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Für immer beste Freunde

Ich liebe dich wie einen Bruder
von

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3. Jahr: Veränderungen


 

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Wenn ich während des zweiten Jahres unserer Beziehung sehr viel über Sasuke lernte, lernte ich während des dritten Jahres sehr viel über mich selbst. Sasuke bezeichnete mich als "die sonnigste Person", die nie ans Aufgeben denkt. Das liegt teilweise daran, dass ich mir in der frühen Kindheit die Feinfühligkeit gegenüber Misserfolgen abgewöhnte. Ich sah über die meisten Schicksalsschlägen hinweg und machte einfach weiter. Wie hätte ich sonst zurechtkommen sollen? Keine Ahnung, ob dieses Sture eine gute Überlebensstrategie ist, aber ich kannte es nicht anders. Deswegen nahm ich automatisch an, dass ich es nicht anders kann. Und nun nach 18 Jahren wurde mir offenbart, dass ich doch unter bestimmten Umständen aufgeben könnte. Das dritte Jahr zeigte mir, wie diese bestimme Umstände tatsächlich aussehen. Dies ging vollständig in die Quere mit dem, was ich über mich selbst zu wissen meinte, aber naja… mit 18 fing ich langsam an festzustellen, dass ich eigentlich von nichts eine richtige Ahnung habe, nichtmal von mir selbst.
 

