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Digimon Hunter

von

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Dunkle Vorahnungen

Matt irrte durch ein Labyrinth aus Straßen und Sackgassen. Es war dunkel, kein Licht brannte, ein geisterhafter Nebel erschwerte die Sicht noch mehr. Außer ihm schien niemand hier zu sein, und dennoch fühlte er sich beobachtet. Nichts war zu hören. Selbst seine Atmung und seine Schritte waren völlig geräuschlos. Er hörte nichts. Nichts, außer einer Melodie. Sie war sehr traurig und schien von einer Mundharmonika zu kommen. Er bewegte sich ungefähr in die Richtung des Liedes, vorbei an Häusern und Laternenpfählen. Die Melodie wurde lauter. Nach einer Ewigkeit sah er schließlich etwas Licht in der Ferne. Die Melodie schien von dort zu kommen. Er rannte darauf zu.

Endlich war er nahe genug heran gekommen, um es sehen zu können. Er staunte nicht schlecht: An einem funktionierendem Laternenpfahl gelehnt, stand ein Junge und spielte Mundharmonika. Der Junge kam Matt auf dem ersten Blick ziemlich bekannt vor. Auf dem zweiten Blick erkannte er, dass es er selbst war, allerdings im Alter von elf Jahren. Der junge Matt hörte auf einmal auf zu spielen und sah sein älteres Ebenbild an. Sein Blick war sehr traurig.

Das Herz des älteren Matts schlug auf einmal viel schneller. Es wurde so laut, dass er es richtig schlagen hören konnte. Es wurde immer schneller und lauter. Er rannte vor seinem jüngeren Ich davon. Er konnte nicht anders. Der Nebel wurde dichter. Er sah nach hinten. Nichts von seinem anderen Ich zu sehen, geschweige denn vom Licht. Er blickte wieder nach vorne und blieb augenblicklich stehen. Sein Herz beruhigte sich, das beunruhigende Herzklopfen wich einer kaum beruhigenderen Stille.

Vor sich sah er einen Spiegel. Er sah keinen Rand, was bei dem dichten Nebel nicht weiter verwunderlich war. Sein Spiegelbild war normal, wenn man die Tatsache ignorierte, dass es Matt nicht ansah, sondern stur nach unten Blickte. Seine Haare verdeckten sein Gesicht. Matt näherte sich dem Spiegel. Der Nebel schien ihn und den Spiegel immer mehr einzuschließen. Schließlich war die sichtbare Fläche des Spiegels kaum größer als er selbst. Jetzt hörte er wieder etwas. Wie aus weiter Ferne hörte er von überall her Stimmen. Einige waren wütend, andere traurig, viele weinten und noch mehr schrieen vor Schmerz. Es war jedoch nicht nahe genug, um richtig laut zu sein. Angst erfüllte Matt. Er versuchte, den Spiegel zu berühren. Das Spiegelbild folgte jedem seiner Bewegungen, nur der Kopf blieb gesenkt. Seine linke Hand fasste den Spiegel an. Er war ungewöhnlich kalt. Sein Gesicht näherte sich seinem Spiegelbild. Immer noch keine Regung des Kopfes. Auf einmal umschloss eine Hand seinen linken Arm. Er sah sich seinen Arm an. Die Hand war die seines Spiegelbildes. Die Hand war genauso kalt wie der Spiegel. Er versuchte sich zu befreien, doch die Hand ließ einfach nicht los. Er stieß einen lautlosen Schrei aus. Die Stimmen kamen näher. Im Nebel konnte er Umrisse von Gestalten sehen, die auf ihn zukamen. Es mussten Hunderte sein.

Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich der Kopf seines Spiegelbildes bewegte. Er drehte sich zu ihm hin und blickte ihn endlich direkt ins Gesicht. Die Augen waren komplett schwarz, wie zwei endlos Tiefe Brunnen. Sein Spiegelbild fing an zu grinsen. Er entblößte tiefschwarze, lange Zähne, die fast so dünn wie Nadeln waren. Die rechte Hand des Spiegelbildes griff durch den Spiegel, als ob er Luft wäre und packte seine Kehle. Kälte breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Die Gestalten standen wie eine einzige Mauer um die beiden herum. Das Spiegelbild fing an zu lachen. Die Stimmen schwollen zu einem düstern Chor an. Der Griff wurde immer fester. Matt sah schwarz vor Augen. Er kämpfte dagegen an, doch schließlich gewann die Schwärze die Oberhand. Er fiel in einen endlosen schwarzen Abgrund...
 

