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Stadt der Engel

Schatten und Licht, Band 1
von

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Verlorene Hoffnung

Wie Raubvögel kreisten drei kampfbereite Luftschiffe über Farnellia. Wachsam beäugten sie sich gegenseitig und die Stadt unter ihnen. Im Innern eines jeden Schiffes schlummerten drei Guymeleffstaffeln, die nur darauf warteten losgelassen zu werden. Van fühlte sich bei dem Anblick der Kriegsschiffe wie ein Gefangener in seiner eigenen Stadt. Der prasselnde Regen und die tiefen, dunkelgrauen Regenwolken verstärkten diesen Eindruck noch.

Die Sicht auf die Stadt und die Schiffe verschwamm durch die verregneten Fensterscheiben seines Zimmers und für einen Augenblick schien es Van so, als wäre der Schleier, der einen genauen Blick auf die Welt außerhalb seines Zimmers verhinderte, direkt vor seinen Augen.

Jedes der drei Schiffe gehörte einer anderen Großmacht und hatte das entsprechende Oberhaupt nach Farnellia gebracht. Gerade waren die drei Könige aus Astoria, Vasram und Chuzario, welche den Rat der Allianz bildeten, im sicheren Konferenzraum und berieten sich untereinander. Der Gedanke daran, dass sie dabei ganz alleine waren, beunruhigte Van. Die sturen Hitzköpfe könnten sich gegenseitig an Gurgel gehen, ohne dass er davon etwas mitbekam.

Die Tür zu seinem Zimmer öffnete sich und Sophia trat ein. Schweiß floss über ihre Stirn und an ihren Wangen herunter. Erschöpft lehnte sie sich an die Wand und trocknete sich mit dem mitgebrachten Handtuch das Gesicht ab.

„Wie siehst du denn aus?“, wunderte sich Van.

„Gesgan war wohl der Meinung, er müsse mein letztes Training besonders schwierig gestalten. Am Ende haben wir gegeneinander gekämpft.“, keuchte Sophia.

„Und?“, fragte Van neugierig.

„Er nahm mich auseinander. Nach allen Regeln der Kunst.“, antwortete Sophia schwach lächelnd.

„Glaubst du, dass Training hat sich gelohnt?“

„Auf jeden Fall. Hätte ich noch einmal die Wahl, ich würde mich nicht anders entscheiden.“

„Ich nehme nicht an, dass du jetzt noch die Kraft hast gegen mich zu kämpfen?“

„Du willst kämpfen?“

„Ich möchte auch sehen, was du gelernt hast.“, erwiderte Van Schulter zuckend.

„Du bekommst deine Chance.“, teilte ihm Sophia mit und begann zu grinsen. „Auf dem Turnier hier in Farnellia werden wir garantiert aufeinander treffen.“

„Wie kannst du so sicher sein?“, wollte Van wissen.

„Wenn du gewinnen willst, wirst du an mir vorbei kommen müssen.“

„Ich könnte Frauen die Teilnahme verweigern.“

„Gerade das wirst du nicht wagen. Merle würde dich vierteilen.“

„Auch wieder wahr.“, sagte Van trocken. „Gibt es keinen Weg dich umzustimmen? Dein Vater macht Farnellia dem Erdboden gleich, wenn dir etwas während dem Turnier passiert.“

„Keine Chance. Um meinen Vater brauchst du dich nicht zu sorgen. Um den kümmere ich mich.“, bekräftigte Sophie ihren Anspruch. „Wo wir gerade von ihm sprechen, wo ist er überhaupt?“

„Noch immer im Konferenzraum. Meine geschätzten Kollegen sitzen jetzt schon seit Stunden da drinnen.“

„Es muss je wirklich was Wichtiges zu besprechen geben, wenn sie solange brauchen.“

„Glaub ich nicht. Die wollen mich nur warten lassen und spielen Karten, um sich die Zeit zu vertreiben.“, scherzte Van. „Damit zeigen sie mir, welchen Rang ich ihrer Meinung nach in der internationalen Elite einnehme.“

„Du wirst schon wieder zynisch. Verlier nicht die Nerven, Van. Gerade jetzt wäre das tödlich.“, warnte ihn Sophia.

„Du hast Recht.“

Jemand klopfte an Vans Tür.