Nach der Schule kam erstmal eine richtig anstrengende Zeit mit Schulprüfungen, Sasukes Bewerbungsgesprächen, meinen Gesrpächen mit der Waisenkinderstiftung, Sasukes Zusage, Besichtigungsterminen von verschiedenster Wohnungen, zahlreichen Vermieterabsagen, einer einzigen Vermieterzusage, unserem Auszug an einem Ort, unserem Einzug am nächsten und der damit verbundene Papierkramm… nebenbei liefen das Jagen nach günstigen gebrauchten Möbel, Besuche von komischsten Einrichtungsmärkten, Streitigkeiten mit den Nachbarn gleich in der ersten Woche nach dem Einzug und sogar das Erlernen der elementarsten handwerklichen Fähigkeiten, denn unsere Wohnung war ein winziges Drecksloch in einem großstädtischen Brennpunkt mit ausgerissenen Heizkörpern, einem riesigen Loch in der Wand und ständigen Sanitätsproblemen (daher auch Handwerkerfähigkeiten). Das alles spielte sich im Zeitraum von ungefähr drei Monaten ab. Nachdem wir das nötigste an Möbeln hatten und lernten, wie wir die häufigen Überschwemmungen im Bad selbstständig beseitigen, verging die heiße Phase und es wurde etwas ruhiger. Aber nur auf den ersten Blick, das nächste sehr dringende Problem klopfte bereits leise auf die Tür: Meine Praktikumsbewerbung wurde nach langwierigem zweimonatigen Hin und Her doch abgelehnt. Ich verstand es nicht so ganz warum: die Mangaabteilung, in die ich ursprünglich die Bewerbung einreichte, wollte eigentlich mich als Praktikant anstellen, weil sie zurzeit unterbesetzt waren, aber die Verwaltung sagte trotzdem nein, weil der Verlag angeblich kein Geld für gar nichts hat oder sowas. Direkte Bewerbungen bei den Mangazeitschriften scheiterten miserabel, was mir natürlich irgendwo klar war, aber ein Versuch war es trotzdem wert. Also ganz kurz gesagt: ich hatte keinen Job und suchte verzweifelt nach einem. Ich checkte schnell, dass ich erstmal etwas brauche, was wenigstens irgendein Hungerlohn bringt. Egal was, Klos schrubben, Teller waschen, Fußboden wischen, Kisten schleppen, irgendwas, was legal und moralisch vertretbar wäre. Jede Woche gingen etliche Bewerbungen meinerseits raus und diejenigen, die ich ganz zu Anfang schrieb, waren wirklich gut durchdacht. Bloß, entweder kam nichts zurück oder eine Absage, wenn nicht per Email, dann spätestes nach dem Vorstellungsgespräch. Die ersten zehn Male konnte ich komplett auf die leichte Schulter nehmen, aber spätestens nach der zwanzigsten Absage fiel es mir etwas schwerer gar keine Gedanken darüber zu machen und jede nächste Absage fühlte sich wie ein Schlag ins Gesicht. Es wirkte nicht nur demotivierend, sondern auch irgendwie kränkend. Jeden Morgen aus dem Bett zu kommen wurde ab irgendeinem Zeitpunkt beinahe unmöglich. Mein anfänglicher begeisterter Tatendrang wurde durch einen primitiven ängstlichen Überlebensantrieb ersetzt. Ich handelte aus purer Not und es spiegelte sich in die Qualität meiner Bewerbungen wider, aber ich durfte nicht aufhören. Ich musste schnellstmöglich einen Job besorgen, denn wir hielten uns erstmal mit Sasukes Ausbildungsgehalt übers Wasser. Diese Monate waren sehr hungrig. Das war die Zeit des dreifachen Teebeutelaufgießens, des Reis mit Ei, der Nudel aus der Packung als Hauptspeise und vielleicht mal einer kleinen Gemüsebeilage. Meistens wurden Tomaten zu dieser Beilage. Ich wusste nicht, dass man nur mit Tomaten und ein paar simplen Gewürzen so viel anstellen kann: braten, kochen, backen, überbacken mit Käse, passieren, schälen, dampfen, garen, trocknen, auf dem Spieß im Backofen grillen oder sogar räuchern… es war schon verrückt… Sasuke freute sich heimlich darüber und ich sah es ihm genauso heimlich an. Seine Tomatenliebe macht ihn irgendwie so richtig niedlich. Und außerdem sind die verdammten Tomaten das Billigste auf der Gemüsetheke und wir mussten trotz unserer finanzieller Lage das gesunde Ernähren doch irgendwie simulieren (sonst kriegt man ja Gewissensbisse), also waren Tomaten die perfekte Wahl. Darüberhinaus bereitete mir Sasukes kindische Freude über diese skurrilen Tomatenspeisen ebenfalls eine sehr große unverfälschte Freude. Dadurch konnte ich in den ersten Monaten diese triste hungrige Zeit doch mit Humor und Niedlichkeitsgefühlen über meinen großäugigen aufgeregten Sasuke-chan nehmen. Neben Tomatenperversion hatten wir mal ab und zu sogar was festliches: Zum Festgetränk krönten wir das billigste Flaschenbier und vom Festessen sprachen wir, wenn wir an eine Packung Schweinehack aus dem wöchentlichen Angebot rankamen. Wir lernten schnell nichts zu verschwenden. Alles wurde vollständig aufgegessen, egal wie schlecht das Tomatenexperiment verlief. Außerdem sparten wir überall sonst: Nebenkosten, Kleidung und sonstige Verbrauchsartikel, Sasukes Schulzeug und sogar Medikamente. Und trotzdem rechte das Geld nicht aus und wir gingen jede Nacht halbhungrig ins Bett.
 