Schweißgebadet schrak Matt aus seinem Bett hoch. Er hechelte, als wäre er gerade zwei Kilometer in Rekordzeit gerannt. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah sich um. Er war nach wie vor in seinem Zimmer. Durch das nicht ganz geschlossene Fenster erhellten erste Lichtstrahlen den Raum. Das einzig grauenhafte hier war die Unordnung. Überall lagen Klamotten, Schulutensilien, diverse Bücher über Astrophysik und Astrologie, sowie haufenweise Mangas herum.

Meine Fresse, was für ein Traum. Hab wohl was Falsches gegessen. Oder zuviel getrunken. Oder beides.

Langsam rappelte er sich auf. Seine Schultern schmerzten. Er war völlig verkatert. Der gestrige Freitag forderte seinen Tribut. Langsam schlurfte er Richtung Badezimmer. Auf dem Weg war er einen kurzen Blick auf die Uhr - 6.20 Uhr.

Für knapp vier Stunden Schlaf bin ich ganz schön wach. Auch Alpträume haben ihre guten Seiten.

Er lächelte kurz und ging weiter. Im Badezimmer betrachtete er sich im Spiegel. Er sah weitaus besser aus als er sich fühlte.

Diesmal bist du wohl nicht in Mordlaune, was?

Der Spiegel gab keine Antwort. Wie sollte er auch? Er hatte genug von seinem Spiegelbild und duschte erst mal ordentlich. Dabei sammelte er seine Gedanken.

Was sollte das für ein Traum sein? Mein sechs Jahre jüngeres Ich und eine Horror-Spiegelbild-Version von mir in einer nebligen Stadt? Was sich so aus meinen Hirnwindungen alles absondert ist schon merkwürdig.

Nachdem er fertig geduscht hatte zog er sich erst mal eine Jeans und ein einfaches grünes T-Shirt über. Dann warf er einen Blick auf das Zimmer seines Vaters. Wie erwartet war er schon bei der Arbeit. Dann musste er sich wieder um den Einkauf kümmern. Das Geld lag wie immer auf den Küchentisch.

Aber dafür ist es noch viel zu früh. Also erst mal ein paar Stunden Langeweile.

Enttäuscht machte er sich ein Frühstück - bestehend aus Cornflakes und einem Glas Orangensaft - und setzte sich an den Küchentisch. Dabei war er mehr in seine Gedanken als in sein Essen vertieft.

Oh Mann, das nennt man wohl die Ruhe vor dem Sturm. Ich muss noch unbedingt für die Schule büffeln. Klausuren schreiben sich nicht von selbst. Der ganze Stress ist zum Kotzen. Nichts gegen die Schule, aber ich brauch dringend Abwechslung. In der Digiwelt zum Beispiel. Hab Gabumon schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Er und die anderen kriegen´s zwar irgendwie hin, uns E-Mails zu schicken, aber das ist nicht dasselbe. Wie lange ist das her, seit wir das letzte Mal so richtig in Aktion waren? Drei Jahre? Tja, nach Armageddemons Tod wurde es ziemlich ruhig um die ganzen Virus-Digimon. Ab und an gab´s ein paar Wichtigtuer, aber T.K. und die neue Truppe sind besser, als mir lieb wäre. Aber auch die haben in letzter Zeit nicht viel zu tun. Ist auch besser so. In der Digiwelt kann man genug erleben, auch ohne größenwahnsinnige Viren. Und Sora gefällt es dort besonders gut.

Jetzt stand sein Entschluss fest. Er spurtete förmlich in sein Zimmer und schaltete den PC an. Anschließend fing er an, eine E-Mail zu schreiben:
 

So Leute, ich weiß zwar nicht wie´s euch geht, aber wenn ich nich bald mal wieder in der Digiwelt bin dreh ich durch!

Also, wer hat Lust auf einen kleinen Ausflug? Sonntag wär Ideal, aber das kann man ja noch regeln. Treffen wir uns einfach heute Abend gegen 5 im D-Chat (am besten mit Mikros).
 

