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Dämonenherz

von

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Söldner und Youkaijäger

„Sango...?“, murmelte Miroku. Es war dunkel und eiskalt. Irgendetwas festes hatte sich um seine Handgelenke gelegt. „Sango!“ Schlagartig strömte die Erinnerung zurück. Er riss die Augen auf. Trotzdem blieb es fast dunkel, doch es war hell genug, um eine schlanke, reglose Gestalt auf der anderen Seite der Gitterstäbe zu sehen. „Sango...“ So gut er es mit gefesselten Händen schaffte, rückte er näher zu den Gitterstäben. Mühsam streckte er eine Hand aus und fühlte den Puls des Mädchens. Sie rührte sich nicht und fühlte sich eiskalt an. Er zog sie an sich, so gut er konnte. „Sango, Schatz, wach auf...“, murmelte er. Sie hatte eine blutige Wunde an der Stirn, ihre Lippen waren rissig und aufgesprungen, und im Übrigen war ihr ganzer Körper voller blauer Flecken. Er vermutete allerdings, dass er nicht viel besser aussah. Er legte seinen Mantel um sie und nahm ihre Hände. „Komm schon...“ Er küsste ihre Fingerspitzen. „Tu mir das nicht an, verflucht...“ Ihre Lippen zuckten. „Houshi... sama...“ Mühsam öffnete sie die Augen. Offenbar hatte es sie doch schlimmer erwischt, oder diese Soldaten hatten ihr noch ganz andere Dinge angetan. „Wie geht es dir?“ Besorgt strich er ihr über die Wange. „Bist du schwer verletzt?“ „Es... es geht...“, murmelte sie, „Geht’s dir gut...?“ „Ist schon gut.“, versicherte er ihr, „Du musst dich ausruhen, dann geht’s dir bald besser, ja?“ Sie nickte schwach, kuschelte sich an ihn und schloss die Augen.
 

Ginzo Yamato war ein Abgesandter des Shogun, und er war ein Youkaijäger. Im Übrigen war es seine Aufgabe, da er der beste auf seinem Gebiet war, den sogenannten „Lord der Westernen Länder“ zu finden und mitsamt seiner dreimal verdammten Sippe auszulöschen. Nun war der ehemalige Lord der Westernen Länder allerdings seit zweihundert Jahren tot und sein Sohn hatte diese Stelle eingenommen. Gut, was soll’s, dann musste der halt dran glauben, genauso wie alle anderen Abkömmlinge dieser Kreatur, bis auf das letzte Kind. Seit drei Wochen war er mit seiner Truppe aus Söldnern und Youkaijägern in Kyushu unterwegs, inzwischen hatte man sich in einer kleinen Festung eingenistet, dort häuslich eingerichtet und gestern hatten seine Männer unweit des Sitzes seines Feindes ein Liebespärchen im Gras aufgestöbert. Bedienstete im Haus eines Dämons, vermutlich, und somit potentielle Dämonen, Halbdämonen oder doch zumindest Verbündete des Untiers. Sie konnten ihm sicher mitteilen, wo sich die Kreatur zur Zeit herumtrieb und wo und wie man ihn am ehesten aufstöbern und überwältigen konnte. Immerhin waren auf seinen Kopf dreißig Millionen Yen ausgesetzt. Ginzo nickte zufrieden. Der Shogun würde wie immer mit seiner Arbeit zufrieden sein.
 

Ungefähr zwei Stunden später wurde die Tür zu ihrem Kerker geöffnet. Eine junge Frau, vielleicht Anfang Zwanzig, trat ein. Ganz in Schwarz gekleidet, trug sie allerdings Männerkleidung. Das dunkle Haar hatte sie im Genick zusammengebunden und ließ durch ihre Gangart und ihr Auftreten erkennen, dass sie mit dem weißen Katana an ihrem Gürtel durchaus umzugehen wusste. Sie betrachtete Miroku von Kopf bis Fuß. „Nehmt ihn mit. Ich muss mit ihm reden.“
 

