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Bergnebel

von

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Aufbruch

Aufbruch
 

Lienna starrte Elar einen Augenblick nur an, doch bevor sie etwas sagen konnte, waren Lyrux und das Mädchen zurück gekommen und reichten Lienna ihre Tasche.
 

„Wir müssen sofort aufbrechen.“, sagte Lyrux und Lienna wunderte sich, warum er sich so für den König einsetzte. Hatte er nicht sonst immer über ihn gespottet? Doch es interessierte sie eher Elar, der nun hastig an seiner Tasche fummelte und Lyrux Blicke mied. Meniel kam zu Lienna und reichte ihr einen schweren, braunen Rucksack, der nach seinem Gewicht zu urteilen, bis oben hin vollgestopft war.
 

„Woher habt ihr meine Sachen?“, fragte Lienna verwundert und Meniel lächelte ihr wieder gekünstelt zu.
 

„Ein kleiner Zauber.“, meinte sie und holte ihre Tasche aus der Ecke des Flurs. Lienna erhaschte einen Blick hinaus aus dem Fenster. Es war stockdunkel, nur der Mond erhellte den verschneiten Gehweg.
 

„Meint ihr nicht, es ist ein wenig zu spät, um aufzubrechen?“, fragte sie in die Runde und hoffte Elar würde ihr etwas erklären. Doch Lyrux ergriff wieder das Wort und Elar werkelte weiter, völlig unnötig, an seiner Tasche herum.
 

„Es ist notwendig, da Elars Vater im Sterben liegt. Wir müssen sofort aufbrechen. Eine Rast können wir unterwegs machen, während einer von uns Wache hält.“, sagte er und schulterte seinen Rucksack, der so groß war, dass dort das zweifache von Liennas Gepäck hätte untergebracht werden können. Lienna glaubte zu sehen, dass es auch so war. Elar schwang sich ebenfalls seinen Rucksack über die Schultern, nachdem er eine Decke an den Rucksackschnallen befestigt hatte und stand auf. Er mied Liennas Blick. Meniel schien ebenfalls fertig zu sein und zog ihren Mantel aus dicker Wolle über. Dann trat sie an Lyrux vorbei zur Tür, zog sie auf und trat in die eisige Kälte.
 

Lyrux übernahm schnell die Führung und ging an die Spitze der kleinen Truppe. Lienna folgte ihm raschen Schrittes. Ein Stück dahinter trat Meniel in ihre Fußstapfen. Die Nachhut bildete Elar, der sich ein Schwert an den Gürtel geschnallt hatte. So eins hatte Lienna noch nie bei ihm gesehen. Er lief sehr angespannt und sein Gesicht war verzerrt vor Anstrengung.
 

Seltsam, dachte Lienna, wir laufen doch erst seit einer Viertel Stunde! Wie kann es sein, dass ihn ein paar Meter schon so anstrengen? Doch kurz daruf dachte sie nicht mehr daran, behielt ihn jedoch weiter im Auge, indem sie sich alle paar Meter nach ihm umdrehte. Lyrux führte sie derweil ein paar Häuserreihen weiter zu einer Stallung. Es war schon sehr spät in der Nacht und trotzdem klopfte er. Nach einer Weile öffnete ein verschlafen aussehender Junge die Tür. Verwundert blickte er die vier Gefährten an.
 

„Es tut mir Leid, Euch zu so später Stunde noch stören zu müssen, doch wir benötigen vier Pferde, die lange Reisen gewöhnt sind.“, erklärte Lyrux und der Junge zog sein Gewand ein wenig enger um sich, damit der Schnee nicht auf seine Haut viel.
 

„Wie Ihr wünscht.“, meinte er und verschwand im Haus. Ein wenig später kam er mit einem Umhang bekleidet und einer Laterne in der Hand wieder hinaus und führte die vier hinter das große Fachwerkhaus zu einem geräumigen Stall. Vier Pferde führte er nacheinander daraus hervor und schleppte Saumzeug, Sattel und Bürsten zum Abreiben mit. Er striegelte die Pferde und sattelte sie. Dann gab er ihnen eine Portion Hafer zu fressen und reichte die Zügel ihren neuen Besitzern.
 

„Das ganze macht 250 Goldtaler.“, meinte er und streckte die Hand aus. Meniel zog einen Lederbeutel aus ihrer Tasche hervor, stülpte ihn auf ihrer Handfläche um und hielt das Geld dem Jungen hin.
 

„Reicht das?“, fragte sie und der Junge nahm ihr das Geld ab und zählte.
 

„Das sind nur 120 Goldtaler!“, rief er aus, „Da fehlt noch eine ganze Menge!“ Er kreuzte die Arme und verzog das Gesicht zu einer ärgerlichen Miene. Wofür hatte er die Pferde mitten in der Nacht fertig gemacht?
 

Lyrux sah fragend in die Runde. Meniel schüttelte den Kopf, auch Lienna. Sie hatte kein Geld bei sich. Da trat Elar vor, zog ebenfalls einen Geldbeutel aus der Tasche und reichte ihm dem Jungen. Er zählte und wollte das Restgeld zurück geben, doch Elar winkte ab.
 

„Behalt den Rest und kauf dir davon neue Sachen. Ich brauche es nicht.“, sagte er.
 

„Mein Herr, das sind 300 Goldtaler!“, stieß der Junge verblüfft aus.
 

„Ich weiß, zählen kann ich selber!“, zischte Elar zurück und packte sein Pferd bei den Zügeln. Er tastete sich wütend an seine Schulter und verzog das Gesicht.
 

„Verzeiht, mein Herr. Vielen Dank, Herr!“, stammelte der Junge.
 

„Ist gut, jetzt geh wieder ins Bett!“, sagte Elar und schwang sich unter großer Schufterei auf sein Pferd. Die anderen drei taten es ihm gleich und verließen im Schritt den Innenhof. Der Junge winkte ihnen freudig hinterher. Lienna ritt auf Elars Höhe und lächelte ihn an. Sie hatte ihm schon längst verziehen.
 

„Das war sehr nett von dir.“, meinte sie. Elar blickte sie verdutz an.
 

„Lienna, was...?“, doch er kam nicht weiter, denn sie hatte ihm ihre Hand ganz leicht auf die Lippen gelegt. Lyrux und Meniel unterhielten sich und sahen nicht, was Lienna tat.
 

„Ist schon gut.“, sagte sie und lächelte, „Ich verzeihe dir.“



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