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Bleibt alles anders

SSxGW
von

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IX. Kapitel

Es dauerte noch einige Tage, bis sich George wieder besser fühlte. Snape hatte ihm seinen Zustand schließlich durch einen Zusammenbruch seines Immunsystems kombiniert mit psychischer Anspannung – unausgesprochen vermutlich durch den Tod seines Bruders und die finanzielle Schieflage des Ladens – erläutert. Körper und Geist hatten ihn schlichtweg zu einer Auszeit gezwungen. Und letzten Endes, so musste George doch zugeben, hatte sie ihm gut getan. Insbesondere, weil Snape seiner Mutter nicht Bescheid gegeben hatte – vermutlich aus dem egoistischen Grund, dass er sich sonst in dem Haus nicht mehr hätte frei bewegen können, da er immer noch nicht bereit war, sich mit einer vollständigen Rückkehr in die Zaubererwelt anzufreunden; er sagte, ihm reichten die Menschen, die bisher von seinem Überleben wüssten – und dieser Krankheitszustand wirklich Erholung mit sich brachte. Abgesehen von den peinlich-unangenehmen Situationen mit Snape, die sich noch das eine ums andere Mal wiederholten, aber nicht das Niveau des Toilettenzusammenbruchs und der Teekannenkatastrophe erreichten. Zum Glück, wie George fand. Es würde ja noch fehlen, wenn er sich noch einmal so tief fallen ließ und derart zum Deppen machte.

Und Snape entpuppte sich als eine recht angenehme Krankenschwester. Er war nicht aufdringlich, allerdings bestimmt, aber dennoch bevormundete er nicht. Gut, seine Tränke konnten etwas mehr Geschmack vertragen, aber irgendwer hatte mal gesagt, dass Medizin bitter schmecken musste, um zu helfen. Vermutlich hatte er sich das als Wahlspruch ins Gehirn tätowieren lassen.

So oder so – zum nächsten Wochenende hin fühlte sich George wieder richtig fit. Fit genug, um im Hinterzimmer weiterzuarbeiten. Motivationsschokolade, Ideenbonbons und Gutelaunedrops hatte er relativ bald abgeschlossen, sodass diese nun von Itodi in die Serienproduktion aufgenommen werden konnte. Die Hauselfe erwies sich dabei wirklich als Glücksfall, denn sie hatte einen irrsinnigen Spaß daran, diese Dinge zu produzieren und auf dieser Art zum Erhalt des Ladens, „ihres liebsten Zuhauses“, wie sie sagte, beizutragen. Nun widmete er sich wieder einer neuen Erfindung. Eine, zu der Snape ihn inspiriert hatte. Irgendwie neigte dieser dazu, ihm Ideen zu geben. So, wie die Schwarzsehschokolade oder die Augenbraue-heb-Cremebonbons. Es war, als wenn Snape allein eine wandelte Inspiration war. Einfach nur, indem er da war. Vielleicht ein winzig kleines bisschen wie bei Fred. Ein ganz winzig kleines bisschen. Wenn auch dieses kreative Zusammenspiel mit der daraus folgenden Explosion fehlte. Und das unbändige gemeinsame Lachen...

Mit Snape zu lachen, das wagte er sich noch nicht einmal vorzustellen. So etwas geschah nicht. Snape war kaum jemand, mit dem man lachen konnte.

Er schüttelte den Gedanken ab und widmete sich wieder seiner Zutatensammlung. Also, Basilikum als Verstärker, Silberkraut als Katalysator, Salmiak als Hauptträger. Und der Geschmack? Lakritz war gut, das passte zu der Idee. Dann fehlten noch die magischen Hauptzutaten und hier wurde es schwierig. Geriebene Flatterkäfer waren noch die leichteste Übung, dazu dann Löwenzahnsamen und dann...

Nachdenklich rieb er sich das Kinn. Er war sich nicht sicher, was noch dazukam und auch seine Zaubertränke- und Kräuterkundebücher sowie seine Arithmantikrechnungen halfen ihm nicht so recht weiter. Allerdings... Snape fragen? Er schob die Unterlippe vor.

