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Der Glasgarten

von

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Vaterliebe

Vaterliebe
 


 

Gegen Mittag kam Schuldig im Ryokan an. Er fühlte sich ausgelaugt und das Zittern seiner Hände war kaum zu bändigen. Es fiel ihm schwer, sich auf etwas richtig zu konzentrieren. Das Hintergrundrauschen der Gedanken der Menschen war lauter geworden, als forderten alle seine Aufmerksamkeit, als schrien sie ihm zu, er solle sich ihrer endlich annehmen. Er wollte nur noch zu Ran und war sich sicher, dass er dann zur Ruhe kommen und diese innere Unruhe dadurch verschwinden würde.

Zunächst aber sondierte er die Lage und fand keine großen Auffälligkeiten. Er schlich sich in die Gedanken der Nachbarn, die ihre Höfe und auf den Gassen kehrten, die ihre Blumen umpflanzten. Sie waren dabei die Wäsche aufzuhängen, die Futons, die zum Lüften draußen hingen hereinzuholen. Alles sehr beschaulich und ruhig in dieser Gegend. Die Kinder jedoch interessierten ihn am meisten. Sie spielten in der Umgebung und waren stets aufmerksam, wenn es darum ging, Neuigkeiten zu erfahren – beispielsweise unbekannte Menschen, die ihnen auffielen.
 

Erst, als er näher an das mehrstöckige, unauffällige Haus mit dem hohen Zaun heranfuhr und erneut anhielt, um seine Observation wieder aufzunehmen, bemerkte er, dass er seine Fähigkeiten uneingeschränkt anwenden konnte. War das Kind nicht mehr im Ryokan?

Er brauchte eine halbe Stunde dafür, um einen genauen Status der letzten Stunden über die Vorgänge um ihren temporären Aufenthaltsort zu bekommen, bevor er den Van in die Einfahrt fuhr und im hinteren Teil des kleinen Grundstücks parkte. Danach ging er auf dem Kiesweg um das Haus herum und schloss die Tür auf.
 

Er ließ sich Zeit damit, das Haus zu betreten, wechselte sein Schuhwerk im Eingangsbereich und ging zunächst in die Küche, um etwas zu trinken. Alles war still, als er dann die Treppe hinaufging und zunächst Brads Zimmer anpeilte. Die Signatur des Hellsehers war unverkennbar, schimmerte wie ein metallener Faden in der Dunkelheit. Er schickte ihm einen vertrauten Gedanken und klopfte mental bei Brad an. Nur wurde er rüde zurückgewiesen.

Schuldig runzelte vor der Tür die Stirn und sein Mund verzog sich aufmüpfig. „Von wegen ich soll draußen bleiben“, brummte er und drückte die Klinke nach unten. Er schlüpfte ins Halbdämmer des Zimmers und ließ das Grell des Tages hinter sich zurück. Es war stickig und viel zu warm in dem Raum.

Brad lag auf dem Rücken, den Kopf seitlich von der Tür abgewandt.

Schuldig ging näher und kniete sich vor das Bett, er streckte seine Hand aus und berührte Brads Stirn. „Hallo Prinzessin...“, sagte er sanft. „Dein Prinz ist da.“
 

Brad zuckte zunächst zurück, als hätte er sich erschrocken, stöhnte dann frustriert und verzog das Gesicht. Die Läden waren geschlossen, trotzdem drang etwas Helligkeit herein, was Schuldig ausreichte, um die Mimik des Mannes deuten zu können.

„Will der Prinz einen Arschtritt für diese Störung?“ erwiderte Brad mit aufgerauter Stimme.

„Nein?“ sagte Schuldig und zog ein Gesicht wie Drei-Tage-Regenwetter.

„Was ist mit Nagi?“ brachte Brad heraus und wandte ihm langsam den Kopf zu, ließ jedoch die Augen geschlossen. Seine Stimme hörte sich für Schuldig an als, würde der andere schlafen, so fern und träumerisch klang sie.

„Stabil. Der Schild hält und wird langsam kräftiger“, log er.
 

„Wie geht’s dir?“ Die Frage war überflüssig wie er nach einem Blick in das müde Gesicht erkannte.
 

„Eve ist hier im Haus und das Mädchen schläft. Wir waren der Meinung, so lange sie das tut, bin ich Eves Fähigkeiten ausgesetzt.“

„Sie ist eine von uns?“

„Ja. Psychometrie. Sie sieht die Vergangenheit von...“

„Ich weiß, was Psychometrie ist“, unterbrach Schuldig Brad genervt über den vermeintlich beginnenden Vortrag. Er setzte sich zurück und starrte Brad an. Minuten lang starrte er ihn an und war sprachlos.

„Du siehst beides.“ Er sagte es, als wäre das völlig klar, als gäbe es keinen Zweifel.

„Du siehst alles. Deshalb hältst du dich von ihr fern.“
 

Brad wandte sein Gesicht wieder ab. „Wenn ich ihr zu nahe komme, kann ich nicht mehr filtern, es läuft alles in einander über und wird zu einem Film. Einem Film von Hieronymus Bosch. Wenn sie ihre Handschuhe trägt ist es wesentlich besser.“ Brad öffnete seine Augen und Schuldig wich etwas zurück. Die weiße Bindehaut war blutunterlaufen, das schwefelige Braun schimmerte golden. „Aber wirklich am Besten ist es, wenn die Kleine wach ist. Das ist ein Segen, Schuldig.“

Brad schloss die Augen wieder. Ein Segen und ein Fluch. Sie konnten sich somit schlecht gegen Angriffe schützen.
 

Schuldig legte seine Hand wieder auf Brads Stirn. „Kannst du schlafen in diesem Zustand?“

„Nein.“

„Du warst die ganze Zeit wach, wenn ich mir deine Augen so ansehe, hmm?“

„Ich sehe aus wie...“

Schuldig kletterte über Brad. Er stützte sich mit den Händen neben dessen Schultern auf und sah auf den Mann hinunter. Er ahnte, dass Brad Vergleiche zog, die jeder Grundlage entbehrten.
 

„Nein. Das tust du nicht!“ Schuldig schüttelte vehement den Kopf. „Sie wollten sich in Rans Schwester zu einem Wesen reinkarnieren, das war alles, was diese Augen bewirkt hatte – eine Überlastung. Niemand hatte daran geglaubt, dass dieses Mädchen als Gefäß wirklich hätte herhalten können. Es hätte nie geklappt. Sie hatte nicht die körperlichen oder geistigen Voraussetzungen dafür, sie wäre gestorben dabei. Das weißt du.“

Brad schnaubte und lachte zynisch auf, verstummte dann aber wieder. „Ich hatte einmal braune Augen, Schuldig. Stinknormale braune Augen. Und jetzt? Sieh dir an, was bei einer sogenannten Überlastung passiert? Sie sehen aus wie bei der kleinen Fujimiya.“
 

Schuldig strich Brad behutsam die Haare aus der Stirn. Er war mit seinem Latein am Ende und er befürchtete, dass Brad Recht hatte, wie so oft.
 

„Sie wollten ihre Macht damit stärken , weil sie wussten, dass wir ihnen irgendwann überlegen gewesen wären“, sagte Brad.

„Natürlich. Das ist der Lauf der Dinge. Das Monster frisst seinen Schöpfer“, meinte Schuldig lapidar und Brad musste unfreiwillig über diese nonchalanten Worte lachen.

„Mach dir nicht zu viele Gedanken darum. Jedem von uns sieht man die PSI Aktivität an den Augen mal mehr, mal weniger an. Meine wechseln von Blau auf Grün in verschiedenen Varianten, Nagis werden bisweilen weiß, Jeis waren rot ... na ja früher, wenn er rot gesehen hat und deine, na ja, deine leuchten eben golden.“
 

„Ich hoffe du behältst Recht.“
 

„Soll ich dir helfen, damit du schlafen kannst?“
 

Brad nickte.

„Wir müssen reden, Schuldig.“

Dieser sah ihn aufmerksam an. „Das werden wir. Ich habe beunruhigende Neuigkeiten, die du hören musst. Es hat noch Zeit, denn erst müssen wir uns ausruhen“, sagte Schuldig und Brad schloss die Augen. „Schlaf jetzt...“ wisperte er.
 

Als Brad mit seiner Hilfe eingeschlafen war blieb er noch ein paar Minuten bei ihm liegen und erhob sich dann, um Ran zu suchen.
 


 

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Schuldig überprüfte kurz, wie es ihrem Gast ging, während er die Stufen hinauf in die oberen Stockwerke hochstieg. Er klopfte mental bei Eve Crawford an.

‚Eve, wie geht es ihnen?’

‚Gut, ich versuche zu schlafen, es will mir nicht wirklich gelingen.’

‚Versuchen sie es weiter, um ihren Bruder brauchen Sie sich nicht mehr zu sorgen, ich habe ihm geholfen, einzuschlafen.’

‚Danke’

Schuldig klinkte sich wieder aus und erklomm das nächste Stockwerk, als er um die Ecke bog, blieb aufgrund des Anblicks, der ihn erwartete, stehen. Ran saß zusammengekauert auf der obersten Stufe und schien zu schlafen, so hoffte Schuldig. Er ging besorgt näher, kniete sich auf die Stufe unter Ran und hob den halb schlafenden auf seinen Schoß. Dieser regte sich langsam und Schuldig bettete dessen Gesicht auf seine Schulter. „Hey... Blumenkind, es gibt doch sicher bessere Schlafmöglichkeiten als diese alte Treppe, meinst du nicht?“ schlug er zärtlich vor.
 