P.S.: Wehe, ihr kommt nicht ;)!

Matt
 

Er verschickte die Mail an alle Digiritter und lehnte sich entspannt zurück. Sicherlich ging es den anderen ähnlich wie ihm. Dann hatten sie wenigstens wieder einen Grund, Izzys D-Chat zu benutzen. Die Möglichkeit, auch von der Digiwelt aus zu chatten hat zwar noch keiner so sehr beachtet, aber er hatte hart daran rumprogrammiert und freute sich, wenn sein Programm auch benutzt wurde.

Matt schrieb noch eine Mail an Gabumon, um ihn von dem Ausflug zu benachrichtigen. Er hatte immer noch jede Menge Zeit übrig. Er entschloss sich, ein wenig zu büffeln.

"Auf ins Gefecht!" Dachte er grinsend und fing an, zu lesen.
 

*
 

Phantomons Kette legte sich schwer um Matts Hals. So sehr er es auch versuchte, er kriegte sie nicht ab. Währenddessen schwang Phantomon seine Sense immer wieder in seine Richtung. Er wollte ihn nicht sofort töten, sondern erst noch ein wenig mit ihm spielen. Auch Sora griff er immer wieder an. Ein rechtzeitig vorgehaltener Ast halbierte diesen anstelle von ihr. Die Wucht des Schlages hob sie von den Beinen. Sie traf hart auf dem Boden auf. Nach kurzer Benommenheit hob sie ihren Kopf und betrachtete die Lage. Es kam ihr sehr bekannt vor. Es war wie damals vor sechs Jahren: Sie, Matt und Kari wurden von Myotismons Gefolge angegriffen. Doch das hier war um einiges anders: Sie und Matt waren natürlich gealtert. Es war tiefste Nacht. Außerdem war die Stadt verlassen. Keine Spur von ihren oder Myotismons anderen Digimon. Von Kari fehlte jeder Spur.

Matt wirkte sichtlich erschöpft und hatte immer mehr Mühe, Phantomons Schlägen auszuweichen. Sie versuchte aufzustehen, doch ihr Körper schien wie gelähmt, nur ihr Kopf ließ sich bewegen. Phantomon hatte ohnehin das Interesse an ihr verloren. Es ging ihm nur um Matt.

Aus den Schatten eines Gebäudes tauchte endlich Kari auf. Auch sie war gealtert. Sie bewegte sich langsam auf die Szenerie zu. Als sie Sora gegenüber stand, die beiden Kämpfenden zwischen ihnen, blieb sie stehen. Sie schien den Kampf nicht zu bemerken. Stattdessen sagte sie etwas, so leise, dass Sora es kaum hören konnte.

"Dunkel", sagte sie, "Es ist so dunkel..." Mehr brachte sie nicht zustande, bevor sie einen Schwall Blut erbrach. Sie sackte zusammen, fiel auf die Seite. Ihre leblosen Augen blickten Sora verwundert an. Sora schrie.

Bei dem, was nun geschah war selbst ein Schrei noch zuwenig. Mit einem lockeren Schwung enthauptete Phantomon Matt. Sein Körper versuchte noch auszuweichen, doch ohne Kopf kam er nicht sonderlich weit. Matts Kopf fiel auf den Boden und rollte in Soras Richtung. Ihr Schrei erstarb. Fassungslos starrte sie auf Matts schreckensverzerrten Kopf, immer noch unfähig aufzustehen.

Phantomon ließ ein dunkles Lachen ertönen. Sora schaffte es irgendwie, den Blick von Matts Kopf abzuwenden und Phantomon anzusehen. Doch der war verschwunden. Stattdessen sah sie den Tod persönlich. In einer schwarzen Robe stand er da, eine Sense in der einen Knochenhand und eine Sanduhr in der anderen. Ein Gesicht war nicht zu erkennen. Er zeigte ihr die Sanduhr. Sie war bis auf nur wenige Körner abgelaufen. Als die Körner komplett am unteren Boden lagen, erhob sich ein Schatten über Sora. Sie blickte nach oben. Es war Snimon. Eine seiner Sicheln sauste auf sie herunter. Das Lachen ertönte wieder, dann wurde alles dunkel...
 

