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♥ Mit den Waffen einer Frau ♥

MamorU ♥ UsagI
von

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Verhärtete Fronten

Als sie die Küche betrat, fehlte von Mamoru weit und breit jede Spur. Nanu? So schnell konnte sie nicht schauen, geschweige denn reagieren, als sein Kopf auf ein Mal über der winzigen Kücheninsel erschien. Meine Güte! Beide Hände über dem Herzen gedrückt, verkniff sie es sich lauthals aufzuschreien. „Du hättest mich fast zu Tode erschreckt!“ „Oh! Das tut mir aber leid!“ Lügner! Anhand seiner gekräuselten Lippen wusste sie, dass es ihm ganz sicher nicht leid tat. Ganz im Gegensatz schien er ganz amüsiert. „Du bist doof! Weist du das!“ Total theatralisch faltete er seine Hände als würde er beten. „Meine liebste Usagi kannst du mir jemals verzeihen, dass ich dich nicht wissend und ganz sicher nicht vorsätzlich erschrecken wollte?!“
 

Inzwischen war sie neben ihm getreten und schwang sich sogleich mit dem Hintern hoch auf die Ablagefläche um ihm dabei zuzusehen, wie er die beiden Tiefkühlpizzen in den Ofen schob. Als er sich versichert hatte, dass er die Temperatur richtig eingestellt hatte, drehte er sich zu ihr. Lächelnd streckte er die Hand nach ihr aus. Sie lies sich von ihm von ihrem recht unbequemen Sitzplatz ziehen, doch er lies es dabei nicht bewenden. Mit einer schwungvollen Bewegung zog er sie an sich und setzte zu einem Kuss an, bei dem ihr sogleich die Luft weg blieb. Holla die Waldfee, aber er lies ihr keine Zeit sich darüber irgendwelche Gedanken zu machen. Sie schmeckte köstlich, roch so verdammt gut und hatte außerdem dieses uralte Ding von einem Schmuddeloutfit an, bei dessen Anblick ihm die Knie weich wurden. Er konzentrierte sich nicht darauf, wie in den vergangenen Wochen ihren Körper zu ertasten, sondern einzig und allein auf ihr bildschönes Gesicht, ihren warmen und vollen Mund, ihr Haar, in welches er seine Hände vergrub um sie damit noch näher an sich zu ziehen.
 

Sie meinte sich vom hier und jetzt in irgendeinen dieser schnulzigen Lovestorys katapultiert worden zu sein, aber dem war nicht so. Seine Hände, die ihr durch die Strähnchen fuhren, dann ihr Gesicht streichelten und als sie kurz blinzelte fiel ihr auf, dass er während er sie voller Leidenschaft küsste, sie ununterbrochen ansah, mit einer Intensität, als könnte er in die tiefen ihrer Seele blicken. In seinen Augen spiegelten sich zeitgleich alle erdenklichen Emotionen wieder. Allen voran aber dieser unübersehbare Funken der ihr zeigte, dass dieser starke Mann dennoch verletzbar war. In Momenten wie diesen, zerfiel die Fassade die er tagtäglich selbstbewusst zur Schau stellte, über welche er jedoch niemals offen mit ihr sprach. Plötzlich aber veränderte sich das Szenario. Seine Augen schimmerten bedrohlich dunkel, so als würde sie bei Nacht in einen sonst so klaren blauen See blicken, der sich ihr nun von seiner gefährlichen, gebieterischen Seite zeigte und damit drohte sie bei lebendigem Leibe in die Tiefe zu ziehen. Seine Zunge eroberte jeden noch so kleinen Winkel ihres Mundes. Mit dem Daumen fuhr er ihr hinter das Ohr und sie erschauderte, nur damit er ihr in Folge dessen zärtlich entlang der wild pochenden Halsschlagader strich. Ihre Knie gaben nach, aber darauf schien er vorbereitet. Mit nur einer dezenten Bewegung stütze er sie mit seinem ganzen Körper, indem er sie rückwärts schob und an die kühle Wand drückte. Er berührte keine einzige verbotene Körperpartie und doch fühlte es sich so an als hätte er das Diagramm aller nicht auf Anhieb zu entdeckenden erogenen Zonen ihres Körpers verinnerlicht. Es machte sie schwindelig. Er machte sie schwindelig, erregt und vollkommen verrückt zugleich.
 