Aya seufzte und zog Schuldig nahe an sich heran, er atmete tief dessen Geruch nach Desinfektionsmitteln ein und rümpfte die Nase. „Sie sieht Aya schrecklich ähnlich, Schuldig“, flüsterte er in Schuldigs Halsbeuge, sodass dieser es fast nicht verstanden hätte.

„Das wächst sich sicher aus“, wisperte er an Rans Ohr und lächelte. „Halt dich fest.“ Ran schlang einen Arm um seinen Nacken und Schuldig hob das in Leder gehüllte Bündel Verzweiflung vom Boden hoch. Ran hasste es, getragen zu werden, schien es sich aber für den Moment gefallen zu lassen, ansonsten hätte Schuldig sicher etwas zu hören bekommen.

Er trug ihn in das Zimmer nebenan und legte ihn auf das Bett. Schuldig kam über ihn und suchte die violetten Augen, um wie so oft den miserablen Versuch zu starten, in ihnen zu lesen. Stumm sahen sie ihn an, voller Vertrauen und altem Schmerz. Er beugte sich unendlich langsam nach unten, küsste die angespannten Lippen zart, nippte, trank von ihnen, versicherte ihnen mit lockender Zärtlichkeit, dass alles gut werden würde.

Schuldig hob den Kopf und suchte wieder den stummen Blick. „Und wenn noch so sehr alles außer Kontrolle gerät, wenn ich bei dir bin, verstummt das Chaos.“
 

Aya strich Schuldig die Haare aus dem Gesicht. „Du willst mir damit sagen, dass wir das alles hinkriegen?“

Er sah in das Lächeln hoch, das ihm geschenkt wurde.
 

„Sicher.“
 

„Und was, wenn nicht? Wenn einer von uns...“
 

Schuldig legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Sag es nicht, Ran. Wenn dich jemand von mir wegholen sollte, gibt es niemanden, der das Chaos mehr aufhalten könnte“, er lächelte wieder. „Das ist doch die logische Schlussfolgerung dessen, was ich vorhin sagte.“ Er sah Ran ernst an. Und dieser wusste, dass Schuldigs Lächeln ihm Trost spenden sollte, es aber ernst gemeint war. Todernst.

Er war aus China wiedergekehrt, weil er an Ran geglaubt hatte, an ihrer Verbindung nicht gezweifelt hatte. Was er von sich selbst nicht behaupten konnte.
 

Sie sprachen ein Weilchen nicht mehr und Schuldig hatte seinen Kopf auf Rans Brust gelegt. Rans Finger strichen über seine Schläfe, sein Ohr, seinen Kopf und er seufzte verhalten.

„Bist du nicht müde?“ fragte Ran schläfrig.
 

„Bin ich. Ich habe in der Klinik geschlafen und bleibe auf, bis du oder Brad ausgeschlafen haben. Mach die Augen zu und träum was Schönes, ich übernehme die erste Wache“, sagte Schuldig mit einem Grinsen.
 

„Was ist mit Nagi?“
 

„Sein Zustand hat sich stabilisiert auf einem sehr niedrigen Niveau. Sein Lover ist bei ihm.“
 

Aya hob diese Bezeichnung missbilligend eine Augenbraue. „Was ist mit Ken?“
 

„Der Doc hat ihn in eine andere Klink gebracht, um seine Knochenbrüche operieren zu lassen. Er kommt nach den Operationen wieder in die Klinik zurück. Es war wohl weniger schlimm als erwartet, aber er hat einen Bruch am Arm, das Sprunggelenk war nicht gebrochen. Sein Wachhund Hisoka begleitet ihn. Und Hisoka sollte man sich besser nicht in den Weg stellen. Der Typ beherrscht eine Kampfkunst, die ich nicht kenne und wird aufgrund seiner Masse unterschätzt. Der bewegt sich erschreckend schnell wenn es sein muss.“
 

„Einer von euch?“
 

„Nein. Aber er muss ein wirklich gut trainiertes Chi haben“, Schuldig zuckte mit den Schultern. „Wie ne Festung.“
 

„Dieser Doc...“ Ran zögerte. „Vertraut ihr ihm?“
 

„Nicht die Bohne. Na ja, Brad hat ihm wohl in der Vergangenheit aus der Patsche geholfen. Aus einem spontanen Impuls heraus.“ Schuldig lachte leise.

„Wohl eher weil er wieder irgendetwas gesehen hatte, was sich in der Zukunft als günstig erweisen würde.“
 

„Hast du mit ihm schon gesprochen?“
 

„Nö. Er wollte schlafen und sah ziemlich fertig aus. Da die Kleine jetzt schläft und seine Schwester wohl keine ihrer Spezialhandschuhe trägt, ist er am Limit zu dem, was er verkraften kann. Ich habe ihn noch nie so...“
 

„...verletzlich gesehen?“ half Ran ihm auf die Sprünge und erntete damit ein Seufzen.
 

„Könnte man so sagen. Es ist irgendwie beängstigend, ich würde sogar so weit gehen und sagen: erschütternd. Auf eine andere Weise schlimmer als damals im Krankenhaus.“
 

„Und dieser Doc hilft euch wegen des Umstandes, dass Brad ihm geholfen hat? Bindet ihn sonst noch etwas an seine ‚Treue’?“
 

„Geld?“ Schuldig zögerte einen Augenblick. „Außerdem habe ich Nachforschungen angestellt. Nachdem dieser kleine Vorfall in der Klinik Kudou und Jei fast das Leben gekostet hätte, hat sich dieser Arzt einer Überprüfung seiner Aussagen durch mich unterzogen. Was ich dort gefunden habe, war wirklich erstaunlich und wie soll ich sagen... in gewisser Weise verblüffend...“ Er hätte ihm beinahe den Kopf vom Rumpf gerissen, als er das herausgefunden hatte...
 


 

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Einige Stunden zuvor in der Klinik...
 

Es war noch einiges aufzuräumen und zu putzen und da Kudou nichts anderes im Sinn hatte, außer darauf zu warten, dass Jeis Genesungsprozess weiter so gut wie bisher voranschritt, hatte er Hisoka gesagt, er würde dabei helfen, die Klinik zu säubern. Die Leichen waren von dem Riesen weggeschafft worden und nun galt es, die unschönen Überbleibsel von Wänden und Boden zu entfernen.

Viel durfte er laut dem Doc noch nicht machen. Seine Wunde war genäht worden und heilte gut. Er hatte sie unter dem viel zu breiten Verband bisher noch nicht selbst begutachtet. Aber er befand ihn als viel zu übertrieben.

Die letzten Tage waren die Schmerzen weniger geworden und sein Kreislauf hatte sich normalisiert, sodass er kleinere Aufgaben übernehmen konnte. Jei war stets in seiner Nähe und beobachtete das, was er tat. Er hatte sich bereits daran gewöhnt, den stillen Begleiter in seiner Nähe zu haben und empfand es nicht mehr als Einschränkung oder Beschneidung seiner Freiheit. Was auch daran liegen konnte, dass er hier unten ohnehin in seiner Freiheit beschränkt war.
 

Er wischte gerade mit einem Lappen die Fliesen in langsamen Bewegungen ab, da er die Naht nicht gefährden wollte. Dann tauchte er den Lappen in das Wasser, das auf einem Tischchen in Armhöhe stand. „Ich frage mich, wann wir hier raus kommen? Es nervt mich, dass ich nichts über die anderen weiß. Und es nervt mich, dass ich ihnen nicht helfen kann. Und es nervt mich...“ fing er eher gelangweilt und wenig enthusiastisch damit an, sein Leid Jei zu klagen.
 

„... dass du keine Zigarette rauchen kannst?“ kam dann doch prompt eine Veräußerung des stillen Mannes.
 

Yohji ließ den Lappen wieder ins Wasser plumpsen und drehte sich um. Sie standen in dem langen Flur, in dem er den Mann erledigt hatte. Moderne rockige, poppige Songs drangen durch die unterirdische Klinik mit einem Hauch der 70iger Jahre aus dem letzten Jahrhundert. Der Sound gefiel ihm und Hisoka hatte ihm beschieden, dass es eine Band aus Europa war und in den Zwanzigern dieses Jahrhunderts Erfolge feierte.

Jei saß auf dem Boden und sah ihn aufmerksam an, wie stets eigentlich.

„Das auch, aber daran dachte ich nicht. Ich weiß nicht wie es ihnen geht. Das kotzt mich an.“
 

„Es geht ihnen gut.“
 

„Ahja? Und das weißt du woher?“ Kudou rückte mit seinem Handgelenk das Kopftuch marginal zurecht, das er sich umgebunden hatte, zum Schutz seiner blonden Mähne. Er musste mal wieder dringend zum Friseur.
 

Jei betrachtete ihn sich für einen Moment lang ausgiebig und Kudou hatte den seltsamen Eindruck, der andere würde ihn halb ausziehen dabei.

„Ich weiß es“, erwiderte er langsam.
 

Kudou gönnte sich ein zynisches Lächeln. „Klar, was sonst.“
 

Er wandte sich wieder seiner Tätigkeit zu, tauchte mit behandschuhten Händen den Lappen ein letztes Mal in den Eimer. Hisoka hatte ihm aufgetragen, nur die Bereiche zu wischen, an die er bequem gelangen konnte, ohne sich zu bücken oder zu strecken.

Nach einer Weile kam Hisoka des Weges, einen Schrubber in der Hand und nur mit einem geöffneten Hemd bekleidet, dass seinen massigen Oberkörper frei ließ. Kudou registrierte die Tätowierungen mit einer gelupften Augenbraue.
 

„Was bedeuten sie?“ fragte er wie stets aufdringlich, wenn er etwas wissen wollte.
 