„Mein Name ist Ai Yamato. Mein Vater ist ein Youkaijäger.“, sagte sie, „Wir sind hier, um den Lord der Westernen Länder zu töten.“ „Mit welchem Grund, wenn ich fragen darf?“, murmelte Miroku. Das helle Licht, was durch die Fenster hereinfiel, schmerzte in seinem Kopf. „Weil wir den Auftrag haben, diesen Landstrich von ihm zu befreien.“, sagte sie knapp und setzte sich, „Trink.“ Sie reichte ihm einen Becher Wein. Argwöhnisch schnupperte Miroku daran, konnte jedoch nichts verdächtiges feststellen und trank. „Sango braucht einen Arzt.“, sagte er dann. „Ihr werdet einen bekommen, wenn du mir sagst, was ich wissen will. Wo ist der Dämon?“ „Das weiß ich nicht.“ Sie schwieg. Miroku betrachtete die junge Frau. Am Rand ihres Gesichts sah es fast so aus, als hätte sie dort etwas heftig überschminkt. Er betrachtete ihre Hände. Schlanke, fast zerbrechlich wirkende Finger. Ungewöhnlich große, hellgrüne Augen. Katzenaugen., dachte er sich. Sie standen leicht schräg, was ihr ebenfalls ein katzenhaftes Äußeres gab, doch außerdem wirkte es auch wie... Ja, wie was? Miroku überlegte. Außerdem nahm er bei ihr eine merkwürdige Aura wahr. Irgendetwas seltsames ging hier vor. Sie spreizte die Finger, ballte die Faust und schlug ihm blitzschnell mit voller Wucht ins Gesicht. Vollkommen überrascht von dieser Attacke, gelang es Miroku nur, den Kopf so weit wegzudrehen, dass sie ihm nicht die Nase brach, sondern ihn nur streifte, was allerdings immer noch schmerzhaft genug war. Sie beide waren allein in diesem Raum, sie hatte seine Handfesseln lösen lassen... wenn es ihm nun gelang, sie zu überwältigen, dann konnte er sie vielleicht als Geisel nehmen, und dann hatten sie eine Chance, von hier zu entkommen... Sie lächelte und strich ihm über die Wange. „Du bist offensichtlich intelligenter, als du dir den Anschein zu geben versuchst.“ „Danke schön.“, knurrte Miroku. Blitzschnell zog sie ihr Schwert und setzte es ihm an die Kehle. „Hör zu, Mönch.“, sagte sie, „Ich glaub’ dir nicht im geringsten, weißt du?“ „Was Wunder.“, murmelte Miroku. Blitzschnell schlug sie erneut zu. Diesmal traf sie ihn in den Magen. Für einen Augenblick sah er Sterne, doch er blieb auf den Beinen, da sie ihm bei jeder anderen Bewegung die Kehle durchgeschnitten hätte. Er rang nach Luft. Sie lächelte. „Antwortest du mir jetzt oder muss ich dich erst filetieren?“
 

„Wo sind Sango und Miroku hin verschwunden?“ „Ich weiß nicht.“, sagte Kohaku, „Sie, ähm, haben mich ja weggeschickt...“ Sesshomaru hob die Augenbrauen. „Aha, ich verstehe.“ Inu Yasha schnupperte in der Luft. „Es riecht hier seltsam... nicht schlecht, aber seltsam. Gefährlich.“ „Ich kenne diesen Geruch.“, sagte Sesshomaru, „Aber seit ich ihn das letzte Mal gespürt habe, sind schon gut zweihundert Jahre vergangen...“ Tatsache war, dass Sesshomaru diesen Geruch sehr wohl erkannt hatte, und dass er durchaus wusste, zu wem er gehörte. Wieder im Land, Prinzessin Raia?, dachte er.
 

Miroku grinste leicht, bemüht, das in seine Kleidung sickernde Blut zu ignorieren. Er hatte gesehen, was er erwartet hatte: Dämonenmale auf den Wangen der sogenannten Youkaijägerin und eine leicht gespaltene Zunge, die auf eine Schlangendämonin hindeutete.
 