Und so lernte ich meine eigene Grenze kennen. Nach ungefähr achtmonatigen verzweifelten Arbeitssuche stellte ich mir fast täglich die Frage wozu das Ganze. Mein Leben rutschte generell in den Abgrund: ich war arbeitslos, superarm, befand mich in einer leichten existenziellen Krise, meine Wohnung war ein winziges Drecksloch in der beschissensten Gegend in der Stadt und mein Freund musste mich von seinem nicht gerade großzügigen Ausbildungslohn und Ersparnisse seiner Eltern monatelang durchfüttern. Das Geld reichte katastrophal nicht aus und Sasuke meinte irgendwann, dass er einen Nebenjob annimmt, wenn es sich anbietet. Ich überhörte seine Äußerung und nahm es nicht ernst. Doch eines Abends kam er mit einer Neuigkeit auf mich zu: es könnte sein, dass er tatsächlich einen Nebenjob durch einen Bekannten von seinem Arbetskollegen bekommt. Es ging um eine sehr prekäre Aushilfsstelle als Samstagsspätschichtverterung in einem Hipstercafé. Das hieß, wenn jemand von den etwas "fester" angestellten die Schicht nicht machen konnte (was komischerweise fast jeden Samstag passierte), musste Sasuke die Schicht von 16 bis 22 Uhr spontan übernehmen können. Er bekam schlussendlich die Stelle. Ohne die komischen Samstagsspätschichten sah seine Arbeitswoche gerade nicht sehr entspannt aus: Die Ausbildung forderte von ihm einen sechsstündigen Arbeitstag, dazu musste er drei mal pro Woche die Berufsschule besuchen. Die Berufsschule lief ebenfalls nicht einfach so: es gab Hausaufgaben, Tests und Vorträge. Außerdem lag alles in verschiedenen Stadtteilen, also musste er neben dem Job und Schule 2-3 Stunden des Lebens in der Bahn von Montag bis Freitag verbringen. Und jetzt noch das… dadurch war auch der Samstag komplett tot. Sasuke schlief meistens sehr lange, bis um 12 oder so, und spätestens um 15 Uhr musste er bereits im Zug sitzen. Nach der Samstagschicht kam er gegen Mitternacht erschöpft nach Hause, fiel direkt ins Bett und schlief sehr schnell ein. Sonntags waren wir mit dem Haushaltskramm beschäftigt: Wocheneinkauf, Putzen, Wäsche waschen, Sasuke bereitete sich auf die nächste Arbeitswoche vor und montags ging es von vorne los. Und das Schlimme war, dass sich Sasuke dabei absolut nicht beschwerte. Er sagte einfach gar nichts dazu. Stattdessen tauchte jeden Monat am 15 das Essensgeld in der obersten Schublade seines Schreibtischs und dann durfte sich das Uchiha-Uzumaki Haushalt die nächsten 30 Tage davon das Essen einkaufen. Und jedesmal, als ich mich an diesem Geld bediente, biss etwas sehr schmerzhaft in meine Seele. Von Woche zur Woche wurden diese Bisse schmerzhafter und meine Schuldgefühle mehrten sich. Seitdem Sasuke den Zweitjob bekam, verbesserte sich zwar unsere finanzielle Lage, aber dafür verschlimmerte sich mein mentaler Zustand. Das zerbrach mich komplett. Ich war so total nutzlos! Sasuke hatte zwei Jobs und ich konnte mir nichtmal eins besorgen. Obwohl ich mich wirklich anstrengte, brachte es gar nichts. Ich war ein Parasit, der Sasukes Geld und Ersparnisse verfrass. Und so sah dieses Etwas, was mich völlig aus der Bahn werfen kann. Das war mein Äquivalent von der Teufelsspirale. Bloß es war schlimmer, weil es nicht nur in meinem Kopf existierte. Es lauerte überall, degenerierte mich zu einem verwerflichen Parasit, raubte mir alles Positive, war so gar nicht von mir selbst abhängig und dennoch kontrollierte dieses Etwas meine gesamte Existenz. Und ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich es stoppe. Ich tat schon alles von mir abhängige, aber es war trotzdem nicht genug. Bei weitem nicht. Und darunter knackste ich jeden Tag noch ein bisschen mehr an.
 

Eines Abends, nach noch einer Absage, kam ich nach Hause, legte mich auf den Fußboden und ließ der Verzweiflung mich vollständig zu konsumieren. Sasuke war nicht da und es war gut so. Ich wollte ein wenig allein sein und gedanklich ein wenig im Selbstmitleid baden. Doch dann entriegelte sich die Tür. Sasuke kam nach Hause. Toll. Jetzt werden wir reden müssen und ich hatte keine Lust darauf.
 

-- Bin zuhause! - rief Sasuke fröhlich aus dem Flur.
 

Ich meldete mich nicht zurück.
 

-- Naruto? Bist du da?
 

