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Find your light again

Folge deinen Träumen, es gibt nichts was du nicht tun kannst!
von

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Vergangenheit

Prolog
 

Weinend lehnte sie sich gegen ihre verschlossene Zimmertür. Sie hörte es poltern und lautes Fluchen. Dann wurde es still.

Verdammt, sie hatte doch nicht mehr weinen wollen. Je mehr sie weinte, desto härter schlug er zu und desto weniger Achtung hatte sie vor sich selbst.

Sie hatte lange nicht mehr geweint und er sie auch nicht mehr geschlagen.

Als sie das erste Mal mutig das Kinn gereckt und keinen Mucks von sich gegeben hatte, hatte er nicht mehr zuschlagen können. Ihm war der Spaß daran verloren gegangen.

Doch sie würde morgen fort gehen. Er hatte diese eine Nacht gebraucht, für sich. Sie hatte sie ihm gewährt.
 

Es klopfte leise. „Miss Marron?“ Es war der Haushälter Ashitaka. Die gute Seele des Hauses. Marron erhob sich langsam. Ihr Körper schmerzte. Ihr Onkel hatte sie nicht ins Gesicht geschlagen, sondern nur ihren Körper malträtiert, da niemand sehen sollte, was ihr zu gestoßen war.

Vorsichtig öffnete sie die Tür und fiel sofort Ashitaka in die Arme. Dieser schloß die Tür hinter sich und tröstete die weinende Marron.

„SSSCCCHHH, ihr habt es morgen hinter Euch!“ Marron löste sich von dem Haushälter ihres Onkels.

„Aber was ist mit den Ferien? Wenn ich da bin? Er wird es immer wieder tun.“

Ashitaka nickte.

„Aber irgendwann einmal werdet Ihr Euch wehren können, Miss!“

Marron nickte. Sie war erst 14, hatte nicht den Mut und die Kraft. Er war doch ihr Onkel, der sie aufgenommen hatte, nachdem ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz gestorben waren. Damals war Marron kaum 5 gewesen.

Seit sie 6 war hatte sie eine Hauslehrerin gehabt, die die blauen Flecke und Blutergüsse nicht zu sehen schien. Doch ab morgen kam sie auf ein Internat in der Nähe und in drei Jahren würde sie ein Internat in Tokio besuchen. Dann würde ihr Onkel sie vorerst nicht mehr sehen.

Die kleine Maron schniefte und wischte sich die Kullertränen weg. Irgendwann würde er sich nicht mehr trauen, sie anzufassen.
 

Sie schlief in dieser Nacht trotz ihrer Schmerzen, beruhigt ein. Der Alptraum würde bald ein Ende haben und Marron würde andere Menschen kennen lernen. Menschen die nicht schlugen und hassten. Die nicht tranken und spielten.

Sie schlief mit dem Gedanken an eine bessere Welt ein.

Es beginnt

Kapitel 1
 

Sie atmete einmal tief ein und wieder aus. Das war es also. Sie war dort, worauf sie nun schon drei Jahre wartete. Das Internat!

Marron war davon ausgegangen, dass die Schule irgendwo in der Stadt selbst war. Doch sie war nicht wenig überrascht gewesen, als Ashitaka aus Tokio heraus gefahren war.

Der gute Ashitaka. Er hatte sich kein bisschen verändert.

Als Marron vor ein paar Tagen nach Hause zu ihrem Onkel gekommen war, hatte Ashitaka sie mit einer großen Torte erwartet. Marron hatte sich sehr gefreut, vor allen Dingen, weil sich ihr Onkel den ganzen Abend nicht blicken ließ. Laut Ashitaka hatte er sich mit einer Flasche Gin in seinem Büro zurückgezogen.
 

Marron schmunzelte. Als sie nach zwei Jahren Internat einmal wieder in den Sommerferien zurückgekehrt war, hatte ihr Onkel sie volltrunken und mit schlechter Laune erwartet. Marron hatte nicht einmal Hallo sagen können, da hatte er auch schon seinen Gürtel gelöst und auf sie eingeschlagen. Sie hatte eine aufgeplatzte Lippe, Striemen auf Armen und Rücken und ein blaues Auge davon getragen. Marron konnte sich deshalb so gut an die Blessuren erinnern, weil es das letzte Mal sein sollte.

Ihr Onkel Stew hatte sich immer mehr in diese Misshandlungen hinein gesteigert und Marrons Körper, welcher seit Monaten nicht mehr diesen Schmerz verspürt hatte, war überempfindlich. Statt das jeder Hieb ihren Körper abstumpfen ließ, wurde es immer schlimmer. Marron hatte am Ende nur noch schreien können, ihr Körper fühlte sich an, als würde er unter Feuer stehen. Sie lag auf dem nackten Laminatboden des Büros ihres Onkels und krümmte sich vor Schmerzen.

Doch dann, als nichts mehr ging, war plötzlich ihr Verstand zurückgekehrt. Sie hatte sich selbst laut NEIN schreien hören. Blitzschnell hatte sie sich auf ihren geschundenen Rücken gedreht, den Schmerz hatte sie nicht mehr wahrgenommen. Dann hatte sie Stew mit einem schnellen Griff den Gürtel aus der Hand gerissen sich aufgerichtet und ihm mit der flachen Hand eine Ohrfeige verpasst. „Nein“, hatte sie gebrüllt, „das tust du nicht mehr mit mir!“
 

Marron erinnerte sich noch heute an die blutunterlaufenen Augen ihres Onkels, die sie fassungslos angestarrt hatten. Seitdem hatte er sie nicht mehr angefasst.

Nach und nach war ihm dann bewusst geworden, dass er abhängig war, von Marron.

Ihre Eltern hatten ihr viel Geld hinterlassen. Die Vermögensangelegenheiten bearbeitete ein bekannter Anwalt, welcher auch verfügt hatte, dass Marron auf ein Internat ging. Ihre Eltern hatte dies im Falle ihres Todes so angeordnet. Stew bekam dagegen so etwas wie eine Rente. Er musste Marron nur ein Dach über dem Kopf gewähren.

Marron hatte ihm daraufhin klar gemacht, dass sie ihn in der Hand hatte. Sollte er es noch einmal wagen sie zu schlagen, würde ihr Anwalt davon erfahren und er konnte seinen Alkohol und die Spielexzesse nicht mehr finanzieren.

Stew hatte sich ohne ein Wort sofort gefügt, jedoch trank er mehr als vorher.
 

Da stand sie nun, neben dem Auto von Ashitaka und blickte den Hügel hinauf. Das Internat war ein imposantes Gebäude. Es war unauffällig in einem warmen Gelb gestrichen und hatte mindestens zehn Stockwerke. Das Dach war in einem altmodischen Ziegelrot. Marron bezweifelte, dass dies das einzige Gebäude war. Sie stand am Tor des Internats. Das Grundstück dehnte sich in einem wunderschönen Park aus, den man von diesem Standpunkt aus einfach nicht einsehen konnte. Das Einzige was sie sehen konnte war dieses riesige Gebäude, welches durch seinen höheren Standpunkt einfach einschüchternd war.
 

„Miss Marron, wollen wir hinauffahren?“ Ashitaka war ausgestiegen und stellte sich neben sie. Auch er sah die Auffahrt hinauf, wartete aber geduldig. Seufzend stieß Marron sich von dem schwarzen Wagen ab, an dem sie gelehnt hatte und öffnete den Kofferraum! Verwirrt beobachtete Ahsitaka sie.

„Miss, was tuen Sie?“ Marron wuchtete zwei große Koffer aus dem Wagen und lächelte.

„Den Weg muss ich alleine gehen Ashitaka! Die sollen schon sehen, dass ich keine Angst habe.“ Das Marron sich das selbst beweisen musste, sagte sie nicht laut, aber Ashitaka dachte sich das bestimmt.
 

Also wanderte Marron, mit zwei schweren Rollkoffern im Schlepptau, die Kiesbestreute Auffahrt hinauf. Von Meter zu Meter bekam sie mehr von dem Gelände zu Gesicht. Hier würde es ihr gefallen. Alles schien so friedfertig und ausgeglichen. Hoffentlich waren die Schüler ebenso. Als sie an dem großen Portal ankam, sah sie sich noch einmal nach Ahsitaka um. Dieser lehnte noch immer an dem schwarzen Lamborghini und betrachtete das Schulgebäude. Fröhlich winkte sie ihm zu und als er sah, dass es ihr gut ging löste er sich von der Motorhaube und stieg in den Wagen.

Als er davonbrauste wurde es Marron doch etwas mulmig zumute, aber sie riss sich zusammen und klopfte.
 

Ich weiß es ist noch nicht viel aber ich muss mir das in Etappen vorstellen und ausdenken ^^

Ich schreib aber schon and dem nächsten Kapitel und die werden alle länger.

HEL

Neue Freunde

Gomen, dass ich vergessen habe Ashitaka zu beschreiben. Um das nach zu holen, habe ich ihm eine ganz eigene Charabeschreibung zukommen lassen! Ich hoffe ihr verzeiht mir diesen fauxpas ^^
 

Kapitel 2
 

Es dauerte eine Weile bis sich hinter dem Tor etwas regte. Marron bekam schon Zweifel, ob sie hier an dieser Tür richtig war, als es leise klickte. Laut knarrend schwang die eine Hälfte des alten Holztores auf und eine kleine, alte Frau kam zum Vorschein. Im Gegensatz zu dem imposanten Gebäude wirkte die kleine Frau, welche Marron gerade noch bis zum Oberarm ging, merkwürdig fehl am Platz. Ihre grauen Haare waren zu einem strengen Knoten im Nacken hochgesteckt und ihre kleine Stupsnase zierte eine kleine Lesebrille. Marron mochte diese Frau sofort und strahlte sie dementsprechend an.

Die alte Frau musterte Marron zunächst unverhohlen, lächelte aber zurück und hielt Marron ihre Hand hin.

„Guten Tag, junge Dame. Sie sind sicher Marron Kusakabe. Ich bin hier die Hauslehrerin für Philosophie und Japanisch, Miss Harouno. Ich bin gleichzeitig auch die Direktorin, also wenden sie sich in allem ruhig an mich.“

Marron war überrascht, dass die Frau sie schon zu kennen schien. Es war der erste Tag nach den Sommerferien und sie war doch sicherlich nicht die einzige neue Schülerin. Aber Marron würde noch früh genug erfahren, dass Miss Harouno ein fotographisches Gedächtnis hatte, was ihre Schüler anbelangte.
 

Marron schüttelte die Hand von Miss Harouno und trat ein. Sofort verschlug es ihr die Sprache.

Sie stand in einer gigantischen Halle, deren Fußboden mit schwarz, weißen Marmorplatten ausgelegt war. In der Halle selbst befand sich zunächst auf der rechten Seite eine Art Empfangstisch hinter der eine Frau mittleren Alters saß und eifrig telefonierte und in einen Computer tippte. Gegenüber begann eine Treppe die im Zickzack bis unter die 20 Meter hohe Decke verlief und an deren Wänden mehrere Pinnwände waren, an denen wahrscheinlich die neuesten Nachrichten zu finden waren. Auf der linken Seite befand sich eine gläserne Flügeltür über der ein Schild mit der Aufschrift „Kantine“ hing.
 

Miss Harouno räusperte sich um Marron wieder in die Wirklichkeit zurück zu holen. Sie schmunzelte, da sie es gewöhnt war, dass Schüler von außerhalb überwältigt waren von diesem Bild. Miss Harouno wusste, dass dieses Kind nicht zu den normalen Kunden dieses Internats gehörte. Es war üblich, dass reiche Politiker, Ärzte oder andere Beamte ihre Kinder hierhin brachten, doch dieses Kind finanzierte sich diese schulische Ausbildung durch ein enormes Erbe und wie sie von dessen Anwalt wusste, hatte sie kein angenehmes Leben bisher geführt.

Marron, so hatte der Anwalt gesagt, wusste nicht, dass er von den Prügeleien wisse und das solle so bleiben. Er habe erst davon erfahren als sie 14 wurde und hatte sie sofort von ihrem Onkel getrennt.

°Das arme Mädchen°, dachte Miss Harouno als sie voller Wohlwollen die hübsche Brünette beobachtete, wie sie mit den Augen ihre Umgebung buchstäblich aufsog.
 

„Das Internat ist in drei Gebäude unterteilt. Dies hier ist das Schulgebäude in dem du all deinen Unterricht haben wirst. Die beiden anderen Gebäude umfassen die Zimmer der Mädchen und Jungen. Streng getrennt, versteht sich.“ Marron nickte während sie der kleinen Lehrerin durch den Park zu den anderen Gebäuden folgte. Erst jetzt entfaltete sich Marron die ganze Pracht des Parks, auch wenn sie bis hierher sicherlich noch nicht alles gesehen hatte. Sie konnte aber ausmachen das die beiden Gebäude, in denen die Jungen, wie auch die Mädchen schliefen, nur circa 100 Meter von einander entfernt waren, getrennt durch eine große Blumenwiese und einen kleinen Bach. Miss Harouno und Marron liefen einen Kiesweg auf die beiden Häuser zu, die Marron von dem Schulgebäude aus nur von der Seite sehen konnte. Schilder wiesen darauf hin, wo sich das entsprechende Haus befand.

Miss Harouno wand sich nach links. „Die Zimmer werden immer von je zwei Schülerinnen bewohnt. In deinem Zimmer wartet Miyako Toudaji auf dich. Die Tochter eins erfolgreichen Kommissars. Sie ist sehr freundlich und hilfsbereit und freut sich darauf, dir das Internatleben näher zu bringen.“

Die Fassade des Mädchenhauses war in einem weichen Rot gestrichen und war wie das Schulgebäude gigantisch.

„Ma’m, wie viele Schüler besuchen diese Schule?“ Miss Harouno hatte mit dieser Frage gerechnet.

„ Es dürften aktuell etwa 500 Schüler sein. Ziemlich gleich aufgeteilt auf beide Geschlechter.“ Fassungslos blickte Marron zu dem mehrstöckigen Haus empor. Jetzt wurde ihr doch etwas mulmig zumute. Mit solchen Ausmaßen hatte sie sicherlich nicht gerechnet.
 

Auch das Schlafgebäude hatte eine Vorhalle, die jedoch bei weitem kleiner war, als die der Schule und mit schlichten, grauen Teppichboden ausgelegt war. In einer Ecke befanden sich mehrere Sitzgelegenheiten in Form hübscher roter Sofas und Sessel, welche kleine, mit Zeitschriften belegte Tische umringten. Rechts gab es einen Fahrstuhl, aber auch wieder eine Treppe. Vor dem Fahrstuhl stand bereits Marrons Koffer, welche sie vor der Führung im Foyer des Schulgebäudes zurück gelassen hatte.

Sie betraten den Fahrstuhl mit den Koffern. Marron wunderte sich, dass es hier in diesem Gebäude so still war. Sie hatte noch nicht einen einzigen anderen Schüler gesehen.

Als sie dies bemerkte, lachte Miss Harouno.

„Dies liegt zunächst einmal daran, dass die Wände und Flure der Gebäude Schalldicht sind. Jahrelange Erfahrung hat uns gelehrt, dass Schüler konzentrierter lernen, wenn es um sie herum ganz still ist. Weiterhin befinden sich die Schüler alle auf ihren Zimmern um sie sachgerecht einzuräumen. Am Anfang jedes Schuljahrs, wie auch am Ende, kontrollieren wir die Zimmer und die Schüler nehmen dies sehr ernst.“

Marron seufzte innerlich. Dieses Internat war anscheinend sehr streng und anspruchsvoll.
 

Sie kamen im sechsten Stock an und mit einem leisen Glockenton öffnete sich die Eisentür des Fahrstuhls. Auch der Flur lag verlassen da, doch als sie die einzelnen Räume und Zimmertüren passierten vernahm Marron des Öfteren Gekreische, Gelache und lautes Geplauder.

„Die jüngeren Schüler wohnen alle in den unteren Stockwerken und je nach Stockwerk nimmt das Alter der Schüler zu. Es wird also nicht so leicht sein sich zu verirren.“ Miss Harouno überreichte Marron einen silbernen Schlüssel, an dem ein ovaler Anhänger baumelte, mit der Aufschrift „612“. Dann klopfte sie an der besagten Zimmertür.
 

Als sie das Zimmer betraten erwartete sie vollkommenste Ordnung. Man hätte meinen können, dass noch kein Schüler hier eingezogen war. Als sie den Vorraum, welcher zu Bad und Küche führte durchschritten, kamen sie ins Wohnzimmer.

°Wow, das ist ja wie eine richtige Wohnung!°

Dort, auf einem warm-gelben Sofa, saß ein violetthaariges Mädchen kerzengerade, die Hände in den Schoß gelegt und lächelte ihnen freundlich entgegen.

„Marron Kusakabe, das ist Miyako Toudaji!“ Miyako stand auf und schüttelte Marron freundlich die Hand. Marron jedoch sah sich noch immer fasziniert in der Wohnung um. Sie war nicht groß, doch auffallend gemütlich. Vor dem genannten Sofa stand ein kleiner Glastisch und in der rechten Ecke neben dem großen Fenster, stand ein beeindruckender Fernseher. Hier im Wohnzimmer und in der Diele war Laminat verlegt worden, doch durch eine Tür zu ihrer linken konnte Marron erkennen, dass das Lichtdurchflutete Schlafzimmer mit zwei Betten, mit weichen, gelben Teppich ausgelegt worden war.

Die Hauslehrerin gab Miyako ein Zeichen und verschwand. Der jungen Frau musste Zeit gegeben werden, um all das was sie hier antraf verarbeiten zu können.
 

Miss Harouno hatte Miyako gesagt, dass Marron eine schwierige Zeit hinter sich habe und sie deshalb mit Sorgfalt an das Leben hier in diesem Internat gewöhnt werden müsse. Marron war wohl schon in einem Internat gewesen, aber nicht sehr lange und vor allen Dingen war das Internat klein gewesen. Die Brünette war es nicht gewohnt mit Menschen ihres Alters umzugehen und da Miss Harouno wusste, dass sie, Miyako Toudaji, sehr ordentlich und korrekt war, hatte die Direktorin ihr dieses Mädchen in die Obhut gegeben. Miyako wusste nicht alles über Marron. Miss Harouno hatte ihr gesagt, dass sie warten müsse bis Marron ihr von selbst ihre Geschichte anvertraute.

Miyako beobachtete nun die zierliche Brünette. Ihre bernsteinfarbenen Augen strahlten Wärme aus und ihr faszinierter Ausdruck verlieh Marron eine äußerst süße Ausstrahlung. Miyako mochte dieses Mädchen sofort und auch wenn sie deren Vergangenheit nicht kannte, sie war eine starke Person, denn sie hatte viel von ihrer jugendlichen Ausstrahlung behalten.
 

Marron berührte gerade eine wunderschöne Kristallvase mit Rosen, als sie sich der Anwesenheit von Miyako bewusst wurde.

Entschuldigen wandte sie sich zu ihrer Mitschülerin um.

„Tut mir Leid. Das ist nur alles so schön hier. Das kenne ich nicht von dem anderen Internat, wo ich gewesen bin.“

Miyako lachte. Eine typische Reaktion.

„Ja, dieses Internat ist schon etwas Besonderes.“

Es klopfte laut an der Tür. Miyako kicherte.

„Sie konnten es auch einfach nicht erwarten.“ Verwirrt folgte Marron Miyako mit den Augen.

„Setz dich bitte. Das sind nur zwei Freunde von mir. Sie wollten sofort kommen, sobald die Lehrer ihre Kontrollen beendet haben.“ Marron tat wie ihr geheißen und ließ sich auf die bequeme Couch nieder. „Ihre“ Couch, wie sie sich bewusst machte. Sie merkte wie sie etwas nervös wurde. Sie lernte jetzt schon Schüler kennen und hatte ein wenig Angst, dass sie einen schlechten Eindruck hinterlassen könnte.
 

Sie hörte ein paar Stimmen und jemand lachte. Ein charismatisches Lachen, wie Marron fand und sie entspannte sich ein wenig. Miyako kam strahlend aus der Diele einen brünetten, etwas schüchtern wirkenden Jungen direkt hinter sich, welchen sie am Arm hinter sich herzog. Was ihre Aufmerksamkeit aber sofort erregte war der andere Junge der den Beiden folgte.

Er hatte blaue Haare, braune Augen, welche nur so vor Schalk zu sprühen schienen und um seinen Mund spielte ein ironisches Lächeln. Er war groß und schien gut gebaut zu sein, soviel Marron durch sein weißes Hemd und seine Jeans erkennen konnte. Er hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und lehnte lässig an der Wohnzimmerwand, während der andere Junge und Miyako gegenüber von Marron Platz nahmen.

„Also das hier“, sie deutete auf den Jungen neben sich, „ ist Yamato. Einer meiner besten Freunde.“ Yamato nickte schüchtern aber durchaus freundlich in Marrons Richtung. Etwas ungehalten wandte sich Miyako jetzt an den Blauhaarigen.

„Das ist Chiaki! Der größte Frauenheld der Schule, wie er sich gerne selbst bezeichnet.“ Chiaki musste über Miyakos schnippischen Ton schmunzeln. Theatralisch verbeugte er sich vor Marron und während Miyako die Augen verdrehte, konnte Marron die Augen nicht von diesem Jungen lassen. Er ließ Marron nicht einen Augenblick aus den Augen und zwinkerte ihr zu, was Marron erröten ließ. Miyako beäugte die Szene misstrauisch. Sie würde nicht zulassen, dass Chiaki Marron zu einem weiteren seiner Groupies machte.
 

°Nicht schlecht!° dachte Chiaki sich. Dieses Mädchen machte einen so schön naiven Eindruck, dass es ihm ein Leichtes sein würde, die Kleine zu vernaschen. Sie schien auch nicht uninteressiert, aber wer war das schon bei ihm. Selbst die Jungs buhlten um eine Freundschaft mit ihm, aber dieses Privileg hatte nur der schüchterne Yamato. Chiaki und er waren zusammen aufgewachsen und teilten sich auch ein Zimmer und wenn Chiaki auch nichts und niemanden auf dieser Welt treu war, Yamato war der einzige der in Chiakis Gunst stand und den Chiaki zugab zu brauchen.

Chiaki musterte die Brünette, die sich nun angeregt mit Miyako über das Internat unterhielt. Ja, sie war hübsch anzusehen und durchaus eine würdige Eroberung. Ihn langweilten neuerdings diese herkömmlichen, reichen Mädchen, die dieses Internat besuchten. Er suchte eine neue Herausforderung und hatte sie in dieser Marron gefunden.

Innerlich rieb er sich schon die Hände und überlegte sich, wie er Marron am Besten verführen konnte.

Dass er auf Granit beissen könnte, kam ihm gar nicht in den Sinn.
 

Ich weiß etwas länger, aber wie ich sagte, es kommt aufs Kapi an ^^

Erster Schultag

Kapitel 3
 

Schrill ging der Wecker direkt neben Marrons Ohr. Während selbige sich noch einmal murrend umwandte und die Decke über den Kopf zog, sprang Miyako schon aus dem Bett.

„Steh auf Marron! Ich habe uns die Zeit so angepasst, dass wir Zeit fürs anziehen, Toilette und Frühstück haben. Los! Los!“ Miyako wirbelte aus dem Zimmer, nachdem sie ihr eigenes Bett sorgfältig aufgeschlagen hatte und Marron die Decke von den Beinen gezogen hatte.

Zerknirscht wuselte Marron aus dem Bett. Durch das große Fenster ihres Zimmers erkannte sie, dass die Sonne bereits schien und die Vögel um die Wette sangen. Marron schielte zum Wecker: 06.30 Uhr!

Stöhnend ließ sie sich wieder aufs Bett fallen.

°Das ist doch nicht menschlich! Der Unterricht fängt erst um 8 an!°
 

Doch Marron blieb nichts anderes übrig. Miyako war unerbittlich und zur geplanten Zeit, um 7.00, saß Marron angezogen und frisiert am Küchentisch. Das Frühstück durfte in der eigenen Wohnung eingenommen werden, alles andere musste gemeinschaftlich in der Mensa passieren. Um die Gemeinschaft nicht aus den Augen zu verlieren, erklärte Miyako ihr und Marron war es nur Recht!

Sie verstand es durchaus, wenn manche Schüler morgens nicht mit allen zusammen frühstücken wollten. Sie gehörte sicherlich dazu. Abgesehen davon, dass sie es nicht gewohnt war mit so vielen Menschen zu verkehren. Herzhaft biss sie in ein Brötchen mit Marmelade. Sie freute sich, trotz Aufregung, schon auf die anderen Schüler und auch den Unterricht. Sie war keine gute Schülerin aber sie war auch nicht schlecht.
 

Um Punkt 7.30 Uhr verließen sie das Mädchengebäude. Sie waren zwar nicht die einzigen Schüler, aber eine der Wenigen die sich bereits zum Schulgebäude schleppten. Miyako hatte gesagt, sie wolle sich am Schnittpunkt der Wege mit Yamato treffen und Marron war das nur Recht.

Sie glaubte, dass zwischen Yamato und Miyako mehr war als nur Freundschaft auch wenn die Beiden das nicht wahrhaben wollten. Marron dagegen fand es wunderbar. Sie kannte solche Gefühle nicht. In ihrem letzten Internat hatte es einige Jungen gegeben, die sich für sie interessiert hatten. Ja, Marron war sogar richtig begehrt gewesen. Doch sie konnte die Berührungen der Jungen nicht auf der Haut ertragen und so beobachtete sie lieber glückliche Paare und träumte von dem Moment, an dem sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen konnte.
 

Natürlich hatte Yamato wieder diesen schrecklichen Chiaki dabei. Miyako hatte gestern, kaum waren die Jungs weg gewesen, Marron mehr von Chiaki erzählt.

Er war womöglich charmant und freundlich, dass wollte Miyako nicht bestreiten, aber er war bekannt dafür mit den Mädchen zu spielen. Ständig war es eine Andere, die an seiner Seite weilte. Natürlich wussten diese Mädels das, aber trotzdem rissen sie sich um Chiakis Gunst. Miyako glaubte, dass sie es dann nicht anders verdient hatten. Sie wusste aber auch, dass Chiaki nicht vor Marron Halt machen würde und deshalb warnte sie Marron.

Marron tat das Alles mit einem Lächeln und einem Schulterzucken ab. Chiaki hatte sie vielleicht interessiert, doch sie wusste auch, dass er einfach keine Chance haben würde, so wie jeder andere auch. Damit war das Thema gegessen. Sie wusste gar nicht warum Miyako sich solche Sorgen machte.
 

Chiaki war nur bereitwillig mit Yamato aufgestanden um sich mit Miyako und dieser Marron zu treffen. Normalerweise bevorzugte er es, sich seinen eigene Regeln zu unterwerfen, was hieß, er kam immer gerade noch mit dem Schellen in den Unterricht oder grundsätzlich zu spät. Die Lehrer hatten es aufgegeben, mit ihm zu streiten, denn seine Noten waren trotzdem okay und gegen Chiaki kam man einfach nicht wirklich an.

Die Mädchen trugen die übliche Schuluniform, Rock und Bluse (wie auch im Manga ^^) und doch fand Chiaki, dass Marron äußerst süß darin aussah.

Er ging ihnen ein Stück entgegen, Yamato blieb verdutzt zurück.

Chiaki breitete die Arme aus und wollte gerade einen charmanten Spruch loslassen, da schritt Miyako schon zwischen Marron und Chiaki und bohrte ihren Zeigefinger in seine Brust.

„Lass die Finger von ihr, Chiaki! Ich habe ein Auge auf dich.“ Chiaki lachte laut auf.

„Unsere Polizistin! Ich wollte doch nur nett sein.“ „Lass es einfach stecken!“

Marron blickte zwar etwas verwirrt drein, ging dann aber weiter und begrüßte Yamato. Beide beobachteten nun amüsiert wie Miyako leise und gereizt mit Chiaki diskutierte.

Irgendwann wurde es Chiaki zu bunt und er schon Miyako beiseite und machte sich auf zum Schulgebäude. Dieses Weib hatte ihm gründlich den Spaß an der Sache verdorben. Was sollte er mit einem Mädel, welches einen Wachhund an ihrer Seite hatte?
 

Miyako klopfte sich theatralisch die Hände ab und ging zu ihren Freunden.

„Dem habe ich’s gezeigt!“ Yamato verdrehte die Augen. Marron dagegen blickte Chiaki hinterher. Zu gerne hätte sie gewusst, was Miyako ihm gesagt hatte. Schweigend gingen nun auch die Drei zur Schule.
 

Marron saß einen Platz vor Miyako und neben Chiaki (auch wie im Manga). Es hatte sich nun einmal so ergeben und obwohl Miyako alles gesagt hatte, was sie mit ihm anstellen würde, spürte Chiaki den bohrenden Blick in seinem Rücken. Er würde kaum Spielraum haben.

Sie hatten Unterricht bei einer alten Schachtel namens Miss Takami. Sie unterrichtete das Fach Mathematik und das war einfach einschläfernd, sodass die Hälfte der Klasse döste.

Marron fixierte schon seit etlichen Minuten ihr Heft und Chiaki fragte sich, was sie wohl dachte. Er erinnerte sich daran, was Miyako zu ihm gesagt hatte.

„Marron steht hier unter besonderen Schutz, von Miss Harouno und von mir!“

Kein Schüler wurde so unbewusst beschützt, wie dieses Mädchen. Aber warum? Das musste doch einen Grund haben? Dieses Mädchen übte für Chiaki nun nicht mehr nur den rein körperlichen Reiz aus. Sie hatte ein Geheimnis und Chiaki war nun einmal neugierig. Er würde dem Ganzen auf den Grund gehen.
 

Als Marron an Miyakos Seite, gegen Mittag, von den oberen Klassenräumen zur Mensa ging, fiel ihr ein Junge auf, welcher lässig an der Wand des Flures lehnte. Er hatte schwarze, etwas längere Haare und sah ausnehmend gut aus. Um sich herum hatte er einige Mädchen versammelt.

Miyako bemerkte Marrons Blick und folgte ihm.

„Das ist Noin. Er ist der zweite Frauenheld hier. Doch soweit ich weiß, hat er bisher nie eine Affäre oder Ähnliches mit einem seiner Groupies. Er lässt sich umschwärmen und das wars.“ Als sie an ihm vorbei gingen sah er auf und sein Blick traf den von Maron. Seine Augen waren von einem sonst weichen braun, doch an ihm war nicht freundlich und weich. Er verursachte bei Marron eine Gänsehaut und sie sah schnell weg.

„Er hat etwas Komisches an sich.“ Miyako nickte. „Er hat auch niemanden den man seinen Freund nennen könnte, aber trotzdem ist er immer umschwärmt.“ Miyako sah nachdenklich zur Decke und tippte sich gegen das Kinn (bekannte Geste^^). „Ich glaube, ich habe ihn noch nie reden gehört.“
 

In der Mensa hatte Yamato den Mädchen einen Platz freigehalten. Wie der Zufall es so wollte, saß Marron neben Chiaki, gegenüber von Yamato. Die Mensa war gewaltig. Hell eingerichtete, mit langen Tischen an denen sich die Schüler gegenüber sitzen konnten. Bodenbelag und Tische waren in einem warmen Rot-Ton. Selbst beim Essen fühlte man sich in diesem Internat wohl.

Miyako war mit Yamato in eine Diskussion über Noin vertieft. Miyako hatte davon erzählt, was Marron über ihn bemerkt hatte, woraufhin die Beiden jetzt erörterten, warum er so war.

Marron aß schweigend, wieder einmal in Gedanken. Sie dachte im Stillen darüber nach, warum Noin so seltsam war. Vielleicht hatte er eine ähnliche Geschichte wie sie erlebt? Es gab viele Gründe, sich von anderen zurück zu ziehen.

Chiaki beobachtete Marron von der Seite. Sie war eine wirklich seltsame Person. Ständig schien sie zu träumen. Irgendwann bemerkte Marron seinen Blick und sie errötete. Chiaki grinste sie an.

„Na, worüber grübelt dein hübsches Köpfchen?“ Marron erinnerte sich an das, was Miyako erzählt hatte und riss sich zusammen.

„Nichts von Bedeutung für dich.“ „Ach, warum sind wir denn so schnippisch.“ „Weil ich nichts für solche Fragen übrig habe, die nicht ernst gemeint sind.“ „Und was ist, wenn ich es ernst meine?“ Marron nahm ihr Tablett und stand auf.

„Das musst du mir erst einmal beweisen. Ansonsten lass mich in Ruhe!“

Alle drei, Miyako und Yamato etwas verwundert, da sie den Disput nicht mitbekommen hatten, sahen Maron verdutzt hinterher. Chiaki jedoch fing sich schnell wieder.

Sie war eigentlich so wie er sie haben wollte. Kompliziert und eigensinnig. Tausendmal besser als jedes Mädel was er an einem jeden Finger haben konnte.
 

Marron lief zum Mädchengebäude zurück. Sie hatte zu heftig reagiert. Sie war eine Zicke geworden und das störte sie. Aber einerseits hatte man sie vor diesem Kerl gewarnt und sie wollte nicht, dass er soweit an sie herankam, dass er von ihrer Vergangenheit erfuhr. Er war auch der Typ, der mit dieser Geschichte hausieren gehen würde. Marron stellte sich vor wie es sein konnte, wenn die anderen erfuhren, dass sie sich hatte jahrelang misshandeln lassen. Sie erinnerte sich an die Brandmale an ihrem Rücken und den Schultern, die ihr Onkel ihr einmal mit einer Zigarre zugefügt hatte.

Sie würde die Lachnummer hier werden, unter all diesen Gutbehüteten Schülern. Sie musste wieder an diesen Jungen, Noin, denken. Was war er für ein Mensch? Hatte er auch ein Geheimnis?

Dann wäre sie nicht mehr alleine. Ja, sie war alleine!

Unheilsame Wendung

I wish I had your pair of wings

Had them last night in my dreams

I was chasing butterflies

Till the sunrise broke my eyes

Tonight the sky has glued my eyes

Cause what they see?s an angel hive

I?ve got to touch that magic sky

And greet the angels in their hive
 

Sometimes I wish I were an angel
 

Kapitel 4
 

Den Rest des Unterrichts an diesem Tag hatte Marron geschwänzt. Sie hatte sich mit einem Mal so schrecklich einsam gefühlt, dass sie die Anwesenheit von so vielen anderen Schülern, welche nie so fühlen konnten wie sie, nicht hatte ertragen wollen.

Da sie aber ahnte, dass Miyako nach ihr suchen würde, wanderte sie zunächst ziellos durch die große Parkanlage, um irgendwo ein stilles und angenehmes Plätzchen zu finden. Wenn sie einen solchen nicht finden konnte, dann konnte sie noch immer zu den Apartments zurückkehren.

Da Marron sich nicht auskannte, blieb ihr nichts weiter übrig als ziellos den kiesbestreuten Wegen zu folgen. Um wenigsten in irgendeiner Weise eine Richtung zu haben, schritt sie immer neben dem kleinen Bach her, der sich auf jede erdenkliche Weise über das Gelände schlängelte.

Hier und da sah man Schüler, die anscheinend eine Freistunde genossen und sie bemerkte zwei Gärtner, die ihrer Arbeit nachgingen.

Plötzlich nahm Marron einen ihr wohlbekannten Geräuschpegel wahr. Irritiert blieb sie stehen und wandte sich zu jeder Seite. Wie blöd, dass hier nirgendwo Schilder waren, die den Weg wiesen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als sich auf ihre Ohren zu vertrauen.

Einige Minuten lief Marron unbestimmt in ein und dieselbe Richtung, den Bach in ihrem Rücken. Sie hatte die Augen halb geschlossen, um sich auf die Geräusche zu konzentrieren die sie vernahm.

Dann sah sie es. Riesige Gitterwände, die mindestens vier Meter in die Höhe reichten und hinter denen weitverzweigte Zwergbäumchen zu erkennen waren. Marron beschleunigte ihre Schritte. Der Lärm wurde immer lauter und Marron spürte ein unbestimmbare Erregung.

Dieses Internat hatte Volieren! Als sie um die Ecke kam, betrat sie eine Art Rondell, ein Platz um den sich vier abgeteilte Käfige wanden.

Fasziniert blickte sie von einem zum anderen. Links von ihr befanden sich mehrere Kakaduarten die laut kreischten und sich auf viele kleine Futternäpfe stürzten. Anscheinend war soeben Futterzeit gewesen. Rechts von Marron befand sich eine kleinere Vogelart, die ihr jedoch durchaus bekannt war. Unzertrennliche! Diese Vögel fanden einen Partner fürs Leben und sollte einer sterben, so ging der andere auch ein. Vielleicht nicht die beste Art, dachte Marron sich, aber das nannte man Liebe.

Nun wandte Marron sich den beiden Volieren zu die ihr gegenüber waren. Erfreut erkannte sie ihre beiden liebsten Papageiarten. Amazonen und Graupapageien! Die Graupapageien schrieen nicht, plapperten aber munter vor sich hin, während die Amazonen träge auf ihren Ästen saßen und das Spektakel der Kakadus missbilligend beobachteten.

Entzückt lauschte Marron den Grauen, die die unterschiedlichsten Sachen sagten. An ihrer Ausdrucksweise erkannte man aber, dass es sich hier um einen Ort handelte, der von vielen Jugendlichen besucht wurde. Immer wieder hörte sie Sätze und Wörter wie: Idiot; Du bist ja blau; Scheiße!

Ein großer Grauer saß genau auf Augenhöhe mit Marron und beäugte sie zunächst misstrauisch. Marron pfiff eine Melodie, woraufhin sich der Kopf des Papageien bedenklich zur Seite neigte. Da richtete er sich wieder auf, sah Marron in die Augen und sagte in einer dunklen, wohltönenden Stimme: „Spinnst du?“

Marron brach in schallendes Gelächter aus. Der Papagei lachte mit. Nach einiger Zeit musste Marron erst einmal tief Luft holen, um sich überhaupt wieder zu beruhigen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und zwinkerte dem Vogel zu.

„Ja, da hast du Recht!“
 

Plötzlich spürte sie jemanden hinter sich. Erschrocken fuhr sie herum.

Marron blickte in ein freundliches Gesicht, umrahmt von roten Haaren, welche durch ein Gummiband zurückgehalten wurden.

Er war älter als Marron, doch sie schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Er lächelte Marron an und stellte sich neben sie.

„Ganz tolle kleine Tiere, nicht wahr?“

Marron nickte, doch sie starrte weiterhin diesen Mann an. Wer war er und was noch wichtiger war, wieso verspürte sie nicht den sonst so starken Drang zu fliehen?

Der junge Mann spürte Marrons forschenden Blick und drehte sich nun zu ihr um und hielt ihr seine Hand hin.

„Hijiri Shikaido, ich bin der neue Refrendar für Biologie und Sport, hier an diesem Internat.“ Marron schüttelte freundlich seine Hand, erwiderte aber nichts. Shikaido überging dies aber und sprach gleich weiter.

„Ich kümmere mich jetzt um diesen Bestand an Tieren und gebe im nahe gelegenen Stall Reitunterricht.“

Pferde gab es hier auch? Marron schwirrte der Kopf.

„Du scheinst aber auch etwas von diesen Vögeln zu verstehen.“

Marron nickte. Sie merkte wie sich ihre Zunge löste und sie begann mit diesem fremden Menschen zu sprechen.

„Ich habe in dem Internat, in dem ich vorher gewesen bin, die Aufgabe gehabt, einige Jungvögel großzuziehen. Es war unglaublich und ich habe viel gelernt.“

Shikaido nickte, dann schien ihm ein Gedanke zu kommen.

„Wie wäre es, wenn du mir hier ein wenig zur Hand gehen würdest? Ich habe viel zu viel zu tun und ebenfalls einige Jungvögel, die viel Zuneigung brauchen.“
 

Statt das sich Freude auf dem Gesicht der Schülerin breit machte, entdeckte Shikaido so etwas wie Unsicherheit und Misstrauen. Er hatte die Begeisterung in den Augen dieses Mädchens gesehen, als sie die Papageien gemustert hatte, doch kaum war er aufgetaucht, hatte sich dieses Funkeln gelegt.

Nachdenklich beobachtete er die Schülerin, die nun starr in den Käfig blickte und sich kaum rührte.

Er war eine offene Person und die Menschen begegneten ihm nie mit Argwohn oder so zurückhaltend wie dieses Mädchen.

Marron zog sich immer mehr zurück und das blieb dem Sensei nicht verborgen.

In einem beinahe unbeschwerten Ton begann Shikaido das Beste aus der Situation zu machen.

„Pass auf, du kommst wenn du Lust hast und hilfst mir. Das ist kein Muss, es war nur ein Angebot, aber ich würde mich freuen.“ Er wartete auf eine Reaktion seitens Marron und sie nickte auch bedächtig.

„So, nun muss ich aber wieder zu den Küken. Ich habe im Moment ein kleines Sorgenkind!“

Damit verabschiedete Shikaido sich und verschwand durch eine kleine Tür hinter den Volieren.

Marron atmete kaum merklich auf. Wie sollte sie erklären, dass sie sich schrecklich eingeengt und bedroht fühlte, wenn sie mit einem Mann alleine war? Shikaido hatte ihr nicht solch eine Angst eingejagt, wie es womöglich andere Männer gemacht hätten. In einer anderen Situation wäre sie panisch geworden, am Rande einer Hysterie. Doch es hatte ihr hier „nur“ die Sprache verschlagen. Für sie nichts, unbedeutend gegen die Alpträume die sie festhielten und die Angst die sie hatte.
 

Gedankenverloren schlenderte Marron zurück zum Bach. Ohne diesen Anhaltspunkt würde sie nicht zurück zu den Apartments finden. Sie beobachtete die anderen Menschen um sich herum. Junge Leute die beieinander saßen und lachten und Paare die sich sonnten und dabei verliebt tuschelten.

Marron wäre so gerne so gewesen wie sie. Sie war ein normales Mädchen, äußerlich, doch in ihrem Inneren lebte sie ein Leben, welches nicht im Takt der Zeit lief, wie das der anderen. Sie wurde nicht reifer oder lernte neue Leute, neue Dinge kennen. Sie fühlte sich alt und ausgelaugt und ihre einzige Zukunft lag im Vergessen.

Sie konnte sich nicht vorstellen von einem Menschen berührt zu werden, wusste nicht wie sie mit der Situation umgehen sollte, sollte jemand ihre Narben sehen. Innerlich wie Äußerlich.
 

So ging sie weiter und hätte wahrscheinlich nichts bemerkt, wenn sie diese tiefe Stimme nicht an ein Geschehnis von vor wenigen Stunden erinnert hätte, an dem sie sich wie eine Furie benommen hatte.

Marron vernahm Geflüster und dann stöhnte jemand leise. Alles in ihr schrie, dass sie weitergehen sollte, doch es ging nicht. Lautlos folgte sie den Lauten, darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen, welches sie verraten könnte.

Die Beiden hatten sich hinter einer dichten Reihe von Brombeergestrüpp versteckt. Marron sah wie die Blondine quasi in Chiakis Umarmung dahin schmolz, während dieser anscheinend vollkommen in seinem Element zu sein schien. Sein Hemd war aufgeknöpft, von dem Mädchen konnte Marron nicht viel erkennen. Chiaki lag auf der Seite, vollauf beschäftigt und er hätte nur aufsehen müssen um Marron zu entdecken.

Marron fühlte sich schrecklich und sie wusste nicht was sie dazu brachte auf diese Szene zu blicken. War es weil sie solche Berührungen nicht kannte und nicht kennen lernen wollte, da ihr dazu das Vertrauen fehlte?

Oder lag es an der Neugierde, die sie überkam wenn sie versuchte zu verstehen, was diese naiven Mädchen in Chiaki sahen? Die Blondine schien dies jedenfalls ganz genau zu wissen. Sie räkelte sie unter seinen Berührungen.

Gerade in dem Moment, in dem Marron sich abwenden wollte, blickte Chiaki plötzlich auf. Seine Augen weiteten sich zunächst vor Schrecken, doch als er sie erkannte, sah sie wie Belustigung seine Züge entspannte. Marron hielt nur einen Augenblick seinem Blick stand, dann fuhr sie herum und ging.

Marron schämte sich für ihre Neugierde, schalt sich aber bald darauf eine Närrin. Sollte Chiaki doch denken was er wollte. All das konnte ihr letztendlich nichts anhaben. Sie hatte ihn bei einem Stelldichein erwischt und das kam sicherlich täglich vor. Auch ihn würde das mit Sicherheit nicht weiter stören.
 

Marron erreichte die Gabelung zu den verschiedenen Schlafgebäuden und hatte das gerade Gesehene schon fast vergessen. Nun dachte sie wieder an die Papageien und es wurde ihr warm ums Herz. Diese Tiere waren einfach wunderbar einzigartig und sie wäre dumm, wenn sie das Angebot des Sensei nicht annahm.

„Marron!“ Eine Gänsehaut strich über Marrons Körper. Wieder diese Stimme.

Keuchend kam Chiaki neben Marron zum Stehen. Marron riss sich zusammen und sah mit anteilnahmsloser Miene auf den aufgekratzten Chiaki herab, welcher sich um Atem ringend auf den Oberschenkeln abstützte.

Als er sich aufrichtete, hob sie keck eine Augenbraue, wartend auf das was jetzt kommen sollte.

„Bitte erzähl es niemanden!“

Marron fiel förmlich alles aus dem Gesicht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Bevor sie etwas antworten konnte, ergriff Chiaki jedoch wieder das Wort.

„Sie ist die Nichte der Direktorin und die weiß sehr genau von meinem Ruf. Sie macht mir die Hölle heiß, wenn das rauskommt!“

Marron hätte am Liebsten losgeprustet. Chiaki hatte Angst, dass seine Affäre herauskam. ER, der sich durch und durch arrogant und unnahbar gab.

Anscheinend war nicht nur sie jemand, der nicht das war, was er vorgab.

„Glaub mir, ich habe keinerlei Interesse daran mit irgendjemanden über dich oder dieses Mädchen zu sprechen. Ist nicht mein Ding und nicht mein Stil!“

Chiakis Augen verengten sich.

„Was wolltest du überhaupt da?“ Das war die Frage!

„Ich habe mich verlaufen. Das hier ist ein einziger Scheiß- Irrgarten!!!“ Chiakis Mund verzog sich wieder zu einem amüsierten Grinsen. Der Mund, der gerade noch so innig mit dem der Nichte der Direktorin verschmolzen gewesen war. Marron schüttelte den Gedanken ab.

„Hast du nach mir gesucht?“ Marron runzelte die Stirn.

„Warum sollte ich mir die Mühe machen dich zu suchen?“

„Womöglich weil du auch gerne einmal so beglückt werden willst.“

Bei diesem Satz zog sich Marron der Magen zusammen. Dieser Mistkerl. Wofür hielt er sich?

°Bleib ruhig, Marron. Gib dir ja keine Blöße!°

Chiaki jedoch hatte bemerkt wie Marron blass geworden war. Was ging in diesem Mädchen nur vor?

Als Marron sich gefasst hatte, troff ihre Stimme nur so vor Gift.

„Nicht einmal wenn du der letzte Mensch auf dieser Welt wärst, würde ich mich von dir auch nur berühren lassen.“ Chiaki ahnte nicht wie nah sie an der Wahrheit und wie wenig Hohn in diesem Satz war. Er spürte nur diese ungeahnte Kälte, die er nicht kannte. Von keinem Mädchen, dass er kannte, außer vielleicht Miyako.

Marron fuhr herum und lief eiligen Schrittes auf das Apartmenthaus der Mädchen zu. Sie war nah daran die Fassung zu verlieren.

Wie sie diese Männer hasste. Dieses selbstgerechten Mistkerle. Diesen Spaß den sie in seinen Augen gesehen hatte. Er mochte die Macht, die er über Frauen hatte. Auch ihr Onkel hatte diese Macht genossen. Und jeder Beweis, dieser Macht, hatte gebrannt und geblutet.
 

Wie vor den Kopf gestoßen blickte Chiaki Marron hinterher. Was war denn in die gefahren? Er hatte doch nur ein wenig flirten und necken wollen. Sonst nichts. Und sie reagierte darauf, als wenn er sie hier und jetzt nehmen wollen würde.

Ungläubig schüttelte er den Kopf. Diese Frau war wirklich eine Marke für sich. Die musste er nicht verstehen.

An ihm vorbei flog schon fast seine momentane kleine Affäre. Auch wenn sie es geheim halten wollten, sie hatte sich total in ihn verschossen und das würde die Harouno bald spitz kriegen. Vor allen Dingen, weil Ayame sich sehr auffällig verhielt. Chiaki zwinkerte ihr zu und sie kicherte, während sie weiterhin auf das Gebäude der Mädchen zuging.

Er musste die Kleine loswerden. Es war an der Zeit sich einem neuen Projekt zu zuwenden. Wieder sah er zu den Apartments. Diese Marron war schwierig und undurchsichtig. Er wollte mehr über sie wissen, oder es würde ihm keine Ruhe mehr lassen.
 

Erschöpft öffnete Marron die Zimmertür und trat ein. Sie fühlte sich ausgelaugt, mehr mental als körperlich. Sie brauchte eine Dusche und Schlaf. Marron schaute auf ihren Wecker im Schlafzimmer, gerade einmal 17 Uhr. Zu früh um zu schlafen, aber für ein gutes Buch wäre es genau richtig.

Ächzend schälte Marron sich aus der Schuluniform und warf diese unordentlich auf ihr Bett. Nun stand sie nur in Unterwäsche vor ihrem Kleiderschrank und suchte das Bequemste heraus, was sie besaß. Leise summte sie vor sich hin, dasselbe Lied, welches sie dem Graupapagei vorgepfiffen hatte.
 

Marron hörte weder die Tür, noch Miyakos Schritte. Miyako hatte den ganzen Tag über immer wieder nach Marron gesucht. Miss Harouno hatte dafür gesorgt, dass Marrons Schwänzen vorerst ohne Konsequenzen blieb. Doch Marron musste sich dringend zusammen reißen. Miyako musste dieses Mädchen für diese Welt öffnen.

Als sie in ihr gemeinsames Schlafzimmer kam, erschrak sie fast zu Tode. Überdeutlich erkannte sie die Male von den unterschiedlichsten Misshandlungen. Miyako konnte sich weder vorstellen, noch wollte sie sich ausmalen, was Marron diese vielen eigenartigen Narben zugefügt hatte. Doch es war schrecklich. Als hätte jemand ihr den Stempel für seine Macht aufgedrückt, welche sie den Rest ihres Lebens würde sehen müssen. Wie konnte man so etwas je vergessen?
 

Miyako musste die Luft zu scharf eingezogen haben, denn Marron erstarrte und wandte sich langsam, mit einem T-Shirt in der Hand zu Miyako um. Erschrocken, mit fast panisch aufgerissenen Augen blickte sie in Miyakos Gesicht. Sah womöglich all die Gefühle, die sie zu überschwemmen drohten.

