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Verliebt in Transsilvanien

eine Fortsetzung von Tanz der Vampire
von

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Supergirls don't cry

XIV. Supergirls Don’t Cry
 

Glücklich und rundum zufrieden öffnete ich meine Augen und blickte in die Dunkelheit. Noch nie zuvor hatte ich mich so wohl gefühlt wie jetzt. Es musste am Blut liegen, denn tatsächlich fühlte ich mich stärker und sicherer. Auch die Dunkelheit, welche mich früher verunsichert oder sogar geängstigt hatte machte mir nicht mehr das Geringste aus. Viel bedeutender war aber, dass diese innere Zerrissenheit verflogen war, dieser Drang nach etwas Unbekanntem und gleichzeitig die Angst davor. Ich glaubte zu schweben. Prüfend tastete ich nach dem steinernen Fußboden, auf dem ich immer noch lag.

Bald würde die Sonne ihre vernichtenden Strahlen über die Karpaten ausbreiten – höchste Zeit, endlich in der Gruft zu verschwinden!

Halt! Irgendetwas sehr wichtiges hatte ich vergessen… Gerade aufgestanden drehte ich mich noch einmal um. Der sich mir bietende Anblick ließ mich inne halten.

Ein wohlgeformter, schlanker Körper reglos auf dem Boden. Lange glänzende Haare die sich wie flüssiges Silber über Körper und Boden ergossen. Diese feinen Gesichtszüge, die sinnlich geschlossenen Augen… die lustvoll leicht geöffneten Lippen… die zarte, weiße Haut… die unscheinbare Blutspur am Hals…

‚Alfed!’, schalt ich mich. Wie konnte ich nur so verantwortungslos handeln? Was hatte mich dazu getrieben? Seit wann gestattete ich mir derartige Gedanken über Herbert? Noch immer durchpulste mich sein Blut. Nachdenklich fuhr ich mit der Hand über die Stelle an meinem Hals, an der sich Herberts Zähne in mein Fleisch gegraben hatten… Hieß das jetzt, wir… Nein, das hieß überhaupt nichts! Nur, dass ich ebenfalls dieser grausamen Gier erlegen war.
 

Wieder riss ich mich aus den Gedanken und sah dieses zerbrechlich anmutende Wesen zu meinen Füßen an. Er war immer noch bewusstlos. Besorgt kniete ich mich neben ihn und streichelte über seine Wange, „Herbert, wach auf!“. Er reagierte nicht. Da war sie wieder, diese Unsicherheit. Was hatte ich nur getan? Warum hatte ich mich so gehen lassen? Erkenntnis über mein vampirisches Dasein hin oder her. Ich musste töten, um zu überleben – aber durfte ich meinesgleichen so etwas antun?

Ängstlich rüttelte ich an Herberts Schultern in der Hoffnung, er würde endlich die Augen öffnen. Sein Körper war so leblos, seine Haut so kalt… Hatte ich… ich ihn womöglich… Meine Kehle schnürte sich zusammen. Nein, das konnte nicht sein! Er konnte doch nicht so einfach… Hastig wische ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. Was war in mich gefahren, so etwas Unüberlegtes zu tun? Zitternd strich ich ihm über die langen, glatten Haare, „Bitte, Herbert… komm wieder zu dir…“.
 

Erst als ich bemerkte, wie seine Lider anfingen zu flattern, löste sich der riesige Kloß in meinem Hals.

„Oh, Herbert! Du glaubst gar nicht wie froh ich bin…!“, völlig gegen meine Natur zog ich ihn in eine stürmische Umarmung. Unglaubliche Erleichterung machte sich in mir breit.

„…Und ich erst…“, hauchte Herbert, der nun versuchte sich aufzusetzen, „Der fleischgewordene Traum meiner unzähligen, einsamen Nächte… leibhaftig vor mir…“.

Sein strahlendes Lächeln ließ mich zu der Annahme kommen, dass es ihm wieder besser ging. Ohne weitere Umschweife machte ich ihn darauf aufmerksam, wie spät es bereits war. Als ich sah, wie es Herbert sichtlich Mühe bereitete sich aufzurichten, griff ich ihm ohne zu zögern unter die Arme und hob ihn auf die Beine. Es schien fast, als sei ich kräftiger geworden. Ein leicht benommenes „Danke“ murmelnd lehnte er sich an die Wand.

„Komm schon, wir haben nicht mehr viel Zeit!“, drängte ich ihn zur Eile. Kurz darauf merkte ich, wie Herbert seinen Arm schwer um meine Schultern legte, „Nur keine Hektik…“.
 

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Wenn mein Süßer und ich erstmal im Sarg verschwunden waren, dann würden wir da weiter machen, wo wir aufgehört hatten.

Ich war so glücklich, dass er es endlich getan hatte. Endlich! Und es war schöner, als ich es mir je erträumt hätte! Innige Verbundenheit, intime Nähe… In der Tat, er raubte mir die Sinne.

