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Filth

[Fortsetzung zu "Wie früher..."]
von

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..Let's see a movie, holding hands like I promised you

Saying farewell in this evening before the apples and strawberries go rotten

The dream stretches forth, while we're kissing like I promised you

Saying farewell to you let's enjoy the Last Supper...

[Dir en Grey: Filth]
 

'Nach Wochen der Ungewissheit für tausende von Fans, ließ das Management der Rock-Band Dir en Grey am Vortag verlauten, dass Sänger Kyo und Gitarrist Die nach dem Überfall durch einen Fan beide wohlauf sind. Noch immer gibt es nur Spekulationen darüber was genau an diesem besagten Tag geschehen ist, doch klar ist, dass die Band vorerst eine Pause machen wird...'
 

Die aufgeschlagene Tageszeitung liegt vor mir auf dem kalten, weißen Tisch. Fünf Wochen sind seit dem Tag vergangen. Fünf Wochen ohne dich, fünf Wochen der endlosen Gespräche, der anklagenden Blicke, der Verständnislosigkeit. Wie sollten sie auch verstehen, was nichtmal ich selbst begreifen kann?
 

Bereits nach einer Woche wurde ich als unzurechnungsfähig erklärt. Nun sitze ich hier, tagein tagaus, starre an die Wand, denke nur an dich und muss so tun, als würde mich das Gerede der Psychiater in irgendeiner Weise interessieren. Ohnehin bin ich so betäubt von den Beruhigungsmitteln und anderen Medikamenten, dass es mich wundert, dass ich mich überhaupt noch an etwas erinnern kann. Manchmal, nachts, wenn ich einmal nicht an dich denke, Kyo, dann wünsche ich mir, ich könnte wieder Gitarre spielen und mit euch allen auf der Bühne stehen. Jetzt kommen mir die Erinnerungen daran vor wie ein Traum, lange vergangen und unerreichbar.
 

... wenn ich so lange nicht spiele, verlerne ich noch alles... wie soll das nur weitergehen, wenn wir endlich wieder zusammen spielen? Das werden wir doch bald, oder, Kyo? Und wenn ich nicht mehr gut genug spiele, wird Kao wütend...
 

Kaoru. Ihn habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen. Auch die anderen sind bisher nie gekommen, um mich zu besuchen. Warum wohl? Wenn ich versuche über den Grund nachzudenken, wird mir schwindelig und schwarz vor Augen, also lasse ich es lieber. Das ist eine Sache, die ich bereits gelernt habe. Ob sie dich wohl besuchen, Kyo? Das tun sie sicher, sie werden kaum von deiner Seite weichen, obwohl du das bestimmt garnicht willst. Du willst lieber allein sein, wolltest du schon immer, du magst keine Menschen. Wir sind doch meistens die einzigen, die du an dich heranlässt, nicht?
 

... aber mich wolltest du nie an dich heranlassen... aber es war mir egal... warum hab ich dir so weh getan, Kyo? Warum?... bitte, koi... halt mich fest... lass mich nicht allein...
 

Die Tür schwingt auf und herein kommt eine der Schwestern in weißem Kittel, mit breiten Lächeln auf dem pausbäckigen Gesicht, die mich langsam aus meinen Gedanken aufwachen lässt. Sie sind wir Albträume, diese Gedanken, aber all diese Pillen, diese Pillen die sie mich jeden Tag zwingen zu schlucken, sie machen es unmöglich aus den Albträumen aufzuwachen. Sind denn diese Pillen das einzige, was einen Verrückten wie mich noch unter Kontrolle halten kann?
 

„So, Daisuke-kun, wie geht es Ihnen denn heute?“ Die Art wie sie meinen Namen ausspricht erinnert mich an etwas... an dich, Kyo, als du mich damals so warnend damit angesprochen hast, als ich deinen Arm berührt habe. Du hast geweint, damals. Ich wusste nicht warum, aber vielleicht kann ich es mir heute doch irgendwie vorstellen. Es war vielleicht das gleiche Gefühl, wie wenn sie mir beim Essen zusehen... sie tun es immer, seit ich hier bin... und jedes mal steigt die Übelkeit in mir auf dabei. Sie schauen, als wäre ich irgendeine exotische Tierart, oder als ob... als ob... ich weiß auch nicht.
 

Ich antworte ihr nicht. Meine Antwort interessiert hier ohnehin niemanden, da ich unzurechnungsfähig bin und verrückt und entgegen der offiziellen Erklärung des Managements bin ich auch noch ein Mörder. Oder wäre es fast geworden. Wie auch immer...
 

„Sie haben Besuch, Daisuke-kun!“ wieder strahlt sie vor sich hin, während sie an dem Stuhl in dem ich sitze vorbeirauscht und das Fenster weit aufreißt. Die Fenster hier sind vergittert, obwohl mein Zimmer ganz oben ist. Wahrscheinlich haben sie Angst, dass man sich von hier oben umbringen könnte. Was ein Witz. Aber was hat sie da gesagt? Besuch?
 

Verwirrt sehe ich sie an und es dauert etwas bis meine Lippen eine Antwort formen wollen. „Wer...“ Das Sprechen fällt mir schwer. Mein ganzer Körper ist von einer betäubenden Müdigkeit besessen, die mich ein bisschen an die Montagvormittage erinnern, als ich noch zu Schule ging. Verkatert und seit Freitags kaum geschlafen, der Zigaretten- und Schweißgestank aus den Clubs noch in Haaren und Kleidern.
 

... du mochtest die Schule nie, Kyo... du hast das Lernen immer gehasst... und hast nichtmal die Schule beendet... aber trotz- oder gerade deswegen bist du schlauer als die meisten Leute, die ich je kennengelernt habe...
 

Schule war für mich immer nur eine Entschuldigung nicht Zuhause zu sein. Ich hatte nie Probleme mit meinen Eltern, sie haben mich nie geschlagen und mir jeden materiellen Wunsch erfüllt. Aber für mich haben sie sich nie interessiert. Um dieser Tatsache aus dem Weg zu gehen, ging ich freiwillig zur Schule... mehr oder weniger, zumindest manchmal.
 

„Hayashi-san. Er wartet im Besucherraum!“ Ihr Strahlen wird noch eine Spur breiter – sofern das überhaupt möglich ist – und ehrlicher. Sie kennt ihn. Natürlich, wer kennt Yoshiki nicht? Aber was will gerade er hier? Mir Vorwürfe machen? Mir Schuldgefühle einreden, warum ich die Band zerstört habe, nachdem er so viel Arbeit hinein gesteckt hat? Aber nein... das ist nicht seine Art, nie gewesen. Und woher sollte er wissen, dass ich es war, der Kyo angeschossen hat, wo doch der Öffentlichkeit glaubhaft gemacht wird, es sei ein Fan gewesen?
 

Während ich noch darüber nachsinne, führt sie mich langsam an der Hand aus dem Zimmer. Als ob ich nicht selbst laufen könnte, oder uralt wäre. Es ist mir peinlich, das alles hier ist eine einzige Tortur, aber wahrscheinlich habe ich es verdient. Alles hier ist so anders, so fremd, so... distanziert, obwohl man vorgegaukelt bekommt, alle hier wären eine einzige große Familie. Wer wohl Schuld daran ist, dass ich in diese Nobelanstalt gesteckt wurde anstatt in eine ganz normale staatliche Psychiatrie?
 

Yoshiki nach Monaten wieder zu sehen ist auf gewisse Weise tröstend. Überhaupt ein bekanntes, vertrautes Gesicht zu sehen lässt mir ganz warm ums Herz werden, etwas, dass ich nie wieder zu glauben gehofft habe. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden, trotzdem dachte ich nie, dass wir mehr für ihn wären als Geschäftspartner. Heute werde ich wohl eines besseren belehrt, warum sollte er sonst hier sein, wenn er sich nicht auf irgendeine Weise um mich sorgt? Wahrscheinlich bin ich wieder viel zu optimistisch, aber was bleibt denn schon, wenn man die Hoffnung verliert?
 

Er hat sich nicht verändert. Elegant und freundlich wie eh und je sitzt er da in Jeans und Jacket, lächelt zurückhaltend, als er mich sieht. Warum lächelt er? Ich bin schäbig, meines Lebens unwürdig; wäre ich doch nur an jenem Tag gestorben, ich müsste diese Scham nicht spüren, wie seine Blicke über meinen abgemagerten Körper streifen. Ja, er ekelt mich an, dieser Körper... hat es immer, schon bevor es mir von allen Seiten bestätigt wurde.
 

Die Schwester geht wieder raus und lässt mich mitten im Raum stehen. Erst jetzt spüre ich wie schwach ich dank der vielen Medikamente bin, meine Knie sind weich, meine Muskeln fühlen sich wie nach einem Marathon – nicht, dass ich schonmal einen gelaufen wäre. Langsam gehe ich auf den Tisch zu an dem Yoshiki in einem Sessel nahe dem Fenster sitzt. Ich setzte mich etwas entfernt von ihm in einen anderen, überschlage die Beine und verschrenke die Arme vor der Brust. Körperliche Nähe wäre jetzt das schlimmste, was mir passieren könnte, ich kann jemanden wie ihn, jemanden so reines und unschuldiges nicht zu nahe an mich lassen. Es würde ihn nur zerstören, oder? Dich hat es zerstört... Kyo...
 

Ein leises Seufzen entkommt meinen Lippen, bevor ich es überhaupt bemerke. Ich kann seinen Blick auf mir ruhen spüren, aber finde nicht die Kraft ihn zu erwidern. Was würde mir begegnen, wenn ich es täte?

„Die-kun?“ Seine Stimme ist sanft und freundlich wie immer, warm; stahlt ein Gefühl der Vertrautheit aus. „Wie geht es dir?“
 

Ich kann nicht hinsehen. Aber eine Antwort muss ich ihm geben, er hat es nicht verdient ignoriert zu werden. „Jeden Tag stirbt ein Stückchen mehr in meinem Innern... so geht es mir.“

Nun ist es an ihm zu seufzen, aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er sich vorbeugt, die Ellbogen auf die Knie stützt, das Kinn auf die gefalteten Hände. „Was ist passiert, Die-kun?“

„Als ob Kao dir das nicht längst erzählt hat!“ Wütend funkle ich ihn an, kann die Aufgebrachtheit in meiner Stimme nicht verstecken. Natürlich ist es unfair; ich bin der letzte der das Recht hat auf irgendjemanden wütend zu sein.

„Das hat er, aber ich möchte es gerne von dir hören.“ Er ist so ruhig, scheint meinen Ton garnicht zu beachten.
 

Um Fassung ringend, die Augen geschlossen um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten, starre ich zu Boden. Er wird nicht eher aufgeben, als bis er gehört hat, was er hören will. Was macht es für einen Unterschied, jetzt, da mein Leben ohnehin so gut wie vorbei ist. Wie lange es wohl dauern wird, bis die Welt Dir en grey vergessen hat? Ein Monat, zwei, dann werden die Berichte in der Presse aufhören, die meisten Fans werden sich bald darauf schon eine neue Lieblingsband suchen... es hat sie nie wirklich interessiert, wer wir wirklich sind, was uns ausmacht, was wir aussagen wollen. Sie sahen schon immer nur fünf mehr – in meinem Fall wohl eher weniger – attraktive, junge Männer, aber was dahinter liegt ist für sie irrelevant.
 

„Ich liebe ihn...“, bringe ich nur kaum hörbar heraus. Es ist das einzige, das ich sicher weiß.

„Kyo?“

Ein schwaches Nicken. „Aber natürlich konnte er mich nicht lieben... keiner kann mich lieben...“

„Wie kommst du auf so einen Unsinn?“, hakt er nach. Trotz der harschen Worte, bleibt seine Stimme sanft und freundlich.
 

„Sieh mich doch nur an...“ Meine Stimme versagt mir völlig. Der Ekel vor meinem eigenen Körper übernimmt die Oberhand und irgendwie kann ich dich verstehen; am liebsten würde ich jetzt selbst irgendetwas tun, um ihn zu zerstören. Genau wie du es seit Jahren tust.

„Wenn ich dich ansehe, Die, sehe ich einen sehr gut aussehenden Mann.“, erklärt er und es hört sich so ehrlich an, dass ich es am liebsten glauben würde. „Was siehst du?“
 

Minuten vergehen, es wird unendlich anstrengend meine Gedanken zu ordnen, geschweige denn eine passende Antwort zu finden. Nur eines schwirrt mir die ganze Zeit im Kopf herum. „Willst du mich jetzt auch noch psychoanalysiern?“ Warum kann ich nicht einfach ein einziges Mal akzeptieren, wenn mir jemand helfen will?
 

Yoshiki nickt bedächtig. „Wenn du jetzt nicht reden willst, ist das okay, Die-kun. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Ich komm dich wieder besuchen, wenn du möchtest. Wenn du irgendwann reden möchtest, dann tu das und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm.“
 

Er redet mit mir wie mit einem Kind, aber wahrscheinlich bin ich das momentan auch, wenn man mein Verhalten betrachtet. Unbewusst ziehe ich die Knie zum Körper und mache mich so klein es nur geht, möchte am liebsten einfach verschwinden. Ich schließe die Augen, wippe immer wieder vor und zurück, vor und zurück...

Irgendwann ist er gegangen, ich weiß nichtmal mehr wann genau. Die Schwester kommt wieder mit ihrem gekünsteteln Lächeln und der gespielten Freundlichkeit, führt mich zum Zimmer der Psychologin. Wieder als wäre ich alt und gebrechlig und unfähig mich aus eigener Kraft fortzubewegen. Aber es ist mir ohnehin egal. Yoshiki wird wiederkommen. Für jetzt ist und bleibt er meine einzige Verbindung zu dir, der einzige, der mir etwas über dich sagen kann... Warum hab ich ihn nur nicht nach dir gefragt? War ich wieder zu sehr mit mir selbst beschäftigt um überhaupt daran zu denken? Wahrscheinlich...
 

Die nette Dame in Jeans und Pulli sitzt wie jeden Tag entspannt mit ihrem Klemmbrett und Stift auf ihrem Sessel. Das Tonbandgerät läuft mit leisem Surren, aber mittlerweile habe ich gelernt es zu ignorieren. Wenigstens ein Fortschritt, der sich einstellt, wenn schon alles andere so ergebnislos scheint.
 

„Wie geht es Ihnen?“, fragt sie, wie jedes Mal zu Beginn einer Sitzung. Als ob innerhalb eines Tages hier drinnen so viel passieren könnte. Aber heute ist etwas passiert, Yoshiki ist passiert.

Ich versuche mich zusammen zu reißen, sie will schließlich nur ihren Job machen. Wenigstens ist ihr Lächeln ehrlich... „Yoshiki, ein alter Freund war hier.“
 

Sie wartet, ob ich noch etwas hinzufüge, bevor sie antwortet. „Haben Sie sich über seinen Besuch gefreut?“

Einen Moment muss ich über die Frage nachdenken, nicke dann aber. „Aber ich habe etwas vergessen...“

Als ich wieder schweige, fragt sie geduldig nach. „Was haben Sie vergessen, Die?“
 

„Ihn nach... nach Kyo... zu fragen...“ Deinen Namen jetzt selbst laut auszusprechen ist seltsam. Das letzte Mal, dass ich das getan habe, war vielleicht, als ich dich das letzte Mal damit angesprochen habe? Jetzt, wo ich darüber nachdenke, ist es wohl wirklich so. Für die 'Außenwelt' muss es die letzten Wochen wohl wirklich so ausgesehen habe, als ob ich dich zu vergessen versuchte. Aber das habe ich nicht, werde ich nie, ich liebe dich, du bist mein Leben, Kyo...
 

„Was hätten Sie über Kyo wissen wollen?“, hakt sie beharrlich nach.

Gute Frage eigentlich. „Ich weiß nicht... Wie es ihm geht?“

Sie nickt und schreibt etwas auf ihr Klemmbrett. Vielleicht ist es auch nur Ablenkung. Könnte mir nicht vorstellen was sie bisher aufzuschreiben hätte. „Was würde passieren, wenn Yoshiki-san ihnen daraufhin sagen würde, dass es Kyo gut geht und dass er vielleicht eine Freundin hat?“
 

Ich schüttle sofort den Kopf, so lächerlich ist der Gedanke. „Kyo steht nicht auf Frauen.“

„Und was wäre, wenn er einen Freund hätte?“, stellt sie die Frage um, ein wenig peinlich berührt von meiner Aussage, wie es scheint, obwohl sie das doch eigentlich hätte wissen müssen. Denkt sie vielleicht, dass du überhaupt nicht schwul bist und diese Sache zwischen uns nur ein Ausrutscher war?
 

„Ich weiß nicht...“ Darüber muss ich erstmal nachdenken und wie bereits mehrmals festgestellt am heutigen Tag, gestaltet sich das momentan als überaus schwierig. „Ich könnte nichts dagegen tun. Aber Kyo war noch nie ein Beziehungsmensch.“ Der Gedanke an Zero kommt in diesem Moment wieder hoch und macht mich für einige Augenblicke rasend. Aber so schnell es gekommen ist, verschwindet das Gefühl auch wieder.
 

„Kann es nicht sein, dass Sie sich das nur manchmal glauben machen wollen?“ Sie sieht nachdenklich aus, aber bestimmt ist das nur eine dieser typischen Psychodoktor-Maschen, die sie während ihres Studiums in und auswendig gelernt hat. „Ist es nicht schmerzhaft, wenn Sie daran denken, dass Kyo vielleicht nur Sie nicht lieben konnte? Dass er mit jemand anderem glücklich ist?“
 

Ein humorloses Lachen entkommt mir. „Man merkt, dass Sie Kyo nicht kennen!“ Du könntest mit niemandem glücklich werden, Kyo, du willst es doch nichtmal... aber selbst dafür liebe ich dich... für alles was du bist.

„Wenn Sie Kyo jetzt gegenüber treten könnte, was würden Sie tun, Die?“ Sie ignoriert, was ich gesagt habe und fährt mir ihrer üblichen Taktik fort: mich aus der Reserve locken und mir dadurch mein eigenes Fehlverhalten vor Augen führen. Auf dieser Schiene fährt sie immer mal wieder, dann wechselt sie mal auf die Schiene 'Sicherlich hatten Sie in Ihrer Kindheit ein schreckliche Trauma und jetzt deswegen Komplexe' oder auch 'Sie waren in der Schule immer ein Außenseiter und wurden gedemütigt und wollen das jetzt durch übertriebene Dominanz kompensieren'. Dummerweise liegt sie mit allem falsch, was sie so versucht. Die Dame ist nett und symphatisch aber im Grunde doch irgendwie hohl. Die perfekte Wahl um einen ebenso hohlen Psycho wie mich zu therapieren, nicht war?
 

„Ich werde ihm in nächster Zukunft nicht gegenübertreten. Ich bin unzurechnungsfähig.“, erinnere ich sie etwas gereizt und eigentlich auch überflüssiger Weise. „Eine Gefahr für mich und meine Umwelt.“, zitiere ich wie aus dem Lehrbuch. „Nicht, dass Kyo das nicht auch ist, aber schließlich bin ich der psychophatische Attentäter hier.“
 

„So drastisch würde ich es nun nicht ausdrücken.“, widerspricht sie wenig überzeugend. Eigentlich habe ich die Sache doch perfekt auf den Punkt gebracht, oder?

„Sie möchten nur nicht zugeben, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin, der irgendwann verlassen und vergessen in dieser Anstalt sterben wird.“, spreche ich meine lange gehegte Hypothese aus.
 

Sie schüttelt überzeugt den Kopf. „Wenn Sie so weiter machen wie jetzt, sind Sie noch nichtmal vergessen, bis Sie sterben. Sie sind nur noch Haut und Knochen, Die-kun.“ Sie sagt das völlig sachlich, anscheinend lässt sie diese Tatsache wohl kalt. Dann sind wir ja schonmal zwei. Dieser Nachmittag erschöpft mich. Erst Yoshiki, dann diese nette Dame mir gegenüber, was wird heute wohl noch alles kommen?
 

... ich will nach Hause, Kyo... mit dir kuscheln... mit dir reden... können wir noch einmal von vorne anfangen?... ich verspreche dir, ich werde dir nicht mehr wehtun... nie wieder...
 


 

Am Abend sitze ich wieder in meinem Stuhl. Die Zeitung liegt immernoch da. Unter dem Titel ist ein Bild von uns allen abgedruckt und ich weiß, dass ich diese Zeitung nicht wegwerfen werde, wie all die anderen zuvor. Es ist das einzige Bild, das ich jetzt von dir habe und vielleicht wird es das letzte sein und das einzige, was mich noch an dich erinnern wird. Werde ich wirklich mein restliches Leben hier verbringen?
 

Vielleicht ist es besser so. Hier kann ich mir einbilden, dass das alles nicht passiert ist, dass du mich irgendwo, tief in deinem Herzen, doch liebst und dass die anderen mich immer noch als ihren Freund ansehen. Aber das tun sie sicherlich nicht. Ich möchte eigentlich garnicht wissen, wie es Toshiya gerade geht, was Kaoru schon alles in seiner Wut zerstört hat und ob Shinya gerade an deinem Bett sitzt oder es schon aufgegeben hat, mit dir reden zu wollen. Denn du wirst nichtmal ihm etwas sagen, nicht?
 

Seufzend lasse ich mich zurücksinken und schließe die Augen. Wie schnell sich die Welt doch verändert. Wir waren am Höhepunkt unseres Erfolges angelangt und nun, nur einen Augenblick später, sind wir gefallen. Vielleicht hattest du Recht, Kyo, vielleicht ist Schmerz wirklich alles, was die Liebe einem im Endeffekt bringt. Ich frage mich nur, woher du das zu wissen glaubtest, ohne zuvor auch nur einmal in dem Leben wirklich geliebt zu haben?
 

Ein leises Klopfen an der Tür, dann schwingt sie auf, ohne auf eine Antwort meinerseits zu warten, kommt die Nachtschwester herein, ein Tablett mit zwei Bechern in der Hand. Auch sie hat wieder ein breites Grinsen auf dem Gesicht; so langsam habe ich das Gefühl, dass die das als Bedingung haben, um Leute hier einzustellen. Als ob es mich als unzurechnungsfähiger Geisteskranker interessiert, ob diese Damen mich anlächeln oder nicht.
 

„So, Die-kun, Zeit für Ihre Medizin.“, trällert sie fröhlich und sieht mich auffordernd an.

Mit hochgezogener Augenbraue mustere ich sie. Die Nächte in dieser Anstalt haben sie aufgequollen und blass gemacht, vielleicht war sie in ihrer Jugend mal hübsch, aber diese Zeiten sind lange vorbei. Nicht, dass es mich sonderlich interessiert, selbst wenn es so gewesen wäre. Ich ignoriere sie.
 

Als sie endlich versteht, dass ich mich heute – wie die meisten Abende zuvor auch – nicht als kooperativ erweisen werde, kommt sie näher, stellt das Tablett ab, verschrenkt die Arme vor der Brust. Mein Blick ist auf unser Bild gerichtet, das Tablett steht zum Teil darauf, dein halbes Gesicht ist verdeckt.

„Würden Sie dieses Zeug freundlicherweise woanders abstellen?“, bitte ich sie mit gezwungener Freundlichkeit und muss mich stark bemühen nicht meine Selbstkontrolle zu verlieren.
 

„Wenn Sie ihre Medizin nehmen, sind Sie mich ganz schnell wieder los und 'dieses Zeug' auch.“, teilt die Schwester mit und auch sie hat sich diesen Ton perfekt angewöhnt, mit dem man normalerweise kleine Kinder anspricht. Oder Leute, die man für völlig eingeschrenkt hält. Die Frage ist nur, für was von beidem sie mich hält. Vielleicht eine gesunde Mischung aus beidem.
 

Wütend ziehe ich die Zeitung unter dem Tablett weg, wodurch eben dieses scheppernd auf dem Boden landet. Die Hand fest um das Papier geschlossen, verschrenke ich die Arme auf meinen zur Brust gezogenen Knien und lege den Kopf darauf. Draußen ist es dunkel, das Licht hier drinnen viel zu hell. Zu gerne würde ich jetzt draußen in irgendeine Bar gehen, ein Bier trinken, vielleicht als Ausklang einer gelungenen Bandprobe, mit den anderen, wie wir es so oft machen. Gemacht haben. Bestimmt wird es so schnell nicht wieder dazu kommen.

„Die-kun, ich bitte Sie, seien Sie vernünftig!“ Ihre Stimme ist nicht mehr halb so freundlich, vielmehr gereizt und drohend, während sie sich Unterstützung von den übrigen Pflegern holt.. Mit was will sie mir schon drohen? Es gibt nichts, womit sie mir Angst machen könnte. Ich habe nichts zu verlieren, aber das sollte sie doch wissen. Niemand hier hat etwas zu verlieren, sie alle haben schon alles in ihrem Leben verloren. Auch ich habe alles verloren: dich, meine Freunde, die Band. Was bleibt ist eine leere Hülle.

Lest vor diesem Kapitel vllt noch "Schweigen", das ist nämlich zeitlich direkt vor diesem kapitel ^__^

Danke für eure Kommis! *cookies dalass*

Viel Spaß!
 


 


 

Einige Tage später kommt Yoshiki wie versprochen wieder. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nicht damit gerechnet, aber hier sitzt er wieder, mir gegenüber. Wenn man ihn sich so ansieht, scheint er gänzlich perfekt. Sein sanftes, ewig junggebliebenes Gesicht, in welchem einige Strähnen weichen Haars hängen, seine schlanke, aber muskulöse Figur, wie sie sich wahrscheinlich jeder wünscht. Heute, mehr denn je, kann ich verstehen, warum Shinya diesen Mann so sehr bewundert. Er ist einfach zu makellos für diese Welt, so scheint es.
 

„Wie geht es Kyo?“ Meine Stimme ist leise und zittert, aber wenigstens schaffe ich es, die Frage auszusprechen, vor der ich mich nach der letzten Therapie-Gespräch noch mehr fürchte. Ist das der Sinn einer Gesprächstherapie, dass sie mir noch mehr Angst macht, als ich ohnehin schon habe?

Yoshiki sieht mich ernst an. „Gut.“ Das ist alles.
 

Ich warte, ob er weiterspricht, aber offenbar hat er das nicht vor. „Hat er... irgendwas gesagt?“

„Nichts.“ Er schüttelt leicht den Kopf. „Zu niemandem auch nur ein Wort.“

Ich glaube, ich verstehe das Spiel, das er hier spielen will. Na gut, spielen wir. „Ist er noch im Krankenhaus?“

„Nein.“ Er hält kurz inne und scheint zu überlegen, wie er die nächsten Worte formulieren soll. „Alle seine Verletzungen sind verheilt.“
 

Alle Verletzungen... irgendwie beginne ich zu ahnen, was er damit meint. Also wissen es doch alle... „Alle...?“

Yoshiki bleibt ruhig, doch etwas an ihm macht hingegen mich unruhig. „Ich muss dir sicherlich nicht sagen, dass die Ärzte an seinem Körper Spuren einer Vergewaltigung gefunden haben?!“
 

Nein... was ist passiert? Wieder scheint irgendetwas in meinem Kopf mich daran hindern zu wollen, darüber nachzudenken. Es ist wie ein schwarzes Loch in meiner Erinnerung und langsam frage ich mich, ob das wirklich nur an den Medikamenten liegt. Das kann es doch nicht sein!?
 

Yoshiki sieht mich weiter auffordernd an. „Was zum Teufel geht eigentlich in dir vor, Die? Ich hatte erwartet, dass gerade du ein wenig vernünftiger bist!?“ Das erste Mal in zeigt er wirkliche Emotionen, seit wir uns gegenüber sitzen. Es ist eine perfekt kontrollierte Wut, die kurz davor steht aus ihm herauszubrechen. Natürlich, wie konnte ich mir vormachen, dass irgendjemand mir noch freundlich gesinnt ist, nach allem, was ich dir angetan habe?
 

Seufzend senke ich den Blick. „Ich verstehe es selbst nicht.“

Er nickt langsam. „Dann versuche es zu beschreiben.“ Als ich schweige, wiedermal unfähig meine Gedanken zu ordnen, fügt er beruhigend hinzu: „Ich möchte dir nichts Böses, Die, sondern nur versuchen dir zu helfen.“

Vielleicht hat er recht. Wenn ich versuche mich damit auseinander zu setzen, wird alles möglicherweise klarer, deutlicher. Was ich im Endeffekt davon habe, werde ich mir überlegen, wenn es soweit ist, falls es überhaupt soweit kommt. Nur frage ich mich, wie gerade Yoshiki mir helfen will?
 