„Miroku...?“ Sango strich ihm besorgt über die Stirn. Mit etwas Mühe richtete er sich auf. „Ist mit dir alles in Ordnung...?“ Sie nickte leicht. „Aber mit dir nicht. Du siehst furchtbar aus.“ „Ist schon gut.“ Er lehnte sich an die Gitterstäbe. „Irgendetwas seltsames geht hier vor.“ Er berichtete ihr von seiner Entdeckung und davon, dass die Youkaijäger hinter Sesshomaru her waren. Sango kuschelte sich an ihn, so gut sie konnte. „Das hier sind keine Youkaijäger. Die gehen anders vor. Ein vernünftiger Youkaijäger arbeitet allein, zu größeren Aufgaben nimmt er ein paar Leute mit, aber doch keine angeheuerten Söldner. Entweder ist das ein absoluter Dummkopf oder er ist kein Youkaijäger. Und wenn sich hier, wie du sagst, eine Schlangendämonin herumtreibt, besteht der Verdacht, dass sie den ganzen Trupp hypnotisiert hat, nur um Sesshomaru zu treffen oder mit ihm eine alte Rechnung zu begleichen oder irgendetwas in der Art...“ Miroku küsste ihre Schläfen. „Den Verdacht hatte ich auch schon, aber ich weiß nicht, was ich hiervon halten soll. Die Soldaten schienen mir nicht sehr hypnotisiert.“ „Meinst du, sie folgen ihr freiwillig?“ „Kann schon sein, sie ist eine hübsche Frau...“ Sango knurrte leise und Miroku lächelte kaum merklich. „Hat sie dir was zu trinken gegeben?“, fragte Sango plötzlich. „Ja, warum?“ „Hast du getrunken?“ In ihrer Stimme schwang Angst mit.
 

„Sie sind immer noch nicht zurück.“ Besorgt ging Kagome im Zimmer hin und her. „Wir sollten ihrem Geruch folgen.“, sagte Inu Yasha, „Wir beide können gehen...“ „Meinetwegen.“, seufzte Kagome.
 

Die Spur führte sie zu einer kleinen Festung unweit von Sesshomarus „Wohnsitz“, wenn man es denn so nennen konnte – Sesshomaru bestand darauf, dass er keinen festen Wohnsitz hatte, doch hier hatte er sich in einem Höhlenlabyrinth, in das sie sich nach Narakus Tod zurückgezogen hatten, mehr oder weniger häuslich eingerichtet. „Ich nehme mal an, sie sind gefangen worden?“, fragte Inu Yasha. Kagome seufzte. „Vermutlich. Wir müssen sie da rausholen.“ „Wir können da aber nicht einfach reinmarschieren, denke ich, oder?“, fragte Inu Yasha. „Wir...“ Kagome überlegte. „Wir könnten fragen, ob sie jemand im Dorf gesehen hat.“ Mit diesen Worten ging sie auf eine kleine Hütte zu.
 

Vor dieser Hütte saß ein Mädchen, das vielleicht noch ein oder zwei Jahre jünger war als Kagome. Sie hatte langes, dunkles Haar, trug ein grobes Leinenkleid und war barfuß. Sie säugte ein Baby – und war offensichtlich bereits wieder schwanger. „Hallo.“, sagte Kagome, „Kannst du uns vielleicht helfen?“ Das Mädchen zuckte, als sie angesprochen wurde, und sah blinzend zu ihr auf. „Wie, Herrin?“ Kagome hockte sich vor sie. „Hast du vielleicht zwei Freunde von uns gesehen? Die eine ist eine Youkaijägerin, sie ist etwa so groß wie ich und hatte ein beigefarbenes Kleid an, und der andere ist ein Houshi, mit einer violetten Manschette an der rechten Hand.“ Der Blick des Mädchens flackerte zu Inu Yasha, fuhr über seine Hundeohren und wieder zu Kagome zurück. „Seid... seid Ihr Bekannte unseres Herrn?“ „Was?“ Verdutzt sah Kagome sie an. „Sesshomaru-sama.“, murmelte das Mädchen, „Der Lord... aber er ist so lange nicht mehr hier gewesen... früher hat er uns immer beschützt...“ „Aber jetzt ist er wieder da.“, sagte Kagome und lächelte, „Und wir helfen ihm... hast du denn nun unsere Freunde gesehen?“ Das Mädchen senkte den Blick. „Die Soldaten haben sie mitgenommen.“, murmelte sie, „Zur Festung...“ Rasch lief sie zurück in die Hütte und schloss die Tür hinter sich.
 