„Herbert!“

Der Raum um mich herum flimmerte. Ich rieb mir über die Augen, um wieder klar zu sehen.

„Alles in Ordnung mit dir?“ Kurz musterte mich ein strenger und zugleich besorgter Blick.

„Ja, ja… mir geht’s gut.“, gab ich zur Antwort. Wenn Alfie in meiner Nähe war, ging es mir doch immer gut.

„Dann komm jetzt endlich!“, befahl mir mein Liebling und zog mich am Arm weiter Richtung Gruft.
 

Diese verdammten Stufen! Würde doch wenigstens alles aufhören sich zu drehen…

„Herbert, jetzt beeil dich!“

Alfred stand bereits ungeduldig wartend am unteren Ende der Treppe hinunter zur Gruft. Immer, wenn ich glaubte es ginge wieder, verschwamm die Welt vor meinen Augen erneut. Mich an der Wand entlang tastend machte ich langsam einen Schritt nach dem anderen. Allein der Gedanke daran, was Alfred und ich noch vor kurzem getan hatten, sorgte dafür, dass sich ein Kribbeln in meinem Bauch ausbreitete. Gerade als mir wieder schwarz vor Augen wurde, merkte ich wie mein Alfie mich auffing, noch bevor ich fallen konnte.

„Ich hätte das nicht tun dürfen…“, sagte Alfred reumütig.

„Sag doch so was nicht! …Ich bin dir sogar dankbar dafür.“, erwiderte ich. Ohne ein weiters Wort schleifte er mich in meinen Sarg, da ich selber nicht mehr in der Lage war irgendetwas zu tun.
 

Schon komisch, wie ein schüchterner junger Mann von einem Moment zum anderen die Führung übernimmt und im nächsten wieder unsicher ist. Aber war es im Grunde nicht genau das, was Alfred für mich so interessant machte? Sein unscheinbares und doch unglaublich komplexes, sensibles Wesen. Und sensibel war er auf alle Fälle, denn sonst würde er mich nicht schon wieder so besorgt ansehen.

„Hör auf dir Gedanken zu machen und komm in den Sarg.“, lächelte ich ihm aufmunternd zu, „Du hast doch selber gesagt, wir müssen uns beeilen.“.

„Stimmt.“, nickte er und begann nun auch zu lächeln, was mein Herz höher schlagen ließ. Nun würde er sicher nichts mehr dagegen haben, wenn wir uns einen Sarg teilten.
 

Als einige Minuten später die ersten Sonnenstrahlen auf die Zinnen des Schlosses fielen, lagen Alfred und ich selig schlummernd in meinem steinernen Sarg. Endlich, die langersehnte Tagesruhe…
 

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Wo war nur die Leidenschaft geblieben, die mich anfangs so an ihm fasziniert hatte? Diese Hingabe? Was war aus dem mysteriösen, unnahbaren Grafen geworden, der so sehnsüchtig um mich warb?

Ich seufzte, es war wie mit einem alten Spielzeug. Erst wollte man es unbedingt haben und konnte es wochenlang nicht mehr aus der Hand legen und dann wurde es plötzlich langweilig und uninteressant. Doch war ich bei Weitem mehr als nur ein Spielzeug! Vielleicht war meine Anwesenheit für Breda auch nur zu selbstverständlich geworden, als dass er es noch wie etwas Besonderes würdigen konnte.
 

Unbemerkt schlich ich mich an diesem Abend aus dem Sarg. Sicher hatte Breda mitbekommen, dass ich mit Herbert in dem Zimmer verschwunden bin. Ansonsten hätte er sich wohl Sorgen gemacht, dass Herbert gestern Morgen noch immer nicht in seinem Sarg war. Breda musste wohl ganz schön sauer auf Herbert sein, denn er hatte ihn mit keinem Wort erwähnt, sich nicht mal gewundert, wo dieser sich wieder herumtrieb. Wenigstens konnte ich sicher sein, dass seine Eifersucht das richtige Ziel meiner Feldzüge war.

Aber so ganz war das hier noch nicht, was ich wollte. Schließlich hatte Breda nicht mal gemerkt, dass ich nicht mehr neben ihm lag, obwohl er am Morgen noch wesentlich leidenschaftlicher gewirkt hatte. Seine Stärke war wohl eher die Reaktion als die Aktion…

Grinsend begab ich mich ins Bad und ließ heißes Wasser in die Wanne laufen.
 

Um zu bekommen, was ich wollte – einen temperamentvollen Liebhaber; heißblütig wäre eindeutig der falsche Ausdruck – musste ich also lediglich seine Eifersucht schüren. Wie stellte ich das nur am geschicktesten an? Welche Möglichkeiten hatte ich denn schon? Hier im Schloss war ja niemand außer uns beiden, Alfred und Bredas Sohn. Abgesehen davon gab es noch diese Gestalten vom Friedhof… Doch da war es wahrscheinlicher im Dorf einen gut aussehenden Fremden zu finden, als zwischen den Gräbern.
 

