Zum Inhalt der Seite

Bis zu meinem letzten Atemzug

Die Folgen der letzten Schlacht
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nach der letzten Schlacht

Es war vorbei.
 

Inu Yasah blickte in den immer dunkler werdenden Himmel.
 

Naraku war besiegt. Tot. Ein für alle Mal. So, wie alle seine Freunde. Von dort, wo er lag, konnte er Kargomes unnatürlich verdrehten Körper neben dem Priester liegen sehen sowie Sango und ihren kleinen, geliebten Bruder, vereint in ihrer letzten, tödlichen Umarmung. Selbst der kleine Shippo, ein Kind noch, war in dem Versuch, Naraku abzulenken, getötet worden.
 

Und er?
 

Um ihn sah es nicht viel besser aus, das wusste Inu und es war ihm gleichgültig . Er würde diesen Menschen, die zu seinen Freunden geworden waren, schon bald folgen. Er spürte, wie das Leben aus ihm herauslief. Stetig und unaufhaltsam.
 

Er mochte ja ein Halbdämon sein, doch nicht einmal seine Heilkräfte waren den Wunden gewachsen, die ihm zu gefügt worden waren. Er bezweifelte sogar, dass ein Volldämon das überleben konnte. Sein Bauch war aufgeschlitzt worden, er war kaum noch in der Lage, seine Hand zu spüren und auch sein Unterkörper pochte seltsam vor sich hin.
 

Die Menschen behaupteten immer, dass das Leben noch einmal an einem vorüberziehen würde, wenn man starb. Doch das war nicht der Fall. Bisher jedenfalls.
 

War es bei einem Dämon etwa anders?
 

Inu Yasha spürte eine Träne von seinen Wangen rollen. Jetzt, so kurz vor seinem Ende, machte er sich keine Mühe mehr, sich selbst zu belügen. Dieser letzte Kampf hatte ihn alles gekostet – seine Freunde, sein eigenes Leben. Seinen Stolz. Seine Hoffnung auf etwas Besseres. Diese Menschen, die hier lagen, hatten mehr in ihm gesehen, als nur das Halbblut. Einen Freund. Einen Gefährten.

Etwas, dass er für die einzige Person, die er je geliebt hatte, nie würde sein können, nicht einmal, wenn er das hier überlebt hätte. Wie auch? Es war unmöglich. Er war so unendlich dumm!
 

Warum?
 

Warum nur hatte er sich in seinen eigenen Halbbruder verlieben müssen? Es war unmöglich, dass der Dämon, der ihn so hasste, ihn auch nur tolerieren würde! Sie hatten ihr Leben immer nur damit verbracht, sich gegenseitig zu bekämpfen! Immer und immer wieder! Sesshoumaru hatte kaum mehr, als Herablassung und Hass für ihn – den Hanyou übrig, der die Ehre seiner Familie beschmutzte. Nie hatten die goldenen Augen ihn mit etwas Anderem als Hass gemustert und tiefster Verachtung.
 

Nur der Tatsache, dass sie vom selben Blut waren, hatte er es zu verdanken, dass er überhaupt noch lebte. Denn sein Vater hatte es dem Älteren verboten, ihn umzubringen. Er wusste, er hätte keine Chance gegen seinen Bruder, sollte der je ernst machen. Sesshoumaru war ein reiner Dämon, einer der Stärksten, die es überhaupt noch gab.
 

Es war so kalt...
 

Warum nur?
 

Er hatte die Augen seines Bruders gesehen, wenn sie ihn musterten, voller Kälte, ohne eine Regung. Schon als er noch klein gewesen war. Es war schon immer so gewesen – oder? Er konnte sich nicht an eine andere Zeit erinnern.

Dabei wäre er so gern...
 

Es spielte keine Rolle mehr. Er war fast tot. Immer wieder fielen seine Augen zu, er machte sich nicht mehr die Mühe, gegen die Müdigkeit in seinen Gliedern anzukämpfen, gab einfach nach. Was spielte es schon für eine Rolle? Er konnte hier keine Liebe finden. Vielleicht würde er dann, nach seinem Tod, wenigstens wieder mit seinen Freunden zusammen sein können. Auch, wenn er deren Glauben über das Leben nach dem Tod nicht wirklich teilte...
 

Langsam erschien die silberne Scheibe des Mondes hinter den Wolken. Sein Lieblingsgestirn. Wie wunderschön und stark hatte Sesshoumaru immer ausgesehen, wenn sein Profil sich gegen das silberne Licht abgehoben hatte und seine silberblauen Haare in dem geheimnisvollen, alten Licht geglänzt hatten.

Sein Bruder...
 

Seine einzig wahre, große Liebe, die er erst mit Kyo, dann mit Kargome zu ersticken versucht hatte...
 

Er war ihm sowieso nicht mehr würdig...
 

Er hob seine Hand zum Hals, wo früher die Kette gesessen hatte, die Kargome ihm vor dem Kampf abgenommen hatte, als habe sie geahnt, dass es so kommen würde. Denn nur sie hatte sie entfernen können.
 

Bruder...
 

Inu Yasha kämpfte nicht, als die Dunkelheit ihn in eine warme Umarmung zog...
 


 

Was...?
 

Abrupt blieb Sesshoumaru stehen, hob seinen Kopf, schnüffelte in der Luft.
 

Blut!
 

Verdammt viel Blut!
 

Und ein ihm nur zu gut bekannter Geruch...
 

Inu Yasha!!
 

Sein Blut?
 

Ohne auch nur weiter darüber nachzudenken, begann der Dämon mit einem wahnsinnigen Tempo durch den Wald zu preschen, hinterließ dabei eine Spur, die jeder Dumme hätte finden können. Inu Yasha – er war verletzt. Was hatte sein dummer Hornochse von Bruder nun wieder angestellt? Was war es diesmal? Ein weiterer, dummer Streit mit Kouga um diese... diese... menschliche Schnepfe?
 

Er würde den hirnlosen Wolf, sollte er für de Wunde seines Bruders verantwortlich sein – zu Kleinholz verarbeiten und dann mit dem dummen Halbblut den Boden aufwischen! Was fiel dem Jungen ein, sich verletzten zu lassen!
 

Dieses Recht behielt er allein sich vor!
 

Inu war sein Bruder! Seine Verantwortung und seine Familie! Niemand außer ihm hatte Hand an das Halbblut zu legen!
 

Entsetzt prallte Sesshoumaru zurück, als er die blutbedeckte Lichtung erreichte. Der metallen-süße Geruch verwirrte seine Sinne, überlagerte alles Andere, löste eine heftige Übelkeit in ihm aus.
 

Bei den Göttern! Was... was war hier geschehen!?
 

Das hier war ein Schlachtfeld! Inu!
 

Wo war sein nichtsnutziger Bruder?
 

Er stolperte an den Leichen der Anderen vorbei, die sogar schon kalt waren, über den gesam-ten Platz.
 

Bis er vor ihm stand.
 

Sein Bruder.
 

Die silberweißen Haare waren von einer dünnen Blutkruste überzogen, die Kleidung war ge-rissen und blutgetränkt. Sie wirkte, als würde sie nur noch durch guten Willen am Körper gehalten. In der einen Hand hielt Inu Yasha sein Schwert Tessaiga – es war zerbrochen. Neben der Anderen lag das Juwel der Seelen – ganz. Und blutgetränkt. Unheilvoll glänzte es im silbernen Licht des Mondes.
 

„Inu Yasha!“
 

Der Jüngere rührte sich um keinen Millimeter.
 