Hisoka blieb stehen und stellte den Schrubber ab. Er sah ihn für einen Moment stoisch an.
 

„Die Schriftzeichen auf ihrem Körper.“ Yohji machte weiter, als hätte er kein gesteigertes Interesse daran, was natürlich nicht stimmte. Die sichelförmig angeordneten Zeichen waren eindeutig Schriftzeichen, wenn auch so winzig angeordnet, dass man sie erst bei näherem Hinsehen als solche erkannte.
 

„Wenn ich Ihnen das sagen sollte, müsste ich Sie hinterher töten und da der Doc sicher etwas dagegen hat, nachdem er Sie zusammen geflickt hat, sollten Sie von weiteren Fragen absehen.“ Hisoka lächelte freundlich. „Zu Ihrem eigenen Wohl“, sagte er fürsorglich und freundlich ohne den Hauch von Spott.

Er nahm den Schrubber wieder hoch und trabte davon. Yohji sah ihm nach und fing dann einen Blick von Jei ein, der dem Hünen ebenfalls nachsah.

„Was hältst du davon?“ fragte Yohji den sitzenden Empathen.
 

„Interessant.“
 

„Interessanter als ich?“ Yohji lächelte heimtückisch und wischte mit nur mäßigem Erfolg an einer getrockneten Blutspur herum.
 

Es kam keine Antwort. Auch nach Minuten nicht und Yohji behielt sein Lächeln bei. Vielleicht wurde er seinen persönlichen Stalker doch noch los.

Die Frage war nur, ob er das nach all dem, was sie erlebt hatten, noch wollte. Jei in seiner Nähe zu haben, auch ohne, dass dieser auf ihn empathisch einwirkte, löste in ihm ein Gefühl der Sicherheit aus. Offenbar ein Umstand, der ihm bisher gefehlt hatte, wie es schien.
 

Jei beobachtete den Rest des Vormittags den Hünen, sobald dieser des Weges kam, wich aber nicht von Yohjis Seite.

Mittags aßen sie im Aufenthaltsraum des Personals und Yohji schob Jei Soba Nudeln in einer schmackhaften Suppe mit Gemüse zu. „Du hast Hunger, also iss“, sagte er, schon daran gewöhnt, Jei in einem Zustand der Unaufmerksamkeit für seine Bedürfnisse und Umgebung zu dirigieren.
 

Nach dem Essen legte sich Yohji in sein Zimmer und schlief. Wo Jei war, wusste er nicht, aber weit sicher nicht.

Der Doc ließ sich am Nachmittag blicken, als er wieder nach ihren Wunden sah und danach waren sie sich wieder selbst überlassen. Bis plötzlich nachts ein Anruf eintraf und Hisoka sie weckte. Jei hatte in einem anderen Raum geschlafen und stand bereits angezogen vor Yohji, als dieser geweckt wurde. Yohji war sich fast sicher, dass dieser sich überhaupt nicht ausgezogen hatte, so zerknittert, wie die Klamotten aussahen. Sie trugen immer noch die Klinikkleidung.

„Was ist los?“ murmelte Yohji und war sofort alarmiert, als Hisoka im Zimmer stand.
 

„Mr Schuldig hat angerufen und bringt zwei Verletzte rein. Sie kommen in wenigen Minuten an. Ich dachte, Sie würden das wissen wollen.“
 

„Wer ist es?“ Yohji setzte sich plötzlich hellwach auf und rutschte vom Bett in seine Schuhe hinein.
 

„Der Telekinet und einer aus ihrem Team. Wir sollten alles vorbereiten, bis sie hier sind. Der Doc ist schon wach und bereitet die Säle mit den Geräten vor.“
 

Sie gingen in den Eingangsbereich der Klinik und Hisoka gab den Code ein, der die Tür öffnete. Danach folgte er dem Mann durch einen breiten, gut beleuchteten Korridor in den Tiefgaragenbereich, den er von seiner Anreise hierher kannte. Sie warteten mit einer Liege und wenig später fuhr der Van herein. Schuldig saß am Steuer, neben ihm Ken.
 

Der Wagen verstummte und Schuldig stieg aus. Er öffnete den Van und Yohji half Ken beim Aussteigen. Hisoka stützte ihn und bedeutete ihm, sich auf die Liege zu legen. Ken murmelte etwas davon, dass er laufen könnte, doch Hisokas Pranke bedeutete ihm, dass es besser wäre, sich seiner ‚Bitte’ zu fügen. Ken gab klein bei und legte sich auf die Seite. „Kommen Sie klar?“ wandte sich Hisoka an Schuldig und dieser winkte ab. Yohji wollte in das Wageninnere steigen, wurde aber von Schuldig am Arm zurückgehalten.

„Fass ihn nicht an, Kudou“, warnte der Telepath. Omi sah furchtbar aus. Seine Augen sahen aus, als hätte er geweint und sein Gesicht war blass, als hätte er einen Schock.

„Gib ihn mir, der Schild ist nahezu ungefährlich momentan.“ Schuldig übernahm Naoe in seine Arme und Omi fiel beinahe aus dem Wagen, als er aussteigen wollte. Yohji fing ihn ab und setzte ihn erst einmal hin. Schuldig brachte den Jungen hinein, der mehr tot als lebendig aussah.

„Er wird sterben“, sagte Omi tonlos.
 

„Was ist passiert?“ Kudou lehnte mit dem Arm am Van abgestützt an dem kühlen Metall und sah dem am Boden sitzenden Jungen forschend ins Gesicht.
 

„Er hat sich überfordert, sagt Schuldig. Wir sollten nur für Ablenkung sorgen, was auch anfangs gut lief und dann wurde es immer mehr. Nagi... er...“ Omi brach ab und sah zu ihm hoch. „... er hat einfach nicht mehr aufgehört. Alles hat vibriert und ich konnte die aufgeladene Luft in mir spüren, als wären meine Atome selbst in Aufruhr. Blitze zuckten über das Gelände und ständig entluden sich ohrenbetäubende Kracher. Das Gelände liegt brach, Yohji. Und immer noch konnte oder wollte er nicht aufhören. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Schuldig sagt, dass er nicht weiß, ob er sich davon erholt, er ist sehr schwach.“
 

„Dann gehen wir besser rein“, sagte Yohji und half Omi, der nur unwesentlich besser als der junge Telekinet aussah, der gerade an ihm vorbei getragen worden war. Am liebsten hätte er jetzt darauf hingewiesen, wie gefährlich Schwarz waren, aber vernünftig war das zum jetzigen Zeitpunkt sicher nicht. Außerdem war er der Letzte, der eine derartige Moralpredigt von sich geben durfte, sah er ein, als sein Blick auf Jei fiel, der ihn beobachtete.
 

Er brachte Omi hinein und sie folgten Schuldig, der ihn in eines der Zimmer brachte, vor dem der Doc bereits wartete.

„Wir sollten ihm die Möglichkeit zur Regeneration geben. Danach sehen wir weiter.“

Schuldig legte Nagi auf dem Bett ab und sortierte dessen Beine bequem. Er deckte ihn zu, da er sich eiskalt anfühlte.

Omi kam in das Zimmer und wollte sich dazusetzen. „Warte. Du lässt dich erst einmal vom Doc untersuchen. Dann isst und trinkst du etwas und tust das, was der Doc sagt. Du brauchst deine Energie für dich selbst, Kleiner.“

Omi sah ihn missmutig mit dem Hauch von Trotz an. Kudou sah in Schuldigs Gesicht, das auf Omi gerichtet war und erkannte dort den Ernst der Lage.

„Komm mit Omichi, wir verziehen uns hier. Du nützt hier niemandem, wenn du gleich umfällst“, half er Schuldig.

Omi ließ sich von Kudou aus dem Zimmer ziehen und Schuldig setzte sich aufs Bett. Vorsichtig strich er Nagi über die klamme Stirn. „Du lässt mich immer noch nicht rein, was?“
 

Hisoka erschien im Türrahmen. „Brauchen Sie etwas?“
 

„Nein. Schließen Sie die Tür, ich bleibe eine Weile hier.“

Er hörte, wie die Tür sich schloss und zog sich die Jacke aus. Dann legte er sich samt Stiefel auf das Bett und schob seinen Arm unter Nagis Nacken. Er zog ihn näher an sich, nahm die Hand in seine und legte ihm seine Wange an die Stirn.

„Brad wäre besser, hmm? Das hat damals gut funktioniert, Kleiner. Er hat viel zu tun, du kennst ihn ja - immer beschäftigt, der Boss. Er leitet noch den Einsatz, kümmert sich um die Aufräumarbeiten... dann kommt er sicher zu dir, solange musst du mit mir aushalten.“ Das entsprach nicht der Wahrheit, aber es entsprach der Vorstellung, die Nagi von Brad hatte: der unerschütterliche Anführer, der Macher, der Boss und Vater, der alles im Griff hatte.
 

Als Nagi wieder bewusst Gedanken formen konnte und diese auch für ihn begreiflich wurden, öffnete er langsam die Augen. Ein Akt, der ihm schwer fiel. Er wusste nicht, wo er war, aber er fühlte sich geborgen und warm. Er wandte das Gesicht und sah blasse Haut und orangefarbenes Haar darauf liegen. Warmer Atem streifte sein Gesicht.

„Schuldig?“ krächzte er und seufzte schwer.

„Ja?“

„Omi?“

„Ruht sich aus. Hat keinen Kratzer abbekommen. Du bist der Einzige, um den wir uns momentan Sorgen machen.“

„Ich hab es nicht stoppen können.“

„Schon gut. Ruh dich aus. Du bist noch viel zu schwach.“

„Du bist so warm.“ Nagi schloss die Lider wieder.
 

