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Der Glasgarten

von

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R.I.P.

R.I.P
 


 


 


 

Ran zweifelte diese Bindung im Augenblick stark an während er sich verbissen über den Kies schleppte die Baumreihe stets vor Augen. Er wurde langsamer bis er schließlich stehen blieb. Die bleierne Müdigkeit kam zurück und er hob seine linke Hand, nur um festzustellen, dass sie zitterte. Schuldig zu folgen würde er nicht schaffen. Er ballte die Hand zur Faust und sah sich um. Unweit der Altäre befanden sich zwei Bänke auf der Rückseite des Haupthauses. Er beschloss sich dort zu setzen und zu warten.

„Wenn ich dich erwische, Schuldig“, drohte er mit den Kiefern mahlend. Er wusste nicht wie weit und wohin Schuldig gelaufen war. Nichts desto Trotz wollte er etwas tun und war zumindest bis zu den aufgestapelten Holzscheiten gelaufen um sich dort hinzusetzen und diese anzustarren.

Ihm kam der Gedanke, dass es dennoch seltsam war, dass er ahnte wohin Schuldig gelaufen war. Zielstrebig hatte er seine Schritte zu den Bäumen gelenkt. Hatte diese Ahnung etwas mit ihrer Verbindung zu tun?
 

Nach einer Weile bemerkte er die Anwesenheit von jemand anderen und sah sich um. Firan stand ein paar Schritte weit entfernt und hatte ein besorgtes Auge auf ihn.

„Sollen wir reingehen?“, fragte er schließlich und Firan nickte. Ran atmete noch einmal die kühle Abendluft ein und erhob sich dann, eine Hand an seine Seite gepresst. Ihm war kalt und das lag vermutlich auch an der Tatsache, dass ein Drittel seines Kopfes ohne schützende Haare war. Der Wind war eisig geworden.

Während Ran Firan zum Gästehaus folgte musste er daran denken, dass sie sich einer Art Jahrestag näherten. Bald war es ein Jahr her seit Schuldig in positivem Sinne in sein Leben getreten war. Nie zuvor hatte er so viele unterschiedliche Gefühle in so kurzer Zeit durchlebt.

Das kalte Wetter lockte Erinnerungen hervor.

Für einen Moment tauchte das Bild einer Mütze vor seinen Augen auf und er dachte mit einem traurigen Lächeln an diesen Augenblick zurück. Obwohl er eingebettet war in eine Zeit voller Angst, Verzweiflung und widersprüchlicher Gefühle. Er erinnerte sich an die Gasse, an seine Befürchtungen, an die nackte Angst, die er vor Schuldig verspürt hatte. Fast konnte er in den aufblendenden Erinnerungen fühlen wie Schuldig ihm die Mütze aufgesetzt und sanft in den Nacken gezogen hatte. Damals schon war er behutsam mit ihm umgegangen. Er sah den Ernst der in den grünen Augen vorherrschte, das traurige Lächeln, die feste Absicht Ran in Ruhe zu lassen noch vor sich. Zwar hatte er bei Kritiker, nachdem er aus seiner Familie gerissen wurde so etwas wie Zusammenhalt erfahren aber dennoch war es Schuldig gewesen der ihm neue Gefühle geschenkt hatte. Ran musste an Jei denken, der Gefühle gemalt hatte.
 

Sie gingen die drei Stufen zum Gästehaus hinauf. Firan hielt ihm wortlos die Tür auf.
 

Yohji war wie immer für ihn dagewesen. Und... jetzt... er selbst war nicht für ihn da gewesen... Was sagte das über Ran aus? Er konnte sie nicht beschützen. Niemanden. Weder seine Eltern, noch seine Schwester und auch nicht seinen besten Freund.

Ran keuchte und holte tief Luft. Nicht. Er wollte jetzt keine Tränen vergießen.

Er sah Yohji in seiner Erinnerung an der Wand sitzen, die Augen nur halb geschlossen, den blinden Blick, das Blut in seinem Mund. Er konnte das Blut riechen...
 

Nein. Weg damit. Diese Bilder mussten verschwinden!
 

Ran ließ sich im Gästehaus mit bedacht auf der Couch nieder und legte den Kopf auf die Rückenlehne ab während er hörte wie Firan ging und wiederkam. Kurz darauf hantierte dieser in der Küche, stellte Ran ein Getränk hin und ließ ihn in Ruhe.

Ran war dankbar dafür. Er machte sich Sorgen um Schuldig. Wo war dieser hingerannt?

„Weißt du ob er oben ist?“, fragte Ran Firan und sah zu ihm hinüber.

„Nein, dort habe ich schon nachgesehen.“

Ran seufzte lautlos und starte wieder an die Decke. Seine neue Lieblingsbeschäftigung, wie es schien. „Wenn er nicht bald kommt... werde ich sauer“, beschloss er in fester Absicht Wut gegenüber Schuldigs Verhalten zu entwickeln.

„Spätestens zur Bestattung wird er da sein. Er wird... dich... nicht alleine lassen“, sagte Firan, wohl den Versuch unternehmend ihn Milde zu stimmen.

Ran sah wieder zu ihm hinüber.

„Ich bin mir sehr sicher, dass er dich nicht hängen lassen wird, Firan. Er wird uns beide in dieser Situation nicht alleine lassen. Dazu ist er nicht egoistisch genug.“

„Dabei hat man ganz anderes von Schwarz gehört“, sagte Firan nachdenklich und hielt im Schneiden inne.

„Ja“, sagte Ran und fühlte der Melancholie nach, die ihn gerade heimsuchte. Er war froh, dass die Zeit in der er Schuldig nicht wirklich gekannt hatte vorbei war.

„Ich habe gar kein Bild von Yohji“, sagte Ran dann nach einer Weile in der er vor sich hingebrütet hatte. „Kein Einziges.“
 

Schuldig kam nicht und sie aßen zusammen in einvernehmlicher Stille. Gegen Abend zog sich Ran um und Firan erklärte ihm, dass Arbeitskleidung bei der Bestattung gewünscht war. Rans Kleidung war sauber geflickt und gereinigt worden. Firan schlüpfte in eine ungewöhnliche Kombination aus Leder und Stoff.

Er sagte es wäre Kleidung der Judges.

Ran sah ihn an als er fertig war und schob seine Klinge wieder in die Scheide zurück. Er nickte Firan zu.

„Es steht dir, Firan“, sagte er. „Sie verändert deine Ausstrahlung.“

„Es ist nur Kleidung, die ich von den Judges bekommen habe. Sie hatten nichts anderes um mich einzukleiden bevor ich... bevor ich weggebracht wurde.“

„Nein. Das ist es nicht. Es ist nicht nur Kleidung. Und ich bin mir sicher, dass es einen Grund gab warum du sie bekommen hast. Jemand wollte dich damit schützen. Sie dient dem Schutz.“

Firan sah ihn aufmerksam an. „Ja, das tat sie. Es war Mia... ähm... ich denke, dass es Aim war, der mich schützen wollte“, sagte er zögernd. Dann nickte er. „Ja. Es war ganz sicher Aim.“

Ran nahm seine Klinge auf und zusammen machten sie sich zum Haupthaus auf.
 

Währenddessen hatte sich Schuldig auf den Rückweg begeben, wesentlich langsamer mit unterschiedlichen Gefühlen im Bauch.

Als er in Richtung Gästehaus ging um sich Ran zu stellen wartete Sano vor dem Haus auf ihn. Schuldig blieb stehen als er ein paar Meter an Sano herangekommen war und sie sahen sich an. Unausgesprochene Worte zirkelten zwischen ihnen hin und her. Sano hatte diese Zeit an Sakuras Seite verbracht. Schuldig war sich in diesem Punkt sehr sicher, auch wenn es keinen wirklichen Anhalt dafür gab. Irgendwann würde er den Mann dazu befragen.
 