Sesshoumaru musste nicht einmal nach einem Puls zu fühlen, um zu wissen, dass sein Bruder kurz vor dem Tod stand. Die Brust hob und senkte sich kaum noch, die Augen hatte der Halb-dämon geschlossen. Neben ihm lag Naraku in einer seltsamen Verrenkung und einem unheimlichen Grinsen auf dem blutigen Gesicht... Tot. Einen Teil der zersplitterten Klinge noch in der Brust.
 

„Du Idiot!,“ zischte Sesshoumaru, bevor er sein eigenes Schwert zog, seinen Bruder ansah. Er wusste, das konnte ihn seine Waffe kosten, doch er wollte seinen Bruder nicht verlieren! Den Jungen, den er so oft heimlich beobachtet hatte, getarnt mit den Fellen frisch gejagter Youkai, um dem Anderen nicht durch seinen Geruch aufzufallen.
 

Ohne weiter darüber nachzudenken, senkte er die Klinge über die Brust des Jüngeren, schloss die Augen und spürte Tensaigas vertraute Macht durch seine Hände fließen. Es dauerte lang, kostete ihn unendliche Kraft, das Schwert zu halten, statt es loszulassen. Bis die Klinge plötzlich brach, so, wie die des Zwillingsschwertes.
 

Ein feiner Regen aus Metall rieselte auf seinen bewusstlosen Bruder herab, der zwar immer noch blutbesudelt da lag, doch nun hob und senkte sich die Brust wieder deutlich und gleichmäßig.
 

Er hatte seine mächtigste Waffe verloren. Eigentlich hätte er wütend sein müssen, doch es war ihm egal. Solange nur Inu leben würde. Sein kleiner Bruder.

Gott, warum musste der Jüngere ihn nur so hassen? Warum hatte er den Kleinen selbst so lange gehasst? Warum war ihm nicht viel eher aufgefallen, was wirklich....?
 

Egal!
 

Er musste Inu Yasha von hier wegbringen! Sofort! Er wollte nicht, dass sein Bruder erwachte und die Leichen seiner unwürdigen Ningen-Gefährten sehen musste, an denen er so gehangen hatte. Er hätte auch die wieder zum Leben erweckt, nur um ihm diesen Schmerz zu ersparen, doch sein Schwert war gebrochen. Und bevor er eine weitere, so mächtige Waffe würde fertigen können, wären die Körper schon lange verrottet. Was zählte, war nur sein Bruder.
 

Vorsichtig – da nicht einmal Tensaiga alle Wunden dank Narakus widerlichem Gift hatte heilen können – hob er Inu Yasha auf seine Arme. Der Idiot musste in Sicherheit gebracht werden, Sesshoumaru konnte bereits andere Youkai anschleichen hören. Riechen konnte er – dank dem alles überlagernden Geruch von Blut – ohnehin nichts mehr. Es war nicht zu weit bis zu seinem Schloss – wo sie erst einmal sicher sein würden. Niemand war wirklich dumm genug, in sein Territorium zu schleichen.
 

Das Juwel der Seelen hatte er ebenfalls eingesteckt. Er würde es seinem dummen Bruder später geben – schließlich war der dafür fast gestorben. Was auch immer der Idiot mit dem unglückseligen Ding wollte.
 


 

Trotz der Tatsache, dass sein Schloss so nah lag, brauchte Sesshoumaru fast bis zum Anbruch des nächsten Morgens, um mit seiner bewusstlosen Last in sein Schloss zu kommen, da er Inu Yasha immer wieder ablegen musste, um andere Youkai, die von dessen Blutgeruch angezogen wurden, zur Strecke zu bringen – mit den bloßen Klauen, da sein Schwert ja vollkommen versplittert und in alle Einzelteile zerlegt neben dem seines Bruders lag.
 

Er war mehr als erleichtert, als die magischen versiegeltenTore sich erst einmal hinter ihm schlossen und so die ganzen Dämonen vorläufig von ihm – und vor Allem von seinem reglosen Bruder fern hielten.
 

„Herr...?“
 

„Ich will mein Bett frisch bezogen – mit Fellen und eine Felldecke. Legt mir und meinem Bruder neue Kimonos an die heiße Quelle und bringt mir was zu Essen aufs Zimmer – was Anständiges.“
 

„Sehr wohl, mein Lord.“
 

Der untere Dämon verschwand – nicht, ohne vorher überrascht in der Luft zu schnüffeln. Er mochte ja in seinen Diensten stehen, aber das war ein Urreflex eines jeden Youkai. Die Witterung von Blut. Und davon hatte Sesshoumaru im Moment weit mehr am Leib, als es ihm irgendwie lieb war – was auch der Grund dafür war, dass er sofort auf die heiße Quelle zulief, die sein Schloss beherbergte und um die er ein Badehaus hatte errichten lassen.
 

Ein bescheidener Luxus, den er sich vor etwa fünfzig Jahren gegönnt hatte.

Dort angekommen, legte er Inu Yasha erst mal vorsichtig auf den mit Holzbohlen bedeckten Boden und befreite sich von seiner Rüstung und den anderen, durchgebluteten Kleidungsstücken. Erst dann beugte er sich herab und zog auch seinen Bruder aus, befreite ihn von den stinkenden Klamotten, die seiner Abstammung so gar nicht würdig waren!
 

Seltsam – die Kleidung sah nicht so aus, als wäre sie erst während des Kampfes zerrissen, sondern schon viel eher. Sie war auch nicht durch Magie oder Klingen sauber durchtrennt worden, sondern wirkte, als habe man sie dem Jüngeren einfach vom Leib gerissen. Außerdem nahm Sesshoumaru nun einen viel zu starken Geruch an seinem Bruder wahr. Naraku. Zu intensiv, um nur von einem Kampf zu stammen, egal, wie heftig der gewesen sein mochte. Was hatte das denn nun wieder zu bedeuten!
 

Obwohl... Sekundenlang verfärbten sich die goldenen Augen fast schwarz. Das Wegzucken des Jüngeren bei jeder Berührung gab fast schon wieder ZU VIEL Auskunft...
 

Hätte er nicht gerade etwas Besseres zu tun und wäre Naraku nicht schon tot, in dem Moment hätte ihn nichts mehr davon abgehalten, den anderen Dämon oder was auch immer dieser Größenwahnsinnige nun genau gewesen war, oder behauptete zu sein, umzubringen. Er hatte es diesem Idioten ohnehin zu verdanken gehabt, dass er – wenn auch nur kurzfristig – seinen Arm verloren hatte.
 

Wütend konzentrierte Sesshoumaru sich wieder auf seine eigentliche Aufgabe, befreite seinen Bruder von den blutigen Kleidern, warf sie zu seinen auf einen Haufen und hob den Jüngeren wieder an, der erst einmal mit einem seltsamen Wimmern versuchte, ihm zu entkommen, ohne dabei aufzuwachen. Aber der Dämon hielt ihn nur noch stärker fest, bevor er sich mit Inu Yasha in das heiße, angenehme Wasser gleiten ließ.
 

Als ein Diener eintrat, sah Sesshoumaru flüchtig auf, nickte, als er sah, wie frische Wäsche auf einer Bank platziert wurde und war erstaunt, als der Dämon Verbandszeug zu ihm brachte, sich dann verbeugte und ging.
 

Nun gut – umso besser, dann musste er es nicht extra verlangen. Seltsam, dass er da nicht selbst dran gedacht hatte. Vorsichtig begann er, mit einem weichen Tuch das Blut von der Haut des Jüngeren zu wischen, besah sich die immer noch leicht blutenden Wunden, die Tensaiga nicht hatte schließen können, die aber – dank des Dämonenblutes – bereits dabei waren, zu heilen. Auch, wenn es dauern würde.
 

Aber das Schlimmste war die Masse der silbergrauen Haare, die von einem getrockneten Film aus Blut und noch etwas überzogen waren. Es kostete Sesshoumaru fast eine halbe Stunde, um es sauber zu bekommen.
 