Nein. Bisher war er ohne Snape bei seinen Entwicklungen ausgekommen und das würde er auch weiterhin. ...vielleicht.

Er warf einen Blick in den Verkaufsraum hinüber, wo Snape gerade die Auslagen sortierte und Ordnung schuf. Die schmalen, weißen Hände glitten durch die verschiedenen Packungen, rückten die Wundertüten gerade, zupften sie perfekt in Form. Schon komisch, wie entspannt sein Gesicht in solchen Augenblicken aussehen konnte, wenn er sich vollkommen unbeobachtet wähnte... Ohne es weiter zu bemerken, ließ George seine Arbeit ruhen und beobachtete seinen neusten Mitarbeiter. Geschmeidig bewegte sich dieser durch den Raum, richtete hier und dort Kleinigkeiten, versetzte Gegenstände mit deutlicher Bestimmtheit und schuf dadurch eine vollkommen neue Atmosphäre. Er hatte ein bemerkenswertes Auge für solche Dinge.

Dann richteten sich die schwarzen Augen ohne Vorwarnung auf den stillen Beobachter und George fuhr innerlich zusammen. Dennoch brachte er es nicht über sich, wegzusehen. Es gab schließlich nichts, wofür er sich schämen musste, oder? Auch wenn er das akute Gefühl hatte, ertappt worden zu sein.

Am irritierendsten war jedoch, dass Snape nichts sagte, sondern seinen Blick einfach stumm erwidert. Tief und dunkel, aber auch offen und mit einem ganz speziellen Ausdruck, den George nicht in Worte fassen konnte.

Schließlich war es doch der Rotschopf, der den durchdringenden und äußerst intensiven Blickkontakt unterbrach und sich wieder seiner Arbeit zuwandte.

Schwarzer Tee! Das war es! Damit würde diese Kombination funktionieren!

Der Geistesblitz raste über ihn hinweg und sofort nahm er seine Arbeit wieder auf. Das war perfekt! Warum war er nur nicht eher darauf gekommen? Diese Kombination würde hundertprozentig funktionieren! Seine Augen leuchteten und seine Wangen glühten vor Begeisterung.

Dieses Mal war er es, der beobachtet wurde, ohne dass er es bemerkte. Snape lehnte sich gegen die Theke und schaute ruhig zu, wie der junge Ladeninhaber seiner kreativen Explosion nachgab und hektisch, aber zielgerichtet durch das Arbeitszimmer wuselte, Zutaten zusammenrührte, erhitzte, miteinander verband, in Form brachte und schlussendlich testete. – Das war nach einigen Stunden der Fall.

„Juhu!“ Der laute Jubelschrei hallte durch das gesamte Haus. Anstelle eines rosigen, menschlichen Ohres ragte etwas aus dem roten Haar, das eher nach einem Fledermausflügel aussah.

„Und was soll es darstellen?“, erkundigte sich Snape amüsiert, während er langsam näher trat und das Ergebnis begutachtete. Bei jedem anderen hätten sich wahrscheinlich zwei fledermausflügelartige Gebilde anstelle der Ohren befunden, doch bei George war es nur eines.

„Fledermausohren!“ George strahlte Snape an und vergaß einen Augenblick lang, mit wem er redete. Er plapperte von den Zutaten, der Kombination und endete schließlich mit dem Namen dieses Produktes: Flatterkekse.

„Sie auch?“ Vollkommen in kindlicher Begeisterung aufgegangen hielt er Snape einen hin.

„Eher…nicht“, kam auch prompt die Antwort in deren Tonlage eindeutig eine gerümpfte Nase wiederzuerkennen war. „Und wagen Sie es bloß nicht, mir einen davon unterzujubeln.“ Ein solch finsteres Funkeln lag in seinen Augen, dass George übermütig kichern musste. Das flatterige Ohr zitterte skurril bei dieser leichten Bewegung und es fiel Snape schwer, seinen Blick davon zu lösen.