Ich hörte, wie sich seine Schritte dem Wohnzimmer nähern. Uns trennte nur eine blöde dünne Schiebetür. Und ich hasste sie so, wie ich noch kein Gegenstand im Leben hasste. Warum hat diese verdammte Tür nichtmal einen billigen Schloss?! Oder wenigstens eine Riegel?! Warum ist unsere Wohnung so ein Müllhaufen, der nur aus einem einzigen Zimmer besteht?! Was, wenn ich einfach nur allein sein möchte?! Ich hätte halt noch das Bad, aber verdammt! Das Bad ist nur 1 Meter mal 1.5 Meter groß! Es hat nur anderthalb Meter Fläche! Kann ich mir so gar keine Privatsphäre gönnen, nur weil ich arm bin?! Was soll das?! Plötzlich ertönte das Schiebegeräusch, das die Tür unfreiwillig abließ. Er setzte sich neben mich und sagte aufgeregt (und gleichzeitig sehr entschuldigend):
 

-- Ich hab sehr gute Neuigkeiten… meine Überstunden vom Januar wurden endlich ausgezahlt, also war ich heute mal richtig ordentlich einkaufen! Festessen ohne Ende!

-- Aaaa… - ließ ich begeisterungslos ab.

-- Heute koche ich für uns einen geilen Ramen! Wie klingt's denn? Du hast bestimmt Bock drauf, ne?!
 

Er war wirklich glücklich. Und ich konnte dieses Glück nicht mit ihm teilen. Ich musste mir selbst gestehen, dass ich neidisch auf ihn war… sein Leben verbessere sich eindeutig, seitdem seine Eltern verstarben. Und meins geht irgendwie den Bach runter. Ich krieg nichts hin. Warum passiert mir nichts gutes und Sasuke schon?! Es ist halt ziemlich bitter… mein Gott, beneide ich ernsthaft meinen eigenen Freund? Was soll das…? Wie tief bin ich denn gesunken?
 

-- Aaaa… - erwiderte ich sehr begeisterungslos.
 

Er seufzte schwer, streichelte über meine Haare, legte meinen Kopf auf seinen Schoß und sprach mich leise an:
 

-- Es wird schon…
 

Seine Stimme klang so liebevoll… aber gleichzeitig so verräterisch. Er weiß es doch auch nicht. Warum lügt er mich überhaupt an?
 

-- Neeeeein… ich bin nutzlos… keiner will mich einstellen… nichtmal als Autowäscher… es wäre ja halb so wild, aber ich fresse dein Geld auf und schade dir direkt. Bitte verlass mich…

-- Sag sowas nie wieder, - der Satz hörte sich unglaublich rau an, aber er hörte nicht auf, meinen Kopf zu liebkosen.
 

Er gab mir ein kleines Küsschen auf die Stirn, ich kniff mir die Augen zu und räumte ihn zur Seite. Ich wollte jetzt keinen körperlichen Kontakt. Ich wollte in Ruhe gelassen werden. Er seufzte und hörte auf, mich zu berühren.
 

-- Naruto, es wird alles gut… - seine Stimme klang wieder sanft und mitfühlend.
 

Und schon wieder diese Lügen… sie kommen halt genau dann, wenn man sich die Wahrheit nicht eingestehen mag.
 

-- Verlass mich doch einfach, - sagte ich erschöpft.

-- Nein. - wendete er kräftig ein.

-- Warum denn nicht?! - unterbrach ihn ihn, - dann kannst wenigstens du ein normales Leben haben, mit gutem Essen, guter Unterhaltung zwischendurch, guten Hobbys und wirklich guten Freunden. Ich gönne es dir, wirklich… du hast es verdient, Sasuke, und eigentlich steht es dir zu, nur meinetwegen geht es dir so dreckig… du musst jetzt hungern, dich durch diesen blöden Samstagjob in diesem blöden überheblichen Snobcafé ausnutzen lassen und in diesem winzigen Drecksloch mit wöchentlichen Überschwemmungen wohnen. Deswegen verlass mich. Dir wird es bestimmt besser gehen, das ist schon sehr vernünftig. Und keiner wird dich dafür verurteilen.

-- Und was machst du dann? - fragte er kühl.