Mamoru fühlte das vibrieren ihres Körpers an dem Seinen, spürte ihre Lust die wie Feuer auf ihn übersprang und sich wie ein Flächenbrand auf dem Trockenen ausbreitete und entließ sie schweren Herzens. Nach diesem allesverzehrenden Kuss lehnte er seine Stirn gegen die ihre und sah ihr tief in die Augen. „Du gehörst zu mir Usagi!“ Unfähig irgendetwas zu sagen nickte sie. Noch immer sah sie alles doppelt und dreifach, zumal sie alle verfügbaren Gehirnzellen mobilisierte um ansatzweise klar denken zu können. Die Worte die er ihr mit rauer Stimme an die Lippen hauchte strotzen nur so von männlicher Arroganz, die eine Frau daran erinnern sollten, wem sie gehörte, zu wem sie gehörte und waren gleichermaßen besitzergreifend als auch mit einer Fülle von Liebe ausgesprochen worden, sodass sie ihm in diesem Augenblick am liebsten mit dem nächsten Kuss überfallen hätte um ihn zu zeigen, dass sie wortwörtlich ganz allein nur ihm gehörte und dass nicht nur ihr Herz und ihre Seele sondern jeder Quadratzentimeter ihres Körpers, der unter seinen Händen bebte, aber nein. Heute nicht. Nicht wenn sich Saori in dem angrenzenden Wohnzimmer befand. Sie hatte sich diese Schikane selbst beschert und obwohl sie sich zu eintausend Prozent sicher war, dass sie ihn an dieser Stelle, umgeben vom Stabmixer, der Küchenmaschine und seines heißgeliebten Kaffeevollautomaten in die Knie gezwungen hätte, musste sie sich ins Gedächtnis rufen, dass jetzt nicht der richtige Moment war, aber …
 

Vielleicht tat er es ausgerechnet deshalb, weil er ganz genau wusste, dass es ein Hindernis gab, welches alles Weitere verhindern würde, was ihre Frustration ins unermessliche steigerte. Sein Handeln war keinesfalls unüberlegt sondern zur Gänze eiskalt berechnend. „Die Pizza!“, sagte sie gerade heraus und überging diesen Kuss als hätte es ihn niemals gegeben. Sie kannte Mamoru nur zu gut und wusste deshalb um ihre Chancen auf ein Gespräch welches ihr zu Gunsten kam, würde es nicht geben. Mit einem verspielten Kuss auf die Nasenspitze wand er sich von ihr und ging schnellen Schrittes auf den Backofen zu. Bevor er ihn erreichte drehte er sich noch ein mal zu ihr. „Zieh dir bitte einen BH an!“, meinte er nun in vollkommen nüchterner Tonlage und griff an der Teekanne vorbei zum Küchentuch. Der Blickkontakt wurde somit unterbrochen und sie stand da wie versteinert.
 

Usagi Tsukino war nicht oft um Worte verlegen aber jetzt war einer dieser Momente. Schuldbewusst schielte sie an sich hinunter. Tatsächlich! In der Eile hatte sie ihn tatsächlich vergessen anzuziehen und einmal mehr bewunderte sie seine erhobene Haltung. Der Wahrscheinlichkeit nach konnte sie splitterfasernackt um ihn herumtänzeln und er würde dennoch ungerührt die Getränke vorbereiten. Es war zum Haareraufen und das wortwörtlich! Für ein Genie wie ihn war er verdammt schwer von Begriff, aber je genauer sie darüber nachdachte umso mehr wurde ihr klar, dass sie ihren Plan von Grund auf überdenken musste, denn vor ihr stand nicht ein Mann wie jeder andere auch. So viele Mädchen und Frauen hatten versucht ihn an sich zu binden und nicht wenige davon meinten ihn zu kennen. Sie gehörte zu ihnen, mit der Ausnahme, dass sie länger als drei Monate mit ihm zusammen war, viel länger, aber der Rest der Geschichte war der gleiche. Sie meinte ihn vom Grund auf zu kennen, zu wissen was er brauchte und was nicht, aber anhand seiner nicht vorhandenen Reaktionen, seines Verhaltens musste sie das Bild welches sie von Mamoru hatte in einen neuen vollkommen neuen Winkel rücken.
 