Trotz der Zweifel versuche ich alles von Beginn an zu erzählen. Wie wir damals das erste mal miteinander geschlafen haben, unser Gespräch einige Tage später und wie du mir dabei kurzzeitig alle Hoffnung nahmst. Dann dieser eine Abend, du unter der Dusche und dann... wieder ein schwarzes Loch, obwohl ich vom Verstand her weiß, was passiert ist.
 

„Ich kann nicht...“ Was kann ich nicht?

... Die, du bist so ein Schwächling!... du kannst nichts, du bist nichts... du wirst niemals irgendetwas erreichen... kannst du nicht einmal das tun, was von dir erwartet wird?...

Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wangen. Irgendwie kann ich doch immer nur alle enttäuschen?

... sogar dich konnte ich nur enttäuschen, Kyo... dabei habe ich immer getan, um was du mich gebeten hast... was du von mir erwartet hast... ich habe deine Erwartung erfüllt, Kyo, ich habe dich verletzt...
 

Yoshikis Hand auf meiner Schulter holt mich zurück in die Realität. „Ist okay. Wenn du möchtest reden wir beim nächsten Mal weiter, in Ordnung?“

Ich nicke nur. Mir ist schwindelig.
 

Die nächsten Tage wiederholt sich das ganze Spiel immer wieder. Yoshiki kommt, irgendwann fange ich an zu erzählen, bis dieses schwarze Loch wieder auftaucht, er geht wieder. Während dieser Zeit schlafe ich kaum und in den Therapiestunden rede ich noch weniger als sonst. Den morgendlichen Blick in den Spiegel unterlasse ich mittlerweile, dieser Anblick ekelt mich zu sehr an. Es ist wie verhext; physisch betrachtet befinde ich mich wohl auf dem so gern genannten 'absteigenden Ast', obwohl ich das Gefühl habe, dass sich durch die Gespäche mit Yoshiki zumindest meine Einstellung gegenüber dir und unserer Beziehung sehr verändert hat. Nachts träume ich zunehmend davon auf der Bühne zu stehen, wieder eine Gitarre in Händen halten zu dürfen...
 

Irgendwann, nach einer Woche, vielleicht auch mehr oder weniger, erreichen wir schließlich die Stelle, an der alles aus dem Ruder gelaufen ist. Yoshiki hört stumm zu, als ich ihm von Zero erzähle und unserem Treffen, den Streit danach und wie du dich schließlich tagelang zurückgezogen hast. Und dann ist es wieder da: Europa...

„In dem Moment, als Kyo zu Boden sank, kam Toshiya reingestürmt und riss mir die Waffe aus der Hand...“ Es fällt mir schwer diesen Teil der Geschichte überhaupt zu denken, geschweige denn das alles auszusprechen, doch über die letzten Male, da Yoshiki hier war, habe ich mich langsam daran gewöhnt, über das Geschehene zu sprechen. Es wurde mit jedem Mal leichter. „Ein Glück, dass der nächste Schuss nicht ihn getroffen hat... Diese Kugel war eigentlich für mich bestimmt gewesen... danach erinnere ich mich nicht an viel... es ist alles... so verschwommen...“
 

Er nickt stumm. Zieht scharf die Luft ein. Blickt aus dem Fenster. Lange Zeit geschieht nichts, wir schweigen uns an und versinken beide in unseren eigenen Gedanken. Wie immer sind meine Gedanken nur bei dir, Kyo... Wo seine sind, vermag ich nicht zu erraten.
 

„Die Band besteht weiter, Die.“, sagt er schließlich und seine Worte verwirren mich mehr, als alles andere. „Es liegt an dir wie lange noch.“ Er steht auf, geht zur Tür und dreht sich noch einmal zu mir um. „Das soll ich dir von den anderen ausrichten.“ Dann verschwindet er wieder.

Aus Tagen werden Wochen; aus Wochen werden Monate...

Sooo... vielen Dank erstmal für eure Kommis und die 8 Favos ^__^

m~... als kleiner Ansporn: da die Kapitel bis zum Kapitel... 13 oder so schon fertig geschrieben sind und so, werde ich hier schneller hochladen, je mehr KOmmentare es gibt ^.~ *kleine erpresserin desu*

Viel Spaß! ^__^
 


 


 

1 Jahr später:
 

Die Welt hat sich nicht verändert. Der erste Schritt in Freiheit und – man mag es kaum glauben – dies ist mein erster Gedanke. Warum hätte sie sich auch verändern sollen? Wäre das wohl gut oder schlecht gewesen? Es ist wohl sinnlos sich darüber den Kopf zu zerbrechen, denn vorerst gibt es wichtigeres zu tun. Nur was? Grübelnd stehe ich auf der Straße vor dem unscheinbaren Gebäude, das über das ganze letzte Jahr mein Zuhause, meine persönliche Hölle und noch so einiges anderes war. Über der Schulter habe ich eine alte Umhängetasche, in der die wenigen Habseligkeiten sind, die ich hier hatte. Die Welt steht mir offen... eigentlich.

Heute ist der Tag gekommen. Der Tag, an dem ich mir endlich wieder erlaube, an Yoshikis letzten Satz zu denken: dass es an mir läge, wie lange Dir en Grey noch besteht. Ob sie mich wohl schon vergessen haben? Was sie gerade machen? Wollen sie mich überhaupt noch? Könntest du mich überhaupt noch akzeptieren, in dieser Band, die dein Leben ist? Und was vielleicht genauso wichtig ist: kann ich es noch akzeptieren und mir erlauben, in euer aller Leben zurück zu kehren?
 

Trotz der Angst, die sich in mir breit macht bei diesen Gedanken, ist mir klar, dass mein erster Weg mich zum Proberaum führen wird, obwohl die Wahrscheinlichkeit euch dort zu treffen verschwindend gering ist. Allein die Erinnerung an die alten Zeiten, als alles irgendwie noch so einfach und glücklich war, ist es wert. Vielleicht seid ihr aber nichtmal in Tokyo... wer weiß? Das gilt es nun herauszufinden!
 

Eine der Auflagen, aufgrund derer ich nun entlassen wurde, ist, dass ich weiterhin regelmäßig zur Gesprächstherapie gehe und mich einmal in der Woche bei einem mir zugeteilten Betreuer melde, mich mit ihm treffe, um zu besprechen, wie ich mit meinem Leben zurecht komme. Als wäre ich ein Kind, dass sein eigenes Leben nicht im Griff hat, aber so ist es doch irgendwie auch. Nein, es war so, jetzt ist nämlich alles anders, ich habe viel gelernt... es wird alles anders...
 

Der Weg zum Proberaum ist mir trotz der langen Zeit immernoch vertraut. Die ganze Umgebung ist immernoch die gleiche, der einzige Unterschied, dass seit damals andere Werbeplakate überall hängen. Der Park ist der gleiche, die Häuser in der Nachbarschaft und der Eingang zu den Räumen. Vor der Tür bleibe ich einen Moment stehen und atme tief durch. Es ist ein unglaubliches Gefühl sich nach so langer Zeit endlich wieder frei bewegen zu können. Frei zu sein. Es ist fast wie neu geboren zu werden, ein neues Leben das anbricht. Und trotzdem ist mein Herz immernoch gefangen von allem, was damals geschehen ist und nun schlägt es wie wild und mein ganzer Körper zittert vor Aufregung, aber auch aus Angst. Was erwartet mich dort drinnen?
 

Ich nehme all meinen Mut zusammen und öffne die Tür, sie ist nicht verschlossen, irgendjemand ist hier. Ein leises Knarren, wie sonst auch, dann blicke ich in den hellerleuchteten Raum. Die Instrumente stehen hier, als wären wir erst gestern alle gemeinsam bei den Proben gewesen und wer weiß ob ihr alle das nicht sogar gewesen seid. Auf den ersten Blick kann ich niemanden sehen, nur eine Tasche auf dem Tisch und eine geöffnete Wasserflasche, aber wem diese gehört, kann ich beim besten Willen nicht sagen.
 

Dann, den Blick durch den Raum schweifen lassend, sehe ich meine Gitarre an ihrem Platz stehen, neben dem Verstärker. Jemand hat dafür gesorgt, dass sie nicht verstaubt... vielleicht hassen sie mich doch nicht, wenn sie sogar die Gitarre an ihrem Platz gelassen haben, als würden sie nur darauf warten, dass ich sie wieder spielen würde. Vergessend, dass ich nicht allein bin, lege ich meine Sachen auf dem Boden ab und lasse meine Hände beinahe zärtlich über das Intrument streichen. Der Verstärker ist schnell angeschaltet, und wie, als wäre nie etwas geschehen, bewegen sich meine Finger und spielen die ersten Akkorde von The Final. Es hört sich seltsam an, irgendwie falsch ohne die anderen, aber trotzdem ist es die Erfüllung, endlich wieder spielen zu können. Noch scheint auch nicht ein Ton vergessen zu sein, selbst nachdem ich noch einige andere Songs spiele, selbst die alten, die wir seit längerem schon nicht mehr gespielt hatten, klappen auf Anhieb.
 

„Die...?“ Die Stimme hinter mir ist leise und fast hätte ich sie überhört. Vor Schreck lasse ich das Plec fallen, meine Hände verkrampfen sich um die Gitarre, als ich mich umdrehe. Noch etwas, was sich nicht verändert hat: Shinya ist genauso ruhig, gefasst und wunderschön wie in meiner Erinnerung. Seine Haare sind kürzer und unter den etwas zu großen Klamotten meine ich zu erkennen, dass er muskulöser geworden ist, was aber der Eleganz seiner Erscheinung keinen Abbruch tut, eher im Gegenteil. Das Shirt, das er trägt, kommt mir bekannt vor und nach einigen Momenten des Nachdenkens komme ich darauf, dass Toshiya mal dasselbe hatte. Vielleicht ist es sogar das gleiche. Shinyas weiche, volle Lippen ziert ein zurückhaltendes Lächeln, von dem ich noch nicht ganz weiß, ob es gut oder schlecht ist. Ist es ein mitleidiges Lächeln? Ein trauriges Lächeln? Oder aber sogar ein erfreutes Lächeln? Wahrscheinlich habe ich in der letzten Zeit zu wenig mit 'normalen' Leuten zu tun gehabt, um deren Gefühle noch halbwegs deuten zu können.
 

„Seit wann bist du... draußen?“, fragt der zierliche Drummer, als ich nicht sichtbar auf ihn reagiere, was mich endlich aus meinen Gedanken schrecken lässt.

„Gerade... heute.“ Es ist seltsam wieder mit jemandem zu reden, der wohl nicht direkt versucht mein ganzes Ich zu analysieren und in seine Einzelheiten zu zerlegen. „Wie geht es dir?“
 

Shinya lächelt jetzt breiter und es ist ein ehrliches Lächeln, wie ich es bei ihm erst selten gesehen habe. Er setzt sich aufs Sofa und bedeutet mir, mich neben ihn zu setzen. Ich kann meine Nervosität nur schwer verstecken, es ist, als würden wir uns garnicht mehr kennen. Ich weiß nicht, was ich zu erwarten habe.
 

„Ganz gut.“, nickt er, sodass Strähnen seines dunkelblondgefärbten Haares in sein hübsches Gesicht fallen. „Ich war nur hier um ein bisschen zu spielen und nicht ganz aus der Übung zu kommen.“

Unsicher erwidere ich sein Lächeln. Es ist so ungewohnt wieder zu lächeln, das ganze letzte Jahr hatte ich keinen einzigen Grund dazu. „Und die anderen?“
 

„Naja, das übliche Chaos. Toshiya hat sich beim Inline Skaten letzte Woche seinen linken kleinen Finger gebrochen und sitzt missgestimmt zu Hause, weil er die nächste Zeit wohl nicht Bass spielen können wird.“ Shinya lacht leise, seine Augen strahlen, als er Toshiyas Namen erwähnt. Ob die beiden wohl endlich zueinander gefunden haben? „Kaoru begräbt sich in Arbeit und hat mittlerweile sicher genügend Songs geschrieben, damit wir das ganze nächste Jahrzehnt jedes Jahr mindestens zwei Alben veröffentlichen könnten.“
 

Als er innehält, kann ich meine Ungeduld nicht mehr zurückhalten. „Und Kyo?“

Shinya überlegt kurz. Ist es wirklich so schlimm? „Ich weiß es nicht. Keiner weiß so wirklich, wie es Kyo geht. Ich meine, er benimmt sich völlig normal und das nicht normal für seine Verhältnisse, sondern normal für allgemeine Verhältnisse, wenn du verstehst was ich meine.“ Das tue ich noch nicht wirklich, aber ich sage erstmal nichts dazu. „Das merkst du sicher bald selbst... ich kann das nicht erklären.“
 

„Wie geht es denn jetzt weiter?“ Ich habe gerade keine Ahnung was ich aus all dem machen soll, ob es überhaupt Sinn macht. Nur weiß ich, dass ich genau wissen muss, was von nun an passiert. In den vergangenen Monate habe ich gelernt, dass mir Unsicherheiten im täglichen Leben wieder das Genick brechen könnte, weswegen ich jegliche Unsicherheit von vornherein vermeiden soll. Die einfachste Möglichkeit dies zu erreichen ist nachzufragen, was mir früher oft ein Greuel war und ich somit lieber in meiner Unsicherheit gelebt habe, als irgendwem gegenüber zuzugeben, dass ich nicht weiterweiß.
 

„Am besten ist es wohl, wenn wir uns alle zusammen setzen und darüber reden.“, schlägt Shinya ruhig vor. „Wie geht es dir überhaupt? Und weißt du denn schon, was du jetzt tun willst?“

Ich senke den Blick und denke einen Moment darüber nach. Die Frage ist nicht allzu leicht zu beantworten, aber irgendwo muss man ja mal einen Anfang machen. „Zu sagen es geht mir gut, wäre wahrscheinlich eine Lüge. Aber ich habe viel gelernt, Shinya, ich verstehe mich selbst besser. Ich möchte jetzt nur noch mein Leben zurück...“
 

Er lächelt mich aufmunternd, doch mit einer Spur Traurigkeit an und breitet dann plötzlich ein wenig die Arme aus. „Komm erstmal her...“ und mit diesen Worten, so ganz untypisch für unseren zurückhaltenden Drummer, zieht er mich in seine Arme und drückt mich fest an sich. Es ist ein schönes, wenn auch ungewohntes Gefühl mal wieder von jemandem umarmt oder überhaupt so berührt zu werden. Seufzend lehne ich mich etwas gegen seine Schulter, woraufhin er beginnt über meinen Rücken zu streicheln und schließlich über die Haare.
 

„Hey, das rot ist weg!“ Neckend strubbelt er mir durch die wieder längeren, schwarzen Haare, als wir uns voneinander lösen. Kurz scheint Shinya zu überlegen, bevor er sagt: „Sollen wir den anderen Bescheid geben? Wir treffen uns irgendwo zum Essen und sehn dann mal weiter... und was zu Essen kannst du wohl wirklich gebrauchen!“ Mit diesen Worten knufft er mich in die Rippen, doch das geht beinah unbemerkt anmir vorüber, denn meine Gedanken sind bereits bei den anderen... bei dir... wie soll ich dir gegenübertreten? Kann ich dir überhaupt noch in die Augen schauen? Will ich das?
 

Trotz meiner Zweifel nicke ich Shinya zu. Was soll's... Auf in den Kampf...

Danke für eure Kommis ^__^ *rumhops* dafür gibts auch gleich das nächste kapitel ^.~
 

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Unsicher stehe ich vor Toshiyas Wohnungstür. Ich bin viel zu früh, meine Hände sind feucht vom Angstschweiß und plötzlich weiß ich garnicht mehr so wirklich was ich hier überhaupt mache. Es wurde mehr oder minder einstimmig entschieden, dass wir uns statt in einem Restaurant lieber in Ruhe auf der Terasse von Toshiyas Wohnung treffen sollten. Da es gerade Hochsommer ist, steht die Sonne noch recht hoch am Himmel, es ist heiß, nur hier im Gang ist die Luft angenehm kühl. Den ganzen Nachmittag über schwirrten meine Gedanken nur um dich, Kyo. Jetzt wo ich dich endlich wiedersehen darf, scheint sich jedoch alles in mir dagegen zu wehren. Vielleicht aus Angst, dass sich doch nichts geändert hat, vielleicht auch aus Sorge, was aus dir geworden ist. Shinyas Worte beunruhigen mich mehr, als ich mir selbst eingestehen will.
 

Noch völlig in Gedanken versunken, schreckt mich das gedämpfte Geräusch der Klingel auf und aus den Augenwinkel erkenne ich einen Arm, der sich von dem Knopf zurückzieht. Dann eine leise Stimme: „Hi, Die.“ Ich fühle mich, als würde ich den Boden unter den Füßen verlieren. Allein deine Stimme zu hören lässt mir Schauder über den Rücken laufen und ich traue mich nicht dich anzusehen, aus Angst, das alles wäre nur ein Traum. Doch irgendwann wird mir sowieso nicht anderes übrig bleiben, also sehe ich auf und blicke in ein Gesicht, dass mir über das letzte Jahr ziemlich fremd geworden ist. Du hast dich so sehr verändert und bist doch noch der gleiche und plötzlich kann ich meinen Blick nicht mehr von dir nehmen. Du siehst so jung aus ohne Piercings und mit den glatten, schwarzen Haaren, wie ein Schuljunge. Unschuldig, ist das beste Wort, das mir dazu einfällt.
 

„Hi, Kyo.“ Es wundert mich selbst wie fest und sicher meine Stimme klingt, obwohl ich mich garnicht so fühle. Wir sehen uns immernoch ausdruckslos an, als Toshiya strahlend die Tür aufreißt und dich erstmal ausgiebig knuddelt. Wie immer reagierst du mit einem warnenden Knurren, aber desweiteren scheint es dir eher egal zu sein. Trotzdem ist diese Szene genauso wie sonst. Als Toto sich wieder löst – seine linke Hand hält er theatralisch nach oben, damit auch jeder den dicken Verband um seinen Finger sieht – guggt er mich skeptisch an.
 

„Deine Haare sehn komisch aus.“, stellt er fest und stiefelt dann zurück in die Wohnung. Du folgst ihm mit einem kurzen Blick zurück auf mich. Ich weiß nichtmehr ob ich mich wirklich darein trauen kann. Hoffentlich ist Shinya da, denn irgendwie ist er derjenige, der mir momentan am meisten Sicherheit vermittelt. Vielleicht kann er mich ja beschützen? ... plötzlich wird mir selbst die Lächerlichkeit meiner Gedanken bewusst und ich muss unweigerlich grinsen. Sie werden wohl keine Mordpläne gegen mich entwickelt haben und alles andere werde ich schon irgendwie bewältigen können... irgendwie...
 

Unsicherheit macht sich mehr und mehr in mir breit, mein Körper zittert und ich habe das schreckliche Gefühl wieder einmal die Kontrolle über mich und meinen Körper zu verlieren. Vielleicht hat sich doch nicht alles geändert in den letzten Monaten. Mir scheint sich beinah der Magen umzudrehen vor Anspannung und nur mit größter Konzentration und dank der Tatsache, dass ich seit dem Frühstück nichts gegessen habe, kann ich es verhindern mich auf der Stelle zu übergeben. Alles dreht sich und ich muss mich am Türrahmen abstützen, um nicht umzukippen, Bilder kehren in mein Bewusstsein zurück die ich dachte verdrängt zu haben.
 

„Die? Warum kommst du nicht rein?“ Shinyas sanfte Stimme holt mich zurück in die Realität und ich schaffe es irgendwie mir ein Lächeln abzuringen. Bald sitzen wir draußen, nur Kaoru fehlt noch, gerade er, die Pünktlichkeit in Person... Einige Zeit verbringen wir in angespanntem Schweigen. Du betrachtest interessiert deine Fingernägel, reibst dir dann über die Augen, gähnst herzhaft; das ist so ein schmerzhaft vertrauter Anblick, das ich bald den Blick von dir abwende, nur um mich nicht mehr der Tatsache stellen zu müssen, dass ich dich nie wieder allein für mich haben werde. Toshiya spielt nervös an dem Verband an seiner Hand herum und kaut dabei auf seiner Unterlippe herum. Keiner scheint zu wissen, was er sagen oder tun soll, am allerwenigsten ich. Die aufsteigenden Schuldgefühle zerreißen mir beinahe das Herz.
 

„Hey, baka, wann färbst du dir deine Haare wieder?“ Toshiya, der mir gegenüber sitzt, lehnt sich über den Tisch, piekst mir mit dem Finger gegen die Stirn und schmeißt dabei beinahe den Essig um.
 

„Toshiya, pass gefälligst auf!“, warnt Shinya, der in diesem Moment hinaus auf die Terasse kommt und eine große Platte mit Tomate-Mozarella-Salat auf den Tisch stellt. Dann setzt er sich an die Tischseite links von mir, ihm gegenüber sitzt du.
 

„Wo bleibt Kao denn?“, hake ich nach, allen Mut zusammennehmend. Jetzt, da Shinya als meine Rückendeckung – zumindest nehme ich ihn gerade so wahr – wieder mit in der Runde sitzt, traue ich mich irgendwie gerade so, die Stimme zu erheben. Wohl fühle ich mich dabei nicht. Toshiyas Blick auf mir, macht mich irgendwie nervös, obwohl nicht die geringste offene Abneigung darin zu sehen ist.

Shinya räuspert sich unbehaglich und rutscht unruhig auf seinem Platz hin und her. „Kaoru kommt nicht.“
 

„Warum?“, frage ich weiter. Ein schlechtes Gefühl beschleicht mich. Es muss etwas schlimmes sein, wenn gerade Kao nicht kommt. Bei dir hätte ich das verstanden, habe es vielleicht sogar erwartet, aber da sitzt du, als wäre nie etwas geschehen. Und Shinya behandelt mich wie immer, vielleicht sogar eine Spur herzlicher...
 

„Er sagte, er würde sich wohl nicht beherrschen können. Dass er Zeit braucht, um sich mit den Gedanken auseinanderzusetzen, wie er reagieren soll, wenn er dir gegenübersteht.“ Der braunhaarige schluckt hörbar und beginnt dann wortlos reihum allen Essen auf die Teller zu häufen. Allein der Anblick bringt meinen Magen schon wieder zur Rebellion. Nichtmal wenn ich wollte, könnte ich so viel essen.
 

„Esst.“ Wir essen schweigend. Natürlich. Nur langsam frage ich mich, warum wir das machen, schließlich haben wir uns hier getroffen um das Gegenteil zu tun, oder? Trotzdem bringe ich nicht mehr den Mut auf, etwas zu sagen und konzentriere mich auf das Brot und den Salat vor mir. Ab und zu flucht Toshiya, weil er mit dem Verband nicht gut zurecht kommt und Shinya grinst dann. Aber gerade ist mir das eigentlich egal, denn ich muss meine ganze Aufmerksamkeit darauf lenken, den Akt des Verzehrens ganz normaler Nahrung zu vollziehen, ohne dass mein Hände merklich beginnen zu zittern, mir der Schweiß ausbricht oder ähnlich auffälliges. Aber es ist schwieriger, als erwartet.
 

In der Klinik habe ich so in mich selbst zurückgezogen gelebt, dass sich der Ablauf des Essens relativ verselbständigt hat, ich konnte das Gefühl dabei abschalten, war innerlich so gut tot. Aber mit der Freiheit ist auch das Leben in mich zurückgekehrt, wenigstens ein kleiner Teil davon, und somit kann ich mich auch nicht mehr vor den gerade aufkommenden Gefühlen schützen. Die Blicke, die mir die drei immer mal wieder zuwerfen, machen es auch nicht besser, es ist, als würden sie jeden Bissen, den ich mir herunterzwinge, genaustens mustern und...

Leise seufzend schüttle ich den Kopf und versuche diese Gedanken zu verscheuchen. Stattdessen richten sie sich ohne mein Zutun auf dich.... so wunderschön... so perfekt... so makellos...
 

'... aber er wird dich niemals lieben, Die... sieh es ein... er hat es noch nie getan... und du dachtest, du könntest das durch Gewalt ändern?' Ein kaltes Lachen ertönt, wie immer nur in meinem Kopf, es ist schon lange verstummt. '...du bist so naiv, so dumm, so... hässlich...'
 

„Entschuldigt mich...“ Überstürzt stehe ich auf und eile hinein, Richtung Toilette. Der Würgreflex setzt längst von selbst ein, wenn ich nur stark genug daran denke, aber ich merke es ohnehin kaum noch, es ist so vertraut dieses Gefühl... Es ist ein Kreislauf, der sich längst verselbständigt hat, den ich garnicht mehr aufhalten könnte, selbst wenn ich es wollte. Aber warum sollte ich wollen, wenn ich so doch – wenn ich schon gegen mein hässliches Gesicht nichts tun kann – wenigstens meinen Körper schön machen kann. Ihn perfekt mache... irgendwann. Noch dazu ist es doch eine wunderbare Möglichkeit, Stress abzubauen... ich habe versucht, es wie du zu machen, Kyo, auch weil ich dich besser verstehen lernen wollte, aber ich konnte das nicht. Es hat meinen Körper noch hässlicher gemacht, anstatt schöner...
 

Leise stöhnend drücke ich die Spülung und lasse mich zurück sinken, Rücken an der Tür. Es hat wieder geblutet. Obwohl das nicht das erste Mal so war, schockt es mich auch dieses Mal wieder, tut es immer. Mein Rachen ist rauh und brennt, mein Bauch fühlt sich angenehm leer an. Der erste Tag in Freiheit und schon bricht das totale Chaos der Gefühle aus... die Erinnerungen kehren zurück...wo bleibt nur das neue Leben, das ich beginnen wollte?
 

Als ich mich schließlich aufraffe und mich auf den Rückweg nach draußen mache, kann ich von der Tür aus die anderen reden hören. Wenigstens sind sie nicht ganz stumm geworden.
 

„Das sag ich doch auch nicht, aber könnt ihr euch nicht ein wenig zusammenreißen?“, zischt Shinya und es überrascht mich, so wütend habe ich ihn seit Jahren nicht gehört. Und enttäuscht. „Wenigstens du, Toshiya. Wir haben uns gemeinsam so entschieden, jetzt steht verdammt nochmal auch dazu.“
 

„Ich für meinen Teil tu das auch...“ Du sprichst so leise, dass ich dich kaum verstehe, aber das was ich höre, macht mich unbeschreiblich glücklich. „Aber was soll ich denn sagen?“
 

Daraufhin herrscht wieder angespanntes Schweigen. Bevor sie noch weiter über mich diskutieren können, entschließe ich mich wieder zu ihnen zu gehen. Mit einem gezwungenen Lächeln setze ich mich zurück an meinen Platz. „Tut mir leid...“

„Schon okay.“, lächelt Shinya. Der Vermittler zwischen den Fronten. „Geht's dir gut? Du bist blass...“
 

Abwehrend schüttle ich den Kopf. „Alles okay.“

Nur du siehst skeptisch aus, scheinst das Thema dann aber fallen zu lassen. „Bist du jetz' eigentlich wieder so richtig als geistig zurechnungsfähig erklärt?“ Von jemand anderem kommend, wäre die Frage auf gewisse Art verletztend gewesen, aber ich weiß, dass es einfach nur deine Art ist. Gerade heraus, ohne Rücksicht auf Verluste.
 

Ich zucke die Achseln. „Mehr oder weniger. In Therapie bin ich immernoch, aber wenigstens wurden die Medikamente abgesetzt. Außerdem muss ich mich regelmäßig bei einem Betreuer melden. Wenn die irgendwie das Gefühl bekommen, dass ich nicht klar komm, oder ich irgendwie Mist bau, ganz schnurstraks zurück... aber das werd ich mit allen Mitteln zu verhindern versuchen.“
 

„Beruhigend.“, gibst du mit der Spur eines Grinsens auf den Lippen zurück, aber die Erleichterung hinter deinen Worten, ist dir allzu deutlich anzuhören. Wer könnte es dir verübeln...
 

„Da ihr ja jetzt alle endlich eure Sprachfertigkeiten wiederentdeckt zu haben scheint, können wir ja endlich mal darüber reden, was aus Dir en grey wird.“ Herausfordernd blickt Shinya in die Runde.

Zusatzkapitel: Nähe (KaoruXOC)

Hier kommt das zweite Zusatzkapitel von "FIlth". Diesmal auf Kaorus Sicht zeitlich am selben Tag wie die letzen beiden Kapitel.
 