„Herein.“, rief er, wobei er seine Hand unbewusst an den Griff des Schwertes legte, das an seinem Stuhl gelehnt war. Langsam öffnete sich die Tür und eine junge Dienerin gab sich zu erkennen.

„Verzeiht, Majestät.“, flüsterte sie.

„Schon gut, was ist los?“, beruhigte Van sie.

„Der Rat…er möchte euch sprechen…im gesicherten Konferenzraum.“, stotterte die Dienerin.

„Ich komme.“, informierte er sie, woraufhin die Dienerin sich zurückzog. „Ich frage mich allen ernstes, was der Rat mit meinem Personal anstellt. So nervös sind sonst nur die Frischlinge.“, sagte er zu Sophia.

„Die Dienerin schien mir auch noch sehr jung zu sein.“, wandte sie ein.

„Sie arbeitet schon seit einem halben Jahr hier in der Villa und ist den Umgang mit hohen Gästen gewohnt. So schüchtern war sie lange nicht mehr.“, widersprach Van.

„Solltest du nicht langsam gehen? Mein Vater wartet nicht gerne.“

„Ich bin ja schon weg. Du solltest dich ebenfalls für deine Abreise vorbereiten. Er will hier, soviel ich weiß, nicht übernachten.“

„Meine Sachen sind bereits gepackt.“

„Aber du wirst ihm doch nicht verschwitzt entgegentreten.“

„Schon gut! Ich werde mich frisch machen.“, entgegnete Sophia. Van schenkte ihr ein Schmunzeln und verließ das Zimmer.

Mit einem flauen Gefühl im Magen schritt er durch die Gänge zum Konferenzraum, welchen er getrost als Höhle der Löwen bezeichnen konnte. Jetzt endlich würde er den Grund erfahren, warum König Aston darauf bestanden hatte eine Ratssitzung in Farnellia abzuhalten. Wobei...er konnte es sich denken. Aston schien das Interesse an Hitomi nicht zu verlieren, welches er schon seit dem Bankett in Palas vor drei Jahren pflegte. Worin sein Interesse bestand, wollte Van sich lieber nicht vorstellen.

An der Tür zum Konferenzraum angekommen, nahm er alle Stärke zusammen, die er besaß. Er wollte auch auf den Rückhalt zugreifen, den ihn Hitomi gab, bis er merkte, dass er wieder nur Leere an Stelle ihrer Präsens in seinem Innern fand. „Wo bist du?“, formulierte er in Gedanken und schickte die Frage in die weite Welt hinaus. Dann ließ er die Tür öffnen und trat ein.

Drei stechende Augenpaare empfingen ihn. Van war von den überheblichen Blicken einen Moment lang überwältigt, doch die zufallende Tür jagte ihm einen kleinen Schrecken ein, so dass er wieder einen klaren Kopf bekam.

An dem runden Tisch saßen König Aston von Astoria in den für ihn typischen und teuren aristokratischen Gewändern, der kleine und dicke General Friedrich von Vasram in seiner braunen Militäruniform und König Franziskus IV von Chuzario, der Vater von Sophia. Er stach Van sofort ins Auge. Nicht nur, weil sein schneeweißer Anzug sich deutlich von allen Farben im Zimmer abhob und er unter den Ratsmitgliedern der einzige schlanke war. Der berechnende Ausdruck seiner Augen fiel Van auf und er fühlte sich, als wäre er gerade nach Waffen durchsucht worden. Auch die aufrechte Körperhaltung verriet Van, dass Chuzarios Oberhaupt jederzeit auf einen Angriff gefasst war. Van erinnerte sich an das, was Sophia über die mörderische Politik in ihrem Land erzählt hatte. Hätte er jemals Zweifel an ihren Worten gehabt, sie wären bei dem Anblick ihres Vaters ausgeräumt worden.

König Aston begann zu sprechen.

„Wisst ihr, warum wir euch haben rufen lassen, König von Farnellia?“, fragte er großspurig.

„Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, weshalb ihr diese Konferenz in Farnellia abhalten musstet.“, erwiderte Van betont gelassen.

„Das ist keine Antwort auf meine Frage.“, donnerte Aston.