Die Frage war: Was unterschied sie von den unzähligen Kandidatinnen vor ihr, außer das Alter?! Richtig! Gar nichts, nur dass Mamoru in ihrer Beziehung derjenige war, der die Richtung vorgab und sie sich dem wiederstands- und vorbehaltlos beugte, da sie ihn immer für vollkommen hielt, was auch genau gesehen stimmte. Kurzweil spielte sie mit dem Gedanken, Saori dafür verantwortlich zu machen, aber sie wurde es leid jemand anderen für ihr nicht vorhandenes Sexualleben die Schuld in die Schuhe zu schieben, wo der Grund dessen ihr direkt gegenüber stand. Ihr kam der absurde aber dennoch nicht all zu abwegige Gedanke, dass er sich unter ihnen allen ausgerechnet sie ausgesucht hatte, weil sie leicht zu handhaben war. Ein hübsches, pragmatisches Auto mit Automatik anstatt dem grandiosen daneben mit dem umständlichen Schaltgetriebe.
 

Mamoru war im Gegensatz zu ihr perfekt und sogar das war untertrieben. Er war der beste Student seines Jahrgangs – in jedem Semester –, der gefragteste Assistenzarzt, von den Frauen und Mädchen gleichermaßen vergöttert, von den Professoren verehrt, in jedem Spendenprojekt seiner Universität der Ansprechpartner und Organisator, ehrenamtlicher Helfer in mindestens fünf gemeinnützigen Organisationen von denen sie wusste, wohlerzogen und höflich, in keiner – KEINER – noch so fragwürdigen Situation aus der Ruhe zu bringen und er hatte ein übermenschliches Bedürfnis es jedem – wirklich jedem – recht machen zu wollen, was er auch tat. Sie fragte sich ob es ihm in seinen Leben jemals passiert war, das er die Kontrolle über sein Handeln verlor und sich nur ein einziges Mal als der Mensch gab, der er tatsächlich war und sei es nur für einen Bruchteil einer Minute. Über Mamoru Chiba wurde nur in den höchsten Tönen gesprochen und ehe sie sich versah, tat sie etwas was sie sich seit jeher verkniffen hatte. Sie wollte den Menschen hinter dem Heiligenschein zum Vorschein bringen, denn so phantastisch er auch war, war er dennoch nicht Jesus. Sie hoffte zumindest, dass er es nicht war. Eine Stimme in ihrem inneren ermahnte sie es zu unterlassen, aber sie konnte ihr nicht gegenhalten. Es war ihre Sache ob sie einen BH trug! Es war ganz allein ihre Sache ob sie schlechte Noten schrieb!! Es war ihre Sache wenn sie ungehalten und impulsiv war und es wurde nun verdammt noch einmal an der Zeit ihm endlich Paroli zu bieten und das nicht nur als Spaß und Jux wie in den vergangenen Jahren, wo sie einander aufzogen, sondern auch in Dingen, in denen er seit immer haushoch überlegen war. Neben ihm betrachtete sie sein gesamter Freundeskreis als eine Unwürdige, aber sie selbst war sich würdig genug und das allein zählte. Er ging zum Kühlschrank, sah zwar, dass sie sich immer noch nicht vom Fleck wegbewegt hatte, aber ging nicht darauf ein. Usagi entschied sich für eine Schockbehandlung. Für mehr hatte sie die Zeit nicht.
 

Er öffnete die Kühlschranktür. „Das Essen wird bald fertig sein Usagi und ich bitte dich ehe du zurück ins Wohnzimmer gehst, dich umzuziehen!“ Sie konnte die Wut in ihrer Stimme kaum mehr unterdrücken, geschweige denn im Zaun zu halten. „Und ich bitte dich mir zu überlassen was ich tun und nicht tun werde! Du bist nicht mein Vater Mamoru und allmählich reicht es mir, dass du dir ständig und ungefragt das Recht herausnimmst um über mich zu bestimmen. Es wird dich zwar überraschen das zu hören, aber ich bin erwachsen genug um entscheiden zu können was ich anziehe und wenn ich nackt herumlaufen will, dann tue ich das auch!“
 

Plötzlich schlug er die Tür zu und fuhr herum. Sie hätte den Mund halten sollen, denn seine Augen funkelten vor Zorn. Ohne das sie es gewollt hätte, hatte sie sich mit voller Absicht in die legendäre Todeszone begeben. „Offensichtlich bist du kein bisschen erwachsen, denn eine Erwachsene, reife Person wäre um wenigstens ein bisschen mehr Haltung bemüht und würde nicht vor meinem Gast halb unbekleidet herumlaufen, was im übrigen nicht nur mit einer Erwachsenenhaltung etwas zu tun hat sondern auch mit Anstand, von dem ich bisher dachte, dass du wenigstens das ausreichend besitzt.“ Autsch!
 