-- Keine Ahnung… mach dir keine Sorgen, ich überlege was. Vielleicht werde ich Drogen verkaufen oder Prostitution betreiben. Ich bin noch nicht so ganz benutzt, also finde ich bestimmt irgendwelche verzweifelte Kunden…

-- Schwachkopf! - schrie er mich an, haute mich in die Schulter und legte meinen Kopf weg von seinem Schoß, - und was ist mit deinem Versprechen, dass wir es die nächsten zwei bis drei Jahren hinkriegen und nicht auseinander gehen?

-- Dann kann ich es wohl nicht halten… siehst du, ich lüge dich an und dazu bin ich noch eine Riesenbelastung. Schmeiß mich lieber weg. Ist okay, wirklich…

-- Ey, so ein Schwachkopf bist du! Du redest Unsinn. Hör damit auf.
 

Er ließ mich liegen und machte sich stumm ans Kochen ran. Er zauberte ein wirklich leckeres Abendessen für uns, während ich bewegungslos auf dem Fußboden lag. Dann deckte er für uns direkt auf dem Boden und stellte mir den Teller mit der Suppe direkt vor der Nase. Ich pickste mit den Stäbchen in die schönen Toppings und wühlte in den Nudeln rum. Die Suppe war so wohlriechend! Mir lief Wasser im Mund zusammen. Aber irgendwie dachte ich, dass ich nichts davon abbekommen darf. Ich ließ schlussendlich alles auf dem Teller. Sasuke sagte wieder nichts, räumte alles weg und machte den Abwasch. Und ich lag weiterhin bewegungslos auf dem Fußboden. Nachdem er fertig war, setzte er sich zu mir und sammelte mich wortlos auf seinem Schoß zusammen. Ich schmiegte mich hilflos und ziemlich passiv an ihn ran. Er roch angenehm, mein Sasuke… wir verbrachten den Abend umarmt. Er streichelte nachdenklich meine Haare, blätterte dabei durch seine Schulunterlagen durch und murmelte sich was dabei. Es erinnerte mich daran, wie wir damals tagelang kuschelten. Ich schloss meine Augen und stellte mir vor, wir wären wieder 16 und saßen auf der Couch in meiner damaligen Wohnung. Es würden überall dreckige Anziehsachen liegen… in der Küche würde ein Abwaschberg stehen… keine hätte seit einem Monat Staub gewischt… und wir waren in diesem Chaos trotzdem so glücklich! Wir beide hatten damals eine sinnvolle Beschäftigung, keine Geldsorgen, eine schöne Wohnung und stets gutes Essen. Für alles war schon gesorgt und wir mussten nur unsere mickrigen sechszehnjährigen Probleme bewältigen… ich wollte zurück in diese Zeit.
 

Abends rollte er unsere Betten aus und, nachdem ich umgezogen war, kollabierte ich einfach darein. Er räumte noch ein paar auf dem Fußboden liegenden Sachen in den Schrank, putzte sich die Zähne, legte sich ins Bett und schlief direkt ein. Und lag schlaflos da. Und ungefähr nach einer Stunde brach ich leise zusammen. Sasuke wurde dadurch wach und umarmte mich zärtlich, während ich stumm heulte.
 

-- Naruto, komm… nicht weinen…

-- Was soll ich den sonst tun?! Ich weiß, dass weinen nicht hilft. Aber Nichtweinen hilft auch nicht! Ich mach schon so viel und flieg immer wieder auf die Fresse! Ich hab es so satt, weiß du?! Ja, ich hab halt keinen guten Schulabschluss, aber verdammt! Eine Anstellung darf doch nicht nur allein am Schulabschluss liegen! Irgendwie bin ich ein Versager und die Leute merken es mir an, oder wie? Fakt ist, dass keiner mich haben will!!

-- Ich will dich haben… - sagte er leise.

-- Toll! Damit werde ich nicht bezahlt! Du weißt doch, wie ich es meine…

-- Ja, und trotzdem sag ich dir, dass du mein Schatz bist.

-- Ja-ja… - erwiderte ich genervt, - dafür gibt es immer noch kein Gehalt…

-- Naruto, bitte hör mir zu. Gib dich selbst nicht auf. Denn… - er legte eine Pause.

