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Heldentat

- Ken kills
von

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Nun war sein Lauf locker und gleichmäßig. Sein trainierter Körper trug ihn durch das nächtliche Tokyo, der City entgegen. So würde er traben, bis er umfiel.

Und mit jedem Plop der Stiefel auf dem harten Pflaster, kamen die letzen Bilder.

Die der jüngsten Vergangenheit, die Guten, die Heiteren, die… die heile Welt zeigten.
 

Stevies Freude, als er ihn mitnahm zu einem Fußballspiel. Seine Freude, als er mit dem Jungen im Park kickte und eine Menge Talent entdeckte. Die Zufriedenheit, ihn in bei einem guten Nachwuchstrainer untergebracht zu haben. Und das Glück, als er mit Lou-Ann bei Stevies erstem Spiel zuschaute, den Sieg seiner Mannschaft bejubeln konnte. Sie ihm um den Hals fiel beim Jubeln… und es zu einem behutsamen, sanften, unendlich kostbaren Kuss kam. Ohne jede Geilheit, ohne Peinlichkeit, einfach natürlich. Gewollt von beiden. Das Versprechen eines Anfangs. Eines Versuchs. Dem beschissenen Leben zum Trotz.
 

Für ein paar Wochen war da eine Vision. Die Möglichkeit, Harmonie zu finden.

An den freien Wochenenden aufs Land zu fahren. Ein geliehener Wagen, ein bestellter Picknickkorb… und die beiden Wochenenden, an denen Stevie mit seinem Team unterwegs war. So unbegreiflich schön wie eine Fata Morgana. Fast hatte er vergessen, dass er ein Wüstenbewohner war. Und die Wüste hat ihre eigenen, grausamen Gesetze.

So lebte er, immer auf die nächste Oase hoffend, völlig verdrängend, dass er die Karawanenstraße schon vor langer Zeit verlassen hatte. Dass er nur noch die dunklen Pfade der Wüstenräuber betreten durfte.
 

Plötzlich… Hupen, wütend und schrill. Quietschend packten Bremsen. Gummi rutschte über den Asphalt, rieb sich auf, hinterließ üblen Gestank.

Mitten auf der Kreuzung, im Scheinwerferkegel, unter einer Kanonade von Beleidigungen, wie sie weltweit nur Taxifahrer von sich geben können…

riss es ihm den Kopf herum und bremste ihn abrupt.

Keuchend registrierte er den Wagen und seine Umgebung. Instinktiv war er Richtung Headquater gelaufen. Was zur Hölle wollte er hier?

Hier war das die Wurzel des Übels. Hier wurde er fast täglich aufs Neue zum Mörder gemacht, hinausgeschickt, Menschen zu töten.

Um im nächsten Moment seinen Kopf müde zu schütteln. Den Taxifahrer ignorierend,

schleppte er sich zur anderen Straßenseite. Nein, es gab keine Ausrede. Ken wurde nicht zum Mörder gemacht… er war ein Killer. Die Menge der Opfer war so nebensächlich wie nur Irgendwas. Und niemandem konnte er die Schuld geben.

Es war sein verfluchtes Schicksal. Life is a bitch. Merk dir das, Ken. Und hör das verfluchte Träumen auf. Es gibt keine heile Welt für Berufskiller. Punkt.
 

Die Sache vorhin…. Dummer Zufall, mehr nicht. Aber lehrreich. Hatte ihm die Augen geöffnet, ihm geholfen, nicht noch mehr Bockmist zu bauen. Die beiden hatten eine kleine Chance… ohne ihn, natürlich. Er war Gefahr für alle in seiner Umgebung.

Und dass er auf einem Hit ausgerechnet Lou-Ann vor die Füße springen musste, dass sie ausgerechnet heute, ausnahmsweise, Stevie dabei hatte, obwohl das normalerweise anders geregelt war…. Peanuts. Nicht wichtig. Wäre es nicht so, wäre es halt woanders passiert. Irgendwie wäre die Bombe geplatzt… und dann vielleicht drastischer. Obwohl, war ja wohl ein ekliger Anblick für den Jungen…. Ken mit ausgefahrenen Bugnuks.

Stevies Stimme klang noch deutlich in seinem Kopf. ‚Ken?’. Dieser fragende, ungläubige Unterton. Diese Bitte um eine harmlose Erklärung, die es natürlich nicht gab. Und dann, stahlhart, ihre Stimme, den Jungen an sich ziehend.

‚Leb wohl, Ken’. Mit der unausgesprochenen Drohung, ihren Jungen nicht mehr zu behelligen. Ihn nicht mit diesem Milieu zu konfrontieren.

Und sein stummes Nicken. Ja, Lou-Ann. Ich halte mich fern von euch. Ich habe euch zu lieb.

Sie hatte schnell verstanden. Was seinen ‚Job’ anging… und was sein Versprechen anging. Sie schloss die Augen, drehte sich um und ging, Stevie an der Hand.

Nahm den letzten Rest von Kens Herz mit. Die allerletzte Hoffnung. Und sein Bemühen, ein normales Leben führen zu wollen. Endgültig.

Er legte seinen Kopf an die raue Mauer, drehte sein Gesicht zur Wand.

Flüsterte es noch mal. ‚Ich kann nicht… kann nicht mehr.’