Die Worte verließen seinen Mund, noch bevor er über sie nachgedacht hatte, aber sie hatte heute mehr als nur eine unsichtbare Grenze überschritten und auf eine einfache Bitte hin so kindisch zu reagieren empfand er, so sehr es ihn schmerzte dieses Wort für sie zu benutzen, unter jeglicher Würde. Es lag nicht an Saori, dass er ihr all das ausgerechnet jetzt gegen den Kopf warf und seiner angestauten Wut Sprache verlieh sondern einzig und allein an ihr. Sie hatte sich in den letzten paar Wochen verändert und zwar so sehr, dass er sich nicht mehr sicher war ob er die Frau die gerade vor ihm stand überhaupt noch wiedererkannte. Wer auch immer ihr diese Flausen in den Kopf gesetzt hatte, sollte sich seiner schämen. Sie verhielt sich geradezu so wie von der Pubertät überrollt, die sie definitiv Jahre zuvor hinter sich gelassen hatte und ausgerechnet dieses Wochenende fand das Seminar statt, zu dem er sie eingeladen hatte ihn zu begleiten. Sollte er es bereuen sie überhaupt dazu eingeladen zu haben?! Er hoffte inständig auf das Gegenteil, denn dafür, seine Einladung wieder rückgängig zu machen war es zu spät, denn er wollte und konnte sie nicht so sehr verletzten. Das was er ihr jedoch sagte, war nicht dazu gedacht ihr weh zu tun, sondern damit sie die Augen öffnete für die Dinge, für die sie anscheinend blind geworden war.
 

Fassungslos starrte sie ihn an, unfähig auch nur ein einen einzigen Laut zu formulieren. An ihren weiß hervortretenden Fingerknöcheln, die sich verkrampft in die Sweathose krallten, waren Zeuge davon, dass er sie vollkommen aus der Fassung gebracht hatte und augenblicklich taten ihn seinen Worte unendlich leid, aber so gerne es auch getan hätte, konnte er jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Einmal musste Klartext gesprochen werden und deshalb lud er nach und schoss ungerührt auf sie, zwar nicht laut aber umso tödlicher. „Du willst von mir wie eine Erwachsene behandelt werden!?“ Er bekam keine Antwort, doch das hinderte ihn nicht daran weiter zu sprechen. „Bitteschön! Ich werde dich wie eine Erwachsene behandeln wenn du dich auch wie eine solche verhältst und der erste Schritt dorthin ist mein Schlafzimmer in dem du dir ungestört einen BH anziehen kannst!“
 

In Usagis Brust brannte der Schmerz wie Feuer und dennoch hielt sie seinen eisigen Blick stand. Sie würde einen Teufel tun und vor ihm in Tränen ausbrechen. Damit würde sie ihm nur ihre Schwäche eingestehen und ihm den Sieg bestätigen, den sie um jeden Preis verhindern wollte. „Es tut mir ja unendlich leid dir das sagen zu müssen, aber nicht jeder ist so abscheulich perfekt wie du?!“, spuckte sie ihm die Worte entgegen ohne dabei laut zu werden. Sie erkannte ihre eigene Stimme kaum wieder, die nur so vor Verachtung strotze.
 