Erstmal die Nacht mit einem anregenden heißen Bad beginnen… Dann konnte ich immer noch weiter sehen. Zufrieden lehnte ich mich in der Wanne zurück und schloss genüsslich die Augen.
 

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Selbstverständlich hatte ich bemerkt, wie mein Sternkind soeben den Sarg verlassen hatte. Wie hätte ich weiter ruhig schlafen können, wenn ich wusste, dass sie nicht mehr neben mir lag? …Ich nicht mehr ihren lieblichen Duft wahrnahm. Aber ich würde ihr nicht hinterher laufen. Nein, das war nun wirklich nicht meine Art.

Nur ungern gab ich zu, dass ich die traute Zweisamkeit, welche wir noch in jüngster Vergangenheit genossen, vermisste. Vielleicht ging es ja nur mir so und Sarah sah das alles ganz anders, aber ich konnte nicht umhin, mir folgende Frage zu stellen: Hatten wir uns nach so kurzer Zeit schon auseinander gelebt?

Ironisch lachte ich leise vor mich hin. Wie konnte man sich auseinander leben, wenn man bereits tot war?

Wenn Sarah mich nicht vermisste, so wie ich sie vermisste… musste ich den Spieß umdrehen. Ich würde mich einfach rar machen die nächsten Nächte. Sarah würde schon sehen, wie sich das anfühlte! Ich war ja wohl mehr als nur ihr Gönner und attraktiver Zeitvertreib!
 

Über eben diese Sachlage sinnierend fand ich mich kurz darauf mit einem guten Buch und einem Glas Rotwein in meinem Lesezimmer wieder. Sicher tat Sarah nur so, als würde sie keinen einzigen Gedanken verschwenden, wie ich mich fühlte, wenn sie und Herbert… Herbert! Ich war mal wieder viel zu beschäftigt, in Melancholie zu versinken. Sarah würde niemals zulassen, dass…

Plötzlich spürte ich unerwartete Wut in mir aufsteigen. Erst jetzt wurde mir die Tragweite von Herberts kleinem Späßchen – oder wie auch immer er es bezeichnen wollte – bewusst. Damit widersetzte er sich nicht nur zum wiederholten Male meiner Autorität und den allgemeinen Anstandsregeln, sondern tat etwas wesentlich Fataleres. Er hatte es gewagt, sich in die private Beziehung eines Ranghöheren einzumischen! So etwas konnte und durfte nicht ungestraft bleiben. Mit diesem allzu banal scheinenden ‚Ausrutscher’ hatte Herbert das Maß weit überschritten; weiter, als ich es dulden konnte oder je von ihm erwartet hätte. Es war eigentlich mehr Enttäuschung als Zorn über das gedankenlose Handeln meines Sohnes. Wenigstens hoffte ich für ihn, dass es nicht eiskalte Berechnung war…
 

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An einem Abend wie diesem wünschte man sich, die Nacht würde nie enden. Ein verwuschelter Lockenschopf auf meiner Brust war das Erste, was ich beim Aufwachen wahrnahm. Noch reichlich verschlafen fuhr ich beinahe reflexartig mit den Fingern durch die seidigen Haare meines Süßen. Ich ertappte mich selbst dabei, wie mir ein verträumter Seufzer entwich. Sollte es sich hierbei bloß um einen Traum handeln, so wollte ich nie wieder erwachen.

Doch als sich wenig später besagter Lockenschopf zu bewegen begann und sich zudem auch noch nach meinem Befinden erkundigte, war ich mir ganz sicher, dass ich nicht nur träumte und es sich tatsächlich um meinen Alfred handelte. Wie auf Wolken gebettet lag ich da, meinen Liebsten im Arm und hoffte, die Ewigkeit so zu verbringen. Schon bald war ich wieder eingedöst.
 

Irgendwie fühlte ich mich auf einmal… eingeengt. Ich lag mit dem Rücken zur Sargwand und etwas ziemlich schweres drückte mich weiter dagegen. Außerdem verspürte ich einen dumpfen Schmerz in der Magengegend.

Na was sollte es auch anderes sein? Alfed hatte sich ein Wenig mehr Platz im Sarg verschafft. Schmunzelnd öffnete ich leise den Sargdeckel, um daraufhin vorsichtig aufzustehen. Ich wollte ohnehin baden, dann konnte Alfie noch einen Moment weiter schlafen und hatte nun auch den ganzen großen Sarg mitsamt den Kissen für sich alleine.

Fröhlich vor mich hin summend machte ich mich auf den Weg ins Badezimmer. Allmählich hatte Alfred seine Zurückhaltung abgelegt. Oder zumindest soweit reduziert, dass es ihm möglich war einmal aus sich heraus zu kommen – ganz zu meiner Freude. Denn wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann mochte er mich durchaus gerne… vielleicht sogar mehr als das. Der Optimist in mir sagte sich immer wieder, es waren mehr als nur die vampirischen Triebe in ihm, die ihn haben aktiv werden lassen.

