestrigen Abend hatte er das Gefühl bekommen, dass sich zwischen ihnen beiden langsam etwas manifestierte. Ludwigs Hand in seiner zu spüren hatte ihn über Bord gehen lassen, in eiskaltes Wasser, absteigend in eine wunderschöne Unterwasserwelt, deren Schönheit er nicht geahnt hatte, weil er die Kälte und das Ertrinken gefürchtet hatte. Aber mit Ludwig an seiner Seite war das in Ordnung, denn dieser hatte praktisch Vorbereitungen getroffen und Feliciano würde nicht ertrinken. 
 

Feliciano konnte nicht von dem Deutschen ablassen und das war ihm schon in kurzer Zeit bewusst geworden. Wann immer sie sich sahen, wollte er ihn umarmen oder nah bei ihm stehen oder seinen Namen aussprechen. Er wollte, dass Ludwig ihn ansah und seinen eigenen Namen sagte oder ihm ein seltenes warmes Lächeln schenkte. Selbst die Falte auf seiner Stirn, die Verärgerung ausdrückte, mochte Feliciano, weil Ludwigs Blick dann intensiver war. 
 

Der Italiener fragte sich, wie Ludwig ihn jetzt wohl ansehen mochte, aber er traute sich nicht, seine Augen auch nur für einen Spalt zu öffnen. Stattdessen entfloh seinen Lippen ein leises: »Ludwig…«  und er sorgte sich um seine Tarnung. 
 

Der Blonde war offenbar für einen Augenblick irritiert, aber als er bemerkte, dass Feliciano noch immer zu schlafen schien, drückte er diesen fester an sich. Es tat nicht weh und es war auch nicht unangenehm, aber Feliciano fürchtete, dass man sein wild schlagendes Herz über die kurze Distanz spüren konnte. »Ach… Feli…«, hörte er den Deutschen leise murmeln und erneut rollte eine Gänsehaut über seinen gesamten Körper. 
 

Feliciano hätte ewig so liegenbleiben können, doch ein Geräusch im Flur holte ihn aus seinen Gedanken zurück. Er hörte den Schlüssel im Schloss und im nächsten Moment tapsten Pfoten über das Parkett im Flur, begleitet vom Hecheln und leisem Bellen. »Shhh, nicht so laut« , zischte Gilbert nebenan und Elizabeta kicherte. 
 

»Die werden wohl doch nicht mehr schlafen, es ist schon Mittag.« 
 

»Scheiße« , murmelte Ludwig über Feliciano hinweg und er versuchte sich vergeblich von ihm zu lösen. Doch dieser dachte gar nicht erst daran, den Deutschen freizugeben. 
 

»Bist du dir sicher, dass er hiergeschlafen hat?« , tönte es aus dem Wohnzimmer und Gilbert räusperte sich. 
 

»Hier steht jedenfalls noch das angefangene Bier. So wie ich ihn kenne war es ihm zu peinlich die Nacht hier zu verbringen. Lass uns doch einfach Feli…«  Die Worte blieben in Gilberts Hals stecken, als er einen Blick durch Felicianos geöffnete Schlafzimmertür riskierte. 
 

»Schatz, was…« , wollte Elizabeta fragen, aber Gilbert schnitt ihr das Wort ab.
 

»Wohnzimmer. Sofort!« , flüsterte er bestimmt und schloss die Schlafzimmertür geräuschlos. 
 

»Wie lange bist du eigentlich schon wach, hm?« , murmelte Ludwig und Feliciano grinste ertappt an seiner Brust. 
 

»Woher weißt du das denn schon wieder?«   Feliciano sah zu ihm auf und war ernsthaft überrascht, denn er hatte alles gegeben, um sich schlafend zu stellen.
 

»Du machst eindeutig merkwürdige Geräusche, die niemand im Schlaf imitieren kann.«  Ludwigs Stimme klang am frühen Morgen sehr viel tiefer und löste einen wohligen Schauer in Feliciano aus. Er wirkte trotzdem eher belustigt als beleidigt. 
 

»Das kann sein. Aber es ist auch so gemütlich, warum sollten wir aufstehen?«  Feliciano schmiegte sich an Ludwig und schloss seine Augen erneut. 
 

»Na ja, ich denke zu allererst müssen wir da ein Missverständnis aufklären.«  Erneut fuhr Ludwigs Hand über Felicianos Haar und verweilte an der Stelle, an der die kleine Locke sich vom restlichen Haarschopf spaltete und ihr Eigenleben zu führen schien. 
 

»Müssen wir das?«  Felicianos Stimme wirkte kindlich naiv, aber er wusste sehr wohl, dass es Ludwig Sorgen bereitete, was sein Bruder von ihm dachte. 
 

»Nun, ich dachte… wir können auch darüber schweigen, aber sie werden bestimmt Fragen stellen.«  
 

»Ich möchte niemandem davon erzählen, Ludwig. Ich will, es einfach nur genießen.«   Felicianos Hände, die sich in der Nacht um Ludwigs Hüfte geschlichen hatten, verweilten auf dem Rücken des Blonden, während seine Finger kleine Zeichen auf die Haut des Größeren zeichneten. 
 