„Nein, ich weiß nicht, warum ich gerufen worden bin.“, antwortete Van respektvoll, hielt dabei aber das Kinn höher.

„Meinen Quellen zufolge wurde ein Mädchen mit dem Namen Hitomi hier in Farnellia gesehen. Ihr sollt von ihrer Anwesenheit gewusst und sie sogar in euer Haus aufgenommen haben.“, führte König Aston aus.

„Das ist richtig.“, bestätigte Van.

„Ihr leugnet es nicht?“

„Warum sollte ich? Soviel ich weiß, ist es nicht illegal Gäste aufzunehmen.“

„Ihr wisst, was man dem Mädchen vorwirft? Dass sie den Krieg gegen Zaibach ausgelöst und vorangetrieben haben soll? Dass sie mit Hilfe ihrer Kräfte versucht hat, Zugang zu unseren Kreisen zu bekommen? Natürlich wisst ihr das, schließlich wart ihr ja auch das erste Opfer, welches ihren zerstörerischen Einflüssen unterlag.“, warf Aston Van vor und lehnte sich selbstsicher zurück. Van verschlug es angesichts der Lügen, welche über seine Geliebte verbreitet wurden, die Sprache.

„Ihr glaubt diesen lächerlichen Gerüchten?“, fragte er fassungslos.

„Bisher konnten die Vorwürfe nicht entkräftet werden.“, meinte Franziskus und beobachte Vans Reaktion. Dieser knirschte mit den Zähnen und rang um seine Fassung. Er hat dieses Theater mehr oder weniger erwartet und eigentlich geglaubt, dass er mitspielen konnte, doch jetzt erkannte er, dass er sich die ganze Zeit nur etwas vorgemacht hatte. Selbst wenn Hitomi in keiner Weise anwesend war, ließ sie ihn nicht kalt. „Wenn das Mädchen sich jedoch stellen würde, könnten mit Sicherheit alle Missverständnisse ausgeräumt werden.“, argumentierte Sophias Vater weiter.

Van überlegte fieberhaft. Friedrich ging die ganze Sache an seinem fetten Arsch vorbei, Aston hatte aus persönlichen Gründen Interesse an Hitomis Gefangennahme, doch warum setzte sich nun auch Franziskus für einen Haftbefehl ein. Auf einmal wurde Van klar, dass er sich auf diese Art und Weise Van als Schwiegersohn freihalten wollte.

„Daher wird ein offizielles Kopfgeld im Rahmen eines Haftbefehles der Allianz auf sie ausgesetzt. Dieses Mädchen wird ab sofort wegen ihrer Kriegsverbrechen gesucht.“, verkündete König Aston. „Sollte sie Farnellia noch einmal betreten, ist es selbstverständlich eure Pflicht, König Van, für ihre Verhaftung und die Überstellung nach Pallas zu sorgen. Sollte Gegenteiliges geschehen, werden die Hilfslieferungen für die Bevölkerungen eingestellt und Sanktionen verhängt. Habt ihr das verstanden?“

„Ja, ich habe verstanden.“, bestätigte Van verärgert. „Nun, da dies geklärt wäre, sollten die Herrschaften nicht noch mehr Zeit wegen einer solchen Kleinigkeit verschwenden und wieder in ihre eigenen Schlösser zurückkehren.“

Der General von Vasram lief rot an.

„Ihr schmeißt uns raus?“, brüllte er außer sich.

„Ich bitte euer Exzellenz lediglich zu gehen.“, verbesserte Van ihn. „Ihr könnt natürlich bleiben, solange es euch beleibt eh beliebt.“

Friedrich und Aston starrten Van ungläubig an und stürmten dann wütend aus dem Konferenzraum. Nur Sophias Vater blieb gelassen sitzen. Nachdem wieder Ruhe in das Zimmer eingekehrt war, erhob er sich langsam und ging auf Van zu.

„Euer Verhalten zeugt von sehr viel Mut, König von Farnellia, aber auch von Dummheit.“, teilte er ihm mit.

„Vielleicht habe ich mich eurer königlichen Majestät gegenüber unklar ausgedrückt. Ich möchte, dass ihr Farnellia verlasst. Sofort!“, befahl ihm Van.