°Oh, mein Gott! Sie weiß es!°

Tiefe Kluft

Where have all the good men gone

And where are all the gods?

Where’s the street-wise Hercules

To fight the rising odds?
 

Isn’t there a white knight upon a fiery steed?

Late at night I toss and I turn and I dream of what I need
 

I need a hero

I'm holding out for at hero 'till the end of the night

He's gotta be strong

And he's gotta be fast

And he's gotta be fresh from the fight
 

Kapitel 5
 

Miyako musste an sich halten, um nicht zu Marron zu gehen und sie in den Arm zu nehmen oder sie zu schütteln und nach der Ursache für diese Narben zu forschen. Sie schluckte schwer und lächelte dann schwach. Sie durfte ihre Haltung nicht verlieren. Das Letzte was Marron jetzt gebrauchen konnte war, dass jemand sie bemitleidete. Sie hatte schließlich nicht umsonst versucht, die Narben zu verstecken und sie hatte ihre Gründe dafür, dass sie Niemandem davon erzählte.

Unter Aufbietung all ihrer Kraft schaffte sie es, dass ihre Stimme nicht zitterte .

„Hi Marron. Ich habe dich gesucht und habe dich hier vermutet. Zieh dich an und dann komm ins Wohnzimmer. Ich muss dir was erzählen.“

Dann trat sie fast schon eilig zurück, durch die Tür und setzte sich auf die Couch.
 

Miyako musste sich erst einmal fassen. Das war also der Grund, warum Miss Harouno Marron mit Samthandschuhen anfasste. Miyako hatte sich schon gedacht, dass Marron irgendetwas erlebt haben musste, etwas anders an ihr war, aber Miyako hatte nicht mit so etwas gerechnet. Wie sollte sie sich jetzt verhalten? Sie wusste doch gar nicht, was Marron wirklich zugestoßen war. Nur die Narben sprachen Bände, aber Miyako durfte sich nicht verleiten lassen, Geschichten zu spinnen.

Als Marron aus dem Schlafzimmer zurückkam, trug sie einen hübschen roten Rock und einen schwarzen Pullover. Man sah ihr an, dass sie sich bemüht locker gab, doch ihr blasses Gesicht und ihr verkniffener Mund sprachen Bände. Miyako hatte sich eine freundliche Fassade zurechtgerückt und strahlte ihr entgegen.
 

Marron hatte zunächst einige Minuten wie versteinert an ein und demselben Fleck gestanden und in den Spiegel gesehen. Sie betrachtete die Narben, welche sich über ihren Bauch, Schultern und Rücken erstreckten. Ihr Onkel hatte immer dafür gesorgt, dass nichts zu sehen war. Zigarrenstummel, Stöcke, mal hier eine Gabel oder ein Gürtel hatten sich in ihre Haut gefräst. Marron konnte nicht einmal mehr benennen was wann und wie oft auf sie niedergegangen war. Für sie war es mittlerweile ein Teil ihrer Selbst. Aber Miyakos Gesichtsausdruck hatte sie spüren lassen, wie sehr sie sich von anderen unterschied.

Marron war dankbar dafür, dass Miyako ihre Fassung bewahrt und nicht gefragt hatte. Womöglich konnte sie diesem Mädchen ja vertrauen, konnte vielleicht zum ersten Mal jemanden ihre Freundin nennen? Die Frage war nur, ob Miyako mit dem Gesehenen fertig wurde oder sich von ihr abwandte.
 

„Wir sind zu einer kleinen Party eingeladen. Man könnte es so eine Willkommensparty für die Neuankömmlinge nennen, aber selbst wenn keine Neuen da sind, feiern wie an jedem Anfang des Schuljahres.“

Marron nickte, während sie auf ihre ineinander gefalteten Hände starrte. Sie hatte sich gegenüber von Miyako niedergelassen. Sie wollte Miyako so gerne auf das Geschehene ansprechen.

„Ich würde mich freuen, wenn du mit mir mitkommst. Sagen wir mal, die Party ist auch für dich.“

Marron rang mit sich und Miyako bemerkte es sofort.

„Marron, du brauchst mir nichts zu erklären, okay? Tun wir einfach so als wenn nichts gewesen wäre, wenn dir danach ist.“

Marron schüttelte aber den Kopf und sie merkte wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie hatte mit noch Niemanden über ihre Vergangenheit gesprochen. Deshalb tat es ihr weh, denn sie würde jedes noch so kleine Gefühl der letzten Jahre wieder heraufbeschwören müssen.

„Ich muss es erklären. Du bist der erste Mensch, der diese Narben gesehen hat und ich habe das Gefühl ich müsste es dir erklären.“

Miyako erhob sich und setzte sich neben Marron, griff nach ihren Händen und drückte sie.

Marron entwich ein schwaches Lächeln.

„Ich bin über zehn Jahre lang von meinem Onkel jeden Tag mindestens einmal geschlagen worden. Es hing von seiner Tagesform ab. An manchen Tagen konnte ich mich glücklich schätzen, weil es nur seine Hand war die er gegen mich erhob, an anderen Tagen packte ihn die Experimentierfreude und er nahm das was er gerade in den Fingern hatte.“

Miyako wurde übel und sie kämpfte mit den Tränen. Ihr eigener Onkel!

„Erst als ich 16 war hatte ich den Mut mich zu wehren. Seitdem hat er mich nicht einmal mehr berührt, doch die Narben bleiben. Der Anwalt meiner Eltern muss irgendwie davon erfahren haben und hat mich daraus geholt. Deshalb bin ich jetzt hier.“

Marron schloss die Augen und atmete einmal tief ein und wieder aus. Ein Teil ihrer starken und harten Mauer löste sich auf und es tat gut. Sie suchte Miyakos Blick, doch die hatte ihr Gesicht abgewandt. Marron bekam es mit der Angst zu tun. War es doch zu viel gewesen, Miyako davon zu erzählen?

Doch dann sah Miyako Marron an und Marron musste feststellen, dass die hübsche Violetthaarige weinte.

„Dein eigener Onkel! Oh Gott, Marron! Das tut mir so Leid.“

Marron konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

„Hätte ich gewusst, dass dich das so mitnimmt, hätte ich lieber nichts gesagt.“

Doch Miyako schüttelte den Kopf.

„Du hast genau das Richtige getan. Ich werde dein Geheimnis hüten, aber sei dir sicher, dir wird niemand ein Leid zufügen solange es mich gibt.“

Marron war gerührt. Das war das erste Mal, dass Jemand so freundlich zu ihr war und der erste Mensch dem Marron vertrauen konnte, außer Ashitaka.

Die beiden Mädchen fielen sich in die Arme. Und sie wussten, dass sie beide eine Freundin gefunden hatten.
 

Als die beiden Freundinnen dem Gebäude der Jungen näher kamen, drang schon laute Musik ihnen entgegen. Miss Harouno wusste natürlich was hier abging, aber sie gestattete den

Jugendlichen diese Party. Sie hatte schon so etwas wie Tradition.

Viele Schüler nutzten diese Party auch als so etwas wie eine Singlebörse. Es wurde geprüft, was für Frischfleisch anwesend war und man suchte sich seinen neuen Partner für dieses Schuljahr aus. Als Miyako Marron das erzählt hatte, hatte sie unwillkürlich lachen müssen.

„Dann sollen die mich mal unter die Lupe nehmen. Da kommen die nicht weit.“

Alle Apartments standen offen und überall waren Menschen. Die Empfangshalle unterschied sich nicht von der der Mädchen. Man hatte sie nicht großartig geschmückt, nur das Licht heruntergedreht und auf den kleinen Sitzpolstern saßen auch schon die ersten Pärchen. In einer Ecke gab jemand die unterschiedlichsten Getränke aus und daran wie machen Schüler sich bewegten, gab es auch irgendwo eine Alkoholquelle. Inoffiziell natürlich, wie Miyako ihr Naserümpfend zu verstehen gab.

Marron beäugte hier und da die unterschiedlichsten Jugendlichen, doch die meisten waren schwer beschäftigt. Miyako zog sie sofort durch zu Yamato, welcher neben dem Getränkestand stand. Yamato unterhielt sich mit einem dunkelhaarigen Jungen, und beide hielten sie einen Becher in der Hand. Bevor Miyako sie begrüßte, lugte sie in die Becher um dann mit einem zufriedenen Nicken die beiden grinsenden Jungen zu umarmen.

„Derek, darf ich dir vorstellen: Marron! Sie ist seit gestern hier! Marron, Derek kommt aus England, seine Mutter ist aber Japanerin.“

Marron gab Derek die Hand und strahlte ihn an. Sie hatte sehr gute Laune, seit dem Gespräch mit Miyako und das wollte sie alle sehen lassen. Derek war etwas irritiert, von diesem Strahlen, aber dann erwiderte er es. Als Marron auch Yamato begrüßt hatte, beugte sich Derek zu seinem Freund.

„Du hast mir gar nicht gesagt, dass wir so hübschen Neuzugang haben!“

Verwirrt musterte Yamato Marron.

„Hab ich wohl nicht dran gedacht.“

Derek schlug ihm auf die Schulter.

„Nur Augen für unsere Polizistin?", lachte er.

Yamato errötete und wandte sich ab um den Mädchen etwas zu trinken zu holen.

Derek schien sich in irgendeiner Weise ermutigt zu fühlen und nahm Marron sofort in Beschlag. Vertraulich legte er ihr einen Arm um die Schulter. Marron hätte ihn am Liebsten abgeschüttelt, doch sie besann sich eines besseren. Sie musste sich so natürlich wie möglich geben. Miyako beobachtete die Situation etwas besorgt und als Marron dies bemerkte, lächelte sie ihrer Freundin zu. Sie würde das auch alleine schaffen.
 

Den ganzen Abend scherzte Marron locker und lässig mit Derek und ein paar anderen Jungs, welche sich sofort um die hübsche Brünette geschart hatten. Marron wusste, dass Miyako ein Auge auf sie hatte und das gab ihr den Mut die Annäherungsversuche zu überstehen und nicht schreiend davonzulaufen.

Was Marron auch bemerkte, waren einige giftige Blicke aus der weiblichen Fraktion. Es würde schwer sein, mit solchen Mädchen anzubändeln, aber es war ihr, um ehrlich zu sein, ziemlich egal ob die sie mochten oder nicht. Sie hatte Miyako und das reichte ihr voll und ganz.

Miyako schob sich zwischen die Jungs, die sich mit Geschichten zu überbieten versuchten und nahm Marron am Arm.

„So, jetzt lasst mir Marron mal eine Weile!“

Die Jungs schienen nicht sehr erfreut zu sein, aber Marron war erleichtert. Heiter lachte sie.

„Mein Gott, ich glaube ich wäre gleich gestorben. Was die mir alles erzählt haben.“ Miyako nickte.

„Ja, die erfinden die wildesten Geschichten nur damit man sie bewundert. Ich dachte du willst vielleicht mal wieder normale Gesellschaft!“

Miyako führte sie zu Fahrstühlen.

„Wir gehen jetzt erst einmal zu Yamato. Er ist in sein Zimmer geflüchtet, weil ihm ein paar Mädels ziemlich bedrängen.“

Marron runzelte die Stirn.

„ Stört dich das denn nicht?“

„Warum sollte mich das stören?“

„Ich dachte ihr beiden….“ Miyako lachte.

„Du bist gut! Ja, Yamato ist mir ganz bestimmt nicht egal, aber ob ich mit ihm eine Beziehung führen könnte….naja, ich weiß nicht.“ Miyako schlängelte sich an einigen kichernden Weibern vorbei und zog Marron mit sich. Mit dem Fahrstuhl fuhren sie in den sechsten Stock. Im Fahrstuhl waren sie zum ersten Mal alleine.

„Sag mir mal, Marron, hast du schon einen Freund gehabt?“ In demselben Moment hätte Miyako sich auf die Zunge beißen können. Doch Marron lächelte beruhigend.

„Nein, aber sag mir, wer so etwas verstehen würde?“ Marron breitete die Arme aus und schloß damit sich ein. Miyako schien ernsthaft zu überlegen.

„Ich denke, dass es für jeden einen besonderen Menschen im Leben gibt. Deiner würde dich so nehmen wie du bist, mit allen Narben!“

Marorn unterdrückte ein wenig das Bedürfnis zu weinen. Das war eine Vorstellung die ihr zu unerreichbar war. Sie hatte eine solche Hoffnung nicht.

In dem Moment ging die Tür des Fahrstuhls auf und Marron blieb Miyako ein Kommentar schuldig.
 

Der Flur des sechsten Stockes war so gut wie ausgestorben. Einige wenige liefen zwischen den einzelnen Zimmern hin und her. Anscheinend suchten sie eher die Abgeschiedenheit. Marron sah auf ihre Armbanduhr, ein Geschenk von Ashitaka zu ihrem siebzehnten Geburtstag. Es war bereits halb zwölf.

Miyako klopfte an einer Tür die ziemlich am Ende des Flures war. Man konnte laute Stimmen dahinter hören und Miyako runzelte die Stirn.

„Was geht da denn vor?“

Ein gestresst wirkender Yamato öffnete die Tür. Als er Miyako sah, entspannte er sich erleichtert.

„Oh, gut dass ihr da seid.“

Miyako spähte an ihm vorbei. Die Stimmen waren lauter geworden und es handelte sich eindeutig um eine hitzige Diskussion, wobei die weibliche Stimme schrill und weinerlich klang.

„Was hat Chiaki wieder angestellt? Ist das Mia?“

Yamato nickte betrübt.

„Ja, sie ist es und er hat soeben mit ihr Schluss gemacht!“

„Die waren zusammen?“

Irritiert sah Marron von Yamato zu Miyako. War diese Mia das Mädchen vom Mittag?

Yamato ging in das Apartment und die beiden Freundinnen folgten auf dem Fuß.

Von der Raumverteilung her waren die Zimmer der Jungen ebenfalls mit dem der Mädchen zu vergleichen, doch hier hatten die Bewohner den Räumen ihren eigenen Charme verliehen. Es war sehr ordentlich und sauber, was Marron auf Yamato zurückführte, und überall hingen Bilder von verschiedenen Menschen, womöglich Familieangehörige. Hier und da lagen Sportzeitschriften und über dem Fernseher hing ein Poster auf dem die Hinteransicht einer nackten Frau zu sehen war.

°Wer das wohl dahin gehangen hat?°, fragte Marron sich ironisch. Dann sah sie sich nach den Streitenden um.

Es handelte sich eindeutig um die Nichte der Direktorin und sie war fuchsteufelswild. Sie war kreidebleich und Tränen der Wut flossen über ihre hübschen Wangen. Während sie die Hände zu Fäusten geballt hatte und stocksteif da stand, lehnte Chiaki lässig in der Tür zum Schlafraum.

Beide störten sich nicht wirklich an den Neuankömmlingen und Miyako zog Marron auf die Couch der Jungs, während Yamato sich zwischen die Streithähne stellte.

„Du wirfst mich nicht so einfach weg, Nagoya! Andere lecken sich die Finger nach mir.“

Chiaki blieb kühl und gelassen und Marron merkte wie sie Abneigung gegen ihn empfand. Diese Augen, bar jeder Gefühlsregung, jagten ihr einen Schauer über den Rücken.

„Dann nimm die, Mia! Wir passen weder zusammen, noch habe ich viel Spaß mit dir. Nimm es hin, wie es ist!“

Am Liebsten wäre Marron aufgesprungen und hätte Chiaki eine Ohrfeige gegeben. Was war das nur für ein Kerl? Wie konnte er so et3was nur sagen?

Doch Mia tat ihr den Gefallen augenblicklich. Chiakis Gesicht zeigte keinerlei Regung als Mia zuschlug, nur eine kleine Rötung zeugte von dem was soeben geschehen war.

„Du bist das Allerletzte! Ich brauch dich nicht, Chiaki und glaub mir, wenn ich das will, dann setzt du keinen sicheren Fuß mehr vor den anderen, hier im Internat!“

Yamato hob hilflos die Arme.

„Mia, bitte beruhig dich doch. Könnt ihr das nicht ohne Streit lösen?“

Mia sah Yamato angewidert an, als ob sie ihn gerade erst entdeckt hätte.

„Was willst du? Hast du es nicht satt immer hinter diesem Bastard aufzuräumen, Yamato?“ Yamato war sichtlich irritiert und Marron überkam Mitleid. Chiaki zeigte weiterhin keine Regung und kam Yamato nicht einmal zur Hilfe.

Dann stand Miyako auf. Sie nahm Mia sanft am Arm.

„Komm Mia, du machst dich hier zum Narren. Das ist der Kerl nicht wert.“ Miyakos Stimme war sanft, ließ aber keinerlei Widerspruch zu. Sie schaffte es Mia ohne weitere Zwischenfälle hinaus zu bugsieren. Sie brachte das Mädchen noch bis zum Fahrstuhl und machte ihr immer wieder klar, dass sie zu schön und zu klug etc für Chiaki war.
 

Kaum waren die beiden aus der Wohnung verschwunden, seufzte Chiaki auf und ließ sich auf einem Sessel gegenüber von Marron sinken. Er schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die Lehne.

„Das wäre überstanden.“

Marron blieb der Mund offen stehen. Yamato setzte sich ebenfalls und stützte den Kopf in die Hände. Dann fing Chiaki an zu lachen.

„Hast du super gemacht alter Freund. Die Kleine war bisher die Schlimmste!“

Marrons Puls beschleunigte sich und ihr wurde heiß. Diese Beiläufigkeit mit der Chiaki von Mia sprach hatte so etwas…Abwertendes.

Wütend funkelte sie Chiaki an.

„Was bist du eigentlich für ein Mensch? Hast du Spaß an dem Leid anderer? Du ziehst deinen besten Freund in diesen Mist rein und freust dich wie ein Kind wenn du jemanden vor den Kopf stößt! Ich wünschte, dir würde einmal jemand so wehtun, wie du es mit anderen tust.“

Marron schwirrte der Kopf. Yamato sah sie sprachlos an und blickte dann zu Chiaki, da er eine sofortige Reaktion erwartete. Doch auch Chiaki schien sprachlos. Er starrte die Brünette nur an und beobachtete sie als sie sich erhob und zur Tür wandte.

„Yamato, wir sehen uns morgen. Ich geh lieber nach Hause.“

Miyako stand in der Tür. Sie hatte alles gehört und funkelte Chiaki nun ebenfalls wütend an. Marron legte ihr eine Hand auf den Arm.

„Bleib bitte hier. Yamato wäre sonst wohl ziemlich enttäuscht. Ich geh rüber, brauch etwas Zeit für mich um mich abzureagieren.“

Miyako nickte vorsichtig. Marron würde das tun, was für sie richtig war.
 

Als sie endlich im Fahrstuhl stand und die Türen sich schlossen, atmete Marron einmal tief durch. Wie konnten manche Menschen nur so skrupellos sein. Natürlich hatte sich diese Mia falsch behandelt gefühlt. Marron hatte die beiden ja schließlich zusammen gesehen und dann einige Stunden später sollte sie dann wie überflüssiges Gepäck weggeworfen werden? Niemand ließ so etwas protestlos über sich ergehen. Und jeder andere Kerl wäre gefühlvoller damit umgegangen. Wenn man nichts mehr füreinander empfand war es nun einmal nicht zu vermeiden, dass alles einmal ein Ende fand. Doch dann brachte man es seinem Partner schonend und freundlich bei. Nicht so widerlich gefühllos wie Chiaki.

Marron eilte durch die Vorhalle des Gebäudes, fast ungesehen, da die meisten Leute beschäftigt waren. Draußen war es stockfinster und weit und breit niemand zu sehen. Die Enge in Marrons Brust löste sich ein wenig und ihre Wut verrauchte.

Warum mischte sie sich eigentlich ein? Es ging sie nichts an was dieser Nagoya machte. Aber sie wusste es besser. Sie kam einfach nicht damit klar, wenn Menschen einander respektlos und grausam behandelten. Ob körperlich oder seelisch. Chiaki war ähnlich wie ihr Onkel. Ihr Onkel hatte mit ihrem Körper gespielt, hatte seine Macht an ihr erprobt, Chiaki hatte Macht über das Herz der Mädchen und er teste sich an jedem Mädchen, welches ihm über den Weg lief, neu. Solche Menschen, wie die beiden, hatten von ihr nichts weiter zu erwarten als Verachtung. Marron spürte wie ihr Tränen über die Wangen liefen. Verdammter Mistkerl!
 

Chiaki saß noch eine Weile so da, wie Marron ihn zurück gelassen hatte. Noch nie hatte jemand ihn in seine Schranken gewiesen. Nicht, dass er sich nun schlecht fühlte. Er wusste, dass er sich nicht gerade wie ein Gentleman aufgeführt hatte, aber Mia war ihm auf den Wecker gefallen. Viel mehr fragte er sich, wieso sich ein Mädchen wie Marron wegen so etwas ereiferte. Sie hatte sich bisher unnahbar gegeben und an der Situation heute Mittag hatte sie sich sogar sehr uninteressiert gegeben. Warum machte sie ihm dann plötzlich hier eine Szene? Er bemerkte wie eine Art Zorn in ihm erwachte.

Miyako kam wutschnaubend herein.

„Du Vollidiot. Kannst du mir mal bitte erklären, warum du so ein Arschloch bist?“ Erschrocken wollte Yamato dazwischen gehen, doch ein Blick von Miyako genügte und er saß wieder.

„Nicht nur, dass du wieder ein Mädchen mehr auf deiner Liste hast, musstest du auch noch so fies sein? Man kann solche Angelegenheiten auch anders klären.“

Chiaki reagierte nicht darauf.

„Sag mal, hörst du überhaupt zu? Ich will, dass du dich bei Mia entschuldigst.“

„Wo ist sie hingegangen?“

„Sie tröstet sich bei ihren Freundinnen unten!“

„Ich meine Marron!“

Miyako runzelte die Stirn.

„Was interessiert dich das? Sie hält nicht viel von dir. Aber das sollte dich nicht wundern.“

Chiaki erhob sich.

„Das ist mein Ding. Ich suche sie.“ Miyako stellte sich ihm in den Weg.

„Bleib wo du bist. Streich sie von deinem Kalender. Ich lass nicht zu, dass du ihr auch nur zu nahe kommst.“

„Ich glaube nicht, dass sie deines Schutzes bedarf, Miyako.“

„Was weißt du schon. Du interessierst dich doch nicht für die Gefühle anderer. Bleib von ihr fern oder du lernst mich kennen.“

Chiaki schüttelte irritiert den Kopf.

„Was auch immer mit ihr ist, ich denke ich habe eh keine Chance bei ihr. Trotzdem will ich wissen was sie hat.“

Chiaki schob sich an Miyako beiseite und stürmte aus dem Apartment.
 

Miyako wollte hinterher, aber diesmal mischte Yamato sich ein.

„Lass ihn. Marron stutzt ihm die Flügel. Noch nie hat ihm jemand die Meinung gesagt, zumindest niemand, der ihn interessiert hat.“ Miyako fuhr herum.

„Sie hat ihn aber nicht zu interessieren. Sie ist nicht eins dieser Püppchen.“

„Eben drum. Sie wird ihn in der Luft zerreißen, wenn es ihr nicht passt. Eins sag ich dir, der Grund für die Szene hier war Marron.“

Verwundert blickte Miyako Yamato an.

„Ich kenne Chiaki schon lang genug und wenn er mir gegenüber nur einmal den Namen eines Mädchens erwähnt, ist es schon ein Wunder und seit heute Nachmittag hat er von Nichts anderem mehr gesprochen.“

„Was hat er denn gesagt?“

„Er hat sich Gedanken über sie gemacht. Wer sie ist und er versucht zu verstehen warum sie so ist wie sie ist!“

°Eigenartig!°, dachte Miyako. Trotzdem traute sie ihm nicht über den Weg.

Yamato sagte Miyako aber nicht, dass Chiaki ihm hauptsächlich erörtert hatte, mit welcher Methode er gedachte Marron rumzukriegen.
 

Kurz bevor Marron die Gabelung zwischen den beiden Häusern erreichte, hörte sie plötzlich, dass jemand hinter ihr her rannte. Ein Schauer kroch über ihren Rücken. Doch sofort unterdrückte sie dieses Gefühl wieder. Sie war hier nicht in Gefahr, wer sollte ihr denn auch schon etwas Böses wollen?

Mit etwas ungeduldiger Miene drehte sie sich um, um zu sehen wer ihr da hinterher lief.

„Was willst du denn?“ Ihre Stimme war eiskalt und wäre es nicht dunkel gewesen, hätte ihr Blick ihr Gegenüber sofort umkehren lassen.

„Ich glaube nicht, dass wir uns noch etwas zu sagen hätten.“

Chiaki musste erst einmal wieder zu Atem kommen, doch Marron sah, dass auch er zornig war.

„Das denkst auch nur du, Liebchen. Was für ein Recht glaubst du zu haben, mich zu kritisieren? Du kennst mich doch gar nicht.“

Sprachlos sah Marron Chiaki an. Was wollte er von ihr?

„Du kennst mich auch nicht und nennst mich Liebchen. Und ich kann dich kritisieren wie es mir passt. Du bist ein unreifer Mistkerl und du hast deine Freude daran, mit Frauen zu spielen. Mit so etwas wie dir rede ich gar nicht erst.“

Prompt drehte Marron sich um und stampfte in Richtung der Mädchenapartments. Chiaki war zunächst verdutzt. Sie hatte ihn doch einfach so stehen lassen.

Dann rüttelte er sich wach und lief hinterher. Grob griff er nach ihrem Arm um sie zum stehen bleiben zu zwingen.

Wie von der Tarantel gestochen fuhr Marron herum und holte zu einem Schlag aus. Reflexartig, jedoch zutiefst erschrocken fing Chiaki Marrons Hand ab. Sie zitterte und er konnte sehen, dass sich ihre Züge zu einer ängstlichen Grimasse verzerrt hatten.

Ihre Stimme zitterte ebenfalls, war aber voller Nachdruck.

„Lass mich sofort los, Chiaki. Bei Gott, lass mich los oder du wirst es büßen.“ Etwas verwirrt ließ Chiaki Marrons Arm los. Marron rieb ihn gedankenverloren.

„Ich weiß nicht, was du hast, Süße! Du solltest dich geehrt fühlen, dass ich dir überhaupt hinterher laufe.“

„Keiner hat dich darum gebeten. Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich dich auch nur ansehe, geschweige denn anspreche.“

Chiaki lachte laut.

„Du glaubst, ich brauche diesen Zuspruch von dir? Mädchen, wenn ich dich will, dann bekomm ich dich auch!“ Jetzt war es an Marron zu lachen, doch es war ein bitteres Lachen.

„Du bist dir deiner aber sehr sicher. Entschuldige, wenn ich dich enttäuschen muss. Du hast keine Schnitte.“

„Das werden wir ja sehen.“

Mit einem Schritt schnellte Chiaki vor, legte eine Hand auf Marrons Nacken, die andere auf ihre Hüfte.

Grob zog er sie an sich heran und legte seine Lippen auf die ihren. Alles in Marron schrie. Sie war abgestoßen und wütend. Sie wollte sich wehren doch Chiaki ließ ihr keine Wahl. Sein Griff war eisern. Als er seine Zunge zwischen ihre Lippen schob, biss sie zu.

Jaulend ließ er Marron los.

„Verdammt….warum hast du das getan?“

Marron atmete schwer, doch ihre Augen sprühten Funken.

„Eins solltest du vielleicht sofort lernen, Chiaki. Niemand berührt mich, wenn ich ihn nicht ausdrücklich darum bitte. Und da ich dich mehr als alles andere verachte, werde ich dich auch nie darum bitten.“

Diesmal ließ Chiaki Marron gehen. Zu sehr hatten ihn die Worte von ihr getroffen. Noch nie hatte ihn jemand mit solch einer Verachtung gestraft. Nicht einmal seine verschmähten Geliebten.

Er wollte dieses Weib und er war in seinem Stolz gekränkt. Und zum ersten Mal seit langem hatte er wieder etwas bei einem Kuss gespürt. Es hatte ihm Leid getan, dass er sie einfach geküsst hatte, aber um die Hitze, die ihn überkommen hatte, tat es ihm ganz sicher nicht Leid. Dieses Gefühl wollte er nicht missen, er wollte es erneut spüren.

Sehnsüchtig blickte er Marron hinterher, welche nun im Gebäude verschwand.

Sie war ein Eisschrank, so viel stand fest. Aber er wollte sie und er würde sie bekommen. Den Triumph würde er sich gönnen.

Friedensangebot

Kapitel 6
 

Tief in Gedanken versunken, stand Marron vor dem Käfig der Graupapageien. Sie lehnte lässig auf dem Geländer und hatte den Kopf auf ihre Arme gestützt, während die Vögel fraßen und spielten. Immer wieder vernahm man einzelne Wörter, die eindeutig dem Wortschatz der Schüler entsprach.

Der kecke Graue, mit dem Marron bereits vor einigen Tagen Bekanntschaft gemacht hatte, beäugte sie die meiste Zeit interessiert und schien darauf zu warten, dass sie irgendetwas Spektakuläres tat.

Marron hatte einige Tage versucht, sich ausschließlich auf die Schule zu konzentrieren. Nachdem Chiaki ihr, vor einer Woche, so verdammt nahe gekommen war, hatte sie alles getan, um es irgendwie zu vergessen. Sie hatte sich keinen Augenblick Ruhe gegönnt, um auch nicht nur einen Augenblick die Möglichkeit zu bekommen, an den Vorfall zu denken. Sie hasste Chiaki und noch viel mehr sich, denn als sie nachher im Bett gelegen hatte, waren Chiakis Berührungen immer noch überdeutlich gewesen und Marron konnte nicht sagen, ob es nur Unbehagen war oder sie es sogar genossen hatte.

Dies alles schien verschwommen, dabei ging sie normalerweise immer den geraden Weg, ohne Emotionen und somit auch ohne Schwierigkeiten.

Heute war Freitag und erst heute, nachdem sie die Geschichte mit Chiaki endlich als dumm und schwachsinnig abgetan hatte, konnte sie wieder denken und sich entspannen.

Sofort hatte es sie zu den Volieren gezogen, wo sie nun schon fast zwei Stunden stand und verzückt und träumerisch beobachtete, wie die Papageien spielten, quatschten und schmusten. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen und zwinkerte belustigt dem großen Grauen zu, welcher, gleich einer Statue, noch immer auf sie heruntersah.
 

Zwei Männer beobachteten Marron, während sie mit den Vögeln liebäugelte.

Hijiri Shikaido stand schon eine ganze Weile hinter der getönten Glasscheibe, welche die Käfige von den hinteren Räumen abtrennte. Er konnte nicht umhin, über das seltsam ruhige und zurückgezogene Mädchen nachzudenken. Miss Harouno hatte vor zwei Tagen die Lehrer und auch die Refrendare zusammengerufen und allen eingebleut, dass es von Nöten war, Geduld mit Marrron zu haben. Das Einzige, was Miss Harouno auf die fragenden Gesichter geantwortet hatte war, dass Marron Kusakabe eine schwere Zeit hinter sich habe.

Was genau diese schwere Zeit beinhaltete, stand nicht zur Debatte und Shikaido verstand, dass man nicht unbedingt mehr wissen musste. Trotzdem fühlte er sich zu diesem Mädchen hingezogen. Doch diese Anziehungskraft war nicht körperlicher Natur, sondern entsprach eher dem Beschützerinstinkt eines Bruders. Warum, konnte er nicht sagen.

Es mochte an diesen bernsteinfarbenen Augen liegen, die einerseits Unschuld und doch ein Wissen von Dingen ausstrahlten, von denen andere einfach nichts ahnen konnten. Doch zusätzlich hatte Marron etwas an sich, dass andere einfach beschützen wollten. Ihre Zierlichkeit, ihr Auftreten, all das ließ bei Sikaido so eine Art Warnglocke klingeln. Dieses Mädchen hatte ein gutes Herz, dass wusste er und es würde Spaß machen, mit ihr und den Vögeln zu arbeiten.

Gerade hatte er sich entschlossen, die Futterräume zu verlassen und Marron zu begrüßen, da nahm er eine Bewegung wahr. Jemand kam über die Wege auf die Volieren zu und blieb stehen, als er Marron sah.

Shikaido runzelte die Stirn. War das nicht dieser Chiaki Nagoya, von dem alle Lehrer sprachen? Ein äußerst intelligenter Schüler, doch eigensinnig, arrogant und der absolute Frauenheld?

Dieser Frauenheld beobachtete Marron einige Minuten, bis er auf sie zusteuerte. Shikaido mochte nicht, dass dieser Junge anscheinend Interesse an Marron zeigte. Solche Menschen konnten einfach nicht ehrlich mit ihren Mitmenschen umgehen und dieser Chiaki machte daraus angeblich keinen Hehl, sondern war auch noch stolz darauf.

Am Liebsten wäre Shiakido seinem Gefühl gefolgt und wäre hinausgegangen, um Chiaki zu signalisieren, dass hier keine Spielchen geduldet wurden. Aber das war lächerlich. Er konnte sich nicht wirklich so aufführen, als wenn er Marron beschützen wollte. Damit tat er Marron keinen Gefallen und machte sich zum Narren. Also wandte er sich ab und versuchte so zu tun, als ob das neue Futter wichtiger war, als das Gespräch draußen
 

Chiaki hatte sich einige Minuten gegeben, um Marron im Profil zu betrachten. Ihr Lächeln war bezaubernd, wie er fand, was er sofort als schwachsinnig abtat. Er fand es nur deshalb so einnehmend, weil dieses Weib sonst nie auch nur schmunzelte.

Er hatte die ganze Woche über darüber nachgedacht, wie er Marron näher kommen konnte, ohne sie erneut wütend zu machen. Er besaß Fingerspitzengefühl, wenn es sein musste. Es war zwar anstrengender und hier auch selten nötig, da ihm sowieso alle zu Füßen lagen, aber er konnte charmant und freundlich sein. Bei Marron war das von Nöten, also würde er auch so handeln.

Diese Erkenntnis war ihm Anfang der Woche schon gekommen, dass Problem aber war, dass Miyako schon fast wie ein Glucke über ihre Küken, über Maron wachte und mit ihr war nicht zu spaßen. Als er Yamato sein Leid geklagt hatte, war dieser in einen Lachanfall ausgebrochen.

„Miyako ist einfach wunderbar. Sie hat es tatsächlich geschafft, dass du Angst vor ihr hast.“

Betrübt hatte Chiaki die Achseln gezuckt.

„Ja, hast du denn einmal ihre Augen gesehen, wenn sie wütend auf mich ist? Sie könnte mich mit ihrem Blick durchbohren, wenn ihr danach wäre.“

Also hatte er immer darauf gewartet, dass Miyako Marron auch nur einen Augenblick alleine ließ, was aber nie der Fall war.

Das Marron heute bei den Volieren sein würde, hatte er nicht gewusst. Er war durch den Park geschlendert auf der Suche nach irgendwelchen weiblichen Opfern, die seinen Frust kurieren konnten.

Aber Marrons Anwesenheit hier, kam ihm gerade Recht und war ihm auch viel lieber.

Mit einem tiefen Atemzug riss Chiaki sich zusammen und dachte an sein Ziel zurück.

Nämlich, dass Marron ihm vollkommen, mit Haut und Haaren verfiel, ihre kühle Art ablegte und sich nach ihm verzehrte.

Gefasst setzte er sein verführerischtes Lächeln auf, welches er nur zu oft erprobt hatte, und näherte sich Marron
 

Marron drehte sich nicht einmal um, aber ihre Mimik gefror augenblicklich und Chiaki wusste, sie hatte ihn wahrgenommen. Ohne sich anmerken zu lassen, dass es ihn traf, wenn ihm jemand mit solcher Feindseligkeit entgegenkam, lehnte sich Chiaki ebenfalls, wie Marron, über das Geländer und blickte zu den Papageien empor. Obwohl zwischen ihm und Marron gut noch ein oder zwei Personen Platz gefunden hätten, hatte Marron das Gefühl, dass Chiaki eindeutig die Grenze überschritt. Komischerweise hatte sie diese Gefühl nur bei ihm und das störte sie.

„Es ist schwer, an dich heranzukommen, Süße. Du scheinst es gern zu haben, wenn jemand auf dich aufpasst.“

Obwohl Marron sich ermahnt hatte, sich nicht von diesem Mistkerl provozieren zu lassen, stellten sich all ihre Nackenhaare auf, als er sie so vertraulich ansprach.

„Ich bin nicht deine Süße, also erspar mir dieses Gesülze. Außerdem wovon sprichst du, bitte sehr?“

Sie hatte ihm noch immer nicht das Gesicht zugewandt, weil sie glaubte, er habe es nicht verdient, dass sie ihn auch nur eines Blickes würdigte. Chiaki aber sah das wütende Funkeln in ihren Augen.

°Das läuft irgendwie nicht so, wie ich es gerne hätte!°, gestand er sich ein. Doch es war auch ein wenig verführerisch, Marron zu reizen.

„Sorry, bitte sei nicht mehr sauer auf mich. Ich wollte mich gerne bei dir entschuldigen und dich um eine Art Neuanfang bitten.“

Marron atmete einmal tief durch. Er konnte noch so einen heuchlerischen Grund haben, dass er sie jetzt um Verzeihung bat, doch ihre Erziehung, die die ihre Eltern ihre Eltern ihr mitgegeben hatten, verlangte von Marron, ein solches Gebot anzunehmen. Womöglich sah sie die ganze Sache einfach nur zu eng, weil Chiaki sie aus der Reserve lockte, auch wenn er sich darüber nicht bewusst war. Wenn sie ihm jetzt verzieh, zeigte sie dann nicht, dass sie die Situation in der Hand behielt?

Jetzt erst sah sie ihm in die Augen und war überrascht, wie viel Ehrlichkeit wirklich in seinen Augen lag, auch wenn sie es falsch deutete. Natürlich wollte Chiaki Frieden schließen; für seine eigenen Zwecke.

Marron begutachtete die ausgestreckte Hand. Chiakis Finger waren lang und feingliedrig.

„Nur unter meinen Bedingungen.“

Chiaki hob eine Augenbraue. Das machte die Situation noch interessanter für ihn, wenn sein Zielobjekt die Spielregeln bestimmen wollte.

„Du kommst mir nicht näher, als ich es für richtig halte und glaub nicht, dass zwei Meter Abstand reichen.“

Das gefiel Chiaki natürlich nicht ganz so gut, aber er würde schon dafür sorgen, dass diese Bedingung bald null und nichtig war, beziehungsweise, dass Marron ihn weit näher in ihrer Nähe haben wollte als nur zwei Meter. Also nickte Chiaki ergeben und wartete gespannt, wie es weiterging.

„Ich will nichts mit deinen Frauengeschichten zu tun haben, also belass es dabei, solche Dinge im Privaten zu regeln, ohne dass Yamato oder auch Miyako davon betroffen sind.“ Chiaki erinnerte sich an die Szene des letzten Wochenendes und er verstand sehr gut und fand diese Bedingung auch richtig. Er hatte sich mies verhalten, was nicht zu seinem Stil passte, umso mehr wollte er nicht, dass Marron mit so etwas konfrontiert wurde.

„Und ich will auf gar keinen Fall, dass du mir irgendwelche Kosenamen gibst. Ich möchte mit Respekt behandelt werden und ich bin weder dein Liebling, noch dein Schatz oder deine Süße. Ich heiße Marron.“

Chiaki musste lachen, was seine weichen braunen Augen aufleuchten ließ.

Wie konnte ein solch mieser Typ nur solche Augen haben? Sofort verscheuchte Marron wieder diesen Gedanken.

„Tut mir Leid, Süße, aber das kann ich nicht abstellen. Das ist meine Art und ich meine es ja schließlich ehrlich.“

Marron unterdrückte einen Seufzer. Am Liebsten hätte sie ihm die passende Antwort gegeben, aber solange er sich an die anderen Dinge hielt, konnte sie mit solchen Wörtern umgehen.

„Nun gut, dann sind wir uns ja einig.“

Sie wandte sich ab, plötzlich dem Interesse an den Papageien beraubt. Sie wollte nicht zu lange in der Nähe dieses Typen sein. Das war nicht gut für sie und ihren Verstand.

Chiaki ließ sich aber nicht abwimmeln. Sofort lief er hinter ihr her und schloss zu ihr auf.

„Ich habe aber auch eine Bedingung, mein Schatz.“

Marron schluckte die Wut herunter und sah ihm teilnahmslos in die amüsierten Augen.

„Denkst du wirklich, du wärst in der Position Bedingungen zu stellen?“

Chiaki wurde ernst und Marron blieb stehen.

„Ja, wie du mir, so ich dir. Wir wollen doch beide, dass wir miteinander auskommen.“

Marron rang lange mit sich und Chiaki sah die widersprüchlichen Gefühle, fühlte jedoch so etwas wie Triumph. Dem Mädchen war sehr an einem Auskommen gelegen, was sie ein wenig auftauen ließ.

°Adé Eisschrank!!!°

„Nun gut, ich höre sie mir an und dann sehen wir weiter.“

Chiaki lächelte in sich hinein. Diese Marron war wirklich ganz schön anstrengend. Bestens!

„Erstens: Du bist mir gegenüber ein wenig netter.“

Marron schluckte, nickte aber schweren Herzens. Das war kein Ding der Unmöglichkeit.

„Und zweitens....“ Chiaki ließ eine Pause entstehen, wie um es etwas spannender zumachen.

„Du gehst mindestens ein einziges Mal mit mir aus!“

Sofort verdunkelten sich Marrons Augen, sodass sie die Farbe von Cherry bekamen, doch Chiaki ließ sie nicht zu Wort kommen.

„Es muss nicht sofort und auch nicht heute oder morgen sein. Warten wir ab, aber ich werde diese Bedingung zur gegebenen Zeit einlösen und du wirst wenigstens einmal zusagen.“

Marron knirschte sichtlich mit den Zähnen. Das war zuviel des Guten, aber er hatte ihr eine Hintertür offen gelassen, weshalb sie sich ein wenig schwer tat, ihn sofort von sich zu stoßen.

„Nun gut, wir sehen weiter, wenn einmal die Zeit gekommen ist. Halte dich an unsere Abmachung und dann sprechen wir uns noch mal.“

Bemüht kühl wandte Marron sich wieder ab und ging ihres Weges. Wahrscheinlich war es auch besser, denn sie sah nun den triumphierenden Gesichtsausdruck von Chiaki nicht, welcher ihr mit Sicherheit weh getan hätte.
 

An diesem Abend merkte Miyako sofort, dass etwas nicht mir Marron stimmte. Sie hatte sich zusammengesetzt um die Hausaufgaben, die sie übers Wochenende aufbekommen hatten, schnellstens zu lösen, damit sie noch ein wenig Zeit für andere Dinge hatten.

Doch Marrons Gesichtsausdruck schien seltsam fern und meistens kaute sie auf ihrem Stift herum und schrieb kaum etwas.

„Marron?“

Wie ertappt zuckte die Brünette zusammen und sah Miyako entschuldigend an.

„Was ist los mit dir? Seitdem ich bei Yamato war, bist du seltsam.“

Marron schüttelte den Kopf. Wie sollte sie ausgerechnet Miyako erklären, dass sie über Chiaki nachdachte. Vor allen Dingen, weil sie es sich selbst nicht einmal eingestand.

„Ich weiß auch nicht. Ich denke über tausend Dinge und gleichzeitig über nichts nach.“

Auch wenn Miyako es nicht wirklich verstand, versuchte sie Marron beiseite zu stehen.

„Macht auch nichts. Wir können auch ein andermal weiter machen.“

Dankbar schloss Marron das Mathebuch. Sie würde sich den Rest des Abends nicht mehr konzentrieren können. Sie reckte sich auf ihrem Stuhl.

„Sollen wir einen Spaziergang machen?“

Begeistert nickte Marron. Sie liebte diesen Park und mit Miyako würde es sicher Spaß machen, in der Dämmerung das Gelände zu erkunden.
 

Vergnügt schlenderten sie die Wege entlang. Miyako hatte Marron die Stallungen genauer gezeigt und Marron auch die einzelnen Pferde vorgestellt. Marron mochte Pferde und würde sicher einmal Reitunterricht nehmen, aber sie interessierten Marron halt nicht so sehr wie die Papageien.

Es gab außerdem noch einige Tennisplätze, welche nun im Schatten lagen und eine Golfanlage. Miyako erzählte mit einem unmissverständlich verachtenden Ton von den Schülern, die bereits jetzt snobistisch mit Caddys über den Rasen stolzierten. Marron amüsierte sich königlich. Miyako hatte so eine wunderbare ehrliche Art an sich. Und sie bewunderte die Polizeianwärterin dafür, dass sie nicht davor scheute, jedem das zu sagen, was sie über ihn dachte.

Plötzlich hörten sie mehrere aufgebrachte Stimmen und eine die anscheinend weinte. Miyako verdrehte die Augen.

„Da vorne haben sich einige Schülerinnen so eine Art Clubhaus bauen lassen. Mit viel Geld geht das, vor allen Dingen wenn die Vorsitzenden die Nichte der Direktorin ist.“

Marron dachte an Mia zurück, wie sie geschrien, geflucht und geweint hatte.

Bewegung ging durch das Gebüsch vor ihnen und ein junges Mädchen kreuzte ihren Weg.

Die Kleine war vollkommen aufgelöst und erschreckte sich nicht einmal vor den beiden Gestalten, sondern rannte einfach weiter.

Miyako rief ihr hinterher, doch sie lief einfach schluchzend weiter.

Nun näherten sich auch andere aufgebrachte Stimmen und Marrron und Miyako blieben stehen.

Sie erkannten einen ganzen Trupp Mädchen, der sofort verstummte und stehen blieb, als sie Miyako und Marron sahen. Mia führte den Trupp an. Durch die Laternen, die die Wege säumten, erkannte Marron die geröteten Wangen und die blitzenden Augen. Mia schien wegen irgendetwas erbost. Und in diesem Augenblick schien sie all ihre Wut auf Marron zu fokussieren.

„Wen haben wir denn da?“

Ihre Stimme troff nur so vor Hass und Miyako stellte sich automatisch vor Marron. Doch Marron wusste nicht, was sie getan haben könnte, dass man sie so behandelte und war sich keinerlei Schuld bewusst. Also schob sie Miyako sanft aber entschlossen beiseite und stellte sich Mia.

„Was ist los? Habe ich dir irgendetwas getan, was dir deinen Tag vermiest hat?“ Die Mädchen hinter Mia sogen scharf die Luft ein, angesichts des patzigen Tons, denn Marron an den Tag legte.

„Das werde ich dir gerne sagen. Du bändelst mit meinem Chiaki an und das gefällt mir gar nicht.“

Marron, wie auch Miyako rissen zunächst entsetzt die Augen auf und lachten dann fast gleichzeitig schallend los. Miyako war die Erste, die ihre Sprache wiederfand.

„Sorry Mia, aber Marron und Chiaki, dass ich nicht lache. Die Beiden hassen sich schon fast.“

Mia fixierte Marron und auch als sie sprach, wandte sie nicht den Blick von ihrem Gesicht.

„Wieso habe ich euch dann heute Mittag gesehen? Und das in trauter Zweisamkeit? Ich hatte nicht den Eindruck, dass ihr euch nicht verstanden hättet.“

Miyakos Grinsen verschwand und wich Verwirrung. Marron schmerzte der Gesichtsausdruck und sie hasste sich dafür, dass sie Miyako nichts erzählt hatte.

„Wir haben nur Waffenstillstand geschlossen. Ich kann ihn nicht leiden, aber den Rest meiner Schulzeit zu streiten ist nicht mein Ding.“

Mit einem lässigen Schulterzucken bedeutete sie den Mädchen, dass dies alles war. Mia beäugte Marron misstrauisch. Miyako sagte nichts und Marron wagte nicht, sich umzudrehen.

„Ist auch egal. Du hast gegen mich keine Chance, Kleine. Nur damit du es weißt.“

Damit gab sie ihrem Gefolge ein Zeichen und sie gingen weiter.

Marron jedoch blickte betreten zu Boden. Sie hoffte, dass Miyako sich nicht hintergangen fühlte. Doch als sie sich umdrehte, strahlte Miyako sie an. Denen hast du super die Stirn geboten. Ich bin stolz auf dich.“

Erleichtert nickte Marron und hakte sich unter. Einträchtig und heiter schwatzend liefen sie zurück zu de Apartments.
 

Marron würde ihr bestimmt irgendwann sagen, was zwischen ihr und Chiaki vorgefallen war. Darauf hoffte Miyako schon fast, denn trotz aller Versuche, es zu verdrängen, fühlte sie sich ein wenig hintergangen.

Marron würde es ihr schon erzählen, hoffentlich.

Seltsame Ereignisse

Once I had a dream

And this is it
 

Once there was a child`s dream

One night the clock struck twelve

The window open wide

Once there was a child`s heart

The age I learned to fly

And took a step outside
 

Once I knew all the tales

It`s time to turn back time

Follow the pale moonlight

Once I wished for this night

Faith brought me here

It`s time to cut the rope and fly
 

Fly to a dream

Far across the sea

All the burdens gone

Open the chest once more

Dark chest of wonders

Seen through the eyes

Of the one with pure heart

Once so long ago
 

Kapitel 7
 

Miyako hatte sich bemüht unbekümmert gegeben und obwohl Marron das Mädchen noch nicht allzu lange kannte, so spürte sie doch, dass mit Miyako etwas nicht stimmte. Sie lachte und redete über belanglose Dinge und doch schien sie etwas zu verbergen.

Erst als sie sich schlafen gelegt hatten, hielt Marron es nicht länger aus. Miyako versuchte vielleicht über die Sache mit Chiaki hinweg zu sehen, aber Marron ahnte, dass es sie verletzt hatte.

„Miyako? Schläfst du?“

Raschelnd drehte Miyako sich auf die Seite um Richtung Marron zu blicken, wenn sie sprach.

„Noch nicht, was ist denn?“ Etwas in Marrons Stimme, ein kurzes Zögern vielleicht, ließ Miyako aufhorchen. Marron hatte eindeutig etwas auf dem Herzen.

Hörbar schluckte diese.

„Es tut mir Leid, dass ich dir nichts von dem Gespräch zwischen Chiaki und mir erzählt habe. Ich wusste selbst nicht wirklich, was ich davon halten sollte. Irgendwie konnte ich nicht fassen, dass ich mit ihm überhaupt gesprochen habe.“

Miyako setzte sich auf. Sie war froh, dass Marron das Thema anschnitt.

„Was wollte er genau von dir? Bestimmt nichts Gutes, so wie ich den Kerl kenne.“

Marron dachte an die Situation vor den Papageienkäfigen zurück. Sie konnte sich nicht gegen das Gefühl wehren, Chiaki in Schutz nehmen zu müssen. Sie schalt sich einen Dummkopf. Das hatte er nicht verdient.