„Sesshomaru ist der Schutzherr dieser Insel.“, erläuterte Inu Yasha, „Das ist so, die vier großen japanischen Inseln werden jeweils einem Dämonen unterstellt, der dann der Schutzherr der Insel ist, ich meine, er passt auf, dass keine oder kaum Verbrechen passieren und verteidigt sie gegen andere Dämonen, allerdings findet das ganze immer ziemlich geheim statt, weil es ja offiziell den Kaiser gibt. Vorher war der Schutzherr unser Vater, und weil er tot ist, ist Sesshomaru das jetzt. Nach den Dämonenkriegen war das alles ziemlich durcheinander, und er war wegen der Sache mit seiner Geliebten ziemlich durch den Wind, also hat er sich davon zurückgezogen und ist durch die Lande gezogen, um Frieden mit seiner Vergangenheit zu schließen, was er wohl getan hat, als er Naraku getötet hat. ...“ „Hm. Aber jetzt ist er wieder da und kann seinen Platz wieder einnehmen.“, sagte Kagome, „Er wird hier wieder Ordnung schaffen...“ „Schon, aber ich glaube nicht, dass das so einfach wird.“, sagte Inu Yasha, „Dazu muss er diesen Kerl, der sich da oben in der Festung eingenistet hat, vertreiben, und der Typ stinkt nach Youkaijäger. Wie gesagt, ich denk’ nicht, dass das so einfach wird.“ Kagome legte ihren Kopf an seine Schulter. „Wir schaffen das schon. Wir haben Naraku besiegt...“ Sie sah ihn an. „Willst du eigentlich immer noch mit dem Shiko no Tama ein Youkai werden?“ Inu Yasha lächelte leicht und schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht...“ Kagome lächelte zurück und strich über seine Ohren. „Danke.“ Er legte die Arme um sie. „Nimmst du mir jetzt den Rosenkranz ab, hm?“, murmelte er. Sie küsste ihn auf die Nasenspitze. „Versprichst du, dass du dich vernünftig benimmst? Und dass du netter zu Shippo bist?“ Inu Yasha knurrte unwillig. „Ähm...“ Kagome seufzte. „Dann nicht...“
 

„Miroku...?“ „Hm?“ Sango kuschelte sich an ihn. „Ich liebe dich...“ „Ich weiß.“ Miroku lächelte. „Willst du denn jetzt meine Kinder gebären...?“ Behutsam strich er über ihren Unterleib. Sango lächelte. „Gerne...“ Miroku strich ihr das Haar aus der Stirn. „Hm...“ „Kohaku wird sich Sorgen machen...“ „Die andere holen uns schon hier raus.“ „Na klar.“, murmelte Sango. Miroku spürte, dass die schwer verletzte junge Frau von Minute zu Minute schwächer wurde. Sie würde sterben, wenn sie nicht bald Hilfe bekam. Gedanklich flehte er Inu Yasha ein, sich verdammt noch mal zu beeilen.
 

