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Der Fall Caitlin: Gefährliche Leidenschaften

Eine Navy CIS-FF [letztes Kap&Epilog lädt]
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WortSpieleStillePost

Mit dröhnendem Schädel betrat Anthony DiNozzo das NCIS-Gebäude, oder eher: er wankte. Es gab Frauen, die sich mit ihren Freundinnen verabredeten, nur um sich an einem Abend mit mindestens zehn Folgen „Sex and the City“ zuzudröhnen und Tony tat nichts anderes: er feierte hin und wieder seine ganz persönlichen „Magnum“-Abende, schwelgte in Erinnerungen und betrank sich dabei in Gegenwart seiner alten Kumpels von der Highschool. Dummerweise hatte er nicht bedacht, dass er am nächsten Tag noch zur Arbeit musste. Wie gut also, dass Gibbs mit McGee gerade unterwegs nach Richmond war. Erst der Anblick seines Schreibtischs riss den Agenten aus seinem Dösen: da saß jemand. Ungläubig starrte DiNozzo auf das dunkel-brünette Mädchen auf seinem Bürostuhl, die sich gerade ein Dossier durchlas.

„Wer bist du und was machst du hier?“

Das Kind schaute mit einem Blick unendlicher Entrüstung von seiner Lektüre auf und meinte bissig: „Kate. Und ich lese.“

„Das sehe ich, aber...“ Tony hielt inne. Sie hieß KATE? Das war dich sicher nur ein dummer Zufall oder? Ohne Probleme beugte er sich etwas vor und hatte freies Sichtfeld auf den Inhalt des Dossiers – es war Gibbs Dienstakte. Die Dokumente sahen schon etwas leicht mitgenommen aus, so als hätte sie sich jemand immer wieder angesehen.

„Woher hast du das?“

„Von Tante Ziva. Ich habe sie so lange beschwatzt, bis sie nachgegeben hat. Mein Daddy war nämlich auch bei den Marines!“

„So? Und wo ist ’Tante Ziva’ denn jetzt?“

Die Frage beantwortete sich von selbst, als die junge Israelin aus dem Fahrstuhl kam. Da die Kabine aus den unteren Stockwerken kam, war sie wahrscheinlich in der Pathologie gewesen.

„Tony, hast du Gibbs gesehen? Ich such’ ihn schon überall.“

„Der ist auf dem Weg zu einem Bekannten des Opfers. Aber was fällt dir eigentlich ein, deine Nichte hier zu lassen?“

„Sie ist nicht meine Nichte, sie ist unsere Zeugin. Seh ich vielleicht aus, als würde ich gleich meine ganze Familie aus Tel Aviv mitschleppen? Dr. Mallard sagte übrigens, ihr hättet herausgefunden, dass Colonel Smith eine kleine Tochter hatte. Hat Gibbs dich irgendwie über sie ausgefragt?“

Ziva war immer leiser geworden, bis sie zum Schluss nur noch flüsterte. Sie wollte nicht so direkt vor Kate reden, für den Fall, dass der Tote tatsächlich ihr Vater sein könnte. Aber wenn dem wirklich so wäre, wäre sie dann nicht als Erstes informiert worden?

DiNozzo schien den Wink zu verstehen und ging ebenfalls ins Flüstern über, sodass die Beiden aussahen wie zwei Verschwörer.

„Er hat nur nach ihrem Namen gefragt, aber als ich ihm sagte, sie hieße Dorothy hat er nicht weiter nachgehakt.“

„Hatte sie noch weitere Vornamen?“

„Ja einen, ich glaub...“ Weiter kam Tony nicht, denn seine Gesichtszüge entgleisten auf so übertriebene Art, dass man fast hätte denken können, er parodierte eine Comicfigur. Mit entartetem Blick sah er Kate an, als wäre sie soeben seinen schlimmsten Alpträumen entsprungen – fehlte nur noch, dass er die Finger zu einem „Weiche-von-mir-Dämon“-Kreuz geschlagen hätte.
 