-- Was "denn"?! - plapperte ich ihm genervt nach.

-- Denn… ich brauche dich, - ich guckte ihn mit Verdacht an und er fuhr fort, - ich meine es wirklich. Ich brauche dich, sonst kann ich nicht völlig gesund im Kopf bleiben.
 

Er hängt immer noch an mir, warum auch immer. Mit 15 wurde ich zu seinem Retter und jetzt ist von diesem Heldentum nur eine graue hässliche Asche übrig. Von seinem Held mutierte ich zu einem ekligen Parasit, welcher auf ihn komplett angewiesen ist. Ich bin nicht mehr das Einzige, worauf er sich hundertprozentig verlassen kann… jetzt braucht er weder mich noch meine Hilfe. Im Grunde lügt er mich also ziemlich unverschämt an…
 

-- So ein Quatsch! - spuckte ich genervt aus.

-- Wir beide wissen, dass ich bereits an dem Punkt war, wo ich ohne dich ernsthaft mein Leben beenden würde, also kann es kein Quatsch sein.

-- Es ist schon zu lange her. Jetzt würdest du bestimmt ohne mich zurechtkommen.
 

Er seufzte schwer. Wir beide wussten, dass es stimmt. Die Tatsache, dass ich ihm damals geholfen hatte, kann diese neue Tatsache einfach nicht überschreiben. Seine Einwände waren alle. Er näherte sich mir an, umarmte meinen Rücken und drücke mich fest an sich.
 

-- Naruto, reiß dich bitte noch ein kleines wenig zusammen. Wenn nicht dir selbst zuliebe, dann mir zuliebe. Du konntest schon immer meine Belangen über deine eigenen stellen, du Usuratonkachi. Du bist weder dumm noch nutzlos. Du bist ein kleiner Sonnenschein in der Dunkelheit. Und es macht dich so schön… - wisperte er mir ins Ohr.

-- Tja, während der letzten acht Monaten sehe ich besonders schön aus, ne? - warf ich sarkastisch und drehte mich zu ihm um. Dabei presste ich meine Stirn auf seine und grinste ihn spöttisch an, - guck in diese fröhliche Fresse mit schwarzen Augenringen rein! Schönstes Gesicht seit dem Anfang des Universums!

-- Komm, hör auf, - er räumte mich zur Seite, - wir wissen beide, dass die jetzige Situation eine riesengroße Scheiße ist, und ich kann es jetzt nicht schönreden. Aber dein Leiden ist nicht umsonst und er zahlt sich am Ende aus. Bitte glaub mir und mach einfach weiter. Ich werde dir solange helfen, bis du meine Hilfe nicht mehr brauchst. Und irgendwann wird dieser Zeitpunkt kommen. Und dann kannst du uns einen leckeren Ramen spendieren, okay? Aber erstmal helfe ich dir. Dafür bin ich schließlich da. Damit du nicht allein bist.

-- Sasuke… du…
 

Ich fing an zu weinen und schmiegte mich an ihn ran.
 

-- Ich will doch auch, dass es vorbei ist, - sagte er leise, - ich will, dass du wieder du bist… dass du wieder deine dummen Comics mit dem üblen Slapstickhumor schreibst… dass du dich über einen Instant-Ramen aufrichtig freuen kannst… dass du mich zu Manga-Cons um 4 Uhr morgens schleppst und ich mich darüber aufregen kann… dass du mich wieder mal ärgerst und ich meine fiesen Sprüche ablassen kann… ich erkenne dich nicht mehr… deine Augen sind trübe und gucken sehr verbittert und rau. Wo ist mein Naru-chan? Mein kleiner Sonnenschein…

-- Ich weiß es nicht… er mutierte zum Parasit, fühlt sich nutzlos und ist innerlich ein wenig kaputt.

-- Achhh, - er seufzte, - bis du den Job hast, wird sich vermutlich nichts ändern. Ich frag nochmal rum und halte noch mehr Ausschau nach den Stellenanzeigen.

-- Aaaa…

-- Wir schaffen es schon.

