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Gefangen in der Dunkelheit

ohne Fluchtweg in einer fremden Welt
von

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Sackgasse

[Uruhas POV]

Am Abend bei uns zu Hause geht es ihm immer mieser. Er hat sogar leicht erhöhte Temperatur und mittlerweile redet er gar nicht mehr. Zwar reagiert er noch auf uns, aber trotzdem macht sich Fumiko unglaubliche Sorgen. Vielleicht hat er sich ja etwas eingefangen, heute im Krankenhaus.

Ich streiche ihm die Haare aus der Stirn und wechsle den Lappen auf seiner Stirn und die Wadenwickel. Eigentlich sollte er eben seine Schlaftabletten nehmen, doch dafür geht es ihm zu schlecht. Er will weder trinken noch essen. Vor Stunden hat er gemeint, es würde eh alles wieder raus kommen wollen. Und dass er keine Lust auf so etwas hat. Und selbst die Tabletten gegen die Übelkeit helfen nicht.

Ich weiß nicht ob er morgen mit in die Schule kommt, da es ihm wirklich nicht gut geht. Sogar Fumiko wollte ihn direkt ins Krankenhaus bringen, als sie ihn gesehen hatte. Er ist einfach unglaublich blass und man sieht ihm direkt an, dass etwas nicht stimmt.

Wie es aussieht, wird er wieder wacher, auch wenn er noch kein Stück geschlafen hat.

Sie haben mich alleine gelassen. Nur damit sie sich vergnügen können, wieder bleibt alle Arbeit an mir hängen! Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass es wie eine Strafe für das ist was ich Reita die letzten Wochen angetan habe.

Und es fällt mir so schwer nicht sauer auf Ruki zu sein. Dabei weiß ich genau, dass ihn keine Schuld trifft.

„Geht es wieder etwas?“, frage ich flüsternd nach.

Er nickt und lehnt sich an meine Hand, als ich sie auf seine Wange lege.

„Du bist aber immer noch total warm. Willst du etwas Bestimmtes haben?“, erkundigt er sich.

Er wird ja hoffentlich langsam Hunger haben. Oder wenigstens Durst.

„Nein“, nur ein kleines Murmeln.

„Kannst du nicht schlafen?“

Er nickt und senkt den Blick.

~

Auch am Morgen ist er nicht wirklich fit. Er will jedoch unbedingt in die Schule und er wehrt sich verbissen gegen uns. Seine Schwester hat Ruki, Aoi und mich gefahren. Sie hat auch Angst um ihn, ich weiß es. Es ist einfach so unglaublich schwer zu sagen, ob das jetzt mit der Schule so eine gute Idee war.

Als wir den Schulhof halb überquert hatten, läuft uns Ruki weg.

„Sollen wir nachgehen?“, fragt Aoi unsicher nach.

„Lass ihm ein paar Minuten. Dann gehen wir mit ihm zum Schularzt“, versuche ich Aoi zu beruhigen.

Selbst wenn wir ihm direkt hinterher rennen würde es ja keinen Unterschied machen. So wie er sich verhält ist er sowieso nur zu den Toiletten gelaufen.

Warum Ruki plötzlich wieder wie früher ist, kann ich nur vermuten. Auch wenn ich darauf vertraue, dass der Psychologe ihn über Wasser halten kann, dass er nicht irgendwann an seinen Tränen ertrinkt.

Um ehrlich zu sein, ich will nicht wissen, wie es in seinem Inneren aussieht. Auch wenn ich es eigentlich zu genüge wissen müsste. Und wahrscheinlich macht es die Sache nicht besser, dass er jetzt wieder ganz normal zur Schule muss. Immerhin hat ihn seine alte Schule erst so traumatisiert und da helfen auch keine 2 Monate in der Psychiatrie um ihn stabiler zu machen. Warum nur wurde einer vorzeitigen Entlassung zugestimmt?

Wobei ich die Frage lieber nie laut stellen sollte, denn ich wurde ja auch einfach so aus dem Krankenhaus entlassen. Und wenn man sich die Arme aufschneidet und Tabletten überdosiert, dann ist das ein eindeutiger Selbstmordversuch. Und eigentlich hätte ich direkt in die Geschlossene gemusst. Aber ich will da einfach nicht hin, schließlich müsste ich dann auch einen Entzug machen und das will ich einfach nicht.

Langsam schlendere ich mit Aoi zu den Toiletten und tatsächlich, man hört unterdrückte Schluchzer aus der letzten Kabine.