Gibbs stieg aus dem nachtblauen Wagen und war nicht sonderlich überrascht, festzustellen, dass Col. Smith und Lt. Johnson in zwei verschiedenen Hälften eines lachsfarbenen Doppelhauses mit angrenzendem Kinderspielplatz wohnten. Konnte eine Freundschaft, die so tief wurzelte, wohl in Feindschaft umschlagen und zu einem Mord führen?

Gerade als auch Tim McGee den Wagen verließ, klingelte Jethro’s Handy... mit einer Melodie, die wohl nur die wenigsten als die Israelische Nationalhymne erkannt hätten, eine relativ leichte melodische und auch etwas melancholische Tonfolge. McGee sah seinen Vorgesetzten auch nur deswegen schräg an, weil er sich nicht entsinnen konnte, dass Gibbs je seinen Klingelton gewechselt hätte. Überhaupt veränderte er nur selten die Einstellungen seines Handys, da er den Umgang mit Technik nicht besonders mochte. Noch bevor er ’den Hörer abnahm’, wusste er schon, wer ihn da anrief, da er diese Melodie speziell für eine gewisse Person eingerichtet hatte.

„Gibbs.“

„Boss, ich habe schlechte Neuigkeiten.“ Zivas angenehme Stimme, wie zu erwarten. Allerdings klang sie ganz leicht beunruhigt.

„Gibt es Probleme mit unserer Zeugin?“

„Wie man es nimmt... ihr vollständiger Name lautet Dorothea Caitlin Smith. SIE ist die Tochter unseres Opfers... Nicht zu fassen, dass jemand den Colonel derart verstümmelt hat, dass nicht einmal seine eigene Tochter ihn wieder erkannt hat.“

„Soll das etwa heißen, Sie sind in der Zentrale und haben einen Blick auf die Leiche geworfen?“

„Ja, na und? Die Kleine macht mir mehr Stress als meine Arbeit. Abby ist gerade vorbei gekommen und hat sich ihrer angenommen, sie schien mit Freuden dafür sorgen zu wollen, dass sich Chip um sie kümmert, anstatt ihr ins Handwerk zu pfuschen. Dr. Mallard wollte mich daran hindern, einen Blick auf den Toten zu werfen, also musste ich mich mit den Obduktionsfotos begnügen. Nicht schön, aber selten, sage ich da nur... Wer ist eigentlich Chip?“

Jethro musste ein Seufzen unterdrücken. Die Frau war wirklich härter im Nehmen, als er erwartet hatte und der Gedanke, dass seine Sorge um sie vollkommen grundlos war kratzte böse an seinem Ego. Noch mehr aber störte ihn, dass er auf einmal seiner eigenen Intuition nicht mehr vertraute – er hätte weiter nachbohren müssen, ausgerechnet er, der es selbst gewohnt war, mit dem zweiten Vornamen angesprochen zu werden.

„Also, gut, gibt es sonst noch etwas Wichtiges?“

„Nun... ich habe Kate vorerst gesagt, dass ihr Vater im Urlaub ist und dass Sie ein paar ihrer Sachen von zu Hause abholen würden. Könnten Sie das bei Gelegenheit gleich tun, Boss?“

„Bin ich Ihr Laufbursche, Officer David?“

„Sind sie derjenige, der das Kind die nächsten Tage am Rockzipfel hat?“

Er legte auf, ohne darauf zu antworten, wusste aber, dass er bei diesem Argument gar keine andere Chance hatte als nachzugeben. Die Tatsache, dass Ziva immer öfter ihre kleinen Wortgefechte gewann, war auch ein Anzeichen, dass er nach ließ. Und das bestimmt nicht, weil er alt wurde. [Das hat er auch nicht zu werden *g*]

Gibbs steckte das Mobiltelefon wieder ein und schnauzte McGee zusammen, weil der die ganze Zeit nur sinnlos in der Gegend rum gestanden hatte, anstatt schon einmal vorzugehen und mit der Befragung zu beginnen.
 