»W-was sonst sollte ich ihnen erzählen?« , stammelte Ludwig hörbar verlegen und eine entzückende Röte bildete sich auf seinen Wangen. Feliciano bemerkte, dass Panik in ihm aufzuwallen schien, denn sein Gesicht war seltsam verzerrt. Er wünschte sich diesen Ausdruck fortzuwischen, doch er wusste nicht wie. Feliciano besaß nicht das Talent, Mimik und Gestik zu deuten, ganz besonders nicht bei dem Deutschen, wo beides nicht sonderlich eindeutig erkennbar war. 
 

Feliciano hob den Blick und sah Ludwig einen Moment unschlüssig an. Diese azurblauen Augen hatten eine anregende Wirkung auf den Italiener und er verspürte den Impuls, seine Lippen auf die des Deutschen zu legen. Es dauerte einen Moment, bis Feliciano mit Ludwig auf Augenhöhe war und sich ein Lächeln auf sein Gesicht stahl. Noch während er sich ein Stück zu dem Deutschen hinunter beugte, bemerkte er, wie dieser hörbar die Luft einsog. 
 

Als er daraufhin nicht versuchte, zurückzuweichen, war es so, als legte sich ein Schalter in Felicianos Kopf um. 
 

Ludwigs Lippen waren ein Stück geöffnet, als Feliciano seine auf die des Blonden senkte und einen unschuldigen, sanften Kuss auf ihnen platzierte. Sie berührten sich nur für einen Augenblick, aber es fühlte sich dennoch so an, als würde Feliciano der Schlag treffen. In seinem Innern tobte ein Sturm, dessen sanfte Briese er noch Sekunden zuvor gewaltig unterschätzt hatte. Er dachte, es wäre eine nette Geste, um Ludwig in Verlegenheit zu bringen oder um sich in andere Gewässer vorzutasten, doch die Hitze, die ihn erwischte, war unbändig. 
 

Als er sich von Ludwig löste, hatte er das erneute Bedürfnis, ihre Münder zu vereinen, aber diesmal war es Ludwig, der ihn an sich zog und ihre Lippen miteinander vereinte. Der erste Kuss mochte zögerlich  gewesen sein, ein unschuldiges Aufeinandertreffen vielleicht, doch damit konnte Feliciano den zweiten nicht annähernd vergleichen. Bevor er darüber nachdenken konnte, spürte er Ludwigs Zunge auf seiner Unterlippe und überrascht öffnete er seinen Mund einen Spalt breit, was für Ludwig offenbar ein deutliches Zeichen war, sich weiter voranzutasten. 
 

Feliciano konnte ein aufgeregtes Stöhnen nicht unterdrücken und er fühlte sich, als könnte er fliegen und sein ganzer Körper zitterte vor Aufregung. Ganz zu schweigen davon, dass sein Körper begann, das Blut in ganz andere Körperregionen zu leiten, während er sich selbst ganz benommen von all diesen Eindrücken fühlte. 
 

Unbewusst schmiegte sich Feliciano an Ludwig an und griff mit seinen schlanken Fingern an Ludwigs Shirt, weil er das Gefühl hatte, nicht mehr zu wissen wo oben und unten war. 
 

Es dauerte einige Sekunden, bis Ludwig darauf reagierte und Feliciano kraftvoll an den Oberarmen packte und sich mit einem Ruck von ihm löste. »Was t-t-tun wir da?«  Mit seinem Handrücken wischte sich der Deutsche über die Lippen und stand in weniger als einer halben Minute aufrecht vor dem Bett, das Hemd vom Vortag verzweifelt überziehend. Während des Knöpfens vertat er sich dann auch noch, sodass er immer hektischer wurde. »I-ich muss gehen« , murmelte er nur vor sich hin, während er in seine Hose stieg und beinahe über seine eigenen Füße fiel. 
 

Feliciano starrte ihm atemlos hinterher, sein eigenes Herz in seinem Brustkorb hämmernd und unfähig sich zu bewegen. Eigentlich hätte er über diese so offensichtliche Ablehnung traurig sein müssen, doch seine Lippen prickelten noch immer von der Berührung mit dem Deutschen und während dieser aus seinem Sichtfeld verschwand, setzte sich Feliciano langsam auf. Sein ganzer Körper kribbelte und er spürte, wie plötzlich Kälte an ihm aufstieg. Der wärmende Körper neben ihm fehlte und die Decke war bis zu seinen Knien weggeschlagen. 
 

Die Tür krachte geräuschvoll zu und alarmierte die Hunde im Nebenzimmer, aber Feliciano bekam von alldem nichts mit. Minuten zogen an ihm vorbei, als wären es Sekunden. Hatte sich Ludwig noch mit Gilbert unterhalten oder war er einfach abgerauscht? Würde er ohne seinen Schlüssel überhaupt in die Wohnung kommen?
 