„Komm mit, Sakura hat etwas für dich“, sagte Sano dann und drehte sich um. Schuldig schloss zu ihm auf. Sano schien davon auszugehen, dass er ihm folgen würde. Was Schuldig mit einem Blick voller schlechtem Gewissen in Richtung Gästehaus auch tat. Besser das Unvermeidliche noch etwas aufschieben...

Sie gingen zu Sakuras Räumen. Schuldig nieste einmal und rieb sich die Arme.

„Wenn du krank wirst gibt’s Ärger“, prophezeite Sano und sah ihn mitleidig an.

„Schon deine Erfahrungen gemacht?“, mutmaßte Schuldig und erwiderte den Blick.

„Du hast keine Ahnung“, brummte Sano.

„Doch... doch, ich glaube die habe ich“, entgegnete Schuldig in leidgeprüftem Tonfall.

Nach einer Weile waren sie bei Sakuras Räumen angekommen. „Warum bist du abgehauen?“, fragte Sano und sie blieben einige Meter vor der Tür stehen und starrten sie an.

„Da gibt es einige Gründe“, wiegelte Schuldig unwirsch ab.

„Verstehe“, sagte Sano und machte eine Kopfbewegung Richtung Tür.

Schuldig zuckte mit den Schultern und trat alleine ein.
 

Sakura stand in ihrem Anzug und mit einer Klinge in der Hand, die in ihrer Scheide ruhte, vor einer Kommode. Sie hatte die Beine leicht ausgestellt und sah auf eine Schachtel hinunter als würde daraus gleich Jemand oder Etwas kommen der oder das besser ohne seinen Kopf dran war.

„Was ist da drin? Ein Kopf?“, fragte Schuldig, da ihn die Stille nervte. Überhaupt ging ihm die Stille in seinen Gedanken auf die Nerven. Sollte er nicht froh sein diese Auszeit bekommen zu haben? Das stete Hintergrundrauschen war leiser geworden, nicht ganz verschwunden aber sehr leise. Es war nicht mehr wie atmen, die Gedanken anderer zu lesen, momentan müsste er aktiv werden müssen. Es sollte für ihn Erholung sein, dennoch war es seltsam. Ein bisschen erinnerte es ihn an die zwei Wochen nach seinem kleinen Treffen mit Fei Long.

„Du siehst zu viele Filme“, sagte Sakura langsam mit einer Prise Humor zwischen den Worten.

„Da bin ich mir nicht so sicher...“, erwiderte Schuldig zweifelnd. Er hatte in der letzten Zeit überhaupt keine Filme gesehen! Und keine Spiele gespielt! Was er wirklich sehr bedauerte.

„Komm näher“, sagte sie und Schuldig hob eine Augenbraue.

„Brauchen sie das Schwert unbedingt um mir... etwas zu zeigen?“, fragte er betont freundlich.

„Nein. Es ruht schon sehr lange und ich gedenke es auch nicht so bald zu wecken.“

Schuldig wiegte den Kopf hin und her. „Gut. Das klingt vernünftig.“

Er ging näher und blieb neben ihr stehen.

„In dieser Kiste bewahre ich die Kleidung deines Vaters auf, er trug sie damals während unserer Aufträge. Momos Mutter hat sie für dich abgeändert, anhand der Kleidung die du bei deiner Ankunft hier getragen hast.“ Sie sah immer noch auf die Schachtel und bewegte sich nicht.

„Und ich soll sie heute tragen?“

„Wann und ob du sie trägst möchte ich dir überlassen“, sagte sie.

„Bei all dem was du gehört hast und noch hören wirst will ich, dass du weißt, dass ich deinen Vater liebte wie einen Bruder. Wir wussten nicht wie wir ihm helfen konnten und ich werde mir nie verzeihen, dass wir es nicht geschafft haben. Ich habe ihn im Stich gelassen. Ihn und Aim.“

„Das ist ihr...“, wollte Schuldig dazu ansetzen, ihr mitzuteilen, dass er diesen Umstand als ihr Problem ansah. Doch ihr Kopf ruckte zu ihm herum und tat das in einer wirklich schnellen Art. Die von der unnatürlichen Sorte.

Sie sah ihn an. „Das ist es. Und damit lebe ich.“ Sie sah wieder auf die Schachtel.

„Nimm sie. Bitte.“ Sie drehte sich abrupt um und verließ den Raum. Er sah ihr nach und empfand diese Frau plötzlich als bedrohlich wie sie sich durch den Raum bewegte. Unaufgeregt, Gelassen und sich ihrer im Raum jederzeit bewusst.

Ganz normal war die nicht, beschloss Schuldig für sich. Dann runzelte er die Stirn. Also anormaler als in ihren Kreisen üblich, korrigierte er seine Annahme.

Leise fiel die Tür ins Schloss und Schuldig war alleine. Mit sich und der Schachtel.

Er stellte sich davor und starrte sie an, unbewusst die Haltung von Sakura imitierend.

Die Schachtel war vielleicht einen Meter lang, die Hälfte breit und etwa dreißig Zentimeter hoch. Die Farbe Anthrazit war in Wellenform eingearbeitet worden. Dazwischen war ein Muster in grünen Farbtönen hindurchgewebt. Die Tür ging erneut auf, doch sein Blick blieb auf der Schachtel hängen. Die Kleidung seines Vaters von dem er angenommen hatte, dass er nicht mehr existierte. Von dem er angenommen hatte, dass er sich einen Dreck um ihn geschert hatte. Und der aufgrund seiner anormen, speziellen Fähigkeiten ein Gefangener war. Weil er zu gefährlich war. Der gefangen geblieben war, weil SZ ihn mit Schuldig erpresst hatten.

Diese ganze Welt war verkorkst. Ihre Welt war verkorkst.

Sie entführten Kinder.

Er hatte aus dieser Welt zu entkommen versucht und Kitamura dafür in Kauf genommen. Schon allein das sagte alles über ihre Gesellschaft aus. Brad hatte sich dafür gerächt. Asugawa hatte sich dafür gerächt. Sie hatten sich an seiner Stelle dafür gerächt, weil er es nicht geschafft hatte. Weil er damals zu schwach gewesen war. Damals war dieses Etwas erwacht – dieser Reaper. Diese Fähigkeit, der er so viel Raum gegeben hatte, dass sie ihn anders werden ließ. Bedrohlicher. Tödlicher.

War sein Vater so gewesen und alle anderen hatten es nur nicht verstanden? Was war an ihm anders?

Jei war tot. Mit neunzehn Jahren war er gestorben. Sie hatten ihn aus seiner Zwangsjacke und aus einem Verschlag geholt damit er Arschlöchern half die Welt ein Stückchen furchtbarer zu gestalten. Sie hatten nicht einmal sein wirkliches Alter gewusst. Ein halbes Kind. Wie Nagi. Wie er es anstellen würde wusste er noch nicht, aber er würde alle dafür büßen lassen...
 


 

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Ran war mit Firan auf den Vorplatz gegangen wo sich viele Menschen eingefunden hatten. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Es mussten so um die Hundert Männer und Frauen sein als Sakura zu ihnen kam und leise etwas zu einem Mann im mittleren Alter sagte. Tatsächlich gab es also auch Menschen hier die älter aussahen? Waren hier nicht alle PSI?

Nein. Seine Mutter war auch keine gewesen. Das hatte Schuldig von Sakura erfahren. Diese Fähigkeit hatte eine Generation übersprungen. Also gab es hier auch ältere Menschen. Seine Mutter... seine Familie... sie hätten hier leben können?