Auf ihr Klingeln hin öffnete ihnen ein kleines schwarzes Lockenköpfchen, das Jethro sofort wieder an Ziva denken ließ, abgesehen davon, dass das Mädchen einen Kurzhaarschnitt und leuchtend grüne Augen hatte. Kam er denn nicht einmal von ihr los, wenn sie Mal nicht in seiner Nähe war? Es war zum schreien.

Theodora Johnson schien das genauso zu sehen, denn beim Anblick der Fremden rannte sie panisch kreischend wieder zurück ins Haus und knallte die ziegelrote Tür vor der Nase der beiden Ermittler zu.

„Nette Begrüßung“, bemerkte Gibbs und sehnte sich mehr denn je nach einem Kaffee.
 

~*+*~

„Verzeihen Sie bitte das Verhalten meiner Tochter, sie ist unheimlich schüchtern und etwas... eigen. Besonders seit ihre beste Freundin seit gestern nicht mehr aufgetaucht ist.“

„Haben Sie schon eine Vermisstenanzeige aufgegeben?“, fragte McGee vorsichtig, da Gibbs sich bewusst zurückhielt. Auf den ersten Blick schien Lt. Johnson äußerst glaubwürdig, etwas zerstreut, aber das war nicht unüblich, wenn man jemand Nahe stehendes plötzlich verschwand. Gerade jetzt versuchte Jonas Johnson einige Kissen wieder ordentlich auf die Couch zu stellen – ein Tropfen auf den heißen Stein, anbetracht der Tatsache, dass man kaum treten konnte, weil der Boden mit Spielsachen übersäht war.

„Ich wollte ja, aber sie und ihr Vater sind noch keine 24 Stunden weg.“

„Lieutenant, ich muss Sie leider davon in Kenntnis setzen, dass die Leiche von John Smith gestern Abend in einem Waldstück aufgefunden wurde.“

Johnson starrte Gibbs mit den gleichen grünen Augen wie seine Tochter an ohne ihn wirklich zu sehen und ließ das Kissen in seiner Hand unbeachtet fallen. Dann musste er sich langsam setzen, wobei er sichtlich nach Worten rang.

„Nein, das ist... das kann doch gar nicht... was ist mit Kate?“

Tim blickte unangenehm berührt bei dem Namen, da er auch in Zusammenhang mit dem Fall nicht wirklich etwas damit anfangen konnte. Seine Überraschung sollte jedoch noch weit größer werden, als Gibbs zu antworten begann: „Seine Tochter ist wohlauf und in den besten Händen, glauben Sie mir“, nun gut, wenigstens das mit dem wohlauf war nicht gelogen. Gibbs fuhr fort, sobald McGee ein Diktiergerät herausgeholt und auf den Tisch gestellt hatte. „Hat Col. Smith zufällig erwähnt, wo er mit seiner Tochter hin wollte?“

Der Lieutenant schüttelte den Kopf und starrte mit matten Augen auf den Couchtisch.

„Er fuhr mit seinem Auto los, ohne sich zu verabschieden, hatte es wohl ziemlich eilig. Das war so ungefähr gegen 14 Uhr, da hat Cathy noch ihr Mittagsschläfchen gehalten.“

„Aber laut unseren Akten heißt ihr Tochter doch Theodora?“, McGee blickte noch ein Stück verwirrter drein, sofern eine Steigerung überhaupt möglich war. Er hatte noch nicht durch die ganze Sache geblickt, was auch gar nicht so einfach war.

„Cathryn ist ihr zweiter Vorname und gleichzeitig ihr Rufname.“

„Was ist mit Beziehungen? Und kennen sie jemanden, der ihren Freund am liebsten tot gesehen hätte?“

„Sie werden lachen, Agent Gibbs: darüber haben wir nie miteinander gesprochen. Seine Welt drehte sich immer nur um Kate, Frauen waren da eher Nebensache. Deshalb war die Kleine auch das einzige Gesprächsthema, das er hatte. Ich hab da ja wenigstens noch meine Frau... Sie ist übrigens gerade zu einer Kur, daher die Unordnung.“

Die beiden Agents nickten verständnisvoll, trotzdem stellte Gibbs gnadenlos weiter Fragen.

