Jitsch: Jitschels Sammelsurium

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Wie ich schon in meinem SimulReview schrieb, ist Gundam Unicorn nicht gerade die einsteigerfreundlichste Gundam-Serie. Vielleicht sogar eher im Gegenteil. Die Serie ist zeitlich nach der original Mobile Suit Gundam Serie von 1979 und deren Sequel Zeta Gundam angesiedelt. Die Handlung dieser Serien beeinflusst die in Re:0096 zwar nicht maßgeblich, aber man muss damit rechnen, dass die Charaktere in Gesprächen ganz selbstverständlich Ereignisse und Akteure aus diesen Serien nennen, ohne dass groß erklärt wird. Überhaupt verzichtet die Serie darauf, dem Zuschauer Informationen durch gestellte Dialoge oder geschickter Platzierte Infodumps auf dem Silbertablett zu servieren.

Aber auch abgesehen davon erfordert Re:0096 ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Es fängt schon damit an, dass die Serie anders als für Anime typisch die beiden Konfliktparteien nicht durch stylische Uniformen, die Farbe ihrer Mobile Suits oder den Umgangston in ihren Kommandozentralen plakativ voneinander absetzt. Dadurch ist es gerade zu Anfang ziemlich schwierig, überhaupt einen Überblick zu gewinnen, wer zu wem gehört - ganz abgesehen davon, dass die Figuren alle Individuen mit persönlichen Zielen und Problemen sind, die auch mal dem widersprechen können, was "ihre" Organisation eigentlich will. Und von diesen Individuen gibt es wahnsinnig viele, die mehr als Rothemden sind.

Damit sind wir aber auch schon bei der Stärke der Serie. Sie scheut sich nicht vor Komplexität, wenn es dazu dient, die Vielschichtigkeit menschlicher Intentionen und die Gründe für Konflikte realitätsnah darzustellen. Das muss auch Banagher lernen - weder Neo Zeon noch die Föderation sind im klassischen Sinne die Bösen, aber eben auch nicht die Guten. Auf beiden Seiten gibt es rücksichtslose Machtmenschen, einfache Soldaten die nur ihre Familie ernähren wollen und Leute, die Hoffnung in die Zukunft setzen. Zu letzteren gehören vor allem die jungen Leute: Banager, die Prinzessin von Neo Zeon und ein junger Fähnrich der Föderation - während die Erwachsenen um sie herum ihre Intrigen spinnen und Kriege planen, versuchen sie, ihren Idealen treu zu bleiben. Vor allem Banagher muss im Lauf der Serie viel mitansehen, gewinnt dadurch an Reife. Er hat keine besonders ausgeprägten Charakterzüge, schon gar nicht welche die man typischerweise bei Anime-Protagonisten findet, seine Gefühlslage bleibt aber immer greifbar und nachvollziehbar.

Neben der vielschichtigen, nicht immer besonders übersichtlichen aber extrem gut geschriebenen Story fällt auch die Optik positiv auf. Gundam Unicorn wurde ursprünglich als OVA produziert, teils lagen halbe oder ganze Jahre zwischen den einzelnen Volumes. Offensichtlich wurde viel Zeit und Mühe in die größtmögliche Qualität investiert, und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Die Zeichnungen sind dauerhaft hochwertig und es gibt viel mehr Bewegung als im typischen TV-Anime - nicht nur bei den Charakteren, es gibt auch viele spannende Kamerafahrten bei Kämpfen und Innenansichten von Raumschiffen. Nervig am Format der auf Daisuki und Crunchyroll ausgestrahlten Version ist allenfalls, dass es teils minutenlange Expositionen am Anfang der Episoden gibt (ein "was bisher geschah"), um ins Format der 24-Minütigen Episoden zu passen. Andererseits helfen diese teils sehr, das Gesehene aus den vorherigen Episoden besser zu verstehen.

Da man die Serie unbedingt in HD schauen sollte, braucht man auf Crunchyroll ein Premium-Abo für die beste Auflösung, während diese auf Daisuki kostenlos ist (man braucht dafür nur einen Account und muss sich einloggen). Beide Seiten benutzen außerdem verschiedene deutsche Übersetzungen, während die englische die gleiche ist. Ich empfinde hier die Übersetzung von Crunchyroll als weniger steif, aber letztlich gibt es keinen großen Qualitätsunterschied. Da es die Serie schon kostenlos und legal gibt, gibt es jedenfalls absolut keine Ausrede, dafür auf illegale Streamingportale abzuwandern.

Fazit

★★★★★  (5 von 5 Sternen)

Gundam UC Re:0096 ist keine seichte Unterhaltung mit coolen Mecha-Kämpfen sondern politisch und menschlich anspruchsvolle Kost, die zum Nachdenken anregt. Man muss sich ein bisschen reinkämpfen, um alles zu verstehen - aber wer das tut wird mit einer großartigen Geschichte mit einer starken Botschaft belohnt, die noch dazu grandios in Szene gesetzt ist.