Warum war das nicht geschehen?
 

Firan stand dicht bei ihm und Ran hätte ihn am Liebsten mit Worten getröstet brachte aber kein einziges davon heraus.

Er selbst hatte seine Eltern verloren, er hatte Aya verloren und jetzt seinen besten Freund. Was war ihm geblieben...? Was war mit ihm los? Warum starben alle die er liebte? Was war ihm geblieben?

„...Gabriel sehen?“

Er sah auf und Sakura blickte ihn an. Hatte sie mit ihm gesprochen?

„Kannst du bitte nach Gabriel sehen?“

„Was hat er angestellt?“, fragte Ran automatisch.

„Nichts. Noch nicht. Sieh dich um“, sagte sie und Ran sah sich auf dem Platz um.

Viele Menschen hatten ihren Blick auf das Haupthaus gerichtet.

„Ich denke im Augenblick ist er sehr aufgewühlt. Vielleicht kannst du ihn beruhigen. Es stört die Konzentration wenn er ... sagen wir... wild um sich schlägt.“

„Wo ist er?“

„In meinen Räumen.“

Ran nickte und eilte über den Platz und den überdachten Weg entlang um zu Schuldig zu kommen. Er wollte eigentlich wütend auf ihn sein, aber Sorge verdrängte diese Wut. Ran platzte schließlich in den Raum und sah Schuldig vor einer Kiste stehen. Er nahm kaum war, dass Ran nicht gerade leise hereingekommen war. Schuldigs Gesicht war finster auf die Kiste gerichtet.
 

„Was ist das?“, hörte Schuldig und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus bevor es erlosch. Oh, wie er dieses tiefe ruhige Timbre liebte. Schuldig sah neben sich. Ran stand dort, gerade rechtzeitig bevor Schuldig wieder einen Heulkrampf bekommen würde.

„Ziehst du mir eine über, weil ich abgehauen bin?“, fragte er in Anbetracht des verschlossenen Gesichtsausdrucks und der Klinge die Ran in der Hand hielt.

„Später“, kam knapp die Antwort und Schuldig verzog in Gedenken an dieses ‚Später’ das Gesicht.

„Spitzenaussicht“, brummte er und sah wieder auf die Schachtel.

„Die Kleidung meines Vaters, die er während seiner Aufträge getragen hatte“, antwortete Schuldig verspätet auf Rans Frage.

„Willst du sie nicht öffnen?“

Schuldig amtete tief durch und zog die Augenbrauen nach unten. Sollte er?

„Pandoras Kiste?“

„Ist längst geöffnet. Wie schlimm kann es werden?“

„Ist das dein Ernst?“, hakte Schuldig nach und sah wieder zu Ran.

„Du solltest gut gekleidet sein, wenn ich dich ‚später’ auseinandernehme“, sagte Ran und Schuldig bekam kurzfristig große Augen. Shit, Ran war im Auftragsmodus. Vermutlich ließ sich das Kommende nur so bewältigen. Trotzdem... der Modus hat sich stets als nachteilig für Schuldig erwiesen.

Sein Griff ging an die Kiste und er öffnete sie. Zunächst kam schwarzes Seidenpapier zum Vorschein. Dann eine Mischung aus Stoff und Leder. Oberteil. Weste. Jacke. Stiefelhose. Stiefel. Die würden ihm nicht passen. Er nahm die Jacke heraus.

„Verdammt wie groß war der Kerl?“, fragte Schuldig.

„Ist... der Kerl. Und es ist dein Vater. Er lebt“, sagte Ran ruhig.

Schuldig nickte. Er schwieg lange. Seine Hände hielten die Jacke. „Ich will nicht, dass er eingesperrt ist“, sagte er dann in die Stille hinein und spürte wie feucht seine Augen schon wieder wurden.

„Schon seltsam... ich wollte mich auch immer einsperren...“, flüsterte er.

„Ich weiß.“

„Du hast da nicht mitgemacht. Du hast mich davon abgehalten. Wie konntest du nur annehmen, dass ich tue was du willst, weil du mich... verhext hast? Ohne dich wäre ich verloren gewesen“, sagte er kaum mehr hörbar.

Plötzlich wurde er herumgezogen und starrte in wässrige violette... wütende Augen.

„Wir haben einen Job zu erledigen. Zieh das an. Wir sehen uns draußen.“ Ran ließ ihn nach einem langen Blick los und ging davon. Schuldig sah ihm nach und blickte dann wieder auf die Jacke, auf seiner Unterlippe herumkauend.

Was sollte er tun...?
 


 

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Die folgende Zeremonie erlebte Ran wie in Trance. Vielleicht lag es an den Schmerzmitteln, vielleicht an der Atmosphäre, oder an den vielen Menschen, die sich wie stumme Zeugen versammelt hatten. Es waren so viele...

Er war einer der Träger die Yohji herausbrachten. Schuldig war einer der Träger ebenso wie Firan die Jei herausbrachten. Sie betraten mit ihrer Last den Platz und Ran spürte die dumpfen Trommeln bis ins Mark. Eine Frau sang melodisch mit klarer Stimme die immer gleichen Worte.
 

Schreite voran.
 

Träume.
 

Bewahrer. Hüter. Retter.
 

Immer und immerfort.
 

Schenke Frieden.
 

Ruhe in Frieden.
 

Dann fielen andere in diesen Gesang mit ein, bis sie sich zu einem Chor zusammenfanden. Während sie die Toten auf den Hölzern absetzten sang ein einzelner Mann.

Ran, Schuldig, Firan und die anderen Träger traten zurück in den Kreis der anderen.

Ran hatte die Zunahme der Menge an Menschen auf dem Gelände bemerkt als er zu Schuldig gegangen war. Sie hatten alle diese Art von Arbeitskleidung an, waren bewaffnet und hatten sich ungeordnet im Kreis um die Feuerstätte versammelt. Das Gelände war voll von ihnen, auch am nahen Hügel standen sie. Stumme Figuren die wie mahnende Schatten vor dem Feuerschein wirkten.

Firan und Ran wurde eine brennende Fackel in die Hand gedrückt und sie gingen nach vorne um die Altäre zu entzünden. Das Feuer griff sofort auf die Zweige über und Firan trat mit Ran zurück.

Ran mied den Blick zu Firan, da er diese Situation selbst kaum ertragen konnte. Er befürchtete, sich nicht mehr zusammenreißen zu können wenn er Firan anblickte. Im Moment fühlte er nichts. Und so sollte es bleiben.

Das Feuer brandete wütend auf und tauchte die in Stoffbahnen gehüllten Toten in feuriges Licht. Firan hatte ihn informiert, dass das Feuer sehr heiß sein musste damit – im Gegensatz zur üblichen Zeremonie - keine Überreste übrigblieben. Nichts sollte von ihnen an die Nachwelt weitergegeben werden. Es würde nur Asche übrigbleiben.

Die Hitze schlug ihm entgegen und Rans Blick verlor sich in dem Anblick des Feuers.

Sie verbrennen.

Für einen kurzen Augenblick bekam er Panik. Yohji verbrannte.

Dann riss er die Augen auf und atmete tief durch. Es war gut so. Beruhige dich. Es war gut so. Diese nicht mehr benötigte Hülle verbrannte. Yohji würde nicht wiederkommen. Nichts würde übrigbleiben. Rein gar nichts.
 

Lange standen sie so da und hörten die Trommeln und den Gesang, der sich abwechselte. Der Gesang beruhigte sein Herz. Die Stimmen und die Worte wirkten tröstlich. Die vielen Anderen um ihn herum ebenso.
 