Nanu? Die Tür zum Bad war einen Spalt weit geöffnet? Dabei versicherte mein Vater sich doch jedes Mal so pedantisch, dass gerade diese Tür hinter ihm verschlossen war, sobald er sich im Bad befand. Verwundert trat ich näher… Der Raum schien leer. Ich trat ein.
 

„Guten Abend, Herbert! So früh schon auf?“

„Oh, Sarah! Entschuldige, ich dachte…“

„Schon gut. Komm ruhig rein.“

Bitte was ging denn hier ab? Ich entschuldigte mich bei Sarah? …SIE bat MICH zur ihr ins Bad?!

„Ich wollte nicht weiter stören…“, sagte ich bereits im Gehen.

„Du störst überhaupt nicht…“, wurde ich aufgehalten, „Du wolltest sicher auch baden?“.

„Ähm, ja! Aber das kann ich auch später tun.“

„Heiße Nacht gehabt?“

„Was?“ Woher wusste sie…?

„Du siehst aus, als könntest du ein heißes Bad gut vertragen.“, grinste Sarah viel sagend. Nun, das konnte ich definitiv.

„Jetzt zier dich nicht und komm rein, bevor das Wasser abkühlt.“

So langsam war ich verwirrt.

„Ich guck dir schon nichts weg… Hab dich ja schon mal nackt gesehen und du hast noch alles Wichtige an dir, nicht? Ist doch nur fair, in der Hinsicht für gleiche Vorraussetzungen zu sorgen.“

Ich bekam den Mund aus unerklärlichen Gründen nur mit Mühe wieder zu.

„Meine Güte, dann warte halt zwei Stunden oder lauf kilometerweit durch Schloss und bade woanders. Sag es ruhig, wenn du mich nicht magst!“

„Aber…! Nein. Ach,... na gut.“ Wenn ich nicht wüsste, dass Sarah nur auf meinen Vater steht und ich mich nicht derartig nach dem heißen Nass sehnen würde, dann wäre das hier ein triftiger Grund, Sarah für verrückt zu erklären und nie wieder ein Wort mit ihr zu wechseln.
 

Keine fünf Minuten später hatte auch ich alle Zweifel und Bedenken über Bord geworfen. Die Wanne war groß genug für uns beide und Sarah war wirklich ganz nett. Sie mochte das Rosenbadeöl am liebsten, genau wie ich. Glücklicherweise verabscheute sie Vaters Moschus-Badezusatz ebenfalls. Wir hatten mehr Gemeinsamkeiten, als mir bisher klar war. Vielleicht hatte Vater Recht und wir mussten uns nur näher kennen lernen, damit wir uns besser verstanden.
 

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Huh… Mit dem Rotwein sollte ich mich für heute lieber zurückhalten. Aber ein anderes Buch musste her! Nicht auszuhalten; warum musste auch in jedem noch so spannenden Krimi wie aus dem Nichts eine schnulzige Liebesgeschichte auftauchen und letztendlich sogar zum Leitthema werden?! Fürchterlich! Also begab ich mich auf einen weiteren Streifzug durch die unzähligen, ewig langen Regalreihen meiner Bibliothek. Schließlich fand ich ein neueres Werk von Robert Louis Stevenson. Es ging unter anderem um die Abgründe der menschlichen Seele. Klang viel versprechend – vor allem nicht nach noch einer Romanze.
 

Aus den Augenwinkeln registrierte ich, wie die Tür aufgerissen wurde und eine enthusiastische junge Dame hereingestürmt kam.

„Ach hier steckst du! Ich wollte dir nur eben bescheid geben, dass ich mit Herbert weg bin…“, wurde mir entgegengeschleudert.

„Halt! Sag mal was ist eigentlich los hier?“, hielt ich Sarah auf, die schon wieder in der Tür stand, um zu gehen.

„Er möchte mich heute Abend ausführen. Du hast doch sicher nichts dagegen?! ...Wir sind auch ganz bestimmt rechtzeitig wieder zurück, mach dir also keine Sorgen!“ Und weg war sie!
 

Für einen Augenblick saß ich nur fassungslos da, besann mich jedoch gleich darauf. Das wurde ja immer schöner! Herbert führt MEINE Sarah also heute Abend aus, ja?! Wie nett von ihm!

Schäumend vor Wut war ich bemüht mich wieder auf den vor mir liegenden Roman zu konzentrieren. Was hätte ich auch dazu sagen sollen? Wie würde es denn aussehen, wenn ich Sarah verböte Spaß zu haben und sich einmal außerhalb dieser Mauern zu amüsieren? Nein, wie ein eifersüchtiger Liebhaber wollte ich nur wirklich nicht dastehen.
 