Ich habe noch kein Zusatzkapitel zu Kyo, da ich seine Rolle in dieser FF nicht so detailliert beschreiben möchte und durch eben so ein Zusatzkapitel wird meiner Meinung nach ein bisschen das Bild zerstört, das man durch Dies Gedanken und Gefühle gegenüber der ganzen Situation bekommt. Mir ist klar, dass es euch intressiert, wie es ihm geht, aber da müsst ihr euch leider noch ein bisschen Gedulden ^.~
 

Hoffe es gefällt euch trotzdem. Hier macht ein OC, Miyako, mit. Sie ist Kaorus Freundin, spielt aber im weiteren Verlauf der Geschichte keine Rolle, sie ist sozusagen nur "Mittel zum Zweck" um Kaorus Gefühle ein bisschen besser zu beschreiben etc. (Wie schonmal gesagt in "Wie früher...": nicht alle Japaner sind schwul *lach* XP)
 

Viel Spaß! Und lasst n Kommi da ^.~ Danke an alle Reviewschreiber und alle Favo-geber (mittlerweile 12 an der Zahl)! ^.^
 

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Meine Gedanken schweifen mal wieder ab. Aber das fällt ohnehin nur mir auf. Miyako starrt gebannt auf den Fernseher, auf ihrem Schoß liegen irgendwelche Uni-Unterlagen aus der heutigen Jura-Vorlesung. Eigentlich müsste sie mehr lernen, es ist ihr letztes Semester, aber ich habe ohnehin schon lange aufgehört, sie darauf hinzuweisen, da es nur zu unangenehmen Streitigkeiten führt, wozu ich besonders im Moment wenig Lust habe. Unsere Beziehung steht sowieso kurz vor dem aus. Natürlich planen ihre Eltern bereits die Hochzeit und erste Enkelkinder, aber wir leben seit Monaten schon nur nebeneinander her. Ganz genau eigentlich seit Die mit seinem psychotischen – mir fällt kein besseres Wort dafür ein – Verhalten unser aller Leben zerstört hat.
 

Natürlich hat Miyako genauso wenig eine Ahnung davon, was wirklich passiert ist, wie der Rest der Welt. Selbst im Management wissen die wenigsten Bescheid, alles wurde streng geheim gehalten. Nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte, so wurde uns immerhin eine Menge Ärger in der Öffentlichkeit erspart. Aber natürlich musste meine Freundin über alles ganz genau unterrichtet werden wollen... was nie geschah. Wir schwiegen uns irgendwann über das Thema aus und tun es immernoch. Mir ist klar, dass sie mir das bis jetzt nicht ganz verzeiht, dass ich sie dermaßen aus meinem Leben „ausschließe“, aber ich kann nicht anders. Ich will mich nicht mit all dem auseinandersetzen, will nicht wahrhaben, dass diese Band zerbrochen ist. Wegen einem einzigen, irrsinnigen Gefühl: Liebe.
 

Seufzend stehe ich auf, Miyakos Blick in meinem Rücken ignorierend, schnappe mir Handy und Zigaretten und verlasse über die Terasse unsere gemeinsame Wohnung. Von dort kommt man direkt in einen kleinen Park, der zu dem Wohngebiet gehört und der meistens recht verlassen ist. Durch die zum Teil sehr dicht stehenden Bäume, dringen nur vereinzelt Sonnenstrahlen bis auf die grüne Wiese, es ist trotz der Windstille kühl. Einige hundert Meter entfernt lasse ich mich auf eine Bank fallen, zünde mir eine Zigarette an. Der blaue Qualm hängt vor mir in der Luft, verflüchtigt sich nur langsam...
 

Langsam, langatmig, zäh... so kommt mir mein Leben im Moment vor. Die ganze Zeit zu Hause zu verbringen ist gleichezeitig eine Qual und auch das einzige, wozu ich mich fähig fühle. Mir fehlen die Konzerte, die Proben, Studioaufnahmen und sogar Pressetermine, doch am meisten fehlen mir meine besten Freunde. Aber das alles hat sich so sehr verändert. Shinya und Toshiya hängen fast wie Kletten aneinander. Natürlich habe ich Verständnis dafür, und wahrscheinlich tut es ihnen beiden einfach gut, aber auf gewisse Weise beneide ich sie auf. Es schmerzt mit ihnen beiden zusammen etwas zu unternehmen – was ohnehin schon seit Wochen nicht mehr passiert ist – da es mir umso mehr bewusst macht, was ich mit Miyako einmal hatte; was heute unerreichbar scheint. Sich mit Kyo zu treffen endet meistens sowieso darin, dass wir uns anschweigen. Es gibt nichts wprüber wir uns unterhalten könnten, was nicht auf irgendeine Weise schmerzlich wäre. Dir en grey ist ein Tabu-Thema, ich habe Angst ihm damit wehzutun, oder ihn an unangenehmes zu erinnern, an Die und die Beziehung, die die beiden hatten. Alle anderen Gesprächsthemen verlaufen meistens nach wenigen Minuten im Sand, weil wir beide zu sehr in unsere Gedanken versinken.
 

Schon lange denke ich darüber nach, vielleicht eine Alternative zur Musik zu finden. Irgenetwas, das mich davon ablenkt, was ich einmal hatte. Aber ich habe die Angst mich damit zu verleugnen, indem ich ein Studium beginnen würde, dass ich mein Leben damit aufgebe. Nicht, dass ich den unmittelbaren Druck hätte, Geld zu verdienen, das Gesparte reicht noch lange, es ist gut angelegt, aber ich kann doch nicht mein ganzes Leben damit verbringen Songs zu schreiben, die ohnehin niemals in irgendeiner Weise veröffentlicht werden!
 

Dabei kommen mir Worte, Warnungen meiner Eltern in den Sinn, die Stimme meines Vater: 'Gib diese brotlose Kunst auf, Sohn, du wirst irgendwann noch in der Gosse landen!' Wut, Unverständnis, aber auch Sorge. Vielleicht hatte er Recht, im Nachhinein hat mir diese brotlose Kunst nun doch Leid beschert. Doch auf der anderen Seite sind dort doch auch die Jahre der Freundschaft, der gemeinsamen harten Arbeit, Erinnerungen, die immernoch ein Lächeln auf meine Lippen zwingen. War es das nicht wert? Die Antwort darauf ist nicht klar... wird es auch nie sein, denn es gibt keine eindeutige Antwort, so sehr ich mir auch wünschte, dass es sie gäbe.
 

Neben mir quietscht mein Handy plötzlich lautstark „Forever Love“ los. Meine Hand greift sofort automatisch danach, ohne darüber nachzudenken, ohne es zu realisieren, aber kurz bevor ich auf den Annehmen-Knopf drücke, halte ich plötzlich inne, als ich sehe, dass es Shinya ist. Wieso sollte ich drangehen? Ich habe keine Lust wieder eine Ausrede erfinden zu müssen um mich nicht mit ihnen zu treffen. Ich will deprimiert hier sitzen bleiben und über meine nicht existente Zukunft grübeln... Trotz besseren Wissens antworte ich schließlich doch.
 

„Kao? Hast du heut noch irgendetwas wichtiges vor?“ Gleich mit der Tür ins Haus fallen, das ist so völlig untypisch für unseren zurückhaltenden Drummer...

„Ist was passiert?“, frage ich sofort beunruhigt nach. Irgendwie habe ich ein sehr schlechtes Gefühl dabei, etwas ist nicht in Ordnung, aber es ist nichts unmittelbares... Nur ein unangenehmes Gefühl, das sich langsam beginnt einzuschleichen und auch sogleich bestätigt werden soll.
 

„Die ist heute entlassen worden.“
 

Beinahe hätte ich das Telefon fallen lassen, kann mich im letzten Moment aber noch halbwegs fassen. Trotzdem fehlen mir die Worte. Kann mein Leben noch mehr ins Chaos verfallen? Kann das alles noch schlimmer kommen? ... Sollte ich mich nicht eigentlich über diese Nachricht freuen? Was wird Kyo dazu sagen? Ist eine weitere Katastrophe vorprogrammiert, wenn die beiden sich nun treffen sollen? Werden sie das überhaupt? Und werde ich Die treffen? Was soll ich zu ihm sagen?... Diese ganzen Fragen und noch viele mehr schwirren in meinem Kopf herum und verursachen sogleich ein unfassbares Schwindelgefühl.

Nein, ich kann mich jetzt nicht so hängenlassen! Nach wie vor bin ich der Leader dieser Band, wenn nicht ich den Überblick und einen kühlen Kopf in dieser Situation bewahre, wer wird es denn dann?... offenbar Shinya...
 

„Kao, bist du noch da?“ Er räuspert sich leise. „Wir wollen uns nachher alle treffen zum Abendessen bei Toshiya. Ich hab Die eben im Proberaum getroffen... Er hat sich so sehr verändert... ich kann es nicht beschreiben, aber seine ganze Art ist so... anders eben.“
 

Immernoch finde ich mich nicht dazu fähig mehr als ein leises Brummen zu entgegnen, um ihm wenigstens zu zeigen, dass ich nicht umgekippt bin. Was aber gleich auch noch passieren könnte... Er hat sich verändert? Die hat sich verändert? Das ich nicht lache, in den ganzen Jahren, die ich Die nun kenne, hat er sich nie wirklich verändert. Und woher will Shinya das überhaupt wissen, schließlich dachten wir alle bis vor einem Jahr auch noch, wie würden unseren Rythmusgitarristen kennen, aber da lagen wir wohl alle ziemlich falsch.

„Kaoru?“ Shinyas Stimme wird nachdrücklicher. Vielleicht sollte ich mich langsam wieder in den Griff bekommen...
 

„Ja... ich...“ Mir bleiben die Worte im Hals stecken. Was soll ich sagen? Ich weiß nichtmal was ich fühle; was fühlt man in einer solchen Situation? Gibt es dafür überhaupt irgendwelche Richtlinien? Immerhin kann ich mir nicht vorstellen, dass viele Leute schon in einer ähnlichen Situation sind, wie ich gerade... „Shinya, ich komm nicht.“
 

„Wieso?“ Gute Frage.

„Weil... ich weiß nicht... was soll ich denn sagen, wenn ich ihm gegenüber stehe?“ Es ist mir unangenehm gerade jetzt so verletzlich zu sein, ihm meine Schwäche, meine Unsicherheit zu zeigen, aber gerade Shinya wird mir das nicht übel nehmen.

„Kaoru, mach dir keine Sorgen.“ Ich kann das sanfte Lächeln in seiner Stimme hören. „Wir sind alle nervös. Die doch mehr, als wir alle zusammen. Aber sogar Kyo kommt.“
 

Die sind doch auch alle viel stärker als ich. Sie wissen woran sie sind... sie wissen was sie tun müssen... wenn ich dort wäre, würden alle wieder nur darauf warten, bis ich die Führung übernehme und ihnen sage, wie sie sich jetzt zu verhalten haben und wie wir alles wieder so hinkriegen, wie es war. Aber das kann ich nicht, nicht in der momentanen Situation. Nur diese Selbstverständlichkeit mit der Shinya über Die spricht, macht mich irgendwie wütend. Er hat uns alle auf gewisse Art verraten und nun sollen wir so tun, als wäre nicht passiert?
 

„Tut mir leid, Shinya, ich kann das jetzt noch nicht.“ Suefzend lehne ich mich auf der Bank nach hinten und schließe die Augen, schnippse den Zigarettenstummel weg, bevor er mich noch verbrennt. „Ich muss nachdenken... sonst passiert nur noch ein Unglück, wenn ich ihn sehe...“
 

Damit ist das Gespräch so gut wie beendet. Das Handy wieder weggesteckt, fühle ich mich plötzlich völlig dissoziiert... als würde ich meinen Körper nur noch von außen betrachten, wie er da sitzt, mit gesenktem Kopf, in schlabbrigen Klamotten. Wahrlich bemitleidenswert... Die... sieh, was du aus mir gemacht hast... was du aus uns allen gemacht hast...
 

Die Sonne geht bereits langsam unter, als ich wieder zurückkehre. Miyakos Anrufe habe ich ignoriert, aber hätte sie mich wirklich finden wollen, hätte sie einfach nur rausgehen und nach mir schauen müssen. Früher, als alles noch irgendwie anders und besser war, haben wir viel Zeit hier verbracht, manchmal auch schweigend, lagen auf einer Wiese, haben gelesen, gearbeitet, was immer sich gerade anbot. Manchmal lagen wir stundenlang einander in den Armen, küssten, liebkosten uns, ohne uns von möglichen Beobachtern stören zu lassen. Aber diese Zeit ist schon lange vorbei, ich kann mich kaum an das letzte Mal erinnern, da wir uns einfach mal nur umarmt haben, geschweige denn wirklich leidenschaftlich miteinander schliefen.
 

Der Fernseher läuft immernoch – oder schon wieder – und Miyako schläft ruhig auf der Couch, ihr Unterlagen überall um sie herum wild vertstreut. Während ich mit einem Glas Saft in der Küchentür stehe, beobachte ich sie genauer, als sonst. Sie ist immernoch genauso hübsch, wie damals als wir uns kennenlernten. Ihre kinnlangen, schwarzen Haare fallen ihr glatt um das schmale Gesicht, sie ist eine typische japanische Schönheit, eine Frau, die jeder Mann begehrt. Alles an ihrem Körper ist perfekt und wenn man sie kennenlernt, könnte man fast meinen auch ihre Persönlichkeit ist vollkommen. Natürlich ist es nicht so, niemand ist perfekt, aber sie kommt sehr nahe an das Ideal. Sie ist höflich und in der Regel sehr fleißig, gut erzogen und selbstlos. Für die Menschen die sie liebt, tut sie alles in ihrer Macht stehende. Aber das ist es nicht, was ich will. Ich will kein reibungsloses Leben, keine Problemlosigkeit. Im Gegenteil, je mehr Probleme es zu lösen gibt, desto besser, es muss immer etwas los sein, und ich bin eigentlich erst dann wirklich zufrieden, wenn mir die Arbeit über den Kopf hinaus wächst und ich einfach mal sagen muss, dass es genug ist. Auch wenn es seltsam klingt, aber so ist es. Ich habe es immer genossen gegen die Regeln der Gesellschaft zu verstoßen, Dinge zu tun, die andere oft schocken. Vielleicht ist das der Grund, warum Miyako und ich niemals unser ganzes Leben miteinander verbringen könnten.
 

In Gedanken versunken bemerke ich garnicht, dass sie aufwacht. Sie beobachtet mich, wie ich sie kurz zuvor. Was sie sieht, möchte ich vielleicht nicht einmal wissen. Einen gebrochenen Mann... mehr wohl kaum.

„Schatz?“ Wieder habe ich keine Lust überhaupt zu reagieren, aber ich bringe es nicht übers Herz sie einfach zu ignorieren. Somit gehe ich hinüber zu ihr, setze mich neben sie und beginne ganz automatisch ihr über die Hüfte zu streicheln. Geistig bin ich immernoch völlig abwesend, ich weiß nicht einmal wo genau.
 

„Alles in Ordnung?“ Ihre Stimme ist so sanft und besorgt, dass es mich geradzu zu einem beruhigenden Lächeln zwingt. Sie kennt mich zu gut, ist wahrscheinlich immernoch auf gewisse Art meine beste Freundin, trotz der Tatsache, dass unsere Liebe längst verschwunden ist.

Ich nicke, wenig überzeugt. „Ja,... alles in Ordnung.“ Mir ist klar, dass sie mir nicht glaubt, aber die Wahrheit kann ich ihr unmöglich sagen. Das würde doch alles nur noch komplizierter machen im Endeffekt.
 

„Kaoru... halt mich fest, bitte.“ Das Flackern des Fernsehbildschirms lässt ihre Augen glänzen, als wären sie feucht... weint sie? Aber ich nehme sie ohne weitere Gedanken sofort in den Arm, presse ihren zierlichen, zerbrechlich wirkenden Körper eng an meinen und genieße einfach nur diese körperliche Nähe und Geborgenheit des Moments. Ich fühle mich dabei unendlich egoistisch, aber manchmal ist das okay, oder? Und ich tue ihr damit auch nicht weh, im Gegenteil...
 

Nach einigen Minuten entfernen wir uns ein Stück von einander, sehen uns an, bis sie die Augen schließt und ihre Lippen schüchtern auf meine legt. Es ist ein Hauch von Melancholie, der mich dabei erfasst, das Wissen, dass das hier früher so normal und alltäglich war. Es fühlt sich schön an, aber trotzdem meldet sich mein schlechtes Gewissen: Nutze ich sie nicht nur aus, ihre Sehnsucht nach ein wenig körperlicher Nähe? Andererseits tut sie doch auch nichts anderes...
 

Meine Bedenken verdrängend gehe ich auf den Kuss ein und lege meine Arme fester um sie, als wolle ich sie nie wiederloslassen. Aber das Gegenteil ist der Fall, eigentlich möchte ich davonlaufen...

Wenn mein Magen nicht schon so leer wäre, würde ich gleich wieder zur Toilette rennen. Aber ich kann nicht vor allem immer davonlaufen, das ist mir selbst klar. Das Problem ist einzig, diese Tatsache zu akzeptieren. Und das ist schwer genug. Ich wage es nicht einem von ihnen ins Gesicht zu sehen, aus Angst, Ablehnung darin zu sehen. „Ihr kennt meinen Standpunkt.“ Du bist der erste der die Stimme erhebt, leise, aber umso entschlossener. Hat das etwas schlechtes zu bedeuten? Will ich das überhaupt wissen? „Dir en grey ist alles was ich habe und ich würde alles dafür tun, dass diese Band weiterexistiert.“ Ja, sogar weiterhin jeden Tag deinen Peiniger sehen und mit ihm reden. Ist das dein Ernst? Wird es dich nicht eines Tages zerstören? Oder hat es das bereits getan?
 

„Ich kann ja eh nicht spielen im Moment...“, ist alles was Toshiya gerade dazu zu sagen hat und hebt mal wieder mit theatralischem Gesichtsausdruck seine Hand. Wäre die Situation nicht so ernst und beklemmend, hätte ich laut losgelacht, allein die Vertrautheit seines Verhaltens ist irgendwie befreiend. „Aber Kao zickt ja anscheinend rum.“
 

„Das glaube ich nicht.“, wiederspricht Shinya ruhig. „Er braucht wahrscheinlich nur noch ein bisschen Zeit... zumindest hoffe ich es.“ Seufzend lässt er seinen Blick in die Ferne über die Dächer der Stadt schweifen. Toshiyas Blick wiederum ist auf ihn geheftet, als wolle er ihn damit verschlingen. Er ist so voller Liebe, Zuneigung und Sorge, dass es mir geradezu im Herz wehtut. Es ist das, was ich mit dir immer irgendwie vermisst habe, Kyo, diese Wärme und Vertrautheit. Irgendwie war es mit uns beiden doch immer nur ein Zustand, den anderen irgendwie aus unseren Gedanken und Gefühlen heraushalten zu wollen.
 

„Was ist mit dir, Die?“, fragst du auf einmal und zwingst mich dadurch wieder zurück in die Gegenwart. Einen Momen sehen wir uns sogar in die Augen, bevor ich wieder wegschaue. Mein Herz rast.
 

„Wenn... wenn ihr mich noch haben wollt...“ Vor Aufregung bekomme ich kaum einen vollständigen Satz heraus, egal wie sehr ich mich auch anstrenge. „Ich meine... wenn ihr's überhaupt noch mit mir aushaltet, dann... ich könnte mir nichts schöneres vorstellen, als endlich wieder mit euch zu spielen...“ Mit jedem Wort versagt mir die Stimme mehr und ich würde am liebsten im Erdboden versinken. Es tut einfach zu sehr weh... Das alles ist garnicht mehr mit Worten zu beschreiben. Du sitzt hier als wäre nie etwas passiert, als wärst du nicht beinahe gestorben, als hätte ich dir nicht all das angetan. Aber das habe ich und wir beide wissen es und werden es niemals vergessen können. Wieso siehst du mich die ganze Zeit so an? Wenn dieser Blick doch wenigstens Wut oder Angst oder Schmerz ausdrücken würde, könnte ich damit umgehen, aber diese Sehnsucht, dieses Verlangen, das darin liegt, ist unerträglich. Oder bilde ich mir diese Dinge nur ein? Ist es Wunschdenken? Nichtmal ich wäre doch so naiv, oder?
 

Die anderen vereinbaren ein Treffen im Proberaum für den übernächsten Tag. Mir bleibt nichts anderes als zuzustimmen, denn es ist ja eigentlich auch das, was ich wollte. Shinya schleift Toshiya mit sich um das Geschirr wieder reinzubringen und abzuwaschen, welcher anfängt herumzuquengeln, da er ja eigentlich „zu nichts nutze“ wäre in seiner Verfassung. Man kann's auch übertreiben, oder? So enden wir beide wieder in Schweigen und ich versuche irgendwie dir nicht in die Augen sehen zu müssen, obwohl ich deine Blicke auf mir spüre. Was willst du? Können wir nicht einfach weiter über das Geschehene schweigen und so tun als ob alles noch so wäre wie es war bevor das alles anfing?
 

„Was ist los mir dir?“, fragst du schließlich leise, mit soetwas wie Sorge in der Stimme. Warum sorgst du dich um mich nach allem, was ich dir angetan habe?

Ich zucke die Achseln. „Was meinst du?“
 

„Keine Ahnung... irgendwas stimmt doch nicht mit dir.“ Nachdenklich blickst du mich an und diesmal kann ich nicht anders als dich auch anzusehen. Plötzlich ist es mir unbegreifbar, wie ich dich während des letzten Jahrs nur so sehr verleugnen, meine Gefühle vergessen konnte und alles was uns verbindet. Wie konnte ich nur? Aber vielleicht willst du das ja; dass wir so weiter machen, wie es früher gewesen war.
 

„Mit mir hat doch schon immer irgendwie was nicht gestimmt, Kyo.“, versuche ich irgendwie eine halbwegs plausible Erklärung zu geben. „Vielleicht bin ich jetzt das erste Mal wirklich normal...“

„Ist normal was gutes?“, hakst du etwas verwirrt nach. Es ist wirkliche Verwirrung, die da spricht, wenn ich mich nicht ganz täusche.
 

„Keine Ahnung... was ist normal?“, frage ich zurück.

„Keine Ahnung...“ Und irgendwie hat diese ganze Situation doch den Hauch von vergangenen Tagen an sich, als alles noch so einfach schien und wir in den Tag hinein gelebt haben und einfach nur unseren Traum lebten. Können wir diesen Traum noch wiederbeleben?
 

Ein paar Minuten vergehen in Schweigen, bevor du das Wort nochmal ergreifst. „Auch wenn es irgendwie verrückt ist, aber... ich hab dich vermisst.“ Habe ich mich verhört? Ich glaube ich werde wirklich verrückt, wenn ich es nicht schon längst bin. Selbst wenn es war ist, was du sagst... musst du es sagen? Ein Teil von mir freut sich darüber, natürlich, aber ein anderer, durch große Anstrengung verborgener Teil, hegt durch diese Worte Hoffnung, die ich nicht haben sollte... nie wieder. Diese Hoffnung hat mich in der Vergangenheit schon so viel gekostet, hat mir ein ganzes Jahr meine Lebens und vielleicht sogar meine Zukunft genommen und jetzt kehrt sie wieder. Ich will nicht, dass das alles wieder von vorne anfängt, dieser Sehnsucht, das Verlangen. Aber schon jetzt merke ich, wie du mich wieder in deinen Bann ziehst und stumm versprichst, mich niemals mehr loszulassen.
 

Alles wäre doch so viel einfacher, würdest du mich einfach hassen und verabscheuen, mich aus deinem Leben ausschließen wollen. Vielleicht hätte ich garnicht zurückkehren sollen, aber was wäre mir schon sonst noch geblieben? Kaum zurück in der Realität verliere ich langsam schon wieder den Boden unter den Füßen, ohne das ich etwas dagegen tun könnte. Der Abend verläuft ruhig, fast zu ruhig. Wir unterhalten uns, als wäre nie etwas passiert, aber unter der Oberfläche herrscht eine allgegenwärtige Anspannung. Toshiya versucht seine Unruhe zu überspielen, du schweifst immer wieder in Gedanken ab und schreckst dann überrascht hoch, wenn jemand dich anspricht und Shinya scheint wie auf glühenden Kohlen zu sitzen. Würden wir uns nicht schon so lange kennen, hätte ich das auch nicht bemerkt.
 

Es ist schon fast Mitternacht, als wir beide uns auf den Weg nach Hause machen. Bis zur U-Bahn Station gehen wir noch zusammen, dann müssen wir zu verschiedenen Gleisen. Nachdenklich siehst du mich einen Moment an, bringst dann noch ein kurzangebundenes „Schlaf gut.“ heraus und verschwindest eiligen Schrittes die Treppe hinunter. Minutelang blicke ich dir hinterher, kann mich einfach nicht aufraffen, bin zu verwirrt. Ich weiß garnicht mehr so genau, was ich nun machen soll. Nach Hause fahren und mich ins Bett legen? Das ist es wohl, was man in einem normalen Alltag tun würde. Aber jetzt, da es nach so langer Zeit wieder an mir selbst liegt, wie und wo ich den Abend verbringe, kann ich mich einfach nicht dazu bringen zurück zu der dunklen, irgendwie verlassen wirkenden Wohnung zu fahren. Stattdessen schlage ich den langen Weg nach Shinjuuku ein.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich das erste Mal in Ni-chôme war. Früher in Osaka haben wir schon oft darüber gesprochen, noch während der Schulzeit. Dieses Viertel Tokyos war immer etwas reizvolles und irgendwie verbotenes und wie das nunmal so ist, wenn man jung ist, zieht es einen zum Verbotenen hin. Als wir also schließlich nach Tokyo zogen, um die Aufnahmen zu Gauze in Yoshiki-sans Studio zu machen, war Ni-chôme der Ort, an dem ich meinen ersten freien Abend verbrachte. Kein Vergleich zu Doyama in Osaka... Alles hier ist viel lauter und größer und irgendwie vermittelt dieser Ort einen Hauch von Anonymität und dies wiederum gibt mir die Illusion von Sicherheit. Hier bin ich einer unter vielen, und meine persönlichen Vorlieben sind wohl noch die harmlosesten, bedenkt man, was hier sonst noch für Typen herumlaufen.
 

Damals wie heute ist die Happening Bar "Beauty & Beast" der Ort zu dem es mich zieht. Das Interieur hat sich in den vergangenen Jahren nicht sonderlich verändert, immernoch ist alles in schwarz und dunklem rot gehalten, an den Wänden hängen Kreuze, Gitterstäbe separieren die Playrooms ohne dabei auch nur die geringste Privatssphäre zu gewähren. Laute Musik übertönt gelegentliches Stöhnen und Schreien; verheißungsvolle Töne, die mir Gänsehaut bereiten.

Möglichst unauffällig sehe ich mich um, während ich mich langsam zur Bar bewege und mich auf einen freien Platz am Ende des Tresens setze, um nicht ganz im Blickfeld der anderen Gäste zu sein. Ich bestelle nur ein Bier und warte. Ob er nach all der Zeit immernoch hier sein wird? Wieder fühle ich mich wie damals, als ich das erste mal hier war, noch völlig unerfahren und voller Illusionen. Aber dies hier ist ein Ort der Illusion, ein Ort zur Flucht vor den Problemen des Alltags.
 

Während des Wartens, blicke ich hinüber auf eine Szene, die sich nur wenige Meter entfernt hinter dünnen Gitterstäben abspielt. Ein Junge, der kaum alt genug wirkt um legal hier hereingekommen zu sein, windet sich leise stöhnend an ein Andreaskreuz gefesselt, während sein Herr mit beinah ausdrucksloser Miene sein Glied massiert. Doch Hoffnung auf Erlösung kann der Kleine noch lange nicht hegen, denn seine Erektion ist von einem Cockring umschlossen. Sein Stöhnen wird mit jeder Sekunde gequälter und schmerzerfüllter. Seine Lider flattern und seine Augen sind so weit verdreht, dass man nur noch das Weiße erkennen kann. Der Anblick erweckt auch in mir etwas, wie wohl in jedem anderen Mann, der das ganze Bild begutachtet. Doch es ist nicht die Vorstellung derjenige zu sein, der dem Jungen diese süßen Qualen bereitet, sondern...
 

