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Tokyo Girl

von

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Er bog schwungvoll um die Ecke eines schmutzigen Innenhofs. Sein Fuß blieb an etwas hängen und schon lag er der Länge nach auf dem Boden. Mitten in einer Pfütze. Mit einem mehr als genervten Stöhnen rappelt er sich langsam auf. Ein schönes Chaos, die Sushibehälter alle kaputt und um ihn herum verteilt, er selbst von oben bis unten nass, und dreckig. Und er hatte gedacht der Tag konnte nicht schlimmer werden. Den Job war er nun wohl auch los, besser er ließ sich dort gar nicht mehr blicken. Seine Klamotten sahen schon wieder unmöglich aus, aber auf seinen Lohn konnte er nun nicht mehr zählen.

Wütend trat er gegen eine geöffnete, von Fliegen umschwärmte, Mülltonne und ließ einen lauten, langen Schrei los. Außer Atem stützte er sich mit einer Hand am Mülltonnenrand ab und massierte sich mit der anderen die Stirn. Wo war sein Leben hin?

Mit einem Knall fiel der Deckel der Mülltonne zu. Direkt auf seine Hand.

Sein lautes Aufheulen verschreckte einen streunenden Hund der nebenan im Müllberg gestöbert hatte.
 

Es platschte leise, als er sich auf die Knie und damit zurück in die Pfütze fallen ließ. Seine Schultern zitterten. Was würde sein Vater denken, wenn er ihn jetzt sehen könnte?! Der Sohn, auf den er so stolz gewesen war, im Dreck sitzend und heulend wie ein kleines Kind. Er ballte die Hände zu Fäusten. Er hatte versucht stark zu sein, er hatte versucht nicht aufzugeben, doch wohin hatte es ihn gebracht? In einen schmutzigen kleinen Hinterhof, die Garantie für seine nächste Mahlzeit im Dreck um ihn herum verteilt...
 

„Tut mir leid.“ Erschrocken drehte er sich um und sah sich einem an die Wand gelehnten jungen Mann mit knallroten Haaren gegenüber, der ihn entschuldigend anlächelte. Offensichtlich ein Penner.
 

Oh man, der hat mir jetzt nich die ganze Zeit zugesehen als ich ausgerastet bin...
 

„Ich sag ihnen andauernd, sie sollen sich zurück halten, aber sie machen’s ja doch immer wieder.“

„Etto???“ Verwirrt blinzelte er ihn an.

„Meine Beine. Sie legen sich immer genau so hin, dass die Leute drüberstolpern.“ Ein breites Grinsen ging über sein Gesicht. Kaoru stöhnte gequält auf und schob sich ein paar verirrte, nasse Haarsträhnen aus der Stirn.

„Ich bin Die und wie heißt du? Scheint ja heute nicht so dein Tag zu sein.“ Er nickte zu dem Brei aus Pappe und Sushi hin.

„Kaoru. Und frag besser nicht...“

„Daijoubu. Willst du ne Tasse Tee mit mir trinken?“ Auf seinen verdutzten Blick hin, grinste er wieder und kramte in einer seiner Decken nach einer Thermoskanne und zwei Bechern. Seufzend stand Kaoru auf und ließ sich neben dem Rotschopf nieder. Jetzt war eh schon alles egal, jetzt konnte er auch mit Pennern Tee trinken...
 

„Erzähl mal, dir muss es ja ganz schön scheiße gehen wenn du gleich so ausrastet, ein normaler Mann würde sowas mit Würde nehmen.“

„Na herzlichen Dank.“

„Gern geschehen. Nein erzähl mal, vielleicht kann ich dir helfen.“

Kaoru lachte freudlos auf.

„Du bist der letzte der mir helfen kann. Seit dem Tod meines Vaters ging es nur noch bergab. Meine Mutter hat n Neuen und mich einfach auf die Straße gesetzt. Sie will nichts mehr von mir wissen, meinte sie. Mit meinem wenigen Ersparnissen - und mit wenig mein ich wenig! Mein Vater war reich, ich hatte nie einen Grund zu sparen. Wenn ich etwas wollte musste ich es nur sagen. Wie gesagt, mit dem bisschen Geld hab ich es geschafft mich in einer Baracke einzumieten, die ich allerdings demnächst wohl wieder aufgeben muss weil ich sie nicht halten kann. Die ganzen billigen Jobs die ich angenommen hab, bringen gerade genug Geld um mir was zu essen zu kaufen, und selbst da bin ich mittlerweile alles andere als wählerisch. Der Job hier,“ Ein Blick auf das Sushi, „ war noch der beste. Er machte teilweise sogar Spaß und war gar nich so schlecht bezahlt. Langsam hab ich echt alles durch, bald muss ich

anfangen zu betteln und unter ner Brücke schlafen.“
 

„Hey, das ist gar nicht so schlecht. Unter ner Brücke schlafen mein ich...ähm, gomen...“, meinte Die nachdem Kaoru ihm einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte.