„Hey, schauen Sie nicht so, als wenn Sie mir das Ohr abreißen wollten!“, empörte sich George künstlich. „Ich habe doch nur noch das eine.“

Snape brachte es nun fertig, dem jungen Mann in die Augen zu sehen, nein, er zwang sich vielmehr dazu. „Ja, ich weiß.“ Er streckte die Hand aus und schien das langsam zu seiner normalen Form zurückfindende Ohr berühren zu wollen. Dann bemerkte er Georges irritierten Gesichtsausdruck, begriff, was er gerade im Stande war zu tun, und zog die Hand abrupt zurück.

„Ich…“ Er stockte, brach ab und begann erneut. „Wie ist es geschehen?“ Natürlich wusste er es, aber er wollte hören, was George wiederum wusste.

Dieser hob die Schultern. „Letztes Jahr im Sommer, als wir Harry rausgeholt haben.“ Er streckte sich und berührte unwillkürlich die leere Stelle unter seinem Haar. „Irgendein Todesser.“ Beiläufig zuckte er mit den Achseln, doch in seinen braunen Augen lag ein Ausdruck, der verriet, dass er mehr wusste oder zu wissen glaubte.

Snapes Miene war vollkommen unbewegt, als er mit ruhiger Stimme sagte: „Ich war es.“

Normalerweise hätte er jeden mit seiner Gleichgültigkeit täuschen können, so jedoch nicht George in diesem Moment. Denn während dieser Snape ansah, fiel ihm etwas auf. Dieser spezielle Zug um seinen Mund, dieses leichte Blinzeln in den Augen und dieser namenlose Ausdruck in den schwarzen Augen.

„Ich hab’s geahnt“, erwiderte George schließlich langsam. Er schwieg einen Augenblick und fügte hinzu: „Und ich weiß, dass Sie es bedauern.“ Im ersten Moment war dieser Gedanke eine Vermutung gewesen, doch während er die Worte aussprach, wurden sie zur absoluten Gewissheit.

Snape klappte den Mund auf, wie um etwas zu sagen, und schloss ihn dann wieder. Was sollte er dazu denn noch sagen? Dieser… Er schüttelte den Kopf und ihm entwich ein winziges Lächeln.

„Sie reden, als wenn es Ihnen gleichgültig wäre…“, sagte er schließlich nachdenklich.

„Nö.“ George grinste ihn an. „Aber ich habe mich damit abgefunden.“ Er zuckte erneut mit den Schultern. „Außerdem gebe ich Ihnen keine Schuld dafür…“

Jetzt hatte er es geschafft, Snape innerhalb weniger Augenblicke zweimal sprachlos zu machen. Das war dem ehemaligen Lehrer so noch nie passiert. Erst dieses mühelose Durchschauen seiner jahrelang perfektionierten Maske, dann dieses beiläufige Verzeihen…

„Ich denke nicht, dass es Absicht war, oder?“ George lächelte und fuhr sich durch die Haare.

„Nein.“ Snapes Blick glitt ins Leere. „Nein, das war es tatsächlich nicht.“ Und dann begann er zu erzählen. Er schilderte, wie er an diesem Tag aufgebrochen war, wie er die Todesser auf ihre Spur gebracht hatte, um seine Integrität zu wahren und Hogwarts besser schützen zu können. Wie das Gefecht begonnen hatte, wie dieser Fluch seinen Stab verlassen und das Ziel verfehlt hatte. Sein Tonfall war nüchtern, ausdruckslos und doch glaubte George die innere Bewegung des Mannes in seinen Augen sehen zu können.

„Danke, dass Sie es mir erzählt haben“, sagte er schlicht, nachdem Snape geendet und sie eine Weile geschwiegen hatten. Kurz blickte dieser ihn an und nickte ganz eben, dann machte Snape auf dem Absatz kehrt und ließ den Rothaarigen allein und äußerst nachdenklich in seinem Arbeitszimmer zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-01-14T15:07:08+00:00 14.01.2008 16:07
Wieder ein sehr schöner Teil!^^
Ich liebe es wie du die Gedankengänge in das Geschehen reinbringst, ich hab blöderweise nicht ein ganz so gutes Talent dafür, was mich ziemlich stört^^ Und was die Krankheit nochmal betrifft: ich glaub das Problem ist das ich mich nicht in sowas hineinversetzen kann, weil ich schlicht und einfach nie wirklich krank bin xD

mfg Icecuby


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