Erst dann hob er den Jüngere wieder aus der Quelle, beobachtete, wie das blutige Wasser weggetragen und von Anderem ersetzt wurde, legte Inu hin und trocknete ihn ab, bevor er die Verbände anlegte. Einen über die Wunde am Bauch, die sicher länger brauchen würde, bis sie richtig heilte, da sie wohl mit Narakus Gift in Berührung gekommen sein musste, eine am rechten Oberschenkel, bei der es genauso aussah und eine am linken Arm. Sie alle würden – selbst bei einem Volldämon – Narben hinterlassen.
 

Als Sesshoumaru fertig war und sich selbst sowohl als auch Inu Yasha wieder angezogen hatte, trug er den Jüngeren in sein eigenes Schlafzimmer, legte ihn in das nun fellbedeckte Bett. Er zog es eigentlich vor, in seidenen Laken zu schlafen, aber er erinnerte sich daran, dass sein Bruder schon als Kind immer Felle bevorzugt hatte. Sie hatten ihm immer ein Gefühl von Sicherheit und Wärme vermittelt. So, wie das Fell seines Vaters, an das er sich immer mit Vorliebe geklammert hatte.
 

Der Ältere schüttelte den Kopf, während er seinen Bruder zudeckte, der sich sofort in sich selbst zusammenrollte, vollkommen unter der Decke verschwand. Übrig blieb nur eine kleine, runde Erhebung mitten im Bett.
 

Wann hatte das um Himmels Willen angefangen? Wann hatte er begonnen, etwas anderes, als Hass zu spüren? Sein halbes Leben hatte er damit verbracht, seinen jüngeren Bruder dafür zu verfluchen, dass sein Vater für ihn gestorben war – bei einem Kampf um Inu Yasha und dessen sterbliche Mutter, deren Leben doch ohnehin nur so kurz gewesen wäre, zu verteidigen! Er hatte seinen Vater so sehr geliebt und bewundert.
 

Und warum war er zu dieser verdammten Wahrsagerin gegangen? Hätte er das nicht getan, wäre weiterhin alles beim Alten geblieben und Dinge, die er so lange verdrängt hatte, wären nicht erneut in ihm aufgestiegen.
 

Sesshoumaru schüttelte den Kopf, setzte sich auf einen Stuhl, den er in die Nähe des Bettes zog. Im Grunde schrie alles in ihm danach, sich zu dem so verängstigten, verletzten Jungen zu legen, doch er wollte auch gern wieder aufwachen. Er kannte Inu Yasha gut genug, um zu wissen, dass der ihn erst angreifen und dann fragen würde. Ohne dabei auf die Wunden zu achten, die er immer noch hatte. Was die nur noch verschlimmern würde.
 


 

Ein seltsames Gefühl von Geborgenheit ummantelte Inu Yasha, als sein Verstand langsam wieder an die Oberfläche driftete. Ein Gefühl, dass er nicht mehr gekannt hatte, seit ... seit seiner frühesten Kindheit. Wärme um ihn herum, Weichheit, dazu ein vage vertrauter und bekannter Geruch. Etwas Schweres, dass ihm vollständig bedeckte.
 

War es das? War das der Tod?
 

Vorsichtig bewegte Inu Yasha sich, nur um es sofort zu bereuen. Ein stechender Schmerz schoss von seinem Bauch auf, er konnte sein eigenes Blut riechen. Blut, gemischt mit Narakus widerlichem Gift und...
 

Nein!
 

Dieses... dieses... Monster konnte ihn doch nicht auch noch hier, im Tod, verfolgen! Er war ihm doch entkommen! Er hatte seinen Peiniger getötet! Er hatte sein Schwert, das Einzige, was er von seinem Vater noch hatte, geopfert, um diesem Ding zu entkommen! Der Qual! Und... er hatte es doch auch geschafft! Das wusste er doch noch!
 

Er sollte und wollte tot sein! Tot, wie seine Freunde, die gekommen waren, ihm die Ablenkung gegeben hatten, die er gebraucht hatte, um sich zu befreien und Tessaiga zu holen!
 

Nun spitzte der Halbdämon seine Ohren doch, versuchte, herauszufinden, wo er war. Denn tot konnte er nicht sein. Dann würde sein Körper nicht so schmerzen – und – hätten dann nicht auch seine Freunde hier sein müssen? Er lag hier alleine, dessen war er sich absolut sicher.
 

Alleine, auf einem dicken, flauschigen Fell, zugedeckt mit einem Weiteren, mit dem vertrauten Geruch – von ihm selbst??!
 

Er wollte aufspringen, herausfinden, was das zu bedeuten hatte, doch sein Körper machte ihm klar, dass er so etwas nicht mitmachen würde. Ganz langsam versuchte Inu Yasha, seinen Körper zu entspannen, zu strecken, griff mit dem Arm, der nicht bei jeder Bewegung schmerzte, nach der Decke, zog sie weg – und erstarrte.
 

Er konnte das nicht glauben! Weder seiner Nase, noch seinen Augen! Er musste sich irren! Wie... wie zum Henker war das möglich?! Er fuhr mit einer Hand über seine Augen, blinkte, doch das Bild blieb dasselbe: goldene Augen, die ihn musterten. Ruhig, nicht kalt. Fast schon besorgt, nicht voller Hass.
 

Was ging hier vor?!
 

Er war im Sterben gelegen, aber doch nicht auf den Kopf gefallen!
 

Er lag hier, lebend! Trotz seiner offensichtlichen Gesellschaft!
 

„Was.. willst du... von mir?,“ knurrte Inu Yasha, verärgert über sich selbst, als er merkte, wie schwach seine Stimme klang. Automatisch war seine andere Hand, ungeachtet des Schmer-zes, dahin geglitten, wo bis vor Kurzem Tessaiga festgebunden gewesen war. „Wenn ...du kämpfen willst...!“
 

Sesshoumaru schüttelte nur den Kopf, wobei er halb amüsiert, halb verärgert war. Sein dum-mer, dummer Bruder! „Du bist schwerlich in dem Zustand, einen Kampf auch nur zu begin-nen, geschweige denn eine Waffe zu halten,“ gab der Dämon ruhig zurück, beobachtete wei-terhin besorgt, wie der Jüngere versuchte, sich aufzuarbeiten – trotz seiner offensichtlichen Schwäche.
 

Dieser Dummkopf! Wusste er denn nicht, dass er schon längst tot wäre, wenn er es gewollt hätte? War ihm nicht klar, dass er hier in Sicherheit war?
 

Offensichtlich nicht. „Also hör auf, dich so viel zu bewegen. Eine Wunde ist schon wieder offen, baka.“
 

„Was...?“ Verwirrt über das vollkommen untypische Verhalten seines Halbbruders ließ Inu Yasha sich erst einmal zurücksacken auf die unter ihm liegenden Decken und Kissen. War etwa Sesshoumaru es, der auf dem Kopf gelandet war? Warum sonst würde er noch leben, wo der Ältere ihn doch so hasste?! Er hätte sterben müssen und sein Bruder hätte sich noch nicht einmal die Hände beschmutzt oder sein Versprechen gebrochen!
 

„Was?“, fragte der Ältere zurück, erleichtert, dass er den Anderen nicht zur Ruhe zwingen musste, da der von Allein zurücksackte. Warum stand ja wieder auf einem anderen Blatt. „Was willst du wissen?“
 

Kurz schloss Inu Yasha die Augen, riss sie aber wieder auf, als die schrecklichen Bilder da-hinter ein weiteres Mal begannen, Gestalt anzunehmen. „Warum... bin ich... hier?“
 

„Weil ich dich schlecht da liegen lassen konnte, wo du rumgelegen bist,“ antwortete Sess-houmaru, wohl wissend, dass das nicht die Antwort war, die sein kleiner Bruder von ihm er-wartet hätte. Es wunderte ihn ohnehin, dass nicht zumindest schon Schimpfwörter geflogen waren. Nun – offensichtlich hatten die Ereignisse Inu Yasha mehr mitgenommen, als der je bereit sein würde, es zuzugeben.
 