Sora musste sich beherrschen, um nicht zu Schreien.

Jetzt beruhig dich schon! Alles in Ordnung. Es war nur ein Traum!

Schließlich hatte sie sich wieder gefasst. Sie sah sich um. Sie war nach wie vor in ihrem Bett. Keine Spur von Matt, Kari, einer Sense oder einer riesigen Gottesanbeterin. Es war nur ein Traum. Ein erschreckend realer Traum.

Was das wohl bedeuten mag? Das stellte ja jeden Horrorfilm in den Schatten. Aber wahrscheinlich ist es nicht allzu schlimm. Jeder hat hin und wieder mal Albträume. Lag wohl daran, dass es ´ne ziemlich schlimme Erinnerung war. Vielleicht hab ich aber auch nur was Falsches gegessen...

Sie beschloss, sich nicht weiter den Kopf zu zerbrechen. Sie warf einen Blick auf ihren Wecker - viertel nach acht - zog einen blauen Morgenmantel an und machte sich auf in Richtung Balkon.

Sie öffnete die Balkontür, ging ins Freie und lehnte sich ans Geländer. Es war ein wirklich wundervoller Morgen. Keine Wolke bedeckte den Himmel, die Sonne strahlte einen goldenen Glanz aus. Der Wind war noch frisch, aber angenehm.

Nachdem sie die Aussicht ausgiebig bewundert hatte, betrachtete sie ihre Halskette. Matt hatte sie ihr vor zwei Jahren zum Geburtstag geschenkt, und seitdem hatte sie sie so gut wie nie abgenommen. Die Kette war ein Unikat, für das Matt einiges springen ließ, wie er selbst sagte. Sie bestand aus einem einfachen Goldkettchen und einem knapp Daumengroßen Goldherzen. Das Herz hatte eine Verzierung aus Rosenquarz in Form ihres alten Wappens der Liebe. Ein mehr als ausreichender Ersatz, wie sie fand.

Der Albtraum ließ ihr keine Ruhe. Der Balkon und die Halskette waren nur eine kurzfristige Ablenkung. Anscheinend war er doch schlimmer, als sie dachte.

Vielleicht helfen ja meine morgendlichen Übungen. Bei der Gelegenheit könnte ich auch grad mal gucken, ob ich neue E-Mails gekriegt habe.

Sie ging wieder ins Haus und schloss die Balkontür.
 

*
 

Kari rannte so schnell, wie sie konnte. Sie wusste nicht wovor, aber sie wusste, dass sie nicht langsamer werde durfte. Es war Abenddämmerung, und sie rannte durch einen Wald voller schwarzer, blattloser Bäume. Vor sich sah sie ein Licht, hinter ihr verschwand alles in Dunkelheit. Verzweifelt kämpfte sie sich durch Zweige und Wurzeln. Langsam wurde der Wald lichter, und schließlich kam sie auf offenes Gelände. Das Licht verschwand, und sie musste feststellen, dass sie sich vor einem blutroten See befand. Am anderen Ufer sah sie einen Friedhof umringt von teufelsartigen Statuen, die sie bösartig lächelnd anzustarren schienen. Sie saß in der Falle.

Als sie sich umdrehte, sah sie eine dunkle Gewitterfront, die sich in ihre Richtung bewegte. Etwa zu dem Zeitpunkt, als die Wolken den Wald hinter sich hatten, trat eine fremde Person aus ihm heraus. Es war eine große Gestalt mit grauem Mantel. Eine Kapuze hüllte ihr Gesicht in Dunkelheit. Ein Schwert war auf ihrem Rücken geschnallt. Aus den Ärmeln des Mantels ragten die Läufe zweier Pistolen.

Kari wich zurück. Sie stand jetzt kurz vor dem Ufer des Sees. Um nichts in der Welt wollte sie in dieses blutartige Wasser. Verzweifelt schaute sie nach links und rechts, um vielleicht einen Weg um den See zu finden. Doch da war nur wieder dieser Wald, dicht wie eine Wand, mit Dornen bespickten Ästen und anscheinend ins Endlose reichende Baumreihen.