„Was ist mit seiner Ex-Frau, der Mutter seiner Tochter? Können sie mir vielleicht ihren Namen geben oder irgendeine andere Auskunft über sie?“

„Tut mir Leid, ich bin ihr nie begegnet, das war noch, bevor John und ich Nachbarn wurden. Wir sind uns durch Zufall im Einkaufszentrum wieder begegnet, kurz vor den Geburten unserer Töchter und die einzige Auskunft, die er mir gab, war, dass seine Ehe gerade in die Brüche ging.“

Der Ältere überdachte alle Aussagen noch einmal, dann nickte er. „Gut, ich danke ihnen für ihre Kooperation, sollte ihnen noch etwas einfallen, rufen sie einfach an, mein Agent wird ihnen die Nummer geben. Eines noch: Wir haben am Tatort kein Fahrzeug gefunden, könnten sie uns vielleicht noch eine Beschreibung geben, wenn möglich sogar ein Foto?“

„Natürlich, wenn sie ein paar Minuten warten würden.“
 

~*+*~

„Ziva, würdest du endlich mal aufhören hier rum zu rennen wie Falschgeld? Das macht mich nervös und stört mich beim Nichtstun!“

Ziva blieb stehen, nachdem sie nun schon die vierte Runde um die Bürotische gerannt war, und das erst nachdem sie noch mal in der Kantine war um sich einen Mango-Milchshake zu holen. Davor hatte sie bereits acht Runden gedreht und auch der Rest der Angestellten wurde schon ganz kirre.

„Ich kann’s nun mal nicht ausstehen nichts zu tun. Und beim Laufen kann ich besser nachdenken.“

„Worüber denn? Wir haben noch immer keine Anhaltspunkte!“

„Ich geh noch mal zu Abby ins Labor! Mal sehen, was die Tatortfotos ergeben haben.“

Gesagt, getan! Anthony starrte der Israelin mit einem ungläubigen Blick nach. Wie konnte man denn nur freiwillig arbeiten wollen?
 

Das Erste, was Ziva in Abbys Labor erblickte, war ein psychisch total kaputter ’Chip’, der auf einem Drehstuhl in sich zusammen sackte, während er mit halbherziger Aufmerksamkeit Caitlin beobachtete, die eine regelrechte Obsession für dieses graue Plüsch-Nilpferd entwickelt hatte, das bei jedem Drücken furzähnliche Laute von sich gab. Sie schluckte hart, als sie entdeckte, dass dem Mädchen irgendjemand tiefschwarze Fingernägel lackiert hatte. Wer das gewesen war, war wohl offensichtlich.

/Wenn dein Vater noch leben würde, dann würde er uns wahrscheinlich wegen Kindesmisshandlung anzeigen.../, raste ihr durch den Kopf – es gab schon Leute, die wegen weniger klagten.

Abby zu finden, war auch nicht schwer. Ziva musste einfach an dem Computerbildschirm suchen, der in einer übertrieben hohen Lautstärke Nightwish durch das Labor schallen ließ – in Anwesenheit von Kindern schien die Gothic wohl auf etwas ’harmlosere’ Musik umzusteigen. Sofern man Zeilen wie ~Kill me, bring me home~ [Aus „Ghost Love Score“] als harmlos bezeichnen konnte.

„Abby? Haben Sie die Tatortfotos schon belichten lassen?“ Die Beiden Frauen siezten sich noch immer, da sie noch nicht ganz ’warm’ miteinander geworden waren. Zwar kam es zu keinen Hasstiraden von Abby mehr, es sei denn sie litt gerade unter massivem Stress oder – was noch schlimmer war – unter Koffeinentzug; aber beste Freundinnen waren sie auch nicht gerade.