„Warum.. nicht?“, stocherte Inu Yasha weiter. Er war wütend, auch wenn er nicht wusste, worauf. Darauf, dass er noch lebte, wo er mit dem sicheren Tod gerechnet hätte? Oder darauf, dass es ausgerechnet sein Bruder war, der hier saß?
 

„Weil der Blutgestank so ziemlich jeden Youkai im Umkreis von mehreren Meilen angezogen hätte,“ erwiderte Sesshoumaru erneut ruhig, beobachtete, wie sein Bruder sich nun in eine sitzenden Position schob, so, dass sein Kopf an der Erhöhung seines Bettes zu liegen kam. Er sah den Schmerz, der dabei durch die ebenfalls goldenen, wenn auch etwas dunkleren Augen schoss und eine Hand sich um dessen Bauch krallte. Inu Yasha hatte noch nicht einmal gemerkt, dass er nicht mehr seine geliebten Klamotten trug.
 

„Was... hätte es dir... ausgemacht?,“ schoss Inu Yasha zurück. „Ist es nicht das, was du dir immer... gewünscht hast? Du wärest mich entgültig los geworden! Ohne... ohne dein Versprechen zu brechen!“
 

Sesshoumaru schüttelte nur den Kopf. So langsam verlor er aber die Geduld mit diesem Sturkopf, lief auf Diesen zu und packte dessen verkrallte Hand, zog sie mit Gewalt von dessen Bauch weg ohne eine Anstrengung. „Erstens – das macht es nicht besser, baka. Zweitens – nur Einer hat das Recht, dich umzubringen. Das behalte ich mir allein vor! Kein niederer Möchtegerndämon, der mit schwarzer Magie spielt, wird Hand an dich legen. Und jetzt iss was. Du liegst hier schon seit drei Tagen rum und ich gehe davon aus, dass du auch vorher nicht genug gegessen hast.“
 

„Was..?“, verdattert über diese Antworten blickte Inu Yasha seinen Bruder an. Die Sache mit der Kopfbremse schien immer wahrscheinlicher, doch das einzige Blut, dass er riechen konn-te, war sein Eigenes – und das von dem Fleisch, dass ihm vorgesetzt wurde. Obwohl es gebraten war. Daran merkte man, dass er nur Halbdämon war. Rohes Fleisch bekam er nicht runter. Sein Bruder wusste das auch sehr genau. Nur hatte er bis zu diesem Tag nie Rücksicht darauf genommen. Ganz im Gegenteil.
 

„Essen,“ gab Sesshoumaru nur knapp zurück. „Ich muss kurz weg und wenn ich wiederkomme, erwarte ich, dass es weg ist.“
 

Der Ältere erhob sich und verschwand überhastet aus dem Raum, lief zu einem anderen Zimmer, wo er sich kurz an die Wand lehnte. Was um Himmels Willen hatte man seinem Bruder angetan?! Er musste sich beherrschen, um seine Ruhe wiederzufinden. Nicht ein Fluch, eine Schimpfnamen, nichts...
 

Nur die seltsam tot wirkenden Augen, die einmal so lebendig gewesen waren...
 

Inu Yasha blickte auf den Teller mit dem Fleisch vor sich. Er merkte, dass sein Magen sich vor Hunger zusammenzog. Aber gleichzeitig war ihm einfach nur schlecht. Er wusste, er hatte viel zu lange nichts mehr gegessen und sollte es jetzt tun, doch auf der anderen Seite – warum sollte er? Seine Freunde waren tot, er hatte nichts mehr, was es wert war zu leben. Denn Sesshoumaru hatte ihm gerade mehr als deutlich gemacht, warum er ihn gerettet hatte. Um ihn irgendwann einmal selbst umzubringen.
 

Trotzdem pickte er etwas an dem Fleisch herum, aß einige kleine Stückchen, bevor er nicht mehr konnte, weil ein seltsames Schluchzen seine Kehle aufstieg. Gott nein! Er war NICHT gerade dabei, zu heulen! Das... das hatte er nicht mehr getan, als er ein Kind gewesen war!
 

Wütend über sich selbst begann Inu Yasha ein weiteres Mal, sich aufzurichten, ohne auf die Schmerzen zu achten. Irgendwie schaffte er es sogar aus dem Bett und wieder auf die Füße. Mit zusammengebissenen Zähnen schob er sich die Wand entlang. Ein Schritt, noch ein Schritt. Immer darauf achtend, nicht nachzugeben und sich einfach zusammensacken zu lassen.
 

Er wollte nicht bleiben, wo er nicht erwünscht war und bei seinem Bruder war er es sicher nicht. Er musste verschwinden, bevor der Ältere zurück kam. Nur weg von hier. Zurück zu seinen Freunden...
 


 

Erst, als Sesshoumaru sich etwas beruhigt hatte, öffnete er die Tür wieder – und stutzte. Was zum Henker..? Vor seiner Tür lag sein Bruder, zusammengekrümmt und mit schmerzverzogenem Gesicht.
 

„Baka!,“ fluchte der Ältere, sah, wie die goldenen Augen kurz aufflatterten, ihn musterten, bevor der Kopf sich zur Seite drehte. Ohne ein weiteres Wort hob Sesshoumaru den Jüngeren auf, trug ihn wieder in das Bett und öffnete den Kimono.
 

Erst das brachte Inu dazu, zu versuchen, um sich zu schlagen, doch das hatte der Ältere ganz schnell unterbunden: „Halt gefälligst still! Ich muss den Verband wechseln! Deine Wunde ist wieder ganz offen! Sag mal, was sollte das werden, du Idiot! Ich hab dir doch gesagt, du sollst im Bett bleiben und was essen! Du hast das Fleisch doch kaum angerührt!“
 

Nicht verstehend, warum sein Bruder sich solche Mühe mit ihm gab, ließ Inu Yasha sich einfach nur zurück in die Kissen sacken, seine Augen fest geschlossen. Er verstand einfach gar nichts mehr.
 

Warum? Warum war es fast so, als würde Sesshoumaru gar keinen Hass mehr empfinden? Warum war es plötzlich wieder so, wie in seiner frühesten Kindheit? Was war mit dem Älteren geschehen? Er wusste, es würde sicher nicht ewig so blieben und es würde noch mehr schmerzen, als ohnehin schon, wenn er wieder gehen würde.
 

Besorgt beobachtete Sesshoumaru seinen Bruder, der sich so gar nicht so benahm, wie er es sollte oder wie er es von ihm gewohnt war. Der Alles einfach nur über sich ergehen ließ, ohne etwas zu sagen. Keine Schimpftiraden.
 

Wie lange würde es wohl noch so weiter gehen, bis der Jüngere zu sprechen beginnen würde? Von Selbst? Und bis er ihm endlich vertrauen würde?
 

„Du solltest noch was essen.“
 

„Ich will aber... nicht!“
 

Oh bei Kami! Das war ja schlimmer, als bei einem Kleinkind! „Gibt es dafür auch einen Grund?,“ fragte Sesshoumaru, für seine Verhältnisse verdammt geduldig.
 