Die ernsten Mienen starrten ins Feuer. Wie sollte er sie bezeichnen? Als Krieger? In seinem bisherigen Schattenleben war er davon ausgegangen einer unter wenigen zu sein.
 

Sakura sah in ihrem Anzug mit Krawatte und dem Schwert in der Scheide ungewöhnlich aus. Sie hatte das Kinn leicht geneigt und ihr Blick war weder nachdenklich noch von Trauer durchsetzt. Er war hart und unnachgiebig. Er schien etwas in diesem Feuer zu sehen. Etwas, das sich ihre Wut zugezogen hatte.
 


 

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Schuldig hatte die Kleidung seines Vaters übergestreift und hatte sich leicht hinter Ran und Firan gestellt um sicher zu gehen, dass keiner von Beiden umkippte. Nicht, dass er ihnen keine Selbstdisziplin zusprach, nur hatten beide im Augenblick nicht die besten körperlichen Voraussetzungen stundenlang in der Kälte herumzustehen.

Eine Bewegung im Augenwinkel irritierte ihn und er sah flüchtig zur Seite.

Kudou stand dort und machte ein unglückliches Gesicht. Schuldig blinzelte.

‚Bist du es?’, fragte er probehalber in Gedanken. Nicht, dass es doch noch Geister gab...

‚Wer sonst? Kudou?’

Schuldig seufzte und er wandte seinen Blick wieder nach vorne.

‚Keine Ahnung, hätte ja sein können’ gab er mutlos zu.

‚Ich hab diesen Arsch gemocht. Und Jei... er war erst neunzehn gewesen. Verdammte, Scheiß Neunzehn!’

‚Beruhige dich.’

‚Ich bin ruhig’, schickte Schuldig zurück und ließ die Mundwinkel hängen.

‚Bist du nicht. Und das ist verständlich. Nur, bist du derart aufgewühlt, dass sie alle Hände voll zu tun haben um dich im Zaum zu halten. Bemerkst du das nicht?’

‚Nein’, gab Schuldig zu. ‚Gerade nicht.’

Kudou blieb dort, sagte aber nichts mehr und Schuldig ignorierte den Typen. Er beschloss, dass er ein Spion war und mit Spionen wollte er nicht reden. Nicht jetzt. Es war seltsam Kudou beim Verbrennen zusehen zu müssen während ein anderer sich seiner Gestalt bediente.

‚Kannst du mir einen Gefallen tun?’

‚Hmm... was soll ich für dich tun?’, fragte Kudou träge als schien er in Gedanken zu sein. Was angesichts der Umstände merkwürdig auf Schuldig wirkte.

‚Kannst du eine andere Gestalt auswählen? Das ist mir echt zu schräg im Moment.’

‚Verstehe.’

‚Was verstehst du?’, fragte Schuldig ohne Vorwurf in den Worten.

‚Dass du ihn beerdigen möchtest. Es ist unpassend in dieser Gestalt zu erscheinen.’

Schuldig fügte keine Bemerkung an, denn was blieb dazu noch groß zu sagen?

Er hatte seinen geistigen Begleiter fast schon vergessen wie er so dem Gesang lauschte, der ihn beruhigte je länger er zuhörte. Als die Trommeln aufhörten erinnerte er sich an den falschen Kudou und sah zur Seite.

Dort stand nun ein Mann der die gleiche Größe wie Kudou hatte. Die gleiche Frisur wie dieser nur mit weißen Haaren. Das Profil jedoch gänzlich anders. Kein Japaner, definitiv nicht. Er trug weiße Kleidung aus Leder, schwarze Stiefel, einen weißen Mantel mit schwarzen Nähten und hohem Kragen über den die Haare fielen. Seine Augen waren jadegrün.

‚Wo hast du den ausgekramt?’

‚Zusammengebastelt. Irgendein Typ aus einem Katalog.’

‚Die Augen?’

‚Krieg ich nicht hin. Sind meine.’

‚Immerhin.’

‚Viel hab ich nicht verändert’, behauptete der Kerl. Wenn es überhaupt ein Kerl war. ‚Haarfarbe, Gesicht und Kleidung.’

‚Es erfüllt seinen Zweck’, pflichtete Schuldig bei und blickte wieder ins Feuer.

‚Und wie heißt du nun?’

Eine Zeitlang kam nichts, dann... ‚Cloud.’

‚Wie bitte?’

‚Nenn mich Cloud.’

‚Wie die Wolke? Auf keinen Fall... das ist bescheuert.’

‚Fällt dir etwas Besseres ein?’

‚Keine Ahnung, alles ist besser als DAS!’

‚Na, dann lass mal hören!’

‚Wie wäre es mit Spion?’

‚Klingt nicht besonders freundlich.’

‚Und wie wäre es mit Vater?’, fragte Schuldig und versteinerte über seinen plötzlichen Einfall. Was wenn er zustimmte? Was dann? Was sollte er dann tun?

Kurz überkam ihn Panik... bis die Erwiderung kam.

‚Ich bin dein Vater, Gabriel.’

Schuldig runzelte die Stirn.

‚Oh...Bitte!’ Er verzog missgelaunt das Gesicht. Das war definitiv eine Kopie aus Star Wars. Definitiv. Sogar die getragene Wortwahl passte.

‚Arsch.’

‚Ich bemühe mich’, kam etwas geknickt zurück und Schuldig seufzte wieder.

‚Also gut, dann Skywalker. Du heißt ab sofort Skywalker.’

‚Dem stimme ich nicht zu. Absolut nicht’, kam es entschieden und ein bisschen verschnupft zurück.

‚Is mir gleich. Du hast es im Prinzip herausgefordert mit deiner... Verarsche.’

‚Aber... Darth Vader? Wie wäre es mit Vader?’

‚Neeein. Es bleibt bei Skywalker.’

Dann kam nichts mehr. Schmollte der Typ? Wie alt war er zum Teufel? Fünf?

Schuldig sah zur Seite. Skywalker hatte sich verzogen.

Nachdem dies geklärt war richtete sich Schuldigs Konzentration wieder auf Ran und Firan.

‚Hey...’, nahm er Kontakt zu Firan auf und tastete sich vorsichtig in dessen Gedankenwelt vor. Bei Ran kam er ja nicht rein. Zumindest nicht ohne ... wie hieß es... viel Energie zu mobilisieren, die er laut Sakura und Sasuke nicht im Übermaß zur Verfügung hatte.

‚Gabriel?’

‚Ja.’

‚Geht es dir nicht gut?’, fragte Firan sogleich und wandte sich halb zu ihm um.

‚Alles gut bei mir und bei dir?’ Firan sah wieder nach vorne.

‚Es geht so schnell... ging so schnell. Ich habe das Gefühl, dass ich nicht mitkomme und alles nur ein Traum ist. Was wenn es ein Traum ist und ich noch in der Kapsel stecke und ich träume während ich...“

‚Halt mal, Kleiner. Du träumst nicht. Das ist real... nun so real wie es eben ist. Kein Traum.’

‚Ich weiß nicht...’

‚Für mich ist das auch alles zu viel. Und für Ran sicher auch. Wir brauchen alle Zeit um wieder klar denken zu können.’

‚Ja. Er kommt nicht zurück. Egal was ich denke, sage oder tue.’

Schuldig zog sich aus Firans Gedanken zurück. Sie waren wohl lange dort gestanden um dem Feuer zuzusehen. Langsam verzogen sich alle ins Haupthaus um Speisen und Getränke zu sich zunehmen.

Firan, Ran und Schuldig blieben zurück.

Ran hatte sich nicht bewegt seit er mit der Fackel Kudous Altar angezündet hatte. Er hatte weder etwas gesagt, als sich die anderen nach drinnen verzogen hatten noch hatte er augenscheinlich einen einzigen Muskel bewegt.
 