Hinter ihr ertönte ein Tuscheln und Flüstern. Sie drehte sich um. Es schien aus dem See zu kommen. Sie kniete sich hin und beugte sich darüber. Ihr Spiegelbild war leichenblass, blutverschmiert und hatte ein Loch in der Stirn. Schreiend sprang sie auf und drehte sich um.

Sie hatte die Gestalt in grau ganz vergessen. Sie stand jetzt wenige Meter von ihr entfernt. Eine Pistole war auf sie gerichtet. Sie stand da wie erstarrt. Die Gestalt drückte ab. Hart wurde sie an der Stirn getroffen. Sie spürte nichts. Sie hörte nichts mehr, noch nicht mal den Schuss. Es war, als würde sie das ganze nur aus der Sicht eines Anderen sehen. Wie in Zeitlupe fiel sie in den See. Blutrotes Wasser umschloss sie völlig. Langsam sank sie immer tiefer. Dabei drehte sich ihr Körper langsam. Nun konnte sie den Boden des Sees erblicken. Es war eine Feuersbrunst. Die Hölle. Und sie sank ihr langsam entgegen...
 

"Mensch, Kari, beruhig dich doch!"

Tai versuchte seine Schwester zu beruhigen. Die merkte schließlich, dass sie schon seit einer Weile aus vollem Halse schrie. Sie hörte auf und lief ziemlich rot im Gesicht an. Sie war sich ihrem Bruder um den Hals.

"Was zum Henker war denn hier los?!", fragte er sie, "Ich wollte für uns grad Frühstück machen, als du plötzlich losschreist. Da hab ich vor Schreck alles fallen lassen. Das hat sich fast so angehört, als würde dich grad einer ermorden..."

"Der Traum...", brachte Kari kleinlaut hervor, "Er...er war so grauenvoll...und so echt!"

"Komm schon. Das war nur ein Traum. Nichts, wovor du Angst haben musst!", versuchte er sie zu beruhigen. Er fuhr ihr mit der Hand durchs Haar und brachte es etwas durcheinander. Er lächelte sie an. "Das wird schon wieder. Aber du darfst mich nie wieder so erschrecken. In Ordnung?" Nach einigem zögern lächelte sie leicht zurück.

"Dann lass uns mal die Reste unseres Frühstücks wegräumen."

Er machte auf Richtung Küche. Er trug hellbraune Shorts und ein unordentliches, weißes T-Shirt. Sie atmete tief durch, um sich einen klaren Kopf zu verschaffen und folgte ihm in ihrem rosa Pyjama.

Etwa eine Stunde später - gegen viertel nach elf - kam ihre Mutter vom Supermarkt zurück. Sie hatte zwei große Tüten in der Hand und wirkte recht besorgt. Tai und Kari konnten sich schon denken, warum.

"Ich habe gerade ein paar Nachbarn getroffen. Sie sagen, sie hätten Schreie aus unserer Wohnung gehört."

"Ach ja, ein paar von ihnen haben hier auch schon vorbei geschaut. Es war nichts weiter. Kari hatte nur einen ziemlich üblen Albtraum."

"Ist das wahr?", Sie sah Kari mit einem sehr besorgten Blick an, "Alles klar mit dir?"

"Schon gut, Mama. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Sowas wird schon nicht wieder vorkommen."

"Da bin ich ja beruhigt!", sie wirkte erleichtert, "Dann helft mir mal mit den Einkäufen."

Nachdem sie ihr geholfen hatten, gingen sie in ihre Zimmer.

Kari legte sich wieder ins Bett und starrte gegen die Decke. Tais aufmunternde Worte hatten nicht so sehr geholfen, wie sie erhofft hatte. Sie konnte einfach nicht aufhören, an den Traum zu denken.

Was war das für eine Gestalt? Warum wollte sie mich töten? War das nur ein Albtraum oder eine Art Vision? Vielleicht nehm ich das Ganze viel zu ernst, aber irgendwie scheint da mehr dahinter zu stecken.

Tai unterbrach ihre Gedankengänge.

"Hey, ich hab grad eine Mail von Matt erhalten"

"Und was sagt er?"

"Er möchte, dass wir mal wieder einen Ausflug in die Digiwelt unternehmen. Wenn möglich die gesamte Truppe. Das muss ich unbedingt Agumon mitteilen!"