„Daisuke... Daisuke...“ Eine wohlbekannte, dunkle Stimme erklingt neben mir, dann eine Hand, die sich besitzergreifend in meinen Nacken legt. Doch die Erfahrung hat mich lange schon gelehrt, mich nun nicht umzudrehen. „Du hast dich ja ziemlich lange nicht mehr blicken lassen, Kleiner!?“ Allein diese kleine Berührung lässt mich fast schon dahinschmelzen; schon kann ich aufhören zu denken und mich fallen lassen. So war es schon immer, schon früher, als er noch...
 

„Tut mir leid, Kisaki...“, entgegne ich reuevoll, wende den Blick aber immernoch nicht von dem Jungen ab, der mittlerweile befreit ist nur nur noch von der Kette an seinem Halsband gehalten wird. Sein Herr hat einen der Zuschauer zu sich geholt und seinem Sub vor ihm auf die Knie gehen lassen. Bei der Vorstellung nun an dessen Stelle zu sein – und Kisaki ist sehr wohl dazu in der Lage, soetwas von mir zu verlangen – kann ich das Zittern meiner Hände nichtmehr verhindern.
 

„Wie heißt das?“ Kisakis Atem streift meine Wange, er lehnt sich vor, ohne den festen Griff um meinen Hals zu lockern. Stattdessen wandert seine Hand weiter nach vorne, drückt ein wenig zu, aber nicht stark genug um mir wirklich die Luft zu nehmen. Es ist nur eine Warnung.

„Gomen... Kisaki-sama.“ Die Worte hören sich nach all der Zeit ungewohnt an und wollen kaum über meine Lippen kommen, aber irgendwie fühlt es sich gut an. Ich seufze leise und lehne mich ein wenig an den starken Körper hinter mir. Kisaki beginnt sanft über meine Brust zu streicheln, was mir ein leises Seufzen entlockt.
 

„Schhhhh.“ Noch eine Warnung. Vielleicht sollte ich seine Geduld nicht zu sehr strapazieren. Wie ich ihn kenne wartet ohnehin noch eine Lektion auf mich, für die lange Zeit, die ich ihn nicht getroffen habe. Aber das ist es schließlich wofür ich hergekommen bin und je härter er mich behandeln wird, desto besser. „Gefällt dir was du siehst, Dai-chan?“, schnurrt er verführerisch. Die Hand verschwindet unter meinem T-Shirt, zwickt kräftig in meine harten Nippel, sodass ich nur mit Müh und Not einen leisen Aufschrei verhindern kann. Ein leises Lachen verrät mir, dass er meine Bemühungen bemerkt hat.
 

Ich schüttle etwas panisch den Kopf, um ihn nicht auf falsche Gedanken kommen zu lassen, und wieder ertönt nur dieses rauhe Lachen, dass mir Schauer der Erregung über den Körper wandern lässt.
 

„Ich mag es nicht, wenn du lügst, Die-chan...“ Seine Hand wandert weiter hinunter, streicht kaum spürbar über die deutlich sichtbare Beule in meiner Hose, was mir diesmal doch ein scharfes Keuchen entlockt. „Das weißt du doch...“ Sein Griff um meinen Hals löst sich, doch schon Augenblicke später spüre ich kaltes Leder auf meiner Haut und wie er das Halsband mit geübten Handgriffen schließt. Das Spiel hat also endgültig begonnen... Wie immer weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf was es hinauslaufen wird... wird nur er seine Befriedigung bekommen? Werde ich seinen Ansprüchen heute Nacht genügen können, um eine Belohnung zu verdienen? Obwohl ich weiß, das diese Flucht vor dem Alltag und der Grausamkeit der Realität nur vorübergehend ist, kann ich in diesem Moment sogar dich vergessen, Kyo... Kannst du mir verzeihen? Oder ist es sogar das, was du willst?
 

Ein leises Klicken lässt meine Aufmerksamkeit wieder zurück auf die Gegenwart richten. Kisaki zieht mich an der dünnen Leine, die nun an dem Halsband befestigt ist, zu sich herum, ein diabolisches Grinsen auf seinen Lippen, darunter jedoch nach wie vor Zuneigung und Vertrauen gut versteckt. Grob verschließt er meine Lippen mit einem harten Kuss, zwingt mir seine Zunge auf, aber ich denke nicht ansatzweise daran mich zu wehren und gebe mich ihm willig hin.
 

Nachdem wir uns wieder trennen, zieht er mich an der Leine hinter sich her in einen der etwas abgeschiedeneren Räume. Die Blicke der anderen Männer treiben mir die Schamesröte ins Gesicht und obwohl es das ist, was ich unverständlicherweise so sehr genieße, bin ich erleichtert, als wir den Raum erreichen, den Kisaki heute ausgesucht hat. Durch ein Fenster an der Breitseite des Zimmers, können andere Gäste des Etablissements der jeweiligen Session zusehen, ohne das man hier viel davon mitbekommt. Es schafft den Eindruck von Privatssphäre, was in manchen Situationen doch recht hilfreich sein kann, wie ich in den vergangenen Jahren gelernt habe.
 

Kisaki hat sich nicht verändert. Noch immer trägt er starkes Make-up, mit Vorliebe dunkle Töne, die seine wunderschönen Gesichtszüge nur noch unterstreichen. Sein schlanker doch muskulöser Körper ist in schwarze Hosen und ein schwarzes Netzshirt gehüllt. Die Absätze seiner Schuhe erzeugen bei jedem Schritt ein hallendes Geräusch. Bei diesem Anblick erinnere ich mich unwillkürlich an früher, als wir noch miteinander gespielt haben. Wenn ich so darüber nachdenke, schätze ich, dass wir wohl anfänglich sogar etwas ineinander verliebt gewesen waren, doch das Schicksal gönnte es uns nicht und so setzte sich unsere Beziehung lediglich in Clubs wie diesen hier und ganz selten auch einmal bei einem von uns Daheim fort. Selten reden wir mehr als nötig, wir wissen beide was wir wollen und dafür müssen wir nicht viel miteinander reden; trotzdem weiß ich, dass er im Ernstfall jederzeit ein offenes Ohr für mich hätte.
 

„Zieh dich aus.“, sagt er mit kalter Stimme, ohne sich zu mir umzudrehen. Gänsehaut breitet sich auf meinem ganzen Körper aus, es ist so lange her... trotzdem tue ich wie mir geheißen und versuche nicht weiter darüber nachzudenken. Ich kann mich kaum daran erinnern, wie sich das alles anfühlte, so viel Zeit ist seitdem vergangen, dass es mir vorkommt wie ein längst vergangener Traum. Werde ich Fehler machen?
 

Als ich fertig bin, zieht Kisaki mich an der Leine zu einem Strafbock, der genau im Blickfeld der Leute steht, die uns vielleicht durch das Fenster beobachten. „Du weißt, dass ich es nicht akzeptieren kann, wenn du mich so einfach vergisst... so lange allein lässt...“ Er seufzt und wirft mir einen gespielt bedauernden Blick zu, grinst dann aber lauernd. „Andererseits werden wir so heute Abend besonders viel Spaß haben.“
 

Über seine Definition von Spaß kann man wohl streiten. Für ihn mag es Spaß sein, für mich ist es ein Weg mich zu bestrafen, ohne selbst Hand anlegen zu müssen. Es ist ein Gefühl, das ich brauche um mit mir selbst klar zu kommen, um überhaupt noch in den Spiegel sehen zu können, nach allem, was ich dir angetan habe. Und es ist eine Möglichkeit zu vergessen.

Ohne ein weiteres Wort drückt er mich ohne zu Zögern mit dem Oberkörper über den Bock, fesselt erst meine Arme, dann die Beine, sodass ich mich keinen Zentimeter mehr bewegen kann. Gezwungen den Hintern so in die Höhe zu strecken, bin ich jedem hilflos ausgeliefert, der auf die Idee kommen sollte, sich an mir befriedigen zu wollen. Auch das ist etwas, was Kisaki schon das ein oder andere Mal mit mir hat machen lassen, jedoch waren es immer Männer, die wenigstens er schon vorher kannte. Selbst in dieser Welt, in der ich scheinbar keine Rechte habe, gibt es schließlich gewisse Regeln an die sich alle Beteiligten zu halten haben.
 

Kisaki bewegt sich aus meinem Blickfeld heraus, doch ich kann immernoch seine Schritte hören, spüre seine Blicke auf meinem Körper. Ob ihm gefällt, was er sieht? Oder ekelt sogar ihn der Anblick schon an...? Damals hat es ihn nie gestört, wie dünn ich auch wurde, aber Geschmäcker ändern sich schließlich... Minuten vergehen, er steht still, überlegt vielleicht, was er heute alles mit mir anstellen könnte. Mit jeder Sekunde beginnen meine Arme und Beine dank der ungewohnten Haltung mehr zu schmerzen, das Blut steigt mir in den Kopf, verursacht bald schon ein unangenehmes Pochen.
 

Plötzlich legt sich eine warme Hand auf meinen Rücken, streichelt sanft darüber, die Hoffnung auf ein wenig Zuneigung weckend. „Was denkst du, wäre eine angemessene Strafe, Die-chan?“ Nachdenklich stellt Kisaki diese Frage, doch in meiner momentanen Position habe ich nicht mehr das Recht unaufgefordert zu sprechen – es sei denn, um die Session vorzeitig zu beenden. „Zehn Schläge sollten vorerst genügen, nicht wahr?“ Er lacht leise, dann verschwindet seine Hand wieder. Ich weiß, das nächste was ich spüren werde, wird wohl die Reitgerte sein. Nichts, was ich nicht schon kenne... Ich verliere völlig das Zeitgefühl; wie lange bin ich schon hier? Wann kommt Kisaki zurück? Alles wirkt irgendwie unwirklich, wie in einem Traum, wo man zwar alles miterlebt, aber nichts spürt, nichts aktiv steuern kann.
 

Der erste Schlag holt mich zurück in die Realität. Er ist noch nicht allzu hart, aber der Schmerz breitet sich in heißen Wellen auf meiner Haut aus, hinterlässt nach einigen Augenblicken nur noch eine angenehme Wärme. Ein wohliges Seufzen entkommt mir und ich hoffe inständig, dass er es nicht gehört hat. Gerade noch rechtzeitig fällt mir eine wichtige Sache wieder ein: „Eins. Danke, Herr.“
 

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Kleine Ergänzung: Für alles die's nicht wissen, die beiden Schwulenviertel in Osaka und Tokyo, die hier erwähnt werden, gibt's wirklich und heißen auch so. Nur die Happening Bar "Beauty & Beast" ist eigtl kein Schwulenclub sondern ein ganz normaler Swingerclub in Tokyo.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zusatzkapitel: mail back (ShinyaXToshiya)

Die Tür schlägt zu. Obwohl es eigentlich ein leises Geräusch ist, weckt es Assoziationen in mir. Nach all der Zeit sollte ich mich daran gewöhnt haben, aber jedes Mal wenn soetwas passiert schrecke ich wieder zusammen. Mein Herz beginnt zu rasen und hört erst wieder nach Minuten damit auf, wenn ich mir wirklich sicher bin, dass es tatsächlich nur die Tür war. Meistens geschieht das dann, wenn du den Raum wieder betrittst und mit leisen Schritten und sanftem Lächeln auf mich zukommst ohne auch nur zu ahnen, was in solchen Momenten in mir vorgeht. Für dich ist das einzige Zeichen, das dir bei mir deutlich macht, dass jener schreckliche Tag vor einem Jahr überhaupt stattgefunden hat, die Albträume, die mich fast jede Nacht heimsuchen. Du weißt nichts von den Panikattacken, die mich manchmal überfallen, wenn ich alleine durch einen leeren Gang gehe, wie an jenem Tag damals als ich den Schuss hörte, oder die manchmal stunden- oder sogar tagelang andauernden dissoziativen Zustände, die meistens erst dann aufhören, wenn wir intim werden.
 

Auch jetzt kommst du wieder in deiner unerschütterlich Ruhe raus auf die Terasse, wo ich immernoch sitze. Die Sonne ist bereits untergegangen, Sterne leuchten am Himmel und die Luft ist spürbar abgekühlt, aber ich finde einfach nicht die Kraft aufzustehen und reinzugehen. Stattdessen beobachte ich dich, wie du dich an das Geländer stellst und gedankenverloren deinen Blick über das nächtliche Tokyo schweifen lässt. In dem Licht, das vom Wohnzimmer herausscheint, glänzt dein Haar wunderschön und Schatten betonen deinen zierlichen, doch so starken Körper auf fast magische Weise. Wie du so dastehst möchte ich dich am liebsten fest in die Arme schließen und nie wieder loslassen – wenn ich mich überhaupt bewegen könnte im Moment.
 

Dann drehst du dich irgendwann um. „Schon seltsam, nach all der Zeit...“ Auch wenn du den Satz unvollendet lässt, kann ich mir denken, was du meinst. Du warst ja noch nie jemand der vielen Worte, aber in der letzten Zeit habe ich das mehr denn je zu schätzen gelernt, denn du beschränkst dich auf das, was gesagt werden muss. Manchmal kann Schweigen doch auch ganz schön sein. Hätte mir jemand vor ein paar Jahren gesagt, dass ich heute so denken würde, ich hätte denjenigen für verrückt erklärt. Aber Menschen ändern sich; leider nicht immer zum Positiven.
 

„Seltsam kommt mir in dem Sinn aber nicht gerade gut vor.“, bemerke ich leise und bin mir erst garnicht sicher, ob du es überhaupt gehört hast, bis du auf mich zukommst und dich neben mich setzt. Dein Körper strahlt eine angenehme Wärme aus, sodass ich nicht umhin kann, mich etwas an dich zu lehnen. Sofort legst du schützend einen Arm um mich und ich schließe die Augen, kann endlich ein bisschen entspannen.
 

„Das wird schon wieder.“ Du hörst dich zuversichtlich an, aber ich kann deinen Worten noch keinen Glauben schenken. Vielleicht kann ich es irgendwann, vielleicht aber auch nicht und das alles hat am Ende doch keinen Sinn und wir beiden werden den Rest unseres Lebens arbeitslos in diesem Molloch von Stadt verbringen. Nein, danke. Wenn schon arbeitslos dahinsiechen, dann wenigstens daheim in Osaka... oder Kyoto... Kyo schwärmt doch immer so davon, da muss es ja irgendetwas in der Kaiserstadt geben, das einen gewissen Reiz ausübt. Wie auch immer... was bringt es schon sich jetzt darüber Gedanken zu machen. Abwarten und Teetrinken was Übermorgen bringt. Ob Kaoru sich überhaupt wieder einkriegt?
 

„Komm, lass uns ins Bett gehen, es ist spät.“ Mir bleibt nur ein ergebenes Nicken, ich will nicht mehr selbst denken und eigene Entscheidungen treffen müssen. So folge ich dir und kurze Zeit später liegen wir nebeneinander im Bett, ich mit dem Rücken zu dir, eingerollt um möglichst wenig Angriffsfläche für entweige, nicht anwesende Bedrohungen zu bieten. Ich kann deinen Blick auf meinem Rücken spüren, äußerlich sicher kühl und ausdruckslos, doch innerlich machst du dir Sorgen, wie immer eben.
 

Irgendwann beginnst du mir sanft über die Schultern zu streicheln, nur der Hauch einer Berührung, aber so intensiv wie kaum etwas anderes, bis du zärtlich die Arme um mich legst und näher an mich rückst, als wolltest du mich schützen. In der Kühle der Nachtluft ist mir kalt, doch deine Haut strahlt eine unbändige Hitze aus. Am liebsten würde ich in dich hineinkriechen, um diese Wärme an meinem ganzen Körper spüren zu können, aber wie draußen noch kann ich mich wieder kaum rühren. Deine schlanken Finger beginnen durch mein Haar zu kämmen und schicken Schauer über meinen nackten Rücken, bis sie beginnen die Konturen meines Gesichts nachzuzeichnen, eine Spur deiner Wärme auf jedem Millimeter, den du berührst, hinterlassend. Unbewusst kuschle ich mich näher an dich, lehne mich in jede dieser federleichten Berührungen; langsam lässt die Starre nach, die mich zuvor ergriffen hat.

Es ist mir ein Rätsel, wie ein so schöner, liebenswürdiger und alles in allem einfach perfekter Mann sich gerade in mich verlieben konnte oder womit ich dieses Glück verdient habe, aber ich weiß, dass es keinen Sinn macht darüber nachzudenken und so nehme ich dieses Geschenk einfach als das an, was es ist und genieße es solange ich kann. Deine Hand wandert weiter hinab, streift nur kurz meinen Hals, bevor sie ihre Reise über mein Schlüsselbein zu meiner Brust fortführt. Du weißt, dass ich nicht gerne am Hals berührt werde, die Vorstellung, dass mir jemand die Luft abschnüren könnte, ist zu erschreckend. Seit meiner Kindheit schon erfüllt mich der Gedanke zu ersticken mit unendlicher Panik, aber woher das kommt, weiß ich nicht so genau.
 

Als du beginnst meine Brustwarzen zu liebkosen, beiße ich mir auf die Lippe um ein Keuchen zu unterdrücken. Ich will diese Stille gerade nicht durchbrechen, es ist, als würde ein Bann über uns liegen und die Vorstellung diesen zu zerstören scheint irgendwie falsch. So ist es oft zwischen uns, häufig lieben wir uns still, in gegenseitigem Einverständnis und völliger Ruhe, als wären wir schon immer perfekt füreinander gewesen. Vielleicht sind wir das ja auch wirklich, wer weiß das schon. Aber ich liebe diese Art, wie wir miteinander schlafen, es ist ein Gefühl, als würden wir für diese Zeit in unserer eigenen Welt leben, in die uns niemand folgen kann; etwas was ich bei keinem anderen Mann und keiner Frau zuvor erlebt habe.

Manchmal glaube ich, dass du alles bist, was mich noch bei Verstand hält, wenn du allein durch dein Lächeln oder einen unschuldigen Kuss all meine Ängste vertreibst. Und auch als ich später in dieser Nacht wie so oft schweißgebadet aus meinen Albträumen erwache, ist es deine Nähe, die mein rasendes Herz wieder beruhigt und der Anblick deines weichen Gesichts, das mir die Sicherheit gibt, die ich brauche, um das alles irgendwie ertragen zu können. Wieder habe ich mich in den Schlaf geweint, ohne dass wir ein Wort darüber gewechselt haben, denn du hast längst akzeptiert, dass ich den Grund für diese Tränen nicht kenne, die jedes Mal ihren Weg über meine Wangen finden, nachdem wir Sex hatten.
 

„Wieder schlecht geträumt?“, dringt deine leise Frage wie immer durch die kühle Nachtluft und wie immer antworte ich: „Ja.“ und setze mich auf, ziehe die Knie an und lege die Arme darum um meinen Kopf darauf zu betten. Es gibt mir irgendwie das Gefühl der Sicherheit zurück, nachdem ich mich jedes mal nach diesem Traum so wehrlos und ausgeliefert fühle. Dem Schicksal ausgeliefert, so nennt man das wohl; Kyo wüsste wahrscheinlich wie man es richtig beschreibt.
 

Kyo... wie kann er Dies Anwesenheit nur ertragen, nach allem was geschehen ist? Ich kann es doch selbst kaum, dabei kenne ich nur einen Bruchteil dessen, was wirklich passiert ist. Allein sein Gesicht zu sehen hat die ewige Angst, die mich heutzutage beherrscht noch schlimmer werden lassen und am liebsten hätte ich ihm in dem Moment, als er dort neben Kyo stand, die Tür vor der Nase zugeschlagen. Wenn allein so eine Situation mich schon überfordert, wie soll ich dann in seiner Gegenwart noch arbeiten können? Wie soll ich das Zittern meiner Hände unterdrücken, um das Plec irgendwie in den Fingern zu halten und die richtigen Akkorde zu greifen? Der Gedanke an die Zukunft ist erschreckend und furcheinflößend, am liebsten würde ich die Zeit anhalten.
 

Auf dem Nachttisch beginnt mein Handy zu vibrieren. Als ich danach greife, verrät mir ein Blick auf dich, dass du bereits wieder schläfst, unruhig zwar, aber immerhin. Mittlerweile weißt du, dass du mir ohnehin nicht aktiv helfen kannst in diesen Situationen, hauptsache du bist da und unbewusst streichelst du mir über die Hand. Das sanfte blaue Licht, dass von dem Bildschirm das Zimmer ein wenig erhellt, blendet mich erst in den Augen, bevor ich endlich erkenne, was in der sms steht. >Hast ne mail. Kyo.< Eine typische Nachricht, wie ich sie in den letzten Monaten nur zu oft bekommen habe und er genauso. Auf gewisse Weise teilen wir ein ähnliches Schicksal... so schlimm das alles auch war, hat es uns viel enger aneinander geschweißt, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.
 

Also greife ich nach meinem am Boden neben dem Bett liegenden Laptop und warte bis das lahme Teil endlich betriebsbereit ist. Hab wohl einfach zu viel Krams darauf gespeichert... vielleicht sollte ich mal aufräumen... ich hasse aufräumen... Mit einem resignierenden Seufzer mache ich mich an die harte Arbeit mich mit einer Hand in das Mailprogramm einzuloggen, um die Mail endlich aufzurufen. Jede dieser Mails erwarte ich gleichzeitig mit einer gewissen Spannung und Vorfreude, fürchte sie aber zugleich, da ich nie weiß, in was für einem Zustand Kyo wieder ist, wenn er sie schreibt.
 


 

>Manchmal wär ich froh, wenn er damals ein bisschen besser gezielt hätte. Oder der Krankenwagen im Stau gestanden hätte. Oder sonstwas... weiß du wie das ist, wenn man eigentlich das Gefühl hat, man müsste tot sein, aber man lebt trotzdem? Und dann schleicht sich da der Gedanke ein, dass ich vielleicht nichtmal sterben kann, wenn ich will, dass mir das das Schicksal nicht erlauben würde...

+.+ <- das bin ich. Ein lebender Toter. XD<
 

Typisch., denke ich mir nur, muss aber grinsen. Manchmal fühle ich mich genauso, wie er es gerade beschreibt, aber seine Worte versetzen mir auch einen Stich ins Herz, denn ich bin ja Schuld, dass er noch lebt, weil ich da war. Kaoru hat zwar den Krankenwagen gerufen, aber meinetwegen, waren alle so schnell da. Ob er wohl wütend ist? Ich versuche das erstmal zu verdrängen und lese weiter.
 

>ihn heute wiederzusehen war irgendwie schön. Klar, du kannst mich jetzt als verrückt abstempeln, wahrscheinlich bin ich's... aber ich hab ihn vermisst... so sehr... so sehr... ich kanns nicht erklären, aber in dem Moment, da ich ihn dort hab stehen sehen, vor eurer Tür, da... hat irgendwas in mir *klick* gemacht... und plötzlich war alles wie früher... ich weiß ja, dass es so nicht sein sollte, aber ich kann nichts dagegen tun...

Was wäre wohl die normale Reaktion auf eine Situation wie die zwischen ihm und mir?

~ Angst. Ich könnte mit Angst reagieren und alle würden verstehen.

~ Wut. Für das, was er mit angetan hat. Und was er uns angetan hat. Und alle würden verstehen.

~ Apathie und Vergessen. Ich würde garnichts fühlen und ihn ignorieren und aus meinem Leben streichen und die ganze Zeit, die ich mit ihm zusammen war, gleich mit dazu. Wieder würden alle verstehen, oder nicht?

Aber womit ich reagiere ist das: Verlangen. Sehnsucht. Lust. Und was für mich jetzt in diesem Moment daraus resultiert ist das: Schuld.
 

mail back...<
 

Seine Worte treiben mir wieder die Tränen in die Augen und verursachen Gänsehaut, schicken mir eiskalte Schauer über den Rücken. Du schläfst immernoch und das ist wohl auch gut so. Ich will das hier nicht erklären müssen. Für Kyo und mich ist das hier eine Art der Selbsttherapie. Wir bilden uns ein mit einem Fremden zu schreiben und reden nie darüber, was wir einander Nachts schreiben, wenn wir uns dann gegenüberstehen. Es ist so eine Art stilles Einverständnis, denke ich, aber ich verstehe das ganze nicht so wirklich. Ich weiß nur, dass es mir hilft und ihm doch bestimmt auch... also antworte ich auch gleich.
 

>Wieso Schuld? Fühlst du dich schuldig? Weil du ihn immernoch begehrst? Ich kann nicht behaupten, dass ich das verstehe... weder, warum du ihn begehrst, noch warum du dich deshalb schuldig fühlst. Du kannst ja nichts für deine Gefühle. Und noch weniger kannst du was dafür, dass er dir so wehgetan hat... aber das hab ich dir ja schon oft genug gesagt, ne? Sollte mir wohl langsam mal ne neue Strategie ausdenken... ^__~

aber falls es dir hilft: ich bin froh, dass du noch lebst... nur mal so nebenbei...

hmm... Shinya schläft. Ich hatte schon wieder Albträume. Irgendwie mach ich mir Sorgen, dass ich nichtmehr spielen kann. Ich hab Angst vor übermorgen.<
 

Ich weiß nicht was ich anderes schreiben soll und klicke deshalb schnell auf >senden<. Wenn ich zu lange Gelegenheit dazu habe über das Geschriebene nachzudenken, traue ich mich nichtmehr so offen mit meinen Gefühlen zu sein und lösche die Hälfte wieder. Aber das wäre ja nicht der Sinn der Sache. Also warte ich...

Danke für eure lieben Kommentare ^-^ *kekse dalass*
 


 

Es ist weit nach Mitternacht, als wir leicht torkelnd bei Kisakis Wohnung ankommen. Eigentlich hätte es ja nur ein Drink sein sollen, aber irgendwie wurde daraus mehr... viel mehr. Und da die U-Bahnen längst nicht mehr fahren, wir nicht genug Geld – und auch zu wenig Geduld – fürs Taxi hatten und seine Wohnung am nächsten ist, haben wir uns mehr oder weniger verbal dazu entschlossen hierher zu kommen. Mir ist es ein wenig unangenehm, nach den Ereignissen des Abends die Nacht so nah bei ihm zu verbringen, aber was bleibt mir schon anderes übrig. Allein sein Arm stützend um meiner Hüfte treibt mir schon wieder die Schamesröte auf die Wangen und ich würde am liebsten einfach abhaun.
 

Das leise Klirren der Schlüssel hallt in dem leeren Gang unnatürlich laut wieder, als Kisaki die Tür auschließt und mich hinter sich her in das Apartment zieht. Die Dunkelheit kommt mir vor wie ein Segen, kurz schließe ich die Augen und hätte im Stehen einschlafen können, wenn er nicht das Licht angemacht hätte. Murrend zwinge ich mich dazu, die Schuhe auszuziehen, schlurfe dann hinter ihm her in die Küche, die gleichzeitig das Esszimmer ist. Der Rest der Wohnung besteht lediglich noch aus Bad und Schlafzimmer, aber für solche Kleinigkeiten habe ich in diesem Moment keinen wirklichen Sinn und lasse mich erschöpft auf einen der stilvollen Holzstühle am dazu passenden Tisch fallen.
 

„Oh man...“ Kisaki lehnt an der Küchenzeile, die Augen geschlossen. „Sport ist Mord...“

„Mmmh...“, gebe ich nur nichtssagend von mir und überlasse die Interpretation dieses Lautes für heut mal anderen. Der unfreiwillige Spaziergang und die kühle Luft draußen haben die Wirkung des Alkohols längst abgeschwächt und schon kommen mir wieder unwillkommene Gedanken. Aber statt mich diesen Grüblereien hinzugeben, konzentriere ich mich auf meinen Gastgeber, der jetzt fast den Eindruck macht, als würde er schlafen, mal von der Tatsache abgesehen, dass er ab und zu noch an der Zigarette zwischen seinen Lippen zieht. Beim Anblick eben jener Lippen wiederrum, erwische ich mich dabei, mir zu wünschen, sie jetzt berühren zu können. Ob er wohl etwas dagegen hätte?
 

„Was macht euer Kao-chan eigentlich so?“, fragt er plötzlich und sieht mich an. Die Frage hört sich im ersten Moment unbeteutend an, aber sie ist alles andere als das.

„Keine Ahnung.“, gebe ich wahrheitsgemäß zurück. Es tut weh zu wissen, dass sich das vielleicht auch nie wieder ändern wird, denn wer kann jetzt schon sagen, ob Kaoru sich irgendwann wieder mit meiner Anwesenheit arrengieren kann.
 