Schuldig versuchte erneut in Nagis Gedanken vorzudringen und dieses Mal gelang es ihm sogar. Er besah sich dessen Barrieren. Sie waren kaum mehr vorhanden und er begann damit, das Konstrukt wieder zu errichten. Zumindest das Gerüst, mit Energie musste Nagi es selbst füllen, was mit der Zeit kommen würde. Er versorgte ihn noch mit positiven Gedanken und zog sich wieder zurück.

Er schlief nun selbst ein und wachte erst wieder auf, als sich die Tür öffnete. Viel zu wenig Schlaf, resümierte er. Kudou stand im Rahmen. Er hob die Hand und löste sich von Nagi. Er streckte sich und rieb sich den verspannten Nacken. Dann erhob er sich und verließ mit Kudou das Zimmer. „Für einen guten Kaffee könnte ich jetzt jemanden töten“, brummte er und bemerkte, wie Kudou ihm einen skeptischen Blick zuwandte.

„Witzig“, erwiderte der und bedeutete ihm zu folgen. „Du kriegst ihn auch so unter einer Bedingung.“

Sie kamen in dem riesigen Warteraum an und Yohji enterte die Küche, um ihnen beiden einen Kaffee zu machen.

„Die da wäre?“
 

„Überprüf die Aussage des Docs bezüglich seiner Behauptung, er wollte euch nur schützen, in dem er hier ein kleines Massaker mit Jeis und meiner Hilfe veranstaltet hat.“

Schuldig setzte sich auf die weiße Couch und fragte sich erneut, wie hier eine weiße Ledercouch stehen konnte, die immer noch so tadellos aussah.

Er legte den Kopf in den Nacken und seufzte. „Das war also die Begründung?“
 

Yohji brachte die Kaffees zu der Sitzgruppe und reichte dem angeschlagen und müde wirkenden Telepathen einen Kaffee. „Ja, das war sie. Und du siehst Scheiße aus.“
 

Schuldig nahm die Tasse entgegen und nahm einen Schluck. Er lächelte und lehnte sich zurück. „Dito.“
 

„Was ist mit Ran?“
 

„Geht’s gut. Kümmert sich um den Rest.“
 

„Also machst du’s?“
 

„Sicher.“ Sie hatten zwar eine Abmachung zwischen Brad und dem Doc, die er gefälligst einzuhalten hatte – laut Brad, aber der musste kaum davon erfahren. Außerdem war er jetzt der Chef im Ring, solange Brad ausgeknockt war.

Er machte den Doc ausfindig. Er war gerade in ein Gespräch mit Hisoka über Kens Zustand vertieft, als er damit begann, dessen Gedanken zu durchpflügen und er musste zugeben, aufgrund einer gewissen Müdigkeit ging er wenig umsichtig zu Werke. Aber er fand das, was er suchte und mehr...
 

Yohji hörte die schnellen Schritte, ehe er Hisoka und dessen Gesichtsausdruck sah. Er stürzte auf Schuldig zu, der seinen Kopf auf das Sofa gelegt hatte und wohl seine Bitte ausführte. Als er den Angriff kommen sah, wandte er sich um, fuhr blitzschnell seine Drähte aus und brachte den großen Mann zu Fall. Schuldig hob den Kopf und blinzelte. Er sah zu dem am Boden liegenden Mann, dessen Fesseln ihm tief in die Haut schnitten. „Lass ihn los, Kudou. Ich bin fertig.“
 

„Dafür sind die Dinger nicht gemacht“, sagte Yohji keuchend. „Halt still, verdammt...“ keifte er Hisoka an.
 

Der Doc erschien im Eingang des Wartezimmers. Er schien sauer zu sein. „Dazu hatten Sie kein Recht.“
 

Schuldig saß gemütlich auf der Couch, ein Bein überschlagen und einen Arm über die Rücklehne gelegt. Die fleischgewordene Entsprechung der Entspannung. Er nahm einen genießenden Schluck aus seiner Tasse und fasste den Doc, der ihn wütend ansah, ins Auge.

„Schaff ihm die Drähte vom Körper, Kudou, es stimmt, was er sagt, sie haben gute Arbeit geleistet. Die Typen waren vom Clan hier abgestellt, um Sie im Auge zu behalten. Warum haben Sie uns das nicht mitgeteilt, Doc? Crawford hätte das sicher interessiert. Und dieses unleidige Problem aus der Welt geschafft.“
 

„Weil ich damit gut klar gekommen bin.“
 

Schuldig sah zu, wie Kudou mit Mühe die beiden Drähte von Hisoka löste, der sich nur dann bewegte, wenn Kudou es ihm ausdrücklich sagte.
 

„Das sehe ich“, sagte Schuldig spöttisch.
 

„Wie lange haben Sie sich hier schon eingenistet?“
 

„Einige Jahre. Ich bin ihnen nicht entkommen trotz Crawfords Hilfe“, sagte der Doc, noch immer sehr angespannt. Schuldig wusste nun warum, und die täuschende Ruhe, die er nach außen hin überzeugend schauspielerte, herrschte nicht in seinem Inneren. Er war sauer. Sauer und was noch erschwerend hinzu kam und viel schlimmer für jedermann in seinem Umfeld war: neugierig.

„Weshalb wollten Sie ihnen entkommen, Doc?“ Hisoka muckte erneut auf, als die Drähte fast entfernt waren.

Schuldig richtete sein Augenmerk auf den Großen. „Pflanz deinen Arsch auf die Couch und halt den Rand, Hisoka. Ich bin nicht in Stimmung für dein Herumgezicke. Oder glaubst du, dass du nur den Hauch einer Chance gegen mich hättest?“
 

„Nein“, sagte Hisoka mit rauer Stimme und unterdrückter Wut.
 

Schuldig lehnte sich wieder zurück und lächelte zufrieden. „Dann sind wir uns einig.“
 

Er sah den Doc an, der näher gekommen war, aber immer noch genügend Abstand zu ihm hielt. „Ich warte, Doc.“
 

Dieser schien mit sich zu ringen und starrte ihm in die Augen - etwas, das nur wenige länger durchhalten konnten.

„Meine Familie ist mit den Sakuras eng verbunden. Ich hatte etwas, was sie wollten. Ich wollte es ihnen nicht geben. Sie nahmen es sich trotzdem. Ich sah dabei untätig zu. Dann wollte ich es nicht mehr ihnen überlassen und unternahm den Versuch, es ihnen zu stehlen. Sie jagten mich. Crawford half mir und so kommen wir nun heute hier zusammen.“
 

Schuldig hatte sein spöttisches Lächeln noch nicht aufgegeben. Das war köstlich.

„Klingt nett, aber mir fehlen die Details, Doc.“ Er nahm einen Schluck Kaffee.
 

„Nach einiger Zeit entlarvten sie meinen Aufenthaltsort und boten mir an, mich der Tradition wegen am Leben zu lassen, sofern ich einige ihrer Männer hier unten arbeiten lasse. Zum Zweck der Spionage. Nicht gegen Schwarz, sondern andere Clans, die ihre Verletzten zu mir bringen. Trotzdem haben sie Informationen von ihnen weitergegeben, dessen bin ich mir sicher. Einen Kawamori zu töten überstieg wohl selbst ihre Niederträchtigkeit.“
 

„Warum haben Sie uns nicht gewarnt, Doc?“
 

Kudou hatte sich von Hisoka zurückgezogen, der langsam aufstand und tat, was Schuldig ihm gesagt hatte. Er setzte sich ihm genau gegenüber. Brav.
 

„Und riskiert...“

Er verstummte und Schuldig sah mit innerer Freude, wie der andere Mann mit sich rang. „Geben Sie es auf Doc, sie verlieren den Kampf mit ihrem Gewissen.“
 

„Ich hätte das Leben meines Sohnes riskiert.“
 

„Oh ja. Jetzt kommen wir der Sache schon näher.“ Schuldig grinste und Kudou starrte ihn an, als wäre er die blutrünstige Hyäne, die gerade über die altersschwache Gazelle herfiel. Na ja, ein bisschen fühlte es sich danach an. Aber er musste schließlich das Rudel durchfüttern und ein bisschen Brad Crawford schlummerte schließlich auch in ihm.
 

„Ihr Sohn. Interessant. Sprechen wir von diesem hier?“ Schuldig wedelte mit der Hand, die immer noch gemütlich auf der Couchlehne lag, in Richtung Hisoka.
 

Yohji sah von Schuldig, der im Augenblick sehr dem Schuldig von früher glich und ihm alle Nackenhaare zu Berge stehen ließ, zu Hisoka. Der Hüne war der Sohn vom Doc?

Schuldig auf seiner Seite zu haben barg ungeahnte Möglichkeiten, seine eigene perfide Neugierde zu befriedigen. Er spürte so etwas wie Entdeckergeist in sich und im Türrahmen erschien wie auf Abruf Jei. Er sah zu ihm und kam dann direkt auf ihn zu. So direkt, dass Yohji einen Schritt zurücktrat.

Doch Jei näherte sich ihm lediglich zügig und zog ihn aus der Sichtlinie des Docs zu Schuldig. Er drängte ihn zurück bis Yohji an einen Barhocker stieß. Jei wandte sich so abrupt um, dass dessen Lippen nur noch Zentimeter von ihm entfernt waren. „Setzen“, wies ihn Jei an und dessen Auge bannte ihn förmlich. Yohji wollte schon wiedersprechen, entschied sich aber anders, als Jei dieses Auge schmälerte und wartete. Er setzte sich folgsam und Jei blieb vor ihm stehen. Was zur Hölle hatte Jei gespürt?