„Ruki-chan? Kommst du bitte raus?“, bitte ich den Kleinen.

Die letzte Kabinentür öffnet sich und Ruki kommt raus. Er krümmt sich immer wieder vor Schmerzen.

„Was ist los?“, besorgt gehe ich zu ihm.

„Meine Schulter“, nur ein kleines Wimmern, kaum verständlich.

Er bricht weinend vor unseren Augen zusammen. Aoi steht der Schock ins Gesicht geschrieben, doch ich bleibe ruhig. Denn Sorgen helfen Ruki am aller wenigsten und einer muss ja den kühlen Kopf bewahren.

Und was das betrifft habe ich einfach schon zu viel erlebt, da bringt mich ein weinender Ruki auch nicht mehr aus der Fassung.

„Aoi hilf mir mal“, fordere ich ihn auf.
 

Gemeinsam schaffen wir es Ruki zum Schularzt zubringen. Mittlerweile hatte er sich noch zweimal übergeben, wahrscheinlich wegen den schier unendlichen Schmerzen. Wobei ich noch nicht einmal weiß, ob er tatsächlich Schmerzen hat? Oder ist es nur die Psyche, die ihm Schmerzen vorgaukelt?

Die Tabletten machen mich einfach so unglaublich gleichgültig und ruhig und das geht mir jetzt schon gewaltig gegen den Strich. Als würden die mich tatsächlich daran hindern so weiter zu machen wie bisher!

„Ruki?! Was ist passiert?“, fragt der Schularzt überrascht.

„Er ist zusammengebrochen“, antworte ich.

„Du bist ja auch wieder da Uruha?!“, meint er erstaunt.

„Sieht so aus. Können sie vielleicht unsere Mutter anrufen? Ich glaub es ist das Beste, wenn Ruki nach Hause geht“, erwidere ich.

„Was ist denn genau passiert?“, fragt er ungeduldig nach.

„Gestern war ihm schlecht und dann hatte er eine erhöhte Temperatur bekommen. Heute morgen ging es ihm besser. Naja eben ist er zusammengebrochen und hat gemeint, seine Schulter tut wieder weh. Und auf den Weg hierher hatte er sich mehrfach übergeben müssen“, erzähle ich ihm.

„Aoi geh mal bitte zu seiner Klassenlehrerin“, fordert er Aoi auf.

Warum schickt er ihn jetzt raus?! Will er etwa mit mir alleine reden?
 

Aoi verschwindet und lässt mich alleine zurück.

„Seelisch alles okay bei dir?“, will der Arzt wissen.

„Ansonsten wäre ich ja nicht hier. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen“, entgegne ich genervt.

Ihn geht es nichts an und ich weiß sobald ich etwas falsches sage wird sofort Fumiko angerufen. Und dann komm ich wahrscheinlich nicht um die Psychiatrie drum rum.

„Und mit Ruki?“, was soll schon mit ihm sein?

Zögerlich antworte ich: „Gar nicht gut. Anfangs ging es ihm prächtig. Aber momentan kann man froh sein, wenn er überhaupt lacht.“

Ich möchte dem Kleinen auch nicht zu Nahe treten mit meinen Aussagen.

„Setzt ihn am Besten etwas auf die Liege. Ich glaube nicht, dass er etwas Ernstes hat“, versichert mir der Arzt.

„Ruki, möchtest du die erste Stunde hier bleiben?“, frage ich.

Er reagiert überhaupt nicht und es fällt mir schwer ihn dazu zu bringen sich auf die Liege zu setzen. Scheinbar hält ihn die innere Unruhe auf den Beinen. Vor was hat er nur solche Angst? Was haben sie ihm an der alten Schule bloß angetan, dass er sich noch nicht einmal im Krankenzimmer sicher fühlt?

„Er hat nur ein einfaches T-Shirt und die Schuluniformjacke an, oder?“, erkundigt sich der Arzt.

„Ich hoffe es gibt keinen Ärger“, und dieses hoffe ich wirklich.

Eigentlich müssen wir ein Hemd anziehen, aber Ruki wollte das heute Morgen nicht. Er hatte es keine 5 Minuten in diesem ausgehalten und das nur weil ihm scheinbar der Kragen zu eng ist? Auf jeden Fall hatte er erst ein Problem damit, als ich ihm die Krawatte umgebunden hatte.