Damit hatte Mamoru am allerwenigsten gerechnet. Für einen kurzen unbedachten Moment entglitten ihm sämtliche Gesichtszüge, aber nicht für lange, denn er sammelte sich rasant schnell, was Usagis Herz mehr zusetzte als sie zugeben wollte. Er versuchte es vor ihr zu verstecken, aber sie ahnte, dass sie ihm den Wind aus den Segeln genommen hatte, zumindest ein bisschen, was besser war als gar nichts. Nach außen hin ungerührt machte sie weiter. „Wenn es für dich Erwachsen sein bedeutet seine Gefühle unter Felsgeröll zu vergraben, dann entschuldige ich mich nicht dafür nie erwachsen werden zu wollen!Wie kannst du nur so gleichgültig sein Mamoru?! Wo und wann hast du bloß dein Herz verloren?“, aber sie machte dadurch nichts besser und mehr denn je fühlte sie wie sie voneinander unaufhaltsam abdrifteten. Kein Anker hätte es mehr vermocht sie festzuhalten. Sie hielt dem eisigen blau seiner Augen entschieden stand, während ihr ihr eigener Herzschlag wie ein Vorschlaghammer in den Ohren dröhnte.
 

„Lass es mich nur noch einmal zusammenfassen!“, mit dem Zeigefinger deutete er anklagend auf sie. „Du meinst nur weil du nicht darauf achtest was du sagst und tust wonach dir beliebt, dass es Zeugnis davon gibt das nur du Gefühle besitzt?!“, schnaubte er verächtlich. Am liebsten hätte er sie geschüttelt und gefragt ob sie nicht sah was sie mit ihrem Verhalten seinen Gefühlen antat, aber er behielt es für sich. „Du die alles auf die leichte Schulter nimmt, nimmst doch am allerwenigsten die Gefühle anderer war! Für dich gibt es nur einen Aspekt, einen einzigen Blickwinkel und dieser ist einzig allein auf dich bezogen!“ Er wusste das es nicht stimmte. Tief in ihm drinnen wusste Mamoru, dass Usagi zu den gütigsten Menschen unter der Sonne war, aber eines stimmte, was er mit voller Absicht verallgemeinert hatte und zwar, dass sie auf seine Gefühle nicht mehr Rücksicht zu nehmen schien. Sie rieb ihm mit ihren Verhalten ihrer mangelnden Kleidungsstücken unter die Nase das er das was er sich wünschte nicht bekommen konnte und obendrein erwartete sie von ihm Saori – dem Menschen der ihn, so meinte er zu wissen, vollends verstand – aus seinen Leben zu schließen. Sie sagte es zwar nicht wortwörtlich aber der Kontext war eindeutig. Usagis Blick veränderte sich. Ihre Augen wurden ausdruckslos und leer. Das weiche Blau verhärtete sich zunehmend. „Mamoru du bist inzwischen so gut darin geworden, deine eigentlichen Emotionen zu verbergen, dass ich bezweifle, dass du überhaupt noch selber weißt was du empfindest!“ „Sonst noch was?!“, entgegnete er kühl. Pure Fassungslosigkeit blickte ihm entgegen. „Nur zu mach weiter!“, versetzte er provokant hinzu. „Sag was du sonst noch von mir hältst und eine Frage vorweg Usagi! Wenn du das was du sagst auch so meinst, dann sage mir bitteschön wieso du so lange mit mir zusammengeblieben bist?! Wie hast du es bloß mit einem gefühlskalten Menschen wie mir so lange aushalten und ertragen können und nur um meine Neugierde zu befriedigen. Wieso bist du dann immer noch hier?“ Er sah wie sie starr vor Angst wurde. „Das … Das ist jetzt nicht dein Ernst?!“
 

Der Adrenalinpegel in ihren Adern sackte in den Keller und hinterließ nichts weiter als Verzweiflung übrig. Über ihr brach soeben ihre kleine Welt zusammen, von der sie geglaubt hatte, dass nichts und niemand in der Lage wäre sie zu erschüttern. Das Gewitter, vor dem sie sich in Sicherheit gewogen dachte, durchbrach mit einem einzigen lauten Knall die meterdicken Wände und sie befanden sich mitten darin. „Oh doch Usa! Was willst du von mir?!“ „Ich … ich …-“ Die erste Energiewelle entlud sich über ihren Köpfen. Draußen hörten sie wie ein Donnerschlag dem anderen folgte, begleitet vom grauenhaften Klang heulenden Windes. Es war beinahe so, als hätten sich die Pforten der Hölle über ihnen geöffnet. Mit sperrangelweit aufgerissenen Türen, lächelte ihnen die Fratze des Teufels persönlich entgegen und stachelte sie dazu an es bis an die Spitze zu treiben, denn so oder so. Wer erst einmal die Büchse der Pandora geöffnet hatte, brachte es nicht mehr fertig sie unbeschadet wieder zu versiegeln und selbst danach würde sie Spuren auf den Seelen derjenigen hinterlassen, die es sich angemaßt hatten sie zu beherrschen. Sie hatten mit ihren ungewählten Worten viel mehr freigesetzt als sie es sich je zu erträumen gewagt hätten. Sie hatten nicht nur Berge zum Einsturz gebracht sondern ganze Schluchten aufgerissen und obwohl sie es fühlten, so dachte niemand von ihnen im entferntesten daran sich zurückzuziehen. Usagi nahm ihren ganzen Mut zusammen und trat ihm unter die Augen. Der Geruch von verbranntem Pizzateig stieg ihr in die Nase. Auge in Auge, von Angesicht zu Angesicht standen sie einander gegenüber.
 