Entnervt ließ ich mein Buch sinken, als sich die Tür erneut öffnete – diesmal allerdings langsam und knarrend. Erwartungsvoll richtete ich meinen Blick auf den Störenfried. Sollte Herbert es allen Ernstes wagen, sich noch einmal persönlich von mir zu verabschieden… Nein, Breda, nicht ausrasten…

„Oh, guten Abend!“

„…Guten Abend, Alfred…“, presste ich heraus und lächelte gezwungen freundlich.

„Entschuldigung, wenn ich störe. Eigentlich bin ich auf der Suche nach Herbert… Ist er hier?“, fragte der Junge nun sichtlich verlegen. Wenigstens einer hier besaß noch so etwas wie Taktgefühl.

„Nein, Herbert ist nicht hier.“, antwortete ich knapp.

„Wo könnte er sonst sein?“

Mir entwischte ein enerviertes Stöhnen, was Alfred nur noch unbeholfener aus der Wäsche schauen ließ. „Herbert…“, auf diesen Namen legte ich ein ganz besonders freundliche Betonung, „…verbringt diese Nacht auswärts – mit Sarah.“.

„Was?!“, entgleisten nun Alfred sämtliche Gesichtszüge. Das leise Lachen konnte ich glücklicherweise unterdrücken. Mit dieser Antwort hatte Alfred wohl nicht gerechnet.

„Setz dich doch, bevor du mir hier noch umkippst.“, grinste ich und Alfred tat wie ihm geheißen.

„Aber warum? …Und warum hat er mir nichts davon gesagt?“, sprach er mehr zu sich selbst als zu mir.

„Nun, MIR hat Herbert davon auch nichts gesagt. Ich hab es eben von Sarah erfahren müssen.“, fügte ich sachlich hinzu.

„Er hätte mir doch wenigstens ‚Auf Wiedersehen’ sagen können und nicht einfach aus dem Sarg verschwinden solange ich noch schlafe.“, merkte Alfred nun etwas emotionaler an. Sieh da! Der Junge hat also doch Gefühle… wie Herbert – wie mir scheint. Wieder grinste ich, „Vielleicht wollte Herbert nicht, dass du davon weißt?“.

„Wieso sollte er nicht wollen, dass… ich davon weiß? Er würde doch niemals…!“, seine Stimme wurde immer leise bis der letzte Teil kaum noch zu vernehmen war.

„Na ich will doch mal hoffen, er würde niemals…!“, dachte ich laut.
 

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Gentlemanlike wie Herbert sich heute gab kam er ganz nach seinem Vater. Zu verwirren war er übrigens auch genauso leicht, man musste ihm nur etwas Honig ums Maul schmieren, ihn aus der Fassung bringen und dann den Überraschungsmoment nutzen.

„Und Vater hatte wirklich nichts dagegen, dass wir uns für heute seine Kutsche ausleihen?“, fragte der Grafensohn ungläubig.

„Nein, was sollte er denn dagegen haben? Und seit wann kann er seinem Lieblingssohn einen Wunsch abschlagen?“, scherzte ich zwinkernd.

„Stimmt auch wieder.“, lachte Herbert.

„Ich finde es gut, dass wir uns endlich mal Zeit nehmen, uns besser kennen zu lernen. Immerhin halten wir es schon eine ganze Weile unter einem Dach aus.“, plauderte ich drauf los.

„Ja, finde ich auch. Ist doch erstaunlich, wie wenig wir tatsächlich voneinander Wissen, obwohl wir zusammen wohnen.“, beteiligte sich Herbert am Smalltalk. Er konnte sehr wohl höflich und zuvorkommend sein, wenn er nur wollte. Ähnlich verhielt es sich mit seiner manchmal leicht überdrehten Art, die er durchaus im Zaum halten konnte, wenn er es für angebracht hielt.
 

Der Weg ins Dorf war viel kürzer, als ich ihn in Erinnerung hatte. Bald hielt die Kutsche auf dem Dorfplatz, um uns aussteigen zu lassen. Soeben erklärte der Kutscher, wo er auf uns warten würde und schon standen wir mitten unter den Menschen, versucht uns einigermaßen unauffällig unter sie zu mischen.

„Nun, in welches der örtlichen Restaurants darf ich Mylady geleiten?“, sprach mein Begleiter vornehm daher und reichte mir seinen Arm, damit ich mich unterhaken konnte. Dass er aber auch immer alles dramatisieren musste… Ich grinste nur, „Welches können Sie mir denn empfehlen?“. Warum eigentlich nicht? Spielte ich eben für einen Abend mal sein Spiel.
 

Mangels nobler Kaffeehäuser begnügten wir uns mit der Dorfschenke. Das rege Treiben kam mir nur allzu vertraut vor. Kaum eingetreten wurde meine wie auch Herberts Aufmerksamkeit gleichermaßen von derselben kleinen Männerrunde erregt. Wortlos sahen wir uns wissend an und nahmen zwei Tische weiter Platz.