„Zieh ihm mal bitte die Jacke aus“, fordert mich der Arzt auf.

Seufzend ziehe ich ihm diese aus und stutze als ich die roten Striemen an seinem Arm sehe.

„Macht er das öfters?“, fragt er verdutzt nach.

„Definitiv nicht! Gestern war das noch nicht da“, erwidere ich hektisch.

Stirnrunzelnd hebe ich sein Kinn an und gucke ihm tief in die Augen, aus denen sich sofort ein paar Tränen schleichen. Ich glaube nicht, dass er sich absichtlich verletzt hat. Wenn er wirklich Flashbacks gestern hatte, dann ist das auch der Grund für die Schmerzen in der Schulter. So etwas verschwindet nicht nach einem Tag. Und ich bin der festen Überzeugung, dass er aus Verzweiflung das ganze getan hat.

Und die Striemen sind ja jetzt auch kein Weltuntergang. Ob er sich eben auf der Toilette selbst verletzt hatte? Aber mit was hat er sich diese zugefügt? Immerhin war er ja nicht so lange alleine und seine Fingernägel sind extra so kurz geschnitten, dass er sich eben nicht damit so leicht aufkratzen kann.

„Hey ist nicht schlimm. Komm hör jetzt auf zu weinen“, fordere ich ihn auf.

Warum nur will er einfach nichts sagen? Oder hat er daheim gelernt, dass nichts sagen einen vor Bestrafungen schützt?

Ich nehme zaghaft seinen Arm und winke den Arzt heran.

„Was denken sie, sollen wir jetzt tun?“, frage ich vorsichtig nach.

„Nichts. Ich verbinde es ihm und dann kann er selbst entscheiden, ob er nach Hause will oder nicht. Hat er seine Beruhigungstabletten und alles dabei?“, mit Tabletten ruhig stellen?!

Ich nicke und beiße mir auf die Unterlippe.

„Danach geht es ihm bestimmt besser. Er kann sich ja eine halbe Stunde hinlegen, aber so schlecht geht es ihm auch nicht. Er ist nur etwas durch den Wind“, meint der Arzt.

Auf einmal sackt Ruki gegen mich.

„Uru“, flüstert der Zwerg.

„Ruki, was ist los?“, erkundige ich mich.

„Mir ist nur eiskalt“, flüstert er.

„Siehst du Uruha, ihr unterschätzt Ruki. Er will sicherlich nicht so umsorgt werden. Vertraut ihm etwas mehr, es bringt nichts ihn zu verhätscheln. Er kennt es nicht von zu Hause aus, er muss sich auch erst an alles gewöhnen. Auch wenn er vielleicht anhänglich scheint, lasst ihm etwas mehr Freiraum“, weist der Arzt mich zu Recht.

„Er gibt uns aber immer wieder Gründe, damit wir ihn bemuttern“, rechtfertige ich mich.

„Ruki, willst du nach Hause?“, fragt der Arzt an Ruki gewandt.

„Es geht schon. Wäre aber schon nett, wenn ich einen hübschen Verband bekommen könnte“, flüstert er.

Scheinbar ist er tatsächlich ein ganzes Stück ruhiger mittlerweile.

Ich lasse den Arzt die Wunden desinfizieren und dann verbinden.

Und just in diesem Moment geht die Tür auf und unsere Klassenlehrerin kommt alleine rein.

„Was ist passiert?“, fragt sie besorgt nach.

„Ruki ging es eben nicht gut, aber jetzt geht es wieder“, antworte ich.

„Das ist schön zu hören. Wollt ihr zwei jetzt die Arbeit nachschreiben?“, fragt sie mit einem Lächeln nach.

„Ja“, flüstert Ruki.

Warum redet Ruki nur so leise? Oder tut ihm etwa der Hals weh, weil er sich eben übergeben musste? Es ist so schwierig sein Schweigen richtig zu deuten.

Wir schreiben heute zwei Arbeiten, wie es scheint. Schon blöd, und das nur wegen mir. Ich kann froh sein, wenn ich überhaupt wieder den Anschluss finde. Und ich weiß noch nicht einmal, ob ich überhaupt den Anschluss finden will. Aber ist es nicht die Schule, die mich vor einem kompletten Absturz bewahren?

~

Nach der Klassenarbeit gehe ich mit dem Winzling Richtung Klassenzimmer, wo uns die nächste Arbeit erwartet, wir sind spät dran. Ruki ist blasser geworden, nur seine Wangen und seine Stirn ziert ein leicht roter Ton, ich hoffe, er weiß was er da macht.