„Du!“, fing sie an und bohrte ihm dabei ihren Zeigefinger zwischen die Rippen. Nicht einmal ein Wimpernzucken seinerseits, aber dadurch lies sie sich nicht mehr einschüchtern. Mr. Obercool mochte zwar denken, dass sie ihn nicht durchschaute, aber sie würde ihn recht schnell eines besseren belehren. Der nächste Schlag von ihr ging tief unter die Gürtellinie. „Du glaubst wohl, dass du der Größte bist, nur weil du dich alleine in der Welt herumschlagen musstest und daraus als Sieger herausgegangen bist, was dir aber noch lange kein Recht gibt, dass du mich unter deinen Scheffel stellen kannst. Viele Kinder haben ihre Eltern früh verloren und sind dennoch nicht so verkorkst wie du geworden. Ich besitze vielleicht nicht so viel Köpfchen wie du, auch nicht so viel Durchhaltevermögen, aber dafür so viel Herz, dass es für uns beide reicht. Was ich von dir will?!“ Sie senkte ihren Blick. „Bis eben wusste ich es noch … Jetzt allerdings frage ich mich selbst wieso ich hier bin!“ Sie hatte, so gerne sie ihm etwas an den Kopf geworfen hätte, nichts gegen ihn in der Hand, denn er war perfekt. Seine Freunde hatten Recht! Er hatte mit dem was er sagte recht. Sie war weder erwachsen noch seiner würdig und nun kam der Moment in dem er ihr freiwillig anbot zu gehen, aber sie wollte nichts weniger als das.
 

Als sie zaghaft zu ihm aufsah, lag auf seinen Lippen ein breites, berechnendes Lächeln, was jedoch seine Augen nicht miteinbezog. Sie spürte die Anspannung die es ihm kostete, vorzutäuschen, ihn nicht tief getroffen zu haben. Ihr war klar, dass er ihrem bohren in seiner Seele als bald als möglich ein Ende bereiten wollte indem er sich zuerst entschuldigte. Er konnte nichts dafür, denn so war er nun mal gestrickt. Zuvorkommend, höflich, das erste Mal heute ungehalten aber dennoch tief in seinem Herzen ein pragmatisch denkender Analytiker. Im Moment wog er das für und wieder ab und was folgen würde, war eine Entschuldigung seinerseits gepaart mit einer gehörigen Portion Charme mit dem er sie, sowie auch hunderte andere in Sekundenschnelle um den kleinen Finger wickeln konnte und genauso wie alle anderen auch war sie dagegen nicht gefeilt. Ihre innere Stimme flüsterte ihr leise und traurig ins Ohr. „Und noch eine Frau die denkt sie würde Mamoru Chiba kennen!“
 