„Mittlerweile ist eh alles egal. Mein Stolz ist irgendwie im Laufe der letzten Wochen flöten gegangen, ich scheiß drauf, was man von mir denkt. Diese armselige Person, die auf der Straße steht und Taschentücher verteilt, bringt eh niemand mehr mit dem Sohn des großen Niikura-san in Verbindung. Aber ich würde alles dafür geben mal wieder was gescheites zu essen oder eine Nacht durchzuschlafen. Ich glaube ich würde jeden erdenklichen Job, den man mir anbietet annehmen, egal wie unangenehm er ist, Hauptsache man kann damit Geld verdienen. Gott und das erzähl ich ausgerechnet dir, wo ich dich doch überhaupt nich kenne und du wahrscheinlich grad dasselbe Problem hast. Wer bin ich?!“ Er vergrub das Gesicht in den Händen.
 

„Na, na, na,...“ Die tätschelte ihm die Schulter.

„Du bist soweit ich das feststellen konnte ein durchaus sympathischer junger Mann und hübsch obendrein.“ Er grinste. „Der im Moment einen leichten Durchhänger hat, aber sich glücklich schätzen kann, dass meine Beine beschlossen hatten sich ihm zu stellen. In zwei Dingen hast du dich nämlich geirrt. Erstens:

So weit ich dass jetzt mit verfolgen konnte, besteht doch eine Möglichkeit, dass ich dir helfen kann, und zweitens befinde ich mich keineswegs in einer ähnlichen Lage. Ich lebe gerne auf der Straße und dank meiner Beine,“, er tätschelte sie liebevoll, „bin ich auf einen Schatz gestoßen, der mein Leben mit einem Schlag ins Paradies verwandelt hat. Guck nicht so, nur weil ich ein Penner bin heißt das noch lange nicht, dass ich nicht auch glücklich sein darf. Wie auch immer, das ist wohl der Grund warum ich es meinen Beinen erlaube andere Leute drüber stolpern zu lassen. Okay ich gebe zu man wird oft dafür angeschissen, aber damit kann ich leben, denn ohne sie hätte ich weder meinen Engel, noch dich kennen gelernt.“

Kaoru massierte sich erneut die Stirn. Was für ein schräger Vogel...
 

„Naja wie auch immer, es könnte sein, dass ich dir helfen kann. Du hast gesagt, du würdest jegliche Art von Job annehmen, egal wie unangenehm. Das waren doch deine Worte oder? Wenn dir das wirklich ganz egal ist, dann wüsste ich einen äußerst gut bezahlten Job für dich.“ Er machte eine bedeutungsschwangere Pause.

„Nun sag schon!“

„Naja, du musst einfach ins horizontale Gewerbe einsteigen.“

„Wie bitte?!“

„Geh auf den Strich und werde reich!! Du hast gesagt, egal wie unangenehm. Vielleicht kannst du dir ja sogar dort n Namen machen. Und so bekommst du Geld, und irgendwann steigst du wieder aus und bist ein reicher Mann und kannst einen anderen gut bezahlten Job finden und dann lehnst du dich abends zurück, schiebst die Kassette dieser Tage ein, erinnerst dich und hörst dir an wie schön dein Stolz geflötet hat...“

Kaoru schnaubte. „Das ist nicht lustig!!“

„Find ich auch nicht, das ist mein voller Ernst! Ich hab n paar gute Freunde dort, wär ganz easy dich da anzulernen. Und mal ehrlich jeder wünscht sich doch ab und an mal dass da noch was anderes wär, als nur die eigene Hand.“ Er zwinkerte.

Kaoru wurde rot und senkte den Blick.
 

Plötzlich klingelte ein Handy. Sofort begann Die wieder in seinen Decken zu wühlen, bis er das kleine Ding gefunden hatte und glücklich lächelnd abnahm.

„Ja Schatz?....an meinem Lieblingshinterhof... ja habe Besuch, netter Kerl, hab ihn genauso kennen gelernt wie dich...hm... okay... aber lass die Kampfratte zu Hause... jaja...okay, es tut mir leid... gut bis dann... ich dich auch.“

Er packte das Handy wieder weg und schaute Kaoru erwartungsvoll an.