Wir unterhielten uns nett und tranken das ein oder andere Glas Wein. Ich verstand mich sogar recht gut mit Herbert, wir hatten den gleichen Humor. Das Gespräch wurde immer lockerer und die Stimmung ausgelassener, woran der Alkohol nicht ganz unbeteiligt war. Aber wie dem auch sei, die Hauptsache war ich hatte Spaß!

Gelegentlich konnte ich mir einen Seitenblick zu den jungen Männern am anderen Tisch nicht verkneifen. Acht junge Burschen, gut gebaut, im besten Alter spielten Karten und tranken nicht zu wenig. Trotzdem blieb ihnen nicht verborgen, was für eine gut aussehende junge Dame hier am Tisch saß, denn auch sie sahen hin und wieder zu mir rüber, zwinkerten mir zu oder versuchen den Blickkontakt zu halten. Ich spielte gern und so schenkte ich ihnen mein charmantestes Lächeln und einen gekonnten Augenaufschlag. Auch Herbert konnte ihnen seine Aufmerksamkeit nicht entziehen, nur schienen sie an ihm eine andere Art von Interesse zu hegen…
 

„Du, Sarah…?“, fragte Herbert irgendwann inmitten der Unterhaltung und rieb sich müde die Schläfen. Hatte da etwa jemand zu tief ins Glas geschaut?

„Ja…?“

„Ich glaub ich geh mal kurz an die frische Luft… kommst du mit?“ Blieb mir was anderes übrig, wenn er alleine nicht mehr laufen konnte?!

„Ist dir nicht gut?“, erkundigte ich mich übertrieben besorgt.

„Doch, doch… alles prima…“, stöhnte er mehr als dass er antwortete. Dass die von Krolocks aber auch keinen Wein vertrugen…

Wider Erwarten stellte sich Herbert jedoch als recht sicher auf den Beinen heraus. Sogar das Geradeauslaufen war ihm ohne größere Probleme möglich. Nun ja, er hatte nicht mehr getrunken als ich – und ich war noch so gut wie nüchtern.

Soeben den Wein bezahlt und auf dem Weg nach draußen wurde ich auch schon im Vorbeigehen von einem der Jungs aus besagter Runde angesprochen.

„Verzeihen Sie, der Herr. Gestatten Sie uns wohl einen kurzen Moment der Gesellschaft mit dieser bezaubernden jungen Dame?“ Na sollte Herbert wohl so wenig Anstand besitzen und auf diese Bitte mit ‚Nein’ antworten?

„Aber selbst redend… Ich warte dann vor der Tür auf dich, Sarah.“, erwiderte Herbert, lächelte und warf mir einen vielsagenden Blick zu. Er war eben nicht der Einzige, der sich heute noch ein saftiges Opfer gönnen wollte.

Das bedeutete dann wohl freie Auswahl für mich, mal abgesehen von den beiden die Herbert nach draußen folgten. Mal sehen, was hatten wir denn da… zu viel von einem Bauern, zu ungebildet, zu eingebildet… zu sehr Herberts Typ. Ein Schwarzhaariger und ein Wandschrank mit braunen Locken…

Als nach einigen Minuten auch der Bauer mit dem Dorftrottel gefolgt vom Wandschrank nach draußen gingen war meine Wahl klar – der Schwarzhaarige würde heute Nacht dran glauben müssen.

Mein betörendes Lächeln wandelte sich in ein hungriges Grinsen, als selbiger mit einlud, mit ihm um die Ecke zu verschwinden… Auch wenn er dabei sicherlich etwas völlig Anderes im Sinn hatte als ich.
 

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Es hörte sich fast so an, als wäre der Graf der Meinung, Herbert wolle Sarah verführen. Unmöglich. Zuerst einmal stand Herbert gar nicht auf Frauen, zum Zweiten schon gar nicht auf Sarah und zum Dritten… liebte er doch mich… oder etwa nicht? Mussten mich denn ausgerechnet jetzt die altbekannten Zweifel heimsuchen?

„Alfred, sei versichert, ich bin genauso überrascht und zugleich enttäuscht von meinem Sohn wie du.“, sprach der Graf in einem ungewohnt mitfühlenden Tonfall.

Ja, ich war in der Tat enttäuscht. Aber ich war ja auch selbst Schuld, wenn ich ihm vertraut hatte. Ich hätte es von Anfang an wissen müssen, er spielte nur mit mir… bis er ein interessanteres Spielzeug fand. Wie konnte ich nur so naiv sein? Er hatte von mir getrunken und genau das war auch alles, was er von mir wollte. Aber waren all diese Kleinigkeiten, seine tiefen Blicke, die liebevollen Gesten… war das alles nur gespielt? Betrieb jemand wirklich so einen Aufwand nur für einen kurzen Moment der Lust? Nun gut, Herbert wäre das durchaus zuzutrauen.