"Schaden kann´s nicht. Immerhin waren wir schon eine Weile nicht mehr dort. Gennai und unsere Digimon sagen zwar, dass alles ruhig ist, aber man weiß ja nie..."

"Ach Kari", er setzte sich an die Bettkante, "Du machst dir zu viele Sorgen. Wenn es dort irgendeine neue Bedrohung geben würde, hätten wir sicher davon erfahren. Mach dich nicht verrückt!"

"Vielleicht hast du Recht..."

Aus der Küche kam die Stimme ihrer Mutter.

"Kommt, ihr zwei! Das Essen ist fertig!"

"Hast du gehört Kari? Jetzt aber schnell an den Tisch!"

Er rannte aus dem Zimmer.

"Hey, bleib stehen!", rief sie ihm scherzhaft nach und rannte ihm hinterher.
 

*
 

"Hat er jetzt endlich eine Nachricht geschickt?"

"Ja. Er lässt ausrichten, dass Phase 1 erfolgreich abgeschlossen wurde."

"Gut. Sag ihm, dass er sich auf Phase 2 vorbereiten soll."

"In Ordnung."

"Bist du auch sicher, dass er das richtige Primärziel ist?"

"Absolut. Es wurde mehrmals überprüft. Es besteht kein Zweifel, dass er als Primärziel geradezu perfekt ist."

"Und was macht unser `Neuerwerb´?"

"Er müsste jeden Augenblick erwachen. Hoffentlich ist die Kontrolle auch stabil."

"Vertrau mir, die wird schon halten. Sobald er bereit ist soll er mit seinem ersten Auftrag beginnen. Du weißt, wir brauchen diese Fabrik für unsere Pläne."

"Ich weiß. Und übrigens haben wir gerade ein paar Mitteilungen von mehreren Digirittern an ihre Digimon abgefangen. Anscheinend planen sie für Sonntag eine Art Ausflug."

"Ich hoffe, er wird seinen ersten Auftrag schnell genug durchführen. Wir brauchen noch einen kleinen Schlüssel von den Digirittern, und ich bin sicher er möchte sie gerne kennen lernen."

"Er wird es schon schaffen. Ich bin gespannt, was er so alles drauf hat."

"Was würde ich darum geben, Gennais dummes Gesicht zu sehen. Seine neueste Errungenschaft wird uns als Instrument der Vergeltung dienen. Welch süße Ironie..."
 

*
 

Er trieb in der Dunkelheit herum wie in einem luftleeren Raum. Er konnte in dieser Dunkelheit nichts erkennen. Er fühlte und hörte nichts. Dafür herrschte in seinen Gedanken das reinste Feuerwerk. Etwas schien sich in seine Gedanken reinzuschleichen. Ein wilder Kampf entbrannte. Kummer, Wut, Freude, Hass und andere Empfindungen schienen zusammen mit seinen Erinnerungen um die Vorherrschaft zu kämpfen. Schließlich gewannen Wut und Hass die Oberhand. Alle Erinnerungen ohne diese Gefühle verblassten und verschwanden in den hintersten Winkeln seines Geistes. Mit einem Mal fühlte er sich wie neu geboren, voller Kraft und Tatendrang.

Die Dunkelheit hellte sich langsam auf. Er lag auf einer einfachen Matte auf hartem Steinboden. Über ihm hing eine Glühbirne. Sonst war der Raum stockdunkel.

Er stand auf und sah sich um. Nichts. Dann hörte er, wie hinter ihm eine Tür geöffnet wurde. Licht erleuchtete seinen Rücken. Eine ihm wohlbekannte Stimme ertönte.

"Guten Morgen, kleiner Jäger! Hast du gut geschlafen?"

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

"Ich hab mich noch nie besser gefühlt!"

"Gut, sehr gut. Und übrigens: Willkommen im Team!"

Sein Lächeln wurde größer. Es verzerrte sich zu einem dämonischen Grinsen. Er war bereit, seinen Meistern zu dienen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-11-04T16:25:43+00:00 04.11.2008 17:25
wow!
Ich muss sagen das mir das Kapitel richtig gefallen hat
und du es sehr gut geschrieben hast!^^

Ich werde jetzt die übrigen kapis lesen!^^

lg Bloody-Marry


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