„Nun?“

„Du schläfst unter Brücken aber hast ein Handy?!“

„Ja, das hat Shinya mir geschenkt. Er will mich immer dazu überreden bei ihm einzuziehen, aber ich bevorzuge da doch Brücken. Also nicht vor ihm, sondern davor in einem Haus zu schlafen. Deshalb hat er mir ein Handy geschenkt, damit er mich immer fragen kann wo ich grade bin, wenn er mich besuchen will. Hat was für sich son Freund zu haben. Bringt mir immer Tee mit oder was zu lesen.“

„Aaha, und was genau ist eine Kampfratte?!“

„Ach das is sein Hund. So ein Chihuahua. Lächerliches Vieh, aber er liebt ihn abgöttisch... naja hoffentlich kratzt er bald ab.“

„...“

„Also was ist? Das schlechteste ist es wirklich nicht. Du lernst neue Freunde kennen und die Kunden zahlen gut. Überlegs dir, ich treff’ mich morgen mit Miyavi und nochn paar andern Leuten, du könntest mitkommen.“

„Ich ääh...“
 

Oh mein Gott!!! Ich und Stricher?! Aber warum eigentlich nicht? Ich würde Geld bekommen, Die sagt ich würde Freunde finden, und wenn ich ehrlich bin, ich hab schon früher festgestellt dass ich Männer irgendwie besser leiden kann als Mädchen. Außerdem wär es eine neue Erfahrung die sicher nicht jeder macht, das ist eine einmalige Chance!!

Kao hör auf dir das schönzureden, das ist Prostitution, was du dir da alles für Krankheiten einfangen kannst, außerdem wer weiß, vielleicht is das eine Falle und du wirst einem ganz fiesem Zuhälter untergejubelt...

Hör doch auf, Die sieht nicht so als würde er dich verarschen. Wer so einen Hau weg hat... Sag einfach ja, dein Leben ist eh im Eimer was hast du zu verlieren?!
 

„Ich äähm, okay. Ich komme mit.“

„Hey das find ich echt stark von dir!! Ich hab’s mir ehrlich gesagt auchn paar mal überlegt, aber dann hab ich Shinya kennengelernt. Da ist auch nichts schlimmes dran, da wird dich keiner betrügen. Zumindest nicht in normalem Maße. Mana greift hart durch. Drogen usw. weiter kommen ihm nicht ins Haus, wer mit Drogen erwischt wird, fliegt. Der muss sich dann auf normalen Strichen verdingen. Nein ernsthaft du wirst in guten Händen sein... Oh neeeein, Hilfe!! Aus!! Aaargh...“

Ein kleiner Schatten war an Kaoru vorbei geflitzt und hatte begonnen mit einer kleinen rosa Zunge Dies Gesicht zu bearbeiten.

„Oh Shinya, bitte sag mir was ich tun muss, damit dieses Vieh mich hasst!!“, jammerte Die während er versuchte sich den kleinen Hund vom Hals zu halten.

„Vielleicht solltest du dich öfter waschen.“

Ein hübscher junger Mann war heran getreten und beugte sich nun herunter um Die einen Kuss zu geben. Kao wunderte sich schon nicht mehr, dieser Tag war sowieso der Abschuss.

„Menno...“, maulte Die.

„Das is übrigens Kaoru, er kommt morgen mit.“

„Hi! Ich bin Shinya, und das ist Miyu.“ Er deutete auf den kleinen Hund, der es sich mittlerweile in Dies Schoß bequem gemacht hatte.
 

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„So hier ist es!“ Die ließ sich ins Gras fallen. „Die andern müssten auch demnächst kommen.“ Sie befanden sich auf einer kleinen Wiese am Ufer eines Flusses.

„Wir treffen uns immer hier. Jeder will weg von dem Ort an dem er sich normalerweise aufhält, und hier sind wir unter uns. Ich denke du wirst sie mögen.“

„Mhn...“

Mit gemischten Gefühlen, ließ sich Kao neben Shinya nieder.

„Nun schau nicht so verängstigt. Keiner will dir was böses, du bist dabei dein Leben zu retten.“ Er lächelte ihn lieb an.

„Weißt du,“ schaltete sich Die ein, „spätestens wenn du Miyavi siehst, gehen alle deine Bedenken den Bach runter. Dieser Kerl hat’s so unglaublich drauf. Fang nicht an seine Piercings zu beobachten, innerhalb von Augenblicken wird dir schwindelig davon. Wenn ich meinen Schatz hier nicht kennengelernt hätte, ich wär ihm schon lange verfallen!“
 

„Hach, ist doch immer wieder nett zu hören, was andere über einen reden!! Das stärkt das Selbstvertrauen!“

Ein grinsender, gutaussehender Junge ließ sich neben Kaoru ins Gras fallen, stützte die Ellbogen auf, schlug die Beine übereinander und strahlte ihn an. Zögerlich lächelte er zurück.