„Er war recht vernünftig. Wir haben einen Waffenstillstand ausgehandelt.“

Miyako kam ins Grübeln und sagte einige Zeit nichts.

„Ich hoffe, er meint es ernst.“

Dann veränderte sich Miyakos Stimme. Sie schien vergnügt und Marron konnte sie in der Dunkelheit grinsen sehen.

„Ansonsten werde ich ihm die Hölle heiß machen.“

Marron wurde warm ums Herz.

°Danke….Miyako.°

Mit Tränen der Rührung in den Augen, schlief sie ein.
 

Mehrere Wochen geschah nichts Aufregendes. Marron machte sich gut in der Schule und glaubte, endlich ihre Vergangenheit hinter sich lassen zu können. Auch wenn sie nicht viel offener gegenüber den anderen Schülern geworden war, so war sie doch glücklich.

Außer Miyako, war auch Yamato ihr ein guter und treuer Freund geworden. Er war zwar schüchtern, doch bald entdeckte Marron, dass unter seiner unsicheren Fassade ein wacher Geist und eine treue Seele ruhten. Marron begann zu verstehen, was Miyako in dem Jungen sah und freute sich, als sie die Beziehung zwischen den Beiden aufblühen sah.

Was sie nicht wusste war, dass Yamato, jedes Mal, wenn er Marron sah, vor schlechtem Gewissen fast verging.

Yamato kannte Chiakis Gedanken und Plänen gegenüber Marron und es ärgerte ihn. Doch seine Freundschaft zu dem Jungen, ließ es nicht zu, dass er ihn verriet. Auch wenn Miyako ihm die Pistole auf die Brust setzte.
 

Etwa einen Abend, nachdem Chiaki und Marron Waffenstillstand ausgehandelt hatten, war Miyako zu Yamato gegangen und hatte ihn nach den Zielen Chiakis gefragt. Sie misstraute dem Playboy, und das zu Recht. Sie hatte Marron nur nicht die Hoffnung auf ein ruhiges Schuljahr nehmen wollen.

Da Yamato aber nun einmal eine gute Seele war, behielt er sein Wissen für sich. Also blieb Miyako nichts anderes übrig, als Chiaki im Auge zu behalten.

Äußerlich verhielt er sich wie immer. Flirtete mit allem, was zwei Beine und Brüste hatte und war unverschämt den Lehrern gegenüber. Doch in Augenblicken, in denen er zu glauben schien, dass er unbeobachtet war, sah Miyako, dass er Marron beobachtete. Meist war sein Blick verklärt, als wenn er vor sich hinträumen würde. Auch wenn er bei ihnen war, verhielt er sich Maron gegenüber freundlich und distanziert, nicht aufdringlich und unverschämt. Miyako schaffte es einfach nicht, hinter die Fassade zu blicken, doch sie traute dem Kerl einfach nicht. Zusätzlich erfuhr sie dann, durch die anderen Schülerinnen ihres Jahrgangs, dass Chiaki seit Wochen schon, keine neue Affäre gehabt hatte.

Da sie sich aber nicht zu sehr auf etwas fixieren wollte, was niemanden außer ihr zu stören schien, behielt sie ihren Verdacht und ihre Zweifel für sich. Sie würde Marron keinen Gefallen tun, wenn sie zu vorsichtig war und so ließ sie den Dingen ihren Lauf.
 

Bald wurden die Tage kürzer und die Blätter der Bäume färbten sich rot, gelb und braun. Marron genoss die Zeit der bunten Farben und ihre gute Laune ließ sie erstrahlen. Miyako freute sich mit ihrer Freundin. Die Freundschaft zwischen den Beiden war immer fester und tiefer geworden und man sah sie selten alleine.

Die Direktorin war zufrieden mit der Entwicklung der Dinge und den Noten der Neuen.
 

Kurz vor Halloween machte sich eine allgemeine, freudige Unruhe unter den Schülern der älteren Jahrgänge breit. Sie steckte auch Marron an, die nicht wirklich wusste, worum es ging. Miyako klärte sie nach einigen Tagen des Rätselns auf.

„Entschuldige, das konntest du ja nicht wissen. Zu Halloween fahren die Jahrgänge der letzten Klassen auf eine Klassenfahrt. Zwar nur etwa drei Tage, aber die sind immer toll.“

Miyakos Wangen waren von der Vorfreude und dem kalten Wind gerötet. Sie standen bei den, nun leeren, Volieren und unterhielten sich. Sie hatten festgestellt, dass dieses Plätzchen stets ruhig war, sodass man sich prima zurückziehen konnte.

Beide trugen sie ihre Schuluniform, Daunenjacke und Schal.

„Und wo genau geht’s hin?“

Marron lehnte sich ans Geländer und steckte ihre kalten Hände in die Taschen ihrer blauen Jacke. Sie trug das Haar heute zu einem Pferdeschwanz, doch einige Strähnen hatten sich gelöst und kringelten sich in Nacken und Gesicht. Auch ihre Wangen und Nasenspitze waren rot angelaufen.

„In einen Freizeitpark, in denen auch Jugendherbergen sind. Ist ganz cool da. Vor allen Dingen zu Halloween. Dann verkleiden sich einige Artisten und jagen den Leuten einen ganz schönen Schrecken ein.“

Marron lächelte matt. Wie sollte sie Miyako auch erklären, dass sie Angst im Dunkeln hatte.

„Dann werden wir sicher heute im Unterricht Vorbereitungen treffen, oder?“

Marron dachte an den langweiligen Matheunterricht und freute sich darauf, sie ausfallen lassen zu können.

Miyako nickte.

„Davon geh ich aus. Schließlich fahren wir ja schon bald.“
 

Yamato kam um die Ecke gestürmt und wäre fast auf dem, mit Blättern übersäten Boden ausgerutscht, als er Miyako und Marron entdeckte. Auch er war recht dick angezogen, doch in diesem Augenblick, lief ihm Schweiß über das gerötete Gesicht.

„Miyako….Chiaki und Noin prügeln sich…am Bach.“

Miyakos Gesichtsausdruck verfinsterte sich, doch Marron war diejenige die entrüstet schnaubte.

„Und da holst du Miyako? Sind da nicht andere Kerle, die dazwischen gehen können?“

Yamato trat von einem Fuß auf den anderen und errötete, wenn das überhaupt noch ging.

Dann erst sah Marron, dass die Haut um Yamatos rechtes Auge gerötet war und anfing anzuschwellen. Auch Miyako sah das in diesem Augenblick und stürzte zu ihrem Freund.

„Verdammt, was ist da los? Wieso hast du einen Schlag abbekommen?“

Verlegen sah Yamato auf seine Füße.

„Ich wollte dazwischen gehen. Aber einer hat mich dann erwischt und ich bin einen Augenblick ein wenig orientierungslos gewesen.“

Marron überkam eine Vision, wie sich solche Schläge anfühlten und erschauerte. Wut machte Angst platz. Bevor Yamato und Miyako reagieren konnten war sie auch schon losgelaufen.
 

°Diese Idioten. Was denken sie sich eigentlich.° Marron wusste nicht einmal, was sie dachte. Sie war wütend, weil anscheinend alle Männer zu glauben schienen, man könnte mit einer Schlägerei alles erreichen. Womöglich reagierte sie übertrieben, aber dass jemand dem armen, guten Yamato eins auf’s Auge gegeben hatte, machte Marron rasend.

Einige Schüler, die ebenfalls über die Parkwege flanierten, sprangen überrascht beiseite, als Marron an ihnen vorbeieilte, doch sie sah nichts und niemanden.

Der Bach war lang, wie Marron wusste, doch den Trubel um die sich Schlagenden, konnte man meilenweit hören und so war es einfach für Marron, die Stelle zu finden.

Eine Menschentraube hatte sich um Noin und Chiaki gebildet und einige feuerten die Beiden sogar an.

Marron konnte weder Noin noch Chiaki wirklich erkennen, doch sie hörte Fluche und hier und da ein widerliches Geräusch, wenn eine Faust sein Ziel traf. Marron kämpfte gegen ihren Ekel an und schob sich durch die Masse um zu den Kämpfenden zu gelangen.

Das Bild, was sich ihr bot, machte Marron noch wütender. Im Augenblick standen sich Chiaki und Noin gegenüber und funkelten sich abschätzend und hasserfüllt an. Beide waren voller Schlamm, da das Gras unter ihren Füßen feucht gewesen war und nun nur noch einer einzigen Pampe glich. Beide atmeten schwer, wobei Noin spöttisch grinste, während Chiaki scheinbar rot sah vor Zorn. Beide hatten Blessuren davon getragen, jedoch sah Chiaki schlimmer aus. Sein Auge schwoll zu und seine Unterlippe war aufgeplatzt.

Die Körper der Kämpfenden strafften sich und sie wollten sich wieder aufeinander stürzen. Erneut überkam Marron die Erinnerung, von starken Schmerzen in Gesicht und am Körper, hörte wieder dieses platschende Geräusch, wenn der Gürtel oder die Faust auf Fleisch traf. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch ihr Blick war hart und klar, als sie sich zwischen Chiaki und Noin warf.

Zunächst waren beide irritiert, als sich so ein kleines Persönchen zwischen sie stellte, doch sie waren geschockt, als sie von Marron nacheinander eine Ohrfeige bekamen, die es in sich hatte.

Chiaki blickte drein, als wenn man ihm soeben einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf geleert hatte. Noin dagegen musterte Marron kalt und abweisend, während Sie gegen ihr wütendes Zittern ankämpfen musste.
 

Irritiert starrte Chiaki auf Marron herab. Sie stand vor ihm, hatte die Hände in die Hüfte gestemmt und funkelte ihn und Noin böse an. Wenn sie nur wütend gewesen wäre, dann hätte Chiaki wahrscheinlich über ihren Anblick gelacht. Ihre Haare standen ihr, aufgrund ihrer Eile, wild vom Kopf ab und ihr Atem ging schwer. Doch sie sie war bleich und ihre Augen stachen unnatürlich stark hervor. Sie war erschüttert und auf eine Art verletzt, die er einfach nicht nachvollziehen konnte. Nur er, Yamato und Noin wussten, wieso der Streit eskaliert war.
 

Bevor Marron auf Chiaki losging, wandte sie sich an Noin und musterte ihn abschätzend.

„Von dem Idioten hinter mir, hatte ich ja nichts Besseres erwartet, aber was, in Gottes Namen, bewegt dich dazu, dich zu schlagen wie ein Primat?“

Noin schloss die Augen und klopfte seine Hände an seiner Hose ab. Als er sie wieder öffnete waren sie frei von Emotionen und eiskalt.

„Das solltest du den da lieber fragen. Aber du scheinst Gewalt auch nicht abgeneigt zu sein.“ Damit wandte er sich ab und ging. Mit Noin verliefen sich auch die Zuschauer, die murrten, da sie um ihre Wetten beraubt waren. Marron sah Noin nachdenklich hinterher und hatte Chiaki immer noch den Rücken zugekehrt.
 

Stöhnend fuhr Chiaki mit der rechten Hand zu seinem Auge. Sein Schädel brummte und er fühlte noch immer das Rauschen seines Blutes, welches durch seine Venen schoss. Langsam ebbte die Wut ab, die er verspürt hatte und er konzentrierte sich auf seinen Körper, um nachzuvollziehen, wie viel er abbekommen hatte. Sein Auge war mittlerweile soweit zu geschwollen, dass er kaum noch hindurch sehen konnte und seine Lippe würde eine Weile brauchen, bis sie verheilt war. Seine Fäuste pochten und er hatte Kopfschmerzen. Eine Gehirnerschütterung konnte er nicht ausschließen.

Nach der kurzen Bestandsaufnahme sah er auf und starrte noch immer auf Marrons Rücken. Ihre Schultern bebten, ob sie weinte, wusste Chiaki nicht.

„Marron?“ Miyako, die die ganze Zeit still am Rand des Weges gestanden hatte, ging auf ihre Freundin zu. Yamato bat Chiaki still um Verzeihung, dass er die beiden Mädchen alarmiert hatte.
 

Als Miyako Marron am Arm berührte fuhr sie herum. Ihre Augen waren dunkel und schienen weit weggerückt. Miyako ahnte, was Marron in diesem Moment miterlebt hatte und sie verachtete sich dafür, dass sie ihre Freundin nicht zurückgehalten hatte. Als Marron auf ihre Hand hinab sah, folgte Miyako ihr mit den Augen. Sie hatte ihre rechte Hand zu einer Faust geballt.

Ihre Stimme war leise, kaum mehr ein Flüstern und nur Miyako konnte ihre Worte hören.

„Ich habe jemanden geschlagen.“ Sie sah auf und Miyako sah das Entsetzen in ihnen.

Miyako wusste nicht, was sie darauf antworten sollte und nahm Marron einfach stumm in die Arme.
 

Hilflos beobachtete Chiaki, Miyako und Marron. Was war hier nur los? Er sah zu Yamato hinüber, der auch nicht wirklich begriff, was mit Marron los war. Anscheinend etwas, was nur die beiden wussten.

Chiaki ging auf die Freundinnen zu, doch sie waren schon auseinander gefahren, als er den Arm nach Marron ausstreckte. Ihr Blick ließ ihn sofort zurückzucken.

„Was hast du dir dabei gedacht, dich hier auf dem Schulgelände zu schlagen?“ Miyako, ganz die Polizistin, stellte sich breitbeinig zwischen Marron und ihn. Doch Chiaki wandte nicht den Blick von Marron, die nun wieder vor sich hin starrte.

„Ich glaube nicht, dass du das wissen willst und erst recht nicht, dass du es mir glauben wirst.“

Miyako hob eine Augenbraue an und sah zu Yamato hinüber.

„Weißt du, was passiert ist?“ Zögernd nickte Yamato, Miyako wandte sich erneut an Chiaki.

„Er kann es ja bezeugen, aber ich will von dir wissen, warum du dich geprügelt hast.“

Chiaki sah nun von Marron auf Miyako. Sie musste schlucken. Er musste einen triftigen Grund gehabt haben, sich so zurichten zu lassen.

„Er hat jemanden beleidigt und ich konnte das nicht so im Raum stehen lassen.“ Miyako blickte wieder zu Yamato und er nickte bestätigend.

„Darf ich erfahren, wen er beleidigt hat und was er gesagt hat?“

Chiaki verneinte dies.

„Es ist besser, ihr wisst es nicht.“

Mit einem weiteren Blick auf Marron, verließ Chiaki den Ort des Geschehens und lief Richtung Apartmenthäuser. Yamato blieb bei ihnen stehen.
 

„Yamato, was ist passiert?“ Sie liefen zurück zum Jungengebäude. Sie hatten Marron ins Apartment gebracht, doch Miyako hielt die Unwissenheit nicht aus. Sie musste Yamato alleine sprechen. Sie sah ihrem Freund an, dass er ihr ausweichen wollte und sie legte ihm eine Hand auf den Arm und blieb stehen.

„Bitte sag es mir. Ich werde das Gefühl nicht los, dass es jemanden betrifft, den ich kenne.“ Betreten sah Yamato zu Boden. Sein Auge verfärbte sich bereits blau.

„Ich weiß nicht, ob es gut ist, wenn ich es dir erzähle. Du wirst sauer sein.“

Am Liebsten hätte Miyako ihm jetzt geantwortet, dass das wohl ein Grund war, ihr die Wahrheit zu sagen, aber sie durfte ihn jetzt nicht bedrängen.

„Bitte Yamato, ich muss es wissen. Wegen Marron.“ In Gedanken hätte sie sich liebend gern eine Ohrfeige gegeben. Sie musste aufpassen, was sie sagte.

Doch dieser Grund, schien Yamatos Fassung bröckeln zu lassen.

„Verdammt, das ist das Problem, Miyako.“ Das war das erste Mal, dass Yamato fluchte.

„Es ging um Marron. Chiaki hat über sie gesprochen und Noin hat etwas aufgeschnappt und ein blöden Spruch über Marron losgelassen. Daraufhin ist Chiaki ausgerastet.“

Geschockt starrte Miyako ihren Freund an.

„Chiaki hat sich wegen Marron geschlagen? Was ist denn mit dem nicht in Ordnung?“

Yamato zuckte ratlos mit den Schultern.

„Das ist das Problem, ich weiß es nicht.“ Mit einem unsicheren Seitenblick entschloss er sich, Miyako die Wahrheit zu sagen.

„Einerseits redet er seit Wochen davon, Marron irgendwie zu reinzulegen und flachzulegen.“ Entschuldigend zuckte er die Schultern, wegen dem Begriff.

„Andererseits rastet er aus, wenn jemand etwas Schlechtes über sie sagt. Ich glaube, er weiß selber nicht, was er will.“

Nachdenklich beobachtete Miyako die Schüler, die in die Schlafhäuser ein und aus gingen.

„Ich will ihn nicht vorschnell beurteilen.“ Sie blickte Yamato in die Augen.

„Aber ich werde ein Auge auf ihn haben.“

Erste Schritte

I used to think that I was strong

I realise now I was wrong

‘Cause everytime I see your face

My mind becomes an empty space

And with you lying next to me

Feels like I can hardly breathe
 

Kapitel 8
 

Marron berappelte sich nach dem Vorfall wieder ziemlich schnell. Sie verhielt sich wie vor der Schlägerei, doch Miyako wusste, dass sie in stillen Stunden sich selbst verachtete. Noin hatte etwas gesagt, was das Mädchen an genau der empfindlichsten Stelle getroffen hatte und dies ließ Marron nun nicht mehr los. Jeder hätte Marrons Reaktion auf einen lächerlichen Satz, als dumm und überzogen abgetan, doch Miyako hatte Marrons Körper gesehen und den Schmerz in ihren Augen. Sie kannte die schlimmsten Schmerzen und der Schlag einer Hand hätte sie nicht mehr verunsichern können als diese Worte. Nein, Worte und Gefühle konnten der hübschen Brünette mehr anhaben als ein Peitschenhieb oder eine Faust.

Mit Erschrecken musste Miyako sich eingestehen, dass sie mit einer solchen Situation nicht umgehen konnte. Die Verletzungen, die Marrons Onkel ihr zugefügt hatten, innerlich und äußerlich, gingen tiefer als sie gedacht hatte und waren von einem einfachen Menschen wie Miyako nicht zu erreichen und zu heilen. Nächtelang lag Miyako wach und sann darüber nach, wie man einen Menschen wie Marron heilen konnte. Psychologen schwafelten wahrscheinlich nur und Miyako konnte sich schwer vorstellen, dass Marron glücklich wurde, wenn sie einen Seelenklempner aufsuchte.

Nach stundenlangen Rätseln gab sie auf. Marron brauchte Freunde und die hatte sie. Womöglich blieb nichts anderes, als abzuwarten. Prozesse wie Vertrauen und Heilung hatten immer mit Rückschlägen zu kämpfen, doch alles fand irgendwann sein Ziel. Mehr konnte Miyako im Moment nicht tun.
 

Unsicher beobachtete Yamato seinen Freund, der unruhig durch das Apartement lief.

Chiaki war seit Tagen launisch und leicht reizbar und Yamato, der solche Spannungen einfach nicht aushielt, quälte sich und versuchte seinen Freund ständig auf andere Gedanken zu bringen. In den ersten Tagen, nach dem Zusammenprall mit Noin, hatte Chiaki ständig vor sich hingeschimpft und Yamato hatte befürchtet, dass Chiaki Noin bei der nächsten Gelegenheit anfiel. Doch nun war der Mädchenschwarm wieder in seinen alten Trott gefallen: seine Affären. Yamato wusste nicht worüber er glücklich sein sollte. Das Chaki nicht mehr voll von Rachegelüsten war, schön und gut, doch nun war er wieder der Alte und Yamato mochte seine Art nicht, mit Mädchen umzugehen. Außerdem schien Chiaki nie wirklich befriedigt, wenn er von einem seiner Eroberungen zurückkehrte. Er war meistens rastlos oder schlecht gelaunt, so wie jetzt.
 

Resigniert seufzend ließ Chaki sich in einen der Sessel fallen. In letzter Zeit fühlte er sich wie eine eingesperrtes Tier. Mit nichts war er zufrieden, doch er wusste auch nicht was er wollte. Dinge, die ihn sonst glücklich und zufrieden mit sich und der ganzen Welt werden ließen, waren nun nur noch erheiternd für wenige Minuten und dann verpuffte seine Freude und ließ ihn wütend und gereizt zurück. Er wusste einfach nichts mehr mit sich anzufangen.

Chiaki dachte an die Schlägerei zurück. Er verstand sich selbst nicht mehr. Noch nie hatte er sich geschlagen und auch ganz sicher nicht wegen einem Mädchen. Doch er war einem Impuls gefolgt und auch wenn er es nicht zugeben wollte, Marrons Reaktion hatte ihn verletzt. Seinen Stolz und auch noch etwas, was er nicht benennen konnte. Sie war der Grund für alles, was in ihm vorging, doch er konnte aus diesem Teufelskreis nicht mehr heraus. Er konnte mit solchen Gefühlen nicht umgehen. Chiaki hatte immer alles gehabt in seinem Leben und wenn er etwas wollte, hatte er dies auch bekommen. Doch nun war dem nicht so und er musste sich ebenfalls eingestehen, dass es sich bei Marron nicht um eine weitere Eroberung handelte. Ja, auf eine Weise wollte er sie, wie lange nichts mehr in seinem Leben, doch andererseits wollte er sie nicht so wie alle anderen Mädchen zuvor.

Hilflos sah Chiaki zu Yamato. Irgendwie hatte Chiaki das Gefühl, in den Augen seines Freundes Mitgefühl zu sehen.

"Du bist verliebt Chiaki, kann das sein?" Yamato lächelte ein wenig, doch er fühlte mit seinem Freund, für den sich gerade die Welt auf den Kopf stellte.

Chiaki schnaubte leicht. Verliebt! Was ein Quatsch. Er war noch nie verliebt gewesen. Warum sollte es ihm dann ausgerechnet Marron angetan haben? Sie war schwierig und zickig und er verstand sie einfach nicht.

"Chiaki, denk doch mal nach und sag mir, was dich an Marron fesselt, sodass du ständig an sie denken musst."

Chiaki musterte Yamato belustigt.

"Willst du mich analysieren? Vergiss es, das hat noch niemand geschafft."

Yamato grinste.

"Möglich, aber es interessiert mich, also fang an."

Chiaki sann nach und blickte aus dem Fenster. Der Himmel war grauverhangen und es würde bald regnen. Doch all das nahm Chiaki gerade nicht wahr.

"Marron ist hübsch, sieht toll aus und wäre mal wieder etwas Neues."

Yamato nickte.

"So wie jede Andere vorher auch, bis du sie vernascht hattest. Doch keine hat dir solches Kopfzerbrechen bereitet, und das obwohl sie dich gedemütigt hat und mit dir nichts zutun haben will. Also Chiaki, was lässt dich an Marron festhalten?"

Yamato sah, dass Chiaki mit sich selbst kämpfte. Er konnte nicht über Gefühle reden, weil er das nie gemusst hatte und nun wurde er auch noch dazu gedrängt. Nicht durch ihn, Yamato, sondern weil er es nicht mehr aushielt.

"Yamato verdammt, ich weiß es nicht. Sie ist halt anders."

"Wie anders?" Yamato stellte fest, dass es ihm ein wenig Freude bereitete, Chiaki in einer solchen Situation zu erleben. Dies brachte ihm seinen Freund näher und machte ihn menschlicher.

Hilflos stützte Chiaki seinen Kopf in die Hände.

"Sie ist nicht durchschaubar und einfach gestrickt, wie andere Menschen. Sie hat Persönlichkeit und Charakter und obwohl ich sie länger kenne, als einige meiner Affären, habe ich das Gefühl, ich weiß nichts von ihr. Und...." Chiaki brach ab und sah vom Fenster wieder zurück zu Yamato, der immer noch lächelte.

"Und ich habe das Gefühl, dass sie mir ebenbürtig ist. Ich seh in ihr nicht Eine von Vielen, sondern sie ist etwas Besonderes. Sie ist niemand, den man gebraucht und wegwirft."

Chiaki schloss die Augen und atmete tief durch.

"Ich muss zugeben, sie macht mir schon fast Angst, denn sie hat mich, ohne viel getan zu haben, voll im Griff."

Yamato nickte und stand auf. Er nahm ihre Jacken von der Garderobe und warf Chiaki seine Jacke zu.

"Ich denke, du solltest mit Marron reden, denn sie wird womöglich sonst nie wieder ein Wort mit dir wechseln."

Chiaki schüttelte den Kopf und legte seine Jacke beiseite.

"Ich werde ihr ganz sicher nicht erzählen, was ich dir gerade gesagt habe. Sie hasst mich und auch wenn ich es nicht ganz verstehe, sie wird einen Grund haben."

Nachdenklich betrachtete Yamato seinen Freund, der immer mehr in sich zusammensackte. Chiaki schien verliebter zu sein, als er glaubte.

"Würdest du dich für Marron ändern?"

Überrascht blickte Chiaki auf. Das hatte er sich bisher noch gar nicht gefragt, aber seine Antwort war schnell und präzise.

"Das habe ich schon längst, ohne es zu bemerken."

"Dann werd ihr Freund. So wie ich Miyako verstanden habe, stimmt etwas nicht mit Marron und sie braucht Menschen um sich, die ihr Gutes wollen. Werd Einer davon und du wirst dir Erstens sicher sein, mit deinen Gefühlen und Marron wird sehen, wer du wirklich bist."

Nachdenklich starrte Chiaki auf seine Jacke, die er nun wieder in seinen Händen hielt.

Etwas stimmte nicht mit Marron, das hatte auch er bemerkt. Doch das störte ihn weniger. Viel schwerer empfand er es, jemanden dazu zu bringen, ihn als Freund anzuerkennen. Schließlich hatte er für eine Freundschaft bisher nichts tun müssen.

Seufzend erhob Chiaki sich und blickte zu der großen Uhr, die in der Küche hing und einen weiblichen Torso darstellte. Sie mussten zu einer Versammlung in der Aula. Dort würde er Marron begegnen und jetzt wo er sich ein wenig auf seine Gefühle eingelassen hatte, schlug sein Herz wie wild bei dem Gedanken an das Mädchen.
 

Amüsiert liefen Miyako und Marron nebeneinander her und tratschten über die letzte Sportstunde. Sie waren auf dem Weg zu der Aula, die sich im Hauptgebäude befand. Heute sollten noch einige Details geklärt werden, die die Stufenfahrt betrafen. Auch wenn Marron sich nicht so über eine Halloween fahrt freute, ließ sie sich doch von dem allgemeinen Reisefieber anstecken.

Sie lachte gerade herzlich über etwas, was Miyako gesagt hatte, da erblickte sie Noin, der ihnen entgegenkam. Anscheinend wollte er die Besprechung schwänzen, was Marron aber weniger störte. Vielmehr überkam sie ein seltsames Unbehagen, als er sich näherte. Er sah sie unverwandt an, doch Marron konnte nicht ein bisschen Wärme in seinen Augen erkennen. Als er an ihr vorbeiging, schien es Marron, als ob sie einen eiskalten Lufthauch spüre, der sie zittern ließ. Sie hatte nicht einmal bemerkt zu haben, dass Miyako aufgehört hatte, zu sprechen.

"Er scheint irgendetwas gegen dich zu haben, Marron."

Marron zuckte zusammen und blickte dem schwarzhaarigen Jungen nach.

"Das Gefühl habe ich auch." Die Mädchen waren stehen geblieben und sahen Noin noch immer hinterher, jede ihren eigenen Gedanken nachgehend.

"Hey ihr Zwei."

Miyako war die Erste, die auf Yamatos Stimme reagierte. Als sie Chiaki an seiner Seite sah, spürte sie einen leichten Stich der Wut, der jedoch verflog, als sie in Chiakis Gesicht sah. Es hatte nichts Überhebliches mehr an sich. Stattdessen schien Chiaki eher unsicher und sein Blick glitt zögernd zu Marron. Irritiert sah Miyako zu Yamato, der belustigt grinste.

Erst jetzt fuhr Marron zu den Ankömmlingen herum. Ihr Blick schien konzentriert und eine Sorgenfalte zierte ihr Stirn. Als sie Chiaki bemerkte, wurde ihr Gesicht ausdruckslos. Miyako bemerkte, dass Chiaki kaum merklich zusammenzuckte. Was war hier nur los?

Yamatos Stimme hatte nichts von seiner Heiterkeit verloren.

"Wenn ihr auch auf dem Weg zur Aula seid, dann kommen wir mit."

Er griff sich Miyakos Arm und zog sie mit sich. Zu schnell für Miyakos Geschmack und sie wandte sich im Gehen zu Marron um, die nur langsam folgte. Marron sandte Chiaki einen giftigen Blick zu und ging dann ihres Weges. Chiaki war nur verunsichert und lief hilflos hinter den anderen her.

"Was ist denn mit dem los?", zischte Miyako Yamato zu.

Yamato kicherte.

"Du glaubst es mir sicher nicht, aber unser Dandy ist verknallt und zwar so richtig."

Überrascht riss Miyako die Augen auf und wandte sich noch einmal um.

"Wie kommst du denn darauf? Soweit ich weiß, sind in letzter Zeit viele Mädchen beglückt worden."

"Weil er es mir gesagt hat. Ich habe ihn noch nie so verzweifelt gesehen, dass kannst du mir glauben." Vergnügt zog Yamato weiterhin Miyako mit sich.
 

Chiaki in ihrem Rücken zu wissen machte Marron wütend. Sie wollte ihn nicht in ihrer Nähe haben, und schon gar nicht wenn er aussah wie ein getretener Hund. Natürlich fiel ihr eine Veränderung an ihm auf. Sie war so sensibilisiert auf Gefühle und Verhalten anderer, dass es nicht zu vermeiden war, dass sie bemerkte, dass Chiaki anders war als sonst. Doch sie wollte davon nichts wissen und ihm auch ganz sicher nicht das Gefühl geben, dass sie etwas von seiner Unsicherheit bemerkt hatte. Sie hatte Chiaki seit Tagen nicht mehr gesehen und ihr Leben war mit Bestimmtheit besser verlaufen.

Und doch fragte Marron sich, was sie ärgerte, was mit ihm los war. Vor der Schlägerei war er zwar auch schon freundlich und zurückhaltend gewesen, was gar nicht seiner Natur entsprach, doch nun schien er ein große Last mit sich herumzutragen und Marron hatte das schreckliche Gefühl, dass sie damit etwas zu tun hatte. Mit jedem Schritt wurde sie wütender, aber nach und nach erkannte sie, dass sie nicht mehr wütend auf Chiaki war, sondern darauf, dass sie einfach nicht aufhören konnte, sich für Chiakis Problem zu interessieren. Marron wollte nicht aan Chiaki denken, sich Fragen über ihn stellen und sie musste zugeben, dass sie es schon seit Tagen immer wieder tat.

Marron ballte ihr Hände, die sie in ihrer dicken Jacke gesteckt hatte, zu Fäusten. Sie wollte nicht mit ihm reden oder etwas mit ihm zu tun haben. Aber sie wollte auch nicht mehr an ihn denken und sie wollte wissen was los ist. Sie ging unbemerkt einen Schritt langsamer, sodass Chiaki zu ihr aufschließen konnte. Er sollte nicht denken, dass sie bewusst auf eine Konfrontation aus war.

Chiaki lief bald auf gleicher Höhe mit Marron, doch er hielt seinen Kopf gesenkt und wich ihrem Blick aus, wenn sie zu ihm hinübersah. Das ging den ganzen Weg zum Hauptgebäude so und Marron brachte sich in Rage. Kurz bevor sie die Aula betraten, die einen Seiteneingang von draußen aus hatte, zog sie Chiaki plötzlich am Arm zur Seite. Miyako, die Marrons Reaktion bemerkt hatte, wurde bestimmt von Yamato weitergezogen.
 

Marrons Augen funkelten, doch auch Chiaki sah, dass sie mit der jetzigen Situation nicht viel anfangen konnte und überfordert war.

"Was willst du von mir? Ich seh es dir an, du willst was sagen, dann tu es, aber spiel hier nicht Opfer. Ich hasse das!"

Chiaki hatte nicht gewusst, dass man ihm sein Unbehagen so anmerkte und fühlte sich mit dem Rücken zur Wand gestellt.

"Ich habe dir nichts zu sagen, Marron. Vor allen Dingen nicht, wenn du so wütend auf mich bist. Dann hat es keinen Sinn irgendetwas anzusprechen, weil du nur das Schlechte hören würdest."

Marron schloß die Augen und atmete tief durch. Chiaki hatte Recht. Sie war wütend und wartete nur auf ein falsches Wot von seiner Seite, welches das Fass zum überlaufen bringen würde. Es war also sinnlos, wenn er ihr jetzt sagte, was auch immer ihn bedrückte. Als sie die Augen wieder öffnete, erschlug sie fast die Wärme, die sie in seinen Augen wiederfand. Was sie noch mehr irritierte war, dass diese Wärme ihr zu gelten schien und das brachte sie aus der Fassung.

Marron riss sich zusammen und versuchte alles neutral zu sehen. Er wollte anscheinend ehrlich sein und sie wollte ihm die Chance geben.

"Du hast Recht, sorry. Wenn du etwas sagen willst, dann tu es, aber verlang nicht von mir, darauf zu reagieren."

Chiaki raffte sich und wurde sichtlich nervös. Er würde Marron nichts von seinen Gefühlen sagen. Wahrscheinlich würde er mit diesen ungesagten Worten sterben, aber das war ihm viel lieber, als dass sie ihn deshalb verachtete oder mied.

"Ich wollte mich für den Vorfall mit Noin bei dir entschuldigen. Ich muss dir ganz ehrlich sagen, ich habe dich noch immer nicht verstanden, aber ich glaube, dass soll ich auch gar nicht. Ich habe das Gefühl etwas falsch gemacht zu haben und deshalb entschuldige ich mich." Er stockte und suchte nach den richtigen Worten. Yamato hatte ihm gesagt, was der richtige Weg war, aber wie sollte er diesen umsetzen?

Während Marron scheinbar unbeteiligt zuhörte, löste sich in ihr ein unbeschreiblicher Kampf. Konnte sie ihm glauben? Wieso verunsicherten seine Worte sie so? Ihr Herz öffnete sich ihm gerade in diesem Augenblick und sie konnte nicht nachvollziehen wieso. Er hatte bisher nichts Besonderes gesagt oder getan. SIe btrachtete ihn während er mit sich rang. Es war diese Verletzlichkeit, die Marron empfänglich für Chiaki machte. Er zeigte sich zum ersten Mal schwach und menschlich wie sie und das zeigte ihn in einem völlig anderem Licht.

"Ich wollte dich fragen, ob es irgendwie eine Möglichkeit gibt, dass wir Freunde werden könnten. Ich möchte nichts direkt von dir, Marron. Du musst nichts für mich tun. Versuch bitte nur, mich nicht zu hassen."

Marron sah ein wenig Hoffnung in seinen Augen aufflammen und sie spürte ein wenig Wärme in ihrem Herzen. Marrons Zögern deutete Chiaki falsch und er bekam Angst, dass sie ihn zurückweisen könnte.

"Bitte, gib mir die Chance. Ich verlange wirklich nichts von dir."

Marron lächelte beruhigend.

"Beruhig dich erstmal, dann sehen wir weiter."
 

Hi Leute, sorry, dass ich nicht schreibe im Moment, aber ich arbeite so viel so lange etc pp ich komme einfach nicht zum Schreiben. Ich hoffe ihr habt mich nciht vergessen und verzeiht mir!

Ich habe euch alle furchtbar lieb!!!!

Eure Sarah

Park Teil 1

Could you believe I\'m waiting for someone

could you believe I\'m holding the night with my hands

alsone in the night on my own

I feel the pain inside me

only you can heal me
 

this is something I can\'t take

I feel so lame

there is nothing in my mind

but you all the way

you rule every moment

you\'re the air around me
 

Love\'s a lonely road sometimes

I keep moving on

towards the moment you\'ll be mine

a long way to go

to where we belong

we\'ll be there before long
 

Kapitel 9
 

Es waren noch drei Tage bis zum Ausflug und es machte sich zunehmend Unruhe unter den Schülern der älteren Jahrgänge breit. Marron lächelte tapfer, wenn die Mädchen von den schaurigen Darstellern sprachen, doch innerlich wurden ihr die Knie weich. Sie hätte Miyako gerne von ihrer Angst vor der Dunkelheit erzählt, aber ihre Freundin war selbst so Feuer und Flamme, dass Marron es nicht übers Herz brachte.

Doch Marron war anscheinend nicht die Einzige, die sich nicht so auf den Freizeitpark freute. Auch Chiaki beteiligte sich nicht allzu sehr an den Gesprächen. Marron wusste nicht woran es lag und sie hatte seit dem Tag, an dem sie Frieden geschlossen hatten, auch nicht mehr mit ihm gesprochen. Ihr fiel dennoch auf, dass er die meiste Zeit eher abwesend und ruhig war. An den Blicken der vielen Mädchen, die ihn unglücklich anschmachteten, stellte sie fest, dass er seine Groupies anscheinend arg vernachlässigte. Immer wieder sagte sie sich, dass es sie nichts anging und sie auch herzlich wenig interessierte, doch Chiaki war für sie ein Phänomen. Wie konnte sich ein Mensch plötzlich so grundlegend ändern? Er musste doch einen triftigen Grund dafür gehabt haben. Und dieser Grund ließ Marron nicht mehr los. Zu gerne hätte sie gewusst, was Chiaki zu dem machte, was er war. Sie war sich sicher, dass Yamato mehr wusste, aber sie konnte ihn schlecht fragen. Yamato war zwar kein Klatschweib und er würde ihr sicher auch antworten, aber Marron war noch nicht bereit sich einzugestehen, dass sie wirklich Interesse für Chiaki zeigte. Also setzte sie alles daran ihre Gedanken nicht abschweifen zu lassen und Chiaki aus ihrem Kopf zu verbannen, doch es war nicht so einfach.
 

Gelangweilt beobachtete Miyako wie die Lehrerin die Namen der Schüler auf Zettel schrieb und in einen Topf warf. Genervt wandte sie sich an Marron: „ Ich habe keine Ahnung, warum dieses Auswahlverfahren immer noch nötig ist. Bei meinem Glück bin ich mit irgendeinem Vollidioten auf einem Zimmer.“

Etwas angespannt fixierte Marron den Topf und betete, dass ihr Name mit dem von Miyako gezogen werden würde. Es sollten immer zwei auf einem Zimmer und zu viert in einer Gruppe. Während die Zimmervergabe nach Geschlecht gezogen wurde, so sollten die Gruppen, die durch den Park streifen durften, gemischt sein. Angeblich sollte dies zur Gemeinschaftsförderung beitragen, was Marron persönlich jedoch scheißegal war. Auch wenn sie sich nach und nach einlebte, so kannte sie bisher jedoch gerade mal eine Handvoll von den Schülern und sie hatte Angst, dass sie niemand in ihrer Gruppe mögen oder kennen würde.

Theatralisch zögerte die Lehrerin die Auswahl heraus und Marron rutschte immer mehr vom Stuhl, sodass Miyako nicht anders konnte als lauthals zu lachen.

„Beruhig dich wieder. So doll ist diese Auswahl auch wieder nicht.“

°Wenn du wüsstest°, grummelte Marron vor sich hin.

Das Namenziehen zog sich ewig hin, wie Marron fand. Bisher waren weder ihr Name, noch der von Miyako gezogen worden und Marron atmete zusehend auf.

„Kusakabe geht auf ein Zimmer mit…….“, die Lehrerin kramte in dem Topf. Marron schloß die Augen und betete, „…Harouno.“

Marrons Herz blieb stehen. Ausgerechnet mit Mia. Was Schlimmeres hätte auch nicht passieren können. Nervös schielte sie zu der hübschen Blondine hinüber, die weiter vorne saß. Sie verzog keine Miene, aber ihre Anhängsel tuschelten wie wild.

Marron spürte eine Hand auf ihrem Arm und blinzelte zu Miyako rüber.

„Lass dich nicht unterkriegen, die Kleine kann dir nichts.“ Marron nickte entschlossener als sie sich fühlte. Sie würde diesen Ausflug auf keinen Fall genießen.

„Und ihr seid in einer Gruppe mit Chichiri und Nagoya.“ Unwillkürlich atmete Marron auf. Auch wenn Mia Marron gerade wegen Chiaki hasste, so war Chiaki wenigstens eine Person, die sie kannte und die sie womöglich als Freund bezeichnen konnte. Sie spürte Mias Blick auf sich ruhen und musste sich zusammenreißen um den Blick nicht zu erwidern. Sie würde sich betont gelassen geben und dann hatte Mia keine Möglichkeit ihr zu schaden. Sie war immer eine Meisterin darin gewesen, sich in sich zurückzuziehen und niemanden etwas von ihren Gefühlen mitzuteilen. Nur so hatte sie ihre Kindheit überlebt und das war auch gut so.

Außerdem, Marron hatte nichts getan, was diesem Mädchen gegen den Strich ging oder gehen könnte.

Dachte sie zumindest.
 

Zeternd lief Miyako mit Yamato voraus zu den Schlafsälen. Miyako hatte es nicht so hart getroffen wie Marron. Ihre Zimmergenossin war ein recht freundliches Mädchen und sie hatte sogar das Glück gehabt und war mit Yamato in einer Gruppe gelandet, doch sie regte sich mehr für Marron auf. Marron hatte seit der Wahl nichts mehr gesagt und Miyako hatte nun das Gefühl, dass sie sich über Mia Harouno äußern musste.

„Und wie sie Marron gerade angeguckt hatte. Wenn die nur ein Wort sagt, zerreiß ich sie in der Luft.“

Etwas unsicher musterte Yamato seine Freundin. Er kannte Miyakos Vernunft, aber für Marron würde sie alles tun.

Marron dagegen hielt sich eher zurück. Sie versuchte best möglichst alle Gedanken an die Blondine zu verdrängen. Mia schien sie auf dem Kicker zu haben und obwohl Marron nichts auf dieser Welt wirklich noch erschrecken konnte, sträubte sich alles in ihr gegen den Freizeitpark. Zwei Tage Gezicke und Gezeter. Dabei wollte Marron nur ihren Frieden.

Eine Gestalt, die zu ihr aufschloss, ließ Marron aus ihren Gedanken hochschrecken.

„Mach dir keine Gedanken. Mia wird nichts machen, wenn ich dabei bin.“

Wieder zeigte Chiaki sich verständnisvoll, fast sogar einfühlsam und wieder irritierte diese Art an ihm sie sehr. Marron lächelte matt und sah vor sich auf den Weg.

„Ach, wird schon. Ich denke nur, dass gerade deine Anwesenheit womöglich der Grund für Streß sein wird.“ Fragend runzelte Chiaki die Stirn. Bei seinem ahnungslosen Blick musste Marron unwillkürlich lachen.

„Wusstest du nicht, dass diese Mia in mir anscheinend ernsthafte Konkurrenz oder Ähnliches sieht?“

Marron hätte jetzt erwartet, dass Chiaki anfing zu lachen, doch er blieb ernst was Marron ein wenig verunsicherte. Da sie nichts auf sein Schweigen zu entgegnen hatte, lachte sie ein wenig und schwieg dann ebenfalls.
 

Marron? Konkurrenz? Oh ja, dass war sie auf eine Art und Weise. Sie wusste nur nichts davon und Chiaki brannten seine Gefühle auf der Zunge. Nur zu gern hätte er Marron gesagt, dass Mia einen Grund hatte, Marron zu hassen, auch wenn er es lächerlich fand, denn Mia hatte schon lange keine Chance mehr. Zwischen ihnen war es schon seit Wochen aus und Mia hatte gewusst wie er, Chiaki, war. Keine Frau und keine Beziehung waren von Dauer in seinem Leben und Gefühle spielten keine Rolle. °Zumindest bis jetzt°, dachte er und seufzte leise. Marron hatte dies mitbekommen und sah ihn verwundert an. Chiaki lächelte sie an.

„Frauen! Ich werde mit Mia sprechen.“

„Ach, das brauchst du nicht. Ich weiß nicht woher sie die Idee hat und deshalb werd ich mir diesen Schuh auch nicht anziehen! Ich schalt einfach auf Durchzug. Wird schon gehen.“

Mit diesen Worten baute Marron eine unzerstörbare Mauer in sich auf und wusste, dass Mia sie nicht aus der Ruhe bringen würde. Chiaki sah die Entschlossenheit in ihren Augen und doch war er ein wenig unsicher. Aus irgendeinem Grund spürte er das unbändige Gefühl, Marron vor Allem und Jedem beschützen zu müssen. Liebe war schon seltsam.
 

Während der zweistündigen Busfahrt hatte Marron ihre Mauer mit allen möglichen Sätzen gestärkt. Mia hatte keinen Grund sauer zu sein. Ihre Worte konnten Marron nichts anhaben. Chiaki würde nicht zulassen, dass Mia die ganze Zeit eklig zu ihr war und schließlich hatte Marron schon Schlimmeres durch gestanden. Das Einzige was Marron Magenschmerzen verursachte war die Tatsache, dass es ungemütlich werden würde und sie hatte so gehofft, dass nicht alle Menschen böse in ihrem Inneren waren, wie ihr Onkel, wenn er dies auch auf eine andere Weise auslebte.

Die Jugendherberge war schlicht, doch hatte etwas Gemütliches an sich, trotz des Trubels dort. Es schien als wären mehrere Schule auf dieselbe Idee gekommen und überall waren Jugendliche die aufgeregt dem Park entgegenfieberten. Miss Harouno, und die vier anderen Lehrer die mitgekommen waren, teilten sich auf und führten die Schüler zu ihren Zimmern. Während ein Erwachsener dabei war verhielt Mia sich freundlich und zuvorkommend und Marron atmete durch. Doch das Zimmer war klein, sie würden unweigerlich miteinander konfrontiert werden.

Die Schüler sollten sich etwa zwei Stunden auf ihren Zimmern aufhalten; Betten beziehen, Sachen auspacken und dann sollten sie sich alle vor der Herberge treffen und es hieß: Auf in den Park!

Die ganze Zeit über verhielt Mia sich ruhig. Es herrschte Schweigen und Marron musste Mia eingestehen, dass sie nicht dumm war. Sie schien nichts unbedächtig zu tun. Doch Marron wusste auch, dass es einfacher war, wenn ein Mädchen eifersüchtig, zickig und dumm war als so durchtrieben wie Mia es nun einmal war.

Erst als sie gemeinsam das Zimmer verließen um die anderen Schüler zu treffen, hielt Mia Marron zurück. Ihre Augen blickten kalt aus dem wohlgeformten Gesicht, doch um ihre vollen Lippen spielte ein gefährliches Lächeln.

„Pass auf was du tust, Kleine. Chiaki ist ein heikles Thema für mich und er wird entweder mir gehören oder sonst Keinem! Lass die Finger von ihm und ich werde davon absehen dir das Leben zur Hölle zu machen.“

Marron spürte Wut in sich aufsteigen, schluckte sie aber gekonnt herunter. Sie würde sich nicht verletzbar machen, in dem sie auf diese Drohung einging. Mit gekonnt teilnahmslosen Blick und kalten Blick musterte sie Mia abschätzig. Die Verachtung in ihrer Stimme stand der von Mia in nichts nach.

„ Ich weiß nicht wer dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat, aber Chiaki und ich sind nur Freunde. Sollte es dir aber Spaß machen auf anderen herumzuhacken, bitte tu dir keinen Zwang an. Ich hoffe nur du bist nicht enttäuscht, wenn du bei mir auf Granit beißt.“

Mit diesen Worten schloß Marron die Tür des Zimmers hinter sich und ging. Sie musste all ihre Willenskraft aufbringen um sich nicht umzudrehen, denn sie spürte den hasserfüllten Blick von Mia in ihrem Rücken. Doch Marron wusste, dass dieser Punkt an sie ging und Mia sich nun zweimal überlegen würde, wenn sie auf Marron losging. Vielleicht würde sie härtere Geschütze auffahren, aber die würden an Marron abprallen. Sie war stärker geworden seitdem sie nicht mehr im Schatten ihres Onkels stand und niemand würde daran was ändern.
 

Chiaki und Subaru Chichiri - ein hübscher, blonder Junge, der immer zu lächeln schien - saßen vor der Herberge auf einer Bank und warteten auf die Mädchen. Sie schienen sich über irgendetwas prächtig zu amüsieren und Marron war erleichtert, dass die Stimmung der beiden scheinbar sehr gut war. Das hieß der Tag konnte doch noch gut werden. Der Wind pfiff kalt über kalt über den Parkplatz und Marron schlug den Kragen ihres schwarz-weiß karierten Mantels hoch. Als CHiaki sie entdeckte strahlte er ihr entgegen.

„Hallo, Marron. Wir sind gerade die Attraktionen durchgegangen, die wir letztes Jahr nicht geschafft haben und dachten wir sollten mit denen anfangen.“

Marron lächelte nur und strich sich eine Haarsträhne, die aus ihrem Zopf floh, zurück.

„Ich kenne den Park nicht, also halte ich mich einfach ganz an euch.“

Chiaki sah sich um und wollte gerade nach Mia fragen, als diese die Stufen zum Parkplatz hinunter kam. Sie schien wie immer doch Chiaki kannte Mia. Ihr war eindeutig etwas über die Leber gelaufen und nach der guten Laune zu urteilen, die Marron hatte, ging die erste Runde an die Brünette. Chikai unterdrückte ein Grinsen.

„Na dann, auf auf.“
 

Marron hielt sich die meiste Zeit an Subaru, da dieser sie sofort in Beschlag nahm. Er war äußerst charmant und lustig und obwohl er viel Unsinn redete konnte Marron nicht umhin, das sich ihre Laune minütlich steigerte. Chiaki hielt sich dagegen, wie auch Mia eher zurück. Marron wusste nicht, ob Chiaki damit bezweckte in der Nähe der Blondine zu sein, aber es versetzte ihr doch einen kleinen Stich. Subarus einnehmendes Wesen ließen ihr aber nicht viel Platz für irgendwelche Gedanken, die Marron sowieso nur ärgern würden.

Plötzlich sprang eine große Gestalt mit einer furchterregenden Fratze aus dem Gebüsch, landete genau vor Marron und packte sie an der Schulter. Mia schrie übertrieben laut und nutzte die Gelegneheit an Chiakis Hals zu springen, doch Marron blieb einfach nur das Herz stehen. Mit erschrockenen, weit aufgerissenen Augen sah sie in die knallgrünen Augen und spürte wie der Schreck nachließ, als sie die Kontaktlinsen als solche enttarnte. Subaru lachte sich halbtot und zog Marron mit sich.