Dummerweise war gerade das wieder einer der Stressmomente.

„Sehe ich vielleicht so aus, als hätte ich nichts besseres zu tun? Ich muss die DNA-Spuren von dem Holzstück noch analysieren, die Art des Holzes ermitteln und der Lack läuft gerade durch das Massenspektrometer und die Blutprobe braucht auch noch ihre Zeit.“

„Also... nicht?“

„Ich hab sie eingescannt. An dem Bildschirm da vorne!“
 

Ziva suchte die Dateien durch: Unterholz mit Blutspritzern, Blutlachen mit Holzsplittern, et ceterea, et cetera... dann das gefundene lackierte Holstück...

„Viel ist es ja nicht gerade.“, stellte sie enttäuscht fest und lehnte sich etwas zurück, legte hin und wieder den Kopf schief um eine neue Perspektive auf das Bild zu bekommen.

„Mehr kann man auch nicht erwarten. Diese Trampel von der Streifenpolizei haben einfach keinen Blick für Beweisstücke. Und bei der Feuchtigkeit im Wald läuft die Zersetzung auch schneller. Das heißt, besonders die DNA wird angegriffen.“

Trotzdem war es Ziva zu wenig. Da schien jemand professionelles am Werk gewesen zu sein. Aber warum hatte man die Leiche dann liegen lassen? Es sei denn, man wollte, dass sie gefunden wird. Aber ohne Beweise konnte man nichts genaueres sagen und die Langeweile kam zurück. Um sich die Zeit zu vertreiben, begann Ziva sich auf ihren Schul-Kunstunterricht zurück zu besinnen und die Bildkomposition zu loben.

Dann, ohne Vorwarnung, stand sie so abrupt auf, dass der Drehstuhl auf dem sie saß lauthals umkippte.

„Hey lassen Sie gefälligst meine Einrichtung ganz!“

„Die Blutspritzer sind nicht richtig!“

„Wie?“ Abby verließ ihren Warteplatz am Massenspektrometer und stellte sich hinter ihre Kollegin, um einen anständigen Blick auf die Bilder zu haben.

Ziva kreiste mit der Maus um einige auffällige Stellen.

„Die Blutspritzer treten zwar an einigen Rändern der Lachen auf, aber nur sehr kurz und in alle Richtungen verlaufend, außerdem werden die Ränder von den Blutlachen durchbrochen. Die kreisförmige Anordnung der Spritzer würde demnach bedeuten, dass die Einschüsse erst entstanden sind, als das Opfer bereits lag, sodass das austretende Blut die vorherigen Spuren überdeckte. Und selbst da schien jemand bedacht darauf, nicht eine der Hauptadern zu treffen, die würden auch sehr weitläufige Spritzer erzeugen.“

„So wie in ’Dracula – tot aber glücklich’,“ Abby grinste bei dem Gedanken an diese Horrorfilmparodie, „Da gibt es die Szene, wo Jonathan Harker versucht Lucy Westenra zu pfählen und dann kommt da eine riesige Fontäne aus...“

Die Gothic verstummte bei dem Blick, den Ziva ihr zuwarf. Irgendwie erinnerte es sie sehr stark an Gibbs – warum auch immer. Der Gedanke wurde unterbrochen von dem typischen Rattern eines arbeitenden Laserdruckers – die Ergebnisse des Spektrometers kamen gerade. Abby warf nur Sekunden einen Blick auf das Blatt, rannte dann zurück zu dem PC, an dem Ziva saß und tippte bei Google irgendeinen ellenlangen chemischen Formelnamen ein, zusammen mit den Wörtern „Lack“ und „Holz“.