Am liebsten wäre ich jetzt bei Aoi.

Ich sollte nur so früh wieder in die Schule, damit ich nicht auf dumme Gedanken komme.

Als wir endlich fertig sind, sind die anderen schon längst im Sportunterricht. Ruki zittert zusehends immer mehr und die Lehrerin legt ihm besorgt die Hand auf die Stirn, als er die Arbeit abgeben will.

„Takashima-san bitte bringen sie ihn auf das Krankenzimmer, ich rufe ihre Mutter an“, teilt sie mir mit.

Von Ruki sind keine Einwände zu hören, also platziere ich einen Arm an seiner Schulter und den anderen an seinen Kniekehlen um ihn hochzuheben.

Eigentlich darf ich die Arme noch nicht stark belasten, eigentlich. Warum habe ich ausgerechnet versucht, mir die Pulsadern aufzusäbeln? Und die ganzen Schlaftabletten dazu. Und trotzdem bin ich noch auf freiem Fuß, komisch.

Es zieht unheimlich in meinen Armen, als ich ihn die Gänge entlang trage.

Mittlerweile hat er die Augen zu und scheint friedlich zu schlafen. Feine Schweißperlen rennen sein Gesicht hinab, sie sehen aus wie Tränen. Ich hoffe, dass sie schnell kommt. Er braucht einen Arzt, dringend. Seine Tabletten sind in meiner Tasche, die sich aber leider nicht bei mir befindet.

„Ru, wo bin ich?“, will er verwirrt wissen.

„In der Schule?“, erwidere ich.

Er kneift die Augen zusammen und besorgt bleibe ich stehen. Wie weggetreten ist er, dass er noch nicht einmal das hässliche Schulgebäude erkennt?

„Was hast du, Ruki?“, stochere ich nach.

Er murmelt immer wieder etwas ganz leise vor sich her und kneift die Augen zusammen.

So schnell ich kann, renne ich mit ihm zum Schularzt, klopfe an und trete hinein.

„Was ist denn los?“, verwundert blickt er von seinen Unterlagen auf.

„Ruki geht es nicht gut! Bitte passen sie auf ihn auf“, fordere ich ihn auf.
 

Die ersten Tränen rollen meine Wangen hinab, als ich ihn auf die Liege lege und raus stürme. Das Rufen des Arztes versuche ich auszublenden, ich laufe und laufe, laufe und laufe.

Ich kann das alles einfach nicht mehr.

Ich kann mich nicht mehr um andere Personen kümmern.

Die Lehrerin begegnet mir, versucht mich festzuhalten, doch ich laufe und laufe. Ich will hier weg, weg von der Aussichtslosigkeit. Ich kann Ruki nicht helfen, kann ihn nicht beschützen. Egal wie sehr ich mich abmühe, ich kann niemandem helfen. Immer falle ich allen zur Last.
 

[Blackout]
 

Ich weiß nicht wie ich hierher gekommen bin, aber ich stehe vor seiner Zimmertür. Zitternd öffne ich sie, sehe in seine verwunderten Augen. Angst schnürt mir die Kehle zu. Das Atmen fällt mir schwer und ich habe das Gefühl zu Ersticken. Wie bin ich zum Krankenhaus gekommen? Wie viel Zeit ist vergangen?

Habe ich mir unterwegs was eingeworfen?

Dein Grinsen weicht der Unverständnis, der Sorge. Du ziehst mich in dein Zimmer, legst mir deinen Arm beschützend um die Schulter.

„Ruhig Uruha. Magst du darüber reden?“, vorsichtig streichst du mir die Haare aus dem Gesicht.

Ich verneine die Frage und versuche mich zu beruhigen.

„Gut. Müsstest du nicht in der Schule sein?“, erkundigt sich Reita mit ruhiger Stimme.

„Bin abgehauen“, gebe ich kleinlaut zu.

„Ich ruf einmal dort an. Sie machen sich sicherlich Sorgen“, sicherlich nicht.

Er zieht mein Handy aus meiner Hosentasche und tippt darauf herum, hält es sich dann ans Ohr. Ich winde mich aus seinem Griff und lege mich auf das Bett. Meine Lungen schmerzen. Das Telefongespräch bekomme ich kaum mit.

Und egal was passiert, er ist und bleibt mein Fels in der Brandung. Bei ihm fühle ich mich automatisch sicher.Aber trotzdem schaffe ich es nicht für Reita und Aoi clean zu bleiben.

„Aoi holt dich nachher ab, wenn du willst“, ein aufmunterndes Lächeln.

Ich nicke als Antwort.

„Willst du heute noch einmal nach Hause?“, fragt er nach.

Ich schüttele den Kopf.

„Ist es wegen Ruki?“, fragt er.

Und schon wieder weiß er direkt was mich getriggert hat.

„Er hat Fieber, wie es scheint. Vielleicht sollte ich doch zurück in die Schule“, laut seufze ich.

Ich lege den Unterarm auf meine Stirn und gucke die Decke an.

„Vergiss es. Versuch du dich erst einmal zu beruhigen“, ich bin doch ruhig, oder?

Auf jeden Fall ruhiger als eben, aber trotzdem rast mein Herz noch.

„Wann kommst du nach Hause?“, versuche ich das Thema zu wechseln.

„Donnerstag, das weißt du doch“, erwidert er.

„Ich vermiss dich“, ehrlich.

„Die Ärzte wollen nur sichergehen, dass ich gesund bleibe. Außerdem hast du mich doch bald wieder nur für dich“, versichert er mir.

„Meinst du ich soll ein Taxi nach Hause holen?“, frage ich leicht eingeschüchtert nach.

„Wieso?“, hakt er nach.

„Schlaf. Oder so“, war ja nur eine Idee.

Ich fühle mich so schrecklich durch den Wind und ich glaube das liegt an der derzeitigen Medikation. Die dämpft so schrecklich und mir fällt es gerade so unheimlich schwer mich selbst zu verstehen.

„Komm wir gehen einmal runter und dann lassen wir dir eins rufen. Und wenn du erst einmal daheim bist, nimmst du ein heißes Bad und entspannst dich“, schlägt er vor.

Ich lasse mir von ihm aufhelfen und zusammen gehen wir schweigend runter zur Anmeldung. Dort lässt er die Dame ein Taxi für mich rufen. Mit einem Lächeln steckt er mir Geld zu.

„Pass auf dich auf. Und ruf mich bitte an, wenn du wieder zu Hause bist“, bittet mich Reita mit gerunzelter Stirn.

Ich nicke und gucke ihn einfach nur unsicher an.

„Da ist schon dein Taxi, dann bis Morgen und richte den anderen schöne Grüße aus“, meint Reita.

„Mach ich“, erwidere ich mit brüchiger Stimme.

Mit einem traurigen Lächeln umarme ich Reita und drücke ihm einen kurzen Kuss auf die Wange.

„Werde wieder gesund“, bitte ich ihn.

Mir ist auf einmal eiskalt und am liebsten würde ich bei Reita bleiben. Ich kann jetzt nicht heim. Ich will keinen Ärger bekommen.
 

Mit Tränen in den Augen verschwinde ich. Die Angst wächst immer mehr, ich möchte zurück. Ich gebe nicht nach, steige ins Taxi und nenne ihm die Adresse. Die Fahrt dauert ungewohnt lang. Als wir endlich da sind, bezahle ich und stürme aus dem Taxi, habe immer noch Angst vor älteren Männern.

Und ich frage mich, ob diese Angst jemals verschwinden wird.

Fast panisch renne ich zur Tür, klingele Sturm. Die Angst steigt, keiner öffnet. Mit bebendem Körper renne ich zum Seiteneingang, klingele bei seiner Großmutter Sturm. Diese öffnet, ein Lichtblick. Schnell drücke ich mich an ihr vorbei und lasse mich auf dem Boden nieder.

„Uruha...?“, spricht sie mich an.

Ich nicke nur, versuche meinen rasselnden Atem zu beruhigen.

„Komm steh auf, wir gehen dann wieder nach vorne zu Ruki“, fordert sie mich auf, „Was ist denn los?“,

„Nichts...“, erwidere ich.

„Uruha, sonst erzählst du mir auch fast alles“, hakt sie nach.

„Reita wollte das ich ein Taxi nehme. Und“, meine Stimme fängt an zu beben, bricht.

Unter großer Anstrengung schaffe ich es in das Wohnzimmer von uns, lasse mich dort auf der Couch nahe Ruki nieder. Ich kann ihr nicht von der Angst erzählen.

Dann müsste ich ihr auch erzählen warum ich weggelaufen bin und das mich der Taxifahrer an all das erinnert hat, was ich einfach nur noch vergessen will.

„Uruha?“, fragt Ruki leise nach,

„Ruki, nicht“, bringt sie ihn zum schweigen.

Liebevoll nimmt sie mich in den Arm, streicht mir die Haare aus der Stirn und redet beruhigend auf mich ein.

„Ruki geh mal bitte hoch seine Tabletten holen. Und etwas zu trinken, bitte“, fordert sie den Kleinen auf.

„Hunger“, murmele ich.

„Hattest du heute noch nichts?“, fragt sie nach, „Wenn Ruki wieder da ist, mach ich dir etwas. Und jetzt beruhige dich erst einmal.“

Und genau das kann ich nicht. Dafür ist die Angst einfach zu präsent.

„Ich sollte Rei anrufen“, teile ich ihr mit.

„Bleib sitzen, ich hol dir das Telefon“, antwortet sie.

Sie verschwindet kurz und kommt Zeitgleich mit Ruki wieder. Sie drückt mir den Hörer in die Hand und seufzend wähle ich seine Handynummer. Obwohl ich so oft mit Fumiko aneinander gerate, komme ich mit Reitas Oma wunderbar aus. Aber sie trägt ja auch nicht die Verantwortung für mich und muss niemanden erklären, warum ich immer noch Drogen nehme und einfach nicht davon loskomme.

„Rei“, meine ich nach dem Klacken im Telefon.

„Ist alles In Ordnung?“, fragt er besorgt nach.

Ich verneine seine Frage und schließe die Augen.

„Mach mir keine Sorgen, bitte Uruha“, fordert er mich auf.

Ich beginne wieder am ganzen Körper zu zittern und die ersten Tränen fließen über meine Wangen. Hilflos drücke ich Ruki das Telefon in die Hand und hole die Tablettenschachteln, drücke mir die Tabletten raus und spüle sie mit dem Wasser hinunter. Die Bedarfsmedikamente sind so schrecklich eklig.

„Willst du ihm noch etwas sagen, Uruha?“, verwirrt schaue ich Ruki an.

„Er soll sich keine Sorgen machen“, meine ich leise.

Ich stehe auf und gehe nach oben, lege mich dort auf das Bett. Ich hasse es. Ich hasse alles.

Und am meisten hasse ich die Tatsache, dass ich immer noch am Leben bin.

~

[Ruki's POV]

„Ich habe Angst“, meine ich zu Reita.

Was ist nur mit Uruha los? Er ist so schrecklich aufgelöst und ich habe ein ganz schlechtes Gefühl. Was ist wenn er sich etwas antut?

Besorgt meint die Oma zu mir: „Ruki ich geh einmal nach ihm gucken. Bitte bleib hier unten.“

Und schon verlässt sie gehetzt das Zimmer.

„Ganz ruhig kleiner. Es wird schon nichts passieren“, versichert mir Reita.

Aber ich höre genau, dass auch er unsicher ist und eben nicht alles okay ist. Und er sich genauso Sorgen macht.

Laute Schreie ertönen von oben, Schluchzer entweichen mir.

„Bitte geh etwas raus oder wenigstens zu meiner Oma in die Wohnung“, bittet er mich.

„Hab aber nur Schlafanzug an“, irgendwie ist mir das peinlich.

„Zieh dich um und dann gehst du“, meint er fordernd.

Ein stetiges Tuten erfüllt die Stille. Seufzend lege ich auf, lege mich auf die Couch und decke mich zu. Warum hat er einfach aufgelegt? Ist etwa eine Schwester in sein Zimmer gekommen? Ich höre die beiden oben diskutieren und kurz darauf höre ich Uruha würgen und den Wasserhahn.

Also ist doch etwas passiert?

Warum nur wurde er entlassen und das obwohl es ihm definitiv nicht gut geht?

Ich ziehe die Decke bis zu meinem Kinn und versuche die Angst auszublenden. Sie hätten ihn nicht hierhin gelassen, wenn sie mit der Situation nicht klar kämen. Oder etwa doch?

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Disclaimer: Nichts mir, Nichts Geld
 

Hier ist das 18. Kapitel mit etwasVerspätung, sorry ^^"

Ich hoffe es gefällt wem.

Nächstes Kapitel ist wieder in einer anderen Sicht geschrieben(am meisten wieder Ruki xD).

Naja die Lage spitzt sich bald wieder zu
 

15.01.2019:

2615 → 3631 Wörter



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