„Daran musst du dich gewöhnen, dass passiert ab jetzt ständig. Die Darsteller warten nur auf uns.“

Marron hatte das Gefühl, als wenn all ihr Blut aus ihrem Gesicht gewichen wäre. Ihre Hände waren eiskalt geworden und ihr Atem ging flach. Niemand schien es zu bemerken und Marron war es auch lieber so. Wie hätte sie irgendjemand erklären sollen, dass sie seit Jahren des Nachts Dämonen jagten? Dämonen, die sich nicht vertreiben ließen, weil Marron ihre Erinnerungen nicht abstellen oder verdrängen konnte?

„Sieh mal da vorne, da gibt’s einen Schießstand.“

Subaru ließ Marrons Arm los und lief eiligst vor. Marron, die noch immer mit sich zu kämpfen hatte, war froh darüber einen Moment zu haben um die Fassung wieder zu erlangen. Niemals hatte sie sich vorstellen können, dass die Darsteller des Parks so gut waren. Hoffentlich fand sie einen Weg, mit alldem umzugehen, sonst würde sie sich schrecklich blamieren.
 

Besorgt musterte Chiaki Marron. Sie stand seitlich von ihm und Chiaki konnte deutlich erkennen, dass etwas nicht stimmte. Sie war kreidebleich und obwohl es kühl war, konnte er kleine Schweißperlen auf ihrer Stirn erkennen. Wurde sie etwa krank? Nein, als sie an der Herberge gewesen waren, war sie noch munter gewesen und hatte keine Anzeichen gezeigt, dass etwas nicht stimmen könnte.

Er machte sich von Mia los, die seit dem Moment, an dem der Darsteller sie erschreckt hatte, an seinem Arm hing, und ging zu Marron die noch immer hinter Subaru her blickte, dabei jedoch seltsam abwesend schien.

Er legte ihr eine Hand auf den Rücken und sie zuckte kaum merklich zusammen, lächelte ihn aber an.

„Geht’s dir gut, Marron?“
 

Mist, es hatte doch jemand gemerkt, dass etwas nicht stimmte.

„Natürlich, mir ist nur ein wenig schwindelig. Keine Ahnung warum. Ich meide einfach die Attraktionen und dann ist gut.“

Subaru, der vom Schießstand, sichtbar erfolglos, zurückkam, schnaufte verächtlich.

„Wenn du keine Karussels besteigst verpasst du ja alles.“

Hektisch suchte Marron nach einer Begründung, damit sie nicht als Spielverderberin da stand. Aber die einzige Chance, ihrem Problem zu entgehen war, die Attraktionen zu meiden.

„Ich habe auch keine Lust, ich kenn den Park in und auswendig. Geh du mit Mia und wir warten dann unten.“ Chiaki stand noch immer neben Marron und seine Hand die weiterhin in ihrem Rücken lag, gab ihr Sicherheit. Eine Sicherheit, die sie nicht zu deuten vermochte und noch nie gespürt hatte.

Mia wollte protestieren, doch Subaru war längst Feuer und Flamme wie ein kleines Kind. Mia hatte keine Chance. Ehe sie sich versah, saß bereits in der nächsten Achterbahn.

Erleichtert beobachtete Marron wie die wilde Fahrt losging; ohne sie.
 

Marron atmete kaum merklich auf, doch Chiaki, dessen ganzes Sein nur auf dieses Mädchen ausgerichtet war, merkte es sofort. Er hatte das Gefühl, dass Marron sich nicht wohl fühlte, doch er fragte sich warum. Sie war still und fast schon ängstlich und das seit…. Ja seit wann? Chiaki überlegte fieberhaft. Hatte Mia irgendwann die Möglichkeit gehabt, etwas zu Marron zu sagen? Nein, ganz sicher nicht. Chiaki war extra in ihrer Nähe geblieben um dies zu vermeiden.

Der Darsteller! Es fiel Chiaki wie Schuppen von den Augen. Seitdem der Dämon Marron angesprungen war, hatte Marron sich immer mehr in sich zurückgezogen. Aber doch nicht wegen so einem Schauspieler?

Chiaki blickte auf Marron hinunter. An ihnen vorbei schlichen zwei eklig anzusehende Dämonen, doch Marron schien verbissen beiseite zu schauen. Chiaki runzelte die Stirn. Sie hatte Angst vor diesen Darstellern. Unmöglich! Aber warum?
 

Bald geht’s weiter ^.~

Park Teil 2

Kapitel 10
 

Chiaki wusste, wenn er Marron auf ihre Angst ansprach, dann würde sie ihm ausweichen. Er konnte es ihr auch nicht verdenken, da sie sich im Grunde genommen noch immer fremd waren. Der Gedanke schmerzte ihn. Er wollte mehr von ihr haben, mehr für sie sein. Er merkte, wie ihn eine tiefe Unzufriedenheit packte und er auch ein wenig wütend auf Marron wurde, weil sie sich ihm nicht anvertraute.

Marron dagegen war in diesem Augenblick damit beschäftigt, sich einzureden, dass sie sich etwas einbildete. Es war dumm vor etwas Angst zu haben, das nicht existierte. Diese Monster waren nur Hüllen. Darunter verbarg sich womöglich ein lieber, netter Mann der stündlich gut verdiente, weil er die Leute erschreckte. Mehr nicht. Doch die Angst, die Marrons Wegbegleiter gewesen war seitdem ihre Eltern gestorben waren, manifestierte sich in allem um sie herum und drohte sie zu ersticken. Sie schloss die Augen und dachte an Ashitaka. Er war immer da gewesen, wenn die Angst sie hatte überwältigen wollen. Sie hatte lange nichts mehr von ihm gehört und er fehlte ihr sehr. Sie konzentrierte sich auf die schöne Zeit mit ihm und sofort wurde ihr wieder warm ums Herz.

Chiaki bemerkte das Marron sich wieder entspannte. Die beste Möglichkeit um seine Chance zu nutzen und sie für sich zu gewinnen. Er konnte ja auch nicht ahnen, dass egal was er vorhatte, genau das Falsche sein konnte.

„Komm, wir gehen schon mal weiter. Das kann noch dauern bis die Beiden dort wieder hinauskommen.“ Marron blickte ebenfalls nach oben und sah Subaru begeistert aussteigen und zur Schlange zurückkehren. Im Schlepptau Mia, die nicht sehr glücklich aussah. Marron nickte.

„Scheint so.“ Marron war zwar für nichts wirklich zu begeistern, doch sie ließ sich widerstandslos mitzerren. Chiaki gefiel ihre Anteilnahmslosigkeit nicht und machte ihn zusehend verstimmter. Er suchte dringend nach einer Möglichkeit ihr näher zu kommen und ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu erlangen. Langsam begann er seine freundliche Ader wieder abzulegen und den Jäger in sich zu spüren. Er wollte Marron und er würde sie bekommen, so wie er alles bekam, was er wollte. War man einmal ein Macho, so war es doch schwer, diese Seite abzulegen, selbst wenn er es nicht so ernst meinte. Chiaki war nie wirklich geduldig gewesen und das war sein größter Fehler. Schlimmer war, dass er nicht wusste, was er mit seiner Ungeduld anrichten konnte.
 

Ein Riesenrad war die Möglichkeit. Man hatte die Gondeln verdunkelt um eine intime Atmosphäre zu schaffen. Das passte Chiaki natürlich sehr gut, für Marron bedeutete es die Chance, sich ein wenig von dem Trubel abzuschotten. Fast dankbar ließ Marron sich in die weichen Kunststoffpolster sinken und blickte nach draußen. Kaum hatte sich das Riesenrad in Bewegung gesetzt, atmete sie deutlich auf.

Chikai fixierte sie. Dies war die Gelegenheit. Er würde ihr sagen, was er für sie empfand. Sie konnte ihm nicht ausweichen, musste ihm offen gegenübertreten. Chiaki hatte schon früh feststellen dürfen, dass Offenheit immer gut ankam und sobald sich ein Mädchen oder eine Frau nicht mehr verstecken konnte, war sie bereit zu allem. Das war das, was er erreichen wollte und würde.

Trotz der Sicherheit, die die Gondel ihr zu geben schien, wurde Marron ein Prickeln im Nacken nicht los. Fast automatisch sah sie zu Chiaki hinüber. Trotz des schummrigen Lichtes konnte Marron seine Augen erkennen, die sich alleine auf sie richteten, erwartungsvoll und mit einem ungeduldigen Glanz, der sie beunruhigte. Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Hatte sie sich etwa verschätzt?

„Ist irgendetwas?“ Marron bemühte sich eine feste Stimme zu bewahren. Chiakis Mund verzog sich zu einem charismatischen Lächeln, was Marron gar nicht gefiel.

„Ich frage mich nur, warum so ein wunderschönes Mädchen wie du, sich so sehr zurückhält.“ Sprachlos starrte Marron Chiaki an. Was hatte er gesagt? Wie kam er denn zu so einem Mist? „Seit dem Moment, an dem ich dich gesehen habe, mit diesem unschuldigen Blick, weiß ich, ich will nur dich.“

Zu Beginn der Fahrt hatte Chiaki gegenüber von Marron Platz genommen, doch nun setzte er sich neben sie, sodass sie zu ihm aufsehen musste. Marron, die noch immer nicht begreifen wollte, dass Chiaki sich um hundert Grad gedreht hatte, ließ es geschehen, als dieser ihre Hand in die seine nahm. Chiakis Stimme hatte eine Ton angeschlagen, denn sie an ihm nicht kannte und der sie sehr an den betörenden Tanz einer Kobra erinnerte….bevor sie zubiss. Immer mehr spürte sie die Abneigung gegen dieses Verhalten. Es hatte nichts Ehrliches mehr an sich.

„Du bist einzigartig, Marron. Eine der tollsten Frauen, die ich je kennen lernen durfte.“ Vieles entsprach alleine der Wahrheit, auch wenn Marron es nicht unterscheiden konnte. Sie schaffte es nur ihn mit offenem Mund anzustarren, während sie sich immer wieder fragte, ob sie sich so sehr in Chiaki getäuscht hatte. Er sprach doch tatsächlich mit ihr, wie mit einer seiner Tussen.

Chiaki, der ihren Unmut spürte, packte die Wut. Wieso sah sie ihn so verständnislos an?

„Du weißt gar nicht, wie viel es mir bedeutet, dass ich in deiner Nähe sein darf.“ Er nahm eine von Marrons Locken in die Hand und spielte scheinbar versonnen mit ihr.

Marron, der es immer mehr wie eine Schmierenkomödie vorkam, prustete plötzlich los.

„Mach dich nicht lächerlich, Chiaki! Du spinnst doch!“ Was Chiaki nicht wusste war, dass er Marron nicht nur verwirrte, sondern auch ein wenig in die Ecke zwang. Sie verspürte unterschwellig Zorn wegen seinem falschen Verhalten und auch ein wenig Traurigkeit, weil er sie getäuscht hatte. Wieder ein Mensch, der nicht ehrlich mit ihr war, sie nur wegen einem bestimmten Ziel umgarnte. Marron versuchte von Chiaki wegzurutschen, wandte ihre Augen ab. Sie wollte nichts mit ihm zu tun haben und sich erst recht nicht mit dieser Situation abgeben. Sie hätte wissen müssen, dass er bei ihr genauso wenig unversucht lassen würde, wie bei jeder anderen auch.

Doch Chiakis Griff verstärkte sich. Er würde Marrons Hand nicht so einfach loslassen. Wenn er sie jetzt gehen ließ, bekam er nicht erwünschtes Ergebnis. Mit aller Kraft zog er sie zurück und stützte seine Hände rechts und links von ihrem Kopf am Sitzpolster ab, schlug einmal nachdrücklich gegen den nachgebenden Schaumstoff.

„Nimm mich ernst, Marron, verdammt.“ Seine Augenbrauen zogen sich zornig zusammen und seine Augen funkelten sie an. Marron spürte Chiakis heißen Atem auf ihrem Gesicht und ihr Herz rutschte ihr von der einen auf die andere Sekunde in die Hose. Er machte ihr jetzt Angst.

„Wenn ich eins hasse, dann wenn Weiber nicht zuhören. Du solltest dich geehrt fühlen, wenn dir jemand so etwas sagt.“

Marron, deren Körper sich vor Angst zusammenzog, weil er sich auf Schläge einstellte, hatte alle Mühe nicht zu zittern. Doch sie spürte heiße Tränen empor steigen.

Auch wenn Marrons fast panischer Gesichtsausdruck Chiaki doch verwirrte, so war er

dermaßen in Rage, weil er die Frau vor sich nicht begriff, dass er scheinbar blind war.

„Du verdammter Idiot!“ Sie zischte die Worte nur so hervor. Ihr Wille, sich nie wieder erniedrigen zu lassen, war stärker als ihre Angst und gleichzeitig die beste Möglichkeit um sich zu behaupten. Marron straffte sich und machte sich bereit Chiaki entgegenzutreten.

„Was glaubst du wer du bist? Dreckskerl! Lass mich sofort los!“

Verbissen wehrte Marron sich nun und entzog sich nur mit Mühe dem völlig baffen Chiaki. Kaum hatte er sie losgelassen, da sprang sie auf sodass sie ihm kampfbereit, und nicht länger im Nachteil, gegenübertreten konnte.

„Was auch immer du dir von mir jemals erhofft hast: Vergiss es. Du bist eine Witzfigur und dreist auch noch dazu.“

Chiaki spürte die Demütigung in Marrons Worten und es traf ihn wie ein Faustschlag in die Magengrube, doch auch Marron taten die Worte weh. Noch nie hatte sie sich so jemanden gegenüber geäußert, doch diese Art Vertrauensbruch machte sie fertig, brachte alles in ihr in Aufruhr.

Chiakis Mimik wurde von dem einen auf den anderen Moment kühl und zurückhaltend, als wenn er das alles als einen Scherz sah. Er trat einen Schritt zurück und je mehr er zurückwich,

umso freier konnte sie atmen, doch zufrieden war sie nicht. Hätte er sie jetzt angeschrieen und sie hätten sich gestritten, wäre es Marron besser gegangen. Jetzt fühlte sie sich jedoch verarscht und mies behandelt.

Chiaki spürte, dass ihre Worte ihn verletzt hatten und das war ihm noch nie passiert. Er war allen immer eine Wellenlänge voraus. Wie konnte es sein, dass dieses Mädchen alles sprengte was er kannte und womit er umgehen konnte. Gut, sie wollte Streit. Er würde nicht drauf eingehen, aber er würde auch nicht wortlos von dannen ziehen. Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.

„Du bist doch nicht normal. Mit so etwas wie dir gebe ich mich normalerweise gar nicht erst ab. Vielleicht hast du frigides Weibsbild Recht, vielleicht stimmt alles was du sagst. Doch ich kann damit prima leben.

Aber ich bezweifel ernsthaft, dass jemand mit einem Menschen ins Bett steigen will, der Angst vor kostümierten Menschen hat.“

Das hatte gesessen. Wie konnte ein Mensch eine Schwäche, die er offensichtlich bemerkt, aber zuvor nicht kommentiert hatte, so ausnutzen? Die Tür der Gondel ging auf, die Fahrt war vorbei, doch weder Marron noch Chiaki bekamen davon viel mit. Marrons Blick wurde leer und sie zog sich in sich zurück. Sie wollte davon nichts mehr hören. Sie konnte sich nur auf sich selbst verlassen und das war erneut der Beweis. Noch nie hatte sie Jemanden so einfach und unschuldig vertraut wie Chiaki. Warum, wusste sie nicht, schließlich hatte selbst Miyako es schwerer gehabt.

Wortlos drehte sie sich um und ging. Der Mitarbeiter des Parks, der die Tür geöffnet hatte, sah ihr verwundert hinterher, wie Chiaki. Doch sein Gesichtsausdruck war eher bestürzt, als wenn er sich eben erst bewusst geworden wäre, dass er zu weit gegangen war.
 

Marron kämpfte währenddessen mit den Tränen. Nicht nur weil sie traurig war, nein, sie war stink wütend. Und dazu noch mehr auf sich selbst als auf Chiaki. Dumm war sie, ja das war das passende Wort. Und Chiaki war das mieseste Schwein, das sie kannte, nach ihrem Onkel.

Blind für die Darsteller um sie herum, eilte Marron durch die Menge, immer in Richtung Herberge.

Sie wusste nicht wie lange sie gebraucht hatte , doch als sie die Treppen erkannte, die sie früher am Tag hinunter gelaufen war, packte sie plötzlich eine Hand fest am Arm.

Marron fuhr herum. Chiaki war ihr hinterher gerannt. Sein Gesicht war gerötet und sein Atem ging schwer, doch sein Gesicht sagte ihr, dass er schockiert war. Warum auch immer, es interessierte sie nicht. Sie war unempfänglich für ihn und jedes seiner Worte. Bevor er etwas sagen konnte sauste Marrons Hand durch die Luft und klatschte hart auf seine linke Wange. Doch der Schlag kam Chiaki recht. Er hatte das Gefühl, diese Ohrfeige mehr als verdient zu haben. Sie hatten sich beide nichts geschenkt, aber was auch immer Marrons Problem war, er hätte ihre Schwäche nicht dazu benutzen dürfen, sie fertig zu machen.

Doch er hatte eindeutig verloren.

„Fass mich nie wieder an.“

Damit riss sie sich los und verschwand in dem Gebäude.
 

Hallöle^^

Also vorweg, ohne meine manney hätte ich das Kapi nicht so hinbekommen. Vielen Dank, mein O-Saft-süchtiger Engel.

Bittere Angelegenheiten

Kapitel 11
 

Irritiert sah Miyako zu Marron hinüber. Ihre Freundin sah gedankenverloren aus dem Fenster des Busses und hatte seitdem sie heute früh aufgebrochen waren auch kein wirkliches Wort gesprochen. Der Rest des Doppeldeckers vibrierte vor Aufregung. Jeder wollte dem anderen erzählen, was er aufregendes im Park erlebt hatte, nur Marron schwieg.

Hilflos blickte Miyako sich nach Yamato um. Er saß einige Plätze hinter ihr und ihre Blicke trafen sich. Aus irgendeinem Grund sah Yamato genau so aus, wie Miyako sich fühlte. Sie drehte sich wieder zu Marron um und tippte ihr zaghaft an die Schulter.

Auch wenn die Brünette sie anlächelte, so wusste Miyako, dass ihr Lächeln nicht hätte unechter sein können.

„Ich geh mal eben zu Yamato, ist das okay?“ Marron verzog das Gesicht, als habe Miyako einen schlechten Scherz gemacht.

„Ich komm schon alleine zurecht!“, sagte sie mich einem amüsierten Unterton in der Stimme. Miyako glaubte Marron zwar kein Wort, nickte aber und wuselte sich zu Yamato durch.
 

Als dieser seine Freundin auf sich zukommen sah, warf er einen nervösen Blick zu Chiaki neben sich. Dieser hatte ebenfalls nur einsilbig geantwortet, sich seine Ohrstöpsel ins Ohr gesteckt und hörte seit etwa zwei Stunden irgendwelche agressive Musik, die bis zu Yamato durchdrang. Auch wenn Yamato nicht wusste, was genau mit seinem besten Freund los war, so war ihm klar, dass Marron der Grund war. Chiaki war nie so niedergeschlagen gewesen, seitdem sie sich kannten und Yamato glaubte, dass nur wahre Emotionen so etwas bewirken konnten.

Mit einem Seitenblick auf Chiaki kniete Miyako sich neben Yamato. Auch sie vernahm die laute Musik und runzelte nachdenklich die Stirn.

„Was glaubst du ist passiert?“

Miyako musste nicht erklären, was sie meinte. Das Thema war eindeutig.

„Ich weiß es nicht, aber es wird schwer für Chiaki das zu kitten. Vor allen dingen, weil ich ihm jetzt schon anmerke, dass er der Sache aus dem Weg geht.“

Miyako musste Yamato schon alleine wegen der Lautstärke der Musik Recht geben.

„Ich sag es nicht gerne, aber ich denke wir können den Beiden nur eine Schulter zum Ausweinen geben. Das müssen die alleine hinbekommen.“
 

„Chiaki ist es nicht einmal wert, dass man ihm einen Blick schenkt.“

Mit einer unbedachten Bewegung warf Marron ihre kleine Reisetasche auf das Bett. Miyako atmete innerlich auf. Marron rückte endlich mit der Wahrheit raus. Die Spannung hatte zwischen ihnen wie ein eine Wand gewirkt, doch Miyako hatte sie nicht drauf angesprochen. Marron würde schon von alleine anfangen und Miyako hatte Recht behalten.

Statt sich daran zu machen die Tasche auszupacken, stellte Marron sich ans Fenster und sah wieder abwesend vor sich hin. Miyako musste sich ihre Neugier verkneifen und fing an ruhig und beherrscht ihre Kleidung auszusortieren.

„Sag mal Miyako, können Menschen etwas an sich haben, dass andere Menschen dazu veranlasst hässlich zu ihnen zu sein?“

Miyako spürte, wie sie sich verkrampfte. Erschrocken sah sie auf, doch Marron sah immer noch aus dem Fenster, hatte die Arme um den Körper verschränkt.

„Ich wusste immer, dass ich anders bin. Ich habe Erfahrungen gemacht, die ich mit niemanden teilen kann und die manche, Gott sei Dank, nie durchleben. Aber ich hatte gehofft, dass ich irgendwo Frieden finden würde.“

Miyako konnte sich nicht zurückhalten. Sie spürte den Drang Marron in den Arm zu nehmen und ging auf sie zu. Doch Marron fuhr herum und lächelte Miyako beruhigend an.

„Marron, was um Himmels Willen hat Chiaki gemacht?“

Marron schien nicht überrascht zu sein, dass Miyako bereits erahnt hatte um wen es ging.

„Es geht nicht darum, was er gemacht hat. Viel mehr darum, dass es mich so berührt.“

Miyako sah Tränen in Marrons Augen schwimmen.

„Er ist mies und dreist, aber das alles wäre nicht so schlimm wenn es nicht er gewesen wäre.“

Diese Traurigkeit überraschte Miyako genauso, wie die Gefühle die Marron äußerte.

„Ich habe ihm vertraut und jetzt verspüre ich so einen fiesen Schmerz und ich kann damit nicht umgehen. Körperliche Schmerzen erschrecken mich nicht mehr, aber das ist neu und ich will es nicht.“

Miyako ging nun doch zu Marron und legte ihre Arme leicht um ihre Freundin. Sie blickte ihr jedoch fest in die Augen.

„Was willst du tun? Du wirst diesen Schmerz nicht los, Süße. Du siehst ihn jeden Tag.“

Marron nickte und ihre Miene wirkte umso entschlossener.

„Damit muss ich leben, aber mit mir hat er kein leichtes Spiel.“
 

Genervt beobachtete Yamato Chiaki. Sein Freund ging ihm mit seiner Melancholie mächtig auf den Keks. Seitdem sie vor etwa drei Stunden angekommen waren, hatte Chiaki nur fern geschaut und Bier getrunken, welches er sich bei einem kurzen Stopp an einer Raststätte gekauft und in den Bus geschmuggelt hatte. Chiaki schien aber nicht nur geknickt zu sein, sondern auch mächtig wütend. Auf sich oder Marron konnte Yamato nicht bestimmten.

Irgendwann wurde es ihm zu bunt und er schaltete wortlos den Fernseher ab.

Empört richtete Chiaki sich in seiner Couch auf.

„Was hast du für ein Problem?“

Yamato hörte an Chiakis Art zu Reden, dass sein Freund ein Bier zu viel gehabt hatte.

„Ich frag mich was dein Problem ist. Du drehst hier ab, Kollege, nicht ich.“ Yamato blieb völlig ruhig. Er kannte Chiaki zur Genüge. Er würde nicht lange hinterm Berg halten.

„Du willst wissen was für ein Problem ich habe? Marron ist mein Problem. Ihre prüde, arrogante und kalte Art. Sie hält sich für etwas Besseres, pah! Wer braucht so etwas?“

°Du anscheinend!°, doch Yamato wagte es nicht, die Worte auszusprechen.

Von einem Augenblick auf den anderen veränderte Chiakis wütende Mimik sich in eine tiefer gehende Traurigkeit. Als er nun sprach, schien es an niemanden speziell gerichtet.

„Ich bin ja nicht ganz unschuldig, aber das sie so ausrastet nur weil ich ehrlich bin? Ich habe ihr doch nur gesagt, was ich über sie denke, für sie fühle. Meine Güte, ich konnte so was nie gut. Vielleicht war ich etwas zu plump…..“

°Mit Sicherheit…°, dachte Yamato.

„….und ich war nicht gerade nett zu ihr. Aber das ist kein Grund so auszurasten. Niemand darf so mit mir umgehen, auch Marron nicht.“

Erst jetzt richtete er wieder sein Augenmerk auf Yamato, der ruhig aber innerlich aufgebracht seinem Freund lauschte. Ihm schwante übles. Chiaki ließ Marrons Zurückweisung nicht einfach so über sich ergehen, dass wusste er.
 

Nachdem Marron Miyako ihr Herz ausgeschüttet hatte ging es ihr wesentlich besser. Sie fühlte sich gestärkt und ihr innerer Groll Chiaki gegenüber tat den Rest. Sie strahlte nun so ein Selbstbewusstsein aus, dass so mancher Schüler ihr irritiert hinterher sah, als sie durch den Flur zur Kantine schritt. Miyako war zu Miss Harouno gerufen worden und Marron hatte versprochen in der Mensa zu warten. Doch Marron war nicht danach, in die volle Mensa zu gehen und da rum zu sitzen. Sie hatte einem Mädchen aus dem Mathekurs gesagt, sie solle Miyako in die Bibliothek schicken, sollte sie auftauchen. Marron zog es aus irgendeinem Grund in die Zurückgezogenheit und Ruhe der Bücher.

Die alte Bibliothekarin mit dem strengen, grauen Knoten im Nacken und der Lesebrille auf der langen Adlernase, nickte Marron freundlich zu. Marron war einer der wenigen Schüler, die öfter hier aufkreuzten, also hatte sie so etwas wie die Ehre freundlich behandelt zu werden.

Unentschlossen wanderte Marron die Regalreihen ab. Sie las fast alles was sie in die Finger bekam, ob Roman oder Biografie, Enzyklopädie oder Fantasy. Doch heute wusste sie einfach nicht, wo sie anfangen sollte.

Sie arbeite sich von vorne nach hinten vor, bis sie die hinterste Ecke des großen Raumes erreicht hatte. Sie hatte viele interessante Dinge gesehen und nun würde sie den Weg rückwärts zurücklegen um sich zu entscheiden. Eine verrückte Methode, doch sie half.

Marron hatte nicht einmal die zweite Reihe von hinten erreicht, als sie in Jemanden hineinlief. Obwohl sie sich wunderte, dass hier jemand war, stammelte sie doch eine Entschuldigung, welche ihr im Halse stecken blieb als sie sah wer vor ihr stand.

Mit leicht gehobenen Augenbrauen blickte Chiaki auf Marron hinab. Marron spürte ihr heftig klopfendes Herz, aber auch ihre Wut auf Chiaki und die nicht zu übersehende Abneigung, die auch Chiaki spüren musste.

„Ach du bist es.“

Sofort wandte sie sich wieder ihrer Aufgabe zu, die er unterbrochen hatte und hoffte, dass er ebenfalls dem nachging, was er vor gehabt hatte. Doch Chiaki ging nicht. Marron spürte, dass er sie nicht aus den Augen ließ, sie beobachte während sie mit den Fingern über die Einbände strich und ihre Anspannung wuchs. Genervt knirschte sie mit den Zähnen, doch sie hielt es nicht länger aus. Ungeduldig fuhr sie herum, bemüht beherrscht nicht wütend zu erscheinen.

„Was willst du? Hau rein, ich habe keine Zeit für so einen Scheiß!“

Sie verschränkte die Arme und sah ihm herausfordernd entgegen. Chiakis umwerfendes und doch kaltes Lächeln jagte ihr ein Schauer über den Rücken.

„Tja Liebchen. Wollte mal sehen, ob du mich vielleicht schon vermisst. So eine Ansage wie gestern bekommst du nicht noch einmal. Von niemanden!“

Marron lachte spöttisch und drehte sich um. Der hatte doch wirklich nicht alle Latten am Zaun.

„Du glaubst doch tatsächlich du hättest irgendeine Wirkung auf mich erzielt. Sorry, ist nicht!“

Marron hatte genug. Ihr saß ein Kloß im Hals, weil seine Art sie verletzte. Ihr einziges Ziel war nun, die Bibliothek zu verlassen.

Plötzlich drückte sich Chiakis Körper hart gegen den ihren, schon sie bis zum Regal und hielt sie dort fest. Ihr Gesicht presste sich schmerzvoll gegen die Bücher, die auf keinerlei Weise nachgaben. Marron spürte die angespannten Muskeln von Chiaki an ihrem Rücken und vernahm seinen warmen Atem an ihrer linken Wange. Seltsamerweise hatte sie keine Angst. Sie war wütend und spürte wie sich alles in ihr zusammenzog und rebellierte. Doch wehren war zwecklos. Chiaki merkte es sofort und verstärkte nur seinen Griff, was den Druck und den Schmerz verschlimmerte. Seine Stimme war kaum noch ein Flüstern und obwohl Chiaki es zu verdrängen versuchte, hörte Marron nicht eiskalten Zorn, sondern so etwas wie Leidenschaft in seiner Stimme.

„Alles was ich gesagt habe war wahr, Marron und ich hasse es, nicht Ernst genommen zu werden. Noch schlimmer jedoch ist es, wenn ich zum Narren gehalten werde. Du kannst mir nichts vormachen. Deine Arroganz ist gespielt. In Wirklichkeit bist du wahrscheinlich nicht einmal wählerisch.“

Marron unterdrückte Tränen und schluckte hart. Chiaki war außer sich, in seiner Eitelkeit verletzt und vielleicht noch mehr. Doch nichts entschuldigte sein Verhalten. Mit aller, ihr verbliebenen Kraft trat sie ihm mit dem Absatz auf den Fuß, was ihn jedoch nur zusammenzucken ließ. Aber er lockerte seinen Griff ein wenig.

„Was bist du doch erbärmlich. Glaubst du wirklich, du erreichst etwas, wenn du mich verletzt oder einschüchterst? Wenn ich dich so gekränkt habe, wieso machst du es dann noch schlimmer?“

Chiaki ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Er zeigte keinerlei Reue, was Marron nicht wunderte. Selbst wenn er so etwas fühlte, würde er es ihr nicht zeigen. Fast teilnahmslos sah er ihr in die Augen und entdeckte wahrscheinlich die unterdrückten Tränen, die sie verspürte.

Augenblicklich wandte er sich um und wollte gehen. Fassungslos starrte Marron ihm hinterher.

„Warte! Das lassen wir jetzt nicht einfach so in diesem Raum stehen.“

Chiaki drehte sich nicht um.

„Ich habe einen Fehler begannen, in dem Augenblick in dem ich dir meine Aufmerksamkeit schenkte. Dazu gibt’s nichts zu sagen.“

„Ich habe nicht darum gebettelt, nicht ein einziges Mal, vergiss das nicht.“

Erst jetzt sah er ihr in die Augen, seine Mimik jedoch hatte sich nicht verändert.

„Mein Fehler!“

Damit schien für Chiaki alles gesagt und fort war er. Marron blieb nur mit einer verzehrenden Leere zurück und wünschte sich überall hin, nur nicht länger in der Nähe von Chiaki.

Bruch

Kapitel 12
 

Vergnügt lief Miyako den Gang zur Bibliothek hinunter. Dass ihre Freundin dort auf sie wartete gefiel ihr gut, denn sie musste dringend ein Wörtchen mit Marron in aller Ruhe sprechen. Es war ihr geglückt. Ja, sie hatte es geschafft etwas über Marrons Onkel herauszubekommen und kurz darauf hatte Miyako mit ihrem Vater gesprochen. Himuro Toudaji war Polizeikommissar und arbeitete Hand in Hand mit der Abteilung für Kindesmissbrauch, wobei Missbrauch nicht nur die sexuelle Seite einschloss, sondern auch jegliches Misshandeln. Myako hatte Marron bisher nichts davon erzählt, da sie befürchtete, dass diese womöglich nicht einverstanden war, aber ihr Vater hatte einen Weg gefunden Marron zu ermöglichen, sich von ihrem Onkel zu befreien. Endgültig.

Das Testament der Kusakabes konnte in dem Punkt für ungültig erklärt werden, in dem ihr Onkel bedacht worden war, solange er für Marrons Wohlergehen sorgte. Noch dazu hatte er angeboten als Marrons Vormund zu fungieren bis sie volljährig war. Dann konnte sie selbst über das beträchtliche Vermögen, welches ihr hinterlassen worden war, verfügen.

Aus diesem Grund hatte Miss Harouno Miyako ins Büro bestellt. Himuro Toudaji hatte die Direktorin ebenfalls in Vertrauen gezogen und sie beide hatten eben telefoniert.

Ein wenig hatte Miyako ja doch Angst, dass sie Marron vor den Kopf gestoßen hatte. Aber der Gedanke an dieses Ekelpaket, der von Marrons Erbe lebte ließ ihr einfach keine Ruhe mehr. Eher intuitiv hatte sie dann ihrem Vater von „diesem Mädchen“ erzählt, dass in ihre Klasse ging. Miyako hatte nur einen Rat haben wollen, doch daraus war dann direkt so eine Aktion geworden. Doch es hatte sein Gutes, jetzt musste sie nur Marron beibringen, dass Miyako und so einige andere sich in ihr Leben eingemischt hatten.

Sie ging gerade noch einmal die Einzelheiten des möglichen Gesprächs durch, als die Tür der Bibliothek mit Ach und Krach aufsprang. Miyako konnte gerade eben ausweichen.

„Was ist denn in dich gefahren? Kannst du nicht aufpassen?“

Als Miyako Chiaki erkannte blieb ihr verwirrt der Mund offen stehen? Seit wann ging dieser Faulpelz in die Bibliothek. Noch dazu wenn Marron…..

„Marron?“ Eilig ging sie in die Bibliothek. Die Bibliothekarin sah ihr skeptisch entgegen. Nicht nur, dass der junge Mann mit den blauen Haaren eben sehr unwirsch und laut den Raum verlassen hatte, jetzt kam auch schon der Nächste. Doch bevor sie etwas sagen konnte, war Miyako bereits hinter den Regalen verschwunden.
 

Noch immer stand Marron von Wut geschüttelt in der vorletzten Reihe der Regale. Sie konnte es einfach nicht fassen. Was hatte diesen Typen denn nur geritten, dass er sie jetzt sogar schon verfolgte nur um sie zu verspotten. Marrons Herz war so schwer, wie nie zuvor in ihrem Leben. Sie wusste, dass sie in diesem Moment lieber zuhause gewesen wäre, als hier. Selbst wenn der Gürtel schon abgeschnallt und gespannt gewesen wäre. Das hätte keinen Unterschied mehr gemacht.

„Marron?“

Oh Gott, Miyako. Marron hatte sie ganz vergessen. Und wenn sie jetzt kam, dann hatte sie mit Sicherheit auch Chiaki gesehen. Sie wollte aber nicht über das eben Geschehene sprechen.

Miyako kam um die Ecke gerauscht. Marrons blasses Gesicht mit den Flecken des Zorns ließen alle ihre Sinne alarmiert schrillen.

„Oh, ich bring diesen Bastard eigenhändig um!“ Miyako knirschte so entsetzlich mit den Zähnen, dass Marron sie kaum verstand. Beschwichtigend legte sie ihrer Freundin eine Hand auf den angespannten Arm.

„Es ist okay, Miyako. Er kann keinen Schaden anrichten.“

Plötzlich richtete sich Miyako Zorn gegen Marron. Etwas erschrocken wich diese daraufhin zurück.

„Erzähl mir keine Märchen, Marron. Ich habe ihn gesehen und jetzt dich. Ich hab die Schnauze voll. Jetzt misch ich mich ein.“

Sie drehte sich um, mit dem Ziel die Bibliothek zu verlassen. Etwas überfordert folgte Marron ihr. Sie wagte es aber erst etwas zu sagen, als sie den Raum bereits verlassen hatten.

„Bitte, Miyako. Lass es dabei. Es ändert nichts, er fühlt sich doch nur bestätigt.“

Abrupt blieb Miyako stehen und wandte sich zu Marron um, die ihrer Freundin flehend in die braunen Augen blickte. Doch nichts konnte Miyakos Wut zügeln.

„ Wie viel willst du noch in deinem Leben über dich ergehen lassen, Marron? Lass dir endlich helfen.“

Beschämt sah Marron zu Boden. Miyako hatte Recht, doch sie wollte nicht, dass andere ihre Probleme mit sich trugen. Miyakos Miene wurde sanfter.

„Marron du bedeutest mir sehr viel. Ich will nicht dabei zu sehen, wie du dich Tag für Tag quälst. Wenn du dir nicht helfen lassen willst dann denk daran, dass andere darunter leiden, dass du Schmerz empfindest.“

Wie Miyako geahnt hatte wirkte dieser Aspekt bei Marron sofort.

„Es tut mir Leid!“

„Nein, es muss dir nicht Leid tun. Genieß es.“ Liebevoll nahm sie die Brünette in die Arme.

„Lass es einfach zu, dass einmal Jemand etwas für dich tut.“
 

Kopflos war Chiaki nach Hause gegangen. Ihn interessierte nicht, ob er noch Unterricht hatte oder nicht. Immer mehr steigerte er sich in dem Versuch in Marron etwas Negatives zu finden, sie zum Bösewicht zu machen. Er hatte sie sehr verletzt, sich wie das letzte Arschloch aufgeführt und er wusste es. Doch trotzdem fokussierte er all seine Wut und Leidenschaft, die er für dieses Mädchen empfand und nicht mehr unter Kontrolle hatte auf Marron.

Als er in das Appartement kam schlug er so feste die Tür zu, dass Yamato, der am Küchentisch saß um zu Lernen, fast vom Stuhl fiel.

„Was ist denn in dich gefahren?“

„Ach scheiß drauf.“ Sofort ging Chiaki zum Kühlschrank und schlug frustriert die Tür wieder zu, als er erkannte, dass Yamato alles Bier entfernt hatte.

„Das ist nicht gut für dich, Kumpel!“

Das entscheide ich immer noch selbst!“

„Nicht solange wir zusammen wohnen!“ Blind vor Zorn ballte Chiaki die Fäuste und ging auf seinen Freund zu, der nicht einmal mit der Wimper zuckte.

„Was jetzt? Willst du mir einen auf die Schnauze hauen? Nur zu, Chiaki! Aber ich bezweifele, dass es deine Probleme löst.“

„Es würde aber gut tun!“

In diesem Augenblick pochte es laut und energisch an ihrer Tür. Wie aus der Trance gerissen blickte Chiaki irritiert zur Tür.

„Lässt du mich aufmachen oder muss ich damit rechnen, dass du mich niederschlägst?“

Seufzend ließ Chiaki sich auf einen der Küchenstühle fallen und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Anscheinend war einmal wieder dringend Redebedarf.

Das Klopfen wurde mehr und mehr zum Stakkato und Yamato fragte sich, abgelenkt von den Problemen seines besten Freundes, wer jetzt so unbedingt etwas von ihnen wollte.

Kaum hatte er die Klinke hinuntergedrückt, als Miyako buchstäblich mit der Tür ins Haus fiel. Das Yamato unverletzt davonkam hatte er seinen guten Reflexen zu verdanken.

„Wo ist er, Yamato und wehe du nimmst ihn in Schutz und lügst mich an.“

Yamato hob die Augenbraue angesichts seiner Freundin, die genauso von der Rolle war wie sein bester Freund.

„In der Küche. Kann mir mal jemand sagen, was hier los ist?“

Doch Miyako beschäftigte sich nicht mit Einzelheiten.

Als sie in die Küche gestürmt kam hob Chiaki gerade eben noch den Kopf bevor Miyako ihn mit einer Kraft, die für eine so zierliche Person untypisch war, am Kragen packte und gegen die Wand drückte.

„Was zum Teufel hast du Arschloch gemacht? Wieso behandelst du sie so? Sie ist nicht so wie deine Schlampen, also warum?“

Miyakos Augen sprühten Funken und sie machte den Anschein einer Löwin die ihr Junges verteidigte. Eine beängstigende Erscheinung wie Yamato fand, doch in Anbetracht des Themas würde er Chiaki nicht helfen.

„Ja, sie scheint etwas ganz Tolles zu sein, wenn du sie unter deine Fittiche genommen hast. Aber wenn du glaubst ich habe Gefallen an ihr gefunden muss ich dich leider enttäuschen. Prinzessinnen sind nichts für mich, wie du eben selber gesagt hast.“

Sein arroganter Ton schmerzte Miyako und hätte sie Fell gehabt, hätten sich ihre Nackenhaare gesträubt. Ein Kloß setzte sich in ihrem Hals fest, doch sie kämpfte gegen das beklemmende Gefühl an. Ihre Kraft jedoch ließ nach und sie ließ Chiaki los.

„Red nicht so von ihr. Du weißt nicht was sie durchgemacht hat, verdammt. Was auch immer sie getan hat, hast du dich nie nach dem Grund gefragt?“

Miyako wusste sie hatte zu viel gesagt, aber ihre Verzweiflung über die Hilflosigkeit angesichts einer solchen Kälte trieb ihr die Tränen in die Augen.

„Ich glaube du unterschätzt sie, Miyako. Sie spielt uns allen nur etwas vor, sonst nichts. Selbst dich hat sie hinters Licht geführt. Von mir hat sie keine Freundlichkeit zu erwarten.“

Hart schlug Miyako mit der Faust gegen Chiakis Schulter. Immer mehr schwoll ihre Wut ins Unermessliche.

„Oh, du irrst dich gewaltig. Aber von dir hätte ich nichts anderes erwartet. Ja, Marron macht uns allen etwas vor, aber sie ist dabei auf ihre Weise ehrlich. Sie erzählt es nur niemanden.“

In Chiakis Gesicht machte sich mehr und mehr Verwirrung breit und ein Blick zu Yamato sagte ihm, dass dieser auch nicht begriff.

Nun rollten die ersten Tränen über Miyakos Wangen und das war das erste Mal für Alle, dass Miyako weinte. Das letzte Mal war sie 5 gewesen.

„Chiaki, du hast ihr weh getan und das werde ich dir nicht verzeihen.“ Yamato trat an Miyako heran die weiterhin Chiaki mit unverhohlenem Hass musterte.

„Miyako, ich kann dir nichts ganz folgen. Wovon redest du?“

Miyako schloss die Augen und Yamato spürte, dass sie zitterte.

„Ich kann es euch nicht sagen. Es liegt an Marron, wem sie sich anvertraut.“ Nun sah sie wieder Chiaki und legte all ihre Abscheu in diesen Blick.

„Aber ich denke nicht, dass er noch darauf hoffen kann, dass er die Wahrheit erfährt.“

Sie wandte sich ab. Ihr war die Lust vergangen.

Yamato musterte Chiaki eine Weile, während dieser seinem Blick auswich. Er wusste, dass er noch Jemanden Rede und Antwort stehen musste.
 

Yamato holte Miyako vor dem Gebäude ein. Sie hörte nicht auf sein Rufen, doch er wusste, dass sie ihn genau hörte.

„Miyako, warte doch bitte.“

„Ich will mit diesem Typen nichts mehr zu tun haben, Yamato.“

Yamato atmete schwer ein und aus.

„Was hat er denn gemacht?“

„Unwichtig!“ Sie wandte sich ab und ging erneut Richtung Mädchenschlafsäle, doch Yamato wollte es genau wissen. Er hielt sanft aber bestimmt Miyakos Arm fest.

„Es ist wichtig. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll, wenn ich nicht weiß, was er getan hat.“

„Er hat ihr aufgelauert und sie aufs Schändlichste beleidigt, reicht das?“

Miyako, ich glaube er liebt sie.“ Miyakos Lachen war gemein und ihre Miene ungläubig.

„Das glaubst du doch selbst nicht.“

Yamato schüttelte bestimmt den Kopf. „Ich will ihn nicht in Schutz nehmen. Er hat sich definitv daneben benommen, doch er hats mir gesagt. Was auch immer sie gemacht, anscheinend hat sie ihn nicht nur gekränkt und seinen Stolz verletzt, sondern auch sein Herz gebrochen.“

„ Und das gibt ihm das Recht so mit ihr umzugehen?“

Yamato ging nun auf seine Freundin zu, denn er spürte wie sich ihr Zorn gegen ihn richtete. Er wollte sie nicht erzürnen, ihr aber ein wenig helfen, auch Chiakis Sicht zu sehen.

„Nein. Das will ich auch nicht sagen. Aber denk drüber nach. Ich wasch ihm gleich noch mal den Kopf.“

Etwas beruhigt ließ sie sich von Yamato in den Arm nehmen.

„Du wirst mir nicht sagen, was du gemeint hast, als du über Marron gesprochen hast, oder?“

Miyako schüttelte den Kopf.

„Ich kann nicht!“

Yamato drückte Miyako näher an sich. Das hatte er befürchtet.
 

In ihre dicke Daunenjacke gekuschelt beobachtete Marron die jungen Kakadus, die auf der anderen Seite der Fensterscheibe aufgeplustert schliefen. Wegen den niedrigen Temperaturen waren sie nach drinnen verlegt worden, wo Heizstäbe für wohlige Wärme sorgten.

Es war bereits dunkel, doch das störte Marron nicht weiter. Sie wollte Miyako aus dem Weg gehen. Es war gemein, aber Miyako war zu fixiert auf die Geschichte, während Marron das Alles nur vergessen wollte.

Miyako hatte Recht mit Allem was sie gesagt hatte und sie war ihr auch dankbar, aber es gab Dinge, die man manchmal einfach nur hinter sich lassen wollte, wie Chiaki. Sie hatte sich in ihren Gefühlen getäuscht. Sie war geblendet gewesen von Chiakis Charme, so unerfahren sie war. Die Konsequenzen trug sie nun. Aber was war das bisschen Herzschmerz schon? Das würde sie auch noch schaffen.

Ein lautes Knacken ließ Marron aus ihren Gedanken zusammenfahren. Erschrocken beobachtete sie den Weg. Hatte man sie doch gefunden?

Überrascht war sie dann doch, als Noyn auf sie zukam und sich neben sie ans Geländer lehnte. Er war wie immer schwarz gekleidet und seine dunklen Augen wirkten undurchdringlich.

Innerlich seufzte Marron. Jetzt ging es genauso weiter wie heute Mittag. Er hatte wahrscheinlich auch nur dumme Sprüche von sich zu geben.

Doch er schwieg und Marron wagte es ebenfalls nicht, etwas zu sagen. Sie standen eine gute Viertelstunde am Geländer gelehnt und beobachteten die trägen Kakadus.

Dann ergriff Noyn das Wort und seine weiche, tiefe Stimme erstaunte Marron.

„Es ist keine schöne Erfahrung, die du heute gemacht hast, aber leider nötig. Glaub mir, ich musste auch erst auf die Schnauze fallen um zu merken, dass diese Leute nichts für mich sind.“

Erstaunt blickte Marron Noyn an, doch er sah unverwandt auf die Kakadus.

„Woher weißt du….?“

„Ich war auch in der Bibliothek. Ich habe alles gehört.“

Marron schluckte hart.

„Das muss dir nicht unangenehm sein.“ Als sie nun wieder aufsah begegneten sich ihre Blicke und Marron fühlte sich magisch angezogen, während es ihr kalt den Rücken herab lief.

„Ich hätte eingreifen müssen, aber du schienst so gut zurecht zu kommen. Tut mir Leid.“

Marron starrte Noyn immer noch fassungslos an. Was sagte er da? Er hatte ihr helfen wollen? Hatte sie sich etwa so geirrt? Aber war das denn auch wirklich ein Wunder? Schließlich hatte sie sich in Sachen Chiaki ebenfalls geirrt.

„Ähem…du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Schon okay.“

Noyn nickte und stand auf um zu gehen. Marron hatte das Gefühl etwas sagen zu müssen, doch ihr fiel einfach nichts Passendes ein.

Noyn nahm ihr auch das wieder ab.

„Lass dich nicht unterkriegen. Und wenn’s dir zuviel wird, komm hierher. Hier ist es immer ruhig.“

Dann war er auch schon wieder verschwunden.

Vollkommen fasziniert sah sie Noyn eine Weile nach. Was war das eben gewesen? Sie hatte schon vor einiger Zeit eine gewisse geheimnisvolle Aura an ihm gespürt, aber auch eine Grausamkeit, die anschienend ihr galt. Und hatte Chiaki sich nicht wegen ihr mit ihm geprügelt? Aber was konnte man Chiaki schon glauben?

Marron machte sich ebenfalls auf den Weg nach Hause.

Noyn war ihr vielleicht sogar Ähnlicher als sie dachte. Jedenfalls sollte er Marron noch länger beschäftigen.

Party

Kapitel Party
 

Kaum eine Woche nach dem Zusammenstoß zwischen Chiaki und Marron, war es Marron als wenn es eine Ewigkeit her gewesen wäre. Begegnete sie Chiaki irgendwo, ignorierte sie ihn nicht etwa, sondern sie grüßte ihn freundlich und ging dann ihres Weges. Woher sie diese Kraft nahm war ihr schleierhaft, doch sie fühlte sich gut dabei, denn sie sah, dass es Chiaki sehr unangenehm war.

Richtig so, dachte sie sich ein weiteres Mal, als sie sich neben Chiaki niedergelassen hatte, der leider noch immer zu ihrer Rechten saß. Mittlerweile wich er nicht mehr ihrem ruhigen und sicheren Blick aus, doch sie spürte, dass er sich gar nicht wohl fühlte.

Ihre Laune war heute wieder einmal auf einem Höhepunkt, wo sie nichts und niemand wieder herunterbekommen konnte und so verging die Stunde nicht nur schnell, sondern auch sehr erfolgreich für Marron selbst. Sie hatte Herrn Shikaido nicht nur einmal mit ihrem breiten biologischen Wissen in der Ökologie beeindruckt.

Wenig später trafen Miyako, Marron und Yamato sich im Park. Auch wenn Chiaki mit von der Partie war, weil er und Yamato wenig später Tennis spielen wollten, Marron war bestens gelaunt und Miyako freute sich darüber.

Sie hatte kein Wort mehr über Chiaki fallen lassen, weil Marron sie darum gebeten hatte. Doch sie war nicht so versöhnlich und deshalb tat sie alles, damit Chiaki sich erst Recht unwohl fühlte. Nicht, dass sie stichelte oder Ähnliches. Nein, sie war freundlich, doch an dieser Freundlichkeit war so wenig ehrlich, dass dies niemandem verborgen blieb. Am wenigsten Chiaki.
 

Entspannt lehnte Marron sich auf der Parkbank zurück an der sie sich getroffen hatten.