„Bingo! Der Lack wird vor allem verwendet in der Herstellung von Pfeilen und zwar ausschließlich von der Firma ArrowDowns, die haben ein Patent dafür.“

„Wie Pfeile? So echte, zum Bogenschießen?“

„Nein, Goldene für die Engelchen da oben. Natürlich zum Bogenschießen! Sobald ich weiß, welche Holzsorte das ist, kann ich eine Liste der Käufer erstellen.“

„Aber Dr. Mallard hat doch gar keine Wunden gefunden, die von einem Pfeil stammen, oder?“

„Schon mal einen Stecknadeleinstich in einem Pfund Hackfleisch gesehen?“

Ziva schwieg dazu, weil sie zugeben musste, dass Abby recht hatte.
 

~*+*~

Das Interieur von Colonel Smith sah um einiges penibler und übertrieben gepflegter als das von Johnson aus. Dass er bei seiner Abreise in Eile gewesen war, erkannte man keineswegs. Sie hatten sich bereits zum ersten Stockwerk durchgearbeitet

„Hast du was gefunden, McGee?“

„Negativ, Boss. Keine Medikamente, bis auf ein paar Päckchen Aspirin, keine Hinweise, dass er bei jemandem Schulden hatte, keinerlei Bilder von Ex-Freundinnen oder Ex-Frauen, zumindest keine, auf denen der Colonel mit Frauen zu sehen ist. Aber in seinem Billardzimmer hängen Unmengen von Bildern mit irgendwelchen Misswahl-Teilnehmerinnen. Ich hab’ fotografiert, vielleicht werden sie ja noch mal wichtig. Direkt an der Wand gegenüber sind Auszeichnungen von ihm und seiner Tochter. Ansonsten... gar nichts. Nicht einmal eine Waffe, was für jemanden bei der Marine ziemlich unwahrscheinlich ist. Äh... Boss? Was tun Sie da?“

Tim sah ungläubig dabei zu, wie sein Vorgesetzter in einem Kinderzimmer, das unter der Last zahlreicher „Hello Kitty!“- und „Pucca“-Artikel fast zusammenbrach, einen Rucksack herausgeholt hatte und dort nun Kleidungsstücke und kleinere Spielsachen einpackte. War das nicht Diebstahl? Und überhaupt, was wollte Gibbs mit dem Zeug?

„Ich habe Ziva damit beauftragt, auf die Tochter von Smith aufzupassen und das Kind braucht Wechselsachen.“

„Oh.“

Der ältere Special Agent stoppte plötzlich beim Wühlen in dem Kinderkleiderschrank und zog zwischen einem rosafarbenen und einem weißen T-Shirt eine Pistole hervor.

„Hätten wir die Sache mit der Waffe also geklärt. Das ist eine Ruger, so wie es aussieht... aber warum versteckt er sie im Kinderzimmer?“

“Vielleicht weil es der Ort ist, wo er in einem Notfall sofort nachsieht,“ schlug McGee vor und sein Chef schien die Idee nicht einmal allzu dumm zu finden. Zumindest widersprach er nicht.
 

~*+*~

Sie waren kaum wieder in der Navy CIS-Zentrale angekommen, als Gibbs auch schon wieder runter in die Pathologie fuhr, um sich auf den neuesten Stand zu bringen. Überraschenderweise lag die Leiche von Colonel Smith immer noch oder schon wieder auf dem Obduktionstisch. Mit jeder Stunde, die verstrich, sah der Körper unansehnlicher aus, besonders die Schnittwunden im Gesicht wirkten unangenehm und verstörend.

„Immer noch nicht fertig, Ducky?“

„Ich wollte unser Opfer gerade wegräumen, Jethro, da kam Miss David herein und machte mich auf etwas aufmerksam. So eine reizende Person, so nett und zuvorkommend. Und wissbegierig! Sie hat doch tatsächlich eine ganze halbe Stunde da gestanden und sich meine Erläuterungen mit Interesse angehört. Ich hätte nie gedacht, dass nach Kates Ableben je wieder ein solcher Sonnenstrahl unsere Hallen erhellt...“

Mit ehrlicher tief greifender Rührung sah der gesprächige Pathologe kurz von seiner Arbeit auf und starrte verträumt ins Leere. Gibbs hatte ihn dieses eine Mal ausreden lassen wollen, auch wenn er sich immer noch nicht ganz an den Gedanken gewöhnen wollte, dass es nie wieder so sein sollte wie vorher. Und ausgerechnet hier fand er die Bestätigung, dass er offensichtlich nicht der einzige war, der Ziva Davids Güte und Heiterkeit erkannt hatte.