Schuldig? Dessen Gefühlslage, die eindeutiger nicht hätte sein können. Schuldig spielte nicht nur den teuflischen Bösewicht. Er war es im Moment auch.

Doch Yohji fragte sich, ob das nicht im Augenblick eher ein Vorteil war.
 

„Nein?“ fragte Schuldig, als keine Antwort kam.
 

„Er war ein KIND!“ schrie der Arzt außer sich vor Wut. Gar nicht mehr so der beherrschte Japaner wie sonst.
 

Yohji spürte, wie Jei sich anspannte und legte beide Hände auf dessen Schultern. Er zog ihn zu sich heran, auch wenn es ihm widerstrebte, aber Jei würde die Situation höchstens eskalieren lassen und er wollte hören, was der Doc sagte.
 

„Das ist er jetzt nicht mehr. Wir ALLE sind keine Kinder mehr, Doc“, lehrmeisterte Schuldig und trank erneut einen Schluck des Kaffees.
 

„Nein. Das sind wir nicht mehr. Aber er bleibt mein Sohn. Und ihnen mitzuteilen, dass die Sakuras meine Tarnung aufgedeckt und mich infiltrierten, hätte meinen Sohn gefährdet.“
 

„Blut ist dicker als Wasser, Doc, nicht wahr?“ Schuldig stellte die Tasse auf dem Tischchen ab und lehnte sich wieder zurück. Er sah erneut auf und lächelte wieder dieses pseudoharmlose Lächeln. Yohji kannte das von ihm. Jeder, der dieses Lächeln in diesem Gesicht sah, wusste, dass es alles andere als harmlos war. Es war grausam.

„Schuldig!“ rief Yohji aus. „Hör auf damit ihm...“ weiter kam er nicht, denn Jei stellte sich zwischen ihn und Schuldigs sengenden Blick.
 

Schuldig wollte diese Nervensäge zum Stillschweigen bringen, denn sie störte ihn bei seinem Spielchen mit dem Doc ungemein. Doch Jei trat ihm in den Weg und er kam gar nicht zu dem Burschen durch. Eine massive Aura aus dem, was Jeis Barriere bildete, stand zwischen ihnen. Jei legte den Kopf herausfordernd schief und Schuldigs Lippen formten sich zu einem beleidigten Kräuseln. „Schon gut. Reg dich ab“, sagte er widerwillig zu Jei und wandte dann seine Aufmerksamkeit wieder dem Doc zu. Jei hatte ihn nicht angegriffen, denn dann wäre der Spaß vorbei gewesen. Der Empath war nicht nur schneller als er, sondern auch wesentlich einflussreicher. Zumal Schuldig nur begrenzten Zugang zu dessen Geist hatte. Er hatte nur dafür gesorgt, dass Schuldig ihm nicht sein Spielzeug kaputt machte. Diesen Gedankengang konnte er nachvollziehen und respektieren. Zurück zum Doc, denn dieser war auch wesentlich unterhaltsamer als Kudou.
 

Yohji schien hier gerade etwas sehr... Übles verpasst zu haben. Seine Hände glitten auf Jeis Rücken hinab und hakten sich dort in dessen Hosenbund ein. Der schien sich nicht daran zu stören.
 

„Ja. Blut ist tatsächlich dicker als Wasser, Mr Schuldig.“
 

Mut hatte er, das musste Schuldig dem Mann lassen. Aber das hatte Brad wohl an dem Typen gemocht. Und vielleicht hatte Brad mit dem Mann ja noch was vor, weswegen er ihn nicht zu hart anfassen durfte, sonst könnte es Ärger ungeahnten Ausmaßes geben. Und Schuldig wollte seinen Kater behalten...
 

Er legte den Kopf schief. Seinen Kater...? Wo war dieser noch gleich? Warum... war... wer...?

Er hatte den Faden verloren.

Zurück zum Wesentlichen.
 

„Wann haben Sie ihren Sohn zuletzt gesehen?“
 

„Das wissen sie doch in der Zwischenzeit sicher genau. Seit Jahren nicht mehr.“ Die Gesichtszüge des Arztes blieben neutral bei diesen Worten, aber sein Tonfall machte klar, wie sehr er dieses Verhör missbilligte.
 

„Wissen Sie Doc, ihr geliebter Sohn macht uns seit Neuestem das Leben sehr schwer. Er hätte mich beinahe über den Jordan geschickt. Jei hat er übel zugerichtet, davon abgesehen, dass er... etwas, das mir gehört, betatscht und verprügelt hat. Oder zumindest den Auftrag dazu gegeben hat.“
 

Yohji wurde hellhörig. Was war nur los mit Schuldig? Sprach er von Ran? Und wen meinte er mit diesem Sohn? Unbedacht wie er war, wollte er erneut seinen Mund aufmachen, fühlte aber plötzlich eine Gleichgültigkeit dem Thema gegenüber. Wen kümmerten schon diese Dinge? Ihn sicher nicht.

Er hörte noch einen Moment den Aufzählungen der Verbrechen an Schwarz zu, die dieser ominöse Sohn verbrochen haben sollte, bevor ihm ein Punkt ins Auge stach. Stand er dieser Situation denn tatsächlich mit einem derartig gleichgültigen Gefühl gegenüber?
 

Er zwickte Jei in den Hintern als Warnung, enthielt sich aber sonst etwas zu verbalisieren. Jei hatte ihm vermutlich etwas ‚nachgeholfen’, die Klappe zu halten, und das auf simple, zweckmäßige Art. Auch wenn er es ganz und gar nicht gut hieß.
 

„Mein Sohn ist der Beste seiner Art. Er weiß, was er tut. Und so weit mir bekannt ist, liegt es ihm fern, ihrem Team zu schaden. Sicher gibt es dafür eine gute Erklärung. Die mir aber nicht bekannt ist. Wie sie sicher festgestellt haben werden.“ Er trat näher und war nun auf Höhe des auf dem Sofa sitzenden Hisokas. „Ich frage mich, ob es nicht noch schlimmer gekommen wäre, wenn er nicht eingegriffen hätte. Sie haben doch keine Ahnung, was dort draußen in der Welt vor sich geht. Sie haben sich hier in Japan verkrochen. Mein SOHN kämpft für sie ihre Kämpfe aus und sie beschweren sich über ein paar Blessuren?“
 

Schuldig seufzte und erhob sich fast schon schwerfällig. „Ihr Sohn hat sich für Schwarz zum Staatsfeind Nummer Eins hochgemausert, Doc. Wir suchen ihn, machen ihn ausfindig, jagen ihn und dann erledigen wir ihn. Vielleicht stellen wir ihm zuvor noch ein paar Fragen.“
 

Der Doc ließ sich auf die Knie fallen und verbeugte sich bis seine Stirn den Boden erreichte. „Verschonen Sie ihn. Ich bitte Sie, verschonen Sie ihn.“
 

Yohji wurde übel. Schuldig stand über dem Mann und genoss den Anblick des knienden Mannes von seinem gemütlichen Platz aus.

„Hör auf“, sagte er und kämpfte gegen die Gefühle an, die ihm sagten, dass es unwichtig sei. „Hör auf! Hör auf!“ schrie er und rutschte vom Barhocker. Er wusste nicht, ob er damit Jeis Einfluss meinte oder Schuldigs Tun – oder beides. Dabei hielt er sich an Jei fest, der ihn ebenfalls fest umklammerte, Schuldig dabei aber nicht aus dem Blick ließ.

„Wenn Ran hier wäre, würde er sich vor Ekel abwenden. Meinst du ihm gefällt, was du hier machst? Willst du ihm nachher mit dem Wissen, diesen Mann derart gequält zu haben, unter die Augen treten? Sieh mich an!“ forderte er mit wutschwangerer und gezähmter Stimme.

Schuldig wandte ihm sein Gesicht zu.

„Sag mir Schuldig. Glaubst du nur eine Sekunde daran, dass er nicht sieht, was du getan hast?“ Und dann, als das letzte Wort des Satzes fiel und das Puzzle vervollkommnete, das wohl in den letzten Minuten aus Schuldigs Gehirn geworden war, änderte sich Schuldigs Gesichtsausdruck. Er blinzelte, das Lächeln verblasste und er wirkte unsicherer als noch zuvor. Das war tatsächlich so, als hätte ihm jemand das bösartige Grinsen aus dem Gesicht gewischt.
 

Yohji zitterte gegen das an, was Jei noch immer versuchte, in ihm aufrecht zu erhalten. Er spürte, wie dieser es manipulierte und ihn in etwas überführte, was Genugtuung war und von dort in eine Phase der Ruhe. Das war er alles nicht selbst gewesen, ließ ihn aber zittrig und haltlos zurück. Seine Knie knickten ein und Jei fing ihn problemlos auf. Was ihm wieder zeigte, wie viel Kraft in dem schlanken, sehnigen Körper steckte. Er setzte ihn auf den Barhocker hinauf und stellte sich vor ihn. Yohji fühlte sich so matt, dass ihm halb die Augen zufielen.
 

„Stehen Sie auf, Doc.“ Schuldigs Stimme hörte sich ausgelaugt an.
 

Er sah dem Mann dabei zu und sie sahen sich Auge in Auge an. „Ich bin müde. Der Tag war lang“, sagte er monoton.

„Nachdem, was Crawford für Sie getan hat, wäre es Ihre Pflicht gewesen, es uns zu sagen. Und meine Pflicht ist es jetzt, Crawford davon in Kenntnis zu setzen. Ob wir ihren Sohn verschonen oder nicht liegt nicht in meiner sondern in der alleinigen Hand von Crawford.“
 

Der Doc nickte.
 

„Ich fahre besser...“ sagte Schuldig leise und ging an den beiden vorbei.
 