„Ich mag nicht!“
 

„Ich habe Tensaiga doch nicht geopfert, damit du Idiot dich jetzt zu Tode hungerst!“
 

Gut, diese Aussage brachte Inu Yasha tatsächlich dazu, aufzusehen. „Was... Tensaiga?“
 

„Ja, Tensaiga! Es ist zerbrochen.“ Sesshoumaru blickte seinen Bruder ruhig an, während er den neuen Verband wieder schloss. „Du warst so gut wie tot und du bist kein Mensch, den man einfach wiederbeleben oder zurückholen kann. Du bist ein halber Youkai, falls es dir im Umgang mit deinen Ningen-Freunden entfallen sein sollte.“
 

„Warum?,“ fragte Inu Yasha nur leise. Diesmal ohne Wut in der Stimme, nur mit leichter Verwunderung.
 

„Das hab ich dir schon mal gesagt,“ gab Sesshoumaru zurück. „Niemand vergreift sich an meinem kleinen Bruder, außer mir.“
 

„...“ Inu Yasha erwiderte nichts, doch er machte auch keine Anstalten, wieder nach dem Tel-ler zu greifen.
 

Sesshoumaru schüttelte nur den Kopf. „Bleib einfach im Bett und ruh dich aus, Sturkopf. Und iss was.“
 


 

Mit einem seltsame leeren Blick sah Inu Yasha in den Innenhof, der vor dem Zimmer lag, in dem er nun seit er aufgewacht war, lag. Seit drei Tagen und vermutlich noch länger. Das Zimmer seines Bruders, der ihn doch eigentlich immer so gehasst hatte.
 

Der Ältere war vor einiger Zeit hinaus gegangen, um einige Youkai, die ihn nervten, da sie in seinem Gebiet wilderten, umzubringen. Hatte ihn so, zum ersten Mal, seit er wach war, wirklich in dem großen, hohen Raum allein gelassen.
 

Noch immer wusste der Halbdämon nicht, warum er noch lebte und warum sein Bruder sein geliebtes Schwert geopfert hatte, um ihn zu retten. Wenn der Ältere auch nur ahnen würde, was Naraku mit ihm getan hatte, hätte er all das nicht getan. Dessen war er sich vollkommen sicher.
 

Eine weitere Träne rann seine Wangen herab. Nur war sie nicht durchsichtig, sondern Rot. Er merkte das nicht einmal, während seine Finger sich in dem Fell, dass ihn zudeckte, verkrallte. Warum lebte er noch und die Anderen nicht? Was hatte er getan, um des Lebens würdig zu sein, was sie nicht getan hatten? Er war allein mit Jemandem, der ihn doch eigentlich hasste seit so langer Zeit... .
 

Er wäre lieber tot gewesen.
 

Aber das hatte Sesshoumaru aus einem ihm nicht verständlichen Grund nicht zugelassen. Hät-te der Ältere nicht froh sein müssen, ihn so los zu werden? Warum saß er stattdessen sogar ständig an seinem Bett und zwang ihn zum Essen? Oder schleppte ihn wahlweise auch durch die Gegend, damit seine Wunden vom Laufen nicht wieder aufplatzten?
 

Und dazu kam noch ein viel größeres Problem: Diese Nacht war Neumond.
 

Er würde für einen Tag zum reinen Menschen mutieren. Zu dem, was sein Bruder am meisten verachtete. Und der wusste nicht, was geschehen würde. Er würde ihn in wenigen Stunden als Mensch sehen. Was würde Sesshoumaru dann noch abhalten, ihn zu töten? Würde er ihn dann endlich sterben lassen?
 

Aber – wollte er das wirklich? Sterben durch den Dämon, den er am meisten liebte? Nun – es wäre nicht das Schlechteste. Wenn Sesshoumaru dann bei ihm blieb zumindest. Er wollte nicht allein sterben. Das war inzwischen seine größte Angst.
 

Wann würde Sesshoumaru zurückkommen?
 

So ungern Inu Yasha es sich selbst eingestand – er vermisste den Älteren. Auch wenn er gleichzeitig Angst vor dessen Nähe hatte. Und er hatte Angst vor dessen Hass, der spätestens diesen Abend, diese Nacht unausweichlich sein würde.

Er blickte kaum auf den Teller, auf dem sein Essen, kaum angetastet, stand. Hunger hatte er ohnehin nicht.
 

Stattdessen begann er ein weiteres Mal, sich mühsam aus dem Bett zu quälen. Er wusste selbst nicht, warum er das tat, wo es doch immer noch so weh tat, aber es war für ihn unerträglich, hier drin zu bleiben. Er musste raus, wenigstens das!
 


 

Es war bereits Abend, als Sesshoumaru mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht in sein Schloss zurückkehrte. Er hatte mehrere Youkai von seinem Land vertrieben oder sie getötet. Er war deren Präsenz so überdrüssig gewesen!
 

Außerdem hatte er noch etwas getan – für seinen Bruder. Weil er wusste, wie sehr der Jüngere an diesen Ningen gehangen hatte – er hatte deren Körper verbrannt, so, dass kein Dämon sie fressen konnte. Nur Naraku nicht. Er hatte es genossen, dessen Körper mit seinen bloßen Klauen zu zerfetzen. So zu verhindern, dass dieses Schwein je wieder einen Fuß in irgendeine Welt setzen würde.
 

Es war wenigstens eine kleinen Rache für seinen Bruder, der so sehr gelitten haben musste. Noch immer schreckte Inu Yasha vor jeder Berührung zusammen, selbst im Schlaf. In der letzten Nacht hatte er auf einmal zu wimmern begonnen, hatte gebettelt, dass man aufhören, ihn doch lieber umbringen würde.
 

Er hatte versucht, den Jüngeren zu beruhigen, doch es war mit seiner Berührung eher schlim-mer, als besser geworden. Erst, als er angefangen hatte, wie sein Vater früher durch Inus Haa-re zu streicheln, hatte sein Bruder angefangen, ruhiger zu werden. Aber das Wimmern würde er wohl nie vergessen können.

Erneut stieg dieses neue, angenehme Gefühl in ihm auf, wenn er an Inu Yasha dachte.
 

Es war schön gewesen, zuzusehen, wie der Jüngere sich durch seine Berührungen wieder beruhigt hatte und es hatte die Worte des Mediums – die Worte seines eigenen Vaters nur bestätigt. Vielleicht sollte er es seinem Bruder einfach sagen...
 

°~°~°Flashback°~°~°
 

Wütend riss Sesshoumaru den Vorhang zur Seite, blickte auf die dort sitzende Dämonin. Eine Wahrsagerin und ein Medium. Keine mächtige Frau, keine Gefahr – und kein Grund, ihrer Bitte überhaupt nur Folge zu leisten. Doch sie hatte sein Interesse allein durch diese Frech-heit, ihn hierher zu bestellen, geweckt.

Obwohl er dafür einen Kampf gegen seinen idiotischen Halbbruder hatte unterbrechen müssen. Dieser Trottel dachte nun sicher auch noch, er hätte einen Rückzieher gemacht! Wahrlich großartig!
 

Das waren genau die Dinge, die seinen Ruf ruinieren würden.
 

„Was?,“ schnauzte er die blinde Dämonin wutgeladen an.
 

Diese zuckte zu seiner Verwunderung noch nicht einmal zusammen. Im Gegenteil, sie besaß die Dreistigkeit, ihn freundlich anzulächeln und ihm das Sitzkissen ihm gegenüber zuzuwei-sen. „Setzt Euch, Mylord.“
 

„Warum..?!“
 

„Alles zu seiner Zeit, Lord. Nehmt Platz und macht es Euch bequem. Es wird wohl länger dauern.“
 

„Ich habe nicht ewig Zeit!“
 

„Das stimmt nicht, Lord. Das wisst Ihr so gut, wie ich. Außerdem ist da Jemand, der Euch eine Nachricht zukommen lassen will.“
 

„Und warum tut er das nicht persönlich?!“
 

„Das dürfte einem Toten reichlich schwer fallen, findet Ihr nicht?“ In der Stimme lag weder Ungeduld noch Wut über sein Verhalten.
 