Firan wollte oder konnte sich nicht lösen. Schuldig ging zu ihm hinüber. „Möchtest du hinein gehen um dich aufzuwärmen?“

„Gehst du mit?“, fragte Firan mit dünner Stimme und sah mit ängstlichem Blick zu ihm auf. Ein Kind. Ein einsames Kind, das verloren gegangen war.

„Ja. Sicher. Wir gehen alle“, sagte Schuldig und sah auf das versteinerte Profil von Ran. Dieser schüttelte einmal den Kopf ohne sie anzusehen.
 

Schuldig brachte Firan nach drinnen und setzte ihn an einen Tisch mit Momo, ihrer Mutter und einem Mann der etwas älter war und sich mit Namen Ishigo vorstellte. Die Menschen hatten sich im Haus verteilt und Schuldig verabschiedete sich nach ein paar Minuten als er befand, dass Firan in ein Gespräch eingebunden war. Nachdem Momo ihm zugenickt hatte war er beruhigter und ließ Firan am Tisch zurück.
 

Firan und er waren wohl die Einzigen hier, die keine Waffen am Körper trugen. Selbst Momos Eltern waren bewaffnet. Innerlich darüber die Schulter zuckend suchte er den Raum nach Sano ab, fand ihn, Sakura aber nicht. Er schnappte sich aus der Küche warmen Sake und verschwand damit wieder nach draußen. Ran war nicht zu sehen. Er sah kurz zu den Flammen hin, die noch loderten und ging dann in Richtung Gästehaus. Zwei Männer hielten an den brennenden Altären Wache. Sakura stand bei ihnen.
 

Schuldig betrat das Gästehaus, das im Dunkeln lag. Er ließ die Tür lautlos ins Schloss gleiten und ging ein paar Schritte in den Essbereich hinein um den Sake auf dem Tisch abzustellen. Wo war Ran?

Schuldig zog sich die Schuhe aus und ging nach oben. „Ran?“

Als er in ihrem Zimmer ankam und die Tür langsam mit dem Fuß aufschob stand Ran mitten im Raum. Er konnte die dunkle Silhouette nur durch den spärlichen Lichteinfall der durch die Fenster drang ausmachen.

„Zieh dich aus“, durchdrang die dunkle Stimme die Stille.

Schuldig wiegte den Kopf hin und her und beschloss... ja... was beschloss er...denn...?

Tick...Tack...Tick...Tack....

„Nein.“

„Nein?“

Es gab viele Gründe für Schuldig diesen Befehl zu verweigern, nur allein deshalb um Ran herauszufordern. Es mochte an den offenen Haaren liegen die den halben Rücken bedeckten, vielleicht auch dass sie auf nackte Haut trafen. Das raue dunkle Timbre, das allein schon wie ein Aphrodisiakum auf Schuldig wirkte. Oder vielleicht lag es auch an dem Schwert, welches zwar in seiner Scheide ruhte, dennoch in Rans Hand lag und nach Herausforderung geradezu schrie. So viele Gründe um Ran zu provozieren. Ob es der richtige Zeitpunkt war konnte Schuldig nicht genau sagen, ob es das richtige war definitiv.

Schuldig wollte näher treten, doch Ran wandte sich um trat ihm kalkuliert vor die Brust und beförderte ihn damit gezielt gegen die Wand. Ran setzte nach noch bevor Schuldig registriert hatte, dass es eher ein Schubs, denn ein Tritt gewesen war und schob mit der Scheide sein Kinn nach oben, während er an seiner Kehle leckte. Bedächtig und aufreizend langsam wie eine Katze die sich putzte.

Okay... das war neu, verdammt schnell und hatte auf jeden Fall etwas... Erotisches.

Schuldig würde Ran jetzt nicht erklären, dass es vielleicht noch zu früh für derlei rabiate Aktivitäten war. Er wusste genau, dass Ran in diesem Zustand an die Grenze der Belastbarkeit gehen würde, nur damit er diesen inneren Stress loswerden konnte.

Schuldig hob seine Hände und berührte Rans Kopf um ihn leicht in den Nacken zu neigen. Er lächelte. Und es war kein nettes Lächeln, das er auflegte. Ran hatte die eindeutige Absicht ihn zu manipulieren, um das zu bekommen was er wollte. Doch da er zuvor abgelehnt hatte und Gewalt keine Lösung schien um Schuldig ins Bett zu bekommen verlegte sich Ran nun auf Verführung.

Dabei hatte Ran keine Ahnung wie sehr er ihn schon die ganze Zeit wollte. Nur...

Schuldigs Blick ging durch das Fenster welches ihnen gegenüberlag. Die Kawamoris dämpften seine Emotionen und dabei... den damit verbundenen ‚Rest’. Wie konnte er Ran das begreiflich machen ohne ihn dabei vor den Kopf zu stoßen?

Und wie lange konnten sie hier bleiben, ohne dass es schlimmer wurde? Schlimmer für Ran, der verzweifelt versuchte seine Gefühle zu kompensieren, und das mit Sex. Sie mussten weg hier. Aber war das klug?

Er zog Ran an sich und küsste ihn besitzergreifend, fordernd, ließ keine Erwiderung zu bis er dieses satte zufriedene Stöhnen hörte, das er so gut kannte und das ihm sagte, dass er auf dem richtigen Weg war. Ran hatte sich gegen ihn sinken lassen – eindeutiger konnte es nicht sein. Die nackte Haut fühlte sich kühl unter seinen Händen an.

Schuldig wollte ihm versichern, dass er ihm helfen würde, dass er ihm die Gedanken nehmen würde, die ihn quälten – mit welcher Methode auch immer.

Aufreizend langsam strich er über Rans Hals hinunter, die kühle Haut streichelnd bis er die empfindliche Haut zwischen seinen Beinen berührte. Ran schauderte. Er war zu lange in der Kälte gestanden und war ausgekühlt. Perfekter Nährboden für warme Zauberhände, über die Schuldig natürlich verfügte.

Dann packte er Ran und dirigierte ihn nach hinten. Ein dunkles Stöhnen presste sich in Erwartung auf das Kommende zwischen seinen Lippen hervor als er rücklings aufs Bett fiel. Schuldig kam über ihn, winkelte Rans rechtes Bein an und schob es sich über seinen Oberschenkel während er sich auf Ran niederließ. Er strich über Rans Arme und führte sie über dessen Kopf um sie dort festzuhalten. Nur langsam begann er sich auf Ran zu bewegen. Die Nähte seiner Hose kratzten sicher unangenehm auf Rans empfindlichem Glied. Trotzdem bog er sich ihm entgegen und Schuldig fing die halb geöffneten Lippen erneut zu einem langsamen, tiefen Kuss ein. Derweil wanderte sein Blick erneut nach draußen. Er spürte die Energie, die ihn blockierte und sie ärgerte ihn zunehmend. Sie machte ihn wütend.

Er versuchte sich probehalber dagegen zu wehren. Bisher hatte er kein Problem damit gehabt, aber ihn daran zu hindern, Ran das zu geben was er dringend brauchte brachte das Fass zum überlaufen. Es dauerte nicht lange und Ran kam mit einem erstickten Aufschrei. Feucht und ermattet lag er unter Schuldig.

Ran hatte die Augen geschlossen und Schuldig koste mit seinen Lippen über die geschlossenen Lider. Er streichelte ihn sanft und tröstend. „Ich bin bei dir“, sagte Schuldig versichernd. Ran sagte nichts.