Zum ersten Mal seit Wochen schien die Sonne und brachte ein wenig Wärme mit sich. Marrons Hochgefühl stieg ins Unermesslich und sie strahlte ihre Freunde an, die über irgendetwas zu diskutieren schienen. Oder besser: Miyako und Yamato diskutierten über irgendetwas, was eher die Beiden als Paar etwas anging, weshalb Marron wieder von ihnen abließ.

Ihr Blick striff über die Wiesen des Parks, auf denen sich ebenfalls viele Schüler tummelten, die das warme Wetter ausnutzen wollten. Eher zufällig entdeckte sie Noyn und man glaubte es kaum, sogar mit einem Mädchen an seiner Seite. Ein recht hübsches Mädchen noch dazu.

Marron schalt sich für ihre Gedanken. Wieso sollte Noyn keine hübsche Freundin haben? Es war ja nicht so, dass er schlecht aussah. Wenn man es recht überlegte, war er sogar attraktiv, aber seine Art war ein wenig zu abgedreht für Marrons Geschmack.

Seufzend blickte sie wieder zu Miyako und Yamato auf, die noch immer beschäftigt waren, etwas zu klären.

Da begegnete sie Chiakis Blick, der zunächst zu Noyn und dann über sie glitt. Er runzelte leicht die Stirn und aus irgendeinem Grund fühlte sie sich ertappt und bevor sie rot werden konnte, zuckte sie die Schultern und sah wieder durch die Bäume hindurch den anderen Schülern zu, wie sie auf dem Rasen lagen und faulenzten oder Fußball spielten. Sie schuldete Chiaki keine Rechenschaft und er atte sich nicht für sie zu interessieren. Er war der fieseste und ungehobelste Typ den sie kannte. Überzeugt von sich durch und durch und er hatte ihr mehr als einmal weh getan. Ihn hatte einfach nicht zu interessieren, was sie tat und für wen sie sich interessierte. Sich interessierte? Verdammt, der Mistkerl brachte sie vollkommen durcheinander.

Innerhalb einer Minute hatte sich ihre Laune von sonnig auf bewölkt gedreht. Und warum? Nur weil Chiaki bemerkt hatte, dass sie Noyn angesehen hatte. Ob Marron es wollte oder nicht, sie interessierte sich für Chiaki und das was er dachte, dabei wünschte sie sich nichts mehr als ihn zu hassen.

Entschlossen aber nicht zu abrupt, damit keiner Fragen stellte, stand sie auf und begab sie auf den Weg nach Hause. Sie versuchte zu strahlen wie zuvor, was ihr nur mit Mühe gelang.

„Hey, ich geh schon einmal nach Hause. Wir sehen uns später.“

Miyako bemühte sich, nicht zu verblüfft zu wirken. Was auch immer in Marron gefahren war, ein Blick zu Chiaki, der wie ein winselndes Hündchen dreinblickte, reichte.
 

Später am Abend kam dann Miyako nach Hause. Marron hatte es sich in einem blauen Jogginganzug auf der Couch bequem gemacht und zeichnete. Miyako hatte von diesem Hobby Marrons noch nichts mitbekommen und beugte sich interessiert über deren Schulter.

„Marron, du bist gut!“

Sie entzog Marron das Zeichenbrett in DinA 4 Größe bevor diese protestieren konnte. Marron hatte nur mit Bleistift einen detailgetreuen Kakadu hingezaubert. Marron kniete sich auf das Sofa und sah ebenfalls auf die Kakaduminiatur in Miyakos Händen.

„Es sind einfach wunderschöne Tiere. Ist das Motiv gut, braucht der Künstler nicht mehr viel.“

Entschlossen schüttelte Miyako den Kopf.

„Wieso hast du keinen Kunstkurs belegt?“ Schüchtern zuckte Marron die Scuhltern. „ich habe die Erfahrung gemacht, dass Talent manchmal nicht so gut ankommt, wenn man lieber unscheinbar durch die Welt gehen würde.“

Miyako musste hart mit sich kämpfen, um Marron nicht zu sagen, welche Fortschritte sie und ihr Vater im Fall von Marrons Onkel gemacht hatten. Marron wusste gar nichts davon.

Und das war im Moment auch besser so.

„Das ist natürlich deine Entscheidung, aber lass dir so eine Chance nicht entgehen.“

Marron nickte und war froh, dass das Thema beendet war.
 

Als sie dann etwa gegen 23.00 Uhr ins Bett gingen, spürte Marron, dass Miyao etwas auf dem Herzen hatte. Gott sei Dank war Miyako eine, die nicht lange mit so etwas hinter dem Berg hielt.

„Du brauchst nicht Ja sagen, aber ich muss dich etwas fragen. Yamato will es.“

Marron schlüpfte gerade unter die Decke, während Miyako noch immer neben dem Bett stand und mit sich rang. Fragend hob Marron die Augenbrauen.

„Nun ja…in zwei Tagen hat jemand Geburtstag und es wird eine ziemlich große Party geben. Super Location in der Nähe des Internats. Aber…“

Marron legte sich auf die Seite und stütze den Kopf in ihrer linken Hand ab. Sie musste über Miyako schmunzeln. Was auch immer sie wollte, es schien sie sehr zu beschäftigen.

„…es ist Chiakis Geburtstag!“

Marron spürte einen kleinen Stich, doch sie lächelte nur.

„Du brauchst dir wegen mir keine Gedanken machen. Geh ruhig. Ich les ein wenig und geh bestimmt sowieso früh ins Bett.“

Chiaki hatte sie mit Sicherheit nicht eingeladen. Davon war sie einfach ausgegangen nach der Geschichte.

„Darum geht es nicht, Marron. Du bist eingeladen. Sozusagen mit einer der Top VIP Gäste des Abends.“

Verwirrt setzte sich Marron auf.

„Das soll ein Witz sein. Yamato will mich auf den Arm nehmen!“

Miyako schüttelte den Kopf.

„Nicht Yamato hat mir diese Nachricht überbracht, sondern Chiaki. Yamato meinte, dass er vielleicht etwas gut machen will. Was weiß ich, jedenfalls will er, dass du kommst. Sein Vater hat eine riesige Party arrangiert.“

Marron schüttelte sich. Alleine der Gedanke ließ Alarmglocken schrillen.

„Nein, tut mir Leid. Ich kann nicht, nachdem was alles geschehen ist. Da hat er sich verrechnet!“ Ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren dreht Marron sich um und löschte das Licht ihrer Nachttischlampe.

Miyako seufzte innerlich. Hatte sie es nicht geahnt? Und war es wirklich verwunderlich?

Genervt sah Chiaki auf seine Uhr. Nur noch 6 Stunden, 42 Minuten und 5 Sekunden und dann würde seine Party beginnen. Aber es stellte sich einfach keine Freude ein. Vollkommen unverständlich wenn man bedachte, dass sein Vater keine Kosten und Mühen gescheut hatte. Die Location alleine bestand aus drei verschiedenen, riesigen Hallen, mit den verschiedensten Animateuren und Musikrichtungen. Insgesamt gab es sechs Bars, welche jedoch recht kontrolliert Alkohol ausschenkten, was hieß nicht an Minderjährige und es gab auch nur eine gewisse Literzahl davon. War es alle, dann war dem eben so.

Aber das interessierte ihn in diesem Moment gar nicht. Nicht, dass es ihn störte, dass es ausgerechnet Marron war, die nicht kam. Es hätte ihn auch geärgert wenn er die Person nicht näher gekannt hätte, doch seine Partys waren legendär und jeder wollte dabei sein, jeder. Wieso zierte sich dann eine so unwichtige Person? Marron hätte sich geschmeichelt fühlen sollen! Die Situation ging Chiaki sichtlich gegen den Strich und er war bemüht sich einzureden, dass nur sein Stolz angekratzt war. Tatsächlich hatte sich innerhalb der letzten zwei Tage der Wunsch in ihm manifestiert, er könne sich mit Marron wieder versöhnen und es konnte ja nicht besser sein, als auf eigenem Terrain.

Sein Handy vibrierte in seiner Hosentasche. Sein Herz machte einen Augenblick einen Satz, weil er sich der Illusion hingab, es könne Marron sein. Als Chiaki aber Yamato auf dem Bildschirm angezeigt bekam, freute er sich nicht minder. Vielleicht hatte sein Freund sich ja bei Marron durchsetzen können.

„Ich hoffe du hast gute Nachrichten.“

„Kommt drauf an, was du darunter verstehst.“

Chiaki seufzte laut.

„Kommt sie?“

Eine Weile kam keine Antwort.

„Nein!“

„Wieso nicht?“

„Das solltest du doch am Besten wissen, oder nicht?“

Chiaki fluchte.

„Erzähl mir nicht, das hätte dich überrascht! Du bist ein Ekel gewesen.“

Chiaki schluckte und schloss die Augen. Wie er sich hasste. Was hatte er denn auch anderes erwartet?

„Okay! Du und Miyako aber, oder?“

Yamato hörte seinem Freund an wie niedergeschlagen er wirklich war.

„Ja, auf jeden Fall. Mach dir keine Sorgen!“

Chiaki legte auf und sah zu den Männern hinüber, die noch einige Lichtmaschinen aufbauten.

Es tat ihm weh, dass Marron nicht kommen würde. Aber er war nicht nur mies gewesen. Er hatte Dinge gesagt, die er nicht einmal seinem schlimmsten Fein an den Kopf werfen würde. Aber vielleicht war genau das der Grund. Marron ging so sehr an seine Substanz, sein wahres Ich, dass er zum Tier wurde. Er fühlte sich in die Ecke gedrängt, dabei tat dieses Mädchen nichts. Sie war nur so unerreichbar für ihn, trug anscheinend ein Geheimnis mit sich herum, welches er nicht erfassen konnte.

ER wollte sie, dass musste er sich eingestehen und doch war sie gefährlich, wie Dynamit. Ein Wort, eine Geste und er würde sich verlieren. Er hatte mehr als einmal versucht ihr näher zu kommen ohne sich selbst zu verlieren und er wusste, hatte erkennen müssen, dass das nicht ging. Entweder ganz oder gar nicht. Um mit ihr umgehen zu können musste er sich ihr vollkommen hingeben, ausliefern.

Chiaki schüttelte sich. Nein, das war nicht sein Ding. Er konnte so etwas nicht.

Aber warum ließ ihn dieses Gefühl nicht in Ruhe. Das Gefühl, dass sein Herz sich sehnte, schier zerriss?
 

Marron war nicht zu den Volieren gegangen um ihn zu treffen. Zumindest nicht vorsätzlich. Es war bereits dunkel und nur Straßenlaternen erhellten den Park, doch als Noyn sich neben sie niederließ, konnte sie ihr Herz heftig schlagen hören.

Was sie empfand konnte sie nicht beschreiben. Er machte ihr einerseits Angst, doch sie fühlte sich auf eine unbeschreibliche Art zu ihm hingezogen. Er war anders. Aber war nicht gerade das gut? Schließlich war sie ebenfalls nicht die, die zu vorgab zu sein. Niemand außer Miyako kannte ihre Geschichte, ihr Geheimnis. Das was sie verbarg.

„Du bist nicht auf der Party!“

Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage. Marron seufzte und nickte.

„Nicht so meine Welt.“

Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie sich Noyn gegenüber rechtfertigen musste. Ganz ihm Gegenteil, er schien so zu denken wie sie.

Seine Nähe machte Marron auf seltsame Art nervös und sie wusste nicht warum. War er gefährlich für sie? Eine Art Warnung ihrer Sinne, die durch die Vergangenheit geschärft worden waren?

„Was ist dein Geheimnis?“ Marron zuckte zusammen.

„Wie meinst du das?“

„Jeder von uns hat eines. Welches ist das deine?“

Marron wurde nervös. Wieso sagte ihr Gefühl ihr, dass Noyn nichts wissen durfte?

„Marron?“

Marron zuckte zusammen. Nicht auch das noch!

Eilig kam Chiaki aus dem Park gelaufen. Er war anscheinend gerannt, denn sein Atem bildete viele weiße Wölkchen vor seinem Gesicht.

Als er sie entdeckte erhellte sich sein Gesicht für genau eine Sekunde, bis Noyn aufstand. Er hatte den Jungen an Marrons Seite nicht sofort gesehen.

Marron wurde nervös. Das letzte Mal, als die Beiden sich gesehen hatten, waren sie aufeinander losgegangen.

Noyn jedoch würdigte Chiaki keine Blickes, der wie angewurzelt zwischen Marron und Noyn hin und her sah.

„Wir sehen uns.“ Mit diesen Worten verließ Noyn die Volieren und ließ eine erleichterte Marron zurück.

Kaum war Noyn außer Sichtweite, stellte sich bei Marron jedoch wieder Unbehagen ein. Was auch immer Chiaki hier wollte, Marron hatte nicht die Kraft ihm zu widerstehen. Sie wollte nichts hören, was sie verletzen könnte. Sie stand auf und schickte sich an, einfach an Chiaki vorbei zu gehen.

Ihre abwehrende Haltung verletzte Chiaki, doch er empfand es als richtig.

„Himmel, Marron bitte warte!“

Der gequälte Unterton in Chiakis Stimme ließ Marron stutzig werden. Irritiert wandte sie sich zu ihm um. Was sie sah, erboste sie.

„Sieh mich nicht so an, Chiaki. Ich will keine Entschuldigung noch sonst etwas von dir. Lass mich einfach in Ruhe.“

Das hatte er befürchtet.

„Das ist mir vollkommen klar. Ich habe Mist gebaut und nicht du. Deshalb will ich nicht, dass du dich zurückziehst. Komm zu der Party. Amüsier dich.“

Marron schüttelte den Kopf und ging weiter. Chiaki eilte hinter ihr her.

„Warum bist du nur so störrisch?“

Marron riss der Geduldsfaden. Sie fuhr herum und ging provozierend einen Schritt auf Chiaki zu, so dass sie fast einander berührten. Chiaki musste schlucken.

„Störrisch? Hast du vergessen, was du alles zu mir gesagt hast? Wie kannst du glauben, dass ich irgendetwas mit dir zu tun haben will?“

„Ich weiß, dass du es nicht willst.“

„Und warum lässt du mich dann nicht einfach in Ruhe?“

„Weil ich es nicht kann.“

Marron runzelte die Stirn.

„Das ist mir zu hoch.“

Chiaki nickte und schloß die Augen. Jetzt oder nie.

„Alles was ich zu dir gesagt habe, war nicht im Entferntesten ernst gemeint und trotzdem musste ich es sagen.“

Marron wurde dieses Gerede zu blöd und sie wollte sich abermals abwenden, doch Chiaki hielt sie sanft aber bestimmt zurück.

„Weil ich überfordert bin mit dem, was ich für dich fühle.“

Marron lachte nervös.

„Das ist jetzt ein Witz.“

„Ich wünschte dem wäre so.“

„Ich bin nicht irgend so ein Püppchen, Chiaki. Du erträgst es nur nicht, dass du es nicht so leicht mit mir hattest.“

„Vielleicht, aber nicht nur das. Du gehst mir nicht aus dem Kopf.“

„Ach und das ist jetzt meine Schuld. Hör mal….“

„Nein, verdammt. Vielleicht warst du einmal so etwas wie ein Ziel für mich. Etwas Neues. Aber gerade weil dem nicht so ist, komm ich durcheinander. All die Sachen die ich sagte, waren mehr Selbstschutz, auch wenn das nichts entschuldigt. Ich….kann´s dir nicht erklären, aber ich wünsch mir nichts sehnlicher, als das du es verstehen kannst.“

Marron runzelte die Stirn und versuchte das, was Chiaki gesagt hatte aufzunehmen.

„Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann tun dir die Dinge die du zu mir gesagt hast nicht nur Leid. Du sagst, dass du Gefühle für mich hast….“ Bei dem Gedanken musste Marron schlucken, „…..und das ist der Grund für dein Verhalten. Du kannst damit nicht umgehen und hast es an mir ausgelassen.“

Chiaki nickte.

„Und was denkst du, was ich jetzt damit anfangen soll?“

„Du brauchst damit nichts anzufangen. Du brauchst mir nicht zu verzeihen oder mit mir reden.“

Auch wenn das wundervoll wäre, dachte er.

„Ich will nur nicht, dass du deswegen auf etwas verzichten musst.“

Angesichts dieser ungeschickten aber eindeutigen Gefühlsäußerung seitens Chiaki wurde Marron ganz schwindelig. Gefühle, die sie best möglichst verschlossen hatte, kamen zum Vorschein.

Chiaki bemerkte das Marrons äußere Fassade bröckelte und sie verwundbar wurde. Jetzt durfte er nichts Falsches sagen. Sie am besten alleine lassen.

„Ich lass dir die Wahl, ob du mit zur Party willst. Wenn nicht, es war nicht die Letzte. Mach dir deswegen keinen Streß.“

Marron musste nicht lange überlegen. Sie wollte jetzt erst einmal alleine sein.

„Ich danke dir für deine Ehrlichkeit, aber ich glaube ich bleib lieber zuhause.“

Chiaki nickte ernst.

„Soll ich dich erst einmal nach Hause bringen?“

Marron verneinte dies.

„Okay. Sehen wir uns morgen? Yamato und Miyako wollten einen Spieleabend veranstalten.“

„Ich denke schon.“

Marrons Stimme war dünn und schwach.

Chiaki drückte ihr den Arm und ging dann durch den Park zu Ausgang.

Marron blieb vollkommen durcheinander zurück, während ihre sorgfältig erbaute Mauer zerbröckelte.

Spieleabend

„Marron. Marron, wo bist du?“ Überdreht kam Miyako in ihr gemeinsames Schlafzimmer gerannt. Sie hatte sich sehr für Yamato herausgeputzt, obwohl er nur zu einem Spieleabend kam. Marron jedoch hatte das Gefühl, dass ihre Beziehung in eine entscheidende und intensive Phase ging und deshalb gab sie ihrer Freundin nur Pluspunkte.

Da Miyako die Haare meist offen trug, sah sie mit hochgesteckten Haaren ungewöhnlich und sehr erwachsen aus. Das es ihr stand konnte Marron jedoch nicht abstreiten.

Um aber nicht zu auffällig gekleidet zu sein, trug sie zwar eins schöne rote Bluse, die mit ihrer violetten Haarfarbe harmonierte, aber nur eine lässige Bluejeans um dem ganzen einen runden Abschluß zu geben.

Marron hatte sich dagegen aber keine Mühe gegeben. Für sie stand eher ein lässiger Abend bevor. Das zumindest versuchte sie sich die ganze Zeit einzureden.

Marron hatte Miyako ein Teil von Chiakis nächtlicher Gefühlsäußerung erzählt und Marron sah noch immer Miyakos verwirrten und überraschten Gesichtsausdruck vor sich. Miyako konnte genauso wenig damit anfangen wie Marron selbst.
 

„Am Liebsten würde ich sagen, dass gehört zu Chiakis Masche, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“, hatte Miyako heute Morgen am Frühstückstisch gesagt, kurz nachdem Marron sich endlich überwunden und ihrer Freundin ihr Herz ausgeschüttet hatte.

„Mein Problem ist eigentlich, dass alles in mir mich vor diesem Typen warnt. Und trotzdem habe ich da gestern gestanden und ich konnte ihn nicht zurückweisen. Ich kann es einfach nicht.“ Noch immer überfordert mit der Situation drehte Marron ihren Kaffeebecher in ihrer Hand, obwohl er bereits eine ganze Weile leer war.

Tröstend legte Miyako eine Hand auf Marrons verkrampfte Faust.

„Du weißt, wie ich zu Chiaki stehe. Mich stört viel an ihm und er hat auch in Bezug auf dich sich schon so einige Faux-pas’ geleistet. Aber es wäre falsch, dieses Verhalten als unehrlich oder ähnliches abzustempeln. Ich kann dir leider nicht viel raten….“ Miyako seufzte schwer, „Du solltest einfach entscheiden, ob du ihn von vorne herein abweist, oder ob du das Alles einfach auf dich zukommen lässt.“
 

Diese Worte spukten nun schon den ganzen Tag in Marrons Kopf herum. Sie würde ihn nicht abweisen, aber sie würde Chiaki auch keinen Grund geben, sich ihr zu nähern. Deshalb hatte sie sich nur in eine lässige Trainingshose und ein buntes T-Shirt gezwängt mit der Aufschrift „Think twice!“. Ihre Haare waren locker zurückgebunden.

Zwischen ihr und Chiaki konnte es nicht mehr als Freundschaft geben. Und selbst das konnte nur schwierig sein, nachdem was alles zwischen ihnen vorgefallen war. In dem Punkt wollte Marron sich nichts vormachen. Sie wäre dumm und naiv, wenn sie Chiaki sein Gerede glauben würde, ohne daran zu zweifeln. Und doch hatte er sie gestern erreicht. Schon die Nacht zuvor hatte sie sich gefragt, warum er so einfach Zugang bei ihr gefunden hatte. Vielleicht, weil sie sich nichts mehr auf dieser Welt wünschte als Zuneigung und so zu sein wie andere junge Mädchen.
 

Zwei Stunden später lief Miyako zur Höchstform auf. Was ein gemütlicher Abend hätte werden sollen, verwandelte sich zu einer reinen Kuschelsession. Überall standen Kerzen und die Lampen waren abgedunkelt. Doch nach einigen Diskussionen hatte sich Miyako überreden lassen, dem Ganzen einen weniger romantisch angehauchten Touch zu geben, nachdem Marron gedroht hatte nicht an dem Abend teilzunehmen. Doch ganz alleine wollte Miyako auch nicht mit Yamato bleiben. Zum ersten Mal sah Marron ihre Freundin, die starke Miyako, vollkommen aufgelöst. Harte Schale, weicher Kern, dachte Marron sich und machte sich schon einmal mit einer Tüte Chips auf der Couch bequem.
 

Punkt halb 9 klingelte es an der Tür und plötzlich war Miyko vollkommen ruhig. Marron verfolgte gebannt das Schauspiel, während sie Chips knabberte und lachte sich ein wenig ins Fäustchen. Ob Miyako wusste, welche Wirkung sie hatte, wenn sie sich unbeobachtet fühlte?
 

Der Abend wurde trotz Miyakos Nervosität lustig. Auch Yamato hatte sich auf seine Art herausgeputzt, während Chiaki eher leger auftauchte. Und trotzdem sah er sexy aus. Er trug ein blaues Hemd, dessen oberen zwei Knöpfe offen waren, und eine Jeans und warf sich sofort neben Marron auf die Couch um ebenfalls von den Chips zu naschen, während Miyako und Yamato sich begrüßten.

„Ich glaube wir sind heute nur so eine Art Ausrede.“ Chiaki beobachtete Yamato und grinste Marron an.

Marron schluckte schwer und nickte. Sie dankte Gott, dass sie den Mund voll hatte, denn sie wusste nicht was sie antworten sollte. Nicht nur, dass Chiakis Anwesenheit sie verwirrte, seine lässige Art irritierte sie auch maßlos. Wie konnte er nur so ruhig und selbstbewusst auftreten?

Gleichzeitig schalt Marron sich eine dumme Gans. Das war doch das, was dieser Kerl am Besten konnte. Chiaki würde ihr immer ein Stück voraus sein.

Jetzt war es an ihr zu entscheiden, ob sie sich dem Ganzen einfach hingeben sollte, oder wie immer davonrannte. Es gab so viele Menschen, die einfacher als Chiaki waren, wieso spielte sie dann mit dem Feuer?

Wollte sie sich vielleicht selbst etwas beweisen? Um ihre Dämonen zu besiegen? Marron schüttelte diesen Gedanken ab. Das war Schwachsinn, sie durfte sich nicht zu solchen Gefühlen verleiten lassen.

Restzweifel aber blieben.
 

Der Abend verlief lustig und war entspannter als Marron gedacht hatte. Nachdem sie zunächst doch ein wenig durcheinander gewesen war, hatte die gute Stimmung sie doch bald eingeholt.

Chiaki gab ich den ganzen Abend als guter Kumpel und Marron hatte, nach einigen Anlaufschwierigkeiten, großen Spaß damit. Sie kamen sich auf eine Weise näher, die ungezwungener nicht hätte sein können.

Was Marron aber umso mehr das Herz erwärmte war, wie Yamato und Miyako miteinander umgangen. Je länger der Abend wurde, umso lockerer gingen die Beiden miteinander um. Sie versteckten ihre Gefühle nicht mehr hinter einer Fassade, sondern zeigten ihre Zuneigung offen.

Hier und dort neckte der sonst so schüchterne Yamato Miyako und hin wieder rang sich auch einer von ihnen dazu durch, den anderen sanft zu küssen. Marron schwoll das Herz über, da sie erleben durfte, wie zwei Menschen zärtlich zueinander waren. Es war nicht so, dass sie blind durch die Welt lief. Sie wusste, dass Menschen die Liebe brauchten wie die Luft zu atmen. Das Jeder nach jemanden oder etwas suchte, das ihm Zuneigung entgegenbrachte. Fand man nicht den richtigen Mensch, suchte man die Liebe in einer engen Freundschaft oder eine Art Verbindung zu einem Tier. Marron wusste es.

Und doch hatte sie nie so etwas in ihrer Umgebung erleben dürfen. Ja, Ashitaka war freundlich zu ihr gewesen, aber war das wirklich eine Art der Liebe gewesen? An die Liebe ihrer Eltern konnte Marron sich kaum noch erinnern. Zu sehr hatten die Schläge ihres Onkels alles verzerrt und verwischt. Liebe war etwas surreales geworden.
 

Während Marron kaum die Augen von dem Pärchen nehmen konnte, war es mit Chiaki nicht anders. Er sah nur Marron. Zunächst hatte er sich betont kollegial verhalten und hatte bemerkt, dass Marron sich bald entspannte. Als er sich vor einigen Minuten dann zu ihr umgedreht hatte, bemerkte er, dass sie fast schon weggetreten war. Ihr Augen hatten einen unbeschreiblichen Glanz und doch schien ihr Blick in weiter Ferne. Fast hätte er gedacht, er würde Tränen und eine gewisse Melancholie in ihren Augen erkennen, doch er wollte sich nicht darauf versteifen. Und doch. Marron war anders. Irgendetwas beschäftigte sie immerzu, selbst wenn sie nicht darüber nachdachte, abgelenkt war. Die Frage war nur, was sie mit sich rum trug und ob er es jemals erfahren würde. War er es überhaupt wert? Würde er es jemals wert sein?
 

Sorry ein wenig kurz, vor allem nachdem ihr so lange gewartet habt! Aber ich möchte nicht zu viel in ein Kapii packen und dann verliert alles seinen Charakter.

Gespräch

Irgendwann, als bereits auf Mitternacht zuging, war die Konzentration des Pärchens nicht mehr bei den anderen Gästen. Nach und nach drohte es ins Lächerliche zu verfallen. Vor allen Dingen wenn Marron und Chiaki noch länger dabei zusahen.

Ein Blick von Marron genügte und sie verließen die beiden Turteltauben und begaben sich in den Garten des Internats. Zunächst hatte Miyako die Beiden versucht zurück zu halten, aber Marron hatte ihr nur zu gezwinkert und Chiaki mit sich gezogen.

Sie war nicht gerne mit ihm alleine, aber für Miyako würde sie in diesem Augenblick alles tun.

So wie Miyako immer alles für sie tat. Ja, Marron wollte sich revanchieren und das war die beste Möglichkeit. Auch wenn sie dann in den sauren Apfel beißen musste.
 

Draußen war es bitterkalt und beinahe hätte Marorn ihre Entscheidung bedauert. Es ging auf Weihnachten zu und Kiesweg wie Wiesen waren mit Frost überzogen. Zumindest waren sie so umsichtig gewesen und hatten sich mit ihren Daunenjacken ausgestattet. Und doch fror Marron erbärmlich, während Chiaki dieses Wetter nichts auszumachen schien.

Schweigend liefen sie neben einander her. Jeder in seinen Gedanken und keiner wusste wie er am Besten anfangen sollte.

„Jetzt haben wir die Beiden alleine gelassen, ohne uns wirklich zu überlegen, wie wir die nächsten Minuten verbringen sollen.“

Chiaki sagte es mit so viel Heiterkeit, dass diese sofort auf Marron überschlug.

„Vor allen Dingen steht noch in den Sternen, ob wir überhaupt zurück können. Wer weiß was wir ausgelöst haben.“

Sie lachten Beide und Marron musste zugeben, dass sie sich wohl fühlte.

„Ich hätte nie gedacht, dass…“

„Wir uns jemals verstehen?“ Chiaki schüttelte den Kopf. „Daran war wohl ich maßgeblich Schuld. Ich war ein Arschloch.“

Marron wollte ihm erst widersprechen, überlegte es sich aber anders.

„Ja, das warst du und ich bin mir noch nicht sicher, ob du es nicht noch immer bist.“

Chiaki vergrub seine Hände, die langsam abfroren, in die Taschen seiner Jacke.

„Was soll ich darauf sagen? Egal was ich sage, alles könnte eine Lüge sein.“

Die Heiterkeit in Marrons Herzen hatte sich noch nicht gelegt, deshalb fühlte sie unendliches Selbstbewusstsein in sich aufsteigen.

„Kommt Zeit, kommt Rat. Im Moment schaffen wir es ja schon einmal, miteinander zu plaudern.“

„Ja immerhin!“

Gleichzeitig war Chiaki ein wenig enttäuscht, dass Marron noch immer nicht auf den letzten Abend angesprochen hatte. Aber scheinbar wollte sie darüber nicht nachdenken und er durfte sie nicht zwingen.

Und was war, wenn sie nicht vorhatte, jemals darauf zu antworten? Chiaki seufzte innerlich. Dann durfte er sich keine Hoffnung mehr machen.

Marron dagegen spürte in diesem Augenblick ihre Narben schwer auf sich lasten. So gerne hätte sie Chiaki vertraut, ihm alles erzählt. Doch sie konnte sich niemals einem Mann nähern. Keinem Menschen, denn sie wollte und konnte sich nicht zeigen. Ihre wahre Seite, die bisher nur Miyako kannte. Nicht Jeder würde so reagieren wir Miyako. Womöglich würden andere sich ekeln, sie auslachen oder sich ganz von ihr abwenden. Es hatte eine Zeit gegeben, da war ihr das egal gewesen, doch sie hatte gelernt, dass sie nicht zwingend alleine bleiben musste. Es gab Menschen in ihrem Leben, die sich für sie interessierten. Sie war nicht länger einsam.
 

Als sie beinahe schon wieder an den Apartments angelangt waren, wussten beide nicht mehr weiter. Sie konnten wieder nach oben gehen, aber womöglich war dies der falsche Zeitpunkt.

„Vielleicht sollten wir in Yamato und mein Apartment gehen?“

Skeptisch musterte Marron ihn. Chiaki musste unwillkürlich lachen. Ein Lachen, das warmherziger nicht hätte sein können.

„Wir wollen beide nicht nach da oben und die beiden stören. Gleichzeitig frieren wir uns hier den Arsch ab. Keine Angst, ich führe wirklich nichts im Schilde.“

Marron atmete tief ein und aus.

„Da würdest du sowieso auf Granit beißen.“

„Wer weiß“. Ein weiterer stechender Blick von Marron genügte und er war still. Schweigend wanderten sie zu den Apartments der Jungs. Den Weg kannte Marron schon, doch das letzte Mal, dass sie hier gewesen war, hatte sie sich ein weiteres Mal fürchterlich über Chiaki aufgeregt. Damals hätte sie nicht für möglich gehalten, dass sie einmal friedlich miteinander auskommen würden. Trotzdem vertraute sie ihm nicht.

Das machst du nur für Miyako!
 

An der Wohnung hatte sich nichts geändert. Und doch sah sie mehr die Gemütlichkeit in dem Ganzen. Und die vorherrschende Männlichkeit, obwohl Marron sich das bei einem Typen wie Chiaki schlimmer vorgestellt hatte. Yamato hatte ihn doch besser im Griff, als sie gedacht hätte.

Das Bild der nackten Frau hang noch immer an seinem Platz, aber darunter standen auch Grünpflanzen und Bilder. Ja, Bilder. Von zwei verschiedenen Familien. Eine dieser Familien gehörte eindeutig zu Chiaki. Neben einer bildhübschen Frau, standen eine größere und eine kleinere Ausgabe des Jungen neben ihr.

„Meine Güte, er ist die ja wie aus dem Gesicht geschnitten.“

Chiaki nickte resigniert.

„Das nutzt er auch oft genug aus um an Frauen ran zu kommen.“

Marron blickte etwas erschrocken drein und sah wieder auf das Bild.

„Meine Mutter ist ziemlich wütend deshalb.“

Marron schluckte schwer und wusste nicht was sie sagen sollte. Ihre Antwort war rein intuitiv und kam ohne jegliches Nachdenken:

„Meine Eltern starben bei einem Unfall, ich wünschte ich wüsste wie das ist solche ltern zu haben.“

Chiaki fühlte einen leisen Triumph, da sie sich ihm ein Stück geöffnet hatte. Doch gleichzeitig spürte er Schmerz und Mitleid. Sie hatte niemanden mehr, während er sich zumindest noch täglich über seinen Vater ärgern konnte.

Da ihm die Stimmung zu trübe wurde, fragte er Marron ob sie Tee oder Kaffee haben wollte. Sie nahm Tee, woraufhin Chiaki für einige Minuten in der nahe liegenden Küche verschwand.

Marron, die nichts mit sich anzufangen wusste, schlenderte weiter durch das Wohnzimmer. Einige Romane ließen darauf schließen, das zumindest einer von ihnen belesen war. Doch dann erregte ein kleines Büchlein Marrons Aufmerksamkeit. Es war in Leder eingebunden und ziemlich mitgenommen. Sie nahm es an sich und warf damit aufs Sofa.

Als sie es öffnete musste sie spontan laut los lachen.

Es war eine Art Adressbuch und unter jedem Buchstaben standen ein Dutzend Namen von Mädchen. Nicht das dort nur die Adressen oder Nummern standen, nein, jedes Mädchen war sogar nach einer Wertetabelle bewertet und mit Punkten verschiedener Farben gekennzeichnet worden.

Als Chiaki um die Ecke kam, wäre er am Liebsten tot umgefallen, doch Marron strahlte ihn an.

„Ich habe zwar schon davon gehört, aber so etwas gesehen habe ich noch nicht. Das ist doch sicher von dir.“

Chiaki schluckte und nickte ernüchtert. Er konnte schlecht lügen.

Begeistert schlug Marron eine Seite nach der anderen auf und musste lachen, wenn sie einen Namen wieder erkannte.

„Bitte erklär mir dein System.“ Chiaki wurde eindeutig rot, aber nun gab es keinen Ausweg mehr ohne sein Gesicht zu verlieren. Also setzte er sich neben Marron und besah sich die Seite, die aufgeschlagen worden war.

„Es gibt eine einfache Tabele von eins bis zehn. War sie gut….also…“ Marron stieß Chiaki mit dem Ellenbogen in die Seite.

„Tu nicht so, sprich es aus.“

„War sie gut im Bett, kommt sie einer zehn nahe, ansonsten vier und weniger.“ Anerkennend musste Marron zugeben, dass Chiaki zwar viel Erfahrung gesammelt hatte, aber nicht bei jedem Mädchen eine solche Zahl stand.

„Die farbigen Punkte beschreiben Charaktereigenschaften. Das ist immer das erste, was ich mir notiere. Entweder weiteres Vorgehen erübrigt sich, oder sie ist es wert.“

Marron legte das Buch beiseite, ohne vorher nachgesehen zu haben, was unter „M“ stand. Sie wollte es nicht wissen.

„Hat ein bisschen etwas von der Katalogisierarbeit eines Wissenschaftlers, findest du nicht?“

Chiaki zuckte mit den Schultern.

„Es hat auch etwas davon.“

„Von Wissenschaft?“

„Natürlich!“

„Hast du nie mehr darin gesehen?“

Fragend hob Chiaki die Augenbrauen.

„Das mag vielleicht kitschig klingen, aber Sex ist doch nicht nur Wissenschaft.“

„Nein, du hast Recht es macht auch Spaß.“

Am Liebsten hätte Marron Chiaki einen Gong gegeben.

„Was anderes hätte ich von dir auch nicht erwartet. Liebe ist nichts für Jedermann.“ Für Marron wäre das Thema nun gegessen gewesen, aber sie hatte Chiaki scheinbar aus der Reserve gelockt.

„Liebe ist etwas, dass man nicht jedem schenken sollte. Meiner Meinung nach sogar nur einer Person in seinem Leben. Nichts spricht dagegen, dass man sich ansonsten amüsiert.“

Auch wenn es gegen Marrons Prinzipien stieß, sie musste Chiaki Recht geben.

„Aber bist du dir auch immer sicher, dass es die Mädchen genauso sehen?“

Chiaki zuckte erneut mit den Schultern.

„Das ist immer so eine Sache. Mein Ruf eilt mir voraus und trotzdem verrechnen sich einige. Manchmal scheinen sie plötzlich zu merken, dass sie mehr möchten und da hab ich dann den Salat.“

Marron musste an die Nichte der Direktorin denken. Ein wenig Mitleid hatte sie nun doch mit Mia, auch wenn diese ein wenig durchgeknallt war.
 

Irgendwann war Marron einfach eingeschlafen. Als sie wieder aufwachte, lag sie auf dem Sofa und eine weiche Baumwolldecke war über sie gebreitet worden. Ihr wurde ein wenig warm ums Herz. Sie hatten noch eine Weile geredet bevor Marron der Schlaf übermannt hatte. Chiaki war gar nicht so übel, auch wenn ihre Gedankengänge nicht mit den ihren übereinkamen. Doch eins hatte sie sehr überrascht, und zwar diese Wärme, mit der er von der Liebe geredet hatte. Das hätte sie nie von ihm gedacht. Vielleicht hatte es mit seiner Mutter zu tun, oder seinem Vater. Nur zu klar erinnerte sie sich an die Bitterkeit, mit der er von seinem Frauenliebenden Vater geredet hatte.

Was auch immer, Marron war kurz davor, mehr in Chiaki zu sehen, als einen verrückten Typen, dem reihenweise die Weiber hinterher rannten.
 

Etwas länger und direkt hinter her ^^

Alcatraz

Marron hatte nicht mehr darauf gewartet, dass Chiaki aufwachte. Sie war plötzlich ein wenig befangen gewesen, die Heiterkeit und Sorglosigkeit waren von ihr abgefallen. Um der Peinlichkeit eines themenlosen Gesprächs aus dem Weg zu gehen, hatte sie die Flucht ergriffen. Aber nicht ohne einen Zettel zu hinterlassen und sich für den netten Abend zu bedanken. So viel musste sein.

Marron hatte zunächst nicht gewusst, wohin sie gehen sollte. Es wäre ziemlich dämlich gewesen jetzt schon im eigenen Apartment aufzutauchen. Sie wollte Miyako noch ein wenig Zeit lassen, also schlenderte sie ein wenig durch den Park. Automatisch steuerte sie die Volieren an, entschied sich kurze Zeit später jedoch anders. Es war zwar schon wärmer geworden, aber die Vögel waren noch in den Innengehegen und diese mit Sicherheit abgeschlossen.

Die Sonne durchbrach die morgendlichen seichten Wolken und ließen den Tau trocknen. Obwohl es kaum mehr als sechs Grad waren, war die Sonne so warm, dass Marron ihren Schal lockerte. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und gedankenverloren schritt sie weiter. Es war schön den Park für sich zuhaben, die Ruhe und die Natur zu spüren. Es war befreiend und Marron wusste nicht, wann sie sich das letzte Mal so gefühlt hatte.

Kurze Zeit später nahm sie einen eigentümlichen Geruch war und folgte diesem sofort. Sie war seitdem sie hier war noch nicht ein einziges Mal bei den Ställen des Internats gewesen und bereute es sofort. Natürlich ließ sich kaum eine Schülerin nehmen, Reitunterricht zu haben. Vor allen Dingen nicht, wenn Herr Shikaido den Unterricht gab. Marron konnte die Mädchen auf eine Art verstehen, auch wenn sie nicht annähernd solche Gefühle für ihren Sensei hatte. Doch er hatte einen Charme, der einem die Angst und Unsicherheit nahm und Geborgenheit ausstrahlte. Marron hatte es selbst erlebt.

Vollkommen entspannt lief sie den Weg zu den Weiden entlang. Der Pfad endete an riesigen Weiden, die sich etwa einen Kilometer bis zum Ende des Geländes erstreckten, und verlief dann nach links zu den Stallungen, der Reithalle und dem Springplatz.

Marron war überrascht von den Ausmaßen der Anlage und bereute es erneut, noch nicht hier gewesen zu sein.

Sie folgte dem Weg zu den Stallungen. Der Geruch der Tiere wurde zusehends stärker und Wärme erfüllte ihr Herz. Nichts konnte beruhigender sein, als die Anwesenheit von solchen prächtigen und sanften Wesen.

Das grüne, riesige Holztor war noch verschlossen, aber nicht verriegelt und Marron schob es einen Spalt auf. Es war bereits Acht und nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand kam um zu Füttern. Deshalb sahen sie nun zwanzig neugierige, erwartende Augenpaare an und hier und da erlang ein leises Wiehern. Langsam ging Marron die lange, breite Stallgasse entlang und sah nach rechts und links in die Boxen. Die meisten Tiere waren von durchschnittlicher Größe, hier und da sah Marron ein Shetlandpony, doch keins der Tiere erweckte wirklich ihr Interesse. Sie mochte Pferde, keine Frage, aber das hier waren die typischen Schulpferde. Alle mitunter freundlich und meistens unterschieden sie sich kaum voneinander. Ihre Augen zeigten, dass sie gutmütig waren, doch die vielen Jahre unter den unterschiedlichsten Schülern hatten sie abstumpfen lassen. Sachte strich Marron über die Nase eine dunkelbraune Stute, die ihr vorsichtig über die Hand leckte.

Dann, Marron hatte das Ende der Gasse erreichte, sah sie, dass man zwischen zwei Pferden eine Box frei gelassen hatte. Die letzte Box lag im Schatten und Marron nahm nur eine leichte Bewegung war, welche verriet, dass sich dort ein Pferd aufhielt. Doch es streckte nicht neugierig den Hals hinaus, um zu sehen wer da kam und auch sonst verhielt es sich sehr still.

Neugierig aber vorsichtig näherte Marron sich dem Stall. Da sie nicht wusste, was sie erwartete, hielt sie sich ein wenig zurück.

Was sie erblickte überraschte sie nicht besonders, zumindest nicht auf den ersten Blick. In einer Ecke des Stalles stand ein Fuchs, etwa 1.68 Stockmaß und sah sie aufmerksam an. Das glaubte sie zumindest, bis sie sah, dass sein Nüstern sich aufblähten und das Weiß in seinen Augen in der Dunkelheit leuchtete. Diese Tier hatte eindeutig Angst. Aber wieso?

In dem Moment öffnete sich geräuschvoll das Tor und Herr Shikaido trat, mit einer Schülerin im Schlepptau, die ihm beim Füttern helfen würde. Jedes Wochenende striiten sich die Mädchen dieser Schule darum, wer am Wochenende dem Sensei bei der Verpflegung der Tiere helfen durfte. Heute war ein zierliches, dunkelhaariges Mädchen dran, dessen Wangen vor Aufregung nur so glühten. Als sie jedoch Marron entdeckte sah sie nicht so überrascht drein wie der Sensei, sonder eher wütend.

„Marron! Was machst du denn hier?“

Sie lächelte den Sensei freundlich an.

„Es hat mich irgendwie hier her gezogen.“ Der Blick des Mädchens sagte ihr, dass dieses ihr kein Wort glaubte.

„Schön dich auch einmal hier zu sehen. Ich hatte schon gedacht, ich würde dich falsch einschätzen.“

Überrascht hob Marron die Augenbrauen.

„Wie schätzen Sie mich den ein, Sensei?“

„Du bist jemand, der Tiere um sich haben muss. Das wusste ich schon, als ich dich bei den Volieren getroffen habe. Du warst auch öfters noch da, stimmt’s?“

Das Gesicht der Schülerin verfinsterte sich zunehmend.

Ein wenig beschämt nickte Marron und blickte wieder zu dem Tier vor sich.

Herr Shikaido folgte ihrem Blick. Er musste unwillkürlich lächeln.

„Ich hätte mir denken können, dass Alcatraz dich interessiert.“

Marron runzelte die Stirn. Alcatraz! Der Name sagte ihr etwas.

„Mir scheint, irgendetwas stimmt mit ihm nicht, Sensei.“

„Dein Gefühl trügt dich nicht, Marron. Er hat viel durchgemacht. Seitdem hat er Angst vor allem und jedem.“

In diesem Augenblick durchzuckte Marron es wie einen Blitz.

Alcatraz war ein Polizeipferd, welches vor knapp einem Jahr in den vorzeitigen Ruhestand geschickt worden war. Marron hatte es damals in der Zeitung gelesen und war entsetzt gewesen, von den Vorfällen, die zu diesem Umstand geführt hatten.

Alcatraz war noch jung für ein Polizeipferd, kaum aus der Ausbildung raus, etwa sechs Jahre alt. Er bewies sich durch seine Ruhe und Verlässlichkeit. Sein damaliger Reiter hatte immer nur gut von dem Tier gesprochen, es in den höchsten Tönen gelobt. Dann war es passiert. Es war nur eine Routinepatrouille gewesen, eine Streife von zwei Tieren und ihren Reitern. Sie waren durch einen Park von Tokio geritten, kontrollierten die Spielplätze und Weisen, ob dort Dealer oder Ähnliches herumlungerten. Nichts war anders gewesen; sie hatten es nicht kommen sehen. Gerade als sie eine Reihe von Müllcontainern passierten war es geschehen, eine Bombe detonierte.

Das andere Pferd und der Polizist waren dem Container am nächsten gewesen und hatten es nicht überlebt. Alcatraz’ Reiter war schwer verletzt worden, einige Splitter hatten in tödlich getroffen und die Rettungskräfte hätten ihm vielleicht auch nicht mehr helfen können, doch sie waren nicht an den Polizisten ran gekommen. Kaum war der Reiter aus dem Sattel gefallen, da hatte sich das, ebenfalls verwundete, Tier über ihn gestellt und gegen jeden verteidigt, der ihm zu nahe kommen wollte. Erst ein Narkosepfeil hatte Alcatraz stoppen können. Der Polizist war tot gewesen, die Sanitäter waren zu spät gekommen.

Alcatraz hatte man zunächst in eine Klinik gebracht. Verschiedene Splitter hatten ihm Hals und Flanke zerfetzt, aber es war nicht tödlich gewesen. Doch was sich später herausstellte war, dass das Tier vollkommen verstört war. Die Familie des toten Polizisten wollte den Wallach nicht bei sich haben und es war schier unmöglich einen Interessenten für den Fuchs zu finden. Dann hatte man ernsthaft überlegt, das Tier einzuschläfern. Die letzte Information, die Marron hatte war, dass jemand das Pferd gekauft hatte.

Irritiert musterte Marron Herrn Shikaido.

„Haben Sie Alcatraz gekauft?“

Der Sensei nickte.

„Die Polizisten waren froh, als sie ihn in guten Händen wussten. Alcatraz ist dermaßen verteufelt worden, dass niemand mehr in seine Nähe wollte.“

Marron spürte, wie ihr Herz zusehends schmerzte.

„Was haben Sie mit ihm vor?“ Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden.

„Ich werde ihm seinen Lebensabend sichern. Mehr kann ich für ihn nicht tun. Die Narben seiner Vergangenheit lassen ihn nicht los.“

Er ist wie ich, dachte Marron.

„Dürfte ich mit ihm arbeiten?“

Gleichermaßen das Mädchen und der Sensei sahen sie überrascht an.

„Ich wüsste nicht, was dagegen einzuwenden ist, aber das könnte sehr schwierig sein.“

„Es wird nicht einfach, aber ich möchte ihm eine Chance geben. Ich glaube nicht, dass er für immer Angst haben muss. Er braucht jemanden, dem er Vertrauen schenken kann.“

So wie ich, dachte sie.

„Gerne!“, lächelte Herr Shikaido. „Ich werde dir helfen, wo ich kann.“

Wieder traf Marron ein Giftblick von der Schülerin.
 

Als Chiaki bemerkte, dass Marron nicht mehr da war, traf ihn ein leichter Stich, doch der Abend gestern hatte ihm solche Zuversicht gegeben, dass er sofort wieder glücklich war.

Die Nachricht, die sie ihm hinterlassen hatte, brachte ihn ebenfalls in Hochstimmung. Sie war einfach der wundervollste Mensch, den er jemals kennen gelernt hatte.

Sein Blick fiel auf das Büchlein, welches er gestern mit Marron durchgegangen war. Sie hatte kein bisschen wütend reagiert, was ihn etwas verwirrt hatte. Nicht einmal nach ihrem Namen hatte sie gesucht.

Und sie hätte nichts gefunden. Chiaki hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, bisher noch nicht. Aber er hatte sie niemals in dieses Buch eingetragen. Warum nur? Normalerweise war er doch nicht so schlampig, was seine Mädchen betraf.

Er ließ sich auf dem Sofa nieder, auf dem sie eingeschlafen war. Er hatte sie nicht eingetragen, weil sie von Anfang an nicht dafür bestimmt gewesen war. Sie war anders, als alle Mädchen die er kannte und in seinem Innern hatte er gewusst, dass sie nicht einfach nur eine Affäre sein konnte. Er hatte ihr sogar mehr erzählt, als so mach einer von ihm wusste. Nur Yamato kannte ihn besser.

Resigniert legte Chiaki seinen Kopf in die Hände. Das war sehr gefährlich was er da dachte. Denn wenn er sich auf sie einließ, konnte er ihr Herz brechen. Und das wollte er nicht, nicht bei ihr. Sie durfte er nicht verletzen. Doch war er wirklich besser als sein Vater?

Der Unfall

HAllo ihr Lieben. ICh weiß, ich habe lange gebraucht, aber ihr müsst mir glauben, dass ich die letzten WOchen so hart gearbeitet habe, dass mir gerade ,mal Zeit zum Sclafen und Essen blieb. Die Hotellerie lässt eien halt kaum Zeit zum Atmen ^^

Trotzdem danke, dass ihr mir treu bleib Bussi
 

Fröhlich pfeifend lief Miyako ins Klassenzimmer und setzte sich zu Marron. Seitdem sie, vor einer Woche, so viel Zeit mit Yamato verbracht hatte, schwebte sie auf Wolke 7. Sie hatte sich immer für einen sehr nüchternen, abgeklärten Menschen gehalten, deshalb hatte sie so einige Schwierigkeiten sich in ihrer Verliebtheit gehen zu lassen, aber die die sie kannten, sahen ihr an, dass Miyako sich verändert hatte.