„Ich kenne Niemanden, der tot ist und mir...!“
 

„Doch. Und nun seid bitte kurz leise, er wird gleich hier sein.“ Mit diesen Worten begann die Dämonin, sich zu entspannen, ließ ihren Körper in sich zusammensacken, während dämoni-sche Schwingungen sie einhüllten, wie einen Mantel. Bis sie abrupt ihren Kopf hob und die sonst immer geschlossenen Augen aufriss.
 

Sie waren feuerrot mit schwarzen Pupillen.
 

„Mein Sohn.“
 

„V...V:..Vater?,“ fragte Sesshoumaru vollkommen überrascht. „Was..?!“
 

Der Kopf der besessenen Dämonin schüttelte sich langsam: „Du hast mir keine Wahl gelas-sen, als noch einmal zurückzukehren.“
 

„Warum, Vater? Was habe ich falsch gemacht?“
 

„Warum benimmst du dich deinem Bruder gegenüber so grausam?“
 

„Er ist nur mein Halbbruder!,“ knurrte Sesshoumaru ungehalten. „Und ein dummer Idiot da-zu! Er war es nicht wert, dass du für ihn dein Leben geopfert hast!“
 

„Das ist also der Grund,“ gab die vertraute Stimme leise von sich. „Sesshoumaru, du irrst dich. Er war und ist es wert. Und ich habe weit mehr, als nur deinen Bruder gerettet. Ich hätte Dasselbe für dich getan, wenn es nötig gewesen wäre, das solltest du wissen. Gib nicht ihm die Schuld an meinem Tod.“
 

„Aber er ist...!“
 

„Nein,“ unterbrach die Stimme, nun mit einer abrupten Handbewegung den Dämon. „Er ist nicht schuld. Es war meine eigene Entscheidung. Ich habe sie aus Liebe zu ihm uns seiner Mutter getroffen – und aus Liebe zu dir.“
 

„Was... habe ich damit zu tun?!“, verlangte Sesshoumaru zu wissen. „Es ist so schon schwer genug, ihn nicht einfach umzubringen! Dieser...!“
 

„Sohn, du lässt dich von deinem ungerechtfertigten Hass blenden. Darum bin ich hierher gekommen. Denn du hast verdrängt, was du als Kind bereits wusstest. Und bevor ihr euch wirk-lich nochgegenseitig umbringt, muss ich einschreiten. Denn egal wer von euch den Anderen umbringt – danach werdet ihr mehr leiden, als je zuvor.“
 

„Vater, was..?!“
 

Sesshoumaru, ich bitte dich, erinnere dich daran, wie er früher war. Du hast deinen kleinen Bruder geliebt und ihn beschützt, wenn ich nicht da gewesen bin.“
 

„Ich... niem...!“
 

„Doch, mein Sohn.“

„Warum hätte ich...?!“
 

„Weil dein Herz es damals schon wusste. Das war der Grund, warum ich Inu Yashaa nie hätte sterben lassen können, denn damit wäre auch ein Teil von dir gestorben. Ein weit Größerer, als durch meinen Tod.“
 

„Vater!“
 

„Ich meine es ernst, Sohn. Ich war selbst überrascht, als ich es das erste Mal realisiert habe. Aber Sesshoumaru – Inu Yasha ist dein Gefährte. Dein ewiger Begleiter. Er wurde für dich geboren.“
 

Für fast zehn Minuten hatte es Sesshoumaru die Sprache verschlagen. Er saß nur da, mit weit aufgerissenen Augen, bevor er seine Stimme wiederfand: „Wie könnte ich je Jemanden lie-ben, den ich so hasse?“
 

„Denk in Ruhe über meine Worte nach, Junge. Du wirst sehen, dass ich die Wahrheit spreche. Rede mit deinem Bruder, du wirst sehen, er liebt dich ebenfalls. Tu es, bevor du euch beide dazu verdammst, unglücklich zu sein. Liebe und Hass liegen nahe beieinander – und sie können leicht verwechselt werden.“
 

„Aber...!“
 

Noch bevor er etwas sagen sollte, fuhr ein seltsames Schaudern durch den Körper der Dämonin, ihre Augen schlossen sich, er wusste, sein Vater war nicht mehr da...
 

°~°~°Flachback Ende°~°~°
 

Er hatte danach lange in einer Höhle gesessen und nachgedacht. Und es war alles wiedergekommen. Dinge, die er beim Anblick des Todeskampfes seines Vaters verdrängt hatte. Seine Freude, als er den neugeborenen Inu Yasha das erste Mal gesehen hatte, das Vergnügen, mit dem Kleinen zu spielen. Der Tag, an dem er ihm den kleinen, roten Ball geschenkt hatte, den sein Bruder wie einen Schatz gehütet hatte, er selbst, wie er den Jüngeren vor der Gemeinheit der menschlichen Kinder beschützt hatte...
 

Kopfschüttelnd, die Erinnerung erst einmal aus seinen Gedanken verbannend, schlug er den Weg in sein Zimmer ein, stutzte aber, als er sie Tür öffnete, die auch, im Gegensatz zu Sonst, nicht ganz geschlossen, sondern nur angelehnt gewesen war.
 

Die Decke lag auf dem Boden, das Bett war leer und ein leichter Geruch von Blut lag in der Luft. Oh, dieser Idiot! Was hatte er denn nun schon wieder vor! Und wo war er? Inu Yasha und sein elendiger Sturkopf! Nicht eine Sekunde konnte man ihn aus den Augen lassen, bevor er Mist baute! Er musste ihn finden – schleunigst!
 

Na, wenigstens hatte er dafür gesorgt, dass der Jüngere nicht aus dem Schloss würde gehen können. Und so musste er eben nur dem Blutgeruch folgen. Kopfschüttelnd machte Sesshoumaru sich auf den Weg. Es wurde Zeit, dem Jüngeren mal so richtig den Kopf zu waschen.
 

Der Geruch führte Sesshoumaru über einen kleinen Umweg durch die große Halle in den Garten seines Schlosses. Mit hochgezogenen Augenbrauen folgte er seiner Nase. Er achtete nicht auf seinen Weg, trat auf einen Ast, der mit einem leisen Krachen zerbarst.
 

„Bleib wo du bist!“
 

Überrascht blieb Sesshoumaru stehen. Die Stimme seines Bruders hatte gezittert, als habe er Angst vor Irgendetwas – außerdem hatte dessen Geruch sich verändert. „Warum?“, fragte er leise und ruhig.
 

„Bleib... einfach weg! Lass... lass mich in Ruhe!“
 

Das war mehr, als Inu Yasha die letzten paar Tage gesagt hatte.
 

Nun konnte ihn nichts mehr halten. Sesshoumaru hastete die letzten paar Schritte vorwärts – und stockte. Da saß ein Mensch. Definitiv. Ein Mensch mit pechschwarzen Haaren und onyxfarbenen Augen.
 

Doch genauso definitiv war das da sein Bruder, der da saß, die Beine an den Körper gezogen, den Kopf auf den Armen ruhend, ängstlich in die Dunkelheit starrend.
 

Langsam ließ Sesshoumaru sich vor seinem Bruder in die Knie sinken. Die Standpauke war bei dem Anblick des Häufchen Elends vollkommen vergessen. „Was ist hier los?,“ fragte er ruhig, ohne sich seine eigene Überraschung anmerken zu lassen.
 