„Nein, ihr habt euch sehr klar ausgedrückt. Etwas zu klar für meinen Geschmack, aber das sei euch vergönnt. Ihr seid noch jung und lasst euch von der Liebe leicht verwirren.“

„Was wollt ihr von mir?“, fragte Van wütend.

„Vor der Konferenz konnte ich noch ein kurzes Gespräch mit meiner Tochter führen.“, informierte ihn Franziskus. „Sie beschrieb euch als einen König, der etwas von seinem Handwerk versteht, von euren heutigen Ausrutschern mal abgesehen. Angeblich sollt ihr euch sogar in allen Bereichen der Politik und der Verwaltung auskennen. Bedingt durch die Größe eures Reiches soll euch die Außenpolitik genauso geläufig sein wie die Verwaltung auf kommunaler Ebene.“

„Kommt endlich zum Punkt!“

„Ich bitte euch Sophia auszubilden.“, schloss König Franziskus.

„Wie stellt ihr euch das vor? Bedingt durch die Größe meines Stabes habe ich einfach zu viel Arbeit am Hals, als dass ich mich auch noch um eure Tochter kümmern könnte.“

„Dann lasst meine Tochter euren Stab verstärken. Die Grundlagen der Politik beherrscht sie bereits.“

Van seufzte und gab auf. Er war des Kämpfens müde. So müde!

„In Ordnung, aber ihr solltet es ihr selbst sagen.“

„Sie weiß es bereits. Genau genommen war sie so fest von eurer Zusage überzeugt, dass sie nicht einmal ihre Sachen hat packen lassen.“

„War ja klar!“, flüsterte Van. „Darf ich euch jetzt also eine gute Reise wünschen?“, verabschiedete er sich. „Wegen eurer Tochter braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. Ich passe gut auf sie auf.“

„Oh, davon bin ich überzeugt. Schon allein, weil Heinrich von Schliemann ebenfalls hier bleiben und mir wöchentlich einen Bericht schreiben wird.“

Mit diesen Worten verließ auch der König von Chuzario den Konferenzraum. Van machte sich ebenfalls auf den Weg zu seinem Zimmer. Dort angekommen schlug er die Tür zu, stürmte auf seinen Schreibtisch zu, fasste seinen Stuhl an der Lehne und schleuderte ihn brüllend gegen das Fenster. Das Geschoss prallte harmlos an dem Glas ab und hinterließ nur dünne, sternenförmige Risse. Völlig außer Kontrolle trat Van auf den Stuhl ein und zerstückelte ihn in kleine Teile. Vom Lärm aufgeschreckt kam Sophia die Treppe herunter gestürmt. Sie sah Van wie einen Wahnsinnigen stampfen und hörte das Klopfen an seiner Tür. Eine stumpfe Stimme erkundigte sich, ob alles in Ordnung sei.

„Van, was ist in dich gefahren? Was ist los?“, fragte Sophia panisch.

„Politik! Das ist los!“, brüllte Van. „Nur weil bei Aston an Stelle des Hirns sein Schwanz denkt und dein Vater sich einbildet, er könne mich zu einer Heirat zwingen, kann ich meine wahre Liebe in den Wind schreiben. Ich werde Hitomi nie wieder sehen!“

„Okay, langsam, noch einmal von vorn! Was ist passiert?“, versuchte sie es erneut.

„Auf ihr ist ein Kopfgeld ausgesetzt worden. Sie wird von nun an überall im Einzugsbereich der Allianz gesucht. Auch hier in Farnellia. Sollte ein Wunder geschehen und sie eines Tages zu mir zurückkehren, muss ich sie an Astoria ausliefern oder den Tod meines Volkes in Kauf nehmen.“, erklärte Van, während Tränen über seine Wange flossen. An der Tür pochte es noch immer.

„Es ist alles in Ordnung! Gehen sie!“, schrie Sophia entnervt. Das Pochen hörte auf. Mühsam richtete Sophia Van auf und stützte ihn auf ihre Schulter.

„Komm mit nach oben! Dort kannst du mir die ganze Geschichte erzählen.“, schlug sie vor.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Doena
2010-11-24T21:20:40+00:00 24.11.2010 22:20
dann soll er mit ihr auf die erde kommen
irgenwer kann sich ja wohl um Farnelia kümmern oder?


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