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Modern Fairytale

Hänsel & Gretel
von

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Welchen Weg?

Welchen Weg?
 

Das Fluchen und Drohen von Lisa interessierte die beiden nicht länger. Ohne auch nur zurück zu blicken, verließen sie den Hof.

„Tut mir leid, dass du meinetwegen so viel Stress hast. Eigentlich wollte ich dir beweisen, dass ich mein Leben allein hinbekomme. Doch die ganze Zeit musst du mir hinterherlaufen, weil ich nichts auf die Reihe bekomme und…“

„Jetzt mach dich deswegen nicht verrückt. Du bist meine kleine Schwester, da ist das hier doch selbstverständlich.“

Amy hatte schreckliche Schuldgefühle. Doch die Worte von Evan bauten sie nicht gerade auf. Aus irgendeinem Grund war sie enttäuscht von dem, was sie hörte ‚Eine Selbstverständlichkeit?’

Evan sah ihr im Gesicht an, dass ihr noch mehr auf dem Herzen lag, doch wollte er sie im Moment etwas ablenken.

„Du hast nicht zufällig einen Atlas in deiner Tasche?“ fragte er etwas verlegen.

„Wozu das denn jetzt?“

„Naja weißt du…“ er räusperte sich „…ich hab keine Ahnung wo wir sind.“

Amy sah ihn entsetzt an.

„Und du glaubst in einem Atlas wäre der Weg zu sehen? Da sind doch bloß Flüsse, Berge und das Zeug zu erkennen. Was du brauchst, ist ein Navi!“

„Sagst du mir vielleicht auch, wo ich den herbekommen soll?“ Evan war genervt.

„Supermarkt!“ gab Amy trocken zurück.

„Keiner da!“

„Tankstelle!“

„Keine zu sehen!“

„Internet!“

„Ohne Computer, ohne Lieferant!“

„Dann nimm das Handy – Auskunft!“

„Ohne Ladegerät, im Auto!“

„Dann holen wir’s ab!“

„Verfahren schon vergessen?“

„Na dann…..“

Evan hielt ihr die Hand vor den Mund, das Gespräch könnte ewig so weitergehen und doch jedes Mal in eine Sackgasse führen.

„Weißt du was, ich komm mir vor wie Hänsel und Gretel: Zwei Geschwister, von den Eltern verstoßen, allein. Nur dass wir erst bei der alten Hexe gelandet sind und uns dann verlaufen…ähm….verfahren haben. Schon seltsam, oder?

Evan antwortete nicht.
 

Amy begann die Landschaft draußen zu beobachten, doch bei Regen und im Dunkeln sah jeder Zentimeter gleich aus, als wolle die Welt ihr den Blick auf jeden kleinen Hoffnungslichtpunkt verwehren. Doch es dauerte nicht lange und sie ließ es zu, Amy schloss die Augen und ließ den Schlaf die Überhand gewinnen.

Evan musste sich davon abhalten sie ständig anzusehen und zwang sich auf die Straße zu achten. Nach einer Stunde sinnloses Herumirren hielt er an einer Raststätte und versuchte auch zu schlafen. Doch waren seine Gedanken unentwegt bei dem kleinen Mädchen neben ihm. Das Mädchen, das Disneyfilme und Märchen liebte, sich ständig neue Wörter ausdachte, einfach überall schlafen konnte, mehr Probleme als Freude hatte. Das Mädchen, das ihn seit Jahren keine Ruhe lässt, ihn wach hielt, ihn Sorgen machte, zum Nachdenken und Zweifeln brachte. Das Mädchen, das ihn nicht schlafen ließ, nie. Das Mädchen, das seine Schwester ist. Woran dachte er nur die ganze Zeit, musste er sich wohl ehr Gedanken darüber machen, was er jetzt tun sollte. Mit ihren Eltern sprechen? Abhauen? Doch stattdessen machte er sich Sorgen darüber, ob Amy frieren würde….

Amy fror nicht, sie trümte, doch erkannte sie keine Bilder: Sie war durcheinander, fühlte sich hin und her gerissen, es tat weh, sie wusste nicht weiter. Etwas rüttelte sie aus ihrem unruhigen Schlaf, eine Stimme forderte sie, doch Amy verstand sie nicht. Angst vorm Ungewissen. Angst allein zu sein.! Angst etwas zu verlieren! Es nicht wieder zu finden! Etwas fleht sie an zuzuhören.

Doch plötzlich Stille, alles schweigt. Selbst die Dunkelheit zieht sich zurück, Wärme, Licht, Geborgenheit. Als Amy die Augen endlich öffnet, ist es immer noch mitten in der Nacht, doch brauchte sie nur wenige Sekunden um zu erkennen, welches Licht sie geweckt hatte.

Evan strich ihr langsam über die Lippen, dann gab er ihr noch einen sanften zögerlichen Kuss. Amy schloss erneut die Augen. Doch kein Traum, Realität, ihre Realität, wieder wie jedes Mal bei ihm dieses Kribbeln unter der Haut. Ihr Bruder?

Sie hörte ihn, sie spürte ihn ganz nah, jede Berührung war echt. Realität, kein Märchen. Es war seine Stimme, die ihn befreite.

„Wir sind nicht wie Hänsel und Gretel, denn die beiden gingen wieder nach Hause.“……….
 


 


 

-ENDE-



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