-- Dass ausgerechnet du dir so sicher bist… du hast keine Ahnung, wie es ausgeht. Es liegt nicht an dir. Also kannst du jetzt nichts behaupten.

-- Ich weiß, aber ich hab so ein Gefühl.

-- Toll! Davon werde ich ebenfalls nicht bezahlt… ich bin sehr anstrengend, ne?

-- Ein bisschen, - eine seine Augenbrauen hob sich hoch und er lächelte müde.

-- Ich wusste… - ich lächelte ihn zurück und küsste ihn, - danke, dass du immer noch zu mir hältst, und noch nicht abgehauen bist.

-- Wir wollten noch die nächsten zwei bis drei Jahren zusammen sein und nicht auseinander gehen, weißt du noch? Es sind erst elf Monate vergangen, also haben wir noch ein bisschen was vor uns. Ich hau nicht ab, du hörst auf so deprimiert zu sein, dann passt es doch.
 

Ich schmunzelte. "Ich hau nicht ab, du hörst auf so deprimiert zu sein, dann passt es doch"… es klingt so schön einfach. Seine aufmunternde Rede tat mir gut. Dadurch erinnerte ich mich daran, dass ich Naruto Uzumaki bin, und dass ich eigentlich nicht feinfühlig genug bin, dass ein Misserfolg (oder halt eine ganze Reihe von Misserfolgen) mich aus der Bahn wirft. Ich beschloss, dass ich auf Sasukes Gefühl einfach mal blind vertraue. Ich hatte eh keine besser Option als das, also warum nicht? Und tatsächlich hatten er und sein Bauchgefühl recht. Nach einer Woche bekam ich eine Stelle im nächstgelegenen Supermarkt durch einen puren Zufall. Zwei Kassiererinnen unterhielten sich darüber, dass sie eine neue Regaleinräumkraft suchen müssen, und ich mischte mich spontan ein. Es war um die Mittagszeit und es gab nicht so viele Kunden, sodass sich die zwei ein wenig mit mir unterhalten konnten. Eine Frau war blond und hatte große braune Augen. Sie sah erstaunlich jung aus, aber sie machte einen sehr kompetenten Eindruck. Und, ich muss sagen, dass sie erstaunlich gut aussehend war. Die andere hatte dunkle Haare und war definitiv ihrer Kollgein untergeordnet. Die Blonde übernahm ab irgendwann das Gespräch und die Dunkelhaarige bediente währenddessen die Kundschaft und hörte mit einem halben Ohr zu. Die Blonde sagte, dass ich gerne meine Bewerbung vorbeibringen kann, worauf ich sofort meinen Lebenslauf raushaute. Daraufhin überraschte ich die beiden zutiefst und sie lachten ein wenig darüber. Die Dunkelhaarige meinte scherzhaft, dass ich doch nicht so verzweifelt nach einem Job suche, dass ich sogar zum einkaufen einen Lebenslauf mitschleppe. Woraufhin ich meinte: "ja, genauso ist es. Ich suche seit acht Monaten verzweifelt nach einem Job und mein Freund und ich müssen deswegen seit acht Monaten hungern. Und jede Nacht bete ich zu den Göttern, dass ich diesmal bitte angenommen werde". Dies ließ die beiden sprachlos.
 

-- Kind, wie heißt du, sag mal? - wendete sich die Blonde an mich.

-- Uzumaki, Naruto.

-- Naruto also… Naru-chan, dann hört deine Suche somit auf. Du arbeitest ab Montag hier. Ich kümmere mich darum, dass du bei uns angestellt wirst.

-- Wie jetzt? - ich war leicht überfordert, - ist es so einfach?

-- Nein, eigentlich nicht. Aber du siehst so aus, als ob du den Job sehr nötig hättest, du tust mir aufrichtig leid und ich finde, dass deine Anstrengungen belohnt werden sollten. Mein Neffe ist ungefähr so alt wie du, aber er macht sich gar keine Mühe unabhängig zu werden, und weigert sich sogar Jobs anzunehmen, die die Verwandtschaft für ihn organisiert, und du scheinst so eifrig dafür zu kämpfen… deine Eltern sind bestimmt stolz auf dich, ne?