„Ach Kudou ... pfleg den Bereich um deine Narbe gut, so tiefe Stiche tun noch ein paar Tage schmerzlich weh.“ Er grinste halbherzig und verließ den Raum.
 

„Kann er fahren?“ fragte Yohji und holte tief Luft. Die Anspannung im Raum verlief sich und alle entspannten sich wieder. Selbst Jei wurde wieder lockerer. Na ja so locker, wie er eben werden konnte.
 

„Kann er.“ Kam die Antwort von Jei.

Yohji dachte nur daran, dass es ganz gut war, dass Omi noch schlief und das ganze Drama nicht mitbekommen hatte.
 

„Warum ist er so ausgeflippt?“ fragte Yohji in die Runde.
 

„Er muss Naoe sehr viel Energie gegeben haben, zudem die Sache mit Brad und dem, was er hier herausgefunden hat“, nahm Jei die Frage auf.
 

„Ah, die Nummer mit dem Sohn.“
 

„Ja... die Nummer mit Asugawa“, gab Jei ihm endlich etwas, um Schuldigs Wandlung von Rans Geliebtem in das Monster zu verstehen. Asugawa war der Sohn des Docs? Yohjis Augen verengten sich.
 

Er fasste den Doc ins Auge. Das war also der Vater von dem Typen, der Jei über die Kaimauer baumeln hatte lassen. Nettes Früchtchen. Nette Familie. Sein Blick wanderte zu Hisoka hinüber. Riesengroßer Bruder.

„Ist er das schwarze Schaf der Familie?“ wagte sich Yohji aus der Deckung und hopste vom Barhocker.

Hisoka sah ihn für einen Moment an, bevor er plötzlich lauthals loslachte.
 

Jei wandte sich um und Yohji sah Hisoka finster an. Er wurde zur Couch geführt und Jei gab ihm einen Schubs, bis er auf dieser lag. Jei stand davor und sah die beiden anderen Männer im Raum stumm an.
 

Hisoka lachte noch immer, hob dann beide Hände in einer friedfertigen Geste. „Wir gehen ja schon.“
 

Der Doc und Hisoka verließen den Raum. Als sie im Korridor angekommen waren, um in Richtung ihres Verletzten zu gehen, sah Hisoka ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht seines Vaters. „Ist doch einigermaßen gut gelaufen.“
 

„Ja, das empfinde ich auch so. Es war knapp, aber wir haben die Hürde gemeistert.“
 

„Der Blonde ist wirklich nicht schlecht“, resümierte Hisoka und streckte sich. Er gähnte, denn er war hundemüde.
 

„Ja. Er hat die Kontrolle durchbrochen, die Berserker geübt hat. Damit ist Kaito entlastet. Er muss nicht mehr auf alle achten.“
 

„Chiyo hat gute Arbeit geleistet.“
 

„Wie viel hat er gesehen?“
 

„Nur das, was ich ihn sehen lassen wollte. Deiner schnellen Reaktion geschuldet hatte er nicht genug Zeit, um tiefer zu forschen.“
 

„Ich mache mir Sorgen“, veräußerte Hisoka, als er die Metalltür zu ihrem Op Raum öffnete. Er musste dort noch aufräumen. Sein Vater blieb auf dem Korridor stehen und erwiderte seinen Blick.

Er nickte einmal.

„Ja. Zu viele sind hinter ihm her.“

„Sie machen Jagd auf ihn.“

„Das ist nicht das Problem. Es gibt nur einen Jäger, der ihm gefährlich werden kann“, seufzte der Doc und wandte sich ab, um nach dem verletzten Weiß Agenten zu sehen.
 

Hisoka machte sich daran, aufzuräumen. Wenn dieser Jäger nur endlich seinen Arsch hochbewegen würde. Kaito würde über kurz oder lang die Puste ausgehen. Und Hisoka hatte die Befürchtung, dass andere Verfolger ihn vor Crawford finden würden. Was nicht hieß, dass es gut für ihn ausgehen würde.
 

Der Amerikaner war trotz seiner zivilisierten Umgangsformen gefährlich, vor allem, da er langsam in die Enge getrieben wurde und Kaito tat gut daran, ihm so lange wie möglich aus dem Weg zu gehen. Nur zog sich die Schlinge langsam zu und sein Bruder war früher schon erfinderisch gewesen, sich daraus herauszuwinden. Dummerweise beging er dabei Fehler.
 


 

o
 


 

Brad erwachte ruckartig aus seinem Traum und fühlte sich trotz des plötzlichen Erwachens bedeutsam wohler als noch zuvor. Ein Geräusch hatte ihn aus dem Schlaf geholt und er stöhnte, als er sich auf die Unterarme hochstemmte und sich den verspannten Nacken rieb. Er tastete nach dem Pad, dass er neben sich gelegt hatte und fahndete im Dämmerlicht der heruntergelassenen Rollläden nach dem blinkenden Ding. Es gab hin und wieder einen leisen Ton von sich, dass ihn auf einen Anrufer aufmerksam machen wollte.
 

Ein schneller Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es kurz vor sechs Uhr abends war und, wie er feststellte, hatte er im Moment keine einzige Vision. Das Mädchen war also wach. Er ließ es blinken und die leisen unaufdringlichen Töne von sich geben und sank ermattet und erleichtert zurück. Nach ein paar Augenblicken, in denen er versuchte, den Anschein von völliger Wachheit zu erzeugen, rieb er sich über die Augen, setzte sich auf und zog seine Beine vom Bett. Er griff sich das Pad und erkannte die Nummer.

Er räusperte sich und nahm ab. „Ja“, meldete er sich mit der üblichen, neutralen Kälte in der Stimme. Lang geübt und perfektioniert. Es hielt seine Feinde davon ab, zu denken, er sei schwach und auf irgendjemanden auf diesem Planeten zu seinem Schutz angewiesen. Er brauchte niemanden, um sich zu schützen. Und er war alles andere als schwach.
 

„Manx hier. Wir müssen uns sehen. Ich muss mit dir reden. In drei Stunden an der Stelle, wo Aya begraben liegt. Du findest den Weg?“
 

Crawford hob eine Braue. „Du willst, dass ich alleine komme, nehme ich an?“ sagte er mit spöttischer Arroganz in der Stimme.
 

„Es ist nicht zwingend notwendig. Nur lass Fujimiya außen vor“, sagte die Frau zögerlich.
 

„In drei Stunden.“ Er beendete die Verbindung und ließ das Pad neben sich auf das Bett fallen.

Es war nicht zwingend notwendig. Crawford ließ sich diesen Satz auf der Zunge zergehen und schloss daraus, dass es aber offensichtlich besser wäre, er würde es tun. Was Schuldig dazu sagen würde, war ihm klar.

Er rieb sich die Augen. Sie brannten leicht und er legte die Stirn auf seine Handflächen. Einige verschwenderische Minuten lang saß er so da und versuchte, die Informationen, die er erhalten hatte in Einklang zu bringen. Doch ihm fehlten ebenso viele, um das Rätsel zu lösen. Es waren Bruchstücke und die Visionen, die er hin und wieder hatte, waren nicht hilfreich, hinter dieses Wirrwarr zu kommen. Er brauchte handfeste Informationen, um Schlüsse ziehen zu können und verständlichere Visionen zu erhalten.

Er atmete tief ein, ließ seine Hände fallen und erhob sich. Er sah sich in dem kargen Raum um. Er hasste dieses Haus.
 

Zwar hatte er es sich nicht anmerken lassen, aber er wollte nicht an diesem Ort sein. Das Ryokan war ein besseres Versteck und er hatte es satt, wegzulaufen.

Er wandte sich zur Tür, öffnete sie und lauschte auf die Geräusche. Irgendwo unterhielten sich Fujimiya und seine Schwester, dazwischen hörte er das Kind quietschen. Brad seufzte.

Jetzt hatten sie also auch noch ein Kind am Bein. Er fühlte sich zurückversetzt in die Zeit, als er Nagi aufgenommen hatte. Nagi war damals so verängstigt gewesen und nur ihm hatte er gezeigt, dass Brad Crawford die Kälte und Härte als Schild der Welt vorhielt, um nicht von ihr gefressen zu werden. Der Junge hatte es ihm nachgetan. Er war der einzige gewesen, der Nagi damals Nähe geben konnte, einen Bezug zu seiner Umwelt. Das war lange her und erschien ihm jetzt wie ein anderes Leben. Aber etwas hatte sich nicht geändert: Er selbst war immer noch auf der Flucht. Solange er diese Fähigkeiten hatte und noch lebte, würde sich das nicht ändern.
 

Brad schlug den Weg zu ihrer Küche ein und ging die Stufen hinunter ins Erdgeschoss. Er traf Schuldig dort an, der sich kurz von seiner Tätigkeit am Herd löste und sich zu ihm umblickte.

Der temporäre Koch wischte sich die Hände an dem Spültuch ab, dass er sich über die Schulter geworfen hatte und stellte ihm ein Glas hin. Dann schenkte er ihm Wasser ein und schob es in seine Richtung. Schuldigs Blick war neutral, aber er erkannte die Neugierde in den blauen Augen. Brad ging hinüber zur Maschine, die ihm seinen geliebten Kaffee ausspucken würde und ließ sich von Schuldig eine Tasse reichen.
 

„Weswegen hast du den Doc damals gerettet?“ eröffnete dieser die hinter der Neugierde stehende Fragerunde, um die Brad wohl nicht herum kommen würde. Nicht, wenn er dem Treiben nicht ein striktes, befehlsgewohntes Ende setzte.