Obwohl Marron mit ihren Gedanken ständig woanders schien, bemerkte sie die Veränderung ihrer Freundin sehr wohl. Auch wenn Miyako nun viel weniger Zeit mit ihr verbrachte, machte es ihr nichts aus. So musste es sein, wenn man frisch verliebt, nein, so richtig verknallt war. Marron war weder eingeschnappt noch traurig, sondern sie freute sich riesig für Miyako. Dennoch fühlte sie sich einsamer denn je, seitdem sie erfahren hatte, wie es war echte Freunde zu haben. Auch Chiaki sah Marron so gut wie nie. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass er ihr aus dem Weg ging. Wäre etwas zwischen ihnen vorgefallen hätte sie es verstanden, da dies aber nicht der Fall war, redete sie sich ein, dass sie Halluzinationen hatte. Die anderen hatten halt im Moment nicht allzu viel Zeit, das würde sich geben. Auch den Stich, den Marron verspürte, seitdem sie Chiaki wieder öfter mit Mia sah ignorierte sie. Im ersten Moment hatte Marron sich gefragt, was für ein Spiel Chiaki da spielte, dann jedoch hatte sie sich sofort abgewandt. Sie hatte keine Erwartungen an Chiaki, redete sie sich ein. Was interessierte sie, was er tat in seiner Freizeit.

Außerdem hatte sie in letzter Zeit mit anderen Dingen zu kämpfen.

Als Miyako sich hinter sie setzte, dachte sie gerade daran, wie wenig ihr Alcatraz entgegen kam. Zunächst hatte sie sich und ihre Geduld auf die Probe gestellt und sich stundenlang auf seiner Stalltür gestützt und ihn beobachtet. Irgendwann musste er doch zumindest ein wenig auf ihre Anwesenheit reagieren, außer panisch zu werden.

Nach zwei Tagen hatte er auch keine Angst mehr gehabt. Marron schien irgendwie zum üblichen Inventar, wie Besen und Mistgabel geworden zu sein, doch entgegen kam er ihr kein bisschen. Im Gegenteil sie schien gar nicht zu existieren und das entmutigte sie zusehends.

Es ist doch erst eine Woche vergangen, sagte sie sich. Aber trotzdem wusste Marron, dass sie andere Geschütze auffahren musste. Der Wallach würde sie weiterhin ignorieren. Er schien es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben. Womöglich vermenschlichte sie Alcatraz, aber vielleicht lag sie ja richtig.
 

Nachdenklich beobachtete Miyako Marron. Sie hatte ihre Freundin in letzter Zeit sehr vernachlässigt, ihr noch immer nicht erzählt, dass ihr Vater daran arbeitet ihren Onkel hinter Gitter zu bringen. Miyako seufzte. Das ausgerechnet sie den Kopf über ihren Gefühlen verlieren würde. Das passte gar nicht zu ihr. Aber es war auch so wundervoll, alles war wundervoll und das Glück erschlug sie fast. Wie sehr wünschte sie sich, dass Marron so etwas ebenfalls erleben würde. Resignation zog über ihre Miene. Doch dazu brauchte es noch mehr als den richtigen Mann in Marrons Leben. Solange Marron sich nicht für andere Menschen öffnete, würde ihr Traummann jedes Mal erfolglos an ihr vorbei laufen und sie alleine bleiben.

Miyako sah zu Chiaki hinüber, der angeregt mit Mia flirtete. Sie hatte eigentlich gedacht, dass er Interesse an Marron hatte und sie zumindest Freunde geworden waren, doch sie wechselten kein Wort miteinander, was niemand so wirklich verstand. Einen Streit hatte es wohl nicht gegeben, dann hätte etwas mehr Spannung in der Luft gelegen. Es war vielmehr, als wären ihre Wege plötzlich auseinander gegangen.

Sie musste sich ein wenig aus ihrem Glück befreien und dem ganzen auf den Grund gehen.
 

Verzweifelt beobachtete Marron das Hinterteil von Alcatraz. Er schloss sie förmlich aus, als wolle er ihr zeigen, wie wenig Interesse er hatte. Sie seufzte und legte die heiße Stirn auf die Tür. Wieso schlossen alle in ihrem Leben sie ständig aus.

Nein! Sie raffte sich auf. So durfte sie nicht denken. Trübsal blasen lag ihr nicht.

„Bringt er dich zur Verzweiflung?“

Sensei Shikaido lehnte sich neben Marron an die Stalltür, ohne jedoch Alcatraz anzusehen. Sein Blick ruhte auf ihr.

Traurig sah Marron Alcatraz an.

„Ich bin für ihn wie Luft.“

Nachdenklich sah nun auch Herr Shikaido den Fuchs an.

„Weißt du Marron, ich hatte nicht nur Mitleid mit Alcatraz, als ich ihn kaufte.“

Interessiert sah Marron auf.

„Sondern?“

„Ich glaubte, dass die Polizisten ihn verkannten. Als ich die Geschichte des Unglücks hörte, weißt du was ich mich als aller Erstes fragte?“

Marron schüttelte den Kopf.

„Welches Tier reagiert so wie Alcatraz es getan hat?“

Marron betrachtete den Wallach.

„Er hat sich ohne nachzudenken zwischen seinen Reiter und den vermeintlichen Feind gestellt ohne an sein eigenes Wohl zu denken. Solche Liebe und Treue verlangt in meinen Augen auch so etwas wie Intelligenz. Alcatraz wusste nicht woher der Feind kam. Erklär einem Pferd eine Bombe…… und er hat sich sofort für das Logischste entschieden. Die Menschen die auf ihn zukamen.“

Shikaido seufzte.

„Für die Menschen die dort waren, ist Alcatraz Schuld am Tod seines Reiters. Keiner hat versuchte es aus den Augen dieses mutigen Tieres zu sehen und bevor sie ihn töteten, hatte ich mich bereits entschieden. So Jemanden muss eine Chance gegeben werden.“

„Warum haben sie dann nie mit ihm gearbeitet?“

Shikaido lächelte.

„Vielleicht, weil ich darauf gewartet habe, dass jemand wie du kommt, der das viel besser kann als ich.“

Gedankenverloren widmete sich Marron nun wieder Alcatraz und der Sensei ließ die beiden alleine.
 

Genervt folgte Chiaki Mia, die vollkommen hingerissen an seinem Arm hing.

„Komm schon, Chiaki. Um Sechs füttern die die Pferde zu Abend und dann ist dort niemand mehr. Keiner wird uns auf dem Heuboden finden.“

Die Kleine nervte zwar tierisch, aber wenn er daran dachte, was ihn dort oben auf dem Heuboden erwartete, fügte er sich sofort. Das Mädchen war in manchen Dingen einfach zu gut und er vergaß dann sofort alles was ihn sonst quälte. Und er schaffte es sogar fast, sich nicht zu wünschen, dass es jemand anderes war, der diese Freuden mit ihm teilte. Nur fast.

Ungeduldig wurde Mia schneller, bis sie plötzlich stehen blieb.

„Das Tor steht ja ein wenig offen.“ Sie blickte auf ihre schicke, und sicher sehr teure, Armbanduhr.

„Hier dürfte seit fast zwei Stunden keiner mehr sein.“

Mehr erfreut als enttäuscht drehte Chiaki sich wieder um.

„Dann eben ein anderes Mal.“

„Nein!“ Energisch zog Mia an seinem Arm und warf ihr hübsches blondes Haar zurück

„Entweder hat jemand vergessen das Tor zu zumachen oder ist im Begriff zu gehen. Ich will das erst überprüfen.“

Das Weibsbild konnte echt hartnäckig sein. Aber brauchte er nicht dringend ein wenig Ablenkung?

Lautlos, aber immer noch hart in ihrem Klammergriff, schlich sie sich durch das Tor und verschwand dann mit ihm hinter eine Boxwand, als sie eine Stimme hörten.

„Was macht die denn hier.“

Chiaki sah um die Ecke um zu sehen, was Mia schon längst entdeckt hatte.

„Marron?, flüsterte er.

Mia blickte ihn giftig an.

„Wusstest du, dass sie hier hinkommt?“

Verwirrt sah er auf Mia hinab.

„Woher denn?“

Sie sahen wieder die Stallgasse hinunter, wo Marron vor einer geöffneten Box stand und auf jemanden einredete.

„Die ist doch vollkommen verrückt geworden.“

Chiaki runzelte die Stirn und beobachtete Marron.

„Warum?“

„Dieses Vieh mit dem sie spricht ist gemeingefährlich.“

Chiaki wollte sofort aus ihrer Deckung hervortauchen, doch Mia hielt in zurück.

„Wag es ja nicht. Wenn meine Tante das rauskriegt, dass wir hier sind rastet die aus und das da vorne,“ sie deutete auf Marron, „scheint interessant zu werden.“
 

Vorsichtig öffnete Marron die Stalltür und wartete auf eine Reaktion von Alcatraz. Sie hatte lange überlegt, aber wenn sie eine Reaktion von ihm wollte, dann musste sie ihn reizen, auf jede erdenkliche Weise.

„Komm her, mein Junge. Sieh wohin du gehen darfst.“

Sie hatte alles um sich herum abgesperrt und so den Weg zur Halle bereit gemacht. Sie wollte, dass er sich mal wieder frei fühlte. Marron hatte bewusst diese Zeit ausgewählt, um Ruhe zu haben. Sie wollte Alcatraz Aufmerksamkeit für sich alleine. Er sollte sich von nichts abgelenkt fühlen.

„Sieh her, Kleiner.“ Sie förderte eine Tüte mit verschiedenen Leckereien zu Tage und raschelte laut damit. „Komm her.“

Zwar wandte Alcatraz sich nicht um, doch sie merkte wie seine Ohren sich nach hinten drehten, damit er auch nichts verpasste. Marron musste an sich halten um nicht laut zu kichern. Schlauberger.

Scheinbar uninteressiert drehte Marron sich um, lehnte sich an die Wand und knabberte an einem Stück Möhre, während sie weiter raschelte und knisterte. Lange tat sich gar nichts, doch Marron ließ sich nicht entmutigen. Warten konnte sie ewig. Nach einer Ewigkeit und zwei weiteren Stücken Möhre und einem Stück Apfel, hörte sie es hinter sich rascheln. Es hörte sich an wie Stroh, das sachte zur Seite geschoben wurde. Marron wusste, sie durfte sich jetzt nicht umdrehen, musste weiter so tun, als würde sie sich nicht für die Dinge hinter sich interessieren, auch wenn es sie quälte nicht zu sehen was der Fuchs tat.

Sie vernahm ein leises Schnauben, doch es klang noch sehr weit entfernt. Zumindest war er neugierig. Weitere Minuten vergingen qualvoll.

Leises Rascheln und ein Huftritt belohnten sie. Ganz sachte berührte sie der warme Atem eines großen Tieres. Er war jedoch immer noch mindestens vier Meter entfernt. Sein Schnauben wirkte nun schon fast frustriert. Jedenfalls schien er der Ansicht, dass von diesem schmächtigen Ding vor ihm keine Gefahr ausging.

Naja, so lange wie sie nun schon vor seiner Stalltür verbracht hatte, war sie halt jetzt ein Besen, der leckere Sachen ohne ihn verputzte. Wie ungerecht die Welt war.

Plötzlich wurde der Atem zunehmend wärmer, fast schon heiß und kitzelte Marron im Nacken, sodass sie ein Schauer durchfuhr. Er war ihr näher als sie jemals für möglich gehalten hatte.

Dann spürte sie eine sachte, weiche Schnauze die ihr sanft durchs Haar fuhr. Tastend und zurückhaltend, dennoch nicht unfreundlich suchte die Schnauze sich einen Weg zu den Leckereien in Marrons Hand.
 

Der Wallach stand nun mit vier Hufen außerhalb des Stalles und berührte Marron zärtlich an Kopf, Nacken und Oberarm. Erstaunt beobachtete Chiaki jede Bewegung des Tieres. Er hatte von diesem Wallach gehört und hätte nie gedacht, dass diese Tier jemals jemanden so nah kam. Auch Mia verfolgte all dies gebannt, obwohl sie nun schon seit geschlagenen dreißig Minuten auf dem Stallboden hockten und ihnen die Beine einschliefen.

„Sie ist einfach unglaublich.“, entfuhr es ihm. Die unverhohlene Zuneigung ließ Mia herumfahren.

„Wie bitte?“, zischte sie ein wenig zu laut. Sie hörten ein Schnauben und Chiaki sah auf. Alcatraz stand stocksteif und sah zu ihnen herüber. Marrons schlechtes Menschengehör hatte das Geräusch nicht wahrgenommen, wunderte sich jedoch über den Wandel des Geschehens.

„Pssst.“ Chiaki sah Mia eindringlich an.

„Nichts „Pssst.! Was findest du an diesem Miststück.“

Alcatraz wurde unruhig, unsicher. Marron wagte nicht sich ganz umzudrehen.

Chiaki wurde ebenfalls wütend. Ein fataler Fehler.

„Red nicht so von ihr. Sie ist ein lieber Mensch.“

„Ach ja? Dann brauchst du mich ja nicht.“ Mias Stimme wurde schrill und als sie nun plötzlich wie von der Tarantel gestochen aufsprang, geriet Alcatraz vollkommen in Panik.

Bevor sich Marron über Mias Erscheinen wundern konnte, stand Alcatraz auf zwei Beinen vor ihr und keilte aus. Sie konnte ihm zwar beim ersten Mal ausweichen, doch da sie jeden Fluchtweg zugebaut hatte, konnte sie den Hufen nicht richtig aus dem Weg gehen und Alcatraz geriet noch mehr in Panik, der einzige Ausweg lag vor ihm und der wurde von dem Mädchen versperrt. Alles ging wie in Zeitlupe. Wieder erhob er sich auf die Hinterbeine und traf diesmal hart Marrons Schulter. Sie hörte es Knacken und der Schmerz war kurz davor, ihr die Sinne zu rauben. Sie sackte in sich zusammen, immer noch das schrille Wiehern des Fuchses in den Ohren. Dann spürte sie mehrere harte Schläge hintereinander überall am ganzen Körper, am härtesten traf sie es jedoch in der rechten Seite. Alle Luft entwich ihr und nur ein hohes Pfeifen blieb ihr. In ihren Ohren rauschte es. Nur am Rande nahm sie ihren Namen wahr der immer lauter gerufen wurde.
 

„Marron, oh mein Gott, Marron.“

Schon nachdem Alcatraz den ersten Treffer gelandet hatte, war Chiaki losgestürmt, jedoch nicht schnell genug. Er konnte nicht verhindern, dass der Wallach Marron überrannte und dann in der Halle verschwand.

Chiaki stürmte zu Marron und riss einige Stangen der Barrikade mit um. Marron kämpfte mit dem Schmerz und gleichzeitig mit dem Bewusstsein. Sie war viel zu schwer verletzt um sich zu fragen, was Chiaki plötzlich neben ihr machte.

„Alcatraz?“ Ihre Stimme war schwach und zittrig.

Hoffentlich nur der Schock, dachte Chiaki.

„Ihm geht’s gut. Er ist in er Halle und hat sich längst beruhigt.“ Er beugte sich über sie und hob sachte ihren Kopf an.

„Wo hat er dich getroffen, Marron?“

Marron kämpfte sich wieder an die schmerzhafte Oberfläche ihres Bewusstseins zurück. Sie unterdrückte nur schwer ein Stöhnen und blickte in das Angstverzerrte, aschfahle Gesicht von Chiaki.

„Ich glaube, meine Schulter….. und mein Bauch… sind am schwersten getroffen worden.“, brachte sie gepresst hervor. Chiaki bemerkte erst jetzt, das Marrons Arm in einem unnatürlichen Winkeln nach unten hing.

„Mia, hol sofort Hilfe.“ Er wandte sich ungeduldig um, als keine Antwort kam. Mia stand immer noch an denselben Fleck, an dem sie aufgesprungen war. Ihr Gesicht war unnatürlich bleich und ihre blauen Augen weit aufgerissen.

„Mia!“, brüllte Chiaki.

Wie aus einer Trance befreite Mia sich und rannte aus den Stallungen. Inbrünstig hoffte Chiaki, dass sie schnell war. Er wusste nicht, ob Marron womöglich innere Blutungen hatte und da zählte jede Minute, wie er von seinem Vater wusste.
 

Immer wieder sackte Marron weg, in eine Art Dämmerzustand. Dieser sorgte zumindest

dafür, dass sie das dumpfe Pochen in ihrem Körper nicht mehr ganz so extrem spürte. Chiaki redete die ganze Zeit auf sie ein, versuchte sie vor dem heilenden Schlaf zu bewahren. Sah er denn nicht wie müde sie war?

Wieder war sie dem Schlaf so wunderbar nah, da hörte sie Stoff reißen. Alarmglocken holten sie sofort zurück in die schmerzhafte Realität.

„Was tust du da?“ Ihre Stimme war unnatürlich schrill und ihr Kopf wollte erfassen, was er da tat.

„Ich muss gucken, ob du sonst noch verletzt bist.“

Er versuchte ihren Rücken und Bauch frei zu legen, doch ungeahnte Kräfte seitens von Marron verhinderten dies. Mit ihrem gesunden Arm, entwand sie sich ihm und verhinderte, dass er auch nur ein Stück nackte Haut sah. Der darauf folgende Schmerz wollte sie schier zerreißen.

„Verdammt Marron. Ich will dir nur helfen. Glaubst du wirklich ich würde so eine Situation ausnutzen.“ Wieder machte er sich an ihr zu schaffen um weitere Verletzungen auszuschließen.

„Nein!“ Ihr Schrei schockte Chiaki zutiefst. In Marrons Augen lag eine Panik, die nicht dem galt, was ihr gerade eben passiert war. Doch sie übernahm sich und stürzte auf die lädierte Schulter. Ein Schmerzensschrei entfuhr ihr und sie sackte vollends in sich zusammen.

Warum war sie auch noch in solch einer Situation zickig und störrisch. Das war wirklich dumm. Wie konnte man sich nur so aufführen und sich selbst noch mehr Schmerz zufügen. Dachte sie wirklich so schlecht von ihm?

Grummelnd arbeitet er sich nur durch ihre Wäsche durch um ihren Bauch abzutasten. Hoffentlich konnte er innere Blutungen ausschließen. Hilfreicher wäre es gewesen, wenn Marron ihrer geistigen Fähigkeiten mächtig gewesen wäre, aber mit ihrer letzten Aktion hatte sie sich ausgeknockt.

Endlich hatte er nur noch das T-shirt vor sich und schob es hoch.

Laut zischend entwich ihm die Luft. Um Himmels Willen!

Im Krankenhaus

Stetiges Ruckeln, welches ihr den Schmerz wieder ins Bewusstsein rief, ließ Marron auffahren. Ein Stöhnen entfuhr ihr. Sie blickte in zwei besorgte, violette Augen.

„Miyako?“ War sie nicht eben noch bei Alcatraz gewesen? Miyakos zu blasses Gesicht und der pochende Schmerz, der ihren ganzen Körper zu beherrschen schien, passten da einfach nicht ins Bild. Sie konnte sich nicht aufrichten, da sie fixiert war. Wo befand sie sich überhaupt?

Sie blickte sich um. Ein weiteres Ruckeln, was sich wie ein Schlag anfühlte, ließ Marrons Sicht verschwimmen, trotzdem erkannte sie die andere, in weiß und rot gekleidete Person, die etwas in die Höhe hielt.

Eine Sanitäterin? Irritiert sah sie zu Miyako und nahm wahr, dass sie sich in einem Rettungswagen befand. Das erklärte das unsägliche Rütteln.

„Was ist hier los?“ Miyako rang um Fassung.

„Alcatraz hat dich über den Haufen gerannt. Erinnerst du dich nicht?“

Erneut stöhnte Marron. Sie hatte gehofft es sei ein Albtraum gewesen.

Miyakos warme Hand auf ihrem linken, fast tauben Arm ließ sie zusammenfahren. Die Sanitäterin drückte Marron sanft zurück auf die Liege.

„In wenigen Minuten sind wir im Krankenhaus. Dann wird alles gut.“

Nichts war gut. Nach dieser Aktion würde man ihr verbieten mit dem Wallach zu arbeiten. Womöglich war das sogar das Todesurteil für Alcatraz. Marron hätte heulen mögen. Sie dachte an den Vorfall zurück. Es war alles so gut gelaufen. Wieso war er nur plötzlich ausgerastet? Kurz zuvor, war er ihr doch so nahe gewesen.

Dann durchzuckte sie eine weitere Erinnerung. Chiaki, der ihren Namen rief, auf sie einredete und jemanden fortschickte. Woher war er auf einmal gekommen? Hatte er vielleicht etwas mit Alcatraz Verhalten zu tun?

Sie hatte ihn nicht gefragt. Zu viel war um sie herum passiert. Sie hatte sich Sorgen um das Pferd gemacht und die Schmerzen hatten ihr den Verstand geraubt. Dass sie diese jetzt kaum spürte, lag mit Sicherheit an irgendwelchen Schmerzmitteln.

Doch was war passiert, bevor sie ohnmächtig geworden war? Irgendetwas in ihr, wollte ihr etwas sagen. Da war etwas gewesen, doch was.

Quietschende Bremsen und gleißendes Sonnenlicht, als die Türen des Wagens aufgerissen wurden, holten sie in die Wirklichkeit zurück.
 

„ Die linke Schulter ist gebrochen, aber ansonsten hat sie nur eine leichte Gehirnerschütterungen und einige Prellungen. Sie hat verdammtes Glück gehabt.“

Scheinbar gedankenverloren starrte Chiaki aus dem Fenster des dritten Stockes des Krankenhauses. Er befand sich mit Miyako, der Direktorin und Herrn Shikaido in einem Warteraum und hatte jedes Wort des Arztes vernommen, auch wenn er keine Miene verzog. Alle atmeten hörbar auf und Miyako, die die letzte Stunde unruhig umhergetigert war, setzte sich zum ersten Mal hin. Sie schloss die Augen und die Sorgenfalten auf ihrer Stirn glätteten sich. Chiaki achtete darauf nicht, auch veränderte sich seine Haltung nicht.

Erst als der Arzt Miss Harouno beiseite nahm um ungestört mit ihr zu sprechen, wurde Chiaki hellhörig. Was auch immer der Arzt sagte, Miss Harouno sah nicht überrascht aus, nickte sogar gelegentlich und holte dann Miyako hinzu, die dem Doktor irgendetwas erklärte, während dieser sich leicht zu hier herunterbeugte.

Da der Arzt von Natur aus ein verkniffenes Gesicht hatte, konnte Chiaki nicht erraten, worum es ging. Aber der Arzt hatte sie sicher überall untersuchen müssen.

Chiaki unterdrückte ein Stöhnen und legte die heiße Stirn gegen die Fensterscheibe. Er wünschte sich mehr als einmal heute, nicht im Stall gewesen zu sein. Und das aus den verschiedensten Gründen.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter, doch Chiaki wollte nicht reagieren.

„Geht’s dir gut, Chiaki?“

Herr Shikaido drückte freundlich zu, als wolle er Trost spenden. Wahrscheinlich sah er, Chiaki, so aus, als müsse er sich jeden Augenblick übergeben. Es war nah an der Wahrheit.

„Danke Sensei, es geht schon.“

„Gut, dass du da gewesen bist. Sie wäre nicht in der Lage gewesen, den Notarzt zu rufen.“

Chiaki schluckte schwer.

„Wäre ich nicht da gewesen, wäre nichts passiert. Wir haben Alcatraz erschreckt.“

Der Sensei schwieg und sah ebenfalls aus dem Fenster. Es hatte angefangen zu regnen, ein frischer Frühlingsregen.

„Ich wusste, dass sie es schaffen würde. Ich habe es immer gewusst.“

Shikaidos weicher Ton und diese Vertrautheit ließen Chiaki aufhorchen. Wovon sprach der Sensei und wieso bekam er so ein komisches Gefühl. Wer war Marron Kusakabe eigentlich?

Das beschäftigte in nun schon, seit dem Unfall im Stall. Und es würde ihn nicht loslassen, solange er die Wahrheit nicht kannte.
 

Miyakos Puls verlangsamte und das Rauschen in ihrem Kopf verflüchtigte sich. Sie hatte ja solche Angst gehabt. Miss Harouno hatte sie sofort geholt, kurz nachdem ihre Nichte ihr von dem Unfall berichtet und sie den Notarzt gerufen hatte. Miyako hatte das Gefühl gehabt, als wäre alles um sie herum unwirklich. Sie hatte auf nichts und niemanden mehr geachtet, als sie durch den Park zu den Stallungen gerannt war. Auf Miss Harouno und Herrn Shikaido, der gerade von den Volieren kam, hatte sie nicht mehr gewartet.

Warum hatte sie Marron nur in der letzten Zeit so wenig Beachtung geschenkt. Sie hätte niemals zugelassen, dass Marron alleine mit Alcatraz arbeitet. Sie kannte die Geschichte des Tieres von ihrem Vater und hatte sehr großen Respekt vor der Unberechenbarkeit des Fuchses. Nur Wut und Verachtung für sich selbst hatte sie verspürt. Andere Gefühle hatten bei ihr keinen Platz gefunden, als sie den Weg entlang raste.

Doch als sie Marron da liegen sah, in den Armen von Chiaki, mit geschlossenen Augen, dreckig und leichenblass, war in ihrem Herzen etwas gerissen. Sie hatte nur ein Stöhnen zustande gebracht und sich an die andere Seite ihrer Freundin hingeworfen.

Marron hatte auf nichts reagiert, sodass Miyako nah an der Panik war, aber Chiaki hatte ihr versichert, dass ihr Puls kräftig schlug und sie nur ohnmächtig geworden war.

Chiaki war sehr blass gewesen, während seine Augen seltsam leuchteten und seine Mund streng verkniffen wirkte.

Miyako hatte sich darauf nicht konzentrieren können, zu sehr war sie erfüllt von der Sorge um Marron. Doch nun fiel ihr auf, dass Chiaki schon seit Stunden am Fenster stand und mit nichts und niemanden sprach. Er wirkte wie erstarrt und mit seinen Gedanken sonst wo. Selbst als der Arzt ein wenig Entwarnung gegeben hatte, war keine Reaktion von Chiaki gekommen. Was war nur los mit ihm? Sie wusste, dass irgendetwas bei den Beiden nicht stimmte, aber er hatte bei Marron ausgeharrt und darauf bestanden mit ins Krankenhaus zu fahren.

Hatte er womöglich einen Schock?
 

Chiaki vernahm eine Bewegung zu seiner Linken und erspähte Miyako. Sie stellte sich neben ihn und sah ihn einfach nur an, als warte sie auf etwas. Chiaki unterdrückte einen Seufzer.

„Kann ich etwas für dich tun, Miyako?“

Miyako verzog keine Miene.

„Die Frage sollte ich eigentlich dir stellen.“

Chiaki schnaubte und wandte sich ab. Es war eindeutig, dass er nicht mit ihr sprechen wollte. Doch Miyako wäre nicht Miyako, wenn sie ihn jetzt alleine ließ.

„Was ist geschehen?“

Ärgerlich verzog Chiaki das Gesicht.

„Ich bin mit Mia dort gewesen und wir haben Alcatraz erschreckt. Falsches Timing, sonst nichts.“

Miyako schüttelte bestimmt den Kopf.

„Nein, Chiaki. Das meine ich nicht.“

„Miyako, was willst du von mir?“

Chiaki wurde nervös und unruhig. Miyakos Gespür hatte sie nicht im Stich gelassen.

„Ich möchte wissen, was dich so aus der Fassung gebracht hat.“

Ein gehetzter Ausdruck trat in die Augen des Jungen ihr gegenüber. Er wollte definitiv nicht mit ihr sprechen. Nicht hier. Nie. Energisch packte sie ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich. Er protestierte so laut, dass sie sich einen tadelnden Blick von Miss Harouno einfingen.

„Wir kommen gleich zurück um Marron einen kleinen Besuch abzustatten.“

Hilflos wehrte sich Chiaki, doch gegen Miyako hatte er keine Chance. Nicht wenn ihr mütterlicher Instinkt durchkam und den hasste Chiaki mehr als alles andere auf der Welt.

„Miyako, jetzt hör mir mal bitte einen Moment zu!“

Sie waren auf dem Parkplatz des Krankenhauses angekommen und weit und breit war keiner zu sehen. Miyako fuhr herum und stemmte ihre Fäuste in die Hüfte.

„Chiaki Nagoya! Ich kenne dich lange genug um zu wissen, dass etwas vorgefallen ist. Und mein Gespür sagt mir, dass es mit Marron zu tun hat. Deshalb wirst du mir sofort sagen, was los ist.“

„Nein!“

„Wie bitte?“

„Ich weiß nicht, was du dir einbildest. Dein Polizeiwahnsinn macht dich schon irre. Du siehst Dinge die nicht sind.“ So souverän es sich anhörte, Chiaki wurden die Knie weich bei Miyakos wütenden Blick. Wenn er eins gelernt hatte, dann Miyako Toudaji niemals…nein, niemals zu unterschätzen.

„Es muss doch ganz schön aus der Fassung gebracht haben, wenn du mit mir so sprichst.“

Anstatt auszurasten, sah sie ihn nur durchdringend an. Er hatte keine Chance, sie verließ sich ganz auf ihren Instinkt.

„Und was, wenn es so wäre?“

Sie hatte ihn.

„Miyako, es gibt Dinge über die man nicht sprechen möchte. Die zu…..“, hilflos hob er die Arme,“….schwierig sind. Es geht nicht!“

Miyako runzelte die Stirn und ihr Blick kehrte sich nach innen.

„Miyako, ich habe es nicht böse gemeint.“ Er benahm sich wie ein Weichei! „Ich möchte nicht wegen mir mit niemanden darüber sprechen, sondern wegen Marron.“

Miyakos Kopf schnellte hoch, ihre Augen waren zusammengekniffen und haderten den Worten, die kommen mussten. Chiakis Herz setzte aus. Wieso hatte er nur dieses unsäglich Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.

„Chiaki! Hast du Marron erste Hilfe geleistet?“ Chiaki atmete erleichtert aus. Ein weniger delikates Thema.

„Natürlich!“

Drohend baute sie sich über ihm auf du musste zugeben, dass sie etwas Einschüchterndes an sich hatte.

„Hast du sie untersucht? Nach Verletzungen?“

Irgendetwas stimmte nicht.

„J..Ja!“

„Verdammt Chiaki! Hast du ihren Bauch und ihren Rücken gesehen?“

Chiaki schluckte. Myiako wurde schlecht.
 

Ungläubig starrte Marron auf den riesigen Gips, der ihren ganzen Arm einhüllte. Sie war nun so wendig und geschickt mit diesem Ding wie ein Elefant. Entsetzt sah sie Herrn Shikaido an, der sie übers Fußende des Bettes angrinste.

„Und die sagen, ich habe Glück gehabt. Ich sehe aus, als wäre meiner linken Seite ein Geschwülst entwachsen.“

Der Sensei lachte, wurde dann aber ein wenig ernster.

„Du hattest wirklich Glück, Marron. Alcatraz hätte dich noch viel ernster verletzen können.“

„Sensei, Alcatraz hatte keine Schuld.“ Das wusste sie nun, auch wenn ihr einiges noch ein Rätsel aufgab. Sie konnte sich einfach nicht mehr an alles erinnern.

„Ich weiß, Marron. Ich konnte auch Miss Harouno davon überzeugen.“ Marron atmete auf.

„Aber trotzdem, darfst du nie wieder alleine mit ihm arbeiten. Wäre Chiaki nicht da gewesen, hätte es viel schlimmer ausgesehen.“

Marron grummelte vor sich hin. Schließlich war Chiaki und eine seiner Gespielinnen- Marron war sich nun sicher, dass dort ein Mädchen gewesen war- Schuld an dem Desaster.

„Wie geht es dem Pferd?“ Das beschäftigte sie schon seit Stunden.

„Ich konnte ihn in seinen Stall treiben, bevor ich hierher kam. Es geht ihm gut. Er hat es besser verkraftet als du.“ Bedeutungsvoll blickte er auf den monströsen Gips. Marron kicherte.

„Danke, Sensei. Sie sind so gut zu mir.“

Ein wehmütiger Ausdruck trat in seine Augen.

Es klopfte laut und Marron musste sich von ihrem Sensei abwenden.

Ohne abzuwarten schwang die Tür auf und dort stand…Noyn.
 

Chiaki hatte nicht mehr viel sagen müssen und das hatte Miyako auch nicht mehr von ihm erwartet. Noch einer, der von Marrons Geheimnis wusste und das eher unfreiwillig. Aber hatte das nicht irgendwann kommen müssen, fragte Miyako sich.

Chiaki wollte darüber jedenfalls nichts wissen. Zumindest hatte er ihr keine Fragen gestellt, sondern war genauso still gewesen wie vorher auch.

Sie waren nun auf dem Weg zu Marron und Miyako hatte ein wenig Angst vor der Begegnung der Beiden. Wusste Marron vielleicht von seiner Entdeckung? Sie hatte aber nichts gesagt.

„Sprich sie bitte nicht sofort auf das Geschehene an, Chiaki.“

„Darüber musst du dir keine Sorgen machen. Sie wird nicht erfahren, dass ich es gesehen habe.“

Irritiert sah Miyako sich um. Hatte sie etwa so etwas wie Resignation in seinen Worten gehört.

„Sie konnte es dir nicht erzählen. Niemand wusste es, auch ich nicht.“

Chiaki schüttelte den Kopf.

„Das ist in Ordnung. Sie sollte nur denen zeigen und erklären was passiert ist, die für sie wichtig sind, denen sie vertraut.“

„Willst du gar nicht wissen, wie das passiert ist?“ Ihre Stimme war eher verwundert.

„Nicht so. Sie muss es mir erzählen wollen.“

Miyako blieb abrupt stehen.

„Seit wann bist du in sie verliebt?“

Chiaki ging einfach weiter.

Noyn

Als sich die Tür hinter Herrn Shikaido schloss, hatte Marron aus irgendeinem Grund das Gefühl, als wenn Gitter fallen würden. Ihr Herz schlug rasend schnell, als sie nun zu Noyn blickte, der sich auf einen Stuhl unter dem Fenster niedergelassen hatte.

Als wenn er Abstand suche, schoß es Marron durch den Kopf. Doch in der gleichen Sekunde schalt sie sich einen Dummkopf. Wäre Noyn dann hier?

Warum war er überhaupt gekommen? Die einzige Reaktion, die sie an ihm bisher bemerkt hatte war, wie er dem Sensei zugenickt hatte. Dieser hatte scheinbar das Gefühl gehabt, zu stören und war gegangen. Was Marron gar nicht gefiel, aber sie wollte nicht unhöflich sein und Herrn Shikaido zurückrufen. Wie hätte das denn auch ausgesehen?

Verstohlen musterte Marron Noyns recht anziehendes Profil. Er verzog nicht eine Miene, kein Nerv zuckte und auch auf ein schüchternes Lächeln seitens Marron reagierte er nicht. Nur seine Augen, diese tiefschwarzen Augen zeigten, dass Leben in ihm war. Wie konnte ein Mensch solche Augen haben? Marron war wie gefesselt von ihnen.

Noyn deutete auf Marrons eingegipste Schulter samt Arm.

„Tut es sehr weh?“

Seine melodische Stimme irritierte Marron einmal mehr und ihre wirkte dagegen übertrieben hoch.

„Die haben mich so mit irgendwelchem Zeugs voll gepumpt, dass ich rein gar nichts spüre.“

Das stimmte zwar nicht ganz, aber das kleine Zirpen hier und da, machte Marron nichts aus. Schmerzen waren ihr kein Graus mehr.

Noyn nickte bedächtig und es hatte den Anschein, als wenn er nicht wüsste was er sagen sollte. Wieso war Noyn gekommen?

„Es war sehr leichtsinnig von dir, alleine mit dem Tier zu arbeiten.“ Marron unterdrückte einen Seufzer. Als wenn sie das nicht schon oft genug gehört hätte.

„Mag sein, aber trotzdem war er nicht Schuld.“

Noyns Miene verfinsterte sich.

„Ich hörte schon, dass Nagoya Schuld an dem Ganzen ist.“ Der leicht zornige Ausdruck, der sich in seiner Stimme wider fand, verwirrte Marron.

„Hoffentlich hast du es begriffen!“

Marron stutzte.

„Wovon sprichst du?“

„Von diesem Windbeutel Chiaki. Es war naiv und dumm von dir, auf ihn herein zu fallen.“

Marron stockte der Atem. Was war hier los?

„Was nimmst du dir heraus? Du kennst ihn….“

„Du vergisst eins, Marron. Ich weiß mehr über ihn, als du und ich bin ein Kerl. Ich höre seine Weibergeschichten öfter, als irgendein Mädchen der Schule.“ Seine Stimme wurde immer tiefer, gefährlicher. In Äquivalenz dazu, stieg Marrons Zorn.

„Was willst du eigentlich von mir? Wir haben noch nie ein richtiges Wort miteinander gewechselt und nun kommst du hier an, und erzählst mir, mit wem ich mit abgeben darf und mit wem nicht.“

Kurz legte sich ein merkwürdiger Gesichtsausdruck über Noyns Züge und Marron wusste nicht ob sie sich geirrt hatte. War es Berechnung gewesen? Doch seine seltsam sanfte Stimme, die nun folgte, brachte sie aus dem Konzept.

„Was wäre, wenn mir etwas an dir liegt?“ Er stand auf, stellte sich an Marrons rechte Seite und nahm ihre gesunde Hand in seine.

„Wenn es mir nicht egal ist, ob du verletzt wirst oder nicht?“

Marron schluckte schwer. Ihr Herz setzte alle paar Schläge aus. Irgendetwas fühlte sich ganz und gar nicht richtig an.

„W….wwwas redest du da?“ Sie unterdrückte mühsam den Drang, die Hand fort zu ziehen.

„Ich habe mich bisher aus allem raus gehalten, doch ich werde nicht mehr länger dulden, dass dir weh getan wird.“

Ein leises Klopfen ertönte und beider Köpfe zuckten herum. Noyn ließ Marrons augenblicklich los und sie musste sich zusammen nehme, um nicht die Hand an irgendetwas entlang zu reiben.

Die Tür öffnete sich und zunächst erschien Miyakos, dann Chiakis Gestalt. Beide blieben unwillkürlich stehen und starrten Marron und Noyn verwirrt und erschrocken an. Marron wusste nicht, was sie für ein Bild abgaben, doch sie war sich sicher, dass man ihr ihre Irritation ansehen musste. Chiakis Gesicht verdunkelte sich und Marron wusste, dass sie richtig liegen musste. Miyako blickte nur von einem zum anderen. Durcheinander und unschlüssig, was sie davon halten sollte.

Trotzdem fing sie sich als Erste und lächelte erst Marron und dann Noyn an.

„Schön, dass es dir besser geht. Ich dachte schon, es wäre ernster, als du in Ohnmacht gefallen bist.“ Sie wandte sich an Noyn. „Lieb von dir, dass du sie besuchst.“

Bei dem Wort „Lieb“ verspannte Noyn sich ein wenig. Doch irgendwie schien nur Marron es zu bemerken. Noyn zuckte nur lässig mit den Schultern, war aber scheinbar auch nicht bereit, weiter auf Miyako einzugehen.

Marron sah zu Chiaki herüber, der die Hände in die Hosentaschen stecken hatte und finster auf seine Füße blickte. Sie hatte ihn noch nicht gesehen, seit dem Unfall im Stall. Er hatte mit Sicherheit ein schlechtes Gewissen, so viel Anstand besaß er. Aber seine schlechte Laune hatte nichts nur mit den Geschehnissen des Tages zu tun.

Irgendwie passierten hier Dinge, die sie nicht begriff. Sich irgendwie außerhalb ihres Verständnisses bewegten und nicht greifbar waren.
 

Chiaki merkte, wie sich die Wut in seinem Innern immer mehr zusammen braute. Dieser schwarz gekleidete Lackaffe auf der anderen Seite von Marrons Bett ging ihm gehörig auf die Nerven. Alleine, dass er in ihrer Nähe war, störte ihn.

Verstimmt erinnerte er sich an den Grund für ihre Prügelei, vor nicht allzu lange Zeit. Er hatte nicht gerade freundlich von Marron gesprochen und nun stand er hier und schien scheinbar der Meinung zu sein, Anrecht auf sie zu haben.

Chiaki sah auf Marron herab. Ihre Wangen waren leicht gerötet und das versetzte Chiaki wieder einen Stich. Die Beiden waren sich irgendwie näher gekommen, vielleicht an einander geraten oder er hatte Dinge zu ihr gesagt, die Chiaki gar nicht hören wollte. Vertrauliche Dinge.

Chiaki schüttelte sich. Marron war ein guter Mensch. Sie würde Noyn nicht zurück weisen, nur weil er sich mal daneben benommen hatte. Wenn dem so wäre, dann wäre er selber sicher nicht mehr hier.

Noyn räusperte sich und beugte sich zu Marron hinunter. Verdammt, er legte ihr doch tatsächlich eine seiner bescheuerten Hände auf die gesunde Schulter.

„Wir sehen uns.“

Zu seinem Glück, sagte der Bastard sonst nichts zu Marron, denn sonst wäre Chiaki ausgerastet. Die Eifersucht loderte heiß in ihm und würde ihn mit Sicherheit nicht so schnell los lassen. Er kannte dieses Gefühl nicht. Nicht so. Aber es war auch dumm gewesen zu glauben, dass er Marron entkommen konnte.

Leicht bebend blickte er Noyn nach, der ruhig und gelassen an Chiaki vorbei, den Raum verließ. Chiaki hasste ihn deshalb nur noch mehr.
 

Miyako sah Marron forschend ins Gesicht.

„Seit wann, seit ihr denn so gute Freunde?“

Marron schüttelte verwirrt den Kopf.

„Wenn ich das mal wüsste.“ Sie sah zu Miyako auf. „Wir haben uns vor einiger Zeit schon einmal unterhalten. Nichts Ernstes, aber es war…irgendwie nett.“

Chiaki schnaubte verächtlich, aber die beiden Mädchen ignorierten ihn.

„Es ist wirklich nett, dass er gekommen ist.“, stellte Miyako fest, zog einen Stuhl ans Bett und setzte sich.

„Ja….schon, denke ich.“

Abrupt drehte sich Chiaki um und ging zur Tür.

„Chiaki?“ Marrons Ruf, war mehr mahnend als eine Frage.

Er wandte sich nicht um.

„Sorry, muss noch was erledigen. Wir sehen uns.“

Damit war er durch die Tür verschwunden.
 

„Was ist denn in Chiaki gefahren?“ Marron blickte immer noch verwundert zur Tür.

„Irgendwie sind heute alle verrückt.“

Miyako schüttelte ungläubig den Kopf.

„Chiaki wollte sich eigentlich entschuldigen. Er weiß, dass er Schuld war.“ Mehr zu sich sagte sie: „Dass er auch immer so empfindlich sein muss.“

„Er wollte sich entschuldigen? Und wieso ist er empfindlich?“

Marron hatte immer mehr das Gefühl, dass der Unfall mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wurde.

Miyako seufzte.

„Er hat sich große Vorwürfe gemacht, weil er und Mia Alcatraz erschreckt haben.“

Marron dachte an den Unfall zurück. Irgendwie ließ sie das Gefühl nicht los, dass da noch etwas gewesen war. Der Grund für ihre Bewusstlosigkeit. Doch sie konnte die Puzzleteile einfach nicht zusammenbringen. Es passte nicht.

„Und er mag Noyn nicht, wie du eben selber gesehen hast.“

Marron nickte nur, sie hatte es zur Kenntnis genommen. Die Sache mit Noyn war ihr nicht wichtig genug, als dass sie ewig darüber nachdachte. Wichtig war der schwarze Fleck in ihrem Gedächtnis der sich nicht lichten wollte.

Sie musste sich erinnern.

Scherben

Also aufgepasst....vielleicht ein wenig...naja ich kann es nicht beschreiben. Seht selbst ^^ Meine Phantasie ist mit mir durchgegangen
 

Nach zwei Tagen hielten die Ärzte es für vertretbar, Marron nach Hause zu schicken. Marron war mehr als froh und als Miyako auch schon vor dem Krankenhaus wartete, wurde der Tag immer besser. Vergnügt lief sie ihrer Freundin entgegen.

„Ich musste dem Doc doch tatsächlich versprechen, nicht zu reiten mit dem Gips. Seh ich so lebensmüde aus?“

Die Frage war rein hypothetisch, doch Miyako tat so, als würde sie darüber nachdenken. Marron lachte laut und stieß sie an.

„Na, danke auch.“

Miyako nahm Marrons Gesicht in beide Hände und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Ich pass schon auf dich auf.“

Marron hielt ihre Hand an die Wange und wirkte einen Augenblick überrumpelt, dann grinste sie.

„Das habe ich doch schon einmal gehört, in den letzten Tagen.“

Miyako verdrehte die Augen.

„Hör bloß auf. Chiaki redet mit Niemandem mehr und wenn er und Noyn sich irgendwann mal begegnen, schleudert er Blitze in seine Richtung. Gut, das er keine übersinnlichen Fähigkeiten hat.“

Trotz des sonnigen, eindeutig tollen Tages, konnte Marron über die Bemerkung nicht lachen. Gedankenversunken lief sie mit Miyako die Auffahrt des Krankenhauses herunter, wo ein Taxi darauf wartete, sie zum Internat zu fahren.

„Ich versteh Chiaki nicht ganz. Worüber hat er sich so aufgeregt?“

Miyako runzelte die Stirn.

„Du denkst nur an Chiaki. Mich wundert eher, was Noyn von dir wollte.“

Marron seufzte.

„Er hat mich vor Chiaki gewarnt und gesagt, er wolle nicht mehr zu lassen, dass man mir weh tut.“

Perplex blieb Miyako stehen. Der Taxifahrer musterte sie ungeduldig.

„Das ist jetzt ein Witz!“

„Nein, wenn ich es doch sage.“

„Wie kommt er denn dazu?“

„Anscheinend sieht er in Chiaki eine Bedrohung für mich. Außerdem, wenn du dich erinnerst, hat sich Chiaki schon einige Dinge geleistet.“

Miyako schüttelte den Kopf und hielt Marron die Tür des Taxis auf.

„Ich glaube, wir haben uns in Chiaki geirrt.“

Marron brach in Gelächter aus, während Miyako neben sie auf den Sitz rutschte.

„Ich kann mich da an einige Dinge erinnern, die du bezüglich Herrn Nagoya gesagt hast. Die waren aber gar nicht so fein.“

Miyako biss sich auf die Unterlippe.

„Weiß ich etwas nicht?“

Miyako wurde unruhig.

„Ich kann nicht allzu viel dazu sagen, Marron. Nur das er sich sehr, sehr edel verhalten hat…….und du bist ihm wichtig.“

„Ja, so wichtig wie jedes Betthäschen. Was meinst du mit edel?“

„Das kann ich nicht sagen.“

„Wieso nicht?“

„Weil es an Chiaki ist, dir davon zu erzählen. Beurteile ihn bitte nicht so vorschnell.“

„Ich werde ihn fragen.“
 

Gelangweilt schaute Chiaki auf seine Matehausaufgaben hinunter, die in seinem Schoß lagen. Normalerweise zog er es vor, sie nicht zu machen, aber seitdem er alles und jeden mied, hatte er eine neue Beschäftigung gesucht, und Hausaufgaben gehörten dazu. Im Apartment hatte er es ebenfalls nicht mehr ausgehalten, deshalb saß er jetzt im Park, an einer ziemlich einsamen Stelle und ließ sich die Schädeldecke von der Sonne bescheinen. Ein viel zu warmer Tag für Anfang Dezember, aber nun gut, man wollte sich ja nicht ständig beschweren.

Müßig dachte Chiaki an Weihnachten in zwei Wochen. Dann würde er endlich mal wieder nach Hause fahren und dieser Schule und allem drum herum, den Rücken kehren. Was ein Gefühl. Nur am Rande fragte Chiaki sich, was Marron wohl zu Weihnachten tat.

Er wusste es nicht. Er hatte Miyako nicht nach Marrons Vergangenheit und auch nicht nach ihren Geheimnissen gefragt. Er kannte bereits eines, dessen Kenntnis er vor Marron geheim halten wollte. Keine angenehme Sache.

Chiaki ließ sich hinten über fallen und kuschelte sich in seinen Parker. Die Wolken zogen hauchdünn über einen makellos blauen Himmel.

Und Miyako kannte sein Geheimnis. Seine Gefühle für Marron. Er hatte gedacht, sie würde ihn für blöd halten, ihn vielleicht als Bedrohung für Marron halten, aber nichts dergleichen. Sie hatte nicht viel gesagt, doch er hatte das Gefühl gehabt, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte. Sie hatte ihn nicht einmal gebeten, niemanden von Marrons Narben zu erzählen. Sie war einfach davon ausgegangen, dass er es nicht tun würde. Vertraute sie ihm etwa?

Chiaki seufzte und schloß die Augen. Verdammt, er liebte dieses Mädchen, dabei wusste er nicht einmal, wer sie wirklich war. Wovor sie floh, wer ihr das alles angetan hatte. Vor allen Dingen hatte er so seine Zweifel, was ihr Vertrauen in ihn betraf. Sie war eindeutig vom Leben betrogen worden und dann kam so ein arroganter Großkotz daher und meinte sie flachlegen zu können. Nun ja, man konnte ihm zugute halten, dass er ahnungslos gewesen war. Er unterdrückte nur mit Mühe ein Stöhnen, als er daran dachte, wie das alles hätte ausgehen können. Womöglich eine Katastrophe, bei der ihre Gefühle in jeglicher Hinsicht hätte verletzen können.

In was hatte er sich da nur verrannt. Er würde sie in Ruhe lassen. Seine Gefühle waren bedeutungslos, wenn um Marron ging. Er hätte nie gedacht, dass es einmal von ihm kommen würde, aber sie war ihm wichtiger, als seine eigenen Bedürfnisse.

Sie brauchte keinen Streß mit einem unreifen Kerl, der meinte er habe die große Liebe gefunden. Was, wenn er ihr nicht das geben konnte, was sie brauchte? Nein, er war nie der nette Typ, der Wohltäter gewesen und genau so jemanden brauchte sie. So Sensei- Shikaido-mäßig.

Den Schmerz ignorierte Chiaki geflissentlich.
 

Der Kerl war auch wirklich nicht aufzutreiben, da hatte Miyako nicht übertrieben. Marron lief nun schon seit zwei Stunden über das Gelände und suchte Chiaki. Sie war bei dem Jungen- wie bei dem Mädchengebäude gewesen- man konnte ja nie wissen. Und nun durchsuchte sie die Schule und den Park. Man konnte sich doch nicht in Luft auflösen. Wenn sie ihn nicht sehen wollte, lief er ihr ständig über den Weg und nun war er vom Erdboden verschluckt worden, wie es schien.