„Sie sind in die Festung gebracht worden.“, sagte Inu Yasha, „Wir sollten das verdammte Ding dem Erdboden gleich machen und dafür sorgen, dass uns diese Kerle nie wieder belästigen!“ Sesshomaru nickte leicht. „Ich werd’ versuchen, mit ihnen zu reden.“ „Zu gefährlich!“ Während die beiden debattierten, beobachtete Kagome sie. Sowohl Inu Yasha als auch Sesshomaru hatten sich in den letzten Monaten deutlich verändert. Aus dem arroganten Mistkerl, als den sie Sesshomaru kennen gelernt hatte, war ein freundlicher, liebevoller Vater und guter Freund geworden, und aus seinem ebenso aufmüpfigen Bruder... nun, es schien fast, als hätte sie es tatsächlich geschafft, ihn zumindest ein bisschen zu zähmen. Immerhin benahm er sich nicht mehr wie der Elefant im Porzellanladen, sondern sie hatte ihn so weit, dass er immerhin Rücksicht auf andere nahm. Allerdings hatte sie dabei auch andere Seiten an ihm kennen gelernt: Wenn es darum ging, seine Freunde zu beschützen, war er schon immer recht rabiat gewesen, aber nun wurde er tatsächlich zum Berserker, wenn einem von ihnen etwas geschah oder er das nur fürchtete oder vermutete .Er hatte Koga durch eine Wand geschleudert, weil dieser versehentlich ins Zimmer gekommen war, als sie sich umgezogen hatte, und da Sesshomaru ihm beigebracht hatte, mit seinen dämonischen Fähigkeiten zu leben, schreckte er nicht einmal davor zurück, diese einzusetzen, um sie zu beschützen. Kagome wurde das beinahe unheimlich. Sie wollte gar nicht wissen, wie er reagieren würde, wenn ihr tatsächlich etwas ernsthaftes zustieß. „Ich werde mit ihnen reden.“ Mit diesen Worten schloss Sesshomaru die Debatte. „Dann werde ich dich begleiten.“, sagte Inu Yasha. Sesshomaru sah nicht besonders begeistert davon aus, doch er sagte nichts dagegen.
 

„Ginzo-sama, der Lord der Westernen Länder ist eingetroffen, um mit Euch zu reden.“ Ginzo hob die Augenbrauen, sagte jedoch: „Lass ihn eintreten, aber lass die Wachen im Raum.“
 