Überrascht stellte Inu Yasha fest, dass der Schlag und die Schmerzen ausblieben, hob seinen Kopf ein Wenig und war überrascht, dass die goldenen Augen ihn einfach nur fragend und besorgt ansahen. „Ich bin... ein Mensch.“
 

„Soweit bin ich auch schon,“ gab Sesshoumaru ruhig zurück. „Und?“
 

„Das... passiert jeden Monat! Und jetzt mach schon! Das ist es doch, was du willst! Ich habe nichts dagegen! Du kannst mich umbringen! Ich hindere dich nicht dran! Du hasst mich, du hasst mich noch mehr, als Menschen überhaupt, also tu, was du für richtig hältst!“
 

Sekundenlang starrte Sesshoumaru seinen Bruder nur an. Es dauerte, bis sein Gehirn begriff, was sein Bruder da gerade von sich gegeben hatte. Am liebsten hätte er den Kopf des Jüngeren an den Baum geschlagen, an den der sich drückte, das Gesicht nun vollkommen in seinen eigenen Armen verborgen, die schwarzen Haare umgaben ihn, wie einen Schleier.
 

Das also war das Geheimnis Inu Yashas gewesen, wenn seine Mutter vor Vaters Tod einmal im Monat mit ihm verschwunden war. Sesshoumaru hatte immer gedacht, sie würde Verwandte besuchen.
 

Er streckte seine Hand aus, ließ seine Finger durch die wirren Haare gleiten, rückte näher zu Inu Yasha, ließ sich schließlich selbst nieder, ohne aufzuhören, den Jüngeren zu streicheln, der ihn nun mit einem seltsamen, fragenden Blick bedachte. Schon längst war aus seinen Augen der Hass verschwunden. Sie wirkten auf beängstigende Weise stumpf und leblos.
 

„Was... was soll das werden?,“ fragte Inu Yasha. Was wie eine Drohung klingen sollte, hörte sich selbst in seinen Ohren an, wie die unsichere und verängstigte Frage eines kleinen Kindes, dass Angst vor der Antwort hatte. Was spielte sein Bruder nun schon wieder für Spielchen mit ihm? Er was so leid!
 

„Du hast doch selbst gesagt, ich soll tun, was ich für richtig halte,“ gab Sesshoumaru zur Antwort, hörte auf, den Jüngeren zu streicheln, aber nur, um Diesen zu packen und zwischen seine Beine zu ziehen, fuhr dann fort, seinen Bruder zu streicheln, ungeachtet der Tatsache, dass der erst mal steif wurde und dann versuchte, sich frei zu kämpfen. Der Jüngere hatte schon unter normalen Umständen kaum eine Chance und nun, in einem menschlichen, noch zerbrechlicheren Körper gleich noch weniger.
 

„Hör auf, Inu. Deine Wunde ist schon aufgeplatzt. Das macht es nur noch schlimmer.“ Seine Hand fuhr sanft über den Bauch seines Bruders, als könne er ihn so zwingen, sich zu entspannen.
 

„Ich... lass mich gehen!“ Der Jüngere versuchte verzweifelt, sich zu befreien, doch gegen den bestimmten Griff seines Bruders kam er nicht an. Als der ihm befahl, aufzuhören, gab er sogar nach, nur für Sekunden, bevor er sich selbst bewusst wurde, was er da eigentlich tat. Das... konnte er nicht tun! Er... er durfte das nicht! Das ... das war sein Bruder! Und außerdem – er war diesem schon lange nicht mehr würdig! Und warum benutzte der Ältere auf einmal wieder den Kosenamen aus seiner Kindheit? Was sollte das alles?
 

Sesshoumaru schüttelte nur den Kopf: „Warum? Eben sollte ich dich noch umbringen, jetzt soll ich dich gehen lassen?“
 

„Dann tu das! Beende es endlich!“ Ein trockenes Schluchzen entkam Inu Yashas Kehle und es verlangte viel von ihm, seine Tränen zurückzuhalten.
 

„Warum willst du unbedingt sterben?,“ fragte Sesshoumaru nur sanft zurück, strich das wirre Haar aus dem so verzweifelt wirkenden Gesicht. „Was ist am Leben so schrecklich?“
 

„Ich bin weder ein Mensch, noch ein Dämon!,“ rief Inu Yashsa während er weiterhin versuch-te, dem sanften, aber bestimmten Griff seines Bruders zu entkommen. Gott, er war so erbarmungswürdig! „Niemand akzeptiert mich und die, die es getan haben, sind tot! Und du – das Einzige, was du für mich empfindest, ist Verachtung! Du tötest mich nur nicht, weil du es Vater irgendwann einmal versprechen musstest! Oder bin ich den Tod durch deine Hand nicht mehr würdig?!“
 

Fast hätte Sesshoumaru das Brüllen angefangen. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich davon abhalten. Das würde nur dazu führen, dass der Jüngere sich noch mehr Blödsinn einreden würde. „Was redest du denn da?,“ fragte er stattdessen fast schon sanft, während er seinen Griff um Inu Yashas Taille verstärkte, um ihn wenigstens hier zu halten, während der Blutge-ruch immer intensiver wurde. Er musste den Jüngeren ruhig bekommen – schnell. Ohne weiter darüber nachzudenken, tat er das Einzige, was ihm einfiel: in einer blitzschnellen Bewe-gung verfrachtete er den Jüngeren in das weiche Gras, beugte sich über ihn und küsste seinen Bruder.
 

Nur ganz kurz. Es war kaum eine Berührung ihrer Lippen, doch sie erfüllte ihren Zweck. Die nun fast vollkommen schwarzen Augen musterten ihn vollkommen verwirrt, wäh-rend der Körper seines Bruders jede Bewegung einstellte.
 

Vollkommen verdattert starrte Inu Yasha in die goldenen Augen über ihm, während eine Hand zu seinen Lippen glitt. Wenn dieses seltsame Prickeln nicht wäre, er hätte schwören können, dass das gerade nur seine Fantasie gewesen war. Aber dann wandte er abrupt seinen Kopf ab. Zwar hatte er keinerlei Widerwillen in den Augen seines Bruders gefunden, doch – selbst wenn er das ehrlich gemeint hatte – selbst, wenn er tatsächlich mehr für ihn empfinden würde – das durfte Sesshoumaru gar nicht mehr! Nicht für ihn!
 

Diesmal konnte er die Tränen wirklich nicht zurückhalten.
 

„Inu – was...?“ verdattert beobachtete Sesshoumaru diese vollkommen unerwartete Reaktion. Was um Himmels Willen ging in dem Kopf seines Bruders vor, dass er sogar deswegen zu weinen begann!
 

„Lass...,“ flüsterte Inu Yasha nur. „Ich... bin dein ... Bruder...“ Er hoffte, dass er den Rest gar nicht erzählen musste, dass das reichen würde. Er glaubte ohnehin nicht, dass da viel dahinter steckte, wartete nur auf Sesshoumarus trockenes, kaltes Lachen, wenn der ihm sagte, er solle sich nicht so viel einbilden.
 

„Na und?“, fragte der Ältere nur ruhig, strich eine der Tränen weg, die gerade über die Wange des Jüngeren rollte. „Was hat das denn zu bedeuten? Ich liebe dich, kleiner Bruder und wir sind schließlich keine Menschen. Außerdem sind wir nur Halbbrüder, wenn dir das hilft, dich besser zu fühlen. Unter Dämonen ist so was weder verpönt, noch verboten. Das solltest du eigentlich wissen.“
 

Was? Sekundenlang glitt Inu Yashas Blick zurück zu den goldenen Augen seins Bruders, überrascht, dort tatsächlich keine Härte zu finden, bevor er sich abwandte. „Ich... ich kann nicht...!“
 

„Warum? Hasst du mich so sehr?,“ fragte Sesshoumaru sanft, wohl wissend, dass das nicht der Fall sein konnte, denn dann hätte das Gefühl sich, so wie Alle bei Inu Yasha, in dem Gesicht der Jüngeren wiedergespiegelt.
 