Schuldig ging ins Bad, holte einen Waschlappen und ein Handtuch, säuberte Ran, der es nicht sehr schätzte, wenn sein Erguss an seiner Haut antrocknete. Er reinigte seine Kleidung, bevor er Ran zudeckte, der sich sofort einrollte. Schuldig blieb bei ihm bis er eingeschlafen war.

Danach ging er nach unten, trank etwas Sake und setzte sich auf die Couch im Erdgeschoss. Wenig später kam Sakura herein.

„Was ist los?“, fragte die dunkle Silhouette im Türrahmen.

„Was meinen Sie?“, schickte Schuldig leise zurück und nahm erneut einen Schluck von dem Sake.

Sie kam ein paar Schritte näher blieb dann aber stehen. „Dein kleiner Angriff gerade eben.“

„War das so?“, fragte Schuldig nicht wirklich daran interessiert das jetzt zu besprechen, obwohl...

„Ja. Du bist gegen unsere Schilde geprallt... als... wolltest du aus einem Käfig ausbrechen.“ Sie verstummte.

„Noch einmal: Was ist los?“

„Wir müssen hier raus“, sagte Schuldig. Das Wort Käfig erinnerte ihn an Schuldigs angekettetes Engel-Pendant, in Rans kleinem geistigen Versteck.

„Ich muss hier raus.“

Sie sagte erst nichts. Dann: „Ist die Beeinflussung zu stark für dich?“

„Könnte man so sagen“, sagte Schuldig unbestimmt.

„Ruht euch aus. Ich lasse mir etwas einfallen.“

Schuldig nickte und sie ging.
 

Die nächsten Tage passierte rein gar nichts. Schuldig beobachtete mit Argusaugen Rans Zustand. Der sich wie von ihm befürchtet verschlechterte.

Trainingseinheiten brach er voller Zorn ab, bis er an keinen mehr teilnahm. Sakura und Sano waren als Zuschauer oft anwesend, sagten jedoch nichts gegen die unbeherrschten Ausfälle, die untypisch für Ran in der Öffentlichkeit waren. Als Schuldig mit ihm trainieren wollte, verfehlte Ran nur knapp seinen Hals und er entging knapp einer ernsten Verletzung. Danach... kam Ran aus ihrem Schlafzimmer nur dann heraus, wenn Firan ihn zum Essen rief. Dem Jungen konnte er nichts abschlagen. Wenn Schuldig ihn herunterbat kamen eindeutige sexuelle Annäherungen, denen er mehr oder weniger erfolgreich ausweichen konnte. Manchmal ging er darauf ein, aber Ran fühlte sich zurückgesetzt und am zweiten Tag nach der Bestattung stellten sich auch diese Kontaktaufnahmen gänzlich ein. Ran wurde biestig. Und zwar so richtig. Jede Begegnung endete im Streit, sodass schlussendlich nur noch Firan eine Kommunikation mit ihm zuwege brachte. Ran schien innerlich zerrissen zu sein und er konnte sich nicht so zurückziehen wie er es gerne getan hätte. Er fühlte sich eingeengt und beobachtet. Genau wusste Schuldig es nicht, er konnte es nur vermuten.
 

„... wie soll ich mich denn verhalten?“, brummte Ran drei Tage nachdem sie an dem Verbrennungsritual teilgenommen hatten. Schuldig konnte bereits den Zorn in den Worten heraushören.

„Sag mir einfach wie ich dir helfen kann, verdammt“, fuhr Schuldig am Rande der Geduld auf.

Sie waren im Schlafzimmer. Ran nackt unter der Decke und hinaus starrend. Es war bereits Abend und erneut regnete es.

„Nichts von dem ist wahr. Nichts von meinem Leben ist real gewesen. Alles bestand aus Lügen“, sagte Ran und sein Tonfall war bitter und seine Stimme brüchig.

„Selbst die Spielzeuge aus Holz, die angeblich mein Großvater für uns geschnitzt hatte...“, sagte Ran sich zunehmend in Wut redend. Er setzte sich auf und starrte Schuldig an. „Ich glaube nicht eine Sekunde daran, dass dieser Großvater je etwas geschnitzt hat. Dass dieser Mann, der willenlose Männer befehligt, die uns töten wollten je etwas in diese Richtung getan hat! Ich habe keine richtige Erinnerung an ihn, aber eines weiß ich: Der Mann, der mir als Großvater verkauft worden ist war es mit Sicherheit nicht!“

„Wohl nicht, Ran.“ Ran ging wohl jedes Detail seines Lebens durch, dass nun nicht mehr zu passen schien.

„Ich will dir helfen, Ran. Sag mir nur wie ich...“, fing Schuldig an Ran beruhigen zu wollen, wurde aber von ihm unterbrochen.

„Das was ich von dir will, kannst du mir offensichtlich nicht geben“, erwiderte Ran voller Enttäuschung.

„Ran...“, seufzte Schuldig.

„Ist es so schlimm für dich, dass ich Sex will wenn ich mich ablenken möchte? Ist das so abartig?“, fragte Ran nach einer Weile in der zwischen ihnen Stille geherrscht hatte.

„Scheiße! Nein, verdammt! Das ist es nicht“, platzte Schuldig unbeherrscht heraus.

Er verließ frustriert das Zimmer und ging nach draußen, um tief Luft zu holen. In einiger Entfernung, am Haupthaus sah er Sano der wohl gerade unterwegs zu einem der Nebengebäude war.

Sano bemerkte ihn und wartete bis Schuldig zu ihm aufschloss. „Habt ihr schon Kontakt in die Staaten?“, fragte Schuldig.

„Wir wollen es gerade erneut versuchen, kommst du mit?“

Schuldig schloss sich ihm an. Im Nebengebäude betraten sie eine Art Kommandozentrale und die Drei die dort arbeiteten sahen auf. Irgendwie ertappt hatte Schuldig den Eindruck. Er grüßte und ihm wurde eine Sitzgelegenheit offeriert, die er dankend ablehnte. Stattdessen lehnte er sich, an einen unbenutzten Tisch an und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Sakura hat uns angewiesen den Sentinel von D.C. zu kontaktieren. Das wollte sie bisher vermeiden, aber es bleibt uns langsam nicht mehr viel übrig“, sagte Yùna und lehnte sich zurück um auf eine Verbindung zu warten.

„Wir haben vor ein paar Stunden eine Anfrage nach Washington geschickt.“
 

Nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür und Sakura trat herein. „Habt ihr etwas?“, fragte sie. Schuldig hatte den Eindruck, dass sie wie Ran die letzten Tage schlechte Laune hatte. Zwei von diesem Kaliber waren eine wirkliche Herausforderung, dachte Schuldig verdrossen und seufzte ungehört.

„Die Verbindung steht“, bestätigte Sora.

Auf dem Bildschirm erschien ein Mann, der in den Vierzigern schien. Aber Schuldig machte sich keine Illusionen mehr das Alter eines... Menschen anhand seines Äußeren beurteilen zu können.

Irgendetwas in dem Gesicht des Mannes kam ihm bekannt vor.

„Sakura Kawamori, das ist eine Überraschung muss ich zugeben. Wie geht es dir, Sakura?“

Schuldig hielt sich außerhalb der Kamera auf und sah zu Sakura hinüber, die doch tatsächlich nach Tagen ein anständiges Lächeln zustande brachte. Wenn auch ein wehmütiges. Sie wechselte in einwandfreies, akzentfreies amerikanisches Englisch.

„Es könnte besser gehen, Ethan. Ich mache mir Sorgen.“

„Wann hast du das je nicht getan?“, fragte der mit Ethan benannte Mann und schmunzelte. Er wirkte sympathisch auf Schuldig.