Tatsächlich war der Sohn von Inu no Taishou eine beeindruckende Erscheinung. Er wirkte wie ein junger Mann Ende Zwanzig, doch seine Bewegungen verrieten die Gewandtheit eines erfahrenen Kriegers. Zwei Schwerter, eines davon war ein Oni-Reißzahn, der andere stammte von seinem Vater, wusste Ginzo, doch das war nicht unbedingt die gefährlichste Waffe, die der Dämon besaß. Die Krallen an seinen Fingern sahen im Moment relativ harmlos aus, doch Ginzo wusste aus Erzählungen, welche Verwüstungen er unbewaffnet anrichtete – er hegte kein Bedürfnis, das mit eigenen Augen zu sehen. Die bernsteinfarbenen Augen strahlten Ruhe und Gelassenheit aus, doch Ginzo bemerkte, dass der Dämon, schon als er den Raum betrat, sämtliche möglichen Fluchtwege mit einem Blick erfasst hatte. Er war gut vorbereitet, das musste man ihm lassen. Im Übrigen hatte er seinen Bruder mitgebracht. Ginzo würde es schwer fallen, beide unter Kontrolle zu behalten, und der Jüngere wirkte um einiges impulsiver als sein Bruder. Er strahlte zwar nicht diese stille Drohung aus, die von Sesshomaru ausging, doch er wirkte genauso kräftig und trainiert wie sein Bruder, und bei ihm kam noch hinzu, dass er aufgrund seiner Spontanität und Impulsivität unberechenbar war. „Wie mir zu Ohren kam, habt Ihr zwei Bedienstete meines Schlosses gefangen genommen.“ Sesshomaru sprach leise, doch seine Stimme war trotzdem bis in den letzten Winkel des Audienzsaales zu vernehmen. „Darf ich den Grund erfahren?“ „Sie haben versucht, sich in mein Schloss einzuschleichen, und da ich der Herr dieses Distrikts bin“ – die Augen seines Gegenüber blitzten bei diesen Worten für einen kurzen Moment gefährlich auf, als er für einen Augenblick die Kontrolle über sein vollkommen emotionsloses Gesicht verlor – „ist es mein gutes Recht, sie gefangen zu nehmen.“ „Ich fürchte, ich muss Euch korrigieren. Der Herr dieses Distrikts bin ich. Und in sofern ist es ebenfalls mein gutes Recht, ihre sofortige Herausgabe zu verlangen.“ „Ich fürchte, die muss ich Euch verweigern. Ihr seid ein Dämon und in keiner Weise befugt, hier Macht auszuüben.“ Der jüngere der beiden öffnete den Mund, vermutlich, um ihm eine gesalzene Antwort entgegenzuschleudern, doch der ältere brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Ginzo musste zugeben, dass er Sesshomaru ein wenig bewunderte. Das Charisma dieses Mannes war bis in den letzten Winkel des Saales spürbar und der Blick aus diesen goldfarbenen Augen war hypnotisierend wie der einer Schlange. Apropos, Schlange. Raia schien offenbar ein wenig überrascht von Sesshomarus Auftauchen. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. „Trotz allem habe ich das Recht, ihre Herausgabe zu verlangen, denn sie obliegen meiner Herrschaft und es ist an mir, sie für ihr unerlaubtes Eindringen“ – der ironische Tonfall war unüberhörbar – „zu bestrafen.“ Mit dem Jungen wurden sie schon fertig, aber Sesshomaru würde Probleme machen. Er war ebenso unberechenbar wie sein Bruder, und wahrscheinlich um einiges gefährlicher. Also mussten sie erst ihn aus dem Weg schaffen und dann den jüngeren entwaffnen. Dämonen waren anfällig für Blei, wie er aus sicherer Erfahrung wusste. Die Tür bestand aus Blei, und die Fensterrahmen ebenso, was Sesshomaru aber nicht wusste und auch nicht wahrnahm. Er würde keinerlei Gelegenheit haben, um zu entkommen, doch ein in die Enge getriebenes Raubtier wurde umso gefährlicher. Sie mussten blitzschnell sein. „Im Übrigen, Dämon, sind deine Bediensteten nicht die einzigen, die sich gerne in der Stadt herumtreiben. Oder beschäftigen Dämonen seit neuestem Kinder?“ Nun verlor sein Gegenüber tatsächlich die Fassung. Seine Krallen spannten sich und er machte einen Schritt auf Ginzo zu, doch sein Bruder packte ihn am Arm, hielt ihn fest und murmelte ihm irgendetwas ins Ohr. Diese Wirkung hatte Ginzo sich erhofft. Vielleicht sollte er noch eins drauf setzen? „Leider ist das Mädchen ja bei der Gefangennahme ums Leben gekommen... wer war sie denn, deine Tochter?“ Die Gestalt eines riesigen weißen Hundes verfehlte Ginzo, der in weiser Voraussicht einen Schritt beiseite getreten war, um Haaresbreite. Blitzschnell schoss er den wohlweislich vorbereiteten Betäubungspfeil ab, der den Dämonen in die Knie sinken ließ, und ein zweiter Pfeil ließ ihn das Bewusstsein verlieren. Währenddessen lieferte sich sein Bruder ein hitziges Gefecht mit den Wachsoldaten. Ein weiterer Betäubungspfeil ließ auch seine Widerstand ersticken.
 

„Scheiße.“, murmelte Inu Yasha, „Das war so nicht gedacht, oder?“ Sesshomaru antwortete nicht. Er lehnte an der Wand und starrte mit leerem Blick in die Dunkelheit. Inu Yasha rappelte sich auf und setzte sich neben ihn. „Sie ist nicht tot.“ Sesshomaru wirkte nicht so, als ob er ihm glaubte. „Na super.“, murmelte Miroku und ließ die Stirn ans Gitter sinken, „Habt ihr auch eine Idee, was wir jetzt tun sollen?“ Inu Yasha schüttelte den Kopf. „Ich schätze, wir haben ein Problem...“



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