„Grad weil du das nötig hast... Schön dass ihr auch endlich da seid! Wir warten schon ewig!“

„Wer’s glaubt...“

„Warum nimmst du mir das eigentlich nie ab?? Was machst du wenn’s echt mal stimmt?!... Hmpf... das ist übrigens Kaoru. Er braucht Arbeit.“

„Waaaaiii, Kyo wir kriegen Zuwachs!!! Und auch noch so schnuckeligen!! Mana wird begeistert sein, Kyo nun schau doch mal!!“
 

Neben Miyavi saß ein anderer junger Mann, er hatte die Knie angezogen und den Kopf in seinen Armen vergraben. Auf Miyavis Aufforderung hin schaute er auf. Er betrachtete Kao kurz und ließ den Kopf wieder auf die Arme sinken.

„Ach der hat heute wieder seine Launen. Ist gestern Nacht nicht zum Schlafen gekommen.“

„Mir ist langweilig, hab ihr heute Abend frei?!“

„Nein, Die-chan, wir werden keine Kneipen aufsuchen! Selbst wenn wir frei hätten, sonst könnt ich Kyo morgen vom Boden abkratzen, nein! Toshiya ist krank, das heißt doppelte Arbeit für alle, wir können kaum ein Auge zu tun. Ich hab Kyo auch nur mitgebracht damit er wenigstens n bisschen Ruhe hat. Also wir bleiben schön hier!“
 

Während die beiden noch ein wenig weiter stritten von wegen trinken gehen oder nicht, betrachte Kaoru den anderen Kerl etwas eingehender. Er hatte blonde, in alle Richtungen abstehende Haare, einen Haufen Piercings, Tattoos an den Armen und schwarz geschminkte Augen. Allgemein war er ganz in schwarz gekleidet. Während Kaoru sich noch weiterhin Gedanken über sein Aussehen machte, hob besagter Blondschopf den Kopf und funkelte ihn aus dunklen Augen böse an.

„Was glotzt du so?“

Der Blick ging Kao durch und durch, doch bevor er antworten konnte schaltete sich Miyavi wieder ein. (Klick.)

„Hör nicht auf den, das ist unser Giftzwerg. Du willst also bei uns einsteigen?! Find ich klasse, weißt du, wenn du erst mal auf den Geschmack gekommen bist......“

Die nächsten Stunden war Kao damit beschäftigt Miyavi zuzuhören und seine Piercings zu beobachten. Und er hatte gedacht Die würde viel reden...

Dieser lag währenddessen mehr auf, als neben Shinya und hatte ihn in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelt.

Irgendwann stand Kyo einfach auf und ging. Kaoru schaute ihm etwas irritiert nach.

„Kao? Oh...ja das ist unser Kyo, daran gewöhnst du dich ziemlich bald. Der Kleine ist schon was besonderes, sowas findet man nich überall. Naja wo war ich stehen geblieben? Ah ja da kam dieser Kerl zu mir...“
 

Nach circa zwei Stunden musste Miyavi sich verabschieden. Kao lehnte Dies Einladung mit ihm unter einer Brücke zu schlafen höflich ab und wanderte ein letztes mal zu seiner Barackenwohnung. Er hatte so das dumpfe Gefühl, dass der kommende Tag sein ganzes Leben auf den Kopf stellen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2007-02-23T10:47:00+00:00 23.02.2007 11:47
Armer Kao ;____;
lass ihn doch nicht so leiden*schnief*
Schreib weeeeeeeeeiter*gespannt bin wie es weitergeht*
Von:  Munin
2007-02-21T20:59:53+00:00 21.02.2007 21:59
klasseeee!
schreib schnell weiter, die ff is echt spannend!^^
Von: abgemeldet
2007-02-18T22:36:11+00:00 18.02.2007 23:36
Fiees an der stelle aufzuhören ;_;
Ich mag die FF sehr^^
Bin gespannt auf das nächste Kapi
Von: abgemeldet
2007-02-04T13:57:05+00:00 04.02.2007 14:57
Also die Rollenverteilung finde ich schon mal sehr gut *_*
Die ist so toll^^ auch noch als Penner ;)
Bin mal gespannt, wie sich das Kao so in seinem neuem Beruf machen wird...
Von: abgemeldet
2007-02-02T15:35:35+00:00 02.02.2007 16:35
*grins*
das is so toooll! *_*
Die der Penner *höhö* und das horizontale Gewerbe XD
Dein Schreibstil und die Idee ist auf jeden Fall hammer *bekräftigend nick*
Beeil dich und lad bald die folgenden Kapitel hoch! Ich waaaaarte ^.~


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