Mamoru haderte mit sich, was er nun als nächstes tun würde. Inzwischen umschloss sie beide dichter, schwarzer Rauch, der sich unaufhaltsam seinen Weg durch die kleine Luftöffnung in der Ofentür hindurchqualmte. Flink drehte er an dem kleinen Rädchen hinter seinen Rücken um das Gerät auszuschalten. Er wunderte sich bereits wieso nicht der Feueralarm losgelöst worden war und das in seinen Wohnzimmer immer noch Saori saß, kam ihm erst jetzt in den Sinn. Noch eine Auseinandersetzung in nicht nur einer Stunde. Ihr persönlicher Rekord bisher, aber diesmal sprachen sie leise. So einschneidend und scharf ihre Worte waren, sprachen sie nichts desto trotz diskret leise. Es bestand nicht die Möglichkeit von ihr gehört worden zu sein, doch das war im Moment sein kleinstes Problem. Das weit aus größere Dilemma waren Usagis letzten Worte die in seinem Kopf, wie von Steinmauern -wiederhalten. Das erste Mal stritten sie sich in diesem Ausmaß. Ihre Vorwürfe, er sei ein gefühlskalter Egozentriker verpassten nicht seine Wirkung und bohrten sich tiefer in sein Herz als ihm lieb war. Dafür, dass er alles tun würde um sie nicht zu verlieren, benahm er sich wie der größte Hornochse auf der Welt. Er würde es ihr nicht verübeln können, wenn sie ihm von jetzt auf sofort gnadenlos den Rücken kehrte, aber sie blieb, wie er verwundert feststellen musste. Er hatte sie unterschätzt. Zu wievielten Mal in Folge?!! Einzig und allein schaffte er mit diesen Worten entgegenzuhalten, bevor er sich bei ihr für alles was er gesagt hatte entschuldigen würde. „Das zeugt davon wie wenig du mich wirklich zu kennen scheinst Usako und für all das Andere was ich dir unüberlegt im Moment meiner Wut gesagt habe … Ich … Dafür entschuldige ich mich von Herzen und kann nur hoffen, dass du diese Entschuldigung auch akzeptieren kannst, denn eins weiß ich genau und das wäre, dass ich dich über alles hinweg liebe und den Rest …“ Er schluckte den Klos hinunter, der ihm das Sprechen erschwerte, beinahe unmöglich machte, aber unter Aufbietung all seiner Kräfte schaffte er es dennoch. „Wir kriegen das wieder hin mein Liebling.“
 

Er durchbrach den Rauch, den Qualm und die entstandene Distanz zwischen ihnen. Mit seinen Charme hatte er sie umgarnt und die Schwere seiner Worte traf sie mitten ins Herz. Einen Moment zögerte sie, unschlüssig darüber welchen Weg sie nun einschlagen sollte. Gab ihr die Tatsache, dass sie ihn unsterblich liebte auch das Recht in seinem Herzen so tief zu graben, dass sie ihnen damit mehr Schaden als Nutzen bereitete. Sie hätte es nur zu gerne getan, denn die Neugierde was danach passieren würde war übermächtig, aber ihre Vernunft riet ihr, dass die Mauer die sie zu durchbrechen versuchte, er sich bereits vor langer Zeit errichtet hatte. Sicher würde sie sie nicht in einer einzigen Nacht einreisen können und noch dazu mit Zuschauern. Ob sich Saori denken konnte, was sie so lange zurückhielt zu ihr zu kommen?! Sie kannte Saori nicht gut genug wie Mamoru aber sie war sich sicher, dass sie als sie mit den Augen zur angelehnten Küchentür blickte, sich der hölzerne Gegenstand bewegt hatte. Der Streit mit Mamoru hatte in ihr etwas tief schlummerndes losgetreten, von dem sie nicht wusste, dass sie es besaß. Misstrauen und davon nicht zu wenig.
 

Zögerlich formten sich ihre Lippen zu einem angedeuteten Lächeln und sie konnte hören, wie Mamoru erleichtert aufatmete, so als ob er bis dahin die Luft angehalten hätte. Er hatte es tatsächlich. „Mir tut es auch leid, aber nicht so sehr wie die Erkenntnis bei dir heute Nacht verhungern zu müssen!“ Mit aufgeklappten Mund blinzelte er ungläubig. Er hatte ganz gewiss etwas anderes erwartet. Die Probleme die sie hatten, hatte sie mit ihren lockeren Spruch zwar nicht aus der Welt schaffen können, sie lediglich für eine Zeit hin weg auf Eis gelegt, aber entgegen ihrem Herzen siegte zum allerersten Mal in ihrem Leben ihr Verstand und sie empfand, dass ganz genau das der Schritt war, der sie näher an ein Erwachsenenleben führte. Das was sie in den folgenden Minuten tun oder unterlassen würde, würden über ihre gesamte Zukunft bestimmen.
 