Erneut ließ Inu Yasha seinen Blick für den Bruchteil einer Sekunde zurück zu seinem Bruder gleiten, wobei die Tränen nun noch schneller aus seinen Augen perlten. Nein! Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Warum? Warum jetzt? Warum jetzt, wo es zu spät war? Wo er des Älteren nicht mehr würdig sein konnte!
 

„Inu, rede mit mir,“ befahl Sesshoumaru leise, während er weiterhin die Haare des Jüngeren streichelte.
 

„Ich... ich liebe dich,“ wimmerte Inu Yasha nur leise, presste seine Augen fest zusammen und wünschte sich nichts sehnlicher, als mit seinen Freunden gestorben zu sein.
 

„Wo liegt dann das Problem?,“ fragte Sesshoumaru weiter, versuchte, die Tränen des Jüngeren mit dem Ärmel seines Kimonos zu stoppen, nachdem sein Bruder sich weigerte, aufzusehen.
 

„Es... es ist ... zu spät...,“ flüsterte Inu Yasha so leise, dass Sesshoumaru die Worte ohne sein extrem gutes Gehör nicht einmal wahr genommen hätte.
 

„Was redest du denn da?,“ verlangte der Dämon zu wissen, nun wirklich vollkommen verständnislos. „Du lebst und wir sind beide hier!“ Noch immer hatten sich die Augen des Ande-ren nicht wieder geöffnet.
 

„Ich... Naraku... ich bin schmutzig!,“ er brachte es einfach nicht über sich, auch nur ein Wort von dem zu erzählen, was geschehen war. „Ich... bin... nicht mehr... würdig...“
 

„Sag mal...!“, Sesshoumaru bereute es sofort, seine Stimme erhoben zu haben, als er sah, wie sein Bruder zusammenzuckte, dann vor Schmerz die Luft heftig ausstieß. „Du glaubst das wirklich, oder?,“ stellte er in dem Moment entsetzt fest.
 

So, nun musste es doch kommen! Nun musste der Ältere ihn doch umbringen – oder schlagen und doch zumindest fortschicken. Als der die Stimme erhob, zuckte Inu Yasha in Erwartung des Schlags zusammen, der folgen musste, doch nichts geschah, stattdessen begann der Ältere erneut auf ihn einzureden, während die Hand wieder begann, durch seine Haare zu streichen. „Das... ist doch so,“ flüsterte Inu nur noch kraftlos. „Lass... lass mich einfach gehen... Ich... es... es tut mir leid... . Such dir Jemanden... der dich... verdient hat..“ Er merkte kaum, wie schwer ihm seine eigenen Worte fielen, wie sie ihn von Innen fast zerrissen, während er weiterhin reglos im Gras verharrte, zitterte. Und das sicherlich nicht wegen der langsam aufkommenden Nachtkälte.
 

„Wenn du nicht ohnehin verletzt wärest, würde ich dich jetzt durchschütteln und gegen den nächsten Baum schlagen, bis du wieder bei Sinnen bist, baka,“ gab Sesshoumaru ruhig zurück, ohne aufzuhören, den Jüngeren zu streicheln. „Ich will niemanden sonst. Ich will dich. Ich dachte, das hätte ich gerade deutlich gemacht.“
 

„Ich... kann nicht!“
 

Kopfschüttelnd beugte Sesshoumaru sich zu Inu Yasha herab, zwang dessen Gesicht, sich ihm zuzuwenden, bevor er seine Lippen ein weiteres Mal auf die des Jüngeren legte. Er merkte, wie der sich entziehen wollte, ließ es aber nicht zu, bis sein Bruder aufhörte, gegen ihn zu kämpfen. „Du kannst sehr wohl, baka,“ stellte er fest, als er sich wieder von dem Jüngeren trennte, diesen wieder hochhob, ihn zurück in seine Arme zog. „Ich liebe dich und ich habe dich immer geliebt. Ich werde dich immer lieben – bis zu meinem letzten Atemzug und darüber hinaus....“
 

Diesmal ließ der Jüngere es einfach geschehen. Er hatte nicht mehr den Willen und die Stärke, sich zu wehren. Außerdem genoss er diese Nähe viel zu sehr, auch wenn er sie gleichzeitig fürchtete. Er würde Sesshoumarus Untergang sein... oder?
 

Der Ältere beobachtete seinen Bruder besorgt, der nun mit blicklosen Augen den Himmel beobachtete, ohne wirklich etwas zu erkennen. Aber wenigstens versuchte er nicht mehr, sich ihm zu entziehen. „Ich lasse dich nicht gehen. Ganz sicher nicht. Ich will dich und sonst Nie-manden, bekomm das in deinen Sturkopf, Inu. Es ist mir egal, was vorher war, oder was Na-raku mit dir gemacht hat.“

Allein die Erwähnung des Namens ließ Inu Yasha wieder zusammenzucken, beschwor schreckliche Bilder vor seinem inneren Augen herauf, doch die Arme hielten ihn weiterhin fest.
 

„Du musst nicht so kucken, ich kann mir denken, was passiert ist. Denkst du, es wäre mir entgangen, wie du nach ihm gerochen hast? Es ist mir egal. Nur glaub mir, wenn ich die Gelegenheit hätte, ich würde den Bastard eigenhändig umbringen. Langsam und genüsslich!“
 

Was? Sesshoumaru hatte es gewusst?
 

Sein Bruder hatte es die gesamte Zeit gewusst und ihn doch nicht verstoßen? Warum? Warum erniedrigte er sich selbst derart? Liebte... liebte der Ältere ihn wirklich so sehr? Wenn ja, war es eine seltsame, eine beruhigende, eine wunderschöne Vorstellung, wenn man bedachte, dass er immer gedacht hatte, dass alles, was zwischen ihnen existierte und je würde existieren können, einfach nur abgrundtiefer Hass war.
 

Erst jetzt ließ er sich endlich fallen.
 

Am Rande merkte er noch, wie der Ältere ihn in sein Fell wickelte und dessen Hände weiterhin über seinen Körper strichen, um ihn zu beruhigen. Dann fielen ihm seine Augen einfach zu. Er wollte nicht länger gegen seine Müdigkeit ankämpfen.
 

Kopfschüttelnd beobachtete Sesshoumaru seinen Bruder, der sich inzwischen sogar ein ihn schmiegte, es zuließ, dass er ihn enger an sich zog und ihn in seinen Pelz einwickelte. Die Nacht war kälter geworden und auch wenn es Inu sicher normalerweise nichts ausgemacht hätte, so musste er doch immer daran denken, dass sein Bruder gerade in Menschengestalt vor ihm saß.
 

Sesshoumaru saß noch die gesamte Nacht da, gegen den Baum gelehnt, seinen schlafenden Bruder – und Geliebten – in den Armen, dessen Gesicht, das sich selbst im Schlaf nicht ganz entspannen konnte.
 

Als der Morgen kam, konnte er die Transformation zum ersten Mal beobachten. Wie die schwarzen Haare wieder silbergrau wurden und die katzenähnlichen Ohren auftauchten.
 

Was? Überrascht sah er in den Himmel. So lang saß er hier schon? Über sich selbst den Kopf schüttelnd hob er seinen Bruder auf, trug ihn zurück in sein Zimmer, legte ihn auf das Bett, wechselte die verbluteten Verbände und legte sich schließlich neben Inu Yasha auf die Felle, zog diesen wieder in seine Umarmung...



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-06-05T19:16:51+00:00 05.06.2007 21:16
Hallo

klasse Kapi und dann soooooo lang. Wahnsinn.
Freu mich auf das nächste Kapi

Ciao
TheDeadAngel


Zurück