„Es gab Zeiten in denen sie weniger waren.“

„Um was geht es?“, fragte er und jetzt war die Aufwärmphase in diesem Gespräch wohl vorbei.

„Um Eve und um Bradley.“

Der Mann ließ sich nichts anmerken. „Wirklich? Du kontaktierst mich auf einem Notfallcode, um über Eve zu sprechen?“

Schuldig blinzelte. DAS war Brads Vater? Er erwähnte Brad nicht.

„Ja, das tue ich. Hat Eve Kontakt aufgenommen?“

„Nein, weshalb sollte sie das tun?“

„Ethan, lassen wir die Spielchen. Du kannst nicht so abgeschottet sein, dass du nicht mitbekommen hast was hier los ist. Eve wurde von Bradley in die Staaten zurückgeschickt um sie vor Angriffen der Rosenkreuzer zu schützen. Wir bekommen keinen Kontakt mehr zu ihnen. Das Flugzeug ist gelandet, doch der Flughafen gesperrt wegen eines... Terrorangriffs. Wo ist Eve?“

„Der Flughafen ist tatsächlich gesperrt. Und es war ein Terrorangriff. Allerdings... geht der Terror vom Orden aus. Einer unserer Agenten hat Tristian dort erkannt, bevor er sich zurückgezogen hat. Was genau dort geschehen ist kann ich dir nicht sagen. Fest steht, dass Eve in Sicherheit ist. Es gab viele Todesopfer. Tristian und ihr Gefolge haben einen Privatjet gestohlen und sind mit unbekanntem Ziel abgeflogen.“

„Was ist mit den Leuten die bei Eve waren?“, fragte Sakura.

„Sie konnten sich verbergen und sind in einem sicheren Haus untergebracht.“

„Wir müssen Eve sprechen“, sagte Schuldig leise, eher zu sich selbst, als für Ethan Crawford gedacht. Dennoch wurde er offenbar gehört. Sakura sah ihn an und neigte den Kopf.

Schuldig verzog das Gesicht und trat in den Bereich der Kamera.

„Mr. Crawford, wir müssen Eve sprechen. Sie sollte einiges von dem erfahren, was seit ihrem Abflug in Tokyo passiert ist.“

Ethan Crawford sah ihn lange an und Schuldig wusste nicht ob das Bild eingefroren oder er in eine Schockstarre verfallen war.

„Ich wusste ja, dass du deine Intrigenspielchen gut beherrschst, Sakura, aber wie gut ist mir jetzt erst klar geworden. Was zum Teufel sucht ein Mitglied von Schwarz bei dir?“

Schuldig verbiss sich ein amüsiertes Grinsen über diese kleine Einlage von Brads... Vater. Brad hat so gut wie nie über seine Familie gesprochen und wenn, dann nur in negativem Kontext. Seine Schwester bei der Agency, die ihn verfolgt und seinen Vater hatte er bisher so gut wie nie erwähnt.

„... zu erklären bedarf ein wenig mehr Zeit, Ethan. Zeit die wir jetzt nicht haben“, half Sakura aus um Schuldig wohl daran zu hindern etwas ‚ungebührliches’ zu sagen.

„Warum? Erklär mir das. Erklär mir warum Hazel Worthington, der Sentinel von London mich um Hilfe bittet, warum einer ihrer Schützlinge plötzlich an diesem Flughafen auftaucht und von Rosenkreuzern zusammen mit Jules Rey dem Sentinel von Vegas gefangen genommen wurde. Und das sind nur wenige Punkte, die ich mit dir gerne erörtern würde.“

„Hazel? Sie ist der neue Sentinel von London?“, fragte Sakura erstaunt.

„Ja und das schon seit ein paar Jahren. Sie macht einen guten Job, dennoch kann sie sich nicht mehr lange halten. Sie werden seit Jahren angegriffen.“

„Es ist ein weltweites Problem, Ethan.“

„Ein Problem das von Schwarz eingeleitet wurde. Ohne den Fall der Trias hätten wir dieses Problem jetzt nicht.“

„Kritiker war beteiligt, Ethan. Es war nicht ihr Verdienst allein.“

Er machte nicht den Eindruck als würde ihn das begeistern.

„Und es war unvermeidlich. Sie konnten die Konvertierung nicht mehr halten.“

„Konvertierung“, sagte Ethan Crawford abfällig. „Warum nennst du es nicht beim richtigen Namen. Und was schert es mich wenn dieses Feld leergefegt wird von denen die es für sich annektierten?“

„Was es mich schert? Nichts desto trotz sind es Menschen...“, fing Sakura an und Schuldig konnte die Wut aus ihren Worten hören.

„Menschen? Das sind keine Menschen mehr.“

„Sehe ich das richtige, dass du dafür bist, dass diese PSI aus dem Meer gelöscht werden? Was ohnehin schon unmöglich ist.“

„Sie können nicht gelöscht werden, Sakura, ihr Tod setzt die Energie frei, die sie jahrelang von anderen abgezogen haben. Das Meer hat nur eine bestimmte Menge an Energie. Diese Umverteilung muss aufhören.“

„Das sind veraltete Ansichten, Ethan. Kein Wunder, dass sich dein Sohn von dir abgewendet hat, du bist immer noch der gleiche, sture... Mann, den ich einst kennengelernt habe.“

Schuldigs Ohren waren mehr als gespitzt und das Gespräch gefiel ihm zunehmend besser. Streng genommen war es der Beginn eines handfesten Streits.

„Ich habe keinen Sohn mehr“, sagte Ethan Crawford mit unaufgeregter Stimme.

„Oh, den hast du, Ethan. Und er ist in Somis Gewalt. Er hat sich für sein gesamtes Team, für seine Schwester und für einen Teil meiner Familie geopfert, damit sie entkommen konnten. Dein Problem ist, dass du ihn nicht kennst und du solltest dir darüber Gedanken machen ob du noch jemals Gelegenheit bekommen wirst um ihn je wieder zu sehen und dies nachzuholen. Ich erwarte von dir, dass du einen Kontakt zu Eve herstellst. Wir kontaktieren dich wieder.“

Sora kappte die Verbindung und alle im Raum atmeten etwas durch.

„Sie haben ihn verärgert“, fühlte sich Schuldig dazu verpflichtet die Stimmung noch etwas aufzumischen.

„Oh, das habe ich hoffentlich.“

„Und was jetzt?“, fragte Schuldig.

„Wir warten. Ich will wissen wie es Gabe und Lilli geht.“ Sie verließ den Raum und Sano und Schuldig blieben zurück.

Schuldig hatte langsam das Gefühl, dass Unterricht gar nicht so schlecht war, in Anbetracht der Gespräche die hier in Zukunft vielleicht auf ihn zukommen würden. Das Meer der... was? Von welchem Feld sprachen sie? Dem PSI-Feld?

Wo war Nagi wenn man ihn brauchte?

Schuldig dachte an ihren Jüngsten mit Sorge und sofort tauchte das Bild von Jei vor seinem inneren Auge auf. Jei... war so alt wie Nagi gewesen.
 

Schuldig verließ das Nebengebäude in Gedanken vertieft. Er versuchte das was er einst von De la Croix gelernt hatte hervorzukramen, während er ins Gästehaus zurückkehrte. Er ging hinauf in ihr Schlafzimmer und fand Ran im Bett vor.

Er schlief augenscheinlich, aber sehr unruhig. Schuldig setzte sich auf die Bettkante und legte eine Hand auf Rans Brust. Ran öffnete die Augen einen Spalt breit.

„Schu...“, sagte er kaum zu verstehen.

