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November 2015. Trigger-Warnung: Gewalt

Autor:  Hattushiri

Was nun folgt ist kein Drama in drei Akten.

Es ist kein „Mimimi liept mich und bemitleidet mich“-Blog.

Es ist ein Weg, für mich persönlich, mit einem Ereignis abzuschließen, das sich in einigen Wochen jähren wird.

Diesen Weg sehe ich darin, mit der Geschichte an einen gewissen Teil der Öffentlichkeit zu treten, ohne gleich die Menschenmassen auf Facebook zu unterhalten. Ich will nicht dramatisieren. Ich will erzählen. Ich muss erzählen, weil ich das Gefühl habe, dass ich das nach der Therapie und den laufenden Verfahren einfach für mich brauche.

Also wenn es in den nächsten Zeilen zu persönlich und/oder zu dramatisch für den werten Leser wird, don't mind me, keep calm and keep walking. Hier gibbet nichts zu sehen.

 

Ich kann nicht ins Detail gehen, da mit meinem Anwalt keine Details abgesprochen sind, die ich veröffentlichen darf. Ich kann aus Datenschutzgründen selbstverständlich keine Namen nennen.

Ich werde auch keine Angaben zu Örtlichkeiten machen, weil ich niemandem, der sich ebenfalls in diesen Bereichen der Stadt aufhält, keine unnötige Panik machen will.

 

Am 09. November 2015 wurde ich am helllichten Nachmittag in einer U-Bahn-Station zusammen geschlagen. Der Täter war ein großer breiter Mann Mitte 30. Er hatte die gleiche Bahn verpasst wie ich und war mit mir alleine auf dem Bahnsteig und ich gehe heute davon aus, dass ich einfach näher gelegen saß als der nächste Mülleimer. Der Mann hatte aufgrund eines geistigen Zustandes augenscheinlich nicht die größte emotionale Kontrolle; vor dem Angriff beschädigte er die davonfahrende U-Bahn. Die Konfrontation geschah unmittelbar und ohne Vorwarnung und glücklicherweise mit leicht unkoordinierten Fäusten und Füßen. Mein Aufschrei, als er versuchte, mich auf das Gleis zu stoßen, zog die Aufmerksamkeit eintreffender Fahrgäste auf sich.

Ich habe noch vor Ort an dem Tag Anzeige erstattet und bin direkt zum Unfallchirurgen gefahren um die Verletzungen attestieren zu lassen.

Einer der Schläge hat meine Schulter getroffen, die ich im Februar 2015 bei einem Fahrradunfall heftig geprellt hatte und der Arm musste – wieder – für zwei Wochen in die Schlinge. Aktuell zeichnen sich anhaltende Spätfolgen, in Form von Spastiken des linken Arms bei hoher nervlicher Belastung, ab.

 

Am darauf folgenden Montag sah ich den Mann erneut am Bahnsteig dieser Station. Mein Anwalt forderte darauf hin auf, Sorge zu tragen, dass er sein von der MVG auferlegtes Hausverbot einhält. Seitdem habe ich ihn nicht mehr wieder gesehen.

 

Die vergangenen Monate hatte ich Schwierigkeiten, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Ich hatte grundlos Angst vor anderen Fahrgästen und auch heute noch springen meine Sinne sofort an, wenn sich jemand in Bus oder Bahn offensichtlich betrunken, laut oder einfach auffällig verhält.

Ich habe einen Psychologen besucht. Ich habe an einem Krav Maga Wochenende teilgenommen.

Trotzdem war ich das vergangene halbe Jahr konstant überreizt, missgelaunt, überängstlich und überempfindlich. In den ersten Wochen danach konnte ich nicht das Haus verlassen, ohne zu weinen. Ich konnte es nicht ertragen, wenn sich jemand in meiner Gegenwart unhöflich, beleidigend oder aggressiv verhielt – on- wie offline – gegenüber von kaum oder unbekannten Personen.

Jemand, den ich nicht kannte, dem ich nichts getan hatte, der mir bis dahin nichts getan hatte, hat mich geschlagen und getreten und mein Vertrauen angeknackst, dass mir von den Menschen, die mir jeden Tag auf der Straße begegnen, kein Schaden droht.

 

Ich kann natürlich keine Details des laufenden Verfahrens veröffentlichen und werde euch lediglich sagen, dass es läuft.

 

Nachdem das Verfassen dieses Eintrags nun doch eine für mich emotionalere Angelegenheit geworden ist, werde ich hier den Break setzen. Danke an jeden, der sich die Zeit nimmt, ihn zu lesen. Es muss niemand kommentieren. Dieser Text ist ein Abschluss für mich persönlich. Es ist für mich ein Abschluss, diese Geschichte zu teilen und ohne, dass ich es erklären kann, sie mit einem teilweise mir unbekannten Umfeld zu teilen.

Es ist nicht leicht, kann ich versichern, weiß ich doch, dass ich mich mit diesem Outing dem ewig kritischen Internet zum Fraß vorwerfe und man mir den Wunsch nach Aufmerksamkeit vorwerfen könnte – gewissermaßen zu Recht.

Dies ist kein Bericht zu eurer Unterhaltung, er ist zur Kenntnisnahme. Danke, dass Ihr Kenntnis nehmt.

 

In diesem Sinne verabschiede mich für heute.

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Datum: 12.09.2016 18:38
Habs zur Kentniss genommen. Schön, dass du damit abschließt x3


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