Er schwang seine Beine über die Bettkante und im nächsten Moment klopfte es an der Tür. »Feli?«  Elizabeta steckte den Kopf zur Tür hinein und musterte ihn aus der Entfernung. »Alles okay? Ich habe Geräusche gehört und…«  
 

»Ich hab Ludwig geküsst und er ist geflüchtet.«  Feliciano senkte den Kopf und ließ die vergangenen Minuten Revue passieren, ehe das Bett neben ihm leicht nachgab und Elizabeta ihn in ihre Arme schloss.  Er spürte, wie Tränen seine Wangen hinabliefen, aber er konnte sie nicht stoppen. Unendliche Traurigkeit schien ihn zu überrollen und er fröstelte plötzlich. 
 

»Ach Feli…« , seufzte seine Schwester und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Vielleicht ist er einfach schüchtern.«  Sie strich ihm durch das Haar und bemerkte, wie Gilbert im Türrahmen stand.
 

»Respekt, ich hätte nicht gedacht, dass ihr gleich so zur Sache kommt« , grinste er leicht, wurde jedoch von Elizas vernichtendem Blick getroffen, sodass das Grinsen auf seinen Lippen erstarb. »Mein Bruder war schon immer sehr verklemmt, er wird vermutlich einfach überrumpelt gewesen sein.«  
 

»Oder ich habe ihn zu etwas gezwungen, das nur ich wollte. Aber… es hat sich so richtig angefühlt. Und… er hat mich… auch… für einen Moment geküsst.«  Der Italiener wischte sich über die Augen, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken und ein herzerweichendes Schluchzen erfüllte den Raum. »Ich habe ihn vergrault.«  
 

Er spürte, wie Elizabeta ihn fester an sich drückte und ihm über den Rücken streichelte. »Du hast ihn nicht vergrault, Feli. Ich mag mich irren, aber ich habe gestern mit meinen eigenen Augen gesehen, wie er dich anschaut. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass eure Gefühle füreinander nicht ebenbürtig sind. Vielleicht lehne ich mich damit weit aus dem Fenster, aber ich habe noch nie ein Paar gesehen, das so harmonisch miteinander umgeht wie ihr beide. Gilbert hat vermutlich recht und Ludwig ist überrumpelt gewesen.«  
 

»Jedenfalls darfst du nicht einfach aufgeben und die weiße Flagge hissen, Veneciano.«  Gilbert kniete nun vor dem kleinen Italiener und verwendete ganz bewusst den Spitznamen, den sonst nur Felicianos älterer Bruder benutzte. »Du bist ein Kämpfer, auch wenn du immer von dir behauptest, dass es dir zu anstrengend ist. Du bist kein Feigling. Du kannst nicht aufgeben, es geht doch hier um… jemand besonderes oder? Du kämpfst so lange für dein Glück, bis du es endlich in den Armen hältst.«  
 

Feliciano hob den Blick und bemerkte das Lächeln auf Gilberts Gesicht, das er vorher nur erahnen konnte. »Wir werden dich nach Kräften unterstützen, versprochen. Gib jetzt nicht auf.«  
 

Elizabeta lächelte ebenfalls und drückte Feliciano einen Kuss auf die Wange. »Ganz genau. Und jetzt stehst du erst mal auf und isst ein bisschen was, bevor du dir deinen hübschen Kopf zerbrichst, in Ordnung?«  
 

»Ehrlich gesagt...", druckste Feliciano herum, »Habe ich eine andere Idee. Ich glaube, ich muss einen kurzen Ausflug zum Bäcker und in den Supermarkt machen und ein Versprechen einlösen.«  Seine Wangen färbten sich leicht, während er sich durch das Haar und das Gesicht fuhr. »Ihr habt recht, ich kann das so nicht stehen lassen.«   
 

Seufzend holte Gilbert etwas aus seiner Hosentasche hervor und ließ es in Felicianos Schoss fallen. »Sag ihm, dass wir die ausversehen mitgenommen haben, weil er sie am Tisch vergessen hat.« 
 

Feliciano nahm den Schlüsselbund in die Hand und drehte ihn in seinen Fingern. »Ist das… sein Schlüssel? Aber habt ihr nicht gesagt, ihr hättet ihn nicht gesehen? Ludwig war sich sicher er hätte ihn…«  
 

Gilbert schnitt ihm das Wort ab. »Stell nicht so viele Fragen und nimm es einfach hin. Ich werde dich jetzt hinfahren und dann sehen wir weiter. Ich wette, dass Ludwig sich längst darüber ärgert, gegangen zu sein.«  Der Grauhaarige wuschelte Feliciano durchs Haar und wandte sich dann an Elizabeta. »Ich gehe nicht eher, bis Ludwig ihn reingelassen hat.«  Zwinkernd drückte er seiner Verlobten einen Kuss auf die Lippen und ging seine Jacke und den Autoschlüssel holen.



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