„Schlaf noch ein bisschen.“

„Ich kann nicht“, sagte Ran und drehte sich zur Seite. Er war nackt unter der Decke und sein Rücken lag frei. Schuldig deckte ihn zu und platzierte einen Kuss auf dem rechten Schulterblatt, bevor er das Schlafzimmer wieder verließ.

Ran brauchte einen Freund und er war gewillt ihn zu suchen.

Zunächst jedoch suchte er Sano. Dieser war noch immer in der kleinen Zentrale und telefonierte mit jemandem. Schuldig wartete bis er aufgelegt hatte.

„Ich muss etwas mit dir besprechen“, kündigte er an und Sano begleitete ihn nach draußen. Sie gingen ein paar Schritte auf dem überdachten Weg in Richtung Haupthaus bis Schuldig stehen blieb.

„Ich muss nach Tokyo.“

„Das ist keine kluge Idee“, meinte Sano umsichtig.

„Das ist mir klar“, pflichtete Schuldig im gleichen Tonfall bei.

„Warum?“

„Ich brauche ein paar Sachen, für Ran.“

„Gehen wir zu Sakura, sie sollte deinen Wunsch hören.“ Sano ging in Richtung Haupthaus weiter.

„Ich gehe auch ohne ihr Einverständnis“, sagte Schuldig ernst.

„Das ist uns allen klar, Gabriel.“

Schuldig seufzte und folgte schlussendlich Sano in Sakuras Empfangsräume. Sie war nicht dort. Sano legte den Kopf schief, dann drehte er sich um und sah Schuldig an. Er bedeute Schuldig ihm zu folgen und sie gingen in die Trainingsräume im hinteren Teil des Gebäudes.

Dort war Sakura und trainierte.

„Is sie sauer?“, fragte Schuldig als sie stehenblieben und zusahen wie sie einen um den anderen ihrer Trainingspartner besiegte.

„Ja, ein wenig.“
 

Sie sahen eine Weile zu bis die Übungsrunde beendet war und sich alle verabschiedeten. Sakura kam die Stufen zu ihnen herunter.

„Gabriel?“

„Ich möchte nach Tokyo. Ich muss.“

Sakura sah zu Sano hinüber, der bewegte nur minimal den Kopf.

„Gut, wir gehen mit.“

„Ich dachte Sie wollten sich nicht mehr einmischen, ihre Zeit wäre vorbei und so“, meinte Schuldig ironisch.

„Ich habe nicht erwartet, dass Jules zum Sentinel ernannt worden ist und auch nicht, dass die Dinge in London so schlecht laufen.“

„Wer ist Jules Rey?“, fragte Schuldig.

„Es gab keinen offiziellen Sentinel in Vegas.“

„Es gibt also Vorkommnisse, die Ihnen entgangen sind?“

„Natürlich“, sagte sie und Schuldig hatte den Eindruck sie hielt ihn gerade für dumm.

„Was willst du in Tokyo tun?“, fragte Sakura. „Naoe suchen?“

„Nein. Dafür bräuchte ich mehr Zeit. Ich will nur ein paar Sachen für Ran zusammensuchen und sie ihm bringen. Damit es ihm besser geht.“

Sakura sah von Schuldig zu Sano und legte dann den Kopf schief. „Du weißt schon, in welcher Lage wir uns befinden?“, fragte sie vorsichtig nach.

„Natürlich“, sagte Schuldig im gleichen Tonfall, den sie zuvor benutzte.

„Rans Zustand wird sich nicht einfach so verbessern. Er wird schlechter. Ich habe das ein paar Mal miterlebt. Es ist besser wenn ich ein paar Dinge besorgen könnte.“

„Du willst nicht sagen, was?“, hakte Sano nach.

„Nein.“

„Schön“, lenkte Sakura ein.

„Wir treffen uns in einer Stunde hier, ich organisiere den fahrbaren Untersatz.“

Sie trennten sich und Schuldig suchte Firan.

Er brauchte seinen Helfer in der Not.
 

Er fand ihn im traditionellem Badehaus zusammen mit... Momo?

Schuldig wechselte das Schuhwerk und passierte diverse Türen bis er hinter die Glaswand trat und die beiden in dem großen Becken zwischen den dampfenden Schwaden ausmachte. Sie erhoben sich beide von ihren Plätzen erstaunt über sein Erscheinen. Schuldig machte große Augen und wurde kurz von seinen Plänen abgebracht als er Momo sah. „Ähm... ich dachte du bist ein Mädchen?“, fragte Schuldig indiskret. Aber Diskretion war keines seiner Steckenpferde.

„Nicht direkt“, sagte Momo schüchtern.

„Ist etwas passiert?“, fragte Firan.

„Nein“, erwiderte Schuldig und bedeutete beiden sich wieder zu setzen.

„Ich fahre mit Sakura und Sano nach Tokyo zurück, könntet ihr solange auf Ran achten?“

„Auf Ran?“, fragte Firan und sein Gesicht drückte Hilflosigkeit aus. „Wie?“

Firan hatte das Problem offenbar erkannt. Wenn Ran sich in den Kopf setzen würde ihm zu folgen, wer sollte ihn davon abhalten? Firan sicher nicht.

„Sag ihm einfach, dass ich mit den Beiden unterwegs zu den Bäumen bin und dass ich heute im Laufe des Tages wieder zurück bin.“

„Das wird ihn nicht abhalten, dir folgen zu wollen“, sagte Firan.

„Keine Angst, er wird nicht folgen, er scheut es zu Yohji und Jeis Ruhestätten zu gehen. Es ist noch zu früh. Die Ruhestätte wird heute erst eingerichtet und es ist eine Stunde weit weg. Wir fahren in einer Stunde los und wenn wir uns beeilen sind wir ohnehin spätestens morgen Mittag wieder zurück. Ran schläft momentan sehr lange, das dürfte uns genügend Zeit geben.“

„Ich will ihn nicht anlügen.“

„Vermutlich brauchst du das auch nicht. Er hat gestern kaum nach mir gefragt. Es geht ihm nicht gut, Firan. Ich denke er wird morgen ohnehin nicht aus dem Zimmer rauskommen.“

„Gut.“

„Momo, wenn du Zeit hast, kannst du Firan dabei unterstützen?“

„Sicher, aber in Mädchenklamotten!“, sagte Momo frech.

Schuldig lachte. „Von mir aus. Und warum tust du das? Persönliche Gründe?“

„Ich bin in der Ausbildung.“

„Zu was? Zum Attentäter?“

Momo lächelte nur freundlich und blinzelte aufreizend mit den Wimpern. Schuldig seufzte und verabschiedete sich. Asugawa 2.0 also.

Schuldig blieb kurz stehen und sah zurück. „Hast du deinen Schützling schon gefunden?“

„Nein, noch nicht. Meine Ausbildung ist noch nicht abgeschlossen. Es fehlen noch wichtige Bereiche.“

Schuldig ging endgültig und hörte noch wie Firan neugierige Fragen über dieses Thema stellte.

Er ging wieder hoch ins Schlafzimmer und kramte leise seine Sachen zusammen. Damit er Ran nicht störte oder ihn gar auf komische Gedanken brachte beschloss er sich im Erdgeschoss umzuziehen.
 

Als er nach draußen kam und in Richtung Tor ging, in dessen Nähe der Fuhrpark war, warteten Sakura und Sano in Motorradkluft vor ihren Motorrädern auf ihn. „Nimm du den SUV, wir folgen dir“, sagte Sano und sie öffneten das Tor.

Dann ging es los in Richtung Tokyo.

Schuldig warf noch einen Blick zurück in Richtung Gästehaus. Es lag im Dunkeln.
 

Er stieg in den Wagen und fuhr los.
 


 

Fortsetzung folgt...
 

Vielen Dank!
 

Gadreel ^_^



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