Marron schlug den Weg zu den Volieren ein und ärgerte sich maßlos über ihre Neugier, die Miyako so gnadenlos in ihr geweckt hatte. Na ja, Miyako hätte sich im Taxi lieber auf die Zunge gebissen, aber das machte das Ganze noch schlimmer für sie.

Sie kam an dem Gebüsch vorbei, in dem sie Chiaki vor einiger Zeit einmal mit Mia erwischt hatte. Es schien eine Ewigkeit her und Marron erinnerte sich, wie schockiert sie darüber gewesen war. Nun ja, sie war eindeutig ein unbeschriebenes Blatt und unwissend, was Chiakis Neigungen anging.

Marron blieb abrupt stehen. Es war nur ein Gedanke, aber trotzdem kehrte sie um, um hinter dem Gebüsch auf die kleine Lichtung zu schauen.

Und da war. Er lag auf den Rücken, in seine Jacke gekuschelt und sonnte sich. Seine Augen waren geschlossen und Marron konnte nicht erkennen ob er schlief. Er sah so friedlich und irgendwie bildschön aus, sodass es Marron einen kleinen Stich versetzte.

*Falscher Zeitpunkt, dir seiner Attraktivität bewusst zu werden. Nicht dass es dich interessiert!*, dachte Marron.

Sie schritt auf ihn zu und das nicht gerade leise, doch er hörte sie anschienend nicht. Sie räusperte sich.

„Weißt du eigentlich, was für ein Akt es war, die hier zu finden?“ Sie hatte die Stimme bewusst sehr angehoben.

Erschrocken zuckte Chiaki zusammen und blinzelte zu ihr hinauf.

„Oh, Marron. Du bist wieder da?“

„Sieht so aus“

Umständlich ließ sie sich neben Chiaki nieder. So ein Gips war echt ärgerlich.

„Niemand weiß in letzter Zeit, wo du dich so rum treibst. Woran liegt das?“

Chiaki zuckte mit den Schultern.

„Es gibt halt mal Tage, wo man eine Auszeit braucht.“

„Schön. Die ist jetzt vorbei!“

Ihre schroffe Stimme, ließ Chiaki die Stirn runzeln.

„Was ist denn in dich gefahren?“

„Weißt du, es nicht gerade ein tolles Gefühl, wenn alle um einen herum irgendetwas vor einem verbergen und sich total seltsam aufführen, ohne das man den Grund weiß.“

Chiaki wandte den Blick ab.

„Und was habe ich damit zu tun?“

„Sagen wir mal, ich weiß, dass du mit einer der Gründe bist, und ich würde es gerne verstehen.“

„Ich weiß nicht, wovon du redest.“

Chiaki wollte aufstehen, doch Marron hatte zumindest eine gesunde Hand. Als Chikai den leichten Druck spürte und ihr in die Augen sah, setzte er sich wieder. Sie wirkte derart verletzlich, dass es seinem Herzen einen Stich versetzte.

„Was willst du von mir, Marron? Es ist alles okay.“

„Nein, ist es nicht. Warum bist du einfach aus dem Zimmer gegangen?“

Chiaki fuhr sich unsicher durch die Haare.

„Es lag nicht wirklich an dir, sondern an Noyn, ich mag ihn nicht.“

„Das ist nicht die ganze Wahrheit, Chiaki. Er war schon weg, als du uns alleine gelassen hast.“ Sie schlug die Augen nieder.

„Ich dachte, wir wären Freunde.“

Verzweifelt hob er die Hände.

„Das sind wir doch auch“

Ihre Augen schnellten hoch.

„Dann würdest du mir nichts verheimlichen.“

„Es ist aber manchmal besser, Dinge für sich zu behalten, findest du nicht?“

Innerlich gab Marron ihm Recht. Doch geschlagen gab sie sich nicht.

„Würde es einem von uns Beiden schaden?“

„Ich weiß es nicht?“

„Wieso?“

„Weil es mehrere Dinge sind, verdammt noch mal. Ich will nicht mit dir darüber reden.“

Marron beobachtete Chiakis Mimik. Er wich ihr aus.

„Es geht um mich, nicht wahr? Ich weiß, dass ich der Grund bin.“

Chiaki verneinte nicht.

„Habe ich etwas falsch gemacht, Chiaki?“

„Nein, das ist es nicht.“

„Was dann?“

„Ich habe so einiges falsch gemacht und es bleibt lieber meine Angelegenheit.“

Eine Weile sah Marron Chiaki abschätzig an. Er wand sich wie ein Regenwurm.

„Von dir werde ich es nicht erfahren, richtig?“

Chiaki schüttelte den Kopf.

„Nun, ich werde dir mal sagen, was ich weiß.“ Sie zog die Knie an und stütze damit den lädierten Arm. „Miyako und du, ihr habt ein Geheimnis vor mir, dass euch Beide belastet. Und ihr erzählt es mir nicht, weil ihr….ihr habt kein Vertrauen zu mir. Ist es das?“

Chiaki wollte widersprechen, doch Marron stand schon auf.

„Weißt du, es ist unwichtig. Ich denke ich brauch nichts mehr zu wissen. Kein Geheimnis dieser Welt könnte mich schockieren - und da es sich dabei eindeutig um mich dreht, schon gar nicht.“

Sie blickte einen Augenblick gedankenverloren zurück zum Weg.

Chiaki hatte das Gefühl an seinen Schuldgefühlen zu ersticken.

Mit einem Ruck drehte Marron sich zu ihm um und lächelte matt.

„Nun gut, man irrt sich täglich in Menschen nicht wahr? Weißt du, wie Miyako dich genannt hat? Edel! Na ja den Rest wiederhole ich nicht. Du wirst es sowieso abstreiten.“

Ohne ein weiteres Wort war sie verschwunden.
 

Am Liebsten hätte Chiaki sich die Zunge abgebissen. Er war so ein verdammter Idiot. Zornig starrte er Yamato und Miyako an, die stumm ihm gegenüber auf dem Sofa saßen. Miyako wirkte blass und daneben und Yamato war mit der Situation eindeutig überfordert.

„Sag mir jetzt sofort, was du Marron gesagt hast.“

Miyako wand sich. Die so selbstsichere Miyako, war zum ersten Mal, seitdem er sie kannte, nervös.

„Ich habe versucht, dich zu verteidigen und da sind mir so zwei Sätze herausgerutscht.“

„Und die wären?“ Chiakis Ungeduld stieg, als er sah, wie Miyako zögerte. Sie holte einmal tief Luft und stieß hervor:“Das du edel bist und….sie sehr, sehr gern hast!“

„Und was hat sie daraufhin gesagt?“

„Mich gefragt, warum ich so etwas sage. Nun ja, ich habe nicht immer gut von dir gesprochen, wie allgemein bekannt ist.“

„Lass mich raten, du hast ihr keine direkte Antwort gegeben.“

„Doch.“ Nervös sah sie zu ihm auf.

„WAS?“

„Dass es an dir ist, ihr davon zu erzählen.“

„Verdammt Miyako. Sie denkt, wir vertrauen ihr nicht.“

„Aber das ist doch nicht wahr.“

„Was hast du dir vorgestellt, das ich ihr sage, wenn sie mich fragt?“

„Ich weiß es nicht.“

„Ich kann ihr doch nicht klar heraus sagen, dass ich ihre Narben gesehen habe. Dass ich jede einzelne Misshandlung sehen konnte.“

Ein Klirren ließ alle Drei hochfahren und sich zur Tür wenden. Ein großer Schlüsselbund war laut zu Boden gefallen. Daneben stand Marron. Ihr Gesicht war leichenblass und wie eine Maske. Nicht eine Emotion war daran abzulesen. Nur ihre Augen wirkten übermäßig groß und glänzten fiebrig, als sie Chiaki anstarrte.

Miyako war die erste, die sich fing.

„Marron, wir haben dich gesucht, wo warst du die letzten Stunden?“

Marron wandte den Blick nicht von Chiaki ab.

„Du hast was?“ Ihre Stimme war unnatürlich hoch.

„Marron, es war ein Zufall.“ Chiaki bewegte sich nicht, zu sehr hatte er Angst, dass sie zurückweichen würde. „Ich hatte Angst, dass du dich verletzt haben könntest.“

Marron schloß die Augen, als die Erinnerung sie mit Macht überrollte.

Miyako trat auf sie zu, doch Marron war schneller.

„Du wusstest es?“

„Marron, wir hätten es dir erzählt.“

Marron sah wieder Chiaki an.

„Und wie war es für dich, es zu sehen. Hast du dich schön amüsiert, heute Mittag?“

„Marron, du tust ihm Unrecht.“ Doch sie reagierte nicht.

„Willst du wissen, wie es war, diese Wunden zugefügt zu bekommen? Wie es ist, wenn dein Onkel Spaß daran hat, seine Zigarren und Gürtel oder was auch immer er gerade hat, in dir zu verewigen? Ich kann es dir erzählen. Freunde haben keine Geheimnisse vor einander.“

Ihrer Kehle entrang sich kein einziger Schluchzer und doch liefen ihr Tränen die Wange hinab.

Yamato stand nun auf und drängte Miyako beiseite.

„Komm Marron, setz dich. Du hast ein Schock.“ Seine sanfte Stimme nahm Marron ein wenig die Anspannung. Hilflos, und entsetzlich verzweifelt, sah Chiaki, wie Marron ihren Blick abwand und Yamato ansah.

„Ich möchte bitte alleine sein.“

Yamato nickte und führte sie in ihr Schlafzimmer. Weder Miyako, noch Chiaki verstanden, was er zu ihr sagte. Als er wieder aus dem Zimmer kam, schloß er die Tür hinter sich.

„Miyako du schläfst heute Nacht bei uns. Sie kann im Moment keine Gesellschaft gebrauchen.“

„Ich kann sie doch nicht alleine lassen?“

„Doch das musst du. Chiaki bleibt hier und zwar hier auf dem Sofa.“

Miyako und Chiaki sahen Yamato entsetzt an.

„Wieso ich? Sie ist doch auf mich wütend.“

„Eben drum. Es geht um dich und wenn sie sich ein wenig beruhigt hat, wird sie dir wahrscheinlich die Augen auskratzen. Doch wir werden nicht dabei sein.“

Ungläubig sah Chiaki seinen Freund an.

„Bist du Masochist?“

„Nein. Ich will nur das Beste für euch.“

Wortlos bugsierte er Miyako aus dem Apartment und schloß die Tür hinter sich.

Na toll.
 

Irgendwann, Chiaki wusste nicht wie viele Stunden vergangen waren, machte er das Licht aus und machte sich auf der Couch breit. Gut, würde er halt auf Marron warten. Wenn sie sich an ihm abreagiert hatte, ging es ihr womöglich besser und ihm auch. Zumindest seinen Schuldgefühlen. Erschöpft schlief er ein.

Zunächst vernahm er ein Geräusch, dass er in einen vollkommen wirren Traum einbaute. Dann wurde es immer drängender und beförderte ihn mehr und mehr zurück an die Oberfläche seines Bewusstseins. Verwirrt versuchte Chiaki es einzubauen. Verschlafen sah Chiaki sich um. Es war stockfinster, doch er war eindeutig nicht zuhause.

Wieder das Geräusch. Chiaki fuhr auf. Marron. Sie weinte.

Unschlüssig starrte Chiaki in die Dunkelheit. Was sollte er tun. Sie wollte doch mit Sicherheit alleine sein und wenn nicht, dann war er ganz bestimmt der Letzte, den sie sehen wollte.

Chiaki schloß die Augen. Sein Herz schrie danach, zu ihr zu gehen, sein Verstand hatte Angst.

Ein Klirren ließ ihn alle Angst vergessen.

Er klopfte, wartete aber nicht ab, ob sie antworten würde, sondern trat ein.

Seine Augen waren noch immer mit der Dunkelheit überfordert, aber das Zimmer war heller vom Mondlicht erleuchtet, als der Rest des Apartments. Am Fenster bewegte sich ein Schatten.

„Verschwinde.“ Ihre Stimme war dünn, schwach.

„Ist alles in Ordnung?“

Sie schluchzte wieder. Chiaki ging langsam auf sie zu.

„Komm nicht näher!“

„Ich werde dir nichts tun, Marron.“

Er streckte seine Arme vor sich aus.

„Nein, ich will nicht, dass du mich ansiehst.“

Verwirrt blieb Chiaki stehen.

„Ich weiß doch, wie du aussiehst.“ Er hörte wieder, wie etwas klirrte und sah zu Boden.

„Verdammt, Marron. Beweg dich nicht, hier ist alles voller Scherben.“

Es war nur ein schwacher Hauch: „Ich weiß.“

Chiaki hob eine große Scherbe auf und sah…. sein Gesicht. Es waren Teile eines Spiegels.

Er versuchte um sich herum etwas auszumachen und sah, dass am Kleiderschrank ein Loch prangte.

„Ich mach das weg, okay? Du brauchst dich einfach nur nicht zu bewegen.“

Er fuhr fort, die Scherben aufzuheben, dabei näherte er sich weiter Marron.

„Chiaki, bleib sofort stehen!“

Chiaki schrak hoch und sah, wie Marron vor ihm zurückwich. Ein Mondstrahl streifte ihre verletzte Schulter und den, ihm zugewandten Rücken. Oh Gott, sie hatte nichts an.

„Oh, Marron, tut mir Leid. Ich habe nichts gesehen. Ich wusste nicht, dass du nichts an hast.“ Hektisch, und vollkommen verwirrt, legte er den Rückwärtsgang ein und stammelte wirres Zeug.

Plötzlich fing Marron wieder an zu weinen. Hilflos sah Chiaki sich im Raum um, seine Augen gewöhnten sich immer mehr an die Dunkelheit und er sah, mehr als gut für ihn war. Und für seine Männlichkeit.

„Ist es…so..schrecklich…,dass du…weglaufen musst?“

Es war keine direkte Frage, die Chiaki da von seinen Phantasien ablenkte.

„Wovon redest du?“ Er war auch wirklich schwer von Begriff….na ja, bei dem Ausblick.

„Lüg mich nicht an, Chiaki. Es ist abschreckend, hässlich. Ekelhaft.“

Chiaki begriff.

Mit drei Sätzen durchmaß er den Raum und bevor Marron sich wehren konnte, hatte er sie auch schon in seine Arme geschlossen.

„Lass mich sofort los.“

„Schhh…hör mir mal zu.“ Marron wehrte sich noch immer, aber ihre Schulter machte ihr eindeutig Probleme, sodass ihre Gegenwehr fruchtlos war.

Chiaki lockerte den Griff, sodass er mit einer Hand ihr Kinn anheben konnte. Oh Gott, wie verletzlich und verzweifelt sie war. Er wollte sie nie wieder loslassen.

„Nichts an dir, wirklich gar nicht an dir ist hässlich oder ekelhaft. Ist das der Grund, warum du den Spiegel eingeworfen hast?“

Eine Träne kullerte über ihre Wange, ihre Stimme war heiser.

„Lass es gut sein, okay?“

„Nein, dass werde ich nicht.“ Er schüttelte den Kopf.

„Marron, du müsstest mich doch mittlerweile kennen. Ich sage und tue nichts, was ich nicht will.“ Er strich ihr eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Und wenn ich sage, dass du wunderschön bist, so wie du bist, dann bin ich ehrlich zu dir.“

Marron drehte das Gesicht weg.

„Du hast ihn noch nicht ganz gesehen, Chiaki.“

„Willst du, dass ich es mir ansehe?“

Marron schloß die Augen, ihr Herz raste. Sie hatte Angst.

„Marron, kannst du mir vertrauen?“

„Ich weiß es nicht.“

„Darf ich es mir anschauen?“

Unsicher sah sie zu ihm auf. Er ließ sie los und führte sie zum Bett, wo sie sich setzen sollte.

„Pass auf, du schließt jetzt die Augen und ich seh es mir an und ich verspreche dir, ich werde ehrlich sein, okay?“

Marron zitterte, doch sie nickte. Nicht nur, dass sie bis auf einen Schlüpfer nichts trug. Nein, Chiaki würde das ganze Ausmaß, der Gewalt sehen.

Chiaki ging vor ihr auf die Knie und zwang sich, die Augen von ihrem Gesicht zu nehmen. Sein Blick wanderte über ihren Hals, über ihre Schlüsselbein und ihre Schulter. Er zwang sich, nicht bei ihren wunderschönen festen Brüsten zu verweilen, während sich ein dicker Kloß in seinem Hals bildete und ihm heiß wurde. Er sah sich ihren rechten Arm an und erkannte Male, die eindeutig Brandwunden waren. Sein Finger fuhr sachte darüber und Marron erschauerte. Die Augen öffnete sie nicht.

Unterhalb ihrer Brust, quer über ihren flachen Bauch und um die Hüfte herum, sah er ebenfalls Brandnarben, aber auch Schnittwunden und Striemen. Er verlagerte sein Gewicht und sah, dass sie diese Wunden auch auf ihrem Rücken und ihren Schultern hatte.

Ihre Füße und Unterschenkel waren unversehrt, doch ihre Oberschenkel waren übel zugerichtet. Chiaki wusste nicht, was für Dinge hier benutzt worden waren, aber jeder Gedanke daran verursachte in ihm Übelkeit und noch viel mehr….nämlich Zorn.

„Wie konnte dieser Bastard das nur tun?“

Marron zuckte zusammen. Sie griff nach der Decke und versuchte, sie an ihre Brust zu ziehen. Chiaki hinderte sie daran.

„Nein, warte. Du wolltest mein Urteil.“

Marron wich seinem Blick aus, ließ die Decke nicht los.

Chiaki fuhr mit seiner Hand über ihren Hals und ihr Schlüsselbein, dann nahm er sachte ihr Gesicht in seine Hände, damit sie ihn ansah.

„Versprichst du mir, dass du mir glaubst, egal was ich dir jetzt erzähle?“

Unsicher zögerte Marron, dann nickte sie.

„Ich weiß nicht, was dein Onkel damit bezwecken wollte. Er hat dir Grausames angetan und dafür würde ich ihm am Liebsten den Hals umdrehen.“ Seine Stimme wurde immer rauer. Seine Augen loderten.

„Aber nichts, mein Engel, nichts kann auch nur etwas von deiner Schönheit

zerstören. Hörst du?“

Eine weitere Träne lief ihr über die Wange.

„Und glaub mir, niemand sieht diese Narben, wenn er dich das erste Mal nackt sieht.“ Er lachte trocken und spürte, wie Marrons Gesicht heiß wurde, als sie errötete.

„Ich habe gerade Jahre meines Lebens verloren, weil ich dich so tatenlos mustern musste.“

Chiaki merkte, dass sie ihm das nicht abkaufte, glaubte dass er übertrieb, aber zumindest glaubte sie ihm ein wenig. Wenn sie gewusst hätte, wie ehrlich er wirklich war. Dann wäre sie wahrscheinlich wütend geworden.

Sie lächelte.

„Na ja, du musst es ja wissen.“

Chiaki grinste sie frech an.

„Wenn nicht ich, wer dann?“

Er stand auf und fuhr ihr zärtlich über den Kopf.

„Schlaf, mein Engel. Du brauchst Ruhe. Reicht wenn Miyako nicht geschlafen hat.“

Er wollte sich langsam abwenden und weiter die Scherben aufsammeln, bevor sich jemand verletzte.

„Chiaki?“

„Ja?“

„Kannst du bei mir bleiben?“

Chiaki schluckte hart. Gar nicht gut.

Scherzhaft sagte er: „Bist du sicher, dass du das riskieren willst? Ich könnte dich womöglich im Schlaf verführen!“

Marron lächelte, nahm sich ihr Nachthemd vom Bett und zog es sich umständlich an. Dämlicher Gips!

„Bitte, nimm mich einfach nur in den Arm. Oder meinst du, dein Herz bleibt sonst stehen?“

*Wenn du wüsstest!*

Chiaki legte die Scherben beiseite und schlüpfte neben Marron unter die Decke.

„Du schändest meinen Ruf, als Frauenheld. Ich werd ein Softie.“

Marron kicherte und macht es sich in seinem linken Arm bequem; bettete ihren Kopf auf seiner Brust.

„Danke, Chiaki.“

Er küsste sie auf den Scheitel.

„Immer wieder, mein Engel.“

Kurze Zeit später war sie eingeschlafen. Chiaki wusste, er würde nicht ein Auge zu machen.

Beste Freunde ?

Chiakis Träume waren wirr und beängstigend. Nicht, dass er sich nun plötzlich geändert hätte und die Situation, neben so einer schönen Frau zu liegen ihn nicht anmachte. Viel mehr war es so, sobald seine Phantasie mit ihm durchzugehen schien, tauchten Bilder von Marrons Martyrium vor seinem inneren Augen auf. Eine namen- und gesichtslose Gestalt schlug und prügelte auf sie ein, während sie das Gesicht im stummen Leid verzerrte. Sie war stets unbekleidet und Chiakis Herz weinte um den Schmerz, den sie und ihr Körper erlitten.

Das war etwas ganz neues für Chiaki und als er gegen Morgengrauen erwachte, brauchte er einige Zeit um sich zu sammeln. Er war vollkommen durcheinander.

Ein warmes, weiches Gewicht auf seinem linken Arm holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Er schlug die Augen auf und blickte in ein wunderschönes, friedliches Gesicht, das noch im Tiefschlaf zu sein schien. Marron lag auf dem Rücken und hatte den Mund ganz leicht geöffnet. Ihr Atem ging regelmäßig und spielte mit einer verirrten Haarsträhne, die sich auf ihrer rosigen Wange kringelte.

Chiaki wurde es warm ums Herz. Dieser Moment war für ihn unbeschreiblich und er wagte es kaum zu atmen. Marron lag in seinen Armen, sein rechter Arm lag locker um ihre Hüfte gelegt. Und er hatte überhaupt nicht das Bedürfnis sie zu verführen.

Nachdenklich studierte er Marrons Züge. Wie konnte das sein? Hatte er nicht vor Kurzem noch vorgehabt, Marron in seine Sammlung einzufügen? Stattdessen hatte er vollkommen unschuldige und beschützende Gefühle, die ihm eine andere Seite an ihm aufzeigten. Hatte er etwa das Interesse verloren? Hatte er überhaupt je welches gehabt?
 

Marrons Lider flatterten, als sie langsam erwachte. Auch sie schien im ersten Moment orientierungslos und durchforstete das Zimmer, mit ihren bernsteinfarbenen Augen. Als ihr Blick den von Chiaki kreuzte lächelte sie verlegen und errötete leicht.

„Warum hast du mich denn nicht geweckt, dein Arm ist sicher ganz taub.“

Sie rollte von ihm herunter und Chiaki bedauerte, dass die Idylle vorüber war.

„Ach, du wiegst doch nichts. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass du den Schlaf dringend nötig hattest.“

Marrons Lächeln wurde noch einen Ticken wärmer.

„Du glaubst gar nicht, wie selig man schläft, wenn man ein Geheimnis weniger ganz alleine tragen muss.“ Dann errötete sie erneut und senkte den Blick.

„Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr in Schrecken versetzt mit meiner kranken Aktion gestern.“

Chiaki setzte sich auf und achtete dabei darauf, nicht in Scherben zu treten.

„Nichts daran war krank oder sonst was, Marron. Ich bin froh, dass ich da gewesen bin.“ Er suchte ihren Blick. „Ich habe mir nie so wirklich Gedanken darüber gemacht, aber seit gestern weiß ich Freundschaft zu schätzen. Das ist nicht nur so eine Floskel, wenn man sagt, man ist immer für einander da.“ Er stand auf und ging vorsichtig um das Bett herum, wo Marron unsicher die Hände im Schoß gefaltet hatte. Chiaki kniete sich vor ihr nieder und nahm ihre Hände in die seinen.

„Du bist mir sehr wichtig, Marron. Ich war gerne für dich da, als du mich brauchtest und das wird auch in Zukunft so sein. Für mich bist du so etwas wie meine beste Freundin.“

Marron lächelte beruhigt zu ihm auf.
 

Sie fegten die Scherben zusammen und Chiaki rief Miyako an, um ihr zu sagen, dass alles in Ordnung war. Als diese dann mit Yamato im Schlepptau ankam, frühstückten Marron und Chiaki bereits ausgiebig und lachten sich über irgendetwas scheckig. Miyako blickte vollkommen irritiert in die Runde, entschied sich dann jedoch, keine schlafenden Hunde zu wecken und sie setzten sich dazu. Bald darauf beteiligte Miyako sich an der Diskussion, über Chiakis Eroberungen, genauso wie alle anderen und war froh, dass Marron keinen Schaden davon getragen hatte.
 

Die nächsten Wochen waren Marron und Chiaki ein Herz und eine Seele. Miyako hatte zunächst vermutet, dass Chiaki irgendwelche Absichten hegte. Er stieg jedoch täglich in Miyakos Ansehen und irgendwann bemerkte auch sie, dass er rein freundschaftlich mit Marron umging. Die Beiden unternahmen viel, trafen sich überall und ihr neues Lieblingsthema war das jeweilige andere Geschlecht. Wäre Chiaki nicht so eindeutig hetero gewesen, hätte er auch schwul sein können. Er interessierte sich sogar sehr für die Arbeit mit Alcatraz und stand Stunden am Halleneingang, während der Fuchs dort herumtobte.

Miyako genoss, dass Marron sichtlich aufblühte. Was sie jedoch oft stutzig machte war, wie Marron Chiaki oft ansah. Wenn er in einen Raum kam, leuchteten ihre Augen auf und ihre Wangen färbten sich rot. Wenn man das auch als reine Freude interpretieren konnte, war es doch verwunderlich, dass Marron ihn zeitweilig fast schon anschmachtete. Und selbst das hätte sie ignorieren können, wenn nur ihr das alles aufgefallen wäre. Die ganze Schule sprach darüber! Doch Miyako hatte das Gefühl, dass Marron das nicht auffiel. Sie kannte keine Gefühle, die sich in diesem Spielraum befanden, es war für sie etwas gänzlich Unbekanntes.

Miyako seufzte und sah zu Marron rüber, die am Küchentisch für Mathe lernte. Wie immer Chiaki an ihrer Seite, der sie aufzog, weil sie die Gleichung nicht verstand.

Machte sie sich vielleicht zu viele Sorgen? Nun ja, dass würde sich zeigen. Auch wenn sie hoffte, dass dies früh genug geschah.
 

„Hey Chiaki!“ Der Schnee unter seinen Schuhen knirschte, als Chiaki, eingehüllt in dicker blauen Daunenjacke und warmen Mütze, herumfuhr. Yamato schlitterte auf dem Weg zur Schule auf ihn zu.

In den letzten zwei Tagen hatten es gute zwanzig Zentimeter geschneit und die Schüler, die zum Unterricht, zu den Apartments oder zu irgendwelchen Treffen gingen, warfen mit Schneebällen oder rannten durch die unberührte Schneedecke. Es war, als hätten die weißen Flocken alle Sorgen von der Welt genommen.

Chiaki grinste seinen besten Freund an, der die Nacht bei Miyako verbracht hatte. Natürlich ganz unschuldig, denn Marron schlief ja schließlich im anderen Bett. Zwischendurch quartierte sie sich bei Chiaki ein, aber gestern war sie nicht zu ihm gekommen. Sie sahen sich ja auch so oft genug. Doch manchmal auch nicht oft genug, dachte Chiaki.

„Na du, wo hast du denn deine bessere Hälfte gelassen?“

Yamato kam zum Stehen und musste erst einmal Luft holen. Er war scheinbar den ganzen Weg gerannt. Chiaki hob die Augenbrauen.

„Was hat dich denn so hierher getrieben? Hat Miyako einen Tobsuchtsanfall gehabt?“ Er lachte über seinen Witz und auch Yamato musste lächeln.

„Nein, ich wollte dich nur vorwarnen.“

„Achja, habe ich was zu befürchten?“

„Das nicht, aber du solltest heute nichts über Weihnachten sagen.“

Chiaki musterte Yamato skeptisch.

„In sechs Tagen ist doch schon Weihnachten. Gönnst du mir nicht ein bisschen Vorfreude?“ Yamato schüttelte den Kopf.

„Darum geht es nicht. Miyako und ich habe gestern darüber geredet, Weihnachten zusammen zu verbringen und da ist Marron einfach aufgestanden und schlafen gegangen. Miyako meinte, wir sollten uns zurück halten. Sie hat ja niemanden.“

Chiaki schluckte und sah zu Boden. Darüber hatte er auch schon nachgedacht und es mit einem flauem Gefühl im Magen beiseite geschoben. Doch er musste sich damit auseinander setzen.

„Habt ihr vielleicht eine Idee, wie wir ihr helfen können?“

Yamato zuckte mit den Schultern.

„Miyako hatte sie schon gefragt, ob sie mit zu ihr kommen wolle, doch Marron hat abgelehnt. Sie meinte, sie habe seit Jahren kein Weihnachten gefeiert und wolle es auch jetzt nicht tun.“

„Das ist irgendwie traurig.“

Chiaki sah zu Boden und sie liefen weiter. Wie konnte man kein Weihnachten feiern wollen? Das war die wunderschönste Zeit im Jahr, auch für so einen Holzkopf wie ihn. Es konnte doch nicht sein, dass Marron dieses Fest nicht feiern wollte. Obwohl….wer nie gelernt hatte, wie es sein kann, der konnte sich auch nicht darauf freuen.
 

„Er hat sich doch tatsächlich ein Möhre von mir abgeholt. Ich glaube, er versteht langsam, dass ihm nichts passieren kann.“

Marron sah auf Alcatraz hinab. Sie saß mit Chiaki auf dem Heuboden und unter ihr stand der Wallach in seiner Box und mümmelte ein wenig Silage. Sie musste unwillkürlich grinsen und sah zu Chiaki.

„Man kann die Wunden der Seele heilen!“

Chiaki saß ein Kloß im Hals, als er in ihre bernsteinfarbenen Augen blickte. Er wusste, dass dies nicht nur für das Pferd galt. Er legte einen Arm um Marrons Schultern und rieb die verletzte Rechte. Der Heilungsprozess ging gut voran, aber auch nur, weil Miyako und er immer ein Auge darauf hatten, dass Marron es nicht übertrieb.

Marron lehnte sich entspannt an ihn und sie sahen beide wieder zu den Boxen hinab.

Chiaki wusste, er hätte so fühlen sollen wie ein Bruder, aber irgendetwas in ihm schlummerte und regte sich hin und wieder. Marron war ihm so wichtig, wie nichts in seinem Leben zuvor und er konnte mittlerweile keine Grenzen mehr sehen. Sie verschwammen immer wieder vor seinem inneren Auge.

„Sag mal, mein Engel, weißt du schon, was du an Weihnachten vorhast?“

Marron verspannte sich und er konnte beinahe fühlen, wie sich ihr Gesichtsausdruck verdunkelte.

„Fang bitte nicht mit diesem Thema an. Miyako nervt mich auch schon ständig. Ich werde hier bleiben und die Zeit für Alcatraz und das Lernen nutzen. Ich habe Weihnachten nie gefeiert.“

Chiaki schob sie von sich, um in ihr Gesicht zu schauen. Es war vollkommen versteinert und bar jeder Gefühlsregung.

„Ich dachte, wir sind ehrlich zueinander!“

Marron zuckte zurück. Ihre Fassade bröckelte.

„Ich kenne dich mittlerweile, Engel, und ich weiß, dass es dir was ausmacht, dass du nicht feiern kannst. Vielleicht glaubst du, nur weil du noch nie die Möglichkeit hattest im Kreise einer Familie Weihnachten zu verbringen, steht es dir nicht zu, aber das ist nicht wahr.“

Marron wandte sich ab.

„Was willst du von mir, Chiaki. Du kennst meine Geschichte doch.“

„Ich will, dass du mit mir zu meiner Familie kommst.“ Er hob die Hand, als Marron etwas einwenden wollte. „Und ich akzeptier kein Nein. Du hast Miyako schon eine Abfuhr erteilt und ich lass dich hier nicht alleine zurück.“

Tränen stiegen in Marrons großen Augen auf.

„Ich kann das nicht, Chiaki. Ich kenne deine Familie nicht einmal und ich will nicht, dass sie gezwungen sind, nett zu mir zu sein. Es ist das Fest der Liebe, wo Familien zusammenfinden. Da habe ich nichts verloren.“

Chiaki nahm Marrons Gesicht in seine Hände und küsste sie auf die Nasenspitze. Sofort färbten sich ihre Wangen rot.

„Du hast Recht, es ist das Fest der Liebe und ich liebe dich, mein Engel, so wie Miyako auch und deshalb kommst du mit.“
 

Unschlüssig sah Marron auf den noch ungepackten Koffer hinab, der auf ihrem Bett lag. Ihr Herz schlug mehrere Takte schneller, wenn sie an die nächsten fünf Tage dachte, die sie mit Chiaki und seiner Familie verbringen würde.

Sie war gestern mit Miyako in die Stadt gefahren um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Marron wollte nicht ohne etwas auftauchen, doch sie war vollkommen hilflos gewesen, als sie das große Angebot sah, mit dem jedes Geschäft aufwartete. Sie hatte nicht nur keine Ahnung, was sie den Eltern von Chiaki schenken sollte, sondern wusste nicht mal, was man überhaupt so schenkte.

Zu Marrons Erleichterung war Miyako dabei. Sie kannte Chiakis Eltern und suchte für Marron aus, nicht aber ohne ihre Zustimmung. Marron musste es ja schließlich auch gefallen.

Nur das Geschenk für Chiaki war schwieriger. Marron hätte ihm ihr Herz geschenkt, das er geheilt hatte. Doch es musste doch auch praktischer gehen.

Fröhlich kam Miyako aus einem Druckgeschäft. Sie hatte ein Foto von sich um Yamato auf einen rot-schwarzen Kissenbezug drucken lassen und wollte nun n och das passende Kissen dazu kaufen. Marron fand die Idee toll, doch für Chiaki war das doch ein wenig zu extrem.
 

Gegen Nachmittag setzten die Beiden sich in ein Café um ein wenig die müden Beine zu schonen. Miyako bestellte sich einen Espresso und Marron einen Latte Macchiato. Ein Espresso hätte ihr nur einen Koffeinschock zugefügt.

Verträumt beobachtete sie die Paare um sich herum. Weihnachten steckte die Menschen an und jeder schien glücklich und entspannt zu sein. Marron dachte an die Dinge, die sie für Chiakis Eltern geholt hatte. Miyako hatte ihr verraten, dass Chiakis Eltern große Genießer waren und sie hatte sich intuitiv für verschiedene klassische Weine, ausgewählte Pralinen und einen Korb internationaler Delikatessen. Zunächst hatte sie gedacht, es wäre ein wenig zu dick aufgetragen, aber die Idee gefiel ihr immer besser.

Miyako sah Marron forschend ins Gesicht. Sie wusste, dass es Marron nervös machte, dass sie womöglich nicht das Richtige schenken könnte und sie musste zugeben, dass es wirklich schwer war, etwas für Chiaki zu finden. Die Beiden waren nur Freunde, zumindest redeten sie sich das ein und Marron hatte furchtbare Angst, es zu übertreiben. Miyako lächelte und strich über die Hand ihrer Freundin.

„Mach dir doch nicht solche Sorgen. Wir laufen gleich noch mal an allen Geschäften vorbei und dann verlässt du dich einfach auf deine Intuition.“

Zweifelnd zog Marron die Augenbrauen zusammen und strich sich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gestohlen hatte.

„Was ist, wenn er es nicht mag?“

„Marron, du kennst ihn doch. Nimm das, was dein Herz als Richtig erkennt.“
 

Eine Stunde später war Marron vollkommen verzweifelt und Miyako hilflos. Marron fuhr einmal um die eigene Achse und hob dann die Arme über ihren Kopf.

„Ich geb es auf.“

„Ich kann dir da leider nicht helfen, Marron.“

Resigniert nickte Marron und sie machten sich auf dem Weg zur Bushaltestelle. Marron musste einfach eine Nacht drüber schlafen und dann würde ihr schon etwas einfallen.

Kaum waren sie an der überdachten Haltestelle angekommen, da fing es auch schon wieder an zu schneien. Gedankenverloren lehnte Marron sich gegen die Glaswand, während Miyako den Fahrplan studierte, und blickte zu einer Werbefront…..und da wusste sie es.
 

Nervös und mit den Nerven am Ende, starrte Marron auf die beeindruckende Front der Nagoya- Villa. Chiaki half ihr aus der Limousine, die sie Beide vom Internat abgeholt hatte und in einen noblen Vorort von Tokio gebracht hatte. Marron wäre in diesem Moment am Liebsten gestorben und wieder strich sie über den Kleider sack, den ihr Miyako vor der Abfahrt überreicht hatte.

„Das ist dein Weihnachtsgeschenk, Marron. Du wirst heute Abend großartig aussehen.“

Marron hatte sich noch nicht getraut hinein zu sehen, aber sie wusste, dass es sich nur um ein teures Kleid handeln konnte, denn Miyako nahm nur vom Besten. Verlegen dachte sie an das kleine, silberne Amulett, in dem Fotos von Miyako und ihr waren. Miyako hatte sich tierisch gefreut, aber Marron fühlte sich trotzdem klein und hoffte es hatte ihr auch wirklich gefallen.

Nun wo sie so vor der imposanten, im Gotikstil gebauten Villa stand, wäre sie am Liebsten geflohen. Sie war so überzeugte gewesen von ihrem Geschenk für Chiaki, aber nun hatte sie Angst, dass es unangebracht war.

Chiaki stellte sich neben sie und sah ebenfalls zu dem Haus hinauf. Der riesige Garten drum herum war vollkommen eingeschneit und unberührt und gab dem Anwesen eine geheimnisvolle Aura.

„Es ist nur von Außen so beeindruckend, Engel. Innen fühlt man sich nur pudelwohl.“

Chiaki sprach mit so viel Wärme von seinem zuhause, dass es Marron warm ums Herz wurde und sie sich sofort wohler fühlte. Chiaki würde sie nicht mitnehmen, wenn er nicht ihr Bestes wollte.

Die Tür sprang auf und ein schwarzer Hund, undefinierbarer Rasse sprang durch die Tür und raste auf Chiaki und Marron zu. Chiaki lachte und auch Marron musste grinsen, als das Tier um sie herum sprang und fröhlich bellte.

„Marron, darf ich dir vorstellen: Paulinchen.“

Sie kniete sich hin und holte sich einen dicken Schmatzer ab.

„Hallo Paulinchen.“

Eine herrische Stimme unterbrach die freudige Begrüßung.

„Carlo, hol bitte das Gepäck der Beiden herein.“

Marron fuhr hoch und sah das Ebenbild von Chiaki im Türrahmen stehen. Alleine die Lachfältchen um Augen und Mund verrieten, dass er schon ein wenig älter war. Als er seinen Sohn und seine Begleitung ansah, strahlten seine Augen und Marron machte sich nicht länger Sorgen.

Sie schritten die restliche Auffahrt hinauf, während besagter Carlo, ein dunkelhäutiger Spanier, zusammen mit einem Jungen die Koffer aus dem Wagen hievten.

Chiaki ging auf seinen Vater zu und wollte ihn gerade in seinen Arm nehmen, als ein schrilles Kreischen ertönte.

Ein blondes, großes Mädchen in Marrons Alter schoß aus dem Haus und warf sich in Chiakis Arme.

„Chiaki, Chiaki….ich habe dich so vermisst.“

Sie gab ihm einen innigen Kus auf den Mund und Marron blickte verwirrt in Chiakis baffes Gesicht, während sein Vater und das Mädchen lachten.

„Ich sehe die Überraschung ist mir gelungen, mein Sohn. Akane ist nun mit ihrer Schule in Australien fertig und kehrt nach Tokio zurück.“

Akane nickte eifrig mit ihrem hübschen Köpfchen nickte eifrig.

„Jetzt können wir wieder so zusammen sein wie früher, Schatz. Ich muss nicht mehr zurück.“

Marrons Herz setzte aus.
 

Tut mir Leid ihr Lieben, ich habe eine echt schwere Zeit hinter mir und knacke immer noch dran. ICh versuche aber, wieder mehr zum schreiben zu kommen.

Hab euch lieb

Bei Nagoyas

„Nun…äh…vielleicht lasst ihr uns erst einmal eintreten.“ Sachte schob Chiaki Akane von sich und tastete nach Marrons Hand. Er hatte gesehen, dass sie sich ein wenig zurückgezogen hatte. Kein Wunder, das war wirklich zu viel auf einmal und Chiaki wusste, dass Akane sehr einschüchternd wirken konnte mit ihrer wallenden Goldmähne und dem teuren, von Vati bezahlten Gesicht.

Nur widerwillig gab sie ihm ihre Hand während er sie in die Eingangshalle zog. Marron wagte es nicht, sich umzusehen. Im Moment strömten so viele Gedanken und Gefühle auf sie ein, dass sie am Liebsten zurück in die Limousine gestiegen und zum Internat zurück gefahren wäre. Was sollte das denn für ein Weihnachtsfest werden? Marron war kein Mensch der gerne im Mittelpunkt stand. Darum ging es auch nicht. Doch dieses Mädchen schien Chiaki sehr nahe zu stehen und Marron würde es nicht ertragen können, die zweite Geige zu spielen. Sie fühlte sogar augenblicklich so eine Art Stich der Eifersucht, rein freundschaftlich gesehen natürlich.

Sie spürte wie ihre Hand drückte und sie sah zu ihm auf.

„Wo bleiben denn unsere Manieren. Darf ich euch Marron vorstellen. Sie ist meine beste Freundin. Ein wahrer Schatz.“ Er lächelte so warm auf sie herunter, dass Marron Herz schneller schlug. Doch Akanes Anwesenheit vergällte es ihr. Chiakis Vater breitete seine Arme aus und lachte laut. „Ja, Marron. Ich habe schon so viel von dir gehört. Chiaki redet ja nur noch von dir.“ Er nahm sie in den Arm, was Marron unendlich peinlich war und stieß Chiaki dann in die Seite. „Ich hätte nie gedacht, dass mein Sohn zu einer Freundschaft mit einem weiblichen Wesen fähig sein könnte. Du bist wirklich ein Wunder, Marron.“

Beschämt sah sie auf ihre Füße.

„Und ich hoffe, dass wir ebenso gute Freunde sein können.“ Akane nahm Marrons Gesicht in beide Hände und küsste sie auf die Wangen. Marron lächelte matt und wusste sofort, dass das nie der Fall sein würde. Akane würde Chiakis und ihre Freundschaft nie gut heißen. Sie war zu eng, zu vertraulich.

„Komm ich zeig dir dein Zimmer.“ Chiakis Aufmerksamkeit war wieder ganz bei ihr, was Akane sichtlich unangenehm war. Wahrscheinlich hatte sie mehr erwartet, nachdem sie aus Australien zurückgekehrt war. Chiaki dagegen schien das nicht zu stören. Aufgeregt zog er sie zu einer marmornen Treppe die mit einem roten Teppich ausgelegt war. In diesem Stil war die ganze Eingangshalle gehalten, was Marron sehr anheimelnd fand. Chiaki hatte Recht gehabt.

Während er sie die Treppen hoch zerrte, erzählte Chiaki viele Geschichten, die irgendwie mit diesem Haus zusammen passten. Es war so viel, was er auf einmal sprach, dass sie ihm nicht ganz zuhören konnte und die Hälfte schon vergessen hatte, als sie auf einen Gang mit sieben Türen kamen. Vor der dritten Tür blieben sie stehen. Sie war aus weiß gestrichenem Eichenholz mit einer goldenen Klinke. Wie im Film, dachte Marron. Mit einem Schwung öffnete Chiaki die Tür und bat sie, einzutreten.

„Das ist das beste Zimmer, was wir haben. Ich habe meinen Eltern die Hölle heißt gemacht, damit hier ja alles perfekt ist.“

Überwältigt sah Marron sich um. Der Boden war mit rötlich braunem Laminat ausgelegt, das matt im Sonnenlicht glänzte, welches durch eine der zwei Balkontüren fiel. Zu Marrons Linken stand ein Bett aus rustikalem Mahagoni mit dicken Decken und Kissen in der Farbe des Sonnenunterganges, mit je zwei Nachttischen und einem Schreibtisch zur Rechten, ebenfalls aus Mahagoni. Die Wände waren wie aus Backstein gezimmert, jedoch in einem blassen Crèmeton und über dem Bett hing ein Bild, dass eine Szenerie aus dem späten Mittelalter zeigte. Marron war vollkommen verblüfft.

„Das ist….unbeschreiblich.“ Sie ging zum Bett und strich über das edle Holz und die schwere Brokat Tagesdecke. „Das ist wie aus einer anderen Zeit.“

„Ich wusste, dass es dir gefällt.“ Chiaki grinste übers ganze Gesicht. „Meine Mama hat echt ein Händchen für so was. Sie hat jedes Zimmer in einem anderen Stil eingerichtet.“

„Sie hat goldene Hände, Chiaki!“ Sie wandte sich zu ihm um.

„Das muss ich ihr unbedingt mal sagen. Ich bin echt beeindruckt.“

Chiaki lachte erfreut. „Du wirst sie heute Abend kennen lernen. Im Moment ist sie noch bei ihrem Frauenverein und verteilt Geschenke. Das macht sie jedes Jahr so.“

Nochmal wanderte Sheila Blick durch das Zimmer. Chiakis Mutter musste eine erstaunliche Frau sein. So wie diese Akane, dachte sie. Während Chiaki stolz die Inneneinrichtung des Zimmers musterte, beobachtete Marron scheu sein Profil. Was war nur los mit ihr?

„Ich denke du solltest dich erst einmal einrichten.“ Er wandte sich zu ihr um und strahlte über das ganze Gesicht. „Dein Koffer steht neben dem Schreibtisch, die Tür bei der Terrasse führt in einen Kleiderschrank. Mach es dir gemütlich und schau dir ruhig alles an. Ich werd eben nach meinem Vater schauen. Ich komme dich so in einer Stunde holen.“

Marron wollte schon fragen, was er denn mit ihr vorhätte, aber Chiaki war bereits voller Tatendrang aus dem Raum verschwunden und hatte die Tür hinter sich geschlossen.

Seufzend ließ sie sich auf das, überaus bequeme, Bett fallen und verschränkte die Arme über dem Gesicht. Wenn sie daran zurück dachte, wie sie Chiaki kennen gelernt hatte und was sie einmal von ihm gedacht hatte, wunderte sie es doch sehr, dass er sich so als Familienmensch entpuppte. Hier war er ein ganz anderer Mensch, woran das liegen konnte, wusste Marron nicht.

Sie drehte sich auf die Seite und sah zur Balkontür hinaus. Sie hegte Gedanken und Gefühle, die ihr gar nicht passten. Diese Eifersucht - und sie konnte nicht leugnen, dass es Eifersucht gewesen war - war ihr neu und hinterließ einen bittersüßen Geschmack und viele Fragen. Schließlich wusste Marron ja, wie er zu Frauen stand und es durfte sie nicht überraschen, dass er immer noch eine Karte im Ärmel hatte. Wahrscheinlich hatte sie sich an seine ungeteilte Aufmerksamkeit so gewöhnt, dass sie Angst hatte, in den Hintergrund gedrängt zu werden. Wütend über sich selbst schüttelte Marron den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Was hatte sie denn gedacht? Das Chiaki nie wieder mit einer Frau zusammen sein würde, solange sie beste Freunde waren? Das war selbstsüchtig und ungerecht. Aber warum hatte sie das Gefühl, das sie etwas übersah.
 

Die Tür schwang auf und eine dunkelhaarige Frau mit modischem Kurzhaarschnitt und Guccikostüm in marineblau betrat den Salon, in dem ihr Mann und ihr Sohn am Kamin standen und sich unterhielten. Kaum hatte die hübsche Brünette ihren Sohn gesehen, warf sie wenig passend zu ihrem Outfit, alles von sich und schloß Chiaki in ihre Arme.

„Schön dich zu sehen, mein Schatz.“ Mayoko Nagoya schob ihren Sohn von sich und strahlte ihm ins Gesicht, dann schlug sie ihm gegen die Schulter. „Au!“ Chiaki rieb sich den rechten Oberarm. „Du hast dich eindeutig zu wenig gemeldet, Freundchen.“ Chiaki lachte und nahm seine Mutter noch einmal in den Arm. „Du weißt doch, Mama, die Jugend von heute hat nie Zeit.“

Mayoko sah ihren Sohn skeptisch an und gab Kaiki dann einen Kuss.

„Ich glaube eher, dass du nur Weiber im Kopf hattest.“ Chiaki verdrehte die Augen und streckte seiner Mutter die Zunge raus. Kaiki lachte und beugte sich verschwörerisch zu Mayoko hinüber. „Eher eine Frau, mein Schatz. Nur eine.“ Verblüfft sah Mayoko ihren Sohn an. „ Aber doch nicht Akane, oder?“ Der schockierte Ausdruck auf Mayokos Gesicht, Chiaki die Stirn runzeln. „Ich dachte immer, du siehst in ihr deine zukünftige Schwiegertochter?“ Fragend blickte er zu seinem Vater, der jedoch nur die Schultern zuckte. Mayoko schüttelte den Kopf und zog ihren Blazer aus. Darunter kam eine cremefarbene Bluse zum Vorschein. „Das war, bevor sie zu diesem Modepüppchen mit dem eine Million Dollar Gesicht wurde.“ Kaiki räusperte sich. „Sie geht deiner Mutter schon seit einer Woche gehörig auf den Keks.“ Mayoko funkelte ihren Mann böse an. „Du findest das alles nur toll, weil du was zu gucken hast.“ Beschwichtigend zog Kaiki seine Frau in den Arm und ließ sich auf eine weiße Brokatcouch nieder. „Nicht wirklich! Aber ich bin halt eher der friedliebende Mensch.“ Chikai Mutter schnaubte verächtlich und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Chiaki.

„Und von welchem weiblichen Wesen spricht dein Vater dann? So wie er es gesagt hat, scheint es ausnahmsweise mal keine Eintagsfliege zu sein.“ Chiaki liebte die direkte Art seiner Mutter, doch manchmal hätte er ihr am Liebsten den Hals umgedreht. Er ließ sich auf einen gleichfarbigen Sessel nieder, der seinen Eltern am nächsten stand.

„Sie ist keine Eintagsfliege, Mama. Aber es ist auch nicht so wie du denkst. Ich weiß nicht, was Papa sich da wieder zusammen spinnt.“ Er warf Kaiki einen bösen Blick zu. Dieser ignorierte seinen Sohn und grinste seine Frau verschmitzt an.

„Dein Sohn spricht von dieser Marron, die er mitbringen wollte. Angeblich seine beste Freundin.“ Chiakis Protest verhinderte er mit einer ungeduldigen Geste. „Aber, mein Schatz, du musst sie dir später unbedingt ansehen. Ein Engel.“ Chikai grummelte vor sich hin.

„Ist sie das etwa nicht?“ Kritisch musterte Mayoko ihren Sohn.