Aber sie waren ohnehin schon von so vielen Fallstricken umgeben, dass es töricht gewesen wäre, diejenigen, die sein Leben schützten, im Unklaren zu lassen. Er spürte, wie ihm die Macht über seine eigene Zukunft langsam abhanden kam. Niemals wieder würde er sie in die Hände von anderen legen. Diese Macht gehörte alleinig ihm. Die Macht über sich selbst, sein Handeln und vor allem seine Visionen einer möglichen Zukunft. Die Möglichkeiten, die sich daraus ergaben, gehörten nur ihm. Keinem anderen. Er würde sie verteidigen bis zu dem Punkt, an dem es nur eine Lösung gab: seinen Tod.
 

Brad nahm den Kaffee an sich und setzte sich. Er zog das Wasser zu sich heran und trank das Glas halb leer. Die in Blut getauchten, schwefelgelben Iriden, die nur mehr dunkel und weniger aus dem Rot herausstachen, fassten den Mann ins Auge, der ihm den Rücken zugedreht hatte und den Topf mit Miso beaufsichtigte.

„Eine Vision davon, dass er uns unterstützen würde.“
 

„Das ist alles?“
 

„Als ich ihn von den Sakurakawas freikaufte, hatte ich ständig diesen Mann in den Bildern vor Augen. Das Ganze zog sich über Wochen hin. Ich wäre dumm gewesen, es zu ignorieren.“
 

„Du hast ihn freigekauft?“ Schuldig schaltete die Hitze der Miso etwas herunter, bevor er sich zu ihm drehte und sich an die Anrichte lehnte. Er stützte sich mit den Händen nach hinten ab und legte den Kopf schief. Schuldig war ruhig, wie das Blau seiner Augen bewies und sein Gesicht wirkte entspannt.

„Ich gab ihm das Geld und ein Versteck. Eine Möglichkeit, dem nachzugehen, was seine Berufung war und er nahm es an.“
 

„Was weißt du von ihm?“
 

„Er ist das Oberhaupt der Kawamoris, dem Teil der Sakurakawa-Gruppe, der ihnen in früheren Zeiten ihre Kampfkraft stellte. Er stammt direkt aus der Linie der Kawamoris um Sakura Kawamori ab. Sie half damals die PSI von Strigo zu schützen.

Aus ihnen entstammen die besten Kämpfer der Gruppe. Ob das allerdings immer noch der Fall ist, wage ich zu bezweifeln. Dass SIN daraus hervorgehen könnten war mir bis zuletzt nicht ganz klar, vor allem das ‚Warum’ störte mich etwas. Die Gruppe hatte in der Vergangenheit keine Ambitionen, eine Spezialeinheit zu bilden, um Schwarz zu jagen. Es erschien mir absurd.“
 

„Ich habe im Oberstübchen von unserer Super-Nervensäge Hidaka einiges gefunden, was das aber bestätigt. Er hat sich mit deiner Schwester und Manx getroffen, die ihm die alte Story von Olof und SZ erzählten.“
 

„Du meinst die alte Geschichte um die... Guards?“ Brad hob die Augenbrauen und schüttelte den Kopf.

Schuldig nickte aber.

„Richtig, diese Story. Darin geht es um die ehrenwerte Aufgabe, PSI zu schützen. Was die neue Führung der Gruppe offensichtlich allzu ernst genommen hat. Aus der guten Sache verirrte PSI zur Vernunft zu bringen wurde über die Jahre eine Jagd auf alle PSI. Irgendwie bastelten sie dann SIN daraus. Überaus effektiv, da sie für uns schwer zu entdecken sind.“
 

Brad knurrte. „Könnte hinhauen.“
 

„Hat es“, erwiderte Schuldig und sah zur Tür. Brad wandte den Blick und sah seine Schwester reinkommen. Sie trug keine Handschuhe. Ihr Blick lag sorgenvoll auf ihm, doch sie ging nicht zu ihm, sondern blieb am Tisch stehen.
 

„Ich habe einen Teil eures Gesprächs mitbekommen“, gestand sie. Sie hatte ihre Haare zu einem Zopf im Nacken gebunden was ihr Gesicht besser zur Geltung brachte.
 

„Ich weiß nicht, wie sich die Dinge noch entwickeln werden und deshalb muss ich euch einiges erzählen...“
 

„Willst du zurück?“ unterbrach Brad sie und sie wandte den Blick für einen Moment auf ihre Hände, die auf dem Tisch lagen. Konnte sie es denn? Wollte sie es?

Sie schüttelte den Kopf.

„Du weißt, was ich will“, sagte sie dann langsam und hob den Blick, um in seine Augen zu sehen.
 

„Das klappt nie, Eve“, sagte er nachdenklich. Hatte sie seine Taktik durchschaut? Sie zurückzulassen, um sie zu retten? Vor dem, was ihn sein Leben lang verfolgen würde? Er sah sie für lange Momente an.
 

Sie holte tief Luft und hob die Hand, wie um seine weiteren Gedanken zu stoppen.

„Längst tobt ein weltweiter Krieg zwischen Rosenkreuz und den versprengten Gruppen von Olof-Anhängern. Die Spezialeinheit hat mich hierher entsandt, um mit Kritiker an einer Lösung des Problems zu arbeiten. Ich soll die Schnittstellte zwischen den Staaten und Kritiker bilden. Dass Kritiker nur mehr ein kleiner Haufen ist, war uns nicht bekannt. Sie entsandten mich, um euch ins Boot zu holen.“
 

„Ein Krieg?“ flüsterte Schuldig völlig irritiert.
 

„Warum glaubst du, entsenden sie mich, um mit Kritiker zu verhandeln? Ich bin im Außendienst nur selten tätig. Zumindest nicht auf diese Art.“ Sie trommelte einmal kurz mit ihren Fingern auf dem Tisch herum.
 

„Rosenkreuz konvertiert die Olof PSI massenweise. Es ist eine Jagd entbrannt und die Olof-Anhänger haben keine Chance. Ich selbst bin nie konvertiert worden, weil die ‚Familie’ mich beschützte. Meine Fähigkeiten sind subtiler und vielschichtiger als eure. Da ich nicht gezielt auf eine Fähigkeit trainiert wurde, haben sich bei mir auch latente, empathische Fähigkeiten gebildet...“
 

Während Eve weiter darüber sprach, welche Auswirkungen das auf ihre Arbeit hatte, sahen sich Brad und Schuldig an.
 

Schuldigs Atmung war schneller geworden und er verlor sich in den Augen, die ihn zu durchleuchten schienen. Er selbst hatte in Osaka bereits eine Kostprobe von empathischen Fähigkeiten erhalten. Sie hatten also tatsächlich mit dem Tod von SZ ein Stückchen ihres früheren Ichs zurück erhalten? Entwickelte er sich weiter? Heilte der Teil seiner Seele, den sie bei SZ einst in Stücke zerhackten?

Er schluckte, um den Kloß in seiner Kehle hinunterzuwürgen.

Langsam drehte er sich um und holte einen Deckel aus einem unteren Schrank, um ihn auf den Topf zu legen. Seine Hände zitterten wie Espenlaub.
 

„Wo ist Ran?“ fragte Brad, als seine Schwester eine Redepause einlegte.
 

„Oben. Er sieht sich mit dem Mädchen eine Kindersendung an, die sie regelmäßig ansieht. Ich habe ihm das alles bereits erzählt. Er bat mich, es euch zu sagen.“

Sie sah einen Moment zu Schuldig und setzte sich dann neben ihren Bruder.

„Ihr habt die Konvertierung gebrochen?“ schickte sie ins Blaue.
 

„Ja, das haben wir, teilweise“, sagte Brad und trank einen Schluck Kaffee.
 

„Und euch dann abgesetzt, damit ihr nicht erneut in die Spielchen um die Machtansprüche im Orden geratet?“
 

Brad nickte. „Wir hatten alle keine Lust darauf, erneut an die Kette gelegt zu werden.“
 

Eve kaute auf ihrer Unterlippe herum, eine Unart, die Brad ein Schmunzeln entlockte. Das hatte sie in seiner Erinnerung immer dann getan, wenn sie nachdachte.

„An die Kette gelegt? Aber Brad... deine Ansprüche auf die Führung des Ordens wären legitim gewesen...“
 

„Und was ist diese Führung anderes, als eine nette, hübsch anzuschauende Kette?“ erwiderte er milde. „Nein, Eve. Freiheit sieht anders aus.“
 

Sie zuckte fast zusammen bei diesem Wort. „Ich...“ fing sie an, wusste aber nicht, wie es weitergehen sollte, also verstummte sie.
 

„Wir sind alle Gefangene, aber wir sollten selbst entscheiden, von wem oder was wir uns einfangen lassen, Eve.“
 

„Es gibt also wieder eine Dreierspitze im Orden?“ klinkte sich Schuldig wieder mit gefasster Stimme ins Gespräch.
 

„Ja. Somi, De la Croix und eine Frau - Tristian. Allerdings herrscht nicht die gleiche universelle Einigkeit wie bei dem alten Dreiergespann. Sie kämpfen um Macht und Einfluss und das nicht nur innerhalb des Ordens. Eine Spaltung zeichnet sich ab. Und sie haben ihre Hände bereits nach Japan ausgestreckt.“
 

„De la Croix?“ spie Schuldig voller Abscheu aus und seine Augen wurden dunkel vor Zorn. Er hatte noch eine alte Rechnung mit dem Mann offen. Das Problem war, dass er genauso viel Angst vor ihm hatte, wie er Hass auf ihn in sich trug.