„Der Pizzaservice in der Dritten hat die ganze Nacht geöffnet.“, murmelte er und schritt zum Fenster um es zu öffnen. Von hinten gesehen, bemerkte sie wie seine sonst so straffen, breiten Schultern ihm am Körper ungewohnt, wie schwere Schlüsselanhänger, herunterbaumelten. Dadurch wurde ihr Blick kristallklar. Sie hatte soeben in ein Wespennest gestochen und das einzige was sie im Moment tun konnte war Schadensbegrenzung zu betreiben. Später würden sie darüber sprechen. Irgendwann in naher Zukunft aber nicht heute Nacht oder Morgen. Sie würde warten müssen, bis sich der Sturm gelegt hatte um einen neuen Versuch zu starten. Der Gedanke, dass nicht nur der Sex, den sie nicht hatten, zwischen ihnen lag, sondern viel mehr, legte sich erdrückend schwer auf ihre Schultern wie ein gefüllter Zementsack und dennoch lächelte sie tapfer, aber auf einen einengenden BH würde sie rein aus Prinzip verzichten. Sein Kuss führte wohl nicht nur daher, dass es ihm leid tat, was zwischen ihnen in seinen Schlafzimmer vorgefallen war, sondern auch zu einem gewissen Anteil an ihrem fehlender Unterwäsche. Ihr lag es auf der Zunge ihn zu sagen, dass sie auch unter seiner bequemen Sweathose nichts darunter trug und die Erinnerungen seiner Hände an ihrer intimsten Stelle überrollten sie wie ein herbeirasender Schnellzug. Wie diese Frequenzen in einem Hollywoodfilm, in denen man das worst case Szenario unaufhaltsam auf sich zurasen sieht, sich aber nicht im Stande fühlte dem auszuweichen, also wartete man schön brav, mit weit aufgerissenen Augen und pochendem Herzen darauf unter die Räder zu kommen und PENG! Sie befand sich unmittelbar darunter.
 

„Dann ruf du mal an und ich bringe die Getränke zu Saori und während du dabei bist, das Chaos zu beseitigen, werden wir uns einen Film heraussuchen!“ Eine seiner dichten, schwarzen Augenbrauen erhob sich. Er musterte sie, während er vorsichtig die Ofentür aufmachte. Sofort griffen sie sich beide an die Nase. „Das stinkt!“, brachte sie halberstickt über die Lippen. „Was du nicht sagst!“ Lächelnd drückte er ihr das Tablett mit den Getränken in die Hände und versuchte nebenbei zu atmen, was ihm in Anbetracht des vielen Rauches immer schwerer fiel. „Jetzt mach endlich, oder muss ich erst vor dir in die Knie gehen, damit du wenigstens ein einziges Mal auf mich hörst?“
 

Usagi war bereit zu gehen, nur hielt sie sein Spruch zurück. „Eine Überlegung wäre es allemal wert!“, gurrte sie mit einen provokanten Lächeln auf den Lippen, bis sie die tiefe Furche auf seiner Stirn sah. Der Spaß war vorbei. „Aye Aye Käpten!“, sprudelte es aus ihr heraus und in dem Versuch dabei auch noch zu salutieren, kam das Tablett in ihren Händen gefährlich ins Wanken. Wäre Mamoru nicht gewesen, hätten sie nicht nur verkohlte Pizza und eine von Rauch erfüllte Luft, sondern auch noch Scherben in Hülle und Fülle. „Jetzt!“, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und sie marschierte los.
 

„Da bist du ja endlich!“, empfing sie sogleich Saoris abwartende Stimme, doch als sie Usagi anstatt Mamoru durch die Türe kommen sah, zerfiel ihr freundliches Lächeln und wurde durch ein diplomatisches ersetzt, sodass sich Usagi vorkam vor einer gewieften Staatsanwältin in Augenschein genommen zu werden. Im Vorbeigehen entging ihrem Blick nicht das leer stehende Glas neben der Tür auf der Kommode, neben dem Telefon und sie erkannte das was ihr bisher in Saoris Wesen entgangen war und sie am meisten voneinander unterschied. Sie lächelte durchtrieben und sie wusste ganz genau über das Gespräch von ihr und Mamoru Bescheid und doch legte sie eine Scheinheiligkeit an den Tag, bei dem sogar ein Massenmörder in die Knie gegangen wäre. Der wesentliche Unterschied zwischen ihnen war.
 

Sie hatte Skrupel! Saori nicht!



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