Dabei war mir gerade erst klar geworden, was ich wirklich für ihn empfand – dass es eben nicht Angst war, die mir kalte Schauer über den Rücken laufen ließ, wenn er in meiner unmittelbaren Nähe war. Vielleicht war es aber auch pure Absicht, zu warten bis ich zu dieser Einsicht gekommen war, um mir in exakt diesem Augenblick das Herz zu brechen.

Toll! Herbert hatte es zum unzähligsten Male geschafft, mich vollends zu verwirren und zu verunsichern. Warum tat er das? Machte ihm das womöglich Spaß? Sah er mich gerne so leiden? Ach was, er konnte mich jetzt ja gar nicht sehen… Wie konnte ich nur glaube, Herbert wäre wirklich zu so niederträchtigen Dingen in der Lage? Ich schalt mich selbst dafür, es auch nur in Erwägung gezogen zu haben. Der Sohn eines Grafen war sicher von viel edlerem Charakter als ein einfacher Student wie ich. Da stand es mir überhaupt nicht zu, über ihn zu urteilen!
 

„Alfred?!“

„Ja? …Entschuldigung. Wie bitte?“ Wo war ich bloß mit meinen Gedanken?

„Ich fragte, ob du mit mir hier warten möchtest, bis die beiden wieder kommen, oder dich schon in die Gruft begibst. Es wird nämlich nicht schön werden, wenn ich meinen Herrn Sohn in die Finger kriege…“, knirschte der Graf.

Ich konnte immer noch nicht glauben, dass Herbert ernsthaftes Interesse an Sarah hatte. Obwohl es schon verletzend genug war, wenn er es nur aus dem einen Grund tat, dass er wusste, wie weh er mir damit tat.

„Das heißt wohl, du willst auch warten… Ich kann dir nicht verdenken, dass du sauer auf ihn bist. Vor allem wegen dem kleinen Schäferstündchen letztens mit Sarah…“

Na ja, direkt sauer war ich ja nicht… „Wegen dem WAS?!“, fragte ich entsetzt nach.

„Ach du weißt das noch gar nicht?“, grinste er.

„Was weiß ich noch gar nicht?“, forderte ich ungehalten zu wissen.

Bereitwillig begann er zu erzählen, „Also als ich vor kurzem nach Sarah gesucht habe… Da habe ich Stimmen auf dem Flur vor Herberts Zimmer gehört – Er hatte dich wohl gerade ins Bett gebracht – als ich kurz darauf gezwungenermaßen belauschen konnte, wie Sarah und er… Nun ja, du kannst dir ja sicher denken, was es da zu belauschen gab…“.
 

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Ich sollte wirklich besser aufpassen, wie viel ich trank. Tief atmete ich die kühle Nachtluft ein. Zum Glück verflog der erste Schwindel schnell wieder und auch meine Sinne klärten sich.

„Hey du eingebildeter Schnösel!“ Doch nicht etwa diese äußerst männlichen Idioten vom Nebentisch?! „Ja, genau dich meinen wir!“

„Was wollt ihr?“ Ja was wollten die eigentlich von mir?

„Das weißt du ganz genau!“ Heißen Sex? Den bekommt ihr sicher nicht.

Plötzlich bekam ich einen Hieb auf den Hinterkopf, welcher mich unweigerlich zu Boden gehen ließ. Benommen versuchte ich mich aufzurichten.

„Du glaubst wohl du kommst ungeschoren davon, was?!“, brüllte mich ein riesiger Kerl an und zog mich auf die Beine, „Das ist dafür, dass du dich vorletzte Nacht an dem unschuldigen Mädchen vergriffen hast…“. Ein unerwarteter Schlag traf mich hart in die Magengrube. Ich stöhnte auf und krümmte mich vor Schmerz. Erstaunlich stark für einen einfachen Menschen, dieser Kerl.

„Ich weiß überhaupt nicht, was ihr von mir wollt! Vorletzte Nacht war ich überhaupt nicht… Ahh…“, ein weiterer Schlag traf mich ins Gesicht. Jetzt reichte es! Wütend tat ich, was man mir seit über hundert Jahren als falsch und primitiv ausgeredet hatte – ich schlug zurück. Mein Treffer war wohl nicht schlecht, denn mein Gegner taumelte ein paar Schritte rückwärts. Wie gut, dass Vater nicht anwesend war. Ich – ein von Krolock – in eine Schlägerei verwickelt.

Doch angesichts meiner vampirischen Kräfte wägte ich mich wohl zu sicher. Sonst hätte ich mitbekommen, wie mich drei andere Männer packten und festhielten, damit die zwei übrigen abwechseln auf mich einschlagen konnten.

Natürlich konnte ein ausgewachsener Vampir es locker mit drei oder vier starken Männern aufnehmen… doch hier droschen gerade fünf auf mich ein.

„Und das ist dafür, dass du die Tochter vom Wirt auf dem Gewissen hast!“, schrie ein weiterer und ein erbahmungsloser Tritt traf schmerzhaft meine Kronjuwelen. Ich jaulte auf.