Er hatte die Vergangenheit begraben wollen und er fürchtete sich davor, dass sie ihn jetzt einholte. Rosenkreuz, De la Croix... es würde niemals enden, solange sie lebten. Es würde nie aufhören. Die Jahre, in denen sie sich versteckt hatten, waren die guten Jahre in seinem Leben gewesen. Und jetzt begann die ganze Scheiße wieder von vorne. Selbst die Zeit, als sie Takatori beaufsichtigt hatten, war besser gewesen als das Training bei De la Croix.
 

Eve sah ihren Bruder fragend an.
 

„De la Croix war sein Trainer bei SZ gewesen. Er hat ihn damals konvertiert, das was ihn ausmachte aus ihm gezogen und es vernichtet. Wir entwickelten eine Art Abhängigkeit zu unseren Trainern.“
 

„Als ich damals nach Japan versetzt wurde, war es die Hölle für mich von ihm weg zu müssen. Aber als ich aus seinem Einfluss getreten bin und hier ankam, war es, als könne ich wieder frei atmen. Ich wäre für keinen Preis der Welt wieder zurückgegangen.“
 

„Ich weiß“, sagte Brad schlicht. Und hinter diesem Grund lag damals das ganze Problem. Schuldig hat sich Kitamura unterworfen, weil er nicht zurück wollte zu De la croix. Die Wahl zwischen Pest und Cholera machte eine Entscheidung meist nicht leicht oder all zu einfach.
 

„Warum nach Japan?“
 

„Ich bin mittlerweile zum Schluss gekommen, dass die Sakurakawas eine Bedrohung darstellen und sie diese vernichten wollen. Sie haben in den Staaten großen Einfluss und liefern sich ständig Kämpfe mit den Rosenkreuzern, dabei geraten Nicht-Konvertierte wie ich ständig zwischen die Fronten und werden niedergemetzelt oder eingefangen wie Wildtiere, die es zu zähmen gilt. Außerdem gibt es noch eine Bedrohung, derer sie habhaft werden wollen.“ Sie sah ihren Bruder an. Er war die Bedrohung.
 

Brad lachte zynisch auf. „Ein logischer Schluss.“
 

Schuldig sah ihn an und er spürte diesen stechenden Blick bis ins Mark.

„Du wirst uns nicht los, Brad. Überleg dir gar nicht erst, wie du den Märtyrer spielen sollst“, sagte Schuldig fiel zu ruhig für seinen Geschmack. Brad sah auf und begegnete dem intensiven Blick aus grünen Augen mit kalter Arroganz.

„Ich weiß Schuldig, dass du mich eher fesseln und in einen Raum sperren würdest, als zuzulassen, dass ich mich als Geschenk dem Orden präsentiere. Aber du kannst versichert sein, dass ich darauf vertraue, dass du es tun wirst. Ich habe nicht vor, freiwillig dem Orden beizutreten, eher vernichte ich ihn.“ Oder sich selbst. Das war eine logische Möglichkeit, die er in Betracht zog.
 

Schuldig nickte beruhigt. Brad hätte das nicht gesagt, wenn er es nicht so meinen würde. Er vertraute ihm in dieser Hinsicht, denn dazu hatten sie zu viel bei SZ erlebt, um noch einmal freiwillig Sklaven dieser Herren zu werden.
 

„Das heißt also, dass du hier bleiben wirst?“ entnahm Brad den vorangegangen Worten seiner Schwester.
 

„Ich denke, dass der CIA großes Interesse daran hat, mich mit einem Bein in der Tür zu wissen, sozusagen“, sie zuckte mit den Schultern. „Ich bin ihnen wichtig genug, schätze ich.“
 

„Schätzt du?“ hakte Brad nach und verzog die Mundwinkel zu einem zynischen Lächeln.
 

„Mehr kann ich mir nicht leisten, fürchte ich.“
 

„Zurück zum Doc, Brad“, schwenkte Schuldig wieder zu ihrem ursprünglichen Thema.
 

„Was gibt es da noch zu sagen?“
 

„Einiges.“ Schuldig seufzte. „Ich habe die Aussagen überprüft – Kudou hat mich nach der Aktion in der Klink darum gebeten – und bin dabei auf ein paar nette Informationen gestoßen, die dich sicher nicht erfreuen, soviel sei dir versichert.“
 

„Ich habe dir ausdrücklich verboten, das zu tun“, Brad sagte das mit der fehlenden Schärfe, was Schuldig verunsicherte. Wusste Brad das vom Doc?
 

„Warum?“
 

„Es war Teil des Deals mit ihm.“
 

Seit wann hielt sich Brad an so etwas? Schuldig zog eine skeptische Miene. „Super Brad, gerade in diesem Punkt hättest du die Ehre Ehre sein lassen können.“
 

Brad runzelte die Stirn.
 

„Der gute Doc ist der Vater von unserem liebreizenden Asugawa.“ So, die Bombe war hochgegangen.

Eve sah zu ihrem Bruder und fühlte das Entsetzen in sich hochsteigen. Gott, dieser Mann, über den die beiden sprachen, war was? Sie wusste jetzt nicht mehr, ob sie Brad alles erzählen sollte oder nicht. Wenn dieser Doc, von dem die beiden gesprochen hatten, ein Kawamori war, dann Asugawa ebenfalls. Was das Gespräch mit Manx im Wald in ein verständlicheres Licht rückte. Asugawa war ein Guardian. Und das schon seit langer Zeit. Ihre Gedanken gingen zu dem Gespräch zurück...
 

„Er ist ... was?“ wisperte Brad mit rauer Stimme. Er starrte auf das Wasserglas und sah dann nach endlosen Minuten zu Schuldig auf.
 

„Sein Vater. Wie wir wissen, gehört der Bursche zu SIN und er war auch der Grund, weswegen der Doc bei den Sakurakawas in Ungnade gefallen ist. Er hat ihnen seinen Sohn überlassen und warum auch immer wollte er ihn dann zurück. Was natürlich der Familie nicht geschmeckt hat. Zu dem Zeitpunkt bist du wohl auf den Plan gerückt und hast ihn ihnen vor der Nase weggeschnappt.
 

Brad fühlte sich wie erschlagen. Wieso hatte er das nicht gesehen? Es war wohl wichtig gewesen, diesem Mann einen sicheren Hafen zu bieten, aber...
 

„Auf welcher Seite steht er?“
 

„Die Sakurakawas haben ihn wohl gefunden und einige der Helfer dort waren Mitglieder der Familie. Ihm kamen Jei und Kudou ganz recht, um sie zu beseitigen.“
 

„Die Möglichkeit hatte er bereits früher, also warum jetzt?“
 

Schuldig zuckte mit den Schultern. „Was weiß ich. So tief habe ich nicht geforscht. Die Situation wurde kurz etwas... unentspannt“, sagte er und zog ein leidiges Gesicht. „Könnte sein, dass ich kurz ausgerastet bin. Ich war müde“, versuchte er sich an einer Begründung. Irgendwie klang sie selbst in seinen Ohren etwas zu lahm.
 

In Brads Ohren klang sie jedoch gar nicht lahm. Er akzeptierte sie, denn für Schuldig waren die letzten Stunden anstrengend gewesen, die Ruhephasen kurz und die Stabilisierung von Nagis Zustand hatte an seinen Kräften gezehrt.
 

„Irgendetwas muss ihn dazu veranlasst haben.“
 

„Sein Sohn vielleicht?“, wandte Eve ein und beide sahen sie an.
 

Schuldig schnaubte. „Klar, dieser kleine Wichser. Wenn ich den in die Finger kriege...“
 

Brad räusperte sich und griff nach seinem Wasserglas. Er leerte es in einem Zug, denn er hatte einen extrem schalen Geschmack auf der Zunge. Er wollte etwas sagen, als Eve ihm dazwischenging. „Warte... ich... ich muss dir zuvor etwas erzählen.“
 

„Asugawa hat die Finger überall drin, er könnte leicht...“ fing Eve an und während Schuldig und sie sowohl für als auch gegen Asugawa Beweggründe lamentierten, brachte dieser Satz erneut ungewollt Bilder in Brad nach oben, die ihm lieber erspart geblieben wären. Wie lebendig tauchte dieser geschmeidige Körper vor seinem inneren Auge auf. Die ungeschützte Leidenschaft in dessen Gesicht, die Sehnsucht in diesen braunen Augen. Wie konnte dieser Mann nur so hingebungsvoll und voller Vertrauen in seinen Armen gelegen haben und ihn im Gegenzug...

Er schnitt weitere Gedanken in diese Richtung rigoros ab.

„Seid still“, sagte er leise und der eisige Tonfall bescherte ihm sofort Schweigen von beiden Seiten her.

„Das bringt uns nicht weiter.“
 

Er wandte sich Eve zu und wartete.
 

„Vertraust du mir?“ fragte sie und hielt unbewusst die Luft an. Sie sah ihren Bruder so dringlich an, dass sie das Gefühl hatte, seine Antwort würde sie in den nächsten Sekunden zerplatzen lassen.
 

„Wenn meine Schwester zu mir spricht, tue ich das. Der Agentin jedoch traue ich keinen noch so kleinen Jota.“

Sie starrte ihn an und atmete leise aus. „Eve komm zur Sache, ich habe später noch ein Treffen.“
 

„Mit wem?“ fragte Schuldig misstrauisch.
 

„Manx.“
 

„Sie wollte sich mit uns allen treffen nach der Nacht.“
 

„Ich würde davon vielleicht absehen...“ bemerkte seine Schwester und Brad hob die Brauen.
 

„Ehm... sie...“ dann überlegte sie es sich anders. „Von Anfang an...“
 


 


 

Fortsetzung folgt…
 

Vielen Dank für’s Lesen.

Mein Dank für die Korrektur geht wie stets an snabel! ^__^
 

Bis zum nächsten Mal!
 

Gadreel



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