„Schon, sie ist lieb und ein ganz toller Mensch. Aber ich mag es nicht, wenn ihr über sie spricht, als wäre sie eine meiner Eroberungen.“

„Das hat keiner von uns gesagt.“

„Aber ihr denkt es. Marron und ich sind sehr, sehr gute Freunde. Warum ich sie mitgebracht habe, sagte ich euch bereits. Niemand sollte Weihnachten alleine verbringen müssen. Vor allen Dingen nicht, wenn es Menschen gibt denen man wichtig ist.“

Mayokos Miene wurde sanft. „Du magst sie wirklich sehr, hmmm?“

„Ich sagte doch, sie ist meine beste Freundin.“ Seufzend erhob er sich. „Ich bitte euch, macht keine dummen Sprüche in ihrer Gegenwart. Sie ist, seitdem Akane uns überrannt hat, ein wenig durcheinander.“ Er verließ den Salon.

„Ich fresse buchstäblich einen Besen, wenn da nicht mehr ist.“ Kaki sah zu der geschlossenen Tür. Mayoko seufzte und kuschelte sich in die Arme ihres Mannes.

„Wir können so viel spekulieren wie wir wollen, solange nicht einer von den Beiden sich zu seinen Gefühlen bekennt, sind sie beste Freunde.“ Sie sah zu Kaiki auf.

„Ich denke nicht, dass Akane sich über Marrons Anwesenheit freut. Chiaki scheint Akanes Anwesenheit jedenfalls kalt zu lassen.“

Liebe

Obwohl Marron das Zimmer liebte, sie musste raus in den Schnee. Ein Blick aus dem Fenster hatte ihr ein wunderschönes Panorama eröffnet. Zugeschneite Alleen führten zu kleinen Gewächshäusern und in einiger Entfernung konnte Marron ein kleines Häuschen erkennen, dass sie ein wenig an das Häuschen der Hexe von Hänsel und Gretel erinnerte mit Zuckergussdach und einladender Tür. Sie hatte nur kurz gezögert und sich dann Mantel, Mütze und Handschuhe angezogen und war die Treppe runtergestürmt. Zunächst war Marron sich nicht sicher gewesen, ob sie jemanden Bescheid geben sollte, aber da sie keine Ahnung hatte wo sich wer in diesem Haus befand, hatte sie sich kurzerhand dagegen entschieden und es auch sofort vergessen, als sie aus der Haustür trat. Es hatte wieder angefangen zu schneien und durch die weiche Wand aus Schnee wirkte alles warm und einladend. Die Kälte spürte Marron gar nicht. Sie lief mit großen Augen die Allee entlang und ließ alles auf sich wirken. Hinter den Bäumen konnte sie weite Wiesen mit Beeten erkennen, die sicher kunstvoll angelegt waren und nun unter der Schneedecke ruhten. Hin und wieder entdeckte sie im Gotikstil gebaute Alkoven und malte sich aus, wie toll es sein musste wenn alles drum herum blühte. Marron blieb kurz stehen und sah zur Villa zurück. Chiaki musste eine wundervolle Kindheit gehabt haben und sie freute sich für ihn, empfand gleichzeitig auch Neid. Es war keine alles zerfressender Neid, doch sie wünschte sich, dabei gewesen zu sein. Ein Leben ohne diesen Jungen konnte sie sich doch sowieso schon nicht mehr vorstellen.

Marron schüttelte den Kopf und ging weiter. Diese Akane vernebelte ihr die Sinne, sie dachte verrückte Sachen. Sie ging ein wenig schneller, bis sie sich selber zügelte. Wovor lief sie weg? Langsam ließ sie sich auf eine Bank nieder, die ebenfalls die Allee säumte. Ja, wovor lief sie weg?

Marron schob den Ärmel ihres rechten Armes hoch. Dort, an der unteren Seite, wo die Haut am empfindlichsten war, zog sich eine ganz dünne, kaum wahrnehmbare Narbe bis zur Armbeuge hoch. Ihr Onkel hatte einmal eine scharfe Klinge sachte drüber gezogen um ihr Angst zu machen. Marron schloß die Augen als ihr die Galle hochkam, aber sie sah nicht ihren Onkel und die letzten Jahre, sondern Chiaki, wie er vor ihr stand nackt wie sie war und ihr sagte, wie schön sie wäre. Den Abend hatte sie nie vergessen, obwohl sie nie wieder darüber gesprochen hatten. Chiaki hatte ihr Herz im Sturm erobert und Marron wusste sie würde es keinem je wieder so in die Hände legen können. Natürlich liebte sie Miyako, doch das war etwas vollkommen anderes.

Scheiße! Marron schlug die Hände vor die Augen. Sie machte hier einen riesengroßen Fehler. Sie hatte sich in den Jungen verliebt, der ihr mehr bedeutete als alles andere auf der Welt und der in ihr seine beste Freundin sah und nun war sie hier bei ihm zuhause und das erste was ihr einfiel, sich einzugestehen, dass sie ihn mehr liebte als gut für sie beide war. Sie sprang auf und lief weiter. Weg von der Villa, hinein in den Park. Sie musste sich wieder in den Griff kriegen. Sie durfte das alles nicht aufs Spiel setzen. Verwirrt musste Marron zum ersten Mal seit Langem feststellen, dass sie wieder Angst verspürte.
 

Chiaki stand in diesem Augenblick vor einem der hohen Regale der Bibliothek und suchte ein Exemplar von Tolstoi. Im Internat würde er sich nie zu solch einer schweren Lektüre bekennen, warum sollte er den ganzen Banausen das auch erzählen? Aber hier suchte er sich gerne all seine Lieblinge raus und las sie. Marron würde sicher auch das eine oder andere gefallen.

„Du meine Güte. Da such ich alles ab und wo finde ich dich? Zwischen all dem Altpapier.“ Chiaki verdrehte die Augen und drehte sich zu Akane um. Sie hatte eindeutig einiges machen lassen, seitdem sie sich das letzte Mal gesehen hatten.

„Du solltest auch einmal ein wenig lesen. Es kann wirklich toll sein.“ Er wandte sich wieder Tolstoi und Sokrates zu, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte.

„Ich wüsste viel besser deine Zeit zu nutzen.“ Früher einmal wäre Chiaki auf diesen verführerischen Ton eingegangen und auch jetzt erinnerte er sich an die tollen Stunden, die sie in der horizontalen miteinander verbracht hatten, aber es reizte ihn nicht. Sachte aber bestimmt schob er sie von sich.

„Tut mir Leid, Akane. Das war einmal.“

„Wie bitte?“ So entsetzt wie sie nun aussah, tat es ihm fast Leid. Beschwichtigend hob er die Hände und trat auf sie zu. Sein Lächeln sollte beruhigend wirken, aber sie schien es gar nicht wahrzunehmen. „Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass wir auf ewig füreinander bestimmt sind. Wir hatten beide unsere Affären und haben uns verändert. Akane, du bist eine Freundin der Familie, doch zwischen uns ist nichts mehr.“

Wütend schlug sie die Hand weg, die die ihre umfassen wollte.

„Das könnte dir so passen, Chiaki Nagoya. Ist es der Bauerntrampel, den du mitgebracht hast? Du machst dich lächerlich.“ Chiaki atmete einmal tief durch. Es würde nichts bringen, wenn er sie nun verletzte. „Nein, es geht nicht um Marron. Ich will es einfach nicht mehr. Ich möchte vorerst gar kein Mädchen in meinem Leben. Affären, aber keine Liebe.“

„Was glaubst du denn, was wir die ganze Zeit hatten? Für Affären wäre ich perfekt.“ Chiaki konnte nicht umhin zu denken, dass sie sich erbärmlich benahm. „Nein, denn ihr Frauen wollt doch immer noch mehr. Auch du. Es tut mir Leid, Akane.“ Er nahm drei Bücher unter den Arm und verließ die Bibliothek. Er musste bald mit seinen Eltern reden, dass Akane ging.

Er nahm noch wahr, wie ein Buch gegen die Tür donnerte.
 

Marron hatte noch eine Weile an einem zugefrorenen Weiler gestanden, auf dem die Enten hin und her rutschten und versuchte, alle Gedanken von sich zu weisen oder sie zumindest hinter einer Mauer zu verstecken. Es fiel ihr sehr schwer, aber nach einer Weile meinte sie sich einigermaßen im Griff zu haben.

Langsam lief sie zur Villa zurück. Mittlerweile spürte sie auch die Kälte und sie fand es unhöflich, dass sie sich so lange vom Haus entfernt hatte ohne etwas zu sagen. Sie kam gerade die Auffahrt hoch, als sie einen Wagen vorfahren sah. Irritiert sah Marron zu, wie Akane einen großen Koffer hinter sich herschleppte. In der offenen Tür war sonst niemand zu sehen und die Blondine sah vollkommen aufgelöst aus. Unsicher ging sie auf das Auto zu, aus dem ein Chauffeur im mittleren Alter ausstieg und den Koffer in den Kofferraum hievte.

„Akane?“ Bei Marrons Stimme fuhr das Mädchen herum und Marron begegnete ein feindseliger Blick.

„Ach, sieh an! Die BESTE Freundin. Sei froh, dass du nicht mehr von ihm willst.“ Verwirrt runzelte Marron die Stirn. Was ging hier vor? Akane bemerkte ihren Gesichtsausdruck.

„Tja, Chiaki hat mir gerade eröffnet, dass er keine Frau an seiner Seite wünscht. Er will niemanden der ihn liebt, keine Beziehung, nur Affären. Aber das weißt du sicher.“ Als sie sah wie Marron erbleichte, lächelte sie leicht. „Das ist ja interessant. Nun ja, Schätzchen, jetzt weißt du, wie es sich anfühlt. Ich hoffe er weiß nichts davon. Erspar dir die Demütigung!“

Mit diesen Worten stieg sie in den schwarzen Landrover und schlug die Tür zu.

Marron sah dem Wagen zu, wie er knirschend über den Schnee fuhr und durch das Tor verschwand. Chiaki hatte Akane aus seinem Leben verbannt, weil sie ihn liebte, weil sie mehr von ihm wollte. Marron schluckte und sah zum Haus hinauf. Deshalb durfte sie Chiaki ncihts sagen. Es würde alles zerstören.
 

Gegen 18 Uhr klopfte eine Art Haushälterin an ihrer Tür, um ihr zu sagen, dass sie mit der Familie Nagoya gegen 20 Uhr speisen würde. Marron fühlte sich wie im Film und zunehmend mehr wie in einem sehr schlechten noch dazu. Es war Heiligabend und sie fühlte sich ganz schrecklich. Statt glücklich zu sein, wollte ihr Herz bersten und brechen. Ein Fest der Liebe? Wo denn?

Vorsichtig nahm sie Miyakos Geschenk aus ihrem Koffer. Miyako hatte es ihr für diesen Abend geschenkt. Das Kleid war nachtblau mit Neckholder und ganz auf Taft, sodass es ihr sanft die Figur hinunterfloss. Ihre Schultern, Arme und Rücken waren ebenfalls mit leicht durchsichtigen Taft verhüllt, damit man ihre Narben nicht sah. Es war einfach wunderschön und auch Marron musste zum ersten Mal gestehen, dass sie sich schön fühlte. Sie ließ die Haare offen, da sie sich so noch weniger nackt fühlte. Sie waren mittlerweile lang genug um ihren Rücken fast gänzlich zu verdecken.

Für Make up oder Ähnlichem nahm Marron sich keine Zeit. Sie wollte dieses Zeug nicht, hatte es nie benutzt. Sie nahm die Geschenke mit, die sie für die Familie gekauft hatte und ging eine halbe Stunde zu früh die Stufen zum Salon hinunter. Ihr Herz klopfte wild in ihrer Brust, als sie die Tür aufdrückte. Sofort schlug ihr Wärme entgegen und der Raum verzauberte sie so, wie alles in diesem Haus. Der weiße Stuckkamin feuerte und ließ Licht auf den cremefarbenen, ebenfalls Stuckverzierten Wänden tanzen. Auf einem gigantischen weißen Teppich stand ein antiker goldener Tisch mit weißen Sitzmöbeln und in einer Ecke, neben den riesigen Fenstern mit goldenen Brokatvorhängen stand ein wundervoller Weihnachtsbaum. Marron war überwältigt, ihr traten Tränen in die Augen.

„Marron, wie schön die endlich kennen zu lernen.“ Marron war so überwältigt gewesen, dass Chiaki und dessen Eltern am anderen Ende des Raumes nicht gesehen hatte. Sie waren anscheinend durch eine andere Tür getreten. Nun kam seine Mutter auf sie zu und nahm sie herzlich in den Arm. So schick Chiakis Mutter auch aussah, so wundervoll warm und weich war sie. Marron wusste es war lächerlich, aber so musste sich eine Mutter anfühlen. Mayokos weicher, schwerer Duft unterstrich dieses Gefühl noch.

Sie schob Marron auf Armeslänge von sich und strahlte sie an.

„Nenn mich bitte Mayoko. Gott, Kaiki hat nicht zu viel versprochen.“ Marron errötete augenblicklich und sah sich nach Kaiki und dessen Sohn um, die noch hinter Mayoko standen. Kaiki lachte herzlich, doch Chiaki war still. Er musterte sie nur. Sein durchdringender Blick jagte Marron einen Schauer über den Rücken, der ihr Herz schneller schlagen ließ. Mach dich nicht zum Narren, erinnerte sie sich.

Sie wandte sofort den Blick ab. Mayoko schien Marrons Gefühlsspiel mitbekommen zu haben und führte sie zu der Couch. Marron stellte ihre Geschenke daneben ab.

Mayoko musterte sie kritisch.

„Du hast uns doch nicht etwas was mitgebracht.“ Erschrocken blickte Marron auf die Geschenke. „Ich..ich dachte man macht das so?“ Sie fühlte sich sichtlich unwohl und ein warmes Lächeln erhellte Maykos Gesicht. „Das tut man auch, Liebes. Aber du bist hier, weil wir dich mal verwöhnen wollen. Du sollst mal ein richtiges Weihnachten haben. Tu einfach so als wären wir deine Familie.“ Wieder schluckte Marron ihre Tränen runter, dann riss sie sich zusammen. „Okay, aber dann möchte ich auch was schenken!“ Kaiki lachte und ließ sich neben seiner Frau nieder. „Schön, ich freu mich schon drauf es aufmachen zu dürfen.“ Marron lächelte. Es gab so wundervolle Menschen, wie hatte sie je alleine leben können.

Glücklich sah sie zu Chiaki, der neben dem Tannenbaum stand und aus dem Fenster sah. Ihr Lächeln erstarb. Bereute er es, sie mitgebracht zu haben? War sie seiner Familie vielleicht schon zu nahe? Akane war nicht umsonst gegangen. Marron schauderte es. Mayoko betrachtete ihren Sohn. Was war mit ihm los?

Ein Glockenlaut unterbrach ihre Gedanken. Sie klatschte in die Hände. „Das Essen ist fertig.“
 

Sie nahmen in einem Raum platz, der wirklich nur als Esszimmer diente. Mayoko schien wert auf Antiquitäten zu legen und auch dieser Raum war in den Farben rot, gold und weiß gehalten. Königlich, wie Marron fand. Der Tisch hatte Platz für acht Personen, doch nun war er so gedeckt, dass sich immer zwei gegenübersaßen. Chiaki führte Marron stumm zu einen der rot bezogenen Stühle, mit gold bemalten Lehnen und setzte sich dann neben sie.

Es gab ein mehrgängiges Menü, bei dem Marron schon nach der Suppe nicht mehr wusste was sie alles aß und irgendwann das Gefühl hatte, sie müsste auf der Stelle aus dem Kleid hinausplatzen. Gott sei Dank kam dann ein kleines Dessert und sie waren fertig.

Während des ganzen Essens erzählten Mayoko und Kaiki Anekdoten, die Marron amüsierten. Sie hatte nicht viel zu erzählen und war froh, dass die Nagoyas sie nicht bedrängten. Sie fühlte sich pudelwohl, doch das Chiaki so ungewöhnlich still war, machte Marron nervös.

Nachdem sie ein wenig Kaffee getrunken hatten, führte Mayoko die Familie zurück in den Salon. Man hatte während des Essens Marrons Geschenke zu den anderen unter den Baum gelegt.

„So meine Lieben, ich würde sagen: Ran an die Geschenke.“ Kaiki war der erste, der sich auf den Baum stürzte. Marron lachte und beobachtete ihn, wie er sich durch seine Präsente wurschtelte. Sie griff in ihre Handtasche, die sich bei sich getragen hatte und drückte Chiakis Geschenk an sich. Sie hatte es nicht herausgeben können. Sie hatte Angst gehabt vor seiner Raktion und die seiner Eltern. Was wäre, wenn er sauer werden würde? Nein, sie würde es ihm vielleicht geben, wenn sie alleine waren, aber nicht eher.

Jauchzend sprang Kaiki auf. „Schau Mayoko!“ Er hielt Marrons Delikatessenkorb hoch. Marron wollte augenblicklich schrumpfen, als Mayoko zu ihrem Mann trat. Wie kleine Kinder packten sie jede Einzelheit aus und freuten sich. Marrons Herz wurde weich. Mayoko ging auf sie zu und umarmte sie erneut, Kaiki kam dazu und umarmte sie beide. Marron wusste nicht wohin mit sich, doch sie genoss die Nähe dieser Menschen, die ihr eigentlich so fremd waren und doch so nah.

Kaiki schenkte seiner Frau eine Reise nach Paris, Mayoko ihm etwas, dass Chiaki und sie nicht sehen durften. Es war jedoch eindeutig etwas Intimes und Marron musste erkennen, dass es sie freute, dass diese Menschen nach all den Jahren noch immer solche Freude aneinander hatten. Ob das bei ihren Eltern ebenso gewesen wäre? Chiaki schenkte seiner Mutter einen Gutschein für einen Antiquitätenhändler den er für sie entdeckt hatte und seinem Vater eine teure Uhr, weil er „immer zu spät kam“, wie Chiaki bemerkte.

Am Ende lag nur noch ein kleiner Umschlag unter dem Baum. Mayoko sah zu Marron auf. „Das ist für dich, Marron. Nimm ihn dir.“ Marron schluckte und ging auf den Baum zu, doch Chiaki kam ihr zuvor.

Er hob den Umschlag auf und nahm und steckte ihn in seine Hosentasche.

„Ich mach das, Mama!“ Er wandte sich an Marron. Zum ersten Mal an diesem Abend.

„Ziehst du bitte deine Jacke an, wir müssen einmal raus.“ Perplex folgte Marron Chiaki aus dem Salon. Vor der Haustür kam ihnen ein Angestellter entgegen und reichte ihnen ihre Mäntel, als wenn er von all dem wüsste. Chiaki schritt aus der Tür hinaus in den Schnee. Es hatte aufgehört zu schneien, doch es waren noch gut zehn Zentimeter liegen geblieben. Er ging schnurr stracks auf die Allee zu, die sie heute bereits entlang gegangen war.

„Chiaki?“ Er drehte sich nicht um. „Verdammt Chiaki, bleib stehen.“ Ihre hohe Stimme ließ ihn zusammen fahren. „ Was ist los mit dir? Habe ich irgendetwas falsch gemacht?“

Verwirrt runzelte er die Stirn. „Wie kommst du drauf?“

„Weil du die ganze Zeit nicht mit mir gesprochen hast und nun zerrst du mich wie ein ungezogenes Kind durch den Schnee.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust um ein Zittern zu verbergen, das nicht von der Kälte kam. „Ich weiß, du hattest Ärger mit Akane, aber das hat nichts mit mir zu tun.“ Marron ärgerte sich, dass sie sich rechtfertigte. Sie sah sich um, nur damit sie nicht in Chiakis Gesicht schauen musste. Der Schnee erhellte die Nacht und tauchte alles in ein weiches Licht. Sie hörte wie der Schnee unter Chiakis Füßen knarrte. Er griff nach ihrer Hand und sie sah ihn wieder an.

„Mich hat etwas ganz anderes beschäftigt, Engel. Bitte komm mit. Ich möchte dir etwas zeigen.“ Widerstrebend folgte sie ihm die Allee lang.

Nach und nach konnte sie ein flimmerndes Licht in der Dunkelheit ausmachen. Je näher sie kamen umso mehr konnte sie erahnen, auf was sie zugingen. Dann standen sie vor dem Häuschen, dass Marron mit einem Hexenhaus verglichen hatte. Drinnen schien ein Feuer geschürt worden sein. Chiaki blieb vor der Tür stehen und ließ ihre Hand los. Er kramt in der Tasche und holte den Umschlag heraus. Er öffnete ihn und zum Vorschein kam ein Schlüssel. Kommentarlos steckte Chiaki den Schlüssel in die dunkle Holztür und die Tür schwang auf. Verwirrt sah Marron in einen Raum, der nur durch das Feuer im rustikalen Kamin erhellt wurde. Es herrschten die Farben rot und braun vor, denn fast alles schien aus Holz zu sein. Auf dem Boden war ein roter Teppich ausgelegt und darauf sah man einen blank geschliffenen Tisch aus dunklem Holz mit passenden Stühlen, die doch mit einem roten Stoff bezogen worden waren. Chiaki zog sie in die Hütte und dann sah sie, wie groß der Raum, tatsächlich war. Zu ihrer Linken befand sich eine Küche, die nur durch eine große Arbeitsfläche vom Rest getrennt wurde. Zu ihrer Rechten befand sich das Wohnzimmer, mit einer wundervollen antiken Couch und einem Sessel aus dunklem Leder. Die Wände waren weiß getüncht und überall befanden sich Regale mit Büchern. Am Ende des Raumes erkannte Marron die Schemen einer Treppe.

Chiaki wollte sie weiter ziehen, doch sie stieß die Hacken in den Boden. Sie sah auf den Umschlag in seiner Hand und blickte ihm dann verständnislos in die Augen.

„Was soll das Ganze?“ Chiaki lächelte. „Hast du es noch nicht verstanden? Das ist alles deins.“ Marron erbleichte. „Wie bitte?“ Sie musste so besorgniserregend ausgesehen haben, dass er sie zu einem der Stühle schob. Als sie saß, ging er vor ihr in die Hocke.

„Alles okay?“ „Ob alles okay ist?“ Ihre Stimme war ungewöhnlich schrill. „Das ist doch wohl ein Witz.“ Chiaki nahm Marrons eiskalte Hände in die seinen und rieb sie.

„Engel, bekomm mir keinen Schock bitte. Hör mir erstmal zu.“ Er gab ihr einen Kuss auf die linke Hand. „Meine Eltern haben dir dieses Haus geschenkt, weil sie niemanden Besseres dafür wüssten. Wir brauchen es nicht und du brauchst ein zuhause, wo du immer hinkommen kannst.“ Schockiert sah sie ihn an. „Keine Angst, sie kennen nicht die ganze Geschichte, nur den weniger delikaten Teil. Aber sie wollten es so und ich finde es ist eine tolle Idee.“ Marron sah sich, den Tränen nahe, um. „Das kann ich nicht annehmen.“

„Doch das kannst du. Schau, du gehörst zur Familie. Ich kann mir ein Leben ohne dich als Freundin nicht mehr vorstellen und hiermit ist dann uns allen geholfen.“

Marron schluckte. Wie sehr wünschte sie, die Wahrheit sagen zu können. Sie wischte sich eine verirrte Träne fort. „Geht’s wieder?“ Marron nickte leicht.

„Gut.“ Er half ihr hoch. „Du hast noch nicht alles gesehen.“ Er führte sie zu der Treppe und hinauf. Sie kamen in einen kurzen Flur, von dem aus drei Türen wegführten. Auf einer kleinen Kommode stand eine Lampe, die Chiaki anmachte.

„Diese Tür“, er wies auf die erste, „führt zum Bad. Die nächste zu einem Gästezimmer und die hier“, er ging auf die letzte zu, „ist dein Schlafzimmer.“ Er öffnete die Tür und knippste das Licht an. Das Schlafzimmer war die Miniatur von dem, welches sie in der Villa bewohnt hatte. Überwältigt ging sie an Chiaki vorbei in den Raum und strich über die schwere Tagesdecke. Auch hier brannte ein gemütliches Feuer und sie griff an Chiaki vorbei und machte das Licht aus. „So sieht es viel schöner aus.“, flüsterte sie. Überschwänglich wandte sie sich um. „Das kann ich nie wieder bei euch gut machen. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Chiaki lächelte. „Du hast mir so viel gegeben und meine Eltern lieben dich, du hast nichts gut zu machen.“ Diese Worte gingen Marron ans Herz und sie wandte sich ab.

Sie griff in die Handtasche und holte ihr Geschenk heraus. War jetzt der richtige Zeitpunkt? SIe drehte sich zu ihm um und erkannte, dass auch er eine kleine Schachtel in der Hand hielt. Er lachte. „Ich wollte es dir in aller Ruhe geben.“ Marron nickte. „Ich auch.“ Er sah auf sein Geschenk hinab. „Pass auf. Wir packen sie gleichzeitig aus. Ich glaube nämlich, dass ich dir nicht zugucken kann ohne zu sterben.“ Es beruhigte Marron, dass er ebenso nervös war wie sie. Gleichzeitig reichten sie sich die Geschenke. Beide zögerten sie, bis sie sich einig waren, dann öffneten sie die Schachteln den jeweiligen anderen. Marron hielt die Luft an. Vor ihr auf einem schwarzen Samtkissen lag eine silberne Kette mit einem runden Anhänger. Vorne zeichnete sich ein Muster, das aussah, wie eine seltene vierblättrige Blume. Marron wusste, dass es das keltische Kreuz für wahre und innige Freundschaft war. Sie drehte den Anhänger um, denn sie hatte gefühlt, dass hinten ebenfalls etwas eingraviert war. Als sie es las, schwammen ihr Augen erneut. Du hast mein Leben verändert, mein Engel. Ihre Unterlippe bebte als sie aufsah. Chiaki stand nur eine Handbreit von ihr entfernt und starrte perplex auf zwei silberne breite Ringe, bei denen der größere ebenfalls graviert worden war. Mein Herz ist geheilt. Von Außen unterschieden sich die Ringe nur dadurch, dass ihrer einen weißen Stein hatte. Marron sah in Chiakis Gesicht, der sie noch immer nicht angesehen hatte. Ihr wurde mulmig zumute. „Es tut mir Leid. Ich wusste ich habe übertrieben. Gestern fand ich die Idee noch gut.“ Verloren sah sie sich in dem Raum um. Die Ringe hatten ihre Verbundenheit darstellen sollen, doch wahrscheinlich hatte er sie missverstanden. Wieder musste sie daran denken, was Akane gesagt hatte. Warum war sie nur so dumm?

„Darf ich ihn dir anstecken?“ Erschrocken sah Marron auf. Chiakis Hand zitterte leicht, als er nach ihrer griff und denn Ring über ihren rechten Ringfinger schob. Marron wusste, dass er nach der Fassung rang, aber sie wusste nicht warum. Sie nahm den anderen Ring aus der Schatulle und griff ebenfalls nach seiner Hand. „Wenn dann richtig. Ich will ihn dir ebenfalls anstecken.“ Chiaki sah die ganze Zeit nur auf ihre Hände, sein Kiefer mahlte. Dann nahm er ihr die Kette aus der Hand. „Dreh dich um.“ Sie gehorchte und hob ihr Haar an, damit er ihr die Kette anlegen konnte. Für einen Mann war er sehr geschickt und er hatte sie in wenigen Augenblicken bereits angelegt, doch seine Hände ruhten ein wenig länger an ihrem Hals. Plötzlich schlang er die Arme um sie und drückte sie an seine Brust, seine Stirn ruhte auf ihrer Schulter. Marron wollte das Herz stehen bleiben und sie spürte, dass auch Chiakis Herz unregelmäßig gegen ihren Rücken schlug. Sein warmer Atem fuhr hastig über ihre Haut, er küsste sie in die Halsbeuge, auf die Schulter. Marron überlief ein Schauer. Vorsichtig drehte er sie zu sich um, doch er wagte es nicht mehr sich zu bewegen. Er hielt sie bei den Schultern fest und seine Stirn lag an der ihren, während er die Augen geschlossen hatte.

„Es tut mir Leid, Marron. Bitte sei nicht sauer.“ Er holte tief Luft und sah ihr dann in die Augen. „Ich habe es so lange für mich behalten, dass es außer Kontrolle geraten ist.“ So viele verschiedene Eindrücke und Gefühle strömten auf Marron ein, dass sie das Gefühl hatte irgendwie etwas nicht mitbekommen zu haben.

„Wovon redest du, Chiaki?“ Er lächelte und ließ sie los. „Du hast es wirklich nicht bemerkt. Dafür müsstest du mich eigentlich hassen, Marron.“ „Ich kann dich gar nicht hassen.“ „Doch, kannst du. Denn ich war die ganze Zeit nur mit dir befreundet, weil ich dich immer wollte.“ Marron runzelte die Stirn. „Ich liebe dich nicht so, wie ich sollte. Meine Eltern hatten schon Recht, als sie gesagt haben, dass es ein Wunder wäre, dass ich mit dir befreundet wäre. Ich bin zu so was gar nicht fähig. Das einzige, was diesmal anders ist, ist dass ich dich liebe.“ Er ließ sich auf ihr Bett sinken und fuhr sich durch die Haare. Marron stand verloren vor ihm.

„Das was auf der Kette steht meine ich Ernst, Marron. Und alles andere auch. Bitte nimm mir nicht übel, was ich zu dir gesagt habe. Lass es uns vergessen ja?“

Er stand auf. „Möchtest du noch mit zurückkommen, oder direkt hier bleiben. In deinem Haus.“ Er versuchte unbeschwert zu klingen, aber es gelang ihm nicht.

„Chiaki?“ Sie ging zu ihm und sah auf seine beringte Hand. „Ich meine das, was auf dem Ring steht ebenfall ernst und noch viel mehr.“ Sie schluckte. Courage lag ihr nicht. „Ich dachte den ganzen Abend, du sprichst nicht mehr mit mir, weil…. nun ja, Akane hat mir erzählt, was du zu ihr gesagt hast und ich dachte….du hättest bemerkt das ich….“ Nervös drehte sie am Ring, der ihre Rechte zierte. Er nahm sie in die Hand und sie sah ihn an. Jetzt oder nie, was konnte sie noch verlieren? „Ich hätte nur mit dir befreundet sein können, Chiaki. Denn nichts ist schlimmer als dass du nicht mehr mit mir sprichst. Glaub mir, ich weiß nicht wie es ist zu….lieben. Ich hatte keine Ahnung…“ Sanft nahm er ihr Kinn in seine Hand und strich mit dem Daumen drüber. Seine Augen waren so intensiv, dass Marron nicht wusste, ob ihr Herz jemals wieder langsam schlagen würde. In diesem Augenblick senkten seine Lippen sich heiß auf die ihren. Ein Ruck ging durch Marron und gleichzeitig verließ alle Kraft ihren Körper. Sie sackte in Chiakis Arme und er hielt sie fest, als hätte sie dort immer hin gehört. Marron hätte in diesem Augenblick am Liebsten alles auf einmal gefühlt, gespürt und erlebt. Doch Chiaki ließ sich Zeit, kostete jeden Augenblick aus und zeigte Marron, wie viel ein Kuss bewirken konnte. Seine Fingerspitzen flogen wie Schmetterlinge über ihre Haut. Sie hatte nicht gewusst, dass die Berührung eines anderen so sanft sein konnte und gleichzeitig so belebend und prickelnd. Nach einer gefühlten Sekunde ließ er von ihr ab und küsste sie sanft auf die Nasenspitze. „Es ist, als ob ich träumen würde.“ Marron wollte lächeln, aber sie hatte das Gefühl gelähmt zu sein. Sie brachte nur ein sehr jämmerliches Schmunzeln zustande. „Marron, ich kann nicht weiter gehen. Das wäre nicht richtig.“ Marron merkte wie ein Schaudern durch ihren Körper schoss. „Ich weiß, dass du nur versuchst alles richtig zu machen…“, wieso war ihre Stimme so schwach?, „ aber wieso habe ich das Gefühl auseinander zu brechen, wenn du mich jetzt loslässt.“ Chiaki lachte, ein heiseres Lachen. „Glaub mir, ich kann mir etwas besseres Vorstellen.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber es ist nicht der richtige Zeitpunkt.“ „Wenn nicht jetzt, wann soll es der richtige sein?“ Chiaki stöhnte auf, als habe er Schmerzen. „Versteh doch Marron, ich möchte nicht, dass du etwas bereuen musst. Der Tag war ziemlich heftig für dich. Du hast so viele Emotionen erlebt. Vielleicht irrst du dich und dann….“ Marron verschloss seinen Mund mit dem ihren. Sie war überrascht von ihrem Mut, doch sie hatte das Gefühl zu sterben, wenn sie ihn jetzt gehen ließ. Sie hatte keine Ahnung was sie tat, doch sie zog ihn mit sich zum Bett und ließ sich nieder. Sie hatte sich in seinem schwarzen Mantel vergriffen und würde ihn nicht loslassen. Chiaki stützte sich rechts und links neben ihrem Kopf ab, das Bett gab leicht unter ihrer beider Gewicht nach. Marron fuhr unter Chiakis Mantel und Hemd du spürte die heiße Haut darunter, jedes Haar hatte sich aufgerichtet und Marron wusste, er würde sie jetzt nicht mehr loslassen. Jede Berührung, jeder Kuss ließ Marron alles um sich herum vergessen. Irgendwann hatten sie sich soweit aufs Bett geschoben, dass auch Chiaki liegen konnte. Er stützte sich mit den Ellbogen ab und hielt Marrons Kopf in den Händen, strich ihr über Hals und Dekolletee, doch ging nicht weiter. Marron schob ihm ungeduldig den Mantel von den Schultern und machte sich dann an Chiakis Hemdknöpfen zu schaffen. Für einen kurzen Augenblick hielt er inne und sah Marron in die Augen. Sie waren leicht verklärt und er wusste, dass sie bereit war, ihm alles zu geben. Doch er hatte das Gefühl, er müsse etwas klar stellen. „Marron!“ Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihn, ihre Lippen waren geschwollen und leicht geöffnet. “Ich will, dass du weißt, dass ich dich wirklich liebe. Dass hier ist nicht nur Sex. Du kennst meine Geschichten, du kennst sie alle, aber das hier ist nicht dasselbe.“ Marrons Blick wurde klarer und er sah, dass sie sich zusammen nehmen musste. „Das musst du mir nicht sagen, Chiaki.“ Er küsste sie leicht auf den Mund. „Doch das muss ich, das will ich, denn ich weiß, dass du bereit bist mir alles zu schenken was du noch besitzt, was dir dein Onkel noch nicht genommen hat.“ Marrons Blick verdüsterte sich. „Marron , sieh mich an. Ich will, dass du weißt, dass ich das hier nicht nehme und nicht weiß, nicht zu schätzen weiß, was es dir bedeutet. Deshalb sag ich dir jetzt etwas, was du unbedingt im Kopf behalten sollst.“ Er strich sanft mit den Lippen über ihr Gesicht. „Das hier ist für mich auch so etwas wie das erste Mal, denn ich tu es das erste Mal nur aus Liebe.“ In diesem Augenblick brachen alle Dämme. Marron konnte nicht anders, als zu weinen. Doch sie beide wussten, dass Marrons Tränen weder aus Verzweiflung, noch aus Trauer flossen. Sie löste die letzten Knöpfe und befreite Chiakis Oberkörper von dem Hemd. Mit Marrons Kleid gestaltete sich das alles ein wenig schwieriger, doch Chiaki war geschickt und eindeutig erprobt, was Marron nicht als Makel sah.

Als sie beide unbekleidet waren, bugsierte Chiaki sie unter die bereits zerwühlte Decke. Er wusste, dass Marron sich wegen der Narben nicht mehr vor ihm schämte, aber er wusste wie zart die Seide sich auf der Haut anfühlte und er wollte, dass sie sich rund um wohl fühlte. Marron nackt zu sehen und berühren zu dürfen, war wie die Erfüllung eines lang ersehnten Traumes und er wusste, er würde sie nicht mehr loslassen. Wie hatte er so lange ein solches Leben führen können. Ein Leben, in dem er der Chemie zwischen zwei Menschen keine Beachtung geschenkt hatte. Womöglich hatte er einfach diesen einen Menschen gebraucht, der ihm zeigte, dass auch er lieben konnte.

Die Erfahrung die Marron in diesem Augenblick machte, war vergleichbar und doch so sehr anders. Chiakis Körper zu sehen und zu spüren erfüllte Marron mit einem solchen Glücksgefühl, sie hätte am Liebsten die Zeit angehalten. Sie hatte keine Vergleichsmöglichkeiten und doch war er der wunderschönste Mensch für sie, den es auf dieser Welt gab. Seine Nähe und seine Wärme speisten sie, seine Liebe gab ihr Kraft. Wie hatte sie leben können?

Als er in sie eindrang, fühlte sie sich geborgen und eins mit ihm. Schmerzen ertrug sie, Wut und Hass ebenso, doch dass was sie nun empfand, wog sie für all das Unrecht ihres Lebens auf.
 

Einige Zeit später, das Feuer glomm nur noch vor sich, regte Marron sich in Chiakis Arm. Sie räkelte sich wohlig wie eine Katze und wenn sie geschnurrt hätte, hätte es Chiaki nicht einmal gewundert. Er selbst empfand nicht anders. Sie rollte sich auf den Bauch und sah in sein Gesicht. „Du bist ja wach.“ Chiaki lächelte sie an und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Glaubst du wirklich, ich würde jetzt schlafen können. Es könnte doch sein, dass ich aufwache und alles war nur ein Traum.“ Marron schlug ihn leicht gegen die Schulter, dann küsste sie ihn. „Wenn es ein Traum sein sollte, möchte ich lieber sterben, als das ich aufwache, Chiaki.“ Sie küsste ihn erneut inniger. „Danke.“

„Du brauchst mir nicht zu danken, dass ist alles eigennützig.“ Er umarmte sie und zog sie zu sich heran. „und ich nehme mir das Recht zu sagen, dass ich darauf nicht mehr verzichten möchte.“ Sie lachte, als er ihr über Gesäß und Oberschenkel strich. „Du änderst dich nie, Perversling.“ Chiaki lachte ebenfalls, wurde dann jedoch ernst. „Weißt du, Marron. Selbst wenn du gesagt hättest, du willst mich nicht, ich glaube nicht, dass ich je wieder hätte lieben können. Und das aus meinen Munde.“ Ihr Herz setzte erneut aus und sie wünschte sich, dass es ewig so bleiben würde. Marron zog Chiaki über sich und lockte ihn mit ihrer Zunge und ihren Händen.

„Was deine Eltern wohl denken?!“ Chiaki knabberte an Marron Hals und gluckste leise amüsiert. „Glaub mir, die wussten was wir fühlen, bevor wir auch nur eine Ahnung hatten. Außerdem sind die in diesem Augenblick sicherlich mit ihren Gedanken ganz woanders.“ Marron lächelte und fragte sich insgeheim, ob sie mit Chiaki in einigen Jahren genauso sein würde. Ob es so bleiben würde zwischen ihnen. Chiaki bemerkte, dass Marron mit dem Gedanken woanders war und deutete sie richtig. „Wenn es nach mir geht, mein Engel, dann ist es noch in fünfzig Jahren so.“

Berührt gab sie sich ihm völlig hin und sie bereute diese Nacht nichts auch nur ein einziges Mal.

Familie und Freundschaft

„Marron!“

Überschwänglich hüpfte Miyako in ihr gemeinsames Schlafzimmer. Lächelnd sah Marron von ihrem Koffer auf, der fast schon zum bersten voll war. Sie würde Chiaki fragen müssen, ob er noch Platz in einem seiner hatte. Schließlich hatten sie das gleiche Ziel.

Miyako warf sich Marron an den Hals.

„Wir haben endlich die Schule hinter uns. Ist das nicht toll?“ Marron lachte. Miyako war schon seit einer Woche total aus dem Häuschen, da sie mit Yamato in die Stadt zog und dort als Komissarin in die Ausbildung ging. Yamato würde Banker werden. Marron konnte sich sehr gut vorstellen, wie Yamato hinter einem dicken Schreibtisch saß und sich um seine Kunden kümmerte. Sie gab Miyako einen Kuss auf die Wange. Die bevorstehende Hochzeit schien ihrer besten Freundin sehr gut zu tun, obwohl Marron in Miyako nie den sesshaften Typ gesehen hatte, aber sie hatte sich eindeutig geirrt. Der Antrag war sogar auf Miyakos Mist gewachsen. Sie war manchmal wie ein Tornado, der arme Yamato. Aber wenn er sie nicht ein wenig ausbremsen konnte, dann niemand.

Miyako schaute auf Marrons vollen Koffer. „Und bist du aufgeregt?“ Nachdenklich sah sie ebenfalls auf die letzten Sachen, die sie noch einräumen musste und dann wäre die Schulzeit vorbei. „Nein, irgendwie nicht.“ Sie grinste. „Chiaki ist ja dabei.“

Miyako musste schmunzeln. „Wer hätte gedacht, dass Chiaki Nagoya mal eine ernsthafte Beziehung mit jemandem eingehen würde. Noch dazu, dass ihr nun zusammen zieht und auch noch beide in dem Krankenhaus seiner Eltern anfangt.“ Scheinbar überfordert ließ sie sich auf ihr altes Bett fallen. „Nun, ich nicht!“

„Miyako, du darfst auch nicht vergessen, dass gerade eine Beziehung zwischen ihm und mir eher immer unrealistisch schien. Für uns alle, aber Gegensätze ziehen sich scheinbar an. Wie Yamato und du.“

Miyako verdrehte die Augen. „Wusstest du eigentlich, dass Yamato allen ernstes letztens von Kindern, einem Hund und so geredet hat? Absurd!“

Marron unterdrückte ein Grinsen. „Sei doch ehrlich, Miyako. Genau das willst du doch von ihm hören.“ Miyako lächelte und zuckte mit den Schultern, dann wurde sie jedoch wieder ernst.

„Du, Marron, ich muss dir noch etwas sagen. Etwas, was ich schon etwas länger für mich behalten habe.“

Marron runzelte die Stirn und setzte sich neben ihren Koffer. Miyako wirkte nervös und sie schaute nicht von ihren Händen auf. „Kannst du dich noch an den Abend erinnern, als ich deinen Rücken zum ersten Mal gesehen habe?“ Marron nickte, wie hätte sie es auch vergessen können? Damals war ihre Vergangenheit ein wenig von ihren Schultern gewichen.

„Ich habe tagelang deshalb nicht schlafen können und mich fürchterlich gequält, weil ich es nicht richtig fand, dass dein Onkel damit durch gekommen ist. Das niemand etwas bemerkt hat.“

„Oh Miyako. Ich wusste nicht…“ Miyako hob eine Hand, um Marron zum Schweigen zu bringen. „Hab kein Mitleid mit mir, oder was auch immer du gerade empfindest. Ich habe kurz darauf gehandelt!“ Nun war Marron nur noch verwirrt. „Ich habe mich mit meinem Vater in Verbindung gesetzt und dann…“, sie schluckte „…haben wir ihn angezeigt.“ Erschrocken fuhr Marron hoch. „Ihr habt was?“ Miyako sprach nun schnell, da sie Angst hatte, dass Marron ausrasten würde. „Kurz nachdem wir ihn anzeigten, haben sich viele Angestellte, Lehrer und Bekannte gemeldet, die plötzlich alle von den Misshandlungen gewusst haben sollen. Sie alle haben gegen deinen Onkel ausgesagt, sodass wir dich nicht mit hineinziehen mussten. Er hat sechs Jahre bekommen, weil er dich so lange…“ Miyako brach ab, weil sie es nicht aussprechen konnte, was er Marron angetan hatte. Marron wusste, dass dieses Strafmaß noch recht hoch war. Maximal war mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zu rechnen, doch sie als Opfer hatte sich nie gemeldet. „Aber was dich vielleicht interessieren wird: Er hat keinen Anwalt verlangt. Ich weiß nicht wieso, aber er hat sich sofort zu allen Vorwürfen bekannt.“ Marron hatte sich wieder gesetzt und blickte gedankenverloren in den Raum. Sie hatte sich immer gesagt, es wäre egal, sie würde es vergessen, aber das hatte so gar nicht gestimmt. Sie war zu feige gewesen, den letzten Schritt zu tun und nun hatte Miyako ihn gemacht. „Und es gibt noch etwas, was dich interessieren wird.“ Marron blickte auf. „Dein Onkel hat einen Sohn, den er wohl irgendwann ebenfalls schlecht behandelt haben muss.“ Marron riss die Augen auf. „Einen Sohn? Wie kann das sein? Ich habe jahrelang bei ihm gewohnt und habe nie etwas davon gewusst.“ Miyako nickte ernst. „Das mag daran liegen, dass dein Onkel ihn und seine Mutter verlassen hat, als er noch klein war. Ich glaube kaum, dass er seinen Vater sehen wollte. Wie gesagt, er hat ihm beinahe das Gleiche angetan, vor deiner Zeit.“ „Woher kennst du ihn, Miyako?“ Miyako wich Marrons Blick aus, was diese irritierte. „Nun ja, er hat ebenfalls ausgesagt. Ich weiß nicht, wie er davon erfahren hat und er hat immer abgeblockt, wenn ich versucht habe ihn zu fragen. Und….“, sie stockte, „… du kennst ihn auch.“

Verwirrt musterte Marron ihre beste Freundin. „Ich wüsste nicht….“ „Du wirst auch nicht drauf kommen, glaub mir.“

Ratlos zuckte Marron mit den Schultern und Miyako zögerte erneut. Sollte sie es sagen? „Es war Noyn.“ Marron wäre fast vom Bett gefallen. „Wie bitte? Das ist ein Scherz.“ Miyako schüttelte den Kopf. „Nein. Und er hat die ganze Zeit gewusst, wer du bist. Das hat er zumindest der Polizei erzählt und….er hat fast die gleichen Narben, wie du.“

Marron schlug die Hand vor den Mund. „Um Himmels Willen.“

Miyako stand auf und nahm Marron in den Arm. „Es tut mir Leid, dass ich eigenmächtig gehandelt habe, aber ich konnte ihn nicht davon kommen lassen und ich wusste, du würdest es dabei belassen.“ Marron nickte. Das hätte sie wirklich. „Wer weiß noch davon?“ Miyako tätschelte Marrons Hand. „Chiaki und Yamato. Glaub mir, es hat Chiaki fast zerrissen, weil ich ihm verboten habe etwas zu sagen. Dafür hat er sich mit Noyn ausgesöhnt und ihm gedankt. Das war das einzige, was er seiner Meinung nach tun konnte.“

Marron stiegen die Tränen in die Augen. Sie umarmte ihre Freundin. So konnte die Zukunft beginnen, mit einer Familie, die nie aufhörte zu wachsen und einer Liebe, die nie enden würde.
 

So ihr Schätze. Das war es mit dieser FF. Ich bin im Moment erleichtert, aber auch traurig, dass es vorbei ist. Ich habe noch andere Projekte, die mich voll einspannen und so…..

Nun ja, diese FF hat ja schon einiges an Zeit beansprucht. Irgendwann hat ja bekanntlich alles ein Ende.

So verbleib ich und wünsch euch alles Gute. Vielleicht sehen wir uns ja in einer meiner andern Geschichten ^^

Kuss



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Kommentare zu dieser Fanfic (244)
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Von:  Mina_the_Vampire
2013-08-27T09:51:53+00:00 27.08.2013 11:51
Ich habe sie grade zu ende gelesen und ich muss sagen ich bin begeistert ^-^
Anfangs war ich noch nicht so begeistert, aber je weiter ich gelesen hab, desto besser hat sie mir gefallen :)
Von:  Essi
2010-06-02T20:30:19+00:00 02.06.2010 22:30
Tolle FF ♥
Von:  Punika
2009-08-29T23:01:09+00:00 30.08.2009 01:01
Also ich muss sagen: Das war absolut super. Ich hab den ganzen Abend gelesen, weil ich echt gefesselt war. Konnte einfach nicht aufhören und bin nun richtig traurig, dass es schon vorbei ist. Eine wirklich wahnsinnig tolle FF! Mach weiter so.

Liebe Grüße
Punika
Von: abgemeldet
2009-06-17T19:13:55+00:00 17.06.2009 21:13
Oh nein
Schon zuende??????
Das war so schön zu lesen und ich war sofort gerührt
Und Noyn war WOW
Also du hast echt Talent dazu
Von:  JunAkera
2009-05-13T14:07:16+00:00 13.05.2009 16:07
OMG das mit Noyn find ich jetzt noch toll ;_;
das hast echt genial eingebaut - ich liebs total ;__;°

wirklich - ich kann nur nochmal erwähnen ich bin absolut begeistert von dieser FF!!!!! ich lieb sie!! :3
DANKE dass du sie geschrieben hast :3
ich kann mir sehr gut vorstellen wieviel Arbeit das für dich war! aber ich finde es hat sich sowas von gelohnt - du hast wirklich etwas ganz besonderes "fabriziert"!!! *luv*
Von:  JunAkera
2009-05-13T14:01:07+00:00 13.05.2009 16:01
omg noch mehr Herzklopfen XD°
einfach toll - mega toll - mega luvs!!
AWWWWEEE
ich liebe diese FF <3
Von:  JunAkera
2009-05-13T13:01:30+00:00 13.05.2009 15:01
okay ;_;
das ist einfach nur mega süss >o<
eigentlich wollte ich die FF nie aus den Augen verlieren und jetzt seh ich dass sie schon abgeschlossen ist *seufz*

*die Kapitel nachlesen muss die ich nicht gelesen hatte* >o<
das Kapitel ist wirklich der absolute Wahnsinn!!
Ich liebe die nächtliche Szene *zu gerne Zeichnen würde* >o<
ich hatte Herzklopfen wie blöd! Und Gänsehaut dazu :3
richtig toll!!
ich liebe deinen Schreibstil dermassen ♥
Von: abgemeldet
2009-02-06T21:32:45+00:00 06.02.2009 22:32
ohmann...so schnell kanns zu ende sein T.T
aber es war sooo toll, würde mich freuen, falls du nochmal eine ff zu kkj verfassen würdest, kann einfach nicht aufhören deine ffs zu lesen :)
einfach klasse :D weiter so
lg, Tatjana
Von: abgemeldet
2009-02-04T21:55:29+00:00 04.02.2009 22:55
Sie ist schon Ende? T__T
Whäää T___T
Dabei hat man gar nciht erfahren was mit Noyn eigentlich los war...
*grummel*

Naja super war sie natürlich trotzdem!
Ich werd sie furchtbar vermissen Q__Q
Von:  Sakura-Jeanne
2009-02-04T17:23:54+00:00 04.02.2009 18:23
ein hamer geiles ende
gibt esw eine fortzetzung von dieser ff


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