-- Ääääähm… nicht wirklich, nein, - die braune Augen der Blonden drückten ein Hauch von Empörung aus, - weil ich… ääähm… ein Waisenkind bin.

-- Ach du meine Güte, das auch noch, - sagte sie nachdenklich, - ich mag dich, Naru-chan. Ich bin übrigens Tsunade, die Leiterin dieser Filiale, und das ist Shizune-san, meine Stellvertretung.

-- Freut mich Sie kennenzulernen. Oh, und ihr macht tatsächlich Kassendienst? - ich wusste gar nicht, dass die Filialeleitung sowas überhaupt machen muss.

-- Ja, bei uns ist alles ziemlich simpel und alle sind miteinander per du. Du darfst mich auch duzen, wenn du magst. Nur Papierkram ist anstrengend, aber das ist überall so, mach dir keinen Kopf deswegen. Ab Montag gehörst du offiziell dazu. Willkommen in die Supermarktkette Konoha, Filiale 12706.
 

Ich verließ den Laden mit einem Wocheneinkauf und einem Job dazu. Ich war leicht überfordert und glaubte dem Geschehenen immer noch nicht. Erst abends realisierte ich es vollständig und die positiven Emotionen überwältigten mich. Als Sasuke nach Hause kam, warf ich mich auf ihn und teilte ihm die Neuigkeit mit. Er grinste verschwörerisch, tauchte in die Tiefen des Kleiderschranks ein und fischte daraus eine Flasche Wein. Wir feierten tatsächlich einen Aushilftsjob in einem Supermarkt, und es war so dermaßen lächerlich. Aber es war uns egal. Für mich fühlte sich diese Anstellung wie ein Riesenerfolg an und Sasuke sah es nicht anders. Und damit war die heiße Phase tatsächlich vorbei.
 

Nach dem Ganzen überzeugte ich mich, dass meine Überlebensstrategie im Grunde gar nicht so falsch ist. Manchmal werden Anstrengungen nicht belohnt. Aber es heißt nicht, dass man deswegen komplett aufgeben muss, denn diese Alternative ist eh zum Scheitern verurteilt. Aber noch eins wurde mir klar: ich muss nicht alles allein bewerkstelligen können. Manchmal braucht man einen guten alten Freund wie Sasuke, der einen aufbaut, oder einfach nur einfühlsame Menschen, wie Tsunade-Obaachan (obwohl sie wie 25 aussah, war sie tatsächlich 53, was ziemlich gruselig war. Deswegen nannte ich sie Obaachan), um sich herum. Dann klappt alles. Und ein wenig Glück gehört auch dazu. Ja, ein bisschen Glück schadet sicher nie…



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Scorbion1984
2018-03-19T12:38:10+00:00 19.03.2018 13:38
Toll das er endlich einen Job bekommen hat ,er war aber auch schon ziemlich weit am Boden !
Nun hatte Sasuke die Chance etwas für ihn zu tun ,was er aber auch super gemacht hat !
Von:  Onlyknow3
2018-03-19T11:00:43+00:00 19.03.2018 12:00
Starkes Kapitel, hier ist Naruto so selbstkritisch und verzweifelt dazu.
Das es nicht leicht ist einen Job zu finden, hätte Naruto klar sein müssen.
Jetzt kann er Sasuke unterstützen und auch etwas zu Haushaltsgeld bei steuern.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  lula-chan
2018-03-18T22:35:48+00:00 18.03.2018 23:35
Schönes Kapitel. Sehr gut geschrieben.
Das Leben läuft eben nicht immer gut, aber irgendwann ist auch diese Phase vorbei. Wichtig ist nur, dass man zusammenhält und sich nicht unterkriegen lässt.
Ein interessantes Vorstellungsgespräch. *lach* So kann's gehen. Narutos Anstrengungen haben sich auf jeden Fall bewährt.
Ich bin schon gespannt, was Sasuke und Naruto im nächsten Jahr erwartet, und freue mich auf das nächste Kapitel.

LG


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