„Und jetzt willst du auch noch die hübsche Rothaarige von vorhin missbrauchen und töten… aber soweit lassen wir es diesmal nicht kommen!“ Bitte nicht noch ein Tiefschlag, betete ich, hilflos im festen Griff dieser Kampf-Kolosse hängend. Verdammt, hätte ich weniger getrunken, könnte ich mich vielleicht wenigstens ansatzweise wehren!

Immer weiter prügelten sie auf mich ein, bis ich letztlich am Boden liegen blieb, unfähig mich aus eigener Kraft aufzurichten. Jeder Mann mit nur einem Funken Ehre hätte von mir abgelassen, nicht jedoch diese Bauernsöhne. So traten sie mir unaufhörlich in Rücken und Seiten. Ich winselte vor Schmerzen. Sie zeigten keinerlei Gnade. Ich schmeckte Blut – mein eigenes! Mir wurde übel.
 

Sie hatten aufgehört… Stille… Vorsichtig war ich bemüht, mich zumindest soweit aus dem Schmutz zu erheben, dass ich sehen konnte, ob sie noch hier waren, als mich ein besonders harter Tritt in die Seite traf. Alles was ich noch wahrnahm war ein Knacken und ein Schmerz, der alles andere überschattete.

„So, das hast du jetzt davon du Dreckskerl! Kannst froh sein, dass wir dich nicht abgestochen haben!“, lachten sie hämisch, spuckten auf mich und gingen.
 

Warum konnte ich nicht einfach das Bewusstsein verlieren?!
 

*****************************************
 

Zu dumm, dass ich Breda versprochen hatte, wir würden früh zurück sein. Aber so toll waren diese Typen nun auch wieder nicht. Und war diese amüsante Runde nicht mal größer? Wo war bloß der Rest hin? Das erzähl mir noch mal jemand, nur Frauen würden in Gruppen und für halbe Ewigkeiten auf der Toilette verschwinden.

„So ihr Süßen, ich wird mich dann mal auf den Heimweg machen!“, verabschiedete ich mich kurz und stand auf.

„Gute Nacht, Süße!“, antwortete der ein klein wenig feminin anmutende Mann.

„Du brauchst auch keine Angst vor diesem dunklen Typen haben, der hier in der letzten Zeit sein Unwesen getrieben hat.“, grinste mir der Schwarzhaarige zu. Welcher dunkle Typ? …War Herbert nicht eher blond?! Mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen ging ich.
 

Mal sehen, was diese Dilettanten in der Zwischenzeit ausrichten konnten. Immerhin war Herbert ein Vampir und somit wesentlich stärker als ein normaler Mann. Gespannt darauf, was mich erwarten würde trat ich ins Freie.

Kein wartender Herbert vor der Tür. Niemand zu sehen. Dies ließ ein kleines Hoffnungsflämmchen in mir auflodern. Waren diese Typen womöglich doch nicht ganz so unfähig, wie sie aussahen? Ich ging ein Stück weiter bis um die Hausecke, heraus aus dem Schein der Straßenlaternen vor der Kneipe. Wenn mich jetzt nicht alles täuschte…
 

Da lag er – eine wimmernde Gestalt, zusammengekrümmt und am ganzen Leib zitternd. Tiefe Zufriedenheit breitete sich wie wohlige Wärme in mir aus, als ich ihn so im Staub vor meinen Füßen liegen sah.

„Sarah…“, keuchte er. Er klang verzweifelt. Es war an der Zeit, den Plan zu Ende zu bringen.

„Oh Herbert!“, rief ich schockiert aus. Ich kniete mich zu ihm, bettete fürsorglich seinen Kopf auf meinen Schoß, „Was ist passiert?!“. Sein Gesicht war verschmiert von einem Gemisch aus Blut, Dreck und Tränen. Er antwortete nicht, sah mich nur ängstlich und flehend an.

Was auch immer, beeilten wir uns jetzt nicht, würde Breda mich nie wieder gehen lassen… obwohl es ja Herberts Schuld ist, wenn wir zu spät kommen.

Mit zutiefst besorgtem Blick versuchte ich ihn weiter aufzurichten, „Kannst du aufstehen?“. Gerade als ich seinen Arm um meine Schultern ziehen wollte, um ihm hoch zu helfen, schrie er auf vor Schmerz und schüttelte den Kopf.

Da hatten die Jungs wohl ganze Arbeit geleistet. Ich sollte mich bei Gelegenheit vielleicht mit einem kleinen Präsent bei ihnen bedanken, sinnierte ich, während Herbert leise vor sich hin stöhnte.

Passenderweise kam gerade der Kutscher vorbei – wie vereinbart. Erschrocken blieb er für einen Augenblick stehen und sah uns an. Dann rannte er auf uns zu. Mit vereinten Kräften schafften wir es doch noch, Herbert irgendwie in die Kutsche zu schaffen.

Nächstes Mal würde ich anders planen – das hier war entschieden zu viel Arbeit für mich selber.



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