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  abranka
2008-08-05T17:47:04+00:00 05.08.2008 19:47
Was wäre wenn... Diese Szenen gehen uns allen manchmal durch den Kopf, besonders wenn uns gerade jemand Neues begegnet ist, der irgendetwas in uns berührt, eine Saite zum Klingen bringt.

Was wäre wenn... Eine heile Welt wäre für Ken wünschenswert, vielleicht für jeden aus Weiß Kreuz. Aber machbar... eher nicht. Weil die Vergangenheit nicht auslöschbar ist. Und weil er nur ein Wolf im Schafspelz wäre, eine verkleidete Raubkatze.

Und weh tut’s trotzdem... Zu wissen, dass man nicht haben kann, was man will... In Kens Fall eine Chance auf ein „normales“ Leben...
Von: abgemeldet
2008-04-25T20:10:36+00:00 25.04.2008 22:10
Die Wahrheit ist so verdammt grausam und deine Geschichte zu lesen hat mich hin und her geschüttelt zwischen Ungläubigkeit und Hoffen auf diese verwischte Fata Morgana und der Wut auf das reelle Leben, die Ohnmächtigkeit, etwas ändern zu können, die einen manchmal anspringt.
Ken ist, meines Erachtens, der einzige der ehemaligen Weiß, der so einen Schlag in seine Gefühlswelt ... hm ... ich hätte fast 'abfangen kann' gesagt, aber das trifft es nicht. Denn er fängt es ja nicht ab, er nimmt es an, als etwas, was nicht zu ändern ist.
Und gerade weil es aus Liebe geschieht, ist es für ihn auszuhalten. Und nur deshalb.
Den Blickkontakt hatte ich sehr bildhaft in meinem Kopf, dieser Ernst, diese letzten Gefühle zwischen den beiden Erwachsenen und dieses leise 'Knack' von Stevies Kinderherzen, der nicht versteht, warum er verraten wird. Ich glaube, seine Mutter hält die Erinnerung an Ken nicht aufrecht. Aber ich glaube, Stevie erinnert sich sein Leben lang an Ken, und nicht nur an diesen letzten Moment, sondern bestimmt auch daran, dass er es geschafft hat, seiner Mutter ein Leuchten zu schenken und nicht nur ihm.
Und ja, tough, ich hatte wirklich Tränen in den Augen, vielen Dank. Es war ein sehr emotionales Lesen und es hat gut getan.
Deine Elster.
Von: abgemeldet
2008-04-16T16:02:37+00:00 16.04.2008 18:02
Er tut mir leid...
Obwohl 'leid' das falsche Wort ist. Auch wenn ich sagen würde, dass es selbstverschuldet ist, würde es nicht genau zutreffen.
Er ist in etwas hineingerutscht. In einen Sog, dem man nicht entrinnen kann, aber bei dem man doch den Blick für das Wesentliche, das Eigentliche behält. Und man hat immer eine Wahl, wenn es ums töten geht. Töte ich oder töte ich nicht. Seine erste und einzige Wahl fiel auf töten und dann gab es keine mehr.
Er hat nicht viel Spielraum, was das Wesentliche angeht.
Als Killer hat Töten höchste Priorität, gefolgt vom verstecktem Leben, dem Leben als Schatten.
Ganz am Schluss das Herz, dessen Wünsche und Sehnsüchte. Das Herz ist am fehlerhaftesten, die Gefühle schön, aber trügerisch. Da muss er Abstriche machen, für die Liebe, das Glück, welches die beiden eben nur ohne ihn haben. Schmerzhaft, aber wahr. Ein sehr trauriges Kapitel, aber autenthisch.
Alles andere ist Trugschluss, Irrsinn, unrealistisch.
Du bringst es auf den Punkt.
Was wäre, wenn...?

jenki
Von:  kissos
2008-04-13T15:25:09+00:00 13.04.2008 17:25
In diesem Kapitel gab es vieles, was mir besonders gut gefallen hat (wie immer, und mich deshalb fast ein bisserl traurig stimmt, dass es schon das Letzte ist...). Aber am meisten hat mich die Szene beeindruckt, in der Ken und Lou-Ann sich gegenüberstehen. So gut wie keine Worte werden gewechselt - vielleicht ist es auch gerade deshalb ein so intensiver Moment.

Es tut weh, Ken so zu "lesen", weil man ihm ein besseres Leben von Herzen gönnen würde. Weiß nicht, gereade aus seinem Mund ist es besonders bitter, die Einsicht zu hören, dass es dazu niemals kommen wird.

Die Rückblicke, gerade auch die Erinnerung an das Fußballspiel - eine perfekt schöne "Familienszene" - muss Ken ja regelrecht zerreißen, dieses "hätte könnte, wenn nicht wäre". Ein solches Leben ginge einfach mit seiner Natur mehr konform als das, welches er jetzt gerade führt.

Eine traurige Geschichte mit leisen Tönen, stellenweise menschlich wunderschön, und das Ende, auch wenn ich mir (ganz realitätsfern) ein anderes gewünscht hätte, könnte besser gar nicht sein. Eines von den besten Teilen der fic, finde ich.


Ich hoffe ja... auf einen Epilog. ^^

oxx kissos


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