„Also, was hast du herausgefunden?“

„Der Lebertemperatur nach zu folgen ist der Colonel gestern Nachmittag gestorben, so gegen 16 Uhr. Tod durch langsames verbluten.“

„Er ist nicht erschossen worden?“

„Nein, zumindest nicht, als er noch lebte. Wie bereits erwähnt, war Miss David hier, direkt nach dem sie die Tatortfotos untersucht hatte. Sie meinte, dass die Schuss- und Stichwunden zugefügt wurden, sobald das Opfer lag. Das würde auch die nur schwach ausgebildeten Totenflecken auf dem Rücken erklären. Außerdem bat sie mich, nach Treffern von Pfeilspitzen zu suchen.“

„Pfeilspitzen?“

„Offenbar stammt das abgebrochene Holzstück, das du gefunden hast, von einem. Jedenfalls bei genauerem hinsehen habe ich tatsächlich einen solchen Abdruck entdeckt.“ Ducky drehte die Leiche ein Stück zur Seite, sodass der Blick auf den Nacken des Toten frei wurde, in dem sich ein blauer Fleck gebildet hatte, der länger war als breit. „Auffällig dabei ist, dass die Haut an sich dabei nicht zerstört wurde, die Pfeilspitze war höchstwahrscheinlich stumpf gefeilt worden. Der Abdruck ist aber genau über dem Zwischenraum zweier Halswirbel, über einem Nervenzentrum. Ausreichender Druck, wie zum Beispiel durch diesen stumpfen Pfeil, würde eine zeitweilige Lähmung bewirken. Das erinnert mich daran, dass es einen Punkt im Nacken gibt, wenn man den mit etwas dünnen wie einer Nadel durchsticht, dann staut sich das Blut im Gehirn, bis...“

„DUCKY!!!“

Dr. Mallard zuckte kurz zusammen und fragte sich im Stillen, weshalb nicht ausnahmsweise Ziva noch einmal da sein konnte anstelle von Gibbs. Permanent wurde man unterbrochen und ignoriert und so was nannte sich dann ’Arbeitsklima’!

„Ja, ja, ist ja schon gut. Nach der Lähmung wurde das Opfer dann hingelegt und mit einer scharfen Klinge, mit ziemlicher Sicherheit ein Messer, an mehreren Stellen in die Gliedmaßen eingestochen, wobei die großen Blut tragenden Adern bewusst und mit fast chirurgischer Präzision unbeschadet blieben, um den Colonel so langsam sterben zu lassen, wie möglich. Dabei wurden dann auch die Gesichtszüge verstümmelt. Was mich stutzig macht, ist, dass man normalerweise vermuten würde, dass das dazu dienen sollte, eine Identifizierung unmöglich zu machen. Wenn dem aber so wäre...“

„Warum wurden Arme und Beine dann nicht abgetrennt?“, vervollständigte Gibbs nachdenklich den Satz. Immerhin wusste er, dass die übliche Verfahrensweise in so einem Fall die Identifizierung über Fingerabdrücke war. Gibbs nahm einen tiefen Schluck von seinem Kaffee und fragte dann nach dem Maschinengewehr.

„Die Einschläge der Kugeln lagen vor allem in den Bereichen, wo vorher Stichwunden zugefügt wurden, also den Gliedmaßen. Und das ganz ohne die Hände oder das Gesicht zu beschädigen. Das Opfer muss zu dem Zeitpunkt bereits ausgeblutet gewesen sein, da die Blutspritzer sonst weiter verteilt gewesen wären. Außerdem hat der Täter zu dem Zeitpunkt am Kopfende der Leiche gestanden, der Winkel der Einschusslöcher lässt darauf schließen. Der Einschlagwinkel des Pfeils war übrigens exakt 90°, ich hoffe, du weißt, was das heißt.“

Da Pfeile stets auf Augenhöhe abgeschossen wurden, war es offensichtlich, worauf der Pathologe hinaus wollte. „Der Täter war kleiner als Col. Smith, wenn man davon ausgeht, dass er vielleicht auf einer Baumwurzel gestanden sogar noch mehr, vielleicht einen Kopf Unterschied... Wahrscheinlich eine Frau.“

„Das lässt sich nicht so sagen.“

„Oh doch, Ducky, das tut es. Das war kein Mord – das war eine Hinrichtung. Zu solch berechnendem Hass ist man nicht fähig, wenn man das Opfer nur flüchtig kannte. Und der Colonel hatte nur engeren Kontakt zu seiner Tochter, seinem Nachbarn und einigen Liebschaften. Lt. Johnson war aber fast gleich groß, wenn nicht noch größer. Der Täter ist ganz sicher eine Frau. Und sie spielt mit uns. Es war Absicht, dass wir das Stück Holz gefunden haben, genauso wie die Hände erhalten blieben sollen.“

„Und der Täter hat uns eine Nachricht hinterlassen. In der Luftröhre des Opfers steckte ein Zettel, mit Computer geschrieben, wenn auch ziemlich aufgeweicht und verwischt. Abby ist gerade dabei...“

Ducky drehte sich um und musste feststellen, dass Gibbs schon wieder auf halbem Wege ins Labor war.
 

Das Labor ähnelte eher einem Kinosaal: sämtliche Special Agents starrten auf die weiße Wand, an die Abby per Beamer (den McGee innerhalb von Minuten angeschlossen hatte) das Abbild ihres Monitors projizierte. Sie hatte den Zettel eingescannt und versuchte nun mittels Programm, die Schrift heraus zu kontrastieren. Langsam kristallisierten sich erste Buchstaben heraus. Und genau das waren es auch: Buchstaben, nur weniges davon ergab einen Sinn.
 

„Jod WolframJodLL SchwefelHolmiumW YttriumOUran FluorEArgon Indium A HAStickDFluorUL SauerF DuranST
 

P.S.: e“

*****

So, wer den Code knackt, dem gebe ich eine Eins! XD Man merkt, dass ich nix zu tun habe, oder? Ich bin ja so ein Freak! War da nicht noch was namens ABI? *gulp*

Es ist vielleicht aufgefallen, dass Ziva nicht ganz so häufig in diesem Kapitel aufgetreten ist, das hat Storygründe, immerhin muss ich ja erst mal den Fall etwas verklickern und entwickeln lassen. Aber keine Angst: dafür wird sie später fast ganz allein mit Gibbs auftreten *g*



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jozu
2007-07-16T20:13:07+00:00 16.07.2007 22:13
wow, was für ein langes kapi!!! aber sehr gut!!! aus dem code werd ich nicht schlau, ich denk schon ne halbe ewigkeit(3minuten^^) nach. mir fählt aber nix ein. deswegen mach ich mich auch gleich ans nächste kapi.*los les*

LG mitzuki_jessy
Von: abgemeldet
2006-05-20T21:05:47+00:00 20.05.2006 23:05
So Schwesterherz obwohl ich kein Abi schreib, setz ihc mich net an den Code(irgendwie ist hier was verkehrt mit uns beiden^^)
Aber schönes Kapitel, welche Krimiserie hast du dir da denn zuviel reingezogen?*zwinker*
Und hey so schlimm ist das auch nicht, wenn Ziva nicht die ganze Zeit da ist, wirkt sonst ein wenig unrealistisch.
Und ihc weiß ja dass sie immer da ist^^
Schreib mal schön weiter*knudd*


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