„Ist er... immernoch mit diesem Mädchen zusammen?“ Er drückt seinen Glimmstängel im Aschenbecher aus und setzt sich mir gegenüber, sieht mich aufmerksam an. Was hätte ich auch anderes erwarten sollen; dass er seine Vernarrtheit in Kaoru irgendwann mal aufgibt? Obwohl es eigentlich völliger Unsinn ist, spüre ich eine Spur von Eifersucht.

Ich zucke die Achseln. „Zumindest weiß ich momentan nichts gegenteiliges.“

Er seufzt leise. „Was ist mit dir los, Die?“
 

Muss er dieses Thema unbedingt wieder aufgreifen? Wenn ich jetzt 'zufällig' umkippe, kann ich ihn vielleicht noch davon überzeugen, dass ich doch viel stärker betrunken bin, als es gerade den Anschein hat und morgen habe ich – natürlich auch rein zufällig und uneigennützig – einen kleinen Blackout was dieses Gespräch betrifft. Aber das würde letztendlich auch nichts ändern und er würde das Thema ein weiteres Mal aufgreifen. Auch eine Lüge kommt eigentlich nicht in Frage, die würde er sofort bemerken... Doch die eigentlich absurde Wahrheit kann ich ihm auch unmöglich verraten!?
 

„Nichts. Lass uns schlafen gehen.“ Zu meinem Erstaunen wiederspricht er nicht. Kurze Zeit später liegen wir frisch geduscht in der Dunkelheit seines Schlafzimmers. Ich lausche seinem ruhigen, gleichmäßigen Atem, würde mich am liebsten nahe an ihn kuscheln nur um ein klein wenig Körperwärme zu bekommen, aber ich weiß, dass ich das nicht verdiene. Eigentlich bist du der einzige, der mir soetwas zugestehen könnte, aber dazu wird es nie wieder kommen, oder? Bedeutet die Tatsache, dass du mich vermisst hast, überhaupt etwas? Hast du mich vermisst oder den Sex oder gar nur... eine Rechtfertigung dafür, dass du dich verletzen kannst? Wer weiß das schon und mittlerweise traue ich dir eigentlich alles zu, Kyo, so schwer es auch ist, das zuzugeben. Es tut weh zu wissen, dass du mich wohl niemals für das lieben wirst, was ich bin oder es zumindest nicht auf die Art tun wirst, wie ich es mir wünsche. Aber warum sollten meine Wünsche auch jemals in Erfüllung gehen? Verlange ich vielleicht zuviel, nachdem mein Wunsch ein berühmter Gitarrist zu werden erfüllt worden ist, sollte ich vielleicht einfach aufhören darauf zu hoffen, dass mich irgendjemand lieben kann?

„Du grübelst schon wieder.“ Kisakis leise Stimme lässt mich aufschrecken. Er schläft wohl doch nicht... offensichtlich. Er dreht sich zur Seite und in dem wenigen Licht erkenne ich, wie er mich ansieht. Diese Situation macht es nur noch schwerer der Verlockung zu wiederstehen mich einfach an ihn heranzukuscheln.
 

„Was dagegen?“, frage ich bedrückt und lege meine Hand direkt zwischen unsere einander zugewandten Gesichter, was er hoffentlich nicht sieht. Doch er tut es und legte seine sanft darüber.
 

„Ja. Bevor du grübelst solltest du besser über deine Probleme sprechen.“ Er hört sich so ernsthaft an. Aber etwas in mir wehrt sich immerzu dagegen gerade mit Kisaki über ernste Dinge zu sprechen. Er war noch nie der erste Ansprechpartner für sowas. Andererseits ist jetzt keiner mehr übrig, dem ich meine Gedanken anvertrauen könnte. Zu dir zu gehen habe ich kein Recht und Kaoru möchte mich nicht einmal sehen. Toshiya schien mich den ganzen vorangegangenen Abend beinahe mit Blicken töten zu wollen und Shinya sitzt zu sehr zwischen den Fronten. Und warum sollte auch gerade er mir helfen, wo ich doch früher oft so gehässig ihm gegenüber war?
 

„Was glaubst du wie oft ich diesen Satz im letzten Jahr gehört habe...“, murmle ich leise, mehr zu mir selbst. Vor meinem inneren Augen taucht das Bild einer gesichtslosen Person in weißem Kittel auf, ein gespielt verständnisvolles Lächeln auf den Lippen, ein Klemmbrett auf dem Schoß. Immer wieder diese Aufforderung, dieselben Fragen sich jeden Tag wiederholend, die darauffolgende Stille, das Fehlen von Worten, von Erklärungen. Währenddessen nur ein einziger, immer bleibender Gedanke: an dich... Kyo... Es scheint mir als hätte mit meinem ersten Schritt aus der Klinik hinaus ein unaufhaltsamer Fall begonnen, der zwar noch lange nicht enden wird aber letztendlich, wie alles andere auch, nur in einer einzigen Konsequenz enden kann.

Vielen Dank für eure Kommis ^_____^
 


 

„Was willst du eigentlich?“

„Meine tägliche Portion Kuscheleinheiten!“, grinst Toshiya dich von unten herauf an. Er hat es sich auf deinem Bauch gemütlich gemacht und piekst dir mit seiner gesunden Hand fröhlich auf dem Bauch herum.
 

„Geh zu Shinya, der ist ja wohl dafür verantwortlich, oder?“ Trotz der harten Worte ziert ein leichtes Lächeln deine Lippen und du streichst dem jüngeren einige verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dieser Anblick gibt mir einen Stich ins Herz, gleichzeitig jedoch fühlt es sich auch gut an, die Art wie die beiden miteinander umgehen, eine Spur von Normalität. Trotzdem bin ich nervös, mein Puls rast, mein Blick schweift immer wieder zu Tür, darauf wartend, dass Kaoru endlich kommt. Denn keiner weiß ob er wirklich kommen wird.
 

Auch Shinya sieht immer wieder von seiner Zeitung auf um zum Eingang zu sehen, während Toshiya und du herumalbert, als wäre alles wie immer. Obwohl es jetzt schon der dritte Tag ist, den ich in „Freiheit“ verbringe, habe ich mich noch kein bisschen in den Alltag eingelebt. Die letzte Nacht, die ich schließlich alleine in meiner alten Wohnung verbracht habe, war die reinste Hölle. Die Stille und Einsamkeit, die ich ganz einfach nicht mehr gewohnt bin, hat mir beinahe den letzten Nerv geraubt, alles in allem habe ich vielleicht zwei Stunden geschlafen und bin jetzt dementsprechend gerädert.
 

Gerade als ich für eine Weile die Augen schließen will, geht die Tür endlich mit ihrem charakteristischen Knarren auf. Ich traue mich erst garnicht hinzu schauen, zwinge mich dann aber doch dazu. Kaoru hat sich auf den ersten Blick kaum verändert, wie immer trägt er Jeans und irgendein dunkles T-Shirt, der Bart ist vielleicht ein wenig dichter geworden. Doch bei genauerem Betrachten scheint er unglaublich gealtert zu sein, seine Augen sind müde, dunkle Schatten darunter, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Seine Haut ist blass und sieht irgendwie ungesund aus, aber da sollte gerade ich wohl nichts sagen, ich möchte nämlich nicht wissen, was für einen Eindruck ich auf die anderen mache.
 

„Hi, Kao.“ Shinya schenkt ihm ein freundliches aber zurückhaltendes Lächeln. Kaoru kommt langsam rein,

sieht ungewohnt unsicher aus dabei und setzt sich mit einem kurzen Nicken als Begrüßung auf den 'Leader-Sessel', sieht aufmerksam in die Runde, wobei sein Blick auf mir wesentlich kürzer hängenbleibt als auf den anderen. Ehrlich gesagt kann ich es ihm ja nicht verübeln, aber es tut trotzdem weh so von ihm ignoriert zu werden.
 

„Oi, Leader-chan!“ Toshiya lächelt etwas verunglückt und steigt wiederstrebend von dir runter. Jetzt sitzen wir hier, wie die Hühner auf der Stange, und schweigen uns an. Soll ich etwas sagen? Und wenn ja, was? Wenn ich Kao jetzt anspreche wird er vielleicht nur sauer und dann schmeißt er mich raus oder sowas in der Art. Unsicher sehe ich zu dir rüber, du zuckst kurz die Achseln, schaust dann erwartungsvoll zu Kaoru, der noch immer keine Anstalten macht etwas von sich zu geben.
 

„Ano...“, beginnt Shinya etwas unbehaglich, unterbricht sich dann aber nur selber mit einem leisen „hm.“ Keiner scheint wirklich zu wissen, wie es jetzt weitergehen soll, ich sowieso am allerwenigsten. Am liebsten würde ich im Boden versinken oder unsichtbar werden, gleich hier auf der Stelle, und erst wieder auftauchen wenn alles wieder so ist, wie es sein sollte.

„Hey, es führt zu nichts, wenn wir uns jetzt den ganzen Tag anschweigen...“, wirfst du leise ein, scheinst aber selbst sehr verunsichert. Irgendwie fühle ich mich dadurch nichtmehr ganz so einsam hier, seltsamerweise fühlt es sich schon so an, als wärst du mein einziger Verbündeter, obwohl das eigentlich absurd ist.
 

„Na, wenn du was zu sagen hast, hält dich bestimmt keiner auf...?“, gibt Kaoru leicht giftig zurück. Ich habe Angst. Vor dem was kommen wird und vor dem, wie Kaoru jetzt ist. Ist er überhaupt noch unser Kao? Ich erkenne ihn kaum wieder... „Ich frag mich echt, ob das hier alles noch so eine gute Idee ist...“, fügt er leise, kaum hörbar hinzu und sieht dabei niemanden an.
 

„Du warst doch mit einer der ersten von uns, der zugestimmt hat, dass Dir en grey weiterbesteht.“, wirft Shinya ein wenig verwundert ein. Nervös trommelt er mit den Fingern auf der Fool's Mate herum, die auf seinem Schoß liegt; ein Geräusch, das einen wirklich in den Wahnsinn treiben kann, denn das scheint irgendwie ein weitverbreiteter Drummer-Tick zu sein: immer und überall auf irgendetwas herumdeppern zu müssen.
 

„Seitdem ist viel Zeit vergangen.“, bemerkt Kaoru. Er ist ein Meister darin ihm unangenehmen Dingen aus dem Weg zu gehen, in diesem Fall sind das unsere Blicke. Aber bevor ich in deinen Augen ohnehin nur Abscheu und Wut entdecke, begegne ich ihnen lieber garnicht und starre selber auf den Boden. Aber bedeuten seine Worte, dass er nicht mehr weitermachen will? Oder dass ich draußen bin? Oder dass Dir en grey doch am Ende ist? All diese Gedanken machen meine Angst nur noch schlimmer. Mit Schrecken bemerke ich, wie meine Hände anfangen zu zittern, verschenke die Arme schnell vor der Brust, damit es keiner bemerkt. Nur keine Schwäche zeigen!
 

Ein fast ergebenes Seufzen dringt über die Lippen unseres Leaders und er reibt sich erschöpft über die Augen. „Bitte verlangt nicht von mir, dass ich jetzt weiß, wie es weitergehen soll... denn ich habe keine Ahnung.“ Obwohl seine Aussage auf einer Seite schmerzhaft ist, das Wissen, dass sogar er einmal keinen Rat weiß, ist die Tatsache, dass noch genügend Vertrauen zwischen uns bestehen muss damit er seine Schwäche so offen eingesteht, doch tröstend. Bedeutet das nicht etwas? Oder ist es die Verzweiflung, die mich zu diesem Glauben treibt?
 

„Keiner verlangt das von dir.“, stellt Shinya überzeugt klar. Überhaupt scheint er in den letzten Tagen viel mehr zum Bandleader avanciert zu sein, als Kaoru es momentan ist. „Vielleicht ist es das beste, bevor wir jetzt irgendeine übereilte Entscheidung treffen, dass wir versuchen uns erstmal wieder etwas näher zu kommen.“ Auffordernd blickt er in die Runde und erntet mehr oder minder überzeugtes Nicken von allen Seiten. Irgendwie kommt mir das alles hier nicht richtig vor. Die ganze Atmosphäre ist völlig gezwungen, alle fühlen sich unwohl und scheinen froh, wenn sie endlich wieder hier weg können.
 

„Gute Idee, Shin-chan!“ Du streckst beide Daumen in die Höhe und grinst kurz. Langsam glaube ich zu verstehen, was Shinya damit meinte, als er sagte, du wärst so ungewohnt 'normal'. Du bist normal, so normal wie nie – wer ist schon normal? - und zugegebenermaßen macht mich das etwas unruhig. Aber ich soll mich weniger auf dich konzentrieren und das werde ich ab jetzt versuchen in die Tat umzusetzen. Es bleibt natürlich abzuwarten wie erfolgreich diese Aktion am Ende verlaufen wird und irgendeine schlechte Vorahnung sagt mir, dass das Ergebnis wohl nicht allzu positiv sein wird. So in Gedanken verloren ist mein Blick auf die hängen geblieben, ohne dass du es gerade bemerkst. So gerne würde ich dir noch einmal über diese wunderbaren seidig glatten Haare streicheln, deine weichen, vollen Lippen berühren dürfen und mich der Illusion hingeben, dass du mich liebst. Die Illusion ist einfach zu schön als dass ich sie so einfach aufgeben könnte, doch 'sie' haben mich dazu gezwungen und jetzt muss ich mich zusammenreißen um mich nicht doch wieder darin zu verlieren.

Vielen Dank für eure Kommis! ^___^ und tut mir leid, dass ich mit dem posten immer so lang brauche >.<
 

Viel Spaß! ^^
 


 

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Ein Club in der Innenstadt. Der erste Schritt in Shinyas „Näherungs-Mission“. Noch bin ich nicht ganz davon überzeugt ob das der richtige Ort dafür ist, sich wieder näher zu kommen, besser kennen zu lernen. Laute Musik, viel Alkohol, was sind das schon für Vorsaussetzungen? Natürlich, vielleicht lockert letzteres ein wenig die Stimmung, aber wird das wirklich reichen?

Ich bin einige Stationen zu früh ausgestiegen, um noch ein wenig frische Luft schappen zu können. Im Moment gibt mir das das Gefühl wieder ein wenig mehr in diese Welt hineinzupassen, mich der Gegenwart verbundener zu fühlen. Mir kommen immer wieder Gedanken, dass ich in dem letzten Jahr soweit von der Welt abgeschnitten war, dass ich jetzt in einer ganz anderen Realität lebe. Alles was in dieser Zeit passiert ist, ist für mich nun neu, ich fühle mich fremd, als hätte man mich einfach hier ausgesetzt in der völligen Fremde. Nun muss ich alles wieder neu lernen, das Leben erlernen und lernen zu begreifen, wie die alltäglichsten Dinge funktionieren. In all diesen Monaten wurde ich gezwungen mich so sehr auf mein Innerstes zu konzentrieren, dass ich den Bezug zur Außenwelt vollkommen verloren habe. Es macht mir Angst so viele Leute so eng bei mir zu haben, in dem Gedränge auf den Straßen immer wieder willkürlich berührt zu werden bringt mein Herz zum rasen, meinen Körper zum Zittern. All diese Menschen kommen mir plötzlich wie eine Bedrohung vor, weil sie so fremd sind, so anders... Lärm überall, vorbeirasende Autos, herumhetzende Leute... Das alles baut sich wie eine Mauer um mich herum auf und der Ausgang ist unendlich weit entfernt, unerreichbar und alles in mir wehrt sich dagegen überhaupt nach ihm zu suchen.
 

Plötzlich weigern meine Füße sich auch nur noch einen Schritt weiterzugehen. Als ich mitten auf dem Bürgersteig stehen bleibe, rempelt mich ein älterer Anzugträger an und keift irgendetwas, während er in der einen Hand noch ein Handy hält. Eine Gruppe Mädchen sieht mich schräg von der Seite her an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Eine ältere Frau bleibt stehen, blickt mir geradeaus ins Gesicht. „Geht es Ihnen gut, junger Mann?“ Ich kann mich nicht dazu bringen etwas zu erwidern, obwohl ich es so gerne will, ich will sie nicht vor den Kopf stehen. Doch als ich nach einigen Augenblicken noch nicht antworte, geht sie kopfschüttelnd weiter. Natürlich, wie könnte sie auch verstehen, wie könnte jemand eine Person wie mich verstehen? Je mehr Leute ohne Reaktion an mir vorbeilaufen, desto mehr fühle ich mich isoliert, der Welt entrückt, mehr denn je gehöre ich nicht dazu.
 

Sekunden vergehen, aus ihnen werden Minuten, am Ende stehe ich sicherlich eine viertel Stunde, wenn nicht sogar länger, so da, regungslos. Dabei wird mir eines klar: wenn ich nicht irgendwie mein altes Leben zurückbekomme, bin ich verloren. Was auch immer das letztlich auch bedeuten würde, doch ich brauche die Band und noch wichtiger: meine Freunde. Auch wenn ich mich nichtmal sicher bin, ob man das, was zwischen uns besteht, noch als Freundschaft bezeichnen kann.

Wie auch immer nun die Realität auch aussehen mag: ich werde ihnen beweisen, dass ich mich geändert habe, dass ich wieder der Alte sein kann, der Gitarrist, den sie seit so vielen Jahren kannten!
 

Mit diesem Entschluss gefasst, fällt es mir auf einmal wieder leicht weiterzugehen, komme schließlich am Club an, noch nicht einmal so sehr zu spät – was ein Wunder. Trotzdem fällt es mir bei dem Anblick der vielen Leute auch hier nicht einfach mein Unwohlsein zu überwinden und hineinzugehen. Der Laden hier ähnelt mehr einer Lounge, überall sitzen junge Männer und Frauen herum, trinken Cocktails, unterhalten sich, lachen, sind ausgelassen. Auf einer kleinen Bühne spielt eine Band, die Musik ist irgendwo zwischen Pop und Trance, aber zum Glück nicht zu laut, so dass man es noch auszuhalten ist. Etwas unsicher bleibe ich am Eingang stehen und lasse den Blick erstmal durch den Raum schweifen, bis ich Kaoru an einem Tisch in der hintersten Ecke entdecke. Von den anderen noch keine Spur.
 

Nicht, dass mich das irgendwie beunruhigt... nein, es ist doch eine tolle Aussicht hier mit jemandem zu sitzen, der einen mit viel Glück nur ignoriert und einem nicht noch dazu an die Kehle geht. Ja, was ein Witz, nicht wahr? Ist die alte Maske des Spaßvogels in mir wohl doch noch nicht so ganz verschwunden, wie? Und davon kauf ich mir jetzt einen Blumentopf.

Da es aber leider etwas unpraktisch wäre auf die anderen zu warten, nur um Kaoru nicht allein gegenübersitzen zu müssen – was irgendwann ohnehin unweigerlich passieren wird – bahne ich mir langsam einen Weg durch den überfüllten Raum. Ich versuche die Blicke der Leute zu ignorieren, obwohl ich mir diese wohl sowieso nur einbilde. Nach so langer Zeit wird sich sicherlich keiner mehr gerade an mein Gesicht erinnern und selbst wenn, werden sie sich nichts dabei denken: nur ein gefallener Rockstar, der nach dem Höhepunkt seiner Karriere auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde. So nähere ich mich langsam aber sicher mit jedem weiteren Schritt meinem Untergang, zumindest fühlt es sich gerade so an.
 

Schließlich stehe ich vor Kaoru, ohne die geringste Ahnung, was ich überhaupt sagen soll. Gott sei Dank nimmt er mir diese Frage nach wenigen Augenblicken ab. „Willst du dich nicht setzen?“ Mit fragendem Blick nickt er zu dem Platz schräg von ihm – er sitzt auf einer Eckbank. Tief durchatmend setze ich mich also, werfe ihm nur ab und zu aus dem Augenwinkel einen Blick zu. Aber so kann das nicht weitergehen, oder? Wie sollen wir als Band und als Freunde wieder zueinander finden und uns näher kommen, wenn wir uns anschweigen?

„Ano... wie geht’s dir so?“ Ansehen kann ich ihn immer noch nicht, aber wenigstens die Sache mit dem Sprechen klappt schonmal. Das ist doch ein Anfang.
 

Er zuckt die Achseln, spielt mit der Bierflasche vor ihm auf dem Tisch herum. „Ganz okay... könnte schlechter gehen.“ Na gut, damit wäre dieser Gesprächsteil wohl schon abgehakt. Was kommt als nächstes? Seltsamerweise scheine ich komplett verlernt zu haben, wie man ein Gespräch führt. Vorbei ist die Zeit, da ich meine Unsicherheit durch Smalltalk überspielt habe, jetzt funktioniert nichtmal das mehr. Die einzige, wenig attraktive Alternative ist das Schweigen, was alles in allem aber keine sonderlich guten Eindruck bei anderen hinterlässt und uns auch nicht weiterbringt. Wo bleiben die anderen nur?

„Und selbst?“
 

„Hm?“ Wahrscheinlich hab ich mir nur eingebildet, dass er was gesagt hat. Oder?

„Wie's dir geht?“, wiederholt Kaoru und schaut mich an, so intensiv, dass ich nicht ander kann als auch aufzusehen. Es ist seltsam; dieser Mann, der mir jahrelang ein so guter Freund gewesen war, der mich nun mit einem kühlen Blick mustert, dem er so nicht mal einem Fremden zuwerfen würde. Wir waren wie Brüder, doch was ist jetzt noch davon übrig? Ich stehe vor einem riesigen Scherbenhaufen, der einmal der Traum von fünf jungen Männer war, eine Band zu gründen, wie sie die Welt noch nie gesehen hat, erfolgreicher und berühmter zu sein als jemals irgendjemand zuvor. Und das alles soll jetzt vorbei sein? Zumindest fühlt es sich so an...
 

„Ging schon besser.“, erwidere ich wahrheitsgemäß und seufze leise. Ob er das alles wohl genauso sieht? Zum Glück bleibt mir alles weitere Grübeln erstmal erspart, als Shinya und Toto endlich auftauchen, Hand in Hand, und langsam gewöhne ich mich auch an den Gedanken, dass die beiden nun ein Paar sind. Obwohl damit einher auch ein Hauch von Eifersucht geht. Ich will, was sie haben. Eine Zeit lang hatte ich, was sie haben, auch wenn es alles nur eine Lüge war. Aber es war eine schöne Lüge.
 

...Nicht wahr, Kyo? Du hast es doch genauso genossen, diese Lüge... diese Illusion... und du hast selbst gesagt, dass du es vermisst hast... nicht wahr, Tooru?
 

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Ohje, ohje... wenn Daidai Kyo schon wieder mit Tooru anspricht (wenn auch nur in Gedanken XD) kann das wohl nichts gutes bedeuten... >.< ... nja, lassen wir uns mal überraschen *muahaha*

Bin ich gut oder bin ich gut? Nein, ich wusste es. Wusste von Anfang an, dass das ganze so endet: Kaoru und Toshiya saufen sich gegenseitig unter den Tisch, Shinya macht ihnen beinahe schon Konkurrenz, ist aber immernoch trinkfester als man von ihm erwarten würde und du hast dich die letzten Stunden erfolgreich gegen die Versuche der anderen gewehrt, dich ebenso zum Trinken zu überreden, doch scheinbar geht dir das mittlerweile so auf die Nerven, dass du nun doch nachgibst. In dem Sinne ist Shinyas Plan also aufgegangen: in betrunkenem Zustand können wir alle immernoch die besten Freunde sein. Oder zumindest scheint es so.
 

Obwohl ich mich eigentlich mehr darum bemühen sollte, gehen die Gespräche der anderen irgendwie völlig an mir vorbei. Natürlich kann das daran liegen, dass ihre Gesprächsthemen für jemanden der nüchtern ist, recht idiotisch klingen. Vielleicht sollte ich doch was trinken... wenigstens ein Bier... aber am Ende verliere ich vielleicht noch die Kontrolle über mich und das wäre mit Sicherheit nicht das beste. Irgendwann verschwinden Shinya und Toto auf der Tanzfläche – ein Wunder, dass sie sich dafür überhaupt noch genügend auf den Beinen halten können – und Kaoru verzieht sich auf die Toilette. Perfektes Timing, wie immer natürlich. Denn kaum sind sie alle außer Sichtweite, lässt du deinen Kopf leise seufzend zur Seite auf meine Schulter sinken.
 

Ist dir eigentlich klar, was du da tust? Oder bist du schon so betrunken, dass dir das bereits nicht mehr auffällt? Es wäre so einfach und verlockend dir jetzt den Arm um die Schulter zu legen und deine Nähe zu genießen. Aber wenn ich das tue, habe ich schon eine Grenze überschritten, die ich mir selbst gegeben habe und wo ist dann das Ende? Als nächstes würde ich dich vielleicht küssen und vielleicht würdest du sogar erwidern, weil du so neben dir bist im Moment und das Unheil nähme seinen Lauf. Doch hast du nicht selbst gesagt, dass du mich vermisst hast? Kann es nicht sein, dass du das hier mit Absicht und in vollem Bewusstsein tust und eigentlich zielst du darauf ab, dass ich mich nicht zusammenreiße und es einfach tue.
 

Ein Blick in dein schönes Gesicht raubt mir wieder einmal den Atem. Deine Augen sind entspannt geschlossen, so unschuldig, als würdest du schlafen und deine Lippen sind leicht geöffnet, als würden sie nur so danach schreien von mir geküsst zu werden. Ich weiß, ich bin schwach und werde dir letztlich wieder nur wehtun und dann die Band wohl ein für alle mal zerstören, aber alles in mir verzehrt sich so sehr nach dir, wie noch nie zuvor. Meine Haut scheint zu brennen, dort wo dein Gesicht sie berührt und jedes Mal wenn du dich bei einem Atemzug ein wenig bewegst, kommt es mir vor, als wäre es eine weitere Aufforderung. Die Welt um uns herum wird bedeutungslos, wie damals auch, wieder zählen nur wir beide und unsere Gefühle...
 

Halt... Das muss endlich aufhören!
 

Dann ziehst du die Beine an den Körper, schlingst die Arme um die Knie und kuschelst dich etwas an mich. Du willst doch wohl hier nicht einschlafen, oder? Verdammt, als wäre das alles nicht schon schlimm genug gewesen, musst du mich noch mehr in Versuchung bringen? Allein diese unglaubliche Hitze, die du ausstrahlst... ich möchte dich fest in die Arme schließen, wie ich es die ganzen letzten Monate immer wieder geträumt habe, obwohl ich weiß, dass ich es nicht darf. Aber ganz ehrlich, wer verbietet es mir? Und wer kann es mir in so einer Situation verdenken?
 

„Hm... Dai-chan...“ Du drehst dich noch ein Stück weiter zu mir um, ziehst die Nase kraus. Auch wenn du mir vielleicht den Hals umdrehen würdest, wenn du das wüsstest, aber ich kann mir den Gedanken, wie süß du gerade aussiehst, einfach nicht verkneifen. Ohne, dass ich noch weiter darüber nachdenken könnte, beobachte ich, wie sich meine Hand hebt um sich auf deine Wange zu legen. Das Gefühl ist immernoch das gleiche... wunderschön, als wäre deine Haut nur dazu gemacht, gestreichelt und liebkost zu werden.
 

Gerade als ich den nächsten großen Fehler dieses Abends begehen will, kommt Kaoru zurück. Er ist wohl schon so zu, dass er garnicht so ganz realisiert, was ich gerade im Begriff war zu tun, aber er rempelt so lautstark gegen den Tisch, dass du wieder ganz wach wirst. Genervt grummelnd reibst du dir über die Augen und setzt dich auf. Der Zauber ist wieder vorbei und meine Vernunft kehrt schlagartig zurück. Was habe ich mir überhaupt gedacht? Diese ganze Idee heute Abend weg zugehen, war völlig verrückt! Ich hätte wissen müssen, worin das wieder endet. Es war vorherzusehen, nicht wahr?
 

In dem Moment fängt Kaoru plötzlich an zu kichern. Er hat die Arme auf dem Tisch gekreutzt und das Kinn darauf abgestützt. „Kyo-schan, du biss so~ süß!“ Natürlich, wenn der werte Leader-sama mal ein Schlückchen zu viel getrunken hat, ist der Weltfriede in Gefahr. Und das ist kein Witz!
 

„Halt die Klappe...“, kommt einige Zeit später erst deine recht halbherzige Reaktion und ein Bierdeckel fliegt quer über den Tisch und Kaoru direkt gegen die Stirn, den das jedoch nicht weiter zu stören scheint, denn er grinst nur weiter völlig belämmert durch die Weltgeschichte.

„Aber wennsoch [wenn es doch] wahr iss?“ Kaoru wirft den Bierdeckel unbeeindruckt zurück, doch du wehrst ihn mit der Hand ab. Manche Dinge ändern sich wohl nie...
 


 

„Was hättest du getan, wenn Kaoru nicht in diesem Moment zurückgekommen wäre?“, hakt Akira nach, als ich mit meiner Schilderung der Ereignisse der vergangenen Tage ende. Es ist an der Zeit das Chaos, das sich stolz mein Leben nennt, wieder ein wenig zu ordnen. Obwohl es ein seltsames Gefühl ist hierher zurückzukehren, ist es zum Glück nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte; im Gegenteil, denn wieder hier in diesem Raum zu sitzen lässt mich irgendwie auch ein wenig zur Ruhe kommen.
 

Darüberhinaus ist es schön, Akira wiederzusehen. Er ist erst seit einem halben Jahr mein Therapeut, aber in dieser Zeit sind wir schon fast soetwas wie Freunde geworden. Was ich ihm erzähle, erzähle ich ihm nicht, weil ich es muss um aus der Klinik rauszukommen, sondern weil ich gelernt habe ihm zu vertrauen. Nach der Uni hat er direkt hier angefangen, dem entsprechend jung ist er auch noch. Ihm ist es wohl auch zu verdanken, dass ich überhaupt wieder ein relativer Freiheit leben kann. Die übrigen Ärzte haben sicherlich alles dafür getan um mich lebenslänglich dort festzuhalten – was ihnen wohl eigentlich auch niemand verdenken kann.
 

Ich schüttle den Kopf und versuche mich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren. „Wahrscheinlich... hätte ich ihn geküsst.“, gebe ich ehrlich zu und kaue schuldbewusst auf meiner Unterlippe herum. Immernoch sehe ich jedesmal, wenn ich die Augen schließe, dein Gesicht und wie du in diesem Augenblick aussahst und wie es sich anfühlte dich nach so langer Zeit wieder bei mir zu spüren. „Der ganze Abend war doch eine blöde Idee, ich wusste von Anfang an, dass das wieder in sowas endet.“
 

„Das konntest du garnicht wissen.“, stellt er sofort klar. „Außerdem ist noch nichts passiert. Du kannst nicht vor Kyo weglaufen, besser du gewöhnst dich an seine Nähe, ohne etwas hinein zu interpretieren, was dir am Ende nur Probleme bereitet.“ Auf seine typische Art schiebt Akira seine Brille ein Stück rauf und sieht mich über seine Hand hinweg ernst an. Seine dunklen Augen strahlen immer eine angenehme Ruhe und Freundlichkeit aus, egal wie gestresst oder angespannt er scheint.
 

„Die Probleme hab ich doch schon längst.“, erkläre ich resignierend. Und was für Probleme ich habe, kaum zu glauben. „Er hat gesagt, er hätte mich vermisst.“, füge ich dann noch kleinlaut hinzu, doch der Gedanke daran bringt mich unweigerlich wieder zum Lächeln. Das musst du doch aus irgendeinem Grund gesagt haben, oder? War es eine Andeutung? Eine Aufforderung vielleicht sogar? Und war das gestern Abend vielleicht nichtmal Zufall, dass du dich so an mich gelehnt hast?
 

„Die, denk nichtmal darüber nach!“, warnt Akira, plötzlich sehr alamiert. Klar, ist ihm nicht zu verübeln, dass er dieses Theater sich nicht nochmal anhören will, falls es wieder zu irgendeiner Art Beziehung mit dir kommen sollte... Moment, denke ich hier wirklich gerade über eine Beziehung nach? Ich sollte wohl froh darüber sein, dass du mich überhaupt noch in deiner Nähe duldest. Aber was soll ich schon denken, so wie du dich verhältst?

„Wieso denn nicht?“, gebe ich leicht genervt zurück. „Schließlich ist Zero jetzt kein Störfaktor mehr und wenn Kyo schon sagt, dass er mich vermisst hat, was soll ich denn da anderes tun, als drüber nachzudenken?“
 

„Das wird die über kurz oder lang nur ins Verderben führen, Die!“, beschließt Akira überzeugt, doch ich kann und will das nicht glauben. „Vergiss ihn. Er liebt dich nicht und das wird sich bestimmt nicht ändern.“ Aber vielleicht hat es sich schon geändert?

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zwischenkapitel: Past (DieXKyo)

Akira hat mich einmal gefragt, ob ich dich schon damals geliebt habe; damals, als das alles angefangen hat. Ich sagte, ich wüsste es nicht, aber das war eine Lüge. Denn damals war ich noch weit davon entfernt dich zu 'so' lieben. Er bat mich zu erzählen was passierte, dass sich das änderte und das möchte ich hier heute tun, obwohl es mir schwer fällt. Nicht, weil die Erinnerung daran in irgendeiner Art schmerzhaft wäre, sondern sie vielmehr so schön ist, dass es mir vorkommt wie ein Traum; dass wir jemals so glücklich waren, so normal...
 

Das ganze fing eigentlich an einem Montag Morgen an, während dem PV-Shoot zu 'Saku'. Du hattest schon schlechte Laune als wir uns vor dem Set trafen, sagtest kein Wort der Begrüßung, ignoriertest alles und jeden um dich herum. Natürlich kannten alle dich schon lange genug um dir an so einem Tag nicht unnötig in die Quere zu kommen, doch die Langeweile während Toshiyas und Shinyas Parts gedreht wurden, trieb mich schließlich in die Höhle des Löwen.
 

„Hey, warumono!“ Grinsend kam ich in die Umkleide, in der du dich vergraben hattest. Du saßt vor dem Spiegel, bereits zurechtgemacht und fertig geschminkt, eine dicke Daunenjacke um deine schmalen Schultern geschlungen und die Finger in einen flauschigen schwarz-weißen Schal vergraben. Du starrtest dir selbst in die Augen, scheintest mich nicht einmal zu bemerken, bis ich von hinten an dich herantrat und meine Arme um deine Schultern legte, mein Kinn auf deinem Kopf abstützte.
 

Dann sahst du mich durch den Spiegel an. Deine Augen haben mich schon immer fasziniert, sie drücken alles aus was ich an dir bewundere und vielleicht auch beneide. Diese Stärke und völlige Unnachgiebigkeit und irgendwo darunter gut versteckt einen Schmerz, der allein dann nach außen dringen darf, wenn du singst. Ich war schon immer eine der wenigen Personen der gegenüber du wenigstens ab und zu einmal ein ehrliches Lächeln zeigtest.

„Ich will Sex.“, sagtest du plötzlich toternst, wandtest den Blick nicht eine Sekunde ab. Unter meinen Armen konnte ich spüren, wie du dich ein wenig entspanntest, als ob dieser eine Satz eine Art Bürde von dir genommen hätte.
 

Etwas überrascht lachte ich leise auf. „Und deshalb bist du so schlecht drauf?“, hakte ich verwundert nach, begann unbewusst ein wenig über deine Brust zu streicheln, eher als Beschäftigung als aufgrund irgendwelcher Hintergedanken. Dein Anblick in diesem Moment war so niedlich, dass ich mich nur schwer beherrschen konnte, dich nicht einfach durchzuknuddeln. Stattdessen wartete ich mehr oder minder geduldig auf deine Antwort.

Etwas bedröppelt und wie bestellt und nicht abgeholt, sahst du weiter zu mir auf. „Ich bin doch nicht schlecht gelaunt...“
 

„Ach nein?“ Das Folgende konnte ich mir einfach nicht mehr verkneifen: „Wohl eher sexuell frustiert?“

Wenn Blicke tatsächlich töten könnten wäre ich in diesem Moment wohl sofort umgekippt, aber zu meiner Verwunderung setztest du gleich hinterher: „Ja und? Was dagegen? Kann ja nicht jeder so'n Aufreißer sein wie du!“ Dass ich das nicht bin, musste ich dir nicht sagen, denn einem schlechtgelaunten und dazu noch sexuell frustriertem Kyo widerspricht man nicht. Das ist ein Naturgesetz.
 

„Ich hab nichts dagegen, aber ich könnte was dagegen tun..“ Ohne darüber nachzudenken, entkam mir dieser Satz. Ich erwartete nicht mal eine Antwort, es war nur ein Witz... ein Witz der unser beider Leben für immer veränderte. Während der Therapie habe ich immer wieder begonnen darüber nachzudenken, was passierte wäre, wenn ich das damals nicht gesagt hätte. Aber es ist müßig sich darüber den Kopf zu zerbrechen, nicht wahr?

„Würdest du?“ Du schenktest mir ein für dich so untypisches schüchternes Lächeln und sofort wusste ich, dass du es vollkommen ernst meintest. Wie hätte ich da noch nein sagen können? Dieser Ausdruck auf deinem Gesicht, diese Hoffnung in deinem Blick, schlug mich in ihren Bann und hat mich bis heute nicht losgelassen.
 

Bevor ich es mich versah, hattest du mich zu etwas gebracht, über das ich bisher nicht einmal im Ansatz nachgedacht hätte. Nie zuvor hatte ich auch nur einen Gedanken daran verschwendet, mit einem meiner Bandmates eine derartige 'Beziehung' einzugehen. Doch nun schien es völlig plausibel. Kurz musste ich an Kisaki denken, verscheuchte das aber sofort wieder aus meinem Bewusstsein, schließlich waren wir kein Liebespaar. So saß ich am späten Nachmittag auf dem Bett in einem vergleichsweise billigen Lovehotel in einer der schlechteren Gegenden der Stadt und wartete nervös darauf, dass du fertig geduscht hattest. Das alles kam mir in diesem Moment wieder wie eine völlige Schnapsidee vor. Was tat ich hier überhaupt?
 

Alle Zweifel hörten mit einem Schlag auf, als du plötzlich vor mir standest, lediglich ein Handtusch um die Hüften geschlungen, die Haare nass, auf deinem perfekt proportioniertem Oberkörper glitzerten kleine Wassertröpfchen. Du sahst aus wie ein Engel... wie ein gefallener vielleicht, mit den verwischten Resten von schwarzem Kajal unter den Augen und den Tattoowierungen auf deinen Armen, aber trotz allem ein Engel. Im Nachhinein war es vielleicht dieser Augenblick, da ich dich das erste Mal wirklich mit anderen Augen sah, auch wenn es mir damals noch nicht klar gewesen war. Vielmehr war ich ohnehin nicht mehr fähig besonders sinnvoll nachzudenken, da sich all mein Blut gerade ganz wo anders sammelte.

„Daidai?“ Deine Stimme holte mich zurück in die Realität. Nicht, dass das meine Faszination in irgendeiner Weise durchbrach, im Gegenteil. Es weckte vielmehr das Verlangen in mir diese Stimme schreien zu hören – und das zur Abwechslung einmal nicht aus Schmerz oder Wut. Nein, du solltest schreien vor Erregung, vor Leidenschaft, mich nach mehr anbetteln und dich mir mit Leib und Seele unterwerfen. Und ich wusste, dass das schon bald passieren würde.

„Schlaf mir jetzt nicht ein, klar?“, lachtest du und lehntest dich ein wenig vor, sodass unsere Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. Ich konnte deinen warmen Atem auf meiner Haut spüren. Deine Augen erschienen in dem gedämpften Licht des kleinen Zimmers noch dunkler als sonst, getrübt von kaum verborgener Lust.
 

„Wie könnte ich das bei der Aussicht?“ Schnell überbrückte ich die Entfernung zwischen uns und verschloss seine Lippen mit den meinen. Obwohl es natürlich nicht das erste Mal war, dass ich einen Mann küsste, war es doch neu und völlig anders. Deine Lippen waren so weich wie die einer Frau, aber die Art wie du sie so beinah rebellisch gegen meine bewegtest, bewies das Gegenteil. Sie weckte etwas in mir, den dich zu zähmen, dich zu beherrschen in diesem Moment.
 

So schlangen sich meine Arme ganz automatisch, als hätten sie plötzlich einen eigenen Willen entwickelt, um deinen muskulösen Bauch, zogen dich näher zu mir. Ehe ich es mich versah, lagen wir auf dem Bett, auf dem schon so viele andere Paare gelegen hatte, du unter mir, wieder schüchtern lächelnd. Mittlerweile konnte ich mich dem Gefühl nicht mehr erwehren, dass diese Schüchternheit alles andere als gespielt war. Und sie faszinierte mich.

Sanft streichelte deine Hand über meine Wange, dein Daumen hielt auf meiner Unterlippe inner, immernoch haftete dieses Lächeln auf deinen Zügen. Ein kaum spürbaren Kuss setzte ich auf deinen Finger, wandte den Blick keine Sekunde von deinem ab. Ich hätte es garnicht gekonnt, selbst wenn ich gewollt hätte.

„Dass du freiwillig bottom bist, hätte ich dir garnicht zugetraut!“, bemerkte ich, um ein wenig davon abzulenken, dass ich kurz davor war dir die Klamotten vom Leib zu reißen ... ich meine, das Handtuch.

Du lachtest leise, strichst mir durch die Haare, fast kamst du mir verliebt vor, aber wahrscheinlich war es nicht mehr als ein Wohlfühlen, der Genuss ganz ungezwungen ein wenig Zärtlichkeit erfahren zu können. „Wer sagt, dass ich bottom bin?“ Erwartungsvoll und gespielt streng sahst du mich von unten herauf mit großen Augen an.
 

„Ich!“, stellte ich klar, als wäre das kein Diskussionstoff mehr – was es wohl auch nie gewesen war. Normalerweise war ich meinsten unten und ich wollte es auch garnicht anders, aber dir gegenüber nahm ich die Rolle des seme an ohne einen zweiten Gedanken daran zu verschwenden. Um meine Worte noch zu bekräftigen, küsste ich dich wieder und begann über deine Brust zu streicheln. Hier und da konnte ich alte Narben unter meinen Fingern spüren, die schon lange nicht mehr zu erkennen waren, wenn nicht wusste, dass sie da waren. Wie so oft fragte ich mich, wer oder was dich so verletzt haben musste, dass du dir soetwas antatst.
 

Du begannst, wie als hättest du meine Gedanken gehört, in diesem Moment auch mich zu streicheln. Deine Hände schlüpften unter mein Shirt, fuhren an meinen Seiten auf und ab, schickten mir angenehme Schauer über den Rücken. Langsam trennte ich mich von dir, nur um dann deinen Hals mit federleichten Küssen zu bedecken. Scharf sogst du die Luft ein; offenbar hatte ich eine deiner empfindlicheren Stellen gefunden... Mit leicht zittrigen Händen zogst du mir das Oberteil über den Kopf, warfst es schnell in irgendeine Ecke. Täuschte ich mich oder warst du wirklich nervös?
 

Alle Nervosität war jedoch schnell vergessen, sobald ich begann an deinen Nippeln zu knabber, manchmal auch etwas fester hneinbiss, sodass du leise aufkeuchtest. Allein dieses Geräusch war schon Musik in meinen Ohren, die ich nie wieder missen wollte. In den folgenden Minuten machte ich mir einen Spaß daraus, solange an deiner Haut zu nippen und zu lecken, sie zu streicheln und zu liebkosen, bis ich eine Stelle fand, die dich nur noch lauter zum Stöhnen brachte. Du räkelstes dich bereits jetzt ergeben unter mir, begannst um mehr zu betteln.
 

„Daidai... quäl mich nicht so...“, brachtest du stockend hervor, die lustgetränkten Augen halb geschlossen. „Sonst...“ Fest schloss ich meine Hand um deine Erregung – das Handtuch hatte mittlerweile seinen Weg zu meinem Shirt gefunden – erstickte damit deine Stimme, ein heiserer Schrei meine süße Belohnung.

„Sonst was?“, hakte ich unschuldig lächelnd nach.
 

Ein leises Grummeln, dass jedoch vielmehr genießerisch, als protestieren klang, begleitete deine Antwort. „Sonst werd ich wieder schlecht gelaunt!“, drohtest du leise, gefolgt von einem gedämpften Stöhnen, als ich begann deine Länge einige Male auf und ab zu streicheln.

„Und das sollte mich weswegen stören?“, gab ich seelenruhig zurück, konnte jedoch meine eigene Lust kaum verstecken. Während du sichtbar damit kämpftest dein Temperament unter Kontrolle zu halten, um mir nicht direkt an die Kehle zu gehen, ließ ich möglichst unauffällig einen Finger zu deinem Eingang wandern. Langsam drang ich in dich ein, schließlich wusste ich nicht, wie oft du 'das' hier schon gemacht hattest, besonders in letzter Zeit, und bewegte meinen Finger einige Male rein und raus, bevor ich einen zweiten und schließlich dritten hinzufügte. Dabei genoss ich deinen Anblick in vollen Zügen, wie du dich mir leise keuchend entgegenbewegtest, deine Augen genussvoll geschlossen, die Wangen leicht gerötet. Strähnen deines immernoch nassen Haare klebten dir auf der Stirn.
 

„Mach endlich...“ Das ließ ich mich nicht zweimal sagen, konnte mich ohnehin kaum noch zurückhalten, und versenkte mich schließlich endlich in dir. Nur kurz konnte ich mich selbst davon abhalten in dich zu stoßen, doch das schien auch garnicht nötig zu sein, denn du zeigtest keine Zeichen von Schmerzen. Vielmehr kamst du mir immer ungehemmter entgegen, je rücksichtsloser ich dich nahm, warfst laut stöhnend den Kopf in den Nacken, kralltest dich mit den Händen in die Laken, dass deine Knöchel weiß wurden.
 

Mit meinem von Lust getrübtem Bewusstsein, schien mir dieser Anblick noch schöner als ohnehin schon und plötzlich wusste ich, dass ich dich nichtmehr würde loslassen können. Selbst wenn du mich ablehnen, mich mit Füßen treten oder sonstetwas unternehmen würdest, würde ich keinen Augenblick mehr aufhören können an dich zu denken, würde jede Nacht im Traum dein Gesicht vor Augen haben und diese Nacht ein ums andere Mal wieder erleben. Und so geschah es ja auch. Selbst als du kurze Zeit später deine Sachen zusammenpacktest und wortlos, wie es nuneinmal typisch für dich ist, aus dem Zimmer verschwandest, konnte ich mich nicht aufraffen, lag noch einige Stunden – die die Rechnung unglaublich in die Höhe trieben – auf dem Bett, starrte an die Decke und durchlebte die vergangenen Stunden wieder und wieder.
 

In diesem schäbigen Raum begann ein Traum, der sich schon zu bald in einen Albtraum verwandeln sollte...

Es ist später Abend, einige Tage sind vergangen, die Sonne ist lange untergegangen und die Bürgersteige hochgeklappt. Obwohl mir nach einem ausführlichen Shopping-Nachmittag mit Shinya und Kaoru – letzterer wurde eher unfreiwillig mitgeschleppt – die Füße wehtun und ich nichts mehr will, als mich auf meine gemütliche Couch zu legen und fernzusehen, renne ich wie bekloppt durch die Innenstadt. Wer ist auf die Idee gekommen, die Ubahnen in einer Weltmetropole wie Tokyo nur so kurz am Abend fahren zu lassen? Heute, im Nachhinein gesehen, ist es jedoch eine sehr gute Idee...
 

Vor einigen Tagen hätte ich noch nie gedacht, dass wir alle wieder so gut miteinander klar kommen würden. Zwar verlaufen sich unsere Gespräche häufig immernoch im Sand und führen dann zu unangenehmem Schweigen, aber es ist nichtmehr ganz so schlimm wie anfangs. Kaoru schaut mir sogar wieder in die Augen und als Shinya vor wenigen Stunden noch mit dem grandiosen Vorschlag kam, noch einmal in diesen und jenen Laden zu gehen, verbündeten wir uns sogar gemeinsam gegen ihn. Ich muss zugeben, dass das irgendwie ein ziemlich gutes Gefühl war.
 

Und so stolpere ich hier nun durch die Straßen, betend, dass irgendwer mich einfach nach Hause in mein gemütliches Wohnzimmer beamt, und achte kaum auf den Weg. Als ich an einer kleinen Seitengasse vorbeikomme lässt mich nur das Geräusch von jemandem, der sich scheinbar übergibt, aufblicken. Erst will ich weitergehen, entscheide mich aber dann dagegen, als ich diese Person, die sich da irgendwo die Seele aus dem Leib kotzt, zu erkennen meine. Diese Körperhaltung, die Art, wie er sich bewegt... überrascht stelle ich fest, dass du es bist.

„Kyo...?“, frage ich leise, unsicher, weiß nicht, ob es dir nicht unangenehm ist, dass ich dich so sehe. Sobald ich näher an dich herantrete, kann ich die Alkoholfahne deutlich riechen, die von dir kommt und kann nicht umhin leicht angewiedert das Gesicht zu verziehen. Wieso hast du dich so betrunken, wo du doch sonst kaum etwas trinkst?
 

Du drehst dich um, dein Gesicht unglaublich blass, die Wangen eingefallen und mit dunklen Schatten unter den Augen. Ein schwaches Lächeln zwingst du dir auf die Lippen, versuchst dich ein wenig aufzurichten und wischst dir mit der Hand über den Mund. Es ist ein schockierender Anblick; du, der starke, unnachgibige Kyo, in so einer Verfassung. Man möchte glatt Mitleid mit dir bekommen, obwohl du ja eigentlich selbst Schuld an dieser misslichen Lage bist.
 

Also nehme ich dich mit zu mir, ohne auf irgendwelche Gegenwehr zu stoßen. Nein, ganz im Gegenteil lehnst du dich vielmehr noch an mich, krallst deine Finger in mein Shirt und auch in meine Haut. Es tut weh, aber ich sage nichts. Du hast alles Recht mir wehzutun und ich bin der letzte der dich daran hindern wird. Und so schleppen wir uns langsam aber sicher voran, erreichen schließlich meine Wohnung, wo du dich gleich ein weiteres Mal übergibst. Du zitterst am ganzen Leib und eiskalter Schweiß steht dir auf der Stirn. Alles was mir bleibt ist, dir beruhigend über den Rücken zu streicheln und dir zu zeigen, dass ich da bin. Aber willst du das überhaupt?
 

In letzter Zeit rechne ich jeden Tag damit, von dir ein Zeichen der Ablehnung vermittelt zu bekommen, dass du irgendetwas sagst oder tust, das mir zeigt, dass du mich nicht mehr in deiner Nähe willst. Doch jeder Augenblick, in dem dies nicht geschiet, lässt einerseits meine Hoffnung größer werden, und andererseits eine innere Anspannung wachsen, für die ich noch keinen Namen gefunden habe. Wahrscheinlich will ich auch keinen finden, um mich so wenig wie nötig damit auseinander zu setzen.
 

Ein verunglücktes Grinsen ziert deine Lippen, als du dich wieder halbwegs erholt hast und wir nebeneinander, den Rücken gegen die kalten Fliesen der Badewanne gelehnt, dasitzen. „Ziemlich erbärmlich, was?“ Du lachst heiser. Ich weiß ganz genau wie sich das anfühlt, der Hals brennt wie die Hölle, man möchte am liebsten alles Gefühl dort einfach ausschalten.

Ohne dich anzusehen, schüttle ich den Kopf. „Mach dir keine Gedanken.“
 

Wieder ein leises Lachen; du vergräbst das Gesicht in den Händen und lässt den Kopf auf meine Schulter fallen. Nur zu gerne genieße ich diese Nähe; egal wie unangenehm du gerade vielleicht riechst, es ist mir alles egal solange ich dich bei mir haben kann, sei es auch nur für ein paar Minuten.
 

„Nimmst du mich mal in den Arm?“, kommt die leise, schüchterne Frage von dir. Erst glaube ich mich verhört zu haben, aber als ich einen Blick wage, sehe ich wie du mich erwartend von unten herauf anschaust. Ich fühle mich hin und her gerissen. Natürlich weiß ich, wie gefährlich das alles ist, wie schnell sich alles wieder wenden kann und wir genau dort enden, wo wir schon einmal waren. Ich weiß, dass ich dich abweisen sollte, deine Bitte auf deinen betrunkenen Zustand schieben und diesen Abend einfach vergessen sollte. Doch ich kann es nicht. Nicht in hundert Jahren könnte ich nur eine Bitte von dir ablehnen...
 

Also lege ich vorsichtig, richtiggehend schüchtern einen Arm um mich. Du richtest dich auf, rutschst zwischen meine Beine und kuschelst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meiner Halsbeuge, legst die Arme um meinen Bauch. Es ist so ein wunderschönes Gefühl, dich wieder bei mir zu wissen, dich zu spüren. Deine Haare riechen immernoch so gut, du benutzt wohl noch dasselbe Shampoo wie damals... und es fühlt sich genauso seidig an, als ich mich endlich traue ganz leicht darüber zu streichen. Deine einzige Reaktion darauf ist ein leises, genießerisches Grummeln, das mich unweigerlich lächeln lässt. Wie sehr habe ich das vermisst?!
 

Nach einigen Minuten löst du dich ein wenig, bleibst aber in der knienden Position vor mir. Du legst den Kopf schief und siehst mich aus diesen wunderschönen, unergründlichen Augen an, leckst dir über die Lippen. Dein Blick wandert immer wieder zu den meinen, überlegend, als würdes du darüber nachdenken, ob du mich küssen solltest oder nicht. Immer näher kommst du mir; ich wage es nicht mich auch nur einen Zentimeter zu rühren, halte unbewusst die Luft an. Die ganze Zeit über schreit diese Stimme in meinem Kopf, dass ich es nicht tun soll, dass ich dem hier sofort ein Ende setzen muss. Ich kann nicht auf sie hören. Ich kann es einfach nicht... Zu sehr sehnt sich alles in mir danach, dich noch einmal zu schmecken, obwohl ich genau weiß, dass es nicht bei diesem einen Mal bleiben kann.
 

Du überwindest die letzte Entfernung zwischen uns.
 

Es ist ein vollkommener Kuss, sanft, zärtlich, voller Begehren und Sehnsucht von beiden Seiten. Ein Kuss für die Ewigkeit, der am besten niemals mehr enden sollte. Zurückhaltend bewegst du deine Lippen gegen meine, bis ich irgendwann wieder ein wenig aus meiner Ohnmacht erwache und die Führung wieder übernehme. Dies scheint für dich das Zeichen zu sein, dass du dich fallen lassen kannst; unter meinen Händen, die nach wie vor auf deinem Rücken liegen, kann ich spüren, wie deine Anspannung ein wenig nachlässt.
 

Noch wage ich es nicht, irgendetwas zu tun, außer diesen Kuss zu erwidern und dich ein bisschen dabei zu führen. Schließlich könntest du jeden Moment wieder zu Vernunft kommen und merken, wen du hier eigentlich gerade so küsst. Denn langsam wird der Kuss alles andere als unschuldig oder oberflächlich... Es liegt mehr dahinter und ich weiß nicht, wie lange ich dem noch wiederstehen kann... oder will. Es ist wie ein Traum aus dem ich nicht wieder aufwachen will und diesmal kommt kein Kaoru dazwischen, niemand, der uns stören könnte. Es sind nur du und ich, genauso wie es sein sollte und immer schon hätte sein sollen.
 

Als wir uns irgendwann wieder voneinander trennen, glitzern Tränen auf deinen Wangen und ich weiß nicht wieso. Unsicher wische ich sie mit der Hand fort und sofort lehnst du dich in die Berührung, als würdest du dich unendlich danach verzehren, nach der kleinsten Liebkosung, der winzigstens Aufmerksamkeit. „Was bedeutet das?“, bringe ich mühsam hervor, habe schon Angst vor der Antwort.
 

Du schließt die Augen, lehnst deine Stirn gegen meine, schüttelst leicht ahnungslos den Kopf. „Wenn ich das wüsste...“ Seufzend siehst du auf. „Darf ich bei dir schlafen?“

„Bei mir?“, gebe ich überrascht zurück.
 

Du nickst entschlossen, eine weitere Träne findet ihren Weg über deine Wange. „Ich kann heute Nacht einfach nicht allein sein...“ Und so enden wir wenige Minuten später in meinem Bett, du kuschelst dich eng an mich. Deine nackte Haut auf meiner fühlt sich so vertraut an, dass auch ich fast weinen möchte. Weinen um das, was wir verloren haben. Aber was haben wir eigentlich verloren? Nur eine Illusion, ein Traum. Könnten wir den nicht wieder aufbauen?
 

Mir scheint, die Antwort auf diese Frage, ist ein klares Ja, als du anfängst über meine Brust zu streicheln und federleichte Küsse auf meinem Hals zu verteilen...

Ich liebe dich. So sehr, dass ich garnicht weiß, wie ich damit umgehen soll, jetzt, da du mir wieder so nah bist, dich vorsichtig, fast schüchtern, auf meinen Hüften niederlässst. Ich bin viel zu überrumpelt, als dass ich irgendetwas tun könnte, als abzuwarten, was du vorhast... und zu genießen, was du da tust. Diese kaum spürbaren Küsse, die überall gleichzeitig zu sein scheinen, treiben mich fast in den Wahnsinn; dein Hände streichen meine Seiten auf und ab, ab und zu kratzt du leicht über meine Haut, aber lange nicht fest genug, als dass es wehtun würde.
 

Vielleicht ist es gut, dass es so dunkel ist, denn sonst würde ich merken, dass das hier nur ein Traum ist... oder du seit neustem Schlafwandelst... oder sonst irgendetwas, was diesen wunderbaren Augenblick zerstört. Es ist das erste Mal, dass du auch mal die Initiative ergreifst und ich muss zugeben, dass ich das genieße – wenn auch nicht für immer. Immer weiter rutschst du hinunter, aber erst als du meine Boxershorts ausziehst und plötzlich über meine volle Länge leckst, verstehe ich so wirklich, was hier gerade passiert, und kann ein dunkles Stöhnen nicht unterdrücken. Das kann doch alles nicht wahr sein! Und könnte man in dieser Situation wirklich von mir verlangen, dass ich dem ein Ende setze?
 

Dann spüre ich deinen heißen Mund um meine Erregung, du leckst und saugst daran als gäbe es kein morgen. Und ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich reagieren soll. Das hier ist doch zu schön um wahr zu sein, aber was wird danach kommen? Wie sollen wir nach dieser Nacht weitermachen? Wird es nicht wieder alles nur zerstören!? Aber diese Fragen werden irgendwann einfach völlig unwichtig. Ich kann nicht anders, als meine Hände in deinen weichen Haare zu vergraben und kann mich kaum davon abhalten einfach in diese wundervolle Hitze zu stoßen. Neben diesem unglaublichen Gefühl wird alles andere egal und unwichtig.
 

Zu meiner Enttäuschung lässt du von mir ab, kurz bevor ich komme und etwas benebelt, aber unsicher, sehe ich zu dir hinunter. Ein scheues Lächeln ziert deine Lippen, wenn mich meine Augen in der Dunkelheit nicht völlig trügen; scheu, ja, aber auch... mehr versprechend? Diese Frage wird schnell beantwortet, als du dich wieder aufrichtest und dich wie in Zeitlupe – zumindest kommt es mir mit meinen getrübten Sinnen so vor – über meiner Errektion positionierst, nur um mich dann quälend langsam in deine heiße Enge aufzunehmen.
 

Du keuchst schmerzerfüllt auf, natürlich, du bist ja überhaupt nicht vorbereitet, aber es scheint dich auch nicht weiter zu stören. Als ich dich in einem Reflex an den Hüften fasse, um dich ein wenig zu stützen, lässt du dich vor fallen. Deine Finger krallen sich fast schon verzweifelt in meine Schultern, deine Stirn ruht auf meiner Brust. Du atmest schwer und schluchzt leise. „Onegai...“ Das Wort erreicht mich kaum, so leise ist es gesprochen, aber es reicht. Ich weiß, was du willst...
 

Ich drehe uns beide um, ohne mich derweil aus dir zurückzuziehen, sodass ich nun über dir liege. Du schlingst die Arme um meinen Nacken, ich kann deine Tränen auf meiner Haut zu deutlich spüren. Wie kann ich sie trocknen? Wie kann ich dir helfen, Kyo? So gerne würde ich dich das fragen, aber die Situation ist denkbar schlecht und geantwortet hättest du mir wohl auch nicht.
 

Sanft lasse ich die Hände über deine Schenkel wandern, während ich beginne langsam in dich zu stoßen und bemerke mit Schrecken die unzähligen Wunden auf deiner sonst so weichen Haut. Um uns beide davon abzulenken, verwickle ich dich in einen leidenschaftlichen Kuss... der zweite in dieser Nacht schon... und hoffentlich nicht der letzte...
 

Ich versinke im Augenblick, möchte am liebsten nie wieder aus diesem bittersüßen Traum erwachen, dem ich mich das letzte Jahr beinahe jede Nacht hingegeben habe. Es ist zu schön dein leises Stöhnen zu hören, dich zu spüren, wie du dich verlangend gegen mich bewegst, deine Muskeln immer wieder um mich herum anspannst, dass es mir schwer fällt, mich überhaupt noch ein wenig zu beherrschen. Aber willst du das überhaupt? Dass ich mich beherrsche? Immer wieder keuchst du mit tränenerstickter Stimme meinen Namen, flehst mich an, ohne zu sagen was es ist, das du von mir willst.
 

Du kommst, ohne dass ich dich ein einziges Mal berührt habe und ich folge dir nur kurz darauf über die Klippe. Es ist ein so vollkommenes Gefühl, hier mit dir gemeinsam diesen Moment wieder teilen zu können. Fast schon kann man mit dem bloßen Auge sehen, wie sich unsere kleine Traumwelt wieder um uns herum aufbaut, ganz langsam zwar, aber doch deutlich erkennbar.
 

Stumm weinend rollst du dich in meinen Armen zusammen, drängst dich eng an mich. „Es tut mir leid...“, murmelst du leise immer wieder, bin dein Atem sich wieder beruhigt und du langsam wegdriftest. Zu gerne würde ich genauso ruhig schlafen jetzt, aber ich kann es nicht... wie sollte ich? Das hier darf nicht sein... wenn irgendjemand davon erfährt, werde ich wahrscheinlich für mein verbleibendes, erbärmliches Leben eingesperrt werden. Aber solange es keiner weiß, können wir uns dieser Illusion doch hingeben, nicht wahr? Es wäre zu schön...
 

Irgendwann schlafe ich doch ein und als ich wieder aufwache, früh am nächsten Morgen, sitzt du mit angezogenen Knien neben mir auf dem Bett, schlafend in dieser Position. Dein Gesicht ist völlig entspannt, aber du hast Gänsehaut und ich richte mich etwas auf, um dich in meine Arme zu ziehen. Dabei fällt mein Blick unweigerlich auf deine nackten Beine, die übersäht sind von frischen Narben und noch kaum verheilten Wunden. Es ist ein schrecklicher Anblick, noch schlimmer als deine Arme es sonst immer waren, denn dort lenkten die vielen Tattoos wenigstens davon ab. So schaffst du es also allen vorzuspielen, dir ginge es gut und dein Leben ginge wieder einen normalen Gang. Aber wenn es dich doch noch so quält, wieso bist du dann hier, wieso ist das letzte Nacht geschehen, wieso...?
 

Fragen über Fragen, auf die ich so schnell wohl keine Antwort finden werde, die mich die nächsten Wochen weiter quälen werden und nicht mehr loslassen, bis sie von anderen ersetzt werden.
 

Ich lege die Decke um unsere Schultern. Wärmesuchend drängst du dich näher an mich, schlingst deine Arme um meinen Bauch und vergräbst dein Gesicht an meiner Brust. Auf deinem Rücken kann ich noch immer den ewigen Beweis unserer einst so perfekt scheinenden Beziehung erkennen: Die winzige Narbe, die ich dir damals zugefügt habe... auch wenn es in jenem Moment so schmerzhaft war, hat sich dieses Bild von dir unter mir, ergeben, blutend, unauslöschbar in mein Gedächtnis gebrannt...

Es vergehen scheinbar Ewigkeiten so, ohne dass wir uns bewegen. Ich weiß nichtmal ob du noch schläfst oder dich nur wie immer verzweifelt an den Schlaf klammerst, einfach nicht ganz aufwachen willst, obwohl du es längst schon bist. Aber ich möchte dich nicht stören, weiß genau, dass du manchmal einfach jemanden bei dir brauchst, wenn du in deinen Gedanken versinkst. Ich möchste dir das nicht verweigern, zumal ich jedes bisschen Nähe genießen will, das du mir zugestehst.
 

„Kopfweeeh...“, grummelst du irgendwann leise protestierend und schüttelst den Kopf, als könntest du damit die Schmerzen vertreiben. Mit zusammengekniffenen Augen zum Schutz gegen das helle Sonnenlicht, das mittlerweile den Raum erhellt, siehst du mich an, lächelst, wenn auch etwas bedrückt wirkend. „Tut mir leid... dass ich dich gestern so... überfallen hab...“ Du seufzt.
 

Ich streiche dir nur sanft über die Haare und muss schmunzeln, drücke dich kurz fest an mich. „Schon in Ordnung... ich seh auch von einer offiziellen Beschwerde ab!“ Irgendwie habe ich keine wirkliche Lust ernsthaft darüber nachzudenken, darüber und über das was jetzt noch so passieren wird, was sich vielleicht verändert hat und was nicht. Auch wenn wir alle noch zu viele Probleme haben, will ich die Zeit mit dir genießen. Ich fühle mich irgendwie wie neu geboren. Das alles war doch nicht umsonst...
 

Du grinst und richtest dich auf um dich ausgiebig zu strecken, gähnst herzhaft. Wie ein kleines Kätzchen... „Neko-chan...“ Hab ich das jetzt wirklich gesagt? Du lachst nur und siehst mich etwas verwundert an. „Du bist wohl lebensmüde! Mich Kätzchen und -chan in einem Satz zu nennen...!“ Gespielt aufgebracht funkelst du mich an und stürzt dich mit einem leisen Schrei auf mich, um mich durchzukitzeln. Der Morgen könnte doch garnicht besser anfangen...

Eine Stunde später sitzen wir uns gegenüber am Küchentisch. Während du geduscht hast, habe ich Semmeln geholt und versuchen wir den Tag mit einem langen Frühstück einzuläuten. Zum Glück lässt dein Kater nach einer halben Überdosis Asperin schon nach und ich beobachte amüsiert, wie du ein Brötchen nach dem anderen in dich reinschaufelst. Vielleicht hat der Alkohol wenigstens in der Hinsicht einen guten Einfluss auf dich, dass du danach immer fast ausgehungert bist.
 

Nach der zweiten Semmel siehst du etwas nachdenklich zu mir rüber. „Iss!“, forderst du mit einem aufforderndem Nicken in Richtung Brotkörbchen. „Bei den ganzen Knochen die da überall rausstehn, lässt es sich schlecht kuscheln, also musst du ein paar Kilo zunehmen!“, erklärst du. Hört sich logisch an. Wenn ich zunehme kuschelst du also mit mir? Ist es das, was du sagst? Aber dann werde ich nur noch hässlicher... ich werde dick und hässlich und du wirst dich vor mir ekeln und mich nicht einmal mehr anschauen können, geschweige denn mich berühren. Und diese Gedanken reichen schon um das hungrige Grummeln meines Magens zum verstummen zu bringen, stattdessen ein Gefühl der Übelkeit zu wecken, dem ich nur zu gerne sofort nachgeben würde. Aber das wäre zu auffällig, du darfst nichts merken, niemand darf etwas merken...
 

Zu meiner Erleichterung gibst du es schon schnell auf und greifst nach einem Apfel. Schön groß und dunkelrot... nur an einer Seite ist er ein bisschen gelblich... Du schneidest rein und ihn in einem Zickzackmuster in der Mitte durch. Nachdem du die Kerne entfernt hast, legst du mir eine Hälfte auf den leeren Teller und grinst mich an. „Meine Großmutter hat die Äpfel immer so aufgeschnitten, wenn meine Schwester und ich bei ihr waren. Sie hatte einen Apfelbaum im Garten stehen... Im Sommer saßen wir immer darunter...“ Kurz wird dein Blick abwesend, gedankenverloren, bevor du lächelnd in seine Hälfte des Apfels beißt.
 

Mein Blick wandert auf meine Hälfte. Das Muster ist fast schon zu perfekt um hineinzubeißen, aber gleichzeitig finde ich es so süß, wie du dir Mühe gibst, dass ich nicht anders kann, als wenigstens das hier zu essen. So ein bisschen Obst kann ja nicht schaden, oder? Zögerlich beiße ich hinein. Es schmeckt gut...
 

Sadistic sadistic sadistic awaken the sadist

Sadistic sadistic sadistic bury the sadist

Sadistic sadistic sadistic sever the masochist

Sadistic sadistic let's begin this platonically

[Dir en grey; Filth]
 

Wir verbringen den Tag wie ein ganz normales Paar... gehen spazieren, sehen uns Schaufenster an, halten sogar Händchen... für einige Stunden kann ich sogar meine Zweifel vergessen, wie lange das hier halten wird. Wie lange es dauern wird, bis diese kleine Traumwelt wieder einstürzt, einer von uns einen Fehltritt macht, und wir wieder in dem alten Drama enden. Es ist zu schön um sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Wir sind wie frisch verliebt, als hätte wäre das alles niemals passiert... Jetzt sitzen wir auf der Terrasse eines kleinen Cafés, studieren die Karten.
 

„Nehmen wir so einen für zwei?“, fragst du begeistert und zeigst auf einen riesigen Eisbecher in der Mitte der Karte, der mit allen erdenklichen Früchten gespickt ist und aussieht, als wäre er für eine ganze Schulmannschaft gedacht worden. Darüber steht 'Lover's Dream'. Lover... Liebende... Liebhaber... Geliebte... Sind wir das?
 

Ohne weiter darüber nachzudenken nicke ich und erwidere dein strahlendes Lächeln. Du hast es dir in dem Korbstuhl gemütlich gemacht, die Beine auf den Stuhl neben dir gelegt, das Gesicht in die Sonne gestreckt. Deine schwarzen Haare glänzen in dem Licht richtig schön... Schade, dass du sie dir wieder blondieren willst – wir haben schon die Farbe dafür gekauft. Langsam kehrt alles wieder in seine geregelten Bahnen zurück, bald können wir wieder mit den Proben anfangen und dann arbeiten wir wieder im Studio und alles wird gut... irgendwie... In diesem Moment bin ich mir dieser Tatsache sicherer denn je. Ich muss dich nur ansehen und alle Sorgen und Zweifel sind vergessen, denn du scheinst dir in allem so sicher zu sein, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt als es auch zu sein.
 

„Ich vermisse die Bühne...“, sagst du leise. Hier ist es so still, dass man Angst diese Stille irgendwie zu stören. Die nächste Straße liegt hinter dem Haus, die Terrasse zeigt zu einem kleinen Park. Nur ein paar Meter entfernt ist ein kleiner See, am Ufer spielen Kinder, ihre Mütter stehen daneben und passen aufmerksam auf, damit keines von ihnen hinein fällt. Noch sind diese Kinder so glücklich... aber werden sie das immer noch sein, wenn sie älter werden und merken, dass die Welt gar nicht so perfekt ist, wie sie hier gerade zu sein scheint? „Und die Musik... die Band... ich will endlich wieder mit euch allen auf Tour gehen...“
 

„Das werden wir.“, beschließe ich so überzeugend wie möglich. Werden wir es wirklich? Will man uns überhaupt noch? Wird man sich an uns erinnern? „Ganz bestimmt... vorausgesetzt Toshiya legt sich nicht wieder auf die Schnauze und bricht sich wieder was!“
 

Du lachst leise, setzt dich wieder gerade hin und verschränkst die Arme auf dem Tisch, um dein Kinn darauf abzustützen. „Am besten binden wir ihn irgendwo auf einem Stuhl fest, damit er nicht mehr so einen Unsinn machen kann. Und nicht noch von der Bühne fällt oder so was.“

„Na, das wär doch mal eine Schlagzeile: Toshiya bei den Proben von einer nicht-vorhandenen Bühne gefallen. Hals- und Beinbruch.“ Die Bedienung bringt uns den überdimensionalen Eisbecher und du beginnst auch gleich dich darüber her zumachen. „Das wär peinlich...“, grinst du zwischen zwei Bissen und hältst mir eine Erdbeere vor den Mund.
 

Während ich sie esse, bekomme ich das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. „Aber es wäre typisch Toto...“ Es ist so ungewohnt einfach mal an nichts besonderes denken zu müssen, ungewohnt fröhlich sein zu können... Du siehst mich verträumt lächelnd an. „Du kannst es also doch noch...“

„Was?“

„Das mit dem Lächeln...“, antwortest du leise, beugst dich zu mir rüber und verschließt meine Lippen mit deinen...

Zwischenkapitel: Trust

Weihnachten. Das Fest der Liebe. Dieses Jahr verbringen wir es das erste Mal gemeinsam. Und das erste Mal fühlt es sich für mich auch wirklich an wie ein Fest der Liebe. Weil ich dich habe. Shinya... du sitzt mir gegenüber auf der Couch und zappst durch das Fernsehprogramm mit Miyu auf deinem Schoß, die die Streicheleinheiten von dir sichtlich genießt. Früher war ich oft eifersüchtig auf sie, doch mittlerweile weiß ich, dass ich dir sogar wichtiger bin als sie. Solange ich da bin hat die Kleine nämlich striktes Schlafzimmerverbot und für gewöhnlich ziehst du es vor mit mir zu kuscheln als mit ihr.
 

Jetzt sitze ich auf dem warmen Teppich, sehe die meiste Zeit nach draußen und beobachte die kleinen Flocken, die mehr Regen als Schnee sind. Sonst fand ich das immer mehr als deprimierend, aber gerade ist es mir relativ egal. Das Einzige, das mich gerade etwas nervös macht, ist die Aussicht über die Feiertage zu deinen Eltern zu fahren. Wer ist überhaupt auf diese irre Idee gekommen? Sie wissen noch nicht mal, dass ihr einziger Sohn schwul ist und dann willst du ihnen gleich mich vorstellen? Es ehrt mich, dass du unsere Beziehung bereits nach einem knappen halben Jahr für so gefestigt hältst, um dieses Risiko einzugehen, aber ich komme nicht umhin daran zu denken, wie meine Eltern reagierten, als sie es erfuhren. Was, wenn deine auch nur annähernd so reagieren? Ich weiß, wie wichtig die deine Familie ist, Shinya, und für wen würdest du dich entscheiden, wenn sie dich vor die Wahl stellten?

Miyus feuchte Zunge in meinem Gesicht reißt mich aus meinen Gedanken. Als ich aufsehe, die kleine Hündin auf den Arm nehme, bellt sie freudig und wedelt mit dem Schwanz. „Na, Prinzessin?“ Ich seufze leise, erwische mich dabei, sie um ihre Sorglosigkeit zu beneiden. Aber dann könnte ich nicht so mit dir zusammen sein... Also lebe ich vielleicht doch lieber so weiter wie jetzt.
 

Du schenkst mir ein sanftes Lächeln. „Alles okay?“

„Ja, wieso?“ Ich möchte nicht, dass du dir noch mehr Sorgen machst. Das tust du ohnehin schon genug.

„Du guggst so finster.“, bemerkst du ruhig und sachlich. Der Fernseher ist ausgeschaltet, stattdessen läuft das Radio leise im Hintergrund.
 

„Gomen.“, antwortete ich leise, setze Miyu wieder auf dem Boden ab und hocke mich zögerlich zu dir. Ich schließe die Augen und lege den Kopf auf deine Schulter. Deine Nähe lässt mich alle Probleme vergessen. Es spielt keine Rolle mehr was da draußen wartet, solange wir uns haben, nicht wahr?

Du legst einen Arm um mich, streichelst mir über die Wange. Schon verrückt, dass mir bereits so eine simple Berührung Schauer über den Rücken jagt. „Wegen dem Besuch bei meinen Eltern, nicht wahr?“
 

Ich zucke die Schultern, bringe es nicht über Herz dich zu belügen. Nie habe ich es getan und werde es auch in Zukunft nicht. Denn worin besteht der Sinn einer Beziehung, wenn man einander anlügt? „Ich hab nur Angst, dass... ich mein...“, bringe ich nur stockend hervor, doch du wartest geduldig. „Ich will nicht der Grund sein, dass du dich mit deinen Eltern zerstreitest... oder so... wenn sie uns nicht akzeptieren...“
 

Du lächelst aufmunternd und küsst mich sanft. Ein einziger Kuss, der einen alle Zweifel vergessen lässt. „Wenn sie uns nicht akzeptieren, unsere Liebe nicht akzeptieren, dann ist das ihre Sache und nicht unsere, Toto.“, stellst du leise aber umso überzeugter klar, dein Ton keinen Widerspruch duldend. „Ich stehe zu dir, Toshiya, egal was irgendjemand sagt.“ Und wieder besiegelst du deine Worte mit einem Kuss, diesmal jedoch längerer, nachdrücklicher. Ich will gar nicht mehr länger zweifeln, möchte dir einfach nur noch glauben, dir vorbehaltlos vertrauen. Du wirst schon wissen, was du tust.
 

Meine Gedanken Gedanken sein lassend, lasse ich mich einfach in den Kuss fallen, möchte dich nur noch spüren, dich nie wieder loslassen und niemals mehr von dir losgelassen werden...
 


 

Der nächste Tag beginnt – sogar für deine Verhältnisse – früh. Zum Glück haben wir alle Sachen schon gepackt und können uns deshalb mit dem Frühstück noch etwas Zeit lassen. Das artet ja beinahe schon in Arbeit aus... nicht mal während den Proben müssen wir so früh aufstehen und dementsprechend müde und unansprechbar bin ich auch. Die letzte Nacht war einfach zu lang... und anstrengend.
 

„Sag mal, mit welchem Wagen wollen wir eigentlich fahrn?“, fragst du, viel zu wach für meinen Geschmack, als du dich neben mich an den Tisch setzt und beginnst deine zwei Scheiben Vollkornbrot – was auch sonst? - mit Frischkäse zu verdrücken.

„Mmmmh.“, mache ich nur, nehme erstmal einen großen Schluck von meinem Kaffee, bevor ich dir richtig antworte. „Mein Wagen und ich fahre.“
 

„Wieso du?“, hakst du erstaunt nach und ich ahne schon, dass das wieder zu Diskussionen führen könnte. Wenn es um Autos geht, bist du unerbittlich. „Du schläfst mir doch gleich bloß hinterm Lenkrad ein und dann dürfen wir Weihnachten im Krankenhaus verbringen.“
 

Wo du recht hast, hast du recht. Aber so einfach gebe ich mich doch nicht geschlagen, das kannst du vergessen. „Mein Wagen und du fährst. Kompromiss?“ Man muss sich auch mit den kleinen Dingen im Leben zufrieden geben, nicht wahr? Und so kann ich wenigstens noch ein paar Stunden schlafen, was auch nicht schlecht ist. Vielleicht macht es keinen so guten Eindruck wenn ich mit tiefen Augenringen bei deinen Eltern auf der Matte stehe.
 

Du nickst glücklich und zufrieden. Das Gepäck ist auch schnell verstaut und keine halbe Stunde später sind wir auf der Autobahn in Richtung Osaka. Wir scheinen nicht die einzigen zu sein, die auf die glorreiche Idee kamen so früh loszufahren, denn die Autos stapeln sich schon jetzt fast aufeinander. Schon nach ein paar Minuten wird mir langweilig, du bist viel zu sehr auf den Verkehr konzentriert – was wohl auch gut ist so – um ein vernünftiges Gespräch zu führen und so schalte ich einfach mal das Radio ein. Der Moderator sagt gerade irgendeinen Song von 'Abingdon Boys School' an, sanfter Pop-Rock, genau das richtige für einen Samstagmorgen. Ich schließe die Augen und lasse mich von dem leichten Vibrieren des Wagens in den Schlaf schaukeln...
 


 

In Osaka scheint die Sonne. Ich wache auf kurz bevor wir in die Stadt hineinfahren, die Autobahn gerade hinter uns lassen. Dieser Ort weckt immer wieder Erinnerungen, jedes Mal wenn wir hier sind. Hier haben wir uns gefunden, hier haben wir unsere ersten Auftritte bestritten, hier wurde uns der erste Vertrag bei einem Major-Label angeboten. Dabei muss ich auch daran denken, wie ich damals kennen lernte. Heute kommt es mir wie ein Traum vor, so unglaublich, das erste Mal dein wunderschönes, makelloses Gesicht zu sehen. Es ist erst acht Jahre her. Es kommt mir gerade vor wie eines. Die Zeit ist verflogen, wir feierten Erfolge, erfuhren Rückschläge, verloren beinahe zwei unserer besten Freunde... und die ganze Zeit über warst du immer da und eines deiner viel zu seltenen Lächeln genügte, um mich alles andere vergessen zu lassen. Und nie hatte ich auch nur einen Moment die ernsthafte Hoffnung gehegt, dass du meine Gefühle erwidern würdest.
 

Wir fahren durch die ganze Stadt um in den Vorort zu gelangen, wo dein Elternhaus steht. Je näher wir diesem kommen, desto nervöser werde ich. Natürlich bemerkst du das. Du bemerkst immer alles. Wie kann ich überhaupt noch denken etwas vor dir geheim halten zu können?

„Entspann dich.“ Beruhigende Floskeln die nur aus deinem Mund irgendeine Wirkung auf mich haben. „Es wird alles gut gehen, du wirst sehen.“
 

Ich sehe nach draußen, schließe aber bald darauf die Augen, als mich die Erinnerungen wieder zu übermannen drohen. „Das dachte ich damals auch... ich dachte es wirklich.“

„Hey!“ Wir halten an einer roten Ampel und du ziehst mein Gesicht sanft herum, damit ich dich ansehen muss. „Vertrau mir.“

„Das tue ich.“, antworte ich ohne zu zögern.
 


 

„Du bist eine Schande für diese Familie, Toshimasa!“ Die Stimme des Mannes hallt durch das große Wohnzimmer. Es folgt das Geräusch einer Faust auf nackter Haut. Und ein tränen erstickter Schmerzensschrei. „Du bist abnormal! Schämst du dich denn gar nicht?“ Die Frage verlangt keine Antwort. Er würde sie gar nicht wissen wollen, egal wie sie lautete. Das Schluchzen einer Frau ist zu hören, wütend, enttäuscht, aber auch traurig. Sie kann nicht fassen was sie sieht und ist selbst viel zu sehr hin- und her gerissen, zwischen dem was sie fühlt und dem was sie weiß, dass sie fühlen sollte. „Ich will dich in diesem Haus nie wieder sehen! Hörst du? Verschwinde und trete mir nie wieder unter die Augen!“
 


 

So sehr ich versuche meine Tränen zu unterdrücken, schaffe ich es irgendwann nicht mehr und schluchze unterdrückt auf. Ich will nicht, dass du dir Sorgen machst... Sieh nicht hin... sieh dir nicht an, wie gebrochen der Mann ist, den du liebst! Und gleichzeitig sehne ich mich so sehr nach deinen starken Armen um meinen Körper, deine beruhigenden Worte, die mir versichern, dass es nie wieder so sein wird, dass nicht alle Eltern so sind wie meine. Halt mich fest und lass mich nie wieder los, Shinya, denn in deiner Umarmung könnte ich glücklich sterben!
 

Ich habe nicht einmal gemerkt, wie du auf einem Parkplatz irgendwo angehalten hast. Du hältst mich fest, so fest... und es ist alles was ich brauche um wieder zu mir zu kommen, mir sagen zu können, dass ich durch 'ihren' Verlust doch noch so viel mehr gewonnen habe: eine zweite Familie, die mich so annimmt wie ich bin und einen Freund, der mich liebt wie ich bin, mit allen Fehlern und allen Schwächen.
 

„Schhhh... ist okay...“, flüsterst du mir leise ins Ohr, wiegst mich in deinen Armen so lange hin und her bis ich mich langsam wieder beruhige. „Warum hast du nicht gesagt, dass es dich so sehr mit nimmt, To-chan? Das wollte ich nicht...“ Ich schüttle stumm den Kopf, noch nicht fähig eine sinnvolle Antwort zu formen. „Ich wollte dir nur beweisen, dass es mir ernst ist... dass es mir egal ist, was meine Familie über unsere Beziehung denkt... dass ich zu dir stehe, egal was auch passiert... und ich wollte ihnen zeigen, wie glücklich wir sind... wie perfekt

füreinander...“ Deine Worte lassen mich lächeln, sie machen mich glücklich und vertreiben die Erinnerungen, bringen die Hoffnung zurück, dass es vielleicht doch funktionieren könnte.

„Tut mir Leid, dass ich so...“ Ich weiß nicht wirklich, was ich sagen soll oder was genau mir eigentlich Leid tut, aber du verstehst mich auch so. „Lass uns fahrn, ja? Ich vertraue dir, Shin... und du vertraust deiner Familie, also... ist es wohl in Ordnung.“
 

Du schenkst mir ein strahlendes Lächeln, küsst mich kurz. „Ja, das ist es, du wirst sehn!“
 

Mir schlägt das Herz bis zum Hals, als wir vor der Tür deines Elternhauses stehen. Das Gepäck ist noch im Wagen, dafür ist später noch genug Zeit und Miyu rennt vergnügt mit dem Schwanz wedelnd um unsere Füße herum. Meine Hand liegt in deiner, du drückst sie noch einmal fest und drückst dann auf die Klingel. Man hört leises Lachen von irgendwo drinnen und dann schnelle Schritte, bevor die Tür weit aufgerissen wird. Deine Mutter steht im Türrahmen, ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, das deinem so ähnlich ist. Sie schließt dich lachend in eine knochenbrechende Umarmung. Hinter ihr taucht ein Mann mittleren Alters auf, er ist etwa so groß wie du, aber hat einiges mehr auf den Knochen, trägt einen bequem aussehenden Wollpulli mit Weihnachtsmotiven darauf und grinst erfreut. Er sieht nett aus, ich mag ihn sofort. Man kann seine Liebe für seine Familie in seinen Augen sehen, als er dich und deine Mutter ansieht.
 

Doch dann wendet sich seine Aufmerksamkeit mir zu und meine Angst kehr wieder zurück, wenn auch nicht ganz so schlimm wie vorher. Können so nett aussehende und liebende Menschen überhaupt jemandem böse gesinnt sein? Selbst wenn dieser jemand der Grund sein sollte, dass sie niemals Großeltern werden?
 

„Und dieser hübsche, junge Mann muss Toshiya sein!“, stellt deine Mutter fröhlich fest, als sie sich endlich von dir gelöst hat. Dein Vater schweigt sich aus, er scheint niemand der großen Worte, drückt dich nur einmal kurz, aber herzlich.
 

Mein Mund ist trocken, aber ich versuche mich zusammenzureißen und etwas vernünftiges zu sagen. „H-hai... mein Name ist Hara Toshimasa.“ Meine höflichen Manieren wieder ausgrabend, verbeuge ich mich tief vor den beiden, kann so wenigstens einen Moment ihren neugierigen, musternden Blicken entgehen.
 

Zum Glück springst du in diesem Augenblick ein, nimmst wieder meine Hand, die du während der 'Attacke' deiner Mutter losgelassen hast und lächelst in die Runde. Nur jemand der dich sehr gut kennt, würde deine Nervosität bemerken. Du räusperst dich leise. „Mum, Dad... Toshiya ist nicht nur ein guter Freund von mir. Er ist mein fester Freund.“ Um deinen Punkt nochmal zu betonen, setzt du schnell hinterher: „Wir sind seit einem halben Jahr zusammen.“

Einen Moment herrscht Stille und ich befürchte schon das schlimmste. Doch schließlich lächelt dein Vater freundlich. „Deswegen ist der junge Mann also so aufgeregt?“, fragt er lachend nach. „Kein Grund zur Nervosität, mein Lieber. Kommt doch erstmal rein!“ Einladend hält er die Tür offen und ich kann es noch gar nicht glauben. Keine Worte der Wut oder Enttäuschung? Keine Intoleranz?
 

Deine Mutter legt einen Arm um deine Schulter und drückt dich noch einmal fest. „Ach, Shinya, ich bin so froh, dass du endlich jemanden gefunden hast!“

Und du lächelst mich nur an, als wolltest du sagen: Ich wusste es doch!

Die ganzen folgenden Tage verbringen wir miteinander, gehen ins Kino oder Shoppen oder einfach nur Spazieren, sitzen im Wohnzimmer und schauen uns eine DVD nach der anderen an, kuscheln, halten Händchen, küssen uns. Wir reden über alles und nichts, kein Wort darüber, was gerade zwischen uns passiert. Aber ich will es auch nicht ansprechen, möchte die kleine Seifenblase in der wir jetzt leben nicht zerstören. Doch nachts holt es mich ein, wenn du seelenruhig schlafend neben mir liegst – ein ungewohnter Anblick – und meine Gedanken zur Ruhe kommen, alle Bilder des Tages gleichzeitig auf mich einströmen. Aber besser so, als anders. Die Zweifel kann ich unterdrücken, die Ängste auch... größtenteils zumindest, denn es graut mir vor dem Tag, an dem sich die ganze Band wieder trifft. Werden wir es verheimlichen? Wir müssen. Was sollten wir sonst anderes tun? Sie würden nicht verstehen, was nicht einmal wir vermutlich verstehen.
 

Eines Morgens sitzen wir wieder gemeinsam am Frühstückstisch. Es ist fast schon eine Art Ritual geworden, dass du einen Apfel aufschneidest, wenn du fertig bist mit dem essen, und wir jeder eine Hälfte davon nehmen. Das ist etwas, woran ich mich gewöhnen kann. Du hast eine Zeitung schräg vor dir aufgeschlagen auf dem Tisch liegen, es ist irgendein Boulevard-Blättchen. Den Artikel auf der Titelseite über Ayumi Hamasaki ignorierst du nur gekonnt. Es wundert mich ohnehin, dass du dir sowas kaufst. Ist es vielleicht einfach die Sehnsucht nach dieser Welt, nach der Bühne, den Leuten in dieser Branche? Wahrscheinlich.

Doch dann wird dein Blick plötzlich starr, du vergisst das Brötchen in deiner Hand, lässt es fallen – mit der Unterseite nach unten, wie man es dank „Murphy's Law“ nicht anders erwarten würde – und presst die Lippen so fest aufeinander, dass sie nur noch ein schmaler Strich sind. Verwirrt sehe auch ich auf die bunte Überschrift:
 

Die Wahrheit über Dir en grey's Trennung

- eine Krankenpflegerin berichtet -
 


 

Mir stockt der Atem. Das ist doch nicht das, was ich denke, dass es ist, oder? Mit zitternder Stimme bringe ich hervor: „Les mal vor... bitte.“ Das darf nicht sein. Das darf nicht sein. Das darf nicht sein. Das kann auch gar nicht sein. Oder etwa doch?
 

Leise fängst du an. „'Es war ein heimtückisch geplanter Mord', erzählt uns Hana M., 38, Krankenpflegerin in einer Tokyoter Privatklinik für Psychische Erkrankungen, am vergangenen Wochenende. 'Nur sein Pech, dass es nicht geklappt hat, nicht wahr?' Die Rede ist von Dir en grey's Rhythmus-Gitarristen Die, 32. Laut Hana M. hat er im Mai vergangenen Jahres nach monatelangen wiederholten Vergewaltigungen des Sängers Kyo, 30 *, versucht diesen mit einer Schusswaffe zu töten. Die Schlagzeile ging durch die halbe Welt, doch wie wir uns erinnern war zu diesem Zeitpunkt die Rede von einem Attentat durch einen fanatischen Verehrer...'“ Du hältst inne, schließt die Augen, als müsstest du alles tun um irgendwie deine Beherrschung zu wahren. Und ich konnte es noch immer nicht glauben. Wie konnte das passieren? ...Schweigepflicht?... Wie soll ich reagieren? Wie wird das Management reagieren? Wie reagierst du?
 

Das ist völlig verrückt. Es ist irre. Es ist unglaublich. Doch mein Unglauben schlägt bald schon in Panik um; Panik die mich zittern lässt, mir den Atem nimmt; eiskalte Schweißausbrüche; Übelkeit. Ich kenne das alles zur Genüge, aber nie traf es mich so unverhofft wie jetzt, so schmerzhaft, so überwältigend. Das schwarze Loch taucht wieder auf, dass schon damals immer erschien, als Yoshiki mit mir sprach. Und es wird größer und größer und droht nicht nur meine Erinnerungen zu verschlucken, sondern auch mich und alles in meinem Leben, was irgendwie von Bedeutung ist.
 

Ich halte es einfach nicht mehr aus. Obwohl ich versuche stark zu sein, es zu unterdrücken, so zu tun als wäre es okay, kann ich nach wenigen Minuten einfach nicht mehr anders, stehe auf und stürme ins Bad. Nicht einmal die Tür abzuschließen bringe ich fertig, bevor ich auch schon über der Kloschüssel hänge und mir wieder einmal die Seele aus dem Leib kotze, ohne etwas dagegen tun zu können. Alles dreht sich. Die Welt löst sich vor meinen Augen auf und ich habe nicht mehr die Kraft sie daran zu hindern. Ich will mich mit ihr auflösen, aber es geht nicht.
 

Laut keuchend hocke ich da, jämmerlich und bemitleidenswert, aber wahrscheinlich habe ich Mitleid gar nicht verdient. Es geschieht mir doch nur zu Recht. Und warum siehst du mich so an? Los, mach mir Vorwürfe! Sag mir, dass du mich hasst! Tu irgendetwas, nur steh da nicht so ruhig im Türrahmen!
 

Am liebsten hätte ich diese Worte laut geschrien, doch kein Ton kommt über meine rauen Lippen. Mein Rachen brennt, mein Magen schmerzt. Ich will nur noch verschwinden, einfach weg sein, irgendetwas um das alles nicht mehr miterleben zu müssen. Wieso muss jedes mal, wenn etwas richtig gut zu laufen scheint, etwas passieren, das alles wieder zerstört? Ja , ich weiß, weil ich es doch nicht besser verdiene! Zitternd rutsche ich ein Stück zurück an die Wand, mache mich so klein, wie möglich.
 

Dann sind da deine Arme um meinen Körper und dein beruhigende Stimme, die Worte murmelt, deren Sinn ich gerade nicht begreifen kann oder will. Aber es ist auch egal, weil allein zählt, dass du hier bist und mich festhältst. Und in diesem Moment weiß ich, dass ich dich niemals wirklich verlieren kann. Dass du immer da sein wirst, egal, was ich dir antue, egal, was du mir antust, denn du kannst nicht ohne mit leben. Du liebst mich eben doch!

Vielen Dank für eure Kommentare! ^___^
 


 


 

„Versuch einfach, nicht dran zu denken...“, flüsterst du mir ins Ohr und hältst meinen Kopf fest an deine Brust. Ich kann deinen Herzschlag hören. So schnell... aber trotzdem gleichmäßig. Das Geräusch ist schön. Beinahe hätte ich es zum stoppen gebracht. Aber das ist vorbei. Du sagst ja, ich soll nicht dran denken. Trotzdem müssen wir doch jetzt etwas machen? Oder können wir uns einfach für immer hier verkriechen? Darf ich mich in deine Umarmung flüchten und nie wieder herauskommen?
 

„Die haben garkeine Beweise.“, sagst du und es hört sich einfach nur so logisch an, so völlig klar. Wie könntest du auch nicht Recht haben? „Sie werden auch keine bekommen, Daidai, niemals. Du wirst schon sehen, in ein paar Tagen haben die Leute das wieder vergessen. Und spätestens wenn wir eine neue Single rausbringen, werden sie nichtmal mehr wagen an diese Sache zu denken.“ Es wäre so schön. Ich möchte nur daran glauben, alles andere wäre zu grausam. „Ich werde dich beschützen, hörst du? Egal, was kommt.“
 

Ich kann nur ungläubig den Kopf schütteln, schluchze ungehalten auf. Wieder diese Schwäche und ich kann sie einfach nicht aufhalten. „Wieso?“ Du kannst mich doch nicht beschützen, Kyo, du solltest mich ihnen ausliefern, ihnen alles sagen, es wäre so einfach. Jeder würde verstehen. Aber das was du jetzt tust, kann niemand verstehen. Am allerwenigsten ich selbst. Wie ich dich kenne, verstehst du es auch nicht.
 

„Weil ich will, dass es dir gut geht.“, gibst du zurück, gibst mir einen Kuss auf die Stirn, dann stehst du auf, schenkst mir ein aufmunterndes Lächeln. „Komm. Wir müssen mit den anderen darüber reden, was wir jetzt machen.“ Ich zwinge mich zu einem schwachen Nicken und folge dir zurück in die Küche. Meine Knie sind noch ganz weich. Irgendwie fühle ich mich garnicht gut, völlig schwach, als könne ich kaum noch meine eigene Hand heben. Bei jedem Schritt verschwimmt mir kurz die Sicht und ich habe ein paar Mal fast das Gefühl nach hinten umzukippen. Sicher schaffe ich es schließlich wieder auf meinen Platz, während du bereits das Telefon in der Hand hast und immernoch mit ruhiger Stimme auf Kaoru einredest. Ich bekomme kein einziges Wort mit. So sehr ich mich auch bemühe meine Aufmerksamkeit auf die Realität zu lenken, kann ich einfach nicht aus meiner Gedankenwelt ausbrechen, die Fragen und Ängste und Zweifel, die gerade einfach wieder die Überhand nehmen sind zu stark gegen meinen Willen. Meinen schwachen Willen.
 

Dein Gesicht taucht wieder vor meinem Blickfeld auf. „Wir treffen uns gleich. Kao ist total am durchdrehen, aber immerhin ist er jetzt wieder der Alte.“ Du grinst, auch wenn es nur sehr halbherzig ist. Wir machen uns fertig, um das Haus zu verlassen. Alle Bewegungsabläufe funktionieren ganz automatisch, nur wenige Augenblicke nach einer Handlung kann ich mich aber schon kaum noch an sie erinnern. Ein paar mal drifte ich so sehr weg, dass du mich erst wieder 'wecken' musst, mich daran erinnerst, was ich gerade am tun sein sollte. Irgendwann schaffen wir es dann aber doch, stehen gestriegelt und gestiefelt unten an der Haustür. In mir breitet sich ein ganz schlechtes Gefühl aus. Etwas sagt mir, dass wir nicht da raus gehen sollten, aber in meiner Ohnmacht schaffe ich es nichtmal dir das zu sagen.
 

Du greifst nach der Türklinke. Drückst sie runter. Sie schwingt lautlos auf. Alles wird still. Da sind Menschen. Ganz viele Menschen, deren Münder sich öffnen und schließen, aber kein Ton kommt über ihre Lippen. Dann sind da helle Lichter, die ganz schnell erscheinen und ebenso schnell wieder verschwinden. Meine Augen tun weh. Das muss unbedingt aufhören! Mach, dass es aufhört! Sie kommen immer näher, diese Leute, sie starren uns an und heben ihre schwarzen Kameras und...
 

Es hört auf. Du schlägst die Tür mit voller Wucht zu und endlich höre ich wieder etwas. Du lehnst an der Tür, vergräbst das Gesicht in deinen Händen und atmest schwer. Ich brauche ein paar Minuten um überhaupt zu verstehen, was da gerade passiert ist. „Woher wissen die, wo ich wohne?“, sage ich mehr zu mir selbst, als dass ich die Frage an jemand bestimmtes stelle. Natürlich, Hana...
 

Nach ein paar Minuten – oder waren es nur Augenblicke? - raffst du dich auf, machst dich wieder auf den Weg nach oben zu meiner Wohnung. Weil mir nichts besseres einfällt und ich ungern allein sein will, besonders mit dieser Horde vor der Tür – meine Nachbarn werden sich freuen – folge ich dir. Ich weiß nicht was ich sagen oder tun soll, die Situation überfordert mich völlig. Du bist mein einziger Halt, mein Anker, damit ich nicht verloren gehe... wenn ich das nicht schon lange bin. Hoffentlich bist du es nicht auch, sonst werden wir noch beide fortgeschwemmt, ohne Hoffnung auf Rettung.
 

Oben rufst du sofort wieder Kao an. Er ist der einzige, der vielleicht wissen könnte, was wir tun sollen. Wieder folge ich dem Gespräch nicht, versuche stattdessen meine Gefühle und Gedanken wieder in eine halbwegs logische Reihenfolge zu bringen, sofern das überhaupt noch möglich ist.

„Wir warten.“ Du hast aufgelegt und stehst jetzt vor mir. Irgendwie ist dein Blick abwesend. Es bewirkt bei mir eine Art déja-vu, aber ich kann nicht so genau sagen, auf was genau sich das bezieht. „Irgendwann müssen die ja mal verschwinden. Kao redet mal mit dem Management.“ Dann drehst du dich um und gehst ins Schlafzimmer. Am liebsten würde ich dir folgen, aber ich traue meinen eigenen Beinen nicht mehr und davon abgesehen kenne ich diese Stimmung in der du gerade bist. Dann willst du lieber allein sein, also lasse ich dich allein.
 

Aber mein Leben gerät gerade aus der Bahn und das sollte es nicht. Es sollte alles nach Plan laufen, ohne Probleme und ohne Unsicherheiten und alles sollte wieder zur Normalität zurückkehren. Stattdessen wird es noch schlimmer fast, als es jemals war, denn ich kann nicht umhin mir vorzustellen, was jetzt alles passieren wird, wie die Presse uns alle durch den Fleischwolf ziehen wird, und es wird bestimmt rauskommen, dass das alles wahr ist und dass die Geschichte, die letztes Jahr verbreitet wurde, eine reine Lüge war.
 

Wenigstens schaffe ich es um Hilfe zu bitten. Mit zitternden Fingern wähle ich Akiras Nummer. Es scheint eine Ewigkeit zu dauern bis er antwortet, aber dann weiß ich plötzlich nichtmehr was ich sagen soll und lege schnell wieder auf. Ich kann das nicht. Ich kann es nichtmehr. Ich halte es einfach nicht aus, will mich plötzlich nur noch in deine Arme flüchten. Du bist der einzige, der mir jetzt helfen kann, auch wenn es mir sogar bei dir schwer fällt um diese Hilfe zu bitten. Bei Akira kann ich es jetzt nicht mehr. Darüberhinaus müsste ich ihm wohl auch erzählen, was wieder zwischen uns geschieht und das kann ich einfach nicht tun.
 

Mit vorsichtigen Schritten nähere ich mich dem Schlafzimmer, möchte dich irgendwie nicht stören und vergesse dabei ganz, dass das hier eigentlich meine Wohnung ist und ich hingehen kann, wo ich will. Wieder eine Tür, die sich lautlos öffnet. Aber das Zimmer ist leer und von dir ist keine Spur. Außer auf dem Bett, wo ein kleines Notizbuch liegt. Aufgeschlagen und daneben ein Stift. Ich kann meine Neugier nicht im Schach halten und setze mich hin, nehme das Buch in die Hand. Auf den ersten Blick sind über der ganzen Seite nur ein paar zusammenhangslose Fetzen geschrieben in deiner unnachahmlichen Schrift und für jemanden, der sie nicht schon kennt, wohl nur schwer leserlich.
 

Living a nightmare with no escape... every minute, every hour with no escape...

Only one way out – feeling the pain – seeing the blood – taking a knife in hand – slicing through skin

white... beautiful... skin... tinted in red... dirty...

and suddenly the nightmare ends

the world disappears...

being everything you want to be, everything you never dared to dream of.

Found your escape and never wanna come back...

...Return to the nightmare... can't stop, can't control...

Back in the life with no escape...

Red tears drying on white skin but no matter what you do, the dirt never ever goes away...
 

Auch wenn diese Worte wohl eine andere Wirkung auf mich haben sollten, lassen sie in mir eine Ruhe einkehren, die nicht mehr normal ist. Es ist ein Gefühl, als wäre ich in der Zeit zurückversetzt und das hier wäre nur wieder einer deiner unzähligen, im Anfangsstadium noch bruchstückhaften Texte, der eines Tages zu einem ausgearbeiteten, schmerzvollen Song werden würde. Ich sehe uns schon auf der Bühne stehen und spielen. Das Publikum völlig still um nicht einen Ton zu verpassen, die Drums langsam und gleichmäßig im Hintergrund, dann der Bass und schließlich setzen die Gitarren ein. Als letztes kommst du. Die Scheinwerfer richten sich in blendender Helligkeit auf dich und du öffnest deine Lippen und die erste Töne kommen hervor. Ich kann es so deutlich sehen, als wäre ich wirklich gerade dort.

Irgendwann schaffe ich es, mich aus meiner Trance zu lösen, weiß genau, wo ich dich jetzt finden werde. Die Worte sind Hinweis genug. Angst vor dem, was ich sehen werde, ergreift mich, aber sie hindert mich nicht daran ins Bad zu gehen. Eigentlich kenne ich den Anblick doch schon zur Genüge. Du sitzt genau dort, wo ich vorhin noch gesessen habe und dein Blick ist auf mich gerichtet, während du die Klinge noch einmal über dein nacktes Bein ziehst. Du scheinst noch garnicht so richtig zu realisieren, dass ich hier stehe. Dein ganzer linker Oberschenkel ist blutig. Lange, dünne Schnitte ziehen sich in einem willkürlichen Zickzackmuster über die Haut. Das Blut perlt hervor, dunkelrot schimmernd im Licht, das durch das Milchglas des Fensters dringt. Ein paar vereinzelte Tropfen haben schon den Boden getroffen. Auf den Fliesen vor dir liegen die restlichen Überbleibsel der Einweg-Rasierers, das Plastik in kleine Teile zerbrochen, zwei weitere, glänzende Klingen irgendwo dazwischen.
 

„Found my escape... I never wanna come back...“, murmelst du leise, dein Blick unfokussiert. Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll und gehe stattdessen nur zu dir rüber und nehme dir die Klinge aus der Hand. Du wehrst dich nicht, versuchst nicht, mich aufzuhalten. Es ist das erste Mal, dass ich dich wirklich dabei sehe, wie du dich verletzt, aber ich kann nichts dabei fühlen. Vielleicht würde es mich sonst auch einfach überwältigen und das kann ich jetzt nicht zulassen.
 

Ich tupfe das Blut mit einem Handtuch ab und will aufstehen um irgendetwas zum Verbinden zu holen, als du meine Hand festhältst. „Das hört schon von allein auf...“, sagst du ruhig, ziehst mich näher zu dir, sodass mir nichts anderes bleibt, als mich neben dich zu setzen. Du legst deinen Kopf auf meine Beine und schließt die Augen. Ein Blutstropfen fällt auf dein anderes Bein und hinterlässt eine Spur, als er langsam daran hinabrinnt.

„Red tears drying on white skin...“, wiederhole ich langsam und schließe auch die Augen. Es war einfach zu viel Aufregung für diesen Morgen...



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Kommentare zu dieser Fanfic (61)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Nana_Red
2013-08-25T22:37:17+00:00 26.08.2013 00:37
So traurig >____<
Warum können diese Papparazzi die Beiden nicht in Ruhe lassen! *sauer*
Aber mich würde wirklich interessieren, wie es weiter geht!
Ich hoffe ja immer noch, dass es ein gutes Ende für die Kyo und Die gibt!
Schreib bitte weiter!
Von:  Nana_Red
2013-08-25T22:03:51+00:00 26.08.2013 00:03
Ich frage mich auch, wie das weitergehen soll!
Anscheinend kann Kyo auch nicht ohne Die sein.
Ich hoffe für Beide gibt es ein Happy End, nach allem was sie durchmachen mussten!
Von:  Nana_Red
2013-08-25T21:45:14+00:00 25.08.2013 23:45
Oh man... ich lese jetzt schon den ganzen Abend die FF und es ist zum Haare sträuben!
Und man fragt sich, ob das alles noch ein Happy End finden kann.

Sehr spannend, wie Du alles und vor allem die Gedanken der Bandmitglieder beschribst!
Ich bin weiter gespannt und werde jetzt schnell weiterlesen :)
Von:  Cookie-Hunter
2011-10-11T17:18:57+00:00 11.10.2011 19:18
Oh ha... ich weiß ja, dass Papparazzi und Klatschreporter sehr schnell sind, wenn sie eine heiße Spur aufgenommen haben, aber das ging wirklich ein wenig sehr fix o.O
Aber die Schlagzeile von morgen kann ich mir schon vorstellen, immerhin haben sie Die und Kyo ja zusammen in einem Haus gesehen...
Der Text in dem Notizbuch ist unheimlich traurig und passt wunderbar zu der Situation. Gut gemacht.
Aber die Reaktion der beiden... Bei Kyo hat man es sich irgendwo denken können. Dies ruhige Art darauf zu reagieren, kam für mich schon etwas überraschend, aber sie ist nachvollziehnbar, da er ich ja selbst gerade so leer fühlt.
Sie tun mir alle beide so unheimlich Leid. Immerhin schien es ihnen ja gut zu gehen, nach allem, was sie durchgemacht haben. Aber das war wohl auch zu gut. Das Leben hasst es, wenn etwas zu lange gut läuft >.<
Wie sie sich da wieder aus der Affäre retten, will ich jetzt wissen. Da muss schließlich schon irgendwas kommen, was die Aasgeier von der Presse wieder beruhigt...
Von: abgemeldet
2011-10-01T17:54:38+00:00 01.10.2011 19:54
ich bin froh, dass es weitergeht ich hab beide teile der ff heute erst entdeckt und es is länger her das ich sowas gutes gelesen hab!!
ich freue mich auf das ende!!
Von:  motti
2011-09-27T18:03:54+00:00 27.09.2011 20:03
Aawww... jetzt hab ich feuchte Augen und du bist schuld! Armer Dai! Armer Kyo! Na bin gespannt was jetzt wird. Wie reagieren die Fans? Wird die Band einfach dementieren? Und was ist jetzt mit Dai und Kyo? Sind sie überhaupt zusammen? Liebt Kyo Dai wirklich oder kann er dessen Elend einfach nicht mehr mitansehen und kümmert sich deshalb um ihn? Fragen über Fragen... ich fürchte du musst weiter schreiben ^_~
Von:  Cookie-Hunter
2011-09-12T18:11:17+00:00 12.09.2011 20:11
Ich freue mich ja tierisch für die zwei >.<
So ein paar schöne Momente, nach all der schweren Zeit, die sie hatten. Wobei ich immer noch wissen will, wieso Kyo seine Meinung zu Die so plötzlich geändert hat. Ewig sauer kann man zwar auch nicht sein, nur... Aargh, ich hoffe, du verstehst, was ich meine.
Frage Nummer Zwei wäre demzufolge: Was werden die anderen Drei dazu sagen? Werden sie das einfach so hinnehmen? Oder versuchen die beiden wieder auseinander zu bringen? Immerhin müssen sie große Angst haben, dass das wieder schief gehen könnte. Und wer weiß schon, wie das dann diesmal ausgeht...
Und trotz aller bedenken: Die sind so knuffig, wie sie da den Tag zusammen verbringen. Aber wehe, Die mümmelt jetzt nicht fleißig mit an dem Eisbecher. Von wegen, wird zu dick. Der kann jetzt nur wohl geformt werden *hrr* Mehr Kuschelfleisch für Kyo! Los, starten wir eine Unterschriftenaktion xD
Von:  motti
2011-09-11T19:07:10+00:00 11.09.2011 21:07
*umkuckt* Bisschen leer hier ^^;; also entweder bin ich inzwischen dein einziger Leser oder die Anderen haben keine Lust zu kommentieren.

Hm... zum Kapitel: Hach voll schön wie das grad so zwischen Dai und Kyo ist. Da mag man fast an ein Happy End glauben. Allerdings hab ich vermutlich noch genausoviele Fragezeichen über den Kopf wie Dai in deiner Geschichte. Irgendwo kann ich ja verstehen, dass er lieber nicht genauer nachbohren will, woher Kyos Anwandlungen kommen und ob sie jetzt zusammen sind. Vermutlich hat er Angst vor der Antwort. Aber aufschieben zögert natürlich auch nur alles herraus. In dem Sinne ganbare Dai!
Von:  motti
2011-09-08T09:44:25+00:00 08.09.2011 11:44
Wie soll das nur weitergehen?
Paartheraphie? Kyo scheint ja auch Hilfe zu brauchen.

Danke für das rasche nächste Kapitel!
Von:  motti
2011-09-04T20:26:34+00:00 04.09.2011 22:26
Schön, dass du doch noch weiterschreibst :) ich dachte schon diese Fan-Fiction bliebe abgebrochen. Dass ich mich doch noch an die Geschichte erinner (nach kurzem reinlesen) zeigt aber eindeutig, dass es sich lohnt auch weiter dran zu bleiben.

Dai scheint sich ja wieder gefangen zu haben, er klingt jetzt wieder stärker, dafür scheint Kyo schwächer geworden. Ich bin gespannt wo das endet. Die Anziehung scheint ja beidseitig und ohne die gemeinsame Vorgeschichte würd ich direkt drauf plädieren, dass sie zusammen kommen... aber so?

Ich bin also gespannt wie es weitergeht. Vielen Dank für das neue Kapitel und ich hoffe, dass du nun Zeit und Muße hast wieder öfter ein Kapitel zu veröffentlichen.


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