Zum Inhalt der Seite

Klassenausflug

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 3

Ven stand auf dem Schwebebalken, seinen Kendostock in Verteidigungshaltung und parierte die Schläge von Terra. Dieser trat mit jedem Schlag einen Schritt vor und Ven einen zurück. Dann spürte der Blonde unter seine Ferse keinen Widerstand mehr. Schnell drehte er sich zur Seite und sprang mit einem Salto auf die Matte. Er landete auf den Füßen und machte zwei Schritte vorwärts, dabei sah er über die Schulter. Terra sprang mit angewinkelten Knien hinterher. Schnell drehte Ven sich wieder nach vorne und setzte zu einem Sprint an, als er aus dem Augenwinkel Aqua an der Musikanlage sah. Sie drehte die Lautstärke herunter und kam dann mit Xion in ihre Richtung.

„Wie laut wollt ihr die Musik denn noch machen?“, fragte die Blauhaarige. Terra lachte und nahm von Ven den Kendostock entgegen. Er stellte sie in die Halterung zurück und folgte dem Blonden dann zu der Bank, wo ihre Trinkflaschen standen. „Ist doch eh keiner da.“, sagte Terra und wischte sich mit einem Handtuch über das Gesicht. Neidisch schaute Ven ihm dabei zu. Er hatte sein Handtuch vergessen. Also wischte er sich das Gesicht schnell mit seinem eigenen Shirt ab.

„Hab‘ ich dich so aufgeheizt, dass du dich ausziehen musst?“, grinste Terra mit der Wasserflasche am Mund. Schockiert riss der Blonde die Augen auf und schlug ihm gegen die Brust. Terra verschluckte sich und musste gleichzeitig lachen und husten. „Er versucht doch nur, die Mädels vor dir aufzureißen.“, grinste Xion. Die beiden Jungen schauten sie fragend an und sie deutete unauffällig auf die Galerie. Sie schauten nach oben und sahen mehrere Personen am Geländer stehen.

Ven erkannte seinen Bruder sofort. Zaghaft hob er die Hand und winkte kurz. „Ist das dein Bruder?“, fragte Xion, „Welcher denn?“ Terra grinste schief. „Der Große mit den roten Haaren.“ Verblüfft drehte die Schwarzhaarige sich um. „Ich dachte, du wärst ein Zwilling?“ Terras Grinsen wurde breiter. Sie schaute irritiert wieder auf die Galerie und sah einen blonden Jungen neben dem Rothaarigen zurückwinken. „Hä?“, machte sie intelligent, „Müsste das nicht dein Bruder sein?“ Ven lächelte leicht, als Terra versuchte, sein breites Grinsen hinter der Flasche zu verstecken. Aqua war diejenige, die sich erbarmte. „Ja, Xion. Der Blonde ist sein Bruder und sie sind Zwillinge. Terra hat nur wieder seinen lustigen heute.“

Ven trank seine Flasche zur Hälfte aus, während Xion sich mit Terra kabbelte. Dann sagte er zu Aqua: „Ich geh mal Hallo sagen.“ Mit der Flasche in der Hand schritt er Richtung Ausgang. Dabei schaute er hinauf zu seinem Bruder, zeigte erst auf sich und dann nach oben. Roxas nickte. Schnell ging Ven zur Treppe und übersprang beim Hinaufsteigen jede zweite Stufe.

Oben befand sich neben Roxas und Axel auch noch Sora und ein paar Jungs, die er nicht kannte. „Hey.“, grüßte er und schloss seinen Bruder kurz in die Arme. „Ven! Wir sind hier! Bei dir!“, rief Roxas fröhlich aus. Ven grinste nur müde. „Offensichtlich.“ „Hast du das gewusst?“ Ven nickte. „Ich habe die Schilder mit an die Türen gehängt.“ „Warum hast du mir nichts erzählt?“ „Wäre es dann noch eine Überraschung gewesen?“ Roxas schüttelte den Kopf. „Deswegen hast du so oft nachgefragt, wo wir sind und das alles?“, fragte er. Nun musste Ven etwas grinsen. „Ja. Wir mussten doch abpassen, wann ihr ankommt, damit wir schon da sind.“

Nun begann Roxas zu erzählen, wie die Busfahrt war. Ven schaute sich auf der Galerie um. Es wuselten einige Personen über die Gänge. Er erkannte lediglich einen großen Jungen mit blonden Haaren. Den Namen hatte er allerdings vergessen. Er kam auf sie zu. „Axel. Kommst du? Zexion ist mit der Bettaufteilung nicht einverstanden.“ Axel stieß sich vom Geländer ab und ging mit einem kurzen Gruß. Die anderen in ihrer Nähe waren auch verschwunden. So waren die beiden Brüder alleine.

„Suchst du wen?“, fragte Roxas plötzlich. Langsam schüttelte Ven den Kopf. „Nein.“ Roxas stützte sich am Geländer auf und schaute seinen Bruder energisch an. „Doch, du schaust dich immer um.“ „Ich werde ja wohl gucken dürfen.“ Roxas zuckte mit den Schultern. „Klar… aber du suchst doch jemanden.“ Ven schaute nun auf den Boden. Er wusste genau, wen Roxas mit jemanden meinte. Sein Bruder sah ihn abwartend an, aber Ven drehte lediglich die Flasche in seinen Händen und sah zu Boden. Also machte Roxas Nägel mit Köpfen. „Du guckst doch, ob du Vanitas siehst.“ Schnell schüttelte Ven den Kopf. „Gar nicht.“ Aber er wusste, dass sein Bruder ihm nicht glauben würde.

Deswegen hob er auch gar nicht den Kopf, um zu sehen, wie sein Bruder reagierte. „Hey, hör mal.“, sagte Roxas, „Mir ist das egal, auf wen du stehst, aber du solltest nicht an Vanitas festhalten. Wie lange habt ihr jetzt nicht mehr geschrieben? Fünf Monate?“ „Vier.“, korrigierte Ven ganz automatisch. „Du zählst ja sogar noch die Tage.“ Ven zuckte mit den Schultern. „Du klingst wie Terra. Es reicht, wenn einer so redet.“ „Aber ich bin dein Bruder, ich will doch nur dein Bestes.“ „Und Terra ist mein bester Freund und will auch nur mein Bestes. Das ist meine Sache.“ „Ich kann doch nicht zusehen, wie du dich kaputt machst.“ „Ich mach mich nicht kaputt. Lass mich doch.“ Ven lief einige Schritte Richtung Treppe, dann drehte er sich aber noch einmal um. „Wir sehen uns morgen, ich habe Kurs.“

Ven ging schnell die Treppe hinunter und direkt in die Umkleiden. Er wollte nicht über sein Liebesleben reden, mit niemanden. Alle sagten ihm, dass er aufhören sollte. Aber man konnte genauso sagen, hör doch einfach auf dich vor Spinnen zu fürchten. Es war ja nicht so, dass er nicht selber auch schon gedachte hatte, dass es dumm war, immer noch Gefühle für Vanitas zu hegen. Aber er konnte irgendwie nicht anders. Er hatte sogar bewusst andere Jungs abgecheckt, aber immer hatte er sie sofort mit dem Schwarzhaarigen verglichen. Es kam ganz automatisch. In seinen Nachrichtenverlauf schaute er auch nicht mehr, er hatte ja keine Antwort bekommen und wenn er eine hätte, hätte sein Handy ihn darauf aufmerksam gemacht. Aber trotzdem… trotzdem war dieses einsame „Hey.“ Immer präsent, trotzdem dachte er ständig an ihn. Vanitas war anhänglich gewesen, liebevoll. Ihre Beziehung war von Anfang an überwiegend körperlich, aber er hatte sich geborgen gefühlt, geliebt und begehrt. Und das, obwohl er so schüchtern und unnahbar war normalerweise. Er würde sich auch heute niemals trauen, jemanden anzusprechen. Terra sagte ihm öfter, dass er doch ganz gut aussah und es bestimmt den einen oder anderen Typen gab, der ihn interessant fand. Aber sein Herz meinte dennoch, nö, wir bleiben bei Vanitas. Ven hatte für sich festgestellt, dass er dunkle Haare bevorzugte. Was dafür sorgte, dass er wieder alle mit Vanitas verglich. Ein Teufelskreis.

In der Umkleide setzte er sich auf eine Bank und wickelte die Bandagen von seinen Füßen. Roxas regte ihn auf. Er freute sich, seinen Bruder jetzt öfter sehen zu können, aber dass er gleich mit Vanitas anfing. Nur weil er sich umgesehen hatte, wer da alles die nächste Woche durch das Dojo laufen würde. Er mochte sich selbst nicht eingestehen, dass er wirklich nach dem Schwarzhaarigen Ausschau gehalten hatte, aber er hatte ihn nicht gesehen. Es ärgerte ihn etwas. Er hatte die letzten Monate wirklich hart trainiert. Seine Arm- und Beinmuskeln waren definiert, er hatte natürlich nicht die Muskelberge wie Terra, dafür war er gar nicht der Typ, aber man konnte deutlich sehen, dass er im Training war. Und er hatte ein Sixpack, wer konnte das schon von sich behaupten?  Er hätte Vanitas gerne unter die Nase gerieben, was ihm entging.

Zu seiner Schande musste er sich eingestehen, dass sofort wieder mit Vanitas eine Beziehung führen würde, wenn dieser ankäme. Dafür hasste er sich. Er hatte einfach kein Rückgrat. Wütend warf er die Bandagen in seine Tasche, ohne sie aufzuwickeln. Morgen würde er sich ärgern, aber er hatte dazu keine Nerven mehr. Er zog seine Sportsachen aus und seine Straßenklamotten wieder an. Als Ven seine Tasche schulterte, überlegte er noch kurz, ob er sich bei seinen Freunden verabschieden sollte. Aber dann müsste er wieder in die Halle gehen und dann traf er vielleicht wieder seinen Bruder oder, noch schlimmer, auf Vanitas. So ging er lieber gleich nach Hause.

Er schritt aus der Umkleide und trat durch die kleine Eingangshalle. Ven blieb stehen, sein Herz machte einen Hüpfer. Hatte er jetzt Glück und einfach unsagbar riesiges Pech? In der Eingangshalle gab es einen kleinen Beistelltisch mit Prospekten und einigen Stühlen und genau auf diesen Stühlen saßen Vanitas und ein paar andere, die er nicht kannte. Okay, Ven, sagte er sich, du gehst jetzt einfach an ihm vorbei. Er straffte die Schultern und ging zügig durch die Halle. Sie war nur fünf Meter lang, da konnte dieser Gang nur einige Sekunden dauern. Aber das Schicksal sagte, dass er Pech haben sollte. Einer der Jungen, ein großer Typ mit langen, rosafarbenen Haaren, sprach ihn an.

„Hey, du warst doch vorhin in der Halle am Kämpfen.“, sagte der Typ. Ven blieb stehen. „Ja, und?“, antwortete der Blonde. Er war über sich selbst erstaunt, wie aggressiv es klang. Seine angestaute Wut musste größer sein, als er gedacht hatte. Er warf einen kurzen Blick auf Vanitas, aber dieser beobachtete die Situation ziemlich ausdruckslos. „Wir haben das gesehen. Das sah echt cool aus. Vanitas meinte, du bist der Bruder von Roxas.“, sagte er Rosahaarige weiter. Ven nickte. Vanitas hatte ihn also doch gesehen und sich verzogen, bevor Ven nach oben gegangen war. „Ja, Roxas ist mein Bruder.“, schloss er noch an. Der Typ nickte verstehend und die anderen machten ebenfalls anerkennende Kommentare über seinen Kampfstil. Ven bedankte sich und ging dann nach draußen.

Er musste sich anhalten, nicht schneller zu werden. Langsam, Ven, langsam, du bist nicht auf der Flucht. Das hier ist deine Stadt, dein Territorium. Er würde sich jetzt nicht die Blöße geben und weghechten, dass die anderen Gott weiß war denken würden. Als er um die Ecke war, atmete er tief aus. Er hatte es geschafft. Vanitas hatte ihn also gesehen. Ein Lächeln flog um seine Lippen, er hatte ihn gesehen. Er hatte gesehen, was er draufhatte. Ven wusste zwar nicht, wie lange Vanitas zugesehen hatte, aber die anderen hatten es cool gefunden, also war es wohl schon etwas länger gewesen. Vielleicht hatte er sogar sein Sixpack gesehen. Er hatte sich eigentlich gar nichts dabei gedacht, als er sich das Gesicht mit seinem Shirt abgewischt hatte. Jetzt fand er die Aktion gar nicht mehr so schlecht. Mit wieder deutlich